Autor Thema: Töppern und Schwertkampf (aus: Pragmatische Theorie zum Rollenspieldesign)  (Gelesen 13708 mal)

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Offline Skyrock

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Man kann ja auch durchaus die Hobbies begrenzen - zum Beispiel darf sich jeder Charakter maximal zwei Hobbies aufschreiben.
Die "In Harm's Way"-Reihe macht das in gewissem Sinne mit seinen Avocations, von denen jeder Charakter genau eine. (Gut, es gibt mit Sport eine wo sich viele Fertigkeiten mit abenteuerrelevanten Fähigkeiten wie Klettern und Ringen überschneiden, aber der Grundgedanke ist gleich.)
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Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
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Offline Maarzan

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Wenn zwei Charaktere wirklich mal einen auf großen Pullermann machen müssen und dazu anfangen, die Werte ihre Hobbyfertigkeiten (!!) zu vergleichen, ist doch im Spiel irgendwas schiefgelaufen.

Wieso, es ist dann nur ein Beispiel, das das Spiel einmal über den Horizont "kampagnenrelevanter Schnetzelfertigkeiten" hinausgekommen ist.
Es wird nie zum Vergleich kommen, ist eine sehr beengte Sichtweise würde ich sagen.

Abgesehen davon, dass man eine solche Nebenfertigkeit durch entsprechende Charakterhandlungen durchaus eben auch selbst kampagnenrelevant machen kann und so häufiger in die Verlegenheit kommt konkreter Aussagen treffen zu müssen als "der hat sich mal damit beschäftigt".

Und das Hobbies per Definition nicht für Abenteuerlösungen geeignet sein dürfen, halte ich für absoluten Quatsch- Denkverbot par exellence.
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Offline Falcon

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CD schrieb:
Zitat
Man kann ja auch durchaus die Hobbies begrenzen - zum Beispiel darf sich jeder Charakter maximal zwei Hobbies aufschreiben.
und schon hast du wieder eine ganz normale Fertigkeitregel und die Frage nach Effektivität, Breite usw. (was ist wenn jemand etwas nützliches nimmt? man kann sich halt nie sicher sein) wird wieder gestellt ;)

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ChristophDolge

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(was ist wenn jemand etwas nützliches nimmt? man kann sich halt nie sicher sein)

Ich bin ja davon ausgegangen, dass er, selbst wenn er etwas potentiell nützliches nimmt, sich dies nicht als nennenswert nützlich erweisen dürfte. Relevante Aktionen (also praktisch alles, was mit einer Probe/ einem Konflikt gelöst werden soll) müssen sich anderer Vehikel bedienen. Insofern darf man sich sicher Hobbies wählen, die potentiell irgendwann mal helfen - ist ja im wahren Leben auch so - aber dein tägliches Brot bestreitest du nicht damit.

EDIT Sorry, hatte die Beiträge von Skyrock und Marzaan überlesen.

@Marzaan: Ich denke, es ist Geschmacksfrage. Wer sich unbedingt alle Möglichkeiten offen halten möchte, sollte ja sowieso völlig ohne Regeln spielen  ::) Aber im Ernst - ich denke, ich habe ein leicht anderes Verständnis einer Hobbiefertigkeit als du. Ich definiere einfach, dass sie irrelevant sein muss, während du dich sicher an das reale Vorbild hälst, dass manche Leute auch mit ihren Hobbies große Erfolge feiern können (Amateursportler z.B., die bei den olympischen Spielen antreten - allen voran die Boxer). Dass muss wohl jeder mit sich selbst ausmachen, ob ihm das in einem Spiel passt. Immerhin definieren wir die Regeln ja selbst.
« Letzte Änderung: 20.08.2008 | 19:37 von ChristophDolge »

Offline Falcon

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ich kenne genug Spieler, die wegen dieses einen, hypothetischen Falles es vorneweg ablehnen würden, weil es das Charaktergefühl zerstört.
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Offline Maarzan

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Bei Hobbies sind wir ja auch erst recht kurz - und auch da ist der Übergang zum Nützlichen meines Errachtens fließend. Vieles was der eine zum Hobby macht (z.B. Fotografieren), dient einem anderen als Brötchenverdiener. Und wenn man dann in einer entsprechenden Situation steht, ist es a) naheliegend diese Hobbyfertigkeiten dann auch im Ernst zu nutzen und es kommt b) dann die Frage auf "Bin ich gut genug?" oder kann ich wenigstens lange genug täuschen bis mein Ziel erreicht ist.

Insofern ist häufig diese spieltechnische Nebensache d.h. der "zivile" Beruf tatsächlich das, was Essen auf den Tisch bringt, Bsp. Cuthullu, nicht Mythoskunde, Waffenbeherrschung, Verstecken ... .

Begonnen hat das hier ja einmal einfach als Bewertungsproblem von klassischen "Abenteuerfertigkeiten" gegenüber "sonstigem".

Ohne Regeln kann man sicher alles Spielen, aber dabei bleibt dann immer noch das Bewertungsproblem, wenn es denn dann zum Austausch mit den Mitspielern kommt.

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Offline reinecke

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Wenn man Fotografieren als Hobby hat und jemand anderes als Beruf. Dann kann der Hobbyfotograf das auch nur hobbymäßig einsetzen. Also darf die Fertigkeit nur beschränkt einsetzen, anders als der Berufler.
Dadurch ist den Präferenzen genüge getan.

ChristophDolge

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Genauso hatte ich das auch gedacht. Danke für die Eklärung.

Offline Maarzan

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So kommen wir nicht miteinander ins Geschäft.

Für mich richtet sich die Spielwelt und damit die Handlungsmöglichkeiten der Charaktere nicht nach dem, was für den Designer die einfachste Lösung ist.

Das muss auch nicht in jedem Spiel unbedingt bis ins Letzte aufgedröselt werden, aber ein Spiel, das nicht nur rein "Dungeon"gaming sein will, darf da nicht völlig versagen und das ist ein "du darfst nicht, weil ich das beim Regelbauen nicht gebacken bekommen" habe für mich.

Und wo sollen denn dann die Grenzen zwischen hobbymäíger und professioneller Herausforderung gezogen werden. Die treten ja nicht unbedingtimmer im direkten Vergleich gegeneinander an.

Abgesehen davon, das der DFB-Pokal deutlich an Reiz verlieren würde, wenn man die Ergebnisse der Spiele von Profis gegen Amateure einfach setzen würde
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Online 1of3

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Das Spiel muss vor allem erstmal wissen, was es will.

Und man darf sich nicht verwirren lassen: Etwas in Werte zu fassen, heißt nicht, dass es ein Charakter dann tun kann, sondern dass es alle anderen erstmal nicht tun können.

Ich glaube, das ist einer der ganz großen Denkfehler. Viele frage: Was soll ein Charakter können? Sie müssten fragen: Was soll ein Charakter ggf. nicht können können.

Offline Maarzan

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Ich glaube, das ist einer der ganz großen Denkfehler. Viele frage: Was soll ein Charakter können? Sie müssten fragen: Was soll ein Charakter ggf. nicht können können.

Man kann doch eine überraschende Menge an Dingen - zumindest versuchen. Die Frage sehe ich eher darin wie gut man das dann kann.

Oder ist mit können schon ein gewisses Niveau gemeint? Dann sehe ich das Problem eben dieses Niveau überall abzuschätzen und dann in Relation zu den Aufgaben zu stellen.

Die vorher hiere aufgestellte quasi Binärität reicht eben nicht aus um mehr als Notnagel zu sein.

Wenn also nicht von vorneherein der Bedarf an einer Beurteilung einer Handlung durch eine entsprechend enge Themenwahl desAutors ausgeschlossen ist, reicht das so nicht aus um die potentiell auftretenden Situationen abzudecken.


Ich würde eher die Grundannahme in Zweifel ziehen, dass Fertigkeiten abenteuertechnisch balanced seien müssen. Den Versuch den Lernaufwand grob hin zu bekommen stelle ich mir einfacher vor, als das Ganze spieltechnisch ins ein Nutzengleichgewicht zu bekommem.

Die meisten Leute dürften doch wohl eine Vorstellung davon haben, wie viel sie nach der jeweiligen Settingbeschreibung (vom SL und damit theoretisch deutlich näher am Spiel als es der Autor dann ist) mit Schneidern in einem bestimmten Setting reißen können gegenüber z.B. Klettern oder Schwertkampf.

Das Problem liegt dann doch eher darin, das hier reine MinMaxer in Spielen, wo Fertigkeitspunkte rar sind, auf Leute treffen, die "stimmigere" Charaktere haben wollen, bzw. Regelsysteme, die ggf. Nichtabenteuerfertigkeiten in einer Weise abhandeln, welche nicht den aus der Erwartung an die Welt entsprechenden Nutzen bringen, z.B. ein extrem armes ErsteHilfe/Medizin System, weil man davon ausging eine Gruppe hat einen funktionierenden magischen Heiler und solche, in denen extreme Spezialisation zusätzlich belohnt wird, so dass man es sich gamistisch nicht leisten kann, hier und da ein paar Punkte fallen zu lassen, da man rapide an Qualifikation verliert.

Das Problem löst man aber doch nicht durch ein weiteres "Herabdrücken" von "Nebenfertigkeiten", quasi wenn ich die Augen zu mache /die Fertigkeiten eleminiere, habe ich auch keine Promleme mehr mit ihrer Anwendung.
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Online 1of3

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Zitat
Man kann doch eine überraschende Menge an Dingen - zumindest versuchen. Die Frage sehe ich eher darin wie gut man das dann kann.

Oder ist mit können schon ein gewisses Niveau gemeint? Dann sehe ich das Problem eben dieses Niveau überall abzuschätzen und dann in Relation zu den Aufgaben zu stellen.

Die vorher hiere aufgestellte quasi Binärität reicht eben nicht aus um mehr als Notnagel zu sein.

Wenn also nicht von vorneherein der Bedarf an einer Beurteilung einer Handlung durch eine entsprechend enge Themenwahl desAutors ausgeschlossen ist, reicht das so nicht aus um die potentiell auftretenden Situationen abzudecken.

Du sprichst von Themenauswahl so, als dürfte man das nur mit spitzen Fingern anfassen. Themenauswahl ist der Kern des Geschäfts. Das Wort "Spiel" in Spiel-Design bezieht nicht auf Dinge, die in Büchern stehe, sondern auf auftretende Spielsituationen: Der Designer formt das Spielen vor.

Man muss auch bedenken, dass selbst wenn klar ist, was ein Spieler versucht, noch lange nicht klar sein muss, was ein Charakter versucht. Ich kann ganz hervorragende Mechanismen schreiben ohne mich jemals damit zu beschäftigen, was Charaktere versuchen. Schau dir mal ein Spiel an, dass das Trait Pattern vernünftig benutzt. Da erkennt man, dass man hervorragend designen kann und den Spielern über die Charakterebene trotzdem alle Freiheiten lassen.

Wir sprechen aber die ganze Zeit über Fertigkeiten. Fertigkeiten kann es von ihrer Struktur her nur endlich viele geben. Diese müssen vorher beim Design ausgewählt werden. Man muss sich also fragen, welche Fertigkeiten in die Liste kommen sollen. Diese Liste entspricht dann der Menge an möglichen Problemen.

Ich mach mal ein Beispiel: Charaktere können sich die Schuhe zubinden. Nehmen wir meist so an. Sobald es einen Wert "Schuhe zubinden" gibt (völlig egal, ob und wie der skaliert ist), ist Schuhe zubinden ein ernstzunehmendes Problem.

Du könntest sagen: "Schuhe zubinden ist auch ein blödes Beispiel." Mag sein, aber es ist genauso vernünftig wie jedes andere. Die Auswahl der Werte ist völlig willkürlich. Der Designer beginnt mit einem völlig weißen Blatt und kann dann alles hinschreiben. Bevor der Designer da war, gibt es keine Regeln.


Zitat
Ich würde eher die Grundannahme in Zweifel ziehen, dass Fertigkeiten abenteuertechnisch balanced seien müssen. Den Versuch den Lernaufwand grob hin zu bekommen stelle ich mir einfacher vor, als das Ganze spieltechnisch ins ein Nutzengleichgewicht zu bekommem.

Die meisten Leute dürften doch wohl eine Vorstellung davon haben, wie viel sie nach der jeweiligen Settingbeschreibung (vom SL und damit theoretisch deutlich näher am Spiel als es der Autor dann ist) mit Schneidern in einem bestimmten Setting reißen können gegenüber z.B. Klettern oder Schwertkampf.

Das Problem liegt dann doch eher darin, das hier reine MinMaxer in Spielen, wo Fertigkeitspunkte rar sind, auf Leute treffen, die "stimmigere" Charaktere haben wollen, bzw. Regelsysteme, die ggf. Nichtabenteuerfertigkeiten in einer Weise abhandeln, welche nicht den aus der Erwartung an die Welt entsprechenden Nutzen bringen, z.B. ein extrem armes ErsteHilfe/Medizin System, weil man davon ausging eine Gruppe hat einen funktionierenden magischen Heiler und solche, in denen extreme Spezialisation zusätzlich belohnt wird, so dass man es sich gamistisch nicht leisten kann, hier und da ein paar Punkte fallen zu lassen, da man rapide an Qualifikation verliert.

Das Problem löst man aber doch nicht durch ein weiteres "Herabdrücken" von "Nebenfertigkeiten", quasi wenn ich die Augen zu mache /die Fertigkeiten eleminiere, habe ich auch keine Promleme mehr mit ihrer Anwendung.

Du ziehst meine Grundannahme, das Balancing wünschenswert sei, in Zweifel und begründest im ersten Absatz damit, das Balancing schwierig sei. Das find ich jetzt ein bischen schwierig. Um eine Grundannahme zu entkräften, sollte es schon was deutlich Tiefsinnigeres kommen als technische Schwierigkeiten.

Dann sprichst du über den SL. Das ist nicht möglich, denn der SL ist eine Regel. Man kann Rollenspiele ohne SL machen oder mit zwei SL oder mit wechselndem SL oder sonstwas. Da es Regeln aber erst gibt, nachdem der Designer fertig ist, kann das Handeln des SLs keine Maßgabe für das Handeln des Designers sein: Der Designer macht den SL.


Dann sprichst du zuletzt von dem Problem, um das hier in der Tat schon die ganze Zeit geht: Nämlich, wie man Effektives und Stimmiges verbindet. Aus mir unerfindlichen Gründen verortest du das im Spieler: Es gebe wohl Stimmungs- und Effektivspieler, je nachdem wie diese Charaktere bauten.

Sowas setzt irgendwelche unveränderlichen Persönlichkeitsmuster voraus, wovon man als Spiel-Designer vielleicht doch lieber die Finger lässt. Betrachten wir doch lieber die Produkte: Stimmige und effektive Charaktere.

Mit denen allerdings können wir als Designer gut umgehen, denn beide Spieler haben ihren Charakter nach unseren Regeln erschaffen. Und dann ist es nämlich ein Leichtes die Regeln so zu nehmen, dass die Charaktere gleichzeitig stimmig und effektiv werden.

Und das ist der ganze Knackpunkt hier.

Eulenspiegel

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Man muss auch bedenken, dass selbst wenn klar ist, was ein Spieler versucht, noch lange nicht klar sein muss, was ein Charakter versucht. Ich kann ganz hervorragende Mechanismen schreiben ohne mich jemals damit zu beschäftigen, was Charaktere versuchen. Schau dir mal ein Spiel an, dass das Trait Pattern vernünftig benutzt.
Zustimmung. Oder schau dir Spiele an, die extrinsische Regeln verwenden. Hier wird häufig auch darauf eingegangen, was der Spieler versucht, und nicht, was der Char versucht.

Zitat
Wir sprechen aber die ganze Zeit über Fertigkeiten. Fertigkeiten kann es von ihrer Struktur her nur endlich viele geben.
In Unknown Armies gibt es theoretisch unendlich viele Fertigkeiten: Jeder Charakter hat seine eigenen Fertigkeiten, die sich der Spieler selber aussuchen kann. (Und ich habe bei Unknown Armies mal einen NSC getroffen, der zum Beispiel die Fertigkeit: "In Schuhen mit hohen Absätzen laufen" hatte.)

Zitat
Ich mach mal ein Beispiel: Charaktere können sich die Schuhe zubinden. Nehmen wir meist so an. Sobald es einen Wert "Schuhe zubinden" gibt (völlig egal, ob und wie der skaliert ist), ist Schuhe zubinden ein ernstzunehmendes Problem.
Falsch.
Dieser Skill kann auch nur bedeuten, dass dieser Char es besonders gut kann oder besonders schöne Schleifen hinbekommt.

Eine ganz normale Schleife bekommt also jeder Char hin. Wenn aber die Hände auf den Rücken gefesselt sind und einem die Augen verbunden wurden, DANN muss man auf "Schuhe zubinden" würfeln, falls man seien Schuhe verbinden will.

Das gleiche ist ja mit reiten:
Sich auf ein Pferd zu setzen und im Schritttempo durch die Gegend zu reiten, schafft jeder auch ohne dieses Talent.
Aber das Pferd zum galoppieren zu ermuntern oder das Pferd nur mit Schenkeldruck zu manövrieren oder sich im Sattel umzudrehen, dafür sind dann plötzlich Reitenproben notwendig.

Oder mit Sinnesschärfe/Wahrnehmung:
Nur weil man dieses Talent nicht hat, heißt das nicht, dass man blind und taub ist: Man kann auch ohne dieses Talent sehen und hören.
Aber wenn es darum geht, etwas Verstecktest zu sehen/hören, muss man auf das Talent würfeln. (Aber den Kerl, der da ganz offensichtlich auf euch zu kommt, erkennt ihr auch ohne Talent.)

Dem letzten Teil deines Postes stimme ich dagegen wieder zu.

Offline Maarzan

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Du sprichst von Themenauswahl so, als dürfte man das nur mit spitzen Fingern anfassen. Themenauswahl ist der Kern des Geschäfts. Das Wort "Spiel" in Spiel-Design bezieht nicht auf Dinge, die in Büchern stehe, sondern auf auftretende Spielsituationen: Der Designer formt das Spielen vor.
Ebend, und dabei kann er eine Menge Probleme im Vorfeld entschärfen/ sich die Arbeit erleichtern, indem er festlegt was da im Spiel so passieren soll, was er also in der Spielwelt damit beleuchten will. Tut er das allerdings nicht und sagt quasi "alles geht", dann muss er sich auch ein wenig mehr anstrengen, bzw. läuft vor erhebliche Probleme, wenn er Balancing udn Stimmigkeit gleichzeitig abdecken will.

Zitat
Man muss auch bedenken, dass selbst wenn klar ist, was ein Spieler versucht, noch lange nicht klar sein muss, was ein Charakter versucht. Ich kann ganz hervorragende Mechanismen schreiben ohne mich jemals damit zu beschäftigen, was Charaktere versuchen. Schau dir mal ein Spiel an, dass das Trait Pattern vernünftig benutzt. Da erkennt man, dass man hervorragend designen kann und den Spielern über die Charakterebene trotzdem alle Freiheiten lassen.
In den Worten kann ich jetzt so keinen Sinn drin erkennen.

Zitat
Wir sprechen aber die ganze Zeit über Fertigkeiten. Fertigkeiten kann es von ihrer Struktur her nur endlich viele geben. Diese müssen vorher beim Design ausgewählt werden. Man muss sich also fragen, welche Fertigkeiten in die Liste kommen sollen. Diese Liste entspricht dann der Menge an möglichen Problemen.
Codierte Fertigkeiten im System kann es nur begrenzt geben. Die sinnvolle Zahl und ihre Umsetzung sollte sich nach den Problemen richten, die man anzusprechen gedenkt - womit wir wieder beim "Thema" sind.

Zitat
Ich mach mal ein Beispiel: Charaktere können sich die Schuhe zubinden. Nehmen wir meist so an. Sobald es einen Wert "Schuhe zubinden" gibt (völlig egal, ob und wie der skaliert ist), ist Schuhe zubinden ein ernstzunehmendes Problem.
Es ist erst einmal ein Angebot, und ggf. ein Hinweis, was der Spelleiter für Situationen zu unterstützen gedenkt. Ein Problem wird es erst bei einem unzureichend designten Fertigkeitssystem, z.B. solchen binären.

Zitat
Du könntest sagen: "Schuhe zubinden ist auch ein blödes Beispiel." Mag sein, aber es ist genauso vernünftig wie jedes andere. Die Auswahl der Werte ist völlig willkürlich. Der Designer beginnt mit einem völlig weißen Blatt und kann dann alles hinschreiben. Bevor der Designer da war, gibt es keine Regeln.
Der Designer ist doch kein Affe mit ner Schreibmaschine. Er sollte sich also Gedanken machen, was er da schreibt (und für wen) und ist dann auch verantwortlich dafür, was dabei raus kommt.

Zitat
Du ziehst meine Grundannahme, das Balancing wünschenswert sei, in Zweifel und begründest im ersten Absatz damit, das Balancing schwierig sei. Das find ich jetzt ein bischen schwierig. Um eine Grundannahme zu entkräften, sollte es schon was deutlich Tiefsinnigeres kommen als technische Schwierigkeiten.

Ich hatte nicht vor Balancing als solches in Zweifel zu ziehen, sondern wollte darauf hinaus, dass ein System eigentlich in dieser Hinsicht bei auch nur minimaler Transparenz der zu erwartenden Handlung und einer halbwegs großen Zahl an realen Optionen selbstbalancend wäre, weil die Wertigkeit der zivilen Fertigkeiten und ihre Alternativen dabei klar ist. Alles was nötig wäre, ist ein klarer Wertmaßstab und da bietet sich eben meiner Meinung nach am einfachsten einer an, der aus der Spielwelt abgeleitet wurde.
Probleme gibt es erst bei völlig fehlender oder irreführender Deklaration des Spielinhalts bzw. wenn Leute ein Problem mit dem Spielinhalt an sich haben und vor dem Problem stehen die Divergenz zwischen eigenen Wünschen und dem Restspiel zu überbrücken, bzw. dann nicht bereit sind, die Folgen ihrer bewußten suboptimalen Entscheidungen auszubaden.

Zitat
Dann sprichst du über den SL. Das ist nicht möglich, denn der SL ist eine Regel. Man kann Rollenspiele ohne SL machen oder mit zwei SL oder mit wechselndem SL oder sonstwas. Da es Regeln aber erst gibt, nachdem der Designer fertig ist, kann das Handeln des SLs keine Maßgabe für das Handeln des Designers sein: Der Designer macht den SL.
Mein Formfehler: Ersetze SL durch Grundlagenabstimmung zum Setting.
Wie es dazu kommt gehört aber in die Regeln und wenn der Designer das nicht erklärt, z.B. durch entsprechende Hinweise an einen potentiellen SL und seine Gruppe, hat er hier eine Lücke in seinem Werk.

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Sowas setzt irgendwelche unveränderlichen Persönlichkeitsmuster voraus, wovon man als Spiel-Designer vielleicht doch lieber die Finger lässt. Betrachten wir doch lieber die Produkte: Stimmige und effektive Charaktere.

Mit denen allerdings können wir als Designer gut umgehen, denn beide Spieler haben ihren Charakter nach unseren Regeln erschaffen. Und dann ist es nämlich ein Leichtes die Regeln so zu nehmen, dass die Charaktere gleichzeitig stimmig und effektiv werden.

Die Betrachtung der Spieler meinerseits kommt daher, dass ich überlegt habe, wer hat denn überhaupt ein Problem mit einem mangelnden Balancing von Nebenfertigkeiten hätte. Denn Balancing ist ja kein Eigenwert sondern wird bemüht, um eben Spieler zufrieden zu stellen.
Daher war meine Leitfrage:
Wer hat ein Problem mit dem Balancing von Abenteuer- und Nebenfertigkeiten und warum? Erst wenn ich die Krankheit korrekt diagnostiziert habe, kann ich die passende Medizin/Regeln zusammenstellen, anstelle nur an den Symptomen zu doktorn.

Meine Kritik hing daher auch an dem von mir so wahrgenommenen Vorschlag, auf die Effektivität hin zu regeln und alles andere dann der Stimmigkeit ein paar Fluffbrocken hinzuwerfen und wenn sie die bekannten Kreise stört eben wieder in den Zwinger zu stecken.
Das hilft meines Erachtens aber keinem. Der "Effektivspieler" baut immer noch effektiv und der "Stimmig"spieler hat nun zwar irgendwo einen Wert auf dem Papier, darf ihn aber ausdrücklich nicht einsetzen um irgend etwas damit zu bewirken. So kommt zum Schaden noch der Spott hinzu.

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Eulenspiegel

  • Gast
In den Worten kann ich jetzt so keinen Sinn drin erkennen.
Stell dir mal vor, im Regelsystem gibt es genau drei Fertigkeiten:
- Beginn des Rollenspielabends
- Mitte des Rollenspielabends
- Ende des Rollenspielabends

Zu Beginn des Rollenspielabends legt man fest, bis wann man spielt und teil diese Zeit dann in drei gleich lange Abschnitte ein.

Im ersten Drittel musst du dann immer auf "Beginn des Rollenspielabends" würfeln, sobald dein Charakter etwas tut. Sagen wir mal, du hast darin einen Wert von 5. Egal, was dein Charakter tut: Sollte er es im ersten Drittel des Abends versuchen, so musst du mit einem Wert von 5 würfeln.

Das System ist nicht realistisch, aber es erfüllt trotzdem seine Zweck und man kann damit sehr gut spielen.

Online 1of3

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@Eulenspiegel: UA hat größtenteils Traits. Fertigkeiten sind davon nur die auf dem Charakterbogen vorgedruckten und die für Magie und Avatar-Zeug. So stehts geschrieben.


Ansonsten antworte ich auf Beiträge mit mehr als drei Zitathäppchen grundsätzlich nicht. Das riecht dann immer gleich so verbrannt.

Eulenspiegel

  • Gast
Und was ist der Unterschied zwischen Trait und Fertigkeit? (Jetzt nicht unbedingt auf UA bezogen, sondern eher Rollenspieltheoretisch.)

Online 1of3

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Traits kann man sich selbst aussuchen, Fertigkeiten aus einer Liste wählen.