Autor Thema: [Drama] Grundlagen  (Gelesen 1901 mal)

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Offline Fredi der Elch

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[Drama] Grundlagen
« am: 27.08.2005 | 16:54 »
Ich wollte schon lange mal wieder versuchen, ein Rollenspiel zu schreiben. Ob das dann wirklich fertig wird, steht wie immer in den Sternen. ;) ich wollte auch vierten Fall mal ein paar grundsätzliche Gedanken darüber, wie der Spiel aussehen soll, zu Papier bringen (und damit festhalten) und zur Diskussion stellen.

Mit Jesto habe ich auf der Fahrt zurück von Hessenstein festgestellt, dass es sehr wenige Rollenspiele gibt, bei denen es nur um einen Protagonisten geht. Auf der anderen Seite sind Film und Literatur voll von solchen Geschichten, die sich um einen Protagonisten und nicht um eine Gruppe von Protagonisten drehen. Dementsprechend wollte ich so etwas schon lange einmal probieren zu schreiben. Und jetzt ist es endlich so weit.

Ich will ein Spiel in der Richtung eines Dramas schreiben. Ich weiß nicht genau, sich dabei tatsächlich um ein klassisches Drama handelt (ich bin kein Literaturwissenschaftler). Was sich aber möchte ist ein Spiel, bei dem ein einziger Protagonist im Konfliktfeld zwischen 2 ihm wichtigen Zielen gefangen ist, die er nicht beide (zumindest nicht vollständig) erreichen kann und wo die Geschichte am Ende darin mündet, dass er sich für eins dieser beiden Ziele entscheiden muss oder beim Versuch diese beiden Ziele gleichzeitig zu erreichen zugrunde geht. Das ist erst einmal das Grundkonzept.

Natürlich soll das Ganze dann auch spielleiterlos sein (ob ich dann noch Regeln für das Spiel mit einem Spielleiter optional hinzufügen werde, weiß ich noch nicht). Dass sich das Spiel nur um einen Protagonisten dreht, werden alle Spieler abwechselnd diesen Protagonisten kontrollieren (müssen). Der Kern des Spiels wird sein, dass der entsprechende den Protagonisten kontrollierende Spieler im Konfliktsituationen zwischen den beiden Zielen entscheiden muss und so Aussagen über die Persönlichkeit des Protagonisten (und vielleicht auch sich selbst) macht. Ja, ja, das ist ... ihr wisst schon. :)

Der Protagonist braucht also zwei verschiedene Ziele, die zusammen genommen wenigstens zum Teil inkompatibel sind. Da diese Ziele natürlich nicht abstrakt in der Luft hängen bleiben sollen, brauchen beide Ziele spezielle konkrete Instanzen (konkrete Charaktere oder Werte), aus denen sich dann die eigentlichen Konflikte ergeben. Es soll also nicht abstrakt um Liebe gegen Loyalität gehen, sondern konkret um zwei Charaktere (also z.B. die Geliebte und einen alten Freund). Hier wird schon deutlich, dass die Charaktererschaffung (also die Erschaffung des Protagonisten durch alle Spieler) interessant wird. Denn da es nur einen Protagonisten die, müssen alle Spieler an dessen Erschaffung beteiligt werden. Es wird also darum gehen, Regeln dafür zu entwickeln, wie die Spieler die beiden Ziele festlegen, wie sie konkrete Instanzen der beiden Ziele entwickeln können und wie diese Instanzen dann näher beschrieben werden. Dabei wird zu klären sein welche Spieler wann das Recht hat was zu sagen, inwieweit Kompromisse zu machen sind und wann jemand einfach seinen Willen durchsetzen darf. Interessant wird auch sein, welche Angaben genau zu den Zielen und der Instanzen (für die ich auch noch ein deutlich besseren Namen brauche) vom System gefordert werden. Interessant wird auch die Frage inwieweit die Spieler jeweils ein eigenes Spielerblatt erhalten, auf dem sie dann bestimmte nur Sie selbst betreffende Informationen und Werte notieren können (die dann auch zu überlegen wären).

Der Kernbereich der Regeln wird natürlich der eigentliche Ablauf des Spiels sein. Dabei wird es voraussichtlich zwei Typen von Szenen geben (dass das Ganze Spiel szenenbasiert ablaufen wird steht bei mir ja wohl außer Frage). Zum einen die eigentlichen Konfliktszenen, in denen der Protagonist (bzw. der Spieler, der ihm gerade kontrolliert) zwischen den beiden Zielen wählen muss. Zum anderen wird es Szenen geben, die diese Konflikte vorbereiten (also verdeutlichen, was den Protagonisten an einer Instanz eines Ziels so wichtig ist) bzw. die Auswirkungen der Entscheidung des Protagonisten auf seine Umwelt verdeutlichen. Dabei wird zu klären sein, wer darüber entscheidet wann welche Form von Szenen angewandt wird.

Da es bei dem Spiel ja nur einen Protagonisten geben wird, den die einzelnen Spieler zeitweise (szenenweise) kontrollieren, müssen die anderen Spieler natürlich auch etwas zu tun haben. Einer der Spieler wird in jeder Szene den Part des Spielleiters übernehmen und so zur letzten Entscheidungsinstanz und oberstem Richter werden. Die anderen Spieler (und ich werde das Spiel wahrscheinlich für drei bis fünf Spieler auslegen) werden jeweils ein Ziel bzw. eine spezifische Instanz eines der beiden Ziele verkörperten. So werden also in einer Konfliktszene zwei Spiele die Aufgabe haben, den Spieler des Protagonisten dazu zu bringen, sich für die eigene Seite (bzw. das eigene Ziel) zu entscheiden. Es wird also darum gehen, dass immer zwei Spieler um die Gunst bzw. die Entscheidung des Spielers Protagonisten kämpfen und ein weiterer Spieler (der jeweilige Spielleiter) die Oberaufsicht darüber trägt. Hier wird zu klären sein, ob den Spielern feste Instanzen bzw. feste Ziele zugeordnet werden oder ob diese wechseln.

Da ich ein Konzept wie Fan Mail sehr überzeugend findet, wird zu klären sein, inwieweit ich ein solches Konzept ebenfalls verwenden werde, wann solche Bonuspunkte verteilt werden und was die einzelnen Spieler dann mit diesen Punkten machen können.

Weiterhin bin ich ein großer Fan von Endspielen. Ich möchte nicht, dass das Spiel ewige Kampagnen nach sich zieht, sondern nach einer relativ festgelegten Zeit auf ein Ende zusteuert. Wenn eine bestimmte Anzahl von Konfliktsituationen durchspielt worden sind, bzw. die Persönlichkeit des Protagonisten deutlich genug geworden ist (oder sich ausreichend geändert hat), dann sollte das Spiel beendet werden. Dabei ist zu klären, wie lange Spiele etwa dauern solenl, wie diese Dauer genau festgelegt wird (das heißt nach wie viel Konflikt Szenen oder wie vielen Änderungen oder was auch immer), und wie das Endspiel dann aussehen soll. Wie gesagt, sehe ich am Ende des Spiels die Entscheidung des Protagonisten für eines der beiden Ziele oder seine eigene Vernichtung im Versuch beide Ziele gleichzeitig zu erreichen. Dabei ist dann zu klären, wie das Endspiel genau aufgebaut sein soll, damit dieser Effekt auch erreicht wird.

Das ist erst einmal das grobe Konzept des Spiels, dass mir im Moment so vor meinem geistigen Auge vor schwebt. Die man deutlich sehen kann ist das alles noch sehr grob, und ich bin auf einzelne Punkte oft noch nicht besonders festgelegt. Über Ideen, Anregungen, Vorschläge und auch über Kritik würde ich mich sehr freuen. Sagt mir einfach, was euch dazu einfällt. Würdet Ihr sowas spielen wollen oder nicht und warum? Was fehlt? Und überhaupt?

Wenn jemand bis hier gelesen hat, schon mal vielen Dank für die Mühe! ;)
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Zitat von: 1of3
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Preacher

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #1 am: 27.08.2005 | 17:04 »
Bitte schön ;)

Klingt soweit interessant, allerdings hab ich 2 Fragen:
Natürlich soll das Ganze dann auch spielleiterlos sein
[...]
Einer der Spieler wird in jeder Szene den Part des Spielleiters übernehmen und so zur letzten Entscheidungsinstanz und oberstem Richter werden.
Ähm - beißen sich diese beiden Aussagen nicht ein wenig? Oder bedeutet der erste Teil des Zitats nur, daß es keinen festen SL geben soll?

Und zum zweiten:
Wenn sich die Spieler darin abwechseln, den Protagonisten duch die verschiedenen Konflikte zu führen und jeder Spieler bei den Entscheidungen des Protagonisten seine eigene Persönlichkeit einbringt, wird dann der Charakter des Protagonisten dadurch nicht ein wenig inkonsistent?

Offline 8t88

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #2 am: 27.08.2005 | 17:27 »
Ich befasse mich da mal näher mit...
Erinnert mich an etwas, worüber wir 2 auch auf dem Treffen gesprochen habe, oder?
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #3 am: 27.08.2005 | 18:13 »
beißen sich diese beiden Aussagen nicht ein wenig? Oder bedeutet der erste Teil des Zitats nur, daß es keinen festen SL geben soll?
Äh ja, keinen festen SL. Laut Forge-Theorie gibt es immer irgendwen, der die SL-Aufgaben übernehmen muss.
Allerdings wird der wechselnde SL nicht so mächtig sein wie normaler SL, denn die anderen Spieler übernehmen den Part der Ziele und werden dementsprechend auch gewisse Kompetenzen brauchen. Also notieren: was genau dürfen die Spieler der Ziele bestimmen? Welche Gestaltungsrechte kriegen sie?

Zitat
Wenn sich die Spieler darin abwechseln, den Protagonisten duch die verschiedenen Konflikte zu führen und jeder Spieler bei den Entscheidungen des Protagonisten seine eigene Persönlichkeit einbringt, wird dann der Charakter des Protagonisten dadurch nicht ein wenig inkonsistent?
Das könnte allerdings passieren. Wobei ich mir um kleinere Inkonsistenzen nicht so die Sorgen mache. Die sollten die Spieler von sich aus im Griff haben bzw. sie stören nicht so, wenn sie doch mal vorkommen. Schließlich sind Menschen eben auch mal etwas inkonsistent.
Auch ist etwas Inkonsistenz erwünscht. Schließlich soll der Protagonist sich auch verändern.
Aber: extreme Inkonsistenz sollte vermieden werden. Aber wie? Da brauche ich definitiv irgendeinen Mechanismus oder Regeln für.
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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #4 am: 27.08.2005 | 18:16 »
Wie wäre es, wenn man eigenschaften des Charakters auf die Spieler Verteilt...
Jähzorn, Gutmütigkeit blabla...
und die Spieler können ihre Erschaffungspunkte darauf versteigern, wie bei Amber?
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Offline Skyrock

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #5 am: 27.08.2005 | 18:26 »
Das Konzept finde ich interessant und ungewöhnlich, aber wo ich ein ganz großes Problem sehe ist die angesprochene Inkonsistenz weil sie verhindert dass eine konsistente Aussage zum Konflikt getroffen wird, es sei denn man spricht man sich vorher über die zu treffende Aussage ab(was dann aber das interaktive Element ad absurdum führt) oder hat das Glück dass alle Spieler die gleiche Aussage zum Konflikt treffen wollen(unwahrscheinlich und nicht abschätzbar).

Man könnte hier vielleicht den Protagonist fest von einem Spieler übernehmen lassen und andere Aspekte des Spiels rotierend oder fest von anderen Spielteilnehmern darstellen lassen, etwa Verkörperung von Ziel 1, Verkörperung von Ziel 2, Engelchen und Teufelchen auf der Schulter(OK, das war ein böser Griff in die Klischeekiste ;)) oder was auch immer man als weitere Aspekte des Konflikts einbringen kann.
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Offline Fredi der Elch

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #6 am: 28.08.2005 | 00:45 »
Wie wäre es, wenn man eigenschaften des Charakters auf die Spieler Verteilt...
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und die Spieler können ihre Erschaffungspunkte darauf versteigern, wie bei Amber?
Das wollte ich eigentlich gerade absichtlich nicht so machen. Einzelne Spieler sollen keine Eigenschaften repräsentieren. Ich weiß auch nicht, wozu das eigentlich gut sein sollte…

Das Konzept finde ich interessant und ungewöhnlich, aber wo ich ein ganz großes Problem sehe ist die angesprochene Inkonsistenz weil sie verhindert dass eine konsistente Aussage zum Konflikt getroffen wird, es sei denn man spricht man sich vorher über die zu treffende Aussage ab(was dann aber das interaktive Element ad absurdum führt) oder hat das Glück dass alle Spieler die gleiche Aussage zum Konflikt treffen wollen(unwahrscheinlich und nicht abschätzbar).
Ich halte das ganz ehrlich für nicht so problematisch. Der Protagonist ist im Moment in einem Prozess der Veränderung und steckt zwischen zwei Zielen. Er hat sich noch nicht entschieden und ist extrem unsicher. Er entscheidet eben von Fall zu Fall, ein großes Muster wird erst erkennbar, wenn man einen Schritt zurückgeht.

Will sagen: es macht nichts, wenn sich der Protagonist einmal für Liebe und einmal für Loyalität entscheidet. Menschen sind eben so. Wenn die Situation etwas anders ist, dann wird sich auch anders entscheiden. Besonders in Krisensituationen. Also: was kümmert den Protagonisten seine dumme Entscheidung von gestern. :)

Das Spiel muss nur dafür sorgen, dass die Spieler im Endspiel eine gemeinsame Entscheidung treffen. Alles vorher ist schön, aber Leute können sich eben auch noch im letzten Moment ändern.

Wobei, ein paar Charaktereigenschaften würde ich schon gerne festlegen. Allerdings mit Regeln für Veränderung. Damit sich der Spieler für den Protagonisten dann eben doch auch anders entscheiden kann. Denn nichts würde mehr stören als: „Neee, du kannst nicht so entscheiden, denn hier steht, dass der Protagonist soundso ist!“ Das wäre absolut kontraproduktiv und würde das gesamte Spielkonzept zerstören.
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Offline Lord Verminaard

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Re: [Drama] Grundlagen
« Antwort #7 am: 28.08.2005 | 00:56 »
Ja nu, was ist das denn hier? Her mit den Mechanismen zum Zerpflücken! ;) Konzept finde ich cool, wenn du es mit einem Endspiel und zentralen Konflikt machst, und auf den zentralen Protagonisten zuschneidest, besteht damit auch hinreichende Abgrenzung zu Universalis. Trotzdem könnte man vielleicht so was wie die Challenge mit einbauen, würde zum Geist des Spiels passen. Besser gut geklaut als schlecht erfunden. Damit wäre auch das Inkonsitenz-Problem reguliert.
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