Teils/teils.
Natürlich sollte man die Spieler in der Entwicklung ihres Charakters nicht willkürlich behindern. Der Spieler weiß am besten, in welche Richtung sein Charakter schreiten sollte, also sollte man davon ausgehen können, daß er die Entwicklung auch stimmig vollzieht. Das ist der Idealfall.
Andererseits sollte der Spielleiter darauf achten, daß die Spieler ihre Nischen haben. Kaum etwas ist für einen zurückhaltenderen Spieler schlimmer, als wenn der einzige Bereich, in dem er richtig glänzen kann, plötzlich noch von einem vorlauteren Spieler mit besetzt wird.
Über die Stimmigkeit der Charakterentwicklung und inwieweit sie in selbige einfließen soll, ist die Übereinkunft, die Spielleiter und Spieler treffen müssen. Wenn ein Spielleiter möchte, daß seine Spieler nur Fähigkeiten steigern, die sie aktiv eingesetzt haben (oder zumindest einzusetzen versucht haben), ist das total okay. Wenn ich als Spieler damit nicht leben kann, bin ich möglicherweise bei dem Spielleiter falsch.
Andererseits gibt es Fähigkeiten, die man schult, ohne das jedesmal extra anzusagen. Ein Schwertkämpfer beispielsweise wird nach dem Aufstehen meistens weniger Zeit mit der Körperpflege verbringen und stattdessen ein wenig mit dem Schwert üben, während der Barde noch ein paar fröhliche Weisen unter der Dusche/im Bottich schmettert. Da kann es im ganzen Abenteuer keinen einzigen Kampf und keine einzige Gesangssituation gegeben haben, trotzdem sollte man den Leuten zugestehen, daß sie das tägliche Training nicht vernachlässigen.
Klar vermeidet man Powergaming bzw. zu hohen Powerlevel oder Balancingprobleme, wenn man manche Kombinationen von Fähigkeiten verbietet (generell soll ja ein Klassensystem dem eh schon zuwider arbeiten). Jeder Spieler kann sich wochenlang in seinem Kämmerchen mit den Regellücken, Regelunzulänglichkeiten und Powerkombos beschäftigen, um sie dem Spielleiter überzuziehen, als Libidostütze zu verwenden oder einfach nur andere Charaktere (oder NSCs) dumm aussehen zu lassen. Andererseits sollte in einer Spielgruppe der Konsens bestehen, daß man sich mit sowas nicht gegenseitig den Spielspaß zu rauben versuchen sollte.
Und das ist (wie eigentlich in solchen Diskussionen fast immer) der Kernpunkt: Wenn alle Mitspieler (also sowohl Spielleiter als auch Spieler) erkannt haben, daß man Rollenspiel am besten MITeinander spielt, statt GEGEN den Spielleiter oder gar alle anderen Mitspieler, kommt es meiner Erfahrung nach nicht zu diesen Problemen. Dann kann man in allen Fragen wie dieser recht schnell zu einem Konsens gelangen, mit dem alle Seiten leben können.