Autor Thema: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde  (Gelesen 13835 mal)

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Offline aikar

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #75 am: 16.04.2024 | 13:31 »
Ich kenne generell keinen Erwachsenen, der sich wirklich gruselt.
Ich kenne nur wenige und da muss man meist schon einen bestimmten Nerv treffen (der dann oft nicht der selbe ist wie beim Rest der Gruppe und in manchen Fällen hart an der X-Card entlang schrammt).
Das ist halt generell ein Problem von Horror im Rollenspiel (oder jedem anderen Medium). Aber ein grundlegendes Konzept von Lovecrafts Geschichten funktioniert tatsächlich immer noch ganz gut: Deute nur an, zeige (oder beschreibe) nicht im Detail. Lass die Spieler:innen den Rest aus ihrer eigenen Vorstellung füllen.

sich das Zurückgreifen auf vertraute mehr oder weniger ausführliche "offizielle Mythoskataloge" zu verkneifen, denn was schon exakt 1:1 so in irgendeinem Regelbuch steht oder auch nur Jahrvigintillionen alte Kultisten-und-Tentakelmonster-Klischees bedient, ist natürlich schon nicht mehr so wirklich "neu"...
Das hängt jetzt natürlich primär davon ab, wie stark der Spieler:innenkreis schon auf den Mythos "sozialisiert" ist. Es gibt wohl noch genügend, die auch von den "Standard"-Mythosmonstern noch nie gehört haben.
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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #76 am: 16.04.2024 | 14:09 »
Das hängt jetzt natürlich primär davon ab, wie stark der Spieler:innenkreis schon auf den Mythos "sozialisiert" ist. Es gibt wohl noch genügend, die auch von den "Standard"-Mythosmonstern noch nie gehört haben.

Oder, um dich selbst mal zu zitieren:

Zitat
Aber ein grundlegendes Konzept von Lovecrafts Geschichten funktioniert tatsächlich immer noch ganz gut: Deute nur an, zeige (oder beschreibe) nicht im Detail. Lass die Spieler:innen den Rest aus ihrer eigenen Vorstellung füllen.

Man kann absolut auch aus altbekanntem Mythos-Gesocks noch einiges herausholen, klar. Nicht immer gleich klarzustellen, um was für ein Monster o.ä. es sich überhaupt handelt, ist dabei allemal ein brauchbares Hilfsmittel, es ungewohnte Verhaltensweisen und generell etwas Individualität über die allgemeine (und natürlich auch eh nur von Menschlingen verfaßte >;D) Beschreibung hinaus an den Tag legen zu lassen, ebenfalls.

Nichtsdestotrotz gibt's zumindest im Rahmen der Nerdkultur einige ziemlich verbreitete Klischeevorstellungen davon, was und wie cthulhoider Horror "ist", die sich mMn aufzubrechen lohnen. Und sei es nur, weil dann auch mal ein komplettes Klischeeabenteuer plötzlich wieder einen gewissen Überraschungseffekt bieten kann. ;)

Offline unicum

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #77 am: 16.04.2024 | 14:50 »
Ich kenne generell keinen Erwachsenen, der sich wirklich gruselt.
...
In den 30ern hätten sie sich noch ins Hemd gemacht, aber nach Squid Games, Saw und the Expendables, nope.

Ach, Leute mit Posttraumatischer Belastungsstörung gibt es auch heute noch und die wenigsten werden es dir auf die nase binden das sie eine haben,... Wenn meine Mutter eine Sirene hört denkt sie sofort an Fliegernagriffe aus dem WKII - Austauschstudenten aus "Ex-Yougoslawien" welche in einem Wohnheim neben einer Feuerwehr untergebracht wahren rannten schreiend nachts in den Keller als dort der Arlarm ausgelöst wurde.

Und bezüglich den "30ern" - leute aus der zeit welche im WKI an der Front waren - mit Materialschlachten und vorallem Chemischen Waffen, ich glaub Horror hatten die damals auch mehr als genug.

Grauen gibt es auch heute noch Weltweit.

-----

Weiter mehr am Thema:
Ich (Meinung) halte Horror und Humor die beiden schwierigsten Spielarten des Rollenspieles, für beides müssen Spieler und SL noch mehr zusammen passen als bei anderen.
Daraus abgeleitet - es gibt Leute mit denen sollte man es eben nicht spielen.

Man muss sich bei Horror gerade als Spieler auch drauf einlassen und als Spielleiter muss man einfühlsam genug sein um zu wissen wann es genug ist.

Das klappt nicht immer und eben nicht bei allen Leuten, das ist ja auch soweit okee.

Offline haste nicht gesehen

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #78 am: 16.04.2024 | 15:32 »
Ich leite seit etwa einem Jahr eine Fate of Cthulhu Runde.

Da ich kaum Cthulhu-Wissen hatte, habe ich mir damals Cthulhus Ruf besorgt und gelesen. Ich habe selten ein langweiligers Buch gelesen.

Im Vorfeld hatte ich sorgen vielleicht unbeabsichtigt Dinge zu triggern und wir haben Lines & Veils mit X-Card eingeführt. Ich hätte es mir auch sparen können. Aber wie heißt es so schön: lieber haben und nicht brauchen, als umgekehrt.

Jedenfalls habe ich für mich fest gestellt, dass Horror im Rollenspiel definitiv zu den anspruchsvolleren Disziplinen gehört. Ich bin jedenfalls weit davon entfernt, das gut leiten zu können. Natürlich ist die eigene Wahrnehmung nicht immer die der Spieler, aber ich glaube es gab nur eine einzige Session, in der ich das Gefühl hatte, die Spieler in eine Gruselstimmung zu versetzen.

Als Spieler selbst, habe ich diesbezüglich aber auch noch nicht viel erlebt, was mir eine Gänsehaut verursacht hätte. Das mag aber sicher auch an meinem Medienkonsum liegen. Wenn man Horror aus Filmen und Computerspielen gewohnt ist, dann schockt einen so schnell nichts mehr. Es bleibt also dabei den vor Angst, Panik oder Verzweiflung erfüllten Charakter zu spielen.

Trotzdem möchte ich an dieser Stelle noch einen Tipp weitergeben. Ich fand das Regelwerk "Cthulhu Dark" von Graham Walmsley hier sehr hilfreich. Für den besagten Spielabend, an dem es mir ab besten gelungen ist, habe ich viele der Tipps aus diesem Regelwerk eingearbeitet.

Offline Jiba

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #79 am: 16.04.2024 | 16:11 »
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle noch einen Tipp weitergeben. Ich fand das Regelwerk "Cthulhu Dark" von Graham Walmsley hier sehr hilfreich. Für den besagten Spielabend, an dem es mir ab besten gelungen ist, habe ich viele der Tipps aus diesem Regelwerk eingearbeitet.

Für mich klar das beste klassische Cthulhu-Rollenspiel!  :d

Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline First Orko

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #80 am: 17.04.2024 | 09:23 »
Zunächst mal gefällt mir der Begriff "Grusel" als leichtere Abstufung zu "Horror" besser. Ersterem kann ich einen gewissen Reiz abgewinnen, Letzteres versetzt dann doch eher in einen Zustand, aus dem ich (man?) schnell wieder heraus möchte.

Gehen wir also davon aus, dass wir mit einem Rollenspiel wie Cthulhu Grusel erzeugen wollen, müssen wir beide Seiten betrachten: Die entsprechende Atmosphäre erzeugende Seite (SL) sowie die empfangende Seite, die Spielenden. Denn das klingt ja schon bei diversen Beiträgen heraus: Eine mühsam aufgebaute Atmo kann sehr schnell und leicht brechen, denn um diese aufrecht erhalten zu können, muss auf der anderen Seite geschlossen(!) die Bereitschaft bestehen, sich darauf auch einlassen zu können. Und das ist meiner Erfahrung nach sehr selten derart vollumfänglich der Fall.

Warum? Dazu habe ich eine Theorie: Grusel und Horror befinden sich auf einem Emotionsspektrum genauso wie Trauer, Liebe, Melancholie und noch ein paar Andere, welches im Rahmen bestimmter Vorstellungen/Anschauungen als "weich" betrachtet werden. Wer sich dahingehend öffnet, diese Emotionen entweder nur zu haben oder gar, sie offen nach außen trägt, macht sich damit angreifbar. Jeder Mensch, der als Kind mal als "Heulsuse" verschrien wurde oder vergleichbare Erfahrungen gemacht hat, neigt dazu, in Zukunft immer vorsichtiger zu sein und Sicherheitsmechanismen zu entwickeln, um sich quasi vor der eigenen Angreifbarkeit zu schützen. Humor ist einer dieser Mechanismen - ein doofes Wortspiel und ich kann sicher sein, dass ich mich nicht als "schwach" oute, weil ich mich dem Grusel hingebe... (*)

Ein weiterer Sicherheitsmechanismus sind Regeln - die können im atmospährischen Spiel soweit in den Hintergrund rücken, dass man retrospektiv diese gar nicht gebraucht hätte (und vielleicht ein anderes System suchen kann...) oder als Schild genutzt werden, um sich dahinter zu verstecken. Ein Wert für geistige Stabilität kann ebenso genutzt werden, sich gegen das Gefühl des Grusels zu wappnen ("Mein SC ist noch voll stabil - das unmenschlich blutige Massaker da tangiert den ja mal gar nicht!") wie auch um das Gefühl offen zulassen zu können: Der Wert ist so niedrig, dass ich mit dem SC aus der Szene flüchten kann, ohne dass ich etwas von mir selbst zeige.

Was folgt daraus? Wichtiger als Regeln, Setting und Wirkfaktoren für Atmo (Kerzenschein, passende Handouts, sogar Kostüme) ist überall dort, wo "weiche" Emotionen wirken sollen das Vertrauen der Spielenden untereinander. Je weniger Vertrauen, desto größer die Unsicherheit, desto mehr nutzt man Schutzwerkzeuge und lässt Grusel nicht zu.
Sicherheitsmechaniken können das Vertrauen dabei stützen, aber nicht ersetzen. In einer Runde, wo ich aufgrund gewisser sozialer Faktoren schon kein gutes Gefühl habe, kann zBsp eine X-Card das Gefühl ggf. sogar noch verstärken (sie ist aber nie das eigentliche Problem und ist in gewissen CON-Stellationen trotzdem sinnvoll!), wogegen sie in eine vertrauten Runde sogar dazu führen kann, dass man sich noch mehr öffnet.

Entscheidend ist meiner Ansicht nach, dass im Vorfeld von Runden, wo Emotionalität eine Rolle spielen kann/darf/soll, eine Gespräch darüber stattfindet, ob sich alle darauf einlassen möchten und wie weit. Sind alle am Tisch einverstanden, und stellt sich raus, dass jemand dann trotzdem torpediert (und sich zBsp über jemanden lustig macht, der zBsp Tränen für Rührung bekommt oder so) dann ist der richtige Schritt, diese Person zu bitten, das sofort zu unterlassen oder das Spiel zu verlassen. Alternativ kann eine Cthulhu-Runde ja auch in Abwandlungen abseits von Grusel gespielt werden oder man einigt sich darauf, das Grusel eher den SC passiert, aber die Spielenden die Distanz wahren möchten - sozusagen "erzählter Grusel" statt "erlebter Grusel".


(*) Interessanterweise kann Humor ebenso ein Gefühl sein, wo man sich angreifbar macht - nämlich dann, wenn es jemand darauf anlegt, mich zum Lachen zu bringen. Reagiere ich darauf, öffne ich mich emotional - und das kann ebenso ausgenutzt werden.
« Letzte Änderung: 17.04.2024 | 09:25 von First Orko »
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Offline tartex

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #81 am: 17.04.2024 | 10:07 »
Also ich konnte mich selbst als Kind im einstelligen Alter alleine unter der Bettdecke beim Lesen nicht gruseln. Naja, vielleicht einmal als ich hohes Fieber hatte.

Die Bereitschaft mich darauf auch einlassen zu können, war auf jeden Fall da.

Zumindest habe ich Erinnerung, dass ich bei unserer neu gekauften Biene-Maja-Hörspielplatte als anfangs Angst hatte, dass Thekla die Protagonisten bei lebendigem Leibe verspeißen wird. Aber das war wohl noch im Kindergartenalter. Ich glaube da konnte ich noch gar nicht lesen. (Und da hatten wir dann auch schon Kassetten.)

Aber bei Horrorfilmen klappt der Horror immer noch regelmäßig großartig - selbst im fortgeschrittenen Alter.

Cosmic Fear - ist das nicht einfach ein Synonym für die existentalistische Erfahrung? - kriege ich durch Lesen oder auch nur Nachdenken aber schon zustande. Das kann Lovecraft sowieso viel besser als Grusel oder Ekel.

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Offline First Orko

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #82 am: 17.04.2024 | 10:28 »
Cosmic Fear oder Cosmic Horror verstehe ich als Umschreibungen für Etwas, was Lovecraft vielleicht als existenzialistisch anmutenden Unterbau seiner Welt (implizit) mit geschaffen hat, wo ich aber keinerlei direkte Gefühle für veranschlagen würde, die das tatsächlich bei Lesenden auslösen sollte oder gar kann  :think:

Tatsächlich ist das imho aber sowieso irrelevant, da Cthulhu als Rollenspiel bzw. die Spielenden scheinbar tatsächlich in "Grusel am Spieltisch" zu transferieren versuchen. Der gesamte Mythos wie er im Rollenspiel genutzt wird bezieht sich ja sowieso nur auf Teilaspekte der Geschichten und umfasst gar nicht die gesamte Bandbreite dessen, was in den Vorlagen zu finden ist.

Insofern bezieh ich mich mit dem Geschriebenen nur auf den Wunsch, Cthulhu als Rollenspiel mit Grusel zu verknüpfen.

Ich persönlich würde das sowieso nicht tun sondern mehr Richtung von "surreale Mystic-Thriller" gehen oder sowas.
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Offline aikar

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #83 am: 17.04.2024 | 10:50 »
Die Diskussion kippt jetzt aber schon stark in Richtung "Allgemeine Tipps für Horror-/Grusel-Rollenspiele". Evtl. abkoppeln?

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Offline tartex

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #84 am: 17.04.2024 | 13:18 »
Cosmic Fear oder Cosmic Horror verstehe ich als Umschreibungen für Etwas, was Lovecraft vielleicht als existenzialistisch anmutenden Unterbau seiner Welt (implizit) mit geschaffen hat, wo ich aber keinerlei direkte Gefühle für veranschlagen würde, die das tatsächlich bei Lesenden auslösen sollte oder gar kann  :think:

Also ich finde, dass die Frage, ob Cosmic Horror am Spieltisch Gefühle auslösen kann oder tut, doch sehr relevant. Bei mir können die am Spieltisch sehr wohl getriggert werden.

Auch Existenzialismus ist für mich in der Popkultur einfach ein Genre wie etwa Mindfuck (Achtung, Liste ohne Gewähr!), das einfach bestimmte, inzwischen wohlbekannte Trigger benutzt um dem Konsumenten etwas fühlen zu lassen.
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Offline aikar

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #85 am: 17.04.2024 | 14:29 »
Also ich finde, dass die Frage, ob Cosmic Horror am Spieltisch Gefühle auslösen kann oder tut, doch sehr relevant. Bei mir können die am Spieltisch sehr wohl getriggert werden.
Magst du da weiter drauf eingehen? Evtl. mit Beispielen? Ich schließe mich da First Orko und Arkam an, dass der Cosmic Horror, der mit der Bedeutungslosigkeit des Menschen spielt, heutzutage eigentlich kaum mehr jemanden triggert. Die meisten Personen in der westlichen Welt haben sich an die Vorstellung eines mitleidslosen und am Menschen desinteressierten Universums gewöhnt (wenn man mal Extremsituationen wie den nahenden Tod o.Ä. beiseite lässt).
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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #86 am: 17.04.2024 | 14:40 »
Also ich finde, dass die Frage, ob Cosmic Horror am Spieltisch Gefühle auslösen kann oder tut, doch sehr relevant. Bei mir können die am Spieltisch sehr wohl getriggert werden.

Finde ich auch interessant.

Und das war ja auch schon für den Threadersteller Minne (Achtung, 14 Jahre her ;)) eins der Kernthemen.

1. Cthulhu-Kram ist out (alles schon x-Mal gesehen, juckt keinen mehr etc.)
2. Wie kann man in einer fiktiven (Spiel-)Welt die Angst vor dem fiktiven schüren? Geht das überhaupt, oder ist der Versuch schon zum scheitern verurteilt?*

Der zweite Punkt ist für mich gerade der rollenspieltheoretisch interessantere.


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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #87 am: 17.04.2024 | 15:12 »
Magst du da weiter drauf eingehen? Evtl. mit Beispielen?

Mir reichte z.B. schon ein "der Psychopath, der im Spiel alle umbringt macht das mit der Rechtfertigung, dass er gar nicht wirklich existiert, und alles nur ein Spiel ist" um noch immer eine Verstörung durch Verschieben des Referenzrahmens zu empfinden.

Also ich fühle da eindeutig einen Sense of Wonder.
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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #88 am: 17.04.2024 | 15:37 »
Ich denke, ein Problem, das der "klassische" Mythos heutzutage ein Stück weit hat, ist einfach, daß er mittlerweile ein Klassiker sowohl im Guten als auch im Schlechten ist. Lovecrafts Originalgeschichten haben inzwischen zum Teil ihr erstes volles Jahrhundert hinter sich (und was er nach 1924 verfaßt hat, ist zumindest auf der Zielgeraden) und selbst das Original-Call-of-Cthulhu-Rollenspiel ist mittlerweile über vierzig. Cthulhu und Co. haben also ein Stück weit schlicht dasselbe Problem wie andere klassisch-vertraute Horrorgestalten a la Geister, Vampire und Werwölfe auch: es gruselt sich einfach keiner (oder zumindest kein halbwegs eingefleischter Horrorfan, was ja auch noch mal eine Untergruppe für sich und vermutlich das Hauptpublikum für entsprechende Medien ist) mehr besonders zumindest vor den altbekannten/schon längst von der Popkultur assimilierten Standardversionen.

(Außerdem ist Horror, zumindest in meiner persönlichen Wahrnehmungsblase, dieser Tage ein überwiegend filmisch-visuelles Phänomen mit den einschlägigen Tricks und Schockeffekten, die sich auf der Leinwand oder Mattscheibe auf Arten einsetzen lassen, wie sie das geschriebene Wort oder die Beschreibung der SL am Tisch so einfach nicht hergeben können. Cthulhu & Co. sind aber immer noch in erster Linie aus der "langweiligen" Textform bekannt, was die Sache meiner Vermutung nach nicht unbedingt einfacher macht -- Dracula kennen mit ziemlicher Sicherheit inzwischen mehr Leute aus dem einen oder anderen Film mit teils immer noch unvergessenen Hauptdarstellern als aus dem Originalroman von Stoker, aber Nyarlathotep?)

Mit cthulhoiden Themen läßt sich trotz alledem mMn immer noch arbeiten; die von ihnen angesprochenen Ängste (von den großen kosmischen Kandidaten bis hin zum "simplen" Verlust von Freunden und Bekannten an Ursachen, von denen man selber nie gewußt hat) sind ja immer noch da. Nur die Freiheit, sich selber noch nicht ganz so altbackene Wege zur Vermittlung derselben an das zu beunruhigende Publikum auszudenken, braucht's halt schon ein wenig. :)

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #89 am: 17.04.2024 | 15:59 »
Cthulhu und Co. haben also ein Stück weit schlicht dasselbe Problem wie andere klassisch-vertraute Horrorgestalten a la Geister, Vampire und Werwölfe auch: es gruselt sich einfach keiner (oder zumindest kein halbwegs eingefleischter Horrorfan, was ja auch noch mal eine Untergruppe für sich und vermutlich das Hauptpublikum für entsprechende Medien ist) mehr besonders zumindest vor den altbekannten/schon längst von der Popkultur assimilierten Standardversionen.Nyarlathotep?)

Die logische Folge dieser Aussage wäre ja, dass man nur neue, unverbrauchte Horrorgestalten brauchen würde, um Grusel zu erzeugen. Da bin ich auch eher skeptisch.

Der Mythos ist meiner Ansicht nicht das Problem, sondern das Medium PnP-Rollenspiel. Besonders weil es eben ein Gruppenmedium ist und Menschen sich in Gruppen meist sicherer fühlen. Vielleicht könnte man mit der Dekonstruktion der Spielergruppe ja ein paar mal was bewirken.

Für die Gegenwart muss dazu aber auch gesagt werden: Grusel und Xcard sind möglicherweise Teil desselben Spektrums - zumindest für einige Spieler. Und heutzutage rührt man da wohl nicht so gerne herum. Zum Gück würde ich behaupten.
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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #90 am: 17.04.2024 | 16:17 »
Die logische Folge dieser Aussage wäre ja, dass man nur neue, unverbrauchte Horrorgestalten brauchen würde, um Grusel zu erzeugen. Da bin ich auch eher skeptisch.

Der Mythos ist meiner Ansicht nicht das Problem, sondern das Medium PnP-Rollenspiel. Besonders weil es eben ein Gruppenmedium ist und Menschen sich in Gruppen meist sicherer fühlen. Vielleicht könnte man mit der Dekonstruktion der Spielergruppe ja ein paar mal was bewirken.

Für die Gegenwart muss dazu aber auch gesagt werden: Grusel und Xcard sind möglicherweise Teil desselben Spektrums - zumindest für einige Spieler. Und heutzutage rührt man da wohl nicht so gerne herum. Zum Gück würde ich behaupten.

Ich versuche hier ja auch nicht, in einem Post gleich Das Ganz Große Horror-Rollenspiel-Problem (tm) zu lösen, sondern lediglich ein Stück weit Nachteile speziell des Mythos und des "normalen" Umgangs mit ihm herauszuarbeiten. Das sind schon zwei leicht verschiedene Themen. ;)

Offline felixs

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Re: [Rant] Warum ich Cthulhu nicht unheimlich finde
« Antwort #91 am: 17.04.2024 | 17:52 »
Vielleicht könnte man mit der Dekonstruktion der Spielergruppe ja ein paar mal was bewirken.

Jetzt bin ich neugierig  :gasmaskerly:
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