Autor Thema: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln  (Gelesen 5701 mal)

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Offline Turning Wheel

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #25 am: 8.06.2012 | 00:42 »
Hihi, sorry für die Spitze.
Ich denke nur, dass die meisten Leute, die eine Sprache entwickeln, tatsächlich das Ziel vor Augen sehen,
irgendwann eine komplett funktionierende Sprache zu haben. Ich habe das Ziel einfach nicht, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass es mehr Zeit erfordert, als für das Projekt zur Verfügung steht.

Die Tipps sind ziemlich gut. Bisher hab ich mich tatsächlich stark auf die Nomen konzentriert.
Vielen Dank.

Was ich auch noch fragen wollte, was für dieses Thema recht interessant sein könnte:
Wie geht man softwaretechnisch vor? Gibt es Programme, die das Erarbeiten von Wörterbüchern erleichtern?
Ich selbst habe mit einer Tabellenkalkulation gearbeitet. Ist das gut oder gibt es da bessere Lösungen?

@ Wheeping Elf:
Du sagst, du wärest ein erfahrener Sprachenbastler. Wieviele Sprachen hast du bisher fertig gestellt und welche Erfahrungen hast du da bezüglich der Entwicklungszeit (Grammatik/Wörter)? Welchen Wortschatz brauchen diese Sprachen etwa? Kann man das überhaupt sinnvoll angeben?
« Letzte Änderung: 8.06.2012 | 00:55 von Turning Wheel »

Offline Edvard Elch

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #26 am: 8.06.2012 | 01:36 »
Als Programm zur Generierung von Wörtern würde ich Kwegbalze empfehlen. Man kann natürlich auch alle Regeln von Hand in ein Programm packen, aber das wäre wahrscheinlich leicht umständlich...
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Offline Silent

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #27 am: 8.06.2012 | 04:55 »
Ich zitiere mal Holly Lisles "Create A Language Clinic", da kommen ungefähr folgende Angaben bei rum.

Language Creation Steps
1.  The sound of the spoken language (15 min)
2.  The history and background of your language (3 min + updates)
3.  Easy proper names (30 min)
4.  A workable short list of nouns and verbs, adjectives and adverbs, pronouns and conjunctions (1 hr)
5.  Rudimentary grammar (1 hr)
6.  Complex proper names (15 min)
7.  Complete sentences (1 hr)
8.  A workable written language (2 hrs)
9.  A reasonably speakable language with a minimal acceptable vocabulary and writing system. (3 wks working several hours a day on it)

6 Stunden für das Grundgerüst und die Idee einer Schrift pro Sprache, wobei ich drei Minuten für Hintergrund und Kultur etwas mager finde...

3 Wochen für einen Wortschatz kann man sehen wie man will. Wenn man alles per Hand macht, weil man nichts zufällig haben will, sondern die einzelnen Wortbestandteile Sinn geben sollen, dann denke ich kommen die drei Wochen hin. Mit Zufallsgenerator ist das nur eine Frage der Inputliste, die man zusammenstellt.
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Offline Edvard Elch

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #28 am: 8.06.2012 | 05:53 »
Language Creation Steps
1.  The sound of the spoken language (15 min)
2.  The history and background of your language (3 min + updates)
Ja, so kann man anfangen. Oder die beiden Punkte rumdrehen. Oder andere Punkte davor setzen. Grundsätzliche Designüberlegungen zum Beispiel.

3.  Easy proper names (30 min)
Hier wird es dann schon schwierig: Die hier entstehenden Eigennamen müssen sich später in die bisher nonexistente Grammatik einfügen. Wenn die Sprache keine Nominalflexion hat, ist das kein Problem. Wenn doch, muss ich entweder später die Namen nochmal überarbeiten oder meine Nominalflexion aus den Namen ableiten.

4.  A workable short list of nouns and verbs, adjectives and adverbs, pronouns and conjunctions (1 hr)
Wer sagt mir, dass es diese Wortklassen alle gibt (v.a. Pronomen und Konjunktionen)? Außerdem gibt es hier das gleiche Problem wie bei den Namen.

5.  Rudimentary grammar (1 hr)
Gut, dass das jetzt auch endlich mal kommt, nachdem ich schon diesen großen Haufen nicht zusammenpassender Worte generiert habe.

6.  Complex proper names (15 min)
Aus "Bums" wird "Großbums Schröcklichor". Was der Punkt jetzt genau soll, weiß ich nicht. Komposition (falls es das in der Sprache gibt) gehört meiner Meinung nach zur rudimentären Grammatik...

7.  Complete sentences (1 hr)
"Wenn deine Sprache weit genug ist, um damit Sätze zu bilden, bilde Sätze!"? Oder was? Oder eher "Hau deine Wörter hintereinander und schau, was passiert."?

8.  A workable written language (2 hrs)
9.  A reasonably speakable language with a minimal acceptable vocabulary and writing system. (3 wks working several hours a day on it)
Oder kurz: Jetzt hast du ne Sprache, arbeite damit und bau sie aus.

Aus dem Bauch heraus würde ich folgende Schritte empfehlen:

0. Hintergrund der Sprache (Braucht man nicht zwingend...)
1. Designüberlegungen: Welche Prinzipien gelten für meine Sprache, was gibt es an Wortarten, welche Besonderheiten zeichnen die Sprache aus, wie soll sie klingen?
2a. Grundlegende Grammatik (inklusive der wichtigsten Ausnahmen v.a. bei den Verben*)
2b. Phonologie und Phonetik
3. Bildung eines Grundwortschatzes nach den zuvor festgelegten Kriterien
4. Verfeinern
4a. Grammatische Sonderfälle (Lautangleichungen etc...)
4b. Aufbauvokabular
4c. Feststehende Wendungen, andere Gemeinheiten

Ab 3. müsste man mit der Sprache schon kurze zusammenhängende Texte verfassen können, wirklich authentisch dürfte die Sprache aber erst wirken, wenn die Unterpunkte von 4. durchgeführt wurden.

*Unregelmäßige Paradigmata treten in der Regel nur bei häufig gebrauchten Worten auf, deshalb müssen zumindest die Grundlagen für die unregelmäßigen Formen schon vor dem Grundwortschatz gelegt werden, wenn man sich nicht dreifach Arbeit machen möchte.
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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #29 am: 8.06.2012 | 06:13 »
3 Wochen sind auch kein Pappenstiel, aber ich hätte gedacht, dass man deutlich mehr Zeit investieren muss, wenn das ganze stilistisch schön werden soll.

Ich hätte jetzt gesagt, dass ich mit meinem Festisch etwa bei Punkt 4 angelangt bin, aber insgesamt sicher 5 mal so viel Zeit investiert habe, wie da veranschlagt ist. Naja, kommt vielleicht auch darauf an, was man unter "short list" versteht. Meine Liste umfasst immerhin über 200 Wörter.

Ich habe versucht Wörter zu generieren, die möglichst nicht in einer anderen mir bekannten Sprache vorkommen bzw. zu anderen Sprachen möglichst unähnlich sind. Kürzlich hab ich aber z.B. bemerkt, dass Ehre Tahîr heißt. Den Platz kannte ich leider noch nicht so aus den Medien, als ich das Wort "erfunden" habe. Ich schätze mal, man kann das nicht vermeiden.

Außerdem habe ich gemerkt, dass man mit wachsendem Wortschatz unkreativer wird - man brät immer mehr im eigenen Saft. Je mehr Wörter da sind, desto schwerer wird es. Aber vielleicht liegt das auch daran, dass ich nicht so diszipliniert daran arbeite und man über die Monate den Faden etwas verliert. :/

Dem Zufallsgenerator stehe ich mit Argwohn gegenüber, aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.
Hat das mal jemand in der Praxis ausprobiert?
« Letzte Änderung: 8.06.2012 | 06:36 von Turning Wheel »

Online 1of3

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #30 am: 8.06.2012 | 07:34 »
Die kwegbalze funktioniert ganz ordentlich. Wortschatz kann für einfache Kommunikation so ab 200 Inhaltswörtern anfangen. Ab 1000 bist du gut im Saft. Wort in diesem Sinne ist dann also ein semantisch inhaltsvolles Listem, eine sprachliche Einheit, deren Bedeutung man als Vokabel auswendig lernen muss. Das kann ein Wort sein, das kann auch ein Wortteil (-bar, -heit) oder eine Wortgruppe (im Saft) sein.

Persönlich würd ich auch immer mit der Grammatik anfangen. Dazu gehören dann letztlich auch Wortbildungsstrategien. Wenn man sich damit etwas beschäftigt, wird nämlich klar, dass man gar nicht so genau sagen kann, was eigentlich ein Wort ist und dass verschiedene Sprachen da durchaus unterschiedlich vorgehen.

Eine gute Ressource für audiophile Kandidaten ist http://conlangery.com. Die machen das ziemlich gut und ich würds häufiger hören, würde ich hören mögen.

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #31 am: 8.06.2012 | 16:43 »
Wie ich schon sagte, geht die Autorin davon aus, dass man Englisch als Basis nimmt und daran ein wenig rumdoktort was Phonetik, Morphologie und Grammatik angeht ;)

Wenn man komplett was eigenes auf die Beine stellt, braucht das alleinige Ausarbeiten schon mehr Zeit... Eine Rasse von Ettins (also diese Zweikopfdinger) hat bestimmt ein anderes Gefühl vom Ich, Wir, Du und Ihr als ein normaler Mensch.
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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #32 am: 8.06.2012 | 16:55 »
Wie ich schon sagte, geht die Autorin davon aus, dass man Englisch als Basis nimmt und daran ein wenig rumdoktort was Phonetik, Morphologie und Grammatik angeht ;)
Den Ansatz selbst finde ich auch doof^^ Gut, er mag für Sprecher des Englischen einfacher sein, aber das geht auf Kosten der Kreativität.

Wenn man komplett was eigenes auf die Beine stellt, braucht das alleinige Ausarbeiten schon mehr Zeit... Eine Rasse von Ettins (also diese Zweikopfdinger) hat bestimmt ein anderes Gefühl vom Ich, Wir, Du und Ihr als ein normaler Mensch.

Ich glaube nicht, dass man so viel länger braucht, wenn man von null anfängt. Immerhin muss man, wenn man eine bestehende Sprache als "Grundlage" nimmt, recht viel daran rumbasteln, bis es nach was eigenem klingt.
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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #33 am: 8.06.2012 | 17:00 »
Ich glaube nicht, dass man so viel länger braucht, wenn man von null anfängt. Immerhin muss man, wenn man eine bestehende Sprache als "Grundlage" nimmt, recht viel daran rumbasteln, bis es nach was eigenem klingt.

Glaub ich halt doch, denn es hängt sehr davon ab, wie gut man die Sprecher der neuen Sprache schon kennt. Wenn die nämlich im gleichen Zuge mitentwickelt werden, können wichtige Designschritte ins Stocken geraten, wenn man unbedingt alles anpassen will.

Daher ist der Ansatz, Seriennummer abfeilen, und neu anpinseln wahrscheinlich erfolgsversprechender als wenn man sich 27 Fälle überlegt, wobei vier nur im schriftlichen Sprachgebrauch mit der eigenen Großmutter verwendet werden!
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Offline Edvard Elch

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #34 am: 8.06.2012 | 17:06 »
Glaub ich halt doch, denn es hängt sehr davon ab, wie gut man die Sprecher der neuen Sprache schon kennt. Wenn die nämlich im gleichen Zuge mitentwickelt werden, können wichtige Designschritte ins Stocken geraten, wenn man unbedingt alles anpassen will.

Daher ist der Ansatz, Seriennummer abfeilen, und neu anpinseln wahrscheinlich erfolgsversprechender als wenn man sich 27 Fälle überlegt, wobei vier nur im schriftlichen Sprachgebrauch mit der eigenen Großmutter verwendet werden!

Bevor man so etwas tut, sollte man sich ein wichtiges Konzept des Sprachwandels vor Augen halten: Dinge, die von den Sprechern nicht oder nur selten gebraucht werden, sterben aus. Und das gar nicht mal langsam.
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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #35 am: 8.06.2012 | 18:46 »
@ Wheeping Elf:
Du sagst, du wärest ein erfahrener Sprachenbastler. Wieviele Sprachen hast du bisher fertig gestellt und welche Erfahrungen hast du da bezüglich der Entwicklungszeit (Grammatik/Wörter)? Welchen Wortschatz brauchen diese Sprachen etwa? Kann man das überhaupt sinnvoll angeben?

Ich weiß gar nicht mehr, an wie vielen Sprachen ich schon gebastelt habe.  Die meisten sind nie fertig geworden (wirklich fertig wird eine Sprache nie), aber ich habe dabei sehr viel über Sprachen gelernt.  Mein gegenwärtiges Hauptprojekt ist das Altalbische.  Aktuelle Dokumente sind in Arbeit; eine nicht mehr ganz aktuelle, aber nur in Details überholte Grammatik findet sich hier.  Das Altalbische ist eine Sprache, die auf den Britischen Inseln der späten Bronzezeit bis frühen Eisenzeit angesiedelt und entfernt mit den indoeuropäischen Sprachen verwandt ist, aber auch einige "exotische" Merkmale aufweist.

Was die Entwicklungszeit betrifft, so habe ich den Eindruck, dass die Grundlagen der Grammatik schnell gelegt sind, aber Wortschatz länger dauert, und man beim Verfassen bzw. Übersetzen von Texten immer wieder Lücken in der bisherigen Konstruktion findet.  Am Altalbischen bastele ich jetzt schon seit 12 Jahren, aber mit längeren Unterbrechungen.  Die meiste Zeit davon habe ich aber nur Lücken geschlossen, Wörter erfunden und die Sprache verfeinert; die Grundlagen der Grammatik und Phonologie habe ich in wenigen Wochen gelegt.  Einige weniger anspruchsvolle Sprachenprojekte, die von einer vorgegebenen Sprache ausgingen, von der eine Tochtersprache abgeleitet wurde, habe ich in zwei Wochen hochgezogen.
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Offline Edvard Elch

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Re: [Brainstorming] Aventurisches Sprachenbasteln
« Antwort #36 am: 11.06.2012 | 19:02 »
Zu Tulamydia gibt es übrigens schon eine Materialsammlung und den Versuch, das ganze für den Spieltisch ein wenig auszubauen: http://www.chizuranjida.de/dsa/dokumente/tulamidya.pdf
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