Autor Thema: No Country for old Men  (Gelesen 2806 mal)

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Offline Timo

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No Country for old Men
« am: 17.07.2007 | 13:02 »
No Country for old Men:
http://www.apple.com/trailers/miramax/nocountryforoldmen/

Der neue Film von den Cohen Brüdern. Muss ich noch mehr sagen?
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Offline Uebelator

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Re: No Country for old Men
« Antwort #1 am: 17.03.2008 | 12:16 »
Die Oscars sind komisch... Klar... Wenn ein Film wie Titanic oder Herr der Ringe den Oscar für die besten Spezialeffekte bekommt, dann wundert mich das eher weniger. Nichtsdestotrotz gibt es immer mal wieder Oscars, die in meinen Augen einfach an die falschen Leute gehen. Mal im Ernst... Russel Crowe in “Gladiator” als besten Schauspieler zu küren ist irgendwie albern. Viel mehr als bedeutungsschwanger in die Gegend zu gucken, immer mal wieder zu grunzen und mit eingeöltem Bizeps durch die staubige Arena zu hüpfen hat der doch nicht gemacht, oder? Da hätte man doch auch unserem “Dschörmän Glädiäta” Ralf Möller so ein goldenes Figürchen in die Hand drücken können. Und ich kann mich zwar nicht mehr erinnern, was in dem Jahr noch so an Filmen rauskam, aber wenn Gwyneth Paltrow in “Shakespeare in Love” als beste Hauptdarstellerin gekürt wird, kanns ja echt nicht dolle gewesen sein.

Naja... Kommen wir mal zum Punkt. “No country for old men” hat in diesem Jahr 4 Oscars gewonnen. Verdient? So richtig sicher bin ich mir da nicht.

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Unterhaltsam ist der Film auf jeden Fall, denn selten sieht man so viele skurrile, aber trotzdem irgendwie realistische Charaktere auf einem Haufen. Gut gespielt ists auch. Ich fühlte mich am Ende lediglich ein bissl um eine Auflösung betrogen, denn ich hatte irgendwie noch einen total cleveren Clou erwartet (“Luke, ich bin Dein Vater!”), der aber weitgehend ausblieb. (“Luke, ich bin der Schwippschwager vom Bruder Deines Bankberaters.”) Hmmm...

Wer “Fargo” mochte, wird auch “No country for old men” mögen, denn die beiden Filme sind von der Art – sowohl was die Geschichte als auch die Machart angeht - sehr ähnlich. Mir hats gefallen. Allerdings hätte ich wohl nur 2 Oscars verteilt. (Beste Regie und bester Nebendarsteller)

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Re: No Country for old Men
« Antwort #2 am: 17.03.2008 | 15:05 »
Oscar-Diskussionen bitte hier entlang
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Dirk

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Re: No Country for old Men
« Antwort #3 am: 17.03.2008 | 20:38 »
Was soll man zu diesem wahnsinnig guten Film noch weiter sagen? Mein derzeitiger Liebling! Nicht weil er Oscars bekam, die sind mir nämlich total schnuppe, sondern weil mich der Film mehrfach fesseln konnte.

Das liegt nicht nur an dieser unheimlich verstörenden Präsenz des Chiugar (oder so...) sondern eben auch an der Vielschichtigkeit des Sheriffs und den grandiosen Kameraeinstellungen. Dazu aberwitzige Charaktere und Typen, ein sich mühender Hauptdarsteller (der ist gut wird halt überschattet vom Killer), ein wunderbar auf dieses Ende hingearbeitetes "Finale" und voila, fertig ist der beste Film des Ende letzten Jahres/Anfang dieses Jahres.

MfG
Dirk

PS: habe ich Chiugars Präsenz schon erwähnt? Echt der Hammer! Und so geil gespielt, allein wie der sich an den Kernen verschluckt...
Erdmännchen finde ich schon echt putzig!

Aber Koks ist einfach nicht meine Droge.

Joe Dizzy

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Re: No Country for old Men
« Antwort #4 am: 17.03.2008 | 23:01 »
Das Handwerkliche und die Erzählkunst des Films begeistern mich. Nur der zutiefst erbarmungslose und trostlose Kern der Geschichte stößt mich einfach ab. Es mag das gewesen sein was die Coens nach eigenen Angaben an der Geschichte reizvoll fanden,  aber so eine Geschichte gefällt mir ganz einfach nicht.

Dann gebe ich dann doch der Mischung aus Bissigkeit und Mitgefühl in "There will be blood" den Vorzug. Der ist handwerklich ebenfalls fantastisch, wenn auch nicht ganz so verspielt; aber inhaltlich um einiges erträglicher.

Offline Dirk

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Re: No Country for old Men
« Antwort #5 am: 18.03.2008 | 09:45 »
There will be blood hat nur eine, ok, zwei gute Sachen: Daniel Day Lewis und die Musik. Der Rest ist vorhersehbar, fatalistisch, auf Pomp gemacht, in keinem Fall tiefsinnig und die Grundthese des Films mit seinen zwei Ecken des US-Amerikanismus irgendwie schablonenhaft. Kein guter Film. Nur Daniel Day Lewis, der genial ist, das muss ich zugeben. Paul T. Anderson kann in seinen Filmen nur mit breiten Pinsel malen, das sieht oftmals schick aus lässt aber Tiefe und vor allem Kontrast vermissen. Ich finde ihn vollkommen überschätzt. Vielleicht wird er noch dazu lernen, ich habe da so ein Gefühl...

Ich will No Country gar nicht verteidigen aber wo bitte ist der Kern erbarmungslos und trostlos? Gerade der Sheriff gibt dem Film doch eine enorme menschliche Komponente, die den Rest überlagert. Und das mit viel Hoffnung. Hmmh. Ich denke wir werden uns wohl nicht einigen können.

MfG
Dirk
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Joe Dizzy

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Re: No Country for old Men
« Antwort #6 am: 18.03.2008 | 10:48 »
Warum sollten wir uns denn einigen müssen? Ich find's nur interessant andere Sichtweisen zu hören.

Zu There will be blood: das mit dem Pomp ist mit Sicherheit wahr, der Film hat schon etwas opernhaftes. Aber am Ende bleibt ein Bild von Menschen übrig, die zwar kaputt und verdreht sind; aber dennoch Mitgefühl verdienen und verlangen. Es ist dieser Punkt, der mich als Zuschauer so weit in die Geschichte zieht, dass es spannend wird. Für einen PTA-Film ist das schon eine Leistung. Sowohl Boogie Nights und Magnolia fand ich vor allem lang, aber nicht wirklich gut.

No Country for Old Men hingegen hat für mich nichts hoffnungsvolles. Gerade die Sherrif-Figur und seine Ohnmacht gegenüber dem Morden und der Gewalt finde ich sehr düster und hoffnungslos. Schließlich versagt er auf ganzer Linie. Er kann weder Llewelyn noch seine Frau vor Chigurh beschützen und bekommt ihn auch nicht zu fassen. Das Unmenschliche der Figur verstört nicht nur den Zuschauer, sondern wirft den Sherrif in tiefe Sinneszweifel. Am Ende bleibt nur die Rede des Sherrifs, in der er über seine Ängste spricht seiner Berufung und seiner familiären Tradition nicht gerecht worden zu sein, und sein leises Hoffen auf eine Absolution im Jenseits.

Offline Crimson King

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Re: No Country for old Men
« Antwort #7 am: 22.03.2008 | 23:24 »
Georgios, pack doch bitte deinen letzten Absatz in Spoiler-Klammern. :)

Was mich an dem Film stört, ist, dass er über ca. 105 Minuten eine nette skurile Geschichte erzählt, um dann in den letzten 15 Minuten vollständig in Symbolismus zu versinken. Drei der letzten vier Einstellungen haben mit dem eigentlichen Plot absolut garnichts zu tun. Da kommt in mir einfach das Gefühl hoch, dass die Autoren es nicht hinbekommen haben, ihre Message vernünftig in den Plot zu packen und auf diese Krücke zurückgreifen mussten.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
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J.W. von Goethe

Ludovico

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Re: No Country for old Men
« Antwort #8 am: 25.03.2008 | 09:40 »
Netter Film!
Das Ende fand ich aber komisch und hab es auch nicht ganz verstanden.
Na ja, ich kann es eh nicht leiden, wenn man Ende eines Films Fragen offen bleiben.

Offline Crimson King

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Re: No Country for old Men
« Antwort #9 am: 25.03.2008 | 09:45 »
Ich find's toll, wenn Fragen offen bleiben. Ich finde es nur nicht toll, wenn man durch einen derartigen Stilbruch verwirrt zurückgelassen wird. Wenn die einzige offene Frage ist "Was sollte das denn jetzt?", hat der Künstler seine Intention vermutlich auch nicht umsetzen können.
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Preacher

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Re: No Country for old Men
« Antwort #10 am: 25.03.2008 | 10:00 »
Was mich an dem Film stört, ist, dass er über ca. 105 Minuten eine nette skurile Geschichte erzählt, um dann in den letzten 15 Minuten vollständig in Symbolismus zu versinken.
Pardon, aber den Symbolismus hast Du im kompletten Film. Und eine "nette, skurrile Geschichte" gab es in dem Film auch nicht.

Georgios hat mit seiner Einschätzung recht - das ist eine trost- und hoffnungslose Geschichte. Klar gibt der Sheriff dem ganzen eine menschliche Komponente, aber letztlich kann er sich nur seine Ohnmacht eingestehen und resignieren. Das ist auch menschlich.

Mich stört das eben nicht so wie Georgios. Ich fand die Geschichte trotzdem gut und der Pessimismus des Films verlässt mich wieder, wenn ich den Kinosaal verlasse - da funktionieren meine Verdrängungsmechanismen ganz gut. Aber "nett" war in dem Film wirklich gar nichts.

Nachtrag:
Verstärkt wurde die trostlose Atmosphäre auch durch das völlige Fehlen von Musik während des Films. Das ist mit erst ab der Hälfte richtig aufgefallen...
« Letzte Änderung: 25.03.2008 | 10:08 von Hendrik »

Offline Crimson King

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Re: No Country for old Men
« Antwort #11 am: 27.03.2008 | 11:04 »
Das Stilmittel haben die Brüder schon bei The Man who wasn't there angewandt. Und DER Film strahlt WIRKLICH Hoffnungslosigkeit aus.

Für mich war No Country for old Men bis 20 Minuten vor Schluss eher Fargo-mäßig. Die teilweise doch witzigen Dialoge und Charaktere wie Woody Harrelsons Kopfgeldjäger lockern den Film lange Zeit doch sehr auf. So richtig trostlos sind nur die letzten 20 Minuten, die meines Erachtens nicht nur stilistisch, sondern auch vom Fokus (Hauptperson war 100 Minuten lang der Vietnam-Veteran mit dem Geldkoffer, am Ende auf einmal der Sheriff) einen ziemlichen Bruch darstellen.

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Re: No Country for old Men
« Antwort #12 am: 31.03.2008 | 17:03 »
Die teilweise doch witzigen Dialoge und Charaktere wie Woody Harrelsons Kopfgeldjäger lockern den Film lange Zeit doch sehr auf.
Witzig, wie die Wahrnehmung voneinander abweichen kann - für mich war gerade Harrelsons Charakter ein ziemlicher Stilbruch.

So richtig trostlos sind nur die letzten 20 Minuten, die meines Erachtens nicht nur stilistisch, sondern auch vom Fokus (Hauptperson war 100 Minuten lang der Vietnam-Veteran mit dem Geldkoffer, am Ende auf einmal der Sheriff) einen ziemlichen Bruch darstellen.
Den stilistischen Bruch sehe ich da echt nicht. Die Verschiebung des Fokus dagegen natürlich schon - und fand sie geil.
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« Letzte Änderung: 31.03.2008 | 17:05 von Hendrik »

Offline Aglaia

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Re: No Country for old Men
« Antwort #13 am: 18.04.2008 | 12:00 »
War gestern jetzt auch noch im Kino und fand den Film richtig gut. Düstere Hoffnungslosigkeit, lakonische Dialoge, abgedrehte Charaktere... und das Ende habe ich nicht als Stilbruch, sondern als sehr passend empfunden.
Keine Ahnung, ob ich dem Film jetzt vier Oscars gegeben hätte (Javier Bardem hat seinen sicherlich verdient!), aber er war auf jeden Fall deutlich beser als die letzten paar Filme, wegen denen ich im Kino war - und das ging wohl auch dem restlichen Publikum so, obwohl der Saal ziemlich voll war, war es die meiste Zeit absolut ruhig (irgendwer knistert sonst doch immer mit der Popcorntüte oder muss dem Nachbarn was zuflüstern... da nehme ich mich nicht aus ;) ).
If you look between the cracks of reality, the boringness of philosophy seeps out

Samael

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Re: No Country for old Men
« Antwort #14 am: 18.04.2008 | 16:23 »

Nachtrag:
Verstärkt wurde die trostlose Atmosphäre auch durch das völlige Fehlen von Musik während des Films. Das ist mit erst ab der Hälfte richtig aufgefallen...

Schlechtes Kino erkennt man ja auch generell oft daran, dass einem ständig die Emotionen von viel zu lauter Musik vorgeschrieben werden. Jeder Film kriegt von mir erst mal ein dickes Plus, wenn Musik spärlich eingesetzt wird. Diese Dauerberieselung ist einfach eine furchtbare Unart.

Joe Dizzy

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Re: No Country for old Men
« Antwort #15 am: 18.04.2008 | 17:11 »
Diese Dauerberieselung ist einfach eine furchtbare Unart.

Du vergisst, dass Filmmusik auch andere Zwecke haben kann neben dem Signalisieren bzw. Wecken von Emotionen. Manchmal ist es einfach nur der Gesamteindruck und das Zusammenspiel von Bild und Ton, um den es geht. Siehe Wes Anderson, Martin Scorcese oder sogar Quentin Tarantino.

Das beinahe völlige Fehlen von Musik in No Country... wirkt auf mich eher wie ein Gag für Filmintellektuelle. Anders sein als Selbstzweck. Aber das ist nunmal typisch Coen.

Samael

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Re: No Country for old Men
« Antwort #16 am: 18.04.2008 | 17:16 »
Klar, da geb ich dir recht. Dauerberieselung ist jedenfalls kein gutes Zeichen, sagen wir mal so.