Autor Thema: Wie böse ist das Böse noch?  (Gelesen 23498 mal)

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Offline Yerho

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #50 am: 6.12.2002 | 16:20 »
@ sohn_des_aethers
Danke für die Präzisierung, mangels umfassener Kenntnisse hätte ich es nie so treffend auf das Rollenspiel beziehen können.

Vielleicht noch ein anderer Punkt, der angesichts der bisher eher moralischen Sichtweise etwas banal wirken mag: Viele Antagonisten sind einfach viel zu inkompetent, um "böse" zu sein ... Sie bekommen weder eine langfristige Strategie noch eine für bestimmte Situationen geeignete Taktik auf die Reihe; sie managen keine Ressourcen, kennen weder Spezialisierung noch Multifunktionalität. Sie machen die dämlichsten Fehler gleich mehrfach und lernen nichts daraus; sie varieren keine Pläne, die vielleicht nur aus einem Zufall heraus nicht funktioniert haben. Sie kennen weder das Prinzip des Teilsiegs noch das der Verlustminimierung. Sie schließen keine gleichwertigen Bündnisse und machen keine Eingeständnisse, vertagen keine Vorhaben und modifizieren niemals ihre Absichten. - Kurz, sie sind ungefähr so bedrohlich wie ein schlafender Schoßhund, der davon träumt, den Postboten zu fressen.
« Letzte Änderung: 6.12.2002 | 16:21 von Yerho »
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Offline Lord Verminaard

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Re:Die Autoren machen es uns schwer!
« Antwort #51 am: 6.12.2002 | 17:42 »
Was mir in den Quellbüchern fehlt sind wirkliche Motivationen.

The Players Guide to the Sabbat + The Storytellers Handbook to the Sabbat für Vampire. Absolut perverse, brutale und skrupellose Bösewichte, deren Motivation, deren Überzeugung, deren Dynamik, deren Fanatismus absolut überzeugend und nachvollziehbar begründet wird. Und genau deswegen - da muss ich Dir recht geben - wirken sie, trotz ihres wahrhaftig unmenschlichen und grausamen Tuns, nicht mehr wirklich "böse", jedenfalls, wenn man selbst mal einen gespielt und sie, wie Du es treffend ausdrückstest, entmystifiziert hat. Weiß man hingegen nur wenig über sie, wird man sie nur unzureichend verstehen. Dafür werden sie um so erschreckender wirken.

Für ein Fantasy-Setting, ich kann mich da nur wiederholen, reicht mir die Begründung "die Bösewichte dienen dem dunklen Gott, dem Widersacher des Lichts, seit jeher und sind durch und durch schlecht". Wo ist mein Zweihänder? 8)

@ Yerho: Ich find's interessant, was Du schreibst, aber meine RS-Runde ist kein literaturwissenschaftlicher Workshop. Ich habe gelegentlich versucht, moralische Fragen und innere Konflikte aufzuwerfen, doch in meinen augenblicklichen Runden ist die Resonanz nicht sehr groß. Das war bei der alten Vampire-Runde anders, und ich mochte es. Ich mag aber auch die sorglose Variante. Ahh, da ist er ja, der Zweihänder!! ;D
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Offline Yerho

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #52 am: 6.12.2002 | 17:48 »
Wenn, dann sollte es schon mindestens ein Dreihänder sein ... ;D
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #53 am: 7.12.2002 | 12:24 »
@sohn_des_aethers und Yerho:
jetzt hab ichs wirklich verstanden denke ich.
Was ähnliches, wenn auch nicht ganz so ausführlich, hab ich mal in einer Englischklausur geschrieben, als ich beschreiben sollte, wie ich einen Filmbösewicht darstellen würde(oder wars ein Romanbösewicht?)
Nämlich nicht als blutriefendes Monster, sondern als klugen, überlegt handelnden Charakter, der vielleicht nicht direkt als Bösewicht erkennbar ist.
Es gibt drei Arten etwas zu tun. Die richtige Art, die falsche Art und die Dash Bannon Art.

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #54 am: 9.12.2002 | 14:12 »
z.B.: Doctor Moriaty aus den Sherlock Holmes Geschichten.
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Offline Althalus

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #55 am: 9.12.2002 | 15:15 »
@Lord Verminaard: Dark Fantasy hat IMHO weniger mit dem Gut/Böse-Schema zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Grundstimmung des Settings. Als Begründer wird oft H.P. Lovecraft genannt.
Es wird eben weniger polarisiert. Die Gegner sind nicht so einfach einzuordnen. Der Schrecken und vor allem die Hilflosigkeit zählen da mehr.
Die SCs können noch so viele Feinde umbringen, im Endeffekt bleibt es ein hilfloses Ringen mit Mächten, die so gewaltig sind, daß man sie nie besiegen kann.
Gemini wär da als System zu nennen. Das Böse ist zwar recht christlich dargestellt, handelt aber wesentlich hintergründiger. Wie ein schleichendes Gift korrumpiert es immer mehr Menschen, und mit jedem "Bösen", der fällt entstehen drei neue.

Die Motivation des "Bösen" macht für mich auch einiges aus. Selbst im Fantasy-Setting reicht mir dein Satz nicht. Wenn er dem Bösen dient, warum? Was verspricht er sich davon? Im Endeffekt will das Böse immer allein herrschen, und das müßte ein wirklich mächtiger Diener wissen. Wie beabsichtigt er also, seine eigene Macht zu festigen?
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #56 am: 9.12.2002 | 15:21 »
@Althalus:
Meistens durch "Vorgesetzten Mord"

Man erinnere Sich an Mystic Quest auf dem Gameboy:

Der Dunkle Lord war der Bösewicht, aber am Ende wurde er durch seinen Diener , diesen Magier vernichtet (fragt mich jetzt nicht wie der heisst!  ::) )

UNd der Magier nahm sich selbst die macht des Mana-Baumes, anstatt seinen Herren diese Macht zu überlassen.

Oder auch Skelletor: Er wurde immer wieder von seinen "Mitstreitern" und "Untergebenen" hintergangen.  (KLassisches Beispiel: Evillyn! oder auch MerMan. Oder die Ganzen Kreaturen die er Beschworen hat (Die Masken die das Schwert der Uhrahnen haben wollten und Skelletor einsperrten))
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Offline Althalus

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #57 am: 9.12.2002 | 18:50 »
Zitat
Meistens durch "Vorgesetzten Mord"

Meintest du nicht eher "Fortgesetzten Mord"?  ;D

Ich bringe um, wer sich mir in den Weg stellt.

Allerdings muß er dazu erstmal so mächtig werden - und welche Macht des Bösen läßt ihren Diener so weit kommen?
Würde man als SL das Böse wirklich mit der ihm zur Verfügung stehenden Macht spielen, hätten die SCs eh keine Chance mehr. ;)
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Offline Lord Verminaard

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #58 am: 9.12.2002 | 23:28 »
@ Dark Fantasy: *Althalus zustimm*

@ Warum ist das Böse böse: Fantasy ist eben kein reales Setting. Natürlich ist es zu begründen, warum die Drakonier Takhisis dienen und warum Takhisis, die dunkle Königin, die "guten" Rassen und Götter vernichten will. Die Erklärung ist jedoch denkbar einfach und liegt in der Natur der Spielwelt: seit Anbeginn der Zeit sind Takhisis und Paladin (für Dragonlance-Laien: so heißt der Gott, ich kann nichts dafür) Widersacher; die Drachenkönigin ist die Manifestation des Bösen. Und die Drakonier sind Geschöpfe, die ihre Schergen geschaffen haben, um ihr Werk zu tun. Ebenso, wie die bösen Drachen ihre Geschöpfe sind.

Das ist kein psychologischer, sondern ein mystizistischer Erklärungsansatz. Das "Böse" an sich ist transzendent und bedarf daher keiner logischen Begründung. In einer Fantasy-Welt aber kann es sich, anders als in der Realität, manifestieren, sich ganzer Rassen bemächtigen und seinen ewigen Konflikt mit dem Guten auf dem Angesicht der Erde (oder wie die Welt auch immer heißt) austragen. Und so soll es ja auch sein.

Hm,  ich fürchte, ich drehe mich im Kreis mit meinen Argumenten... ;)
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Offline Althalus

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #59 am: 10.12.2002 | 00:16 »
Am Beispiel Dragonlance ist es aber recht schlecht aufgehängt. Die Entstehung wird ja in "DRagons of Summer Flame" recht gut geschildert.
Takhisis will die von ihr geschaffenen Kreaturen beherrschen, und sie wie Marionetten führen. Paladin sieht seine Rolle eher als Behüter und weiser Lehrer. Gilean läßt sie ihren eigenen Weg finden, und zeichnet auf.
Im Prinzip handeln also sowohl Takhisis als auch Paladin recht egoistisch. Beide wollen sich in ihrer Schöpfung bestätigt sehen.

Das Böse in der Fantasy hat aber einen Namen. Wie im Mittelalter, wird das Böse in uns zu einem Wesen personifiziert. Wir sind heute eher mit der Auswirkung des Bösen konfrontiert, in der Fantasy können wir aber seine Ursache direkt bekämpfen.
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Offline Maratos

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #60 am: 10.12.2002 | 08:24 »
@ Althalus

Das ist so nicht richtig. Paladin will sich mit Sicherheit nicht in seiner Schöüfung bestätigt sehen. Viel mehr ist es so das er freiwillig Krynn seinem Schicksal überlässt um schlimmeres zu verhindern. Wie kann man dann davon reden das er egoistisch handelt ?
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Offline Althalus

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #61 am: 10.12.2002 | 13:14 »
Es geht um das Motiv für die Schöpfung selbst - und da überreden Takhisis und Paladin Gilean dazu. Paladin nimmt eher die Rolle des gütigen aber strengen Vaters an, der seine Kinder dadurch straft, daß er sie eine Zeit lang ignoriert. Seine Motive sind aber alles andere als selbstlos.
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #62 am: 15.12.2002 | 12:36 »
Das ist doch die alte Diskussion ... Wenn sich zwei Mächte streiten, gilt diejenige als "gut", die sich die bessere Publicity verschafft und ihren Anhängern mehr oder eben genau das bietet, was sie haben wollen.

Bei einem System von Schöpfer und Zerstörer könnte höchstens eine außenstehende Entität darüber befinden, ob die Schöpfung an sich nicht schon ein Verbrechen ist, daß korrigiert werden muß. Vielleicht ist mit der Schöpfung ja im nächsthöheren Rahmen eine böse Absicht verbunden?
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #63 am: 15.12.2002 | 14:08 »
@Yerho: Ganz Deiner Meinung. Interessant aber in Bezug auf den Schöpfer und Zerstörer ist aber z.B. Shiva (Der Zerstörer und Erneuerer), der trotz seiner Zerstörungswut als relativ neutraler Gott angebetet wird. Da wird die Zerstörung als eine Art Neuanfang angesehen. PR ist halt alles. ;)
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #64 am: 3.01.2003 | 16:28 »
Ich finde, es kommt darauf an, woran man das "böse" festmacht. Wenn ein Kerl herumläuft und mordet, brandschatzt und vergewaltigt, dann ist er böse, egal ob er eine schwere Kindheit hatte oder nicht. Eine solche Definition sollte sich aus den Taten ergeben, und nicht aus den Motiven...

Aber es ist natürlich viel interessanter, einem Schurken ein sinnvolles Motiv zu geben. Wenn die Chars herausfinden, was einen Schurken dazu bringt, Dämonen anzubeten (vielleicht will er ja nur seine verlorene Liebe wiedererwecken), dann wirkt das einfach realistischer, als wenn der Schurke die Dämonen nur anbetet, weil er das eben cool findet. Böse ist er aber trotzdem.
Wenn die komischen Thay-Hansel ihr Regime verbreiten wollen und dafür über Leichen gehen, dann ist das auch wahrscheinlich doch eher böse als "neutral" (blödes Gesinnungssystem - konnte ich noch nie viel mit anfangen).

Ich finde, daß man schon erklären sollte, warum jemand "böse" ist. Die wenigsten Leute wachen morgens auf und beschließen einfach "Heute werd ich böse!" (da gibt es einen schönen Monolog in Richard III. von Shakespeare, wo erklärt wird, warum Richard beschließt, ein Schurke zu werden - aber deshalb wird er nicht einen Schnatz weniger böse...). Grade wenn man das Motiv, die Triebfeder eines Schurken kennt, kann man seine Taten besser und folgerichtiger darstellen.


Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #65 am: 3.01.2003 | 18:36 »
Zitat
Ich finde, es kommt darauf an, woran man das "böse" festmacht. Wenn ein Kerl herumläuft und mordet, brandschatzt und vergewaltigt, dann ist er böse, egal ob er eine schwere Kindheit hatte oder nicht. Eine solche Definition sollte sich aus den Taten ergeben, und nicht aus den Motiven...

Ganz so einfach ist das nicht. Aber da verweise ich lieber auf die alte Diskussion, sofern diese den damaligen Crash des GroFaFo überstanden hat. Das Böse gibt es nicht. Das ist subjektiv - vom Betrachter und dessen Anschauungen abhängig.

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #66 am: 4.01.2003 | 00:20 »
@Dailor: Ganz kompliziert ist das aber auch nicht:  gemessen an den moral vorstellungen die die mehrheit der menschheit vertritt ist das was sie beschreibt einfach böse und somit ist der Täter für den grossteil der menschheit böse.

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #67 am: 4.01.2003 | 12:26 »
@Teclador: Im Mittelalter wurde das Brandschatzen und Morden von Ungläubigen in der Mehrheit nicht als "böse" angesehen. Zur Jahrhundertwende war es normal und nicht "böse" Schwarze und Asiaten als Sklaven zu halten. Im alten Rom durfte der Vater jederzeit seinen Sohn umbringen, wenn er den Vater hintergangen hatte. Dann gibt es in der Bibel noch diesen alten Spruch "Auge um Auge", der sehr häufig im Namen der Gerechtigkeit zur Blutfehde missbraucht und nicht als "böse" angesehen wurde.
Dailor hat schon recht, wenn er sagt, dass das "Böse" vom Betrachter abhängig ist.
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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #68 am: 4.01.2003 | 13:07 »
Bosheit beginnt dort, wo die Grenze eines Anderen überschritten wird und man darum weiß. Motive spielen eine Rolle, in der Psychologie, in der Analyse der Täter.
Es geht dabei jedoch wenig um das Motiv an sich, das höchstens in einer von resozialisierenden Aspekten getragenen Urteilsfindung Erwägung findet, als vielmehr um dem Tatbeweis und den korrespondierenden Gesetzeswiderspruch. Böse sein, heißt eben immer auch, im jeweiligen Zeitgeist zu handeln.

Offline 1of3

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #69 am: 4.01.2003 | 13:47 »
Du meinst gegen den jeweiligen Zeitgeist, oder?

Offline Boba Fett

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #70 am: 4.01.2003 | 14:50 »
Die Methodik und die Intention macht die Gesinnung aus...
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Offline Yerho

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #71 am: 4.01.2003 | 15:18 »
Die Methodik und die Intention macht die Gesinnung aus...

Ist der Held, der den Despoten erst partiell häutet, um ihm anschließend den Kopf mit dem Rückgrat herauszureißen, besser als der Despot selbst, der vorher mit harter Hand regiert hat, um seinem Land Stabilität zu bescheren? - Die Dualität aus Intention und Methodik geht in der Praxis leider nicht immer auf.
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Offline Boba Fett

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #72 am: 4.01.2003 | 15:39 »
Ist der Held, der den Despoten erst partiell häutet, um ihm anschließend den Kopf mit dem Rückgrat herauszureißen, besser als der Despot selbst, der vorher mit harter Hand regiert hat, um seinem Land Stabilität zu bescheren?
Nein, ersterer (der Held) wird durch seine Methodik böse.
Zweiterer auch, wenn die harte Hand unmenschliche Taten ausführt und Leid verursacht.
Zweiterer ist zunächst einmal nur durch den Begriff "Despot" als "böse" bewertet, denn dieser Begriff enthält eine Wertung.

Fragen wir anders:
Ist das Wesen, das einen Herrscher erst partiell häutet, um ihm anschließend den Kopf mit dem Rückgrat herauszureißen, besser als der Herrscher selbst, der vorher mit harter Hand regiert hat, um seinem Land Stabilität zu bescheren?

Nimm die Begriffe mit Wertung aus dem ganzen und dann kann man die Methodik bewerten.
Die Intention lässt sich in diesem Beispiel nicht bewerten.
Warum das Wesen, das einen Herrscher erst partiell häutet, um ihm anschließend den Kopf mit dem Rückgrat herauszureißen, es macht, wird nicht beantwortet. Um den Herrscher zu entmachten?
Dazu sind diese Handlungen sehr wahrscheinlich (!!!) nicht notwendig.

Warum herrscht der Herrscher mit harter Hand?
Ist es für die Stabilität notwendig? Oder ist es einfacher...?

Ich bleibe bei der Aussage:

Die Methodik und die Intention macht die Gesinnung aus...

Die Methodik beschreibt die Art und Weise wie jemand handelt.
Die Intention enthält das Ziel, das jemand bei einer Handlung hat.
Beide(!!!) Elemente können jemanden als böse bewertbar machen.
Die entgültige Bewertung muss jeder für sich selbst ausführen. Es gibt kein pauschales gut und böse...
(es sei denn man spielt D&D [mit Gesinnungssystem])
« Letzte Änderung: 4.01.2003 | 15:44 von Boba Fett »
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Offline Yerho

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #73 am: 4.01.2003 | 16:46 »
Darauf wollte ich hinaus: Macht es überhaupt Sinn, die eigentlich unverbiegbare Definition basierend auf der Perspektive aufzuschlüsseln? Ich habe ja nun bewußt ein sehr drastisches Beispiel gewählt, tatsächlich sieht es ja eher anders aus. Ich meine, Intention hat doch jeder, nicht wahr? Wie diese Intention bewertet wird, bestimmt auch wieder nur die Perspektive.

Die Wahl der Mittel wiederum steht häufig nicht zur Debatte. Wir hatten das Beispiel des Tyrannenmordes: Getötet wird er auf jeden Fall, und auch wenn es sanft geschieht, ist es eine Tötung. Ob es auch als Mord gesehen wird bestimmt wieder ... Genau, die Perspektive.

Und was ist mit Psychopathen, die ohne bewußte Intention vorgehen?
Oder besser: Was ist mit Tieren? - Die Intention eines Raubtieres ist es, sich Nahrung zu beschaffen und reißt diese. Es wird aber nicht aufgrund seiner Intention oder Methodik als böse betrachtet, sondern aufgrund von Objekt, Ort, Zeitpunkt und Bewerter. Der Bauer, dem nie ein Huhn gerissen wurde, betrachtet den Fuchs nicht als böse, obwohl sich die Intention des Fuchses und seine Methodik nicht geändert haben.

Und auf welcher Basis stellt man Bewertungen auf, inwiefern sich eine Methodik unterscheidet? Was macht Erschießen anders als Vierteilen? - Und wieder sind wir bei der Perspektive.
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SireThomas

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Re:Wie böse ist das Böse noch?
« Antwort #74 am: 4.01.2003 | 17:27 »
Perspektive:

Ein kleiner Ork wandert nach einem erfolgreichen Jagdzug stolz den toten Hasen über seiner Schulter tragend zum Dorf zurück. Nachdem er über die Kuppe des Hügels schreitet, erblickt er das schiere Grauen. Sein Dorf - zerstört. Die Zelte - brennend. Sein starker Vater - ermordet, ebenso seine Mutter. Rußverschmiert sieht der junge Ork, wie am Horizont eine Gruppe von reitern davon zieht, ihre schimmernden silbernen Rüstungen lassen sie als Elben erkennen.

Der junge Ork denkt: "Ich habe das Böse gesehen und werde es vernichten."

Wenn wir das echte Böse sehen, dann ist es wirklich eine Frage der Perspektive. Mittlerweile geht mir in den R.A. Salvatore-Romanen der liebe Drizzt ziemlich auf den Geist, der immer wieder erkennt, dass Goblins durch und durch böse sind. Ihnen ist nicht zu trauen. Seitenlange Monologe über die Natur des Bösen sollen uns von der Gutmenschlichkeit des lieben Drizzt überzeugen. Dieser Held hat hunderte, wenn nicht gar Tausende auf dem Gewissen. Warum ist er nicht das Böse?

Ich finde es faszinierend, wie es Tolkien, der (es lebe die Dokumentation der extended DVD Version HdR !!!) viel Leid und Tod erleben musste, das Böse personifiziert hat. Gleichzeitig zeigt er uns alle Facetten. Vom grausamen Ork (Einfalt und Hass) über den tückischen Seitenwechsler (die dunkle Seite ist die Gewinnerseite, der klassische Opportunist!) über den Schwachen, der sich Macht und Einfluss erhofft (Schlangenzunge) - alle sind sie da vertreten.

Interessanter als die ganzen "schwachen Verkörperungen" des Bösen - auch Sauron zähle ich dazu, ist die eher philosophische Frage, ob es "DAS BÖSE" in Reinform gibt. Dann würde ich auf die Ebene jenseits der Götter gehen, hin zu Schöpfungsmythen und Prinzipien wie Liebe, Hass, Ordnung, Chaos, Schaffen und Zerstören. Aus diesen Prinzipien lässt sich eher das Böse zusammenstellen, wobei auch das Prinzip Liebe zu "dem Bösen" werden kann (was passiert, wenn Galadriel den Ring bekommt?). Auch ordnung kann zu "dem Bösen" werden (vergleiche die Regentschaft von Istar aus Drachenlanze).

Die im Rollenspiel auftretenden Verkörperungen (Sei es Verminaard, Sauron, Artemis Entreri, die Drow, Dämonen oder der Deifi selbst) sind eher "harmlose" Verkörperungen, von denen das "Prinzip" Besitz ergriffen hat..

Meine 2 Cent  ??? ??? ???