Autor Thema: Realismus von GURPS  (Gelesen 23267 mal)

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Erzdrakon

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Re: Re: Legalität eines GURPS-Klons?
« Antwort #25 am: 16.04.2015 | 23:32 »
GURPS Cyberpunk war ja bekanntlich so realistisch, dass der U. S. Secret Service es für ein Handbuch für Hacker (in der wirklichen Welt!) hielt und konfiszierte.

Fnord!

Offline YY

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #26 am: 17.04.2015 | 10:59 »
Dir ist schon klar, dass "konkret gemessene Leistung" eine (ziemlich grobe) VEREINFACHUNG darstellt.

Die Kritik an dieser Herangehensweise ist mannigfaltig: ob nun im Sport, im Bildungswesen oder in der Ökonomie (besonders in letzterer ist "Leistung" ein buzzwort, was wirklich gar nichts mit der Realität zu tun hat).

Je enger der betrachtete Bereich ist, um so besser lässt sich Leistung quantifizieren.

Da ist der Verweis auf komplex vernetzte Sachverhalte wie Bildung oder Ökonomie mMn eine reine Nebelkerze.

Sportliche Leistung lässt sich natürlich messen, besonders dann, wenn es nur um einige wenige oder sogar eine einzige Messgröße geht.

Ob das langfristig gesund ist, wie man dafür am Sinnvollsten trainiert oder ob unsere modernen Wettkampfformen grundsätzlich ein verdammenswertes Zerrbild einer hehren Idee sind etc. pp. - das interessiert erst mal keine Sau.
Ein Hochspringer muss zuallererst mal hoch springen können, und wer in einem Wettkampf zum Zeitpunkt X am Höchsten springt, der hat da schlicht und ergreifend die beste Leistung gebracht.

Wenn man komplexere Sachen betrachtet, wo es z.B. sehr oft Schiedsrichterentscheide gibt, wird es etwas schwammiger, aber auch da kann man sehr wohl sagen, ob zwei Sportler auf der gleichen Leistungsebene agieren und der Sieg hauptsächlich eine Frage von Glück und Tagesform ist oder ob da so viel Unterschied besteht, dass man auch über mehrere Begegnungen verlässliche Voraussagen machen kann.

In der Realität treten diese Faktoren so miteinander verwoben auf, dass es praktisch unmöglich ist, den Einfluss des einen oder anderen rauszurechnen. Lass mal mehrere Scharfschützen mit "derselben" Leistung bei Gewitter auf dem selben Schießstand antreten und du wirst grundsätzlich unterschiedliche Performanzergebnisse erzielen.

Man muss gerade bei diesem Beispiel nicht groß rechnen, man kann ausprobieren und messen.
"Echte" Umweltbedingungen sind mess- und quantifizierbar, auf einem geeigneten Schießstand kann man sie künstlich herstellen.
Timer und Scheiben lügen nicht.

Modifikatoren auftrennen geht relativ leicht.

Was du hier aber andenkst, ist schon das Endergebnis:
Mehrere Leute unter komplexen Bedingungen vergleichen.

Die zugehörige Auswertung ist eben nicht der Grundgedanke des GURPS-Regelwerks, sondern das Designziel.
Natürlich kommt da bei einem punktuellen Einzelvergleich nicht bei jedem Schützen das selbe Ergebnis heraus*. Dann dürfte man sowieso kein Würfelsystem mit einer so großen Ergebnisbreite verwenden.

Die Ergebnisse des Systems müssen aber ähnlich ausfallen wie die Ergebnisse in der Realität - und das tun sie.
Ich sehe immer noch nicht, wo GURPS sich da in irgendeiner Weise lächerlich macht und erst recht nicht, wo andere Systeme da so großartig die Nase vorn haben sollen.

*Wenn man das aber mit Schützen, die man korrekt auf gleicher Leistungshöhe eingeordnet hat, 50 mal macht, sollten sie doch sehr ähnliche Durchschnittsergebnisse erzielen.

Das lässt zwei mögliche Erklärungen nahe:
a) die Leistungswerte der Scharfschützen sind doch nicht so miteinander vergleichbar, wie gedacht, oder
b) identische "Modifikatoren" beeinflussen sie unterschiedlich stark

In beiden Fällen kackt GURPS dabei ab, diesem Umstand Rechnung zu tragen.

Wenn jemand von einem Modifikator X stärker oder schwächer beeinflusst wird als ein anderer, dann liegt das entweder an persönlichen Befindlichkeiten, medizinischen Gründen oder sonstigen Sachen, die in der Person des Schützen liegen und nicht in der Natur des Modifikators.
Das bildet GURPS sehr wohl ab, und zwar da, wo es hingehört: Bei Vor- und Nachteilen sowie bei spezialisiertem Training (in GURPS-Regelsprech: Techniques) und nicht beim Modifikator selbst.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline ArneBab

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Re: Re: Legalität eines GURPS-Klons?
« Antwort #27 am: 17.04.2015 | 13:25 »
Ja, in den GURPS-Büchern sind Unmengen an detaillierter Recherche verbaut.  Angeblich soll GURPS Space schon Astronomieklausuren gerettet haben, und GURPS Cyberpunk war ja bekanntlich so realistisch, dass der U. S. Secret Service es für ein Handbuch für Hacker (in der wirklichen Welt!) hielt und konfiszierte.
Nicht nur das Buch, sondern auch alle Rechner. Mag mit daran gelegen haben, dass die Autoren ein großes Hackerforum betrieben haben (und damit an der Quelle waren).

Und Gurps Space sollte mMn wirklich Schulmaterial sein: Diskussion der Beschleunigung in stellarer Raumfahrt ist viel spannender, wenn man ausrechnet, was das für die eigenen Charaktere bedeutet.
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Offline Kowalski

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Re: Re: Legalität eines GURPS-Klons?
« Antwort #28 am: 17.04.2015 | 23:58 »
Nicht nur das Buch, sondern auch alle Rechner. Mag mit daran gelegen haben, dass die Autoren ein großes Hackerforum betrieben haben (und damit an der Quelle waren).

Und Gurps Space sollte mMn wirklich Schulmaterial sein: Diskussion der Beschleunigung in stellarer Raumfahrt ist viel spannender, wenn man ausrechnet, was das für die eigenen Charaktere bedeutet.

Zitat von: sjgames
6. Some of our staff members were arrested by the Secret Service and
charged with hacking.
    No they weren't. No member of our staff was arrested, indicted, or
charged. Nobody was even QUESTIONED after the day of the raid.

Steht alles hier
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alexandro

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #29 am: 18.04.2015 | 01:04 »
Aber mal kurz eine Denkanregung: Beim Vergleich wird v.a. andersherum ein Schuh draus, Statistiken dienen als Bestätigung/Prüfrahmen des Modells* und nicht etwa das Modell wird aus irgendeiner zufällig gefundenen Statistik abgeleitet.

Das Problem ist: beim Rollenspiel (und besonders bei GURPS) bilden die Statistiken das Modell. Natürlich gibt es dann keine Widersprüche.

Wenn ich sage: "Ich habe eine Statistik die besagt, dass Münzen in 65% der Fälle auf 'Kopf' landen. Daraus entwickele ich ein Modell: Bei einem 3W6-Wurf der =<11 ist, hat man ein Ergebnis erzeugt, welches 'Münze=Kopf' bedeutet. Wenn der Wurd drüber ist hat man ein Ergebnis namens 'Münze=Zahl'. Eine Überprüfung des Modells ergibt, dass die Wahrscheinlichkeiten diese Ergebnisse zu erzielen ziemlich nah an den Wahrscheinlichkeiten der Statistik sind (die Abweichungen rühren daher, dass das gewählte Modell zusätzlich das Kriterium der Spielbarkeit erfüllen muss). Daher ist das Modell nah an der Realität(TM), in der Münzen ja (wie wir aus der Statistik erkennen) auch öfter auf der Kopfseite landen, als auf der Zahlseite."

Das ist jetzt überspitzt ausgedrückt, damit jeder die Absurdität dieser Herangehensweise erkennt, aber gerade bei komplexen Sachverhalten ist diese Art von "selbsterfüllender Statistik" ziemlich gefährlich.

Besonders, wenn man dann noch so vereinfacht, wie YY es hier tut:
Zitat
Sportliche Leistung lässt sich natürlich messen, besonders dann, wenn es nur um einige wenige oder sogar eine einzige Messgröße geht.

Ob das langfristig gesund ist, wie man dafür am Sinnvollsten trainiert oder ob unsere modernen Wettkampfformen grundsätzlich ein verdammenswertes Zerrbild einer hehren Idee sind etc. pp. - das interessiert erst mal keine Sau.
Ein Hochspringer muss zuallererst mal hoch springen können, und wer in einem Wettkampf zum Zeitpunkt X am Höchsten springt, der hat da schlicht und ergreifend die beste Leistung gebracht.

Diese Messgrößen sind vielleicht eine "interessante Statistik", und für Gespräche zwischen leicht angetrunkenen Sportfans sicherlich verwendbar, sagen aber NULL über die Fähigkeit des Hochspringers hoch zu springen aus. Sie sagen nur aus, dass er in der Vergangenheit mal so und so hoch gesprungen ist. Wenn man das als "Leistung" des Sportlers bewertet, dann lässt man einiges unter den Tisch fallen (u.a. Erholungsfähigkeit, Motivation, Laktatabbau u.v.m.) - ich würde mein Geld jedenfalls nicht anhand einer Statistik auf einen bestimmten Sportler setzen.  ;)

Zitat
Wenn jemand von einem Modifikator X stärker oder schwächer beeinflusst wird als ein anderer, dann liegt das entweder an persönlichen Befindlichkeiten, medizinischen Gründen oder sonstigen Sachen, die in der Person des Schützen liegen und nicht in der Natur des Modifikators.

Das nenne ich mal eine Nebelkerze. Wenn es nicht passt, dann unterstellen wir einfach mal (natürlich ohne irgendwelche Hinweise), dass es an der Versuchsperson liegen muss und sind fein raus. Offensichtlich spielen diese Unterschiede (die ja auch in anderen Situationen auftreten können) aber keine Rolle, solange sie unser Modell bestätigen. Sehr wissenschaftlich (/not).

@OldSam: die Designansätze für GURPS würde mich wirklich mal interessieren (bisher habe ich zu diesem Thema nur diesen Artikel gefunden, und der ist nicht GURPS-exklusiv. EDIT: Bevor du fragst - die "Designers' Notes" in den freien Pyramid-Artikel habe ich auch gelesen, aber diese liefern - von ein paar Anekdoten über die Entwickler mal abgesehen - kaum brauchbare Informationen über die Auswahl der Spielelemente oder welcher Art von Simulation die Designer jetzt folgen.).
« Letzte Änderung: 18.04.2015 | 03:23 von Horace Worblehat »

Eulenspiegel

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #30 am: 18.04.2015 | 03:10 »
Wenn ich sage: "Ich habe eine Statistik die besagt, dass Münzen in 65% der Fälle auf 'Kopf' landen. Daraus entwickele ich ein Modell: Bei einem 3W6-Wurf der <11 ist, hat man ein Ergebnis erzeugt, welches 'Münze=Kopf' bedeutet. Bei 12+ hat man ein Ergebnis namens 'Münze=Zahl'. Eine Überprüfung des Modells ergibt, dass die Wahrscheinlichkeiten diese Ergebnisse zu erzielen ziemlich nah an den Wahrscheinlichkeiten der Statistik sind (die Abweichungen rühren daher, dass das gewählte Modell zusätzlich das Kriterium der Spielbarkeit erfüllen muss). Daher ist das Modell nah an der Realität(TM), in der Münzen ja (wie wir aus der Statistik erkennen) auch öfter auf der Kopfseite landen, als auf der Zahlseite."
Nope. Natürlich berücksichtigt man beim Modell auch die Statistik. Aber ganz so einfach ist es nicht. Man berücksichtigt bei der Statistik  durchaus auch die Varianz sowie mehrere Messwerte.

Ansonsten kann ich nicht die Absurdität des Beispiels erkennen. Wenn die Wahrscheinlichkeit für Kopfwurf bei 50% liegt, dann ist 3W6 < 11 doch ein wunderbares Modell. Was ist daran absurd?

Zitat
Diese Messgrößen sind vielleicht eine "interessante Statistik", und für Gespräche zwischen leicht angetrunkenen Sportfans sicherlich verwendbar, sagen aber NULL über die Fähigkeit des Hochspringers hoch zu springen aus. Sie sagen nur aus, dass er in der Vergangenheit mal so und so hoch gesprungen ist. Wenn man das als "Leistung" des Sportlers bewertet, dann lässt man einiges unter den Tisch fallen (u.a. Erholungsfähigkeit, Motivation, Laktatabbau u.v.m.) - ich würde mein Geld jedenfalls nicht anhand einer Statistik auf einen bestimmten Sportler setzen.  ;)
Tja, es gibt eine Reihe von Leuten, die ihr Geld anhand der Statistiken auf Sportler setzen.
Du darfst dabei auch nicht den Fehler machen und dir anschauen, wie hoch der Sportler EINMAL gesprungen ist. So ein Sportler springt bei einer Veranstaltung ja mehrmals. Und so ein Sportler geht ja zu mehreren Veranstaltungen. Das heißt, du hast bei einem Hochspringer vielleicht 30 Höhen, die er gesprungen ist. - Und damit kann man ziemlich gut sowohl den Erwartungswert als auch die Varianz der Sprunghöhe berechnen. Und damit wiederum kann man sehr gut das Konfidenzintervall berechnen. (Probiere es mal aus: Springe mal mit einem Kumpel 30mal um die Wett und teile hier im Forum die Messreihe mit. Ich denke, ich werde relativ genau sagen können, wie gut ihr beim nächsten Mal springen werdet. - Nehmt am besten Weitsprung oder 100 Meter Lauf. Das sollte leichter zu messen sein als Hochsprung.)

Klar, wenn ein Hochspringer nur ein einziges Mal springt, dann hilft mir das nicht weiter. Wenn ich aber ein und den gleichen Springer mehrmals springen lasse, dann sagt es mir eine Menge. - Und klar, ich weiß nicht, ob er aufgrund der Motivation oder aufgrund von Doping so hoch gesprungen ist. Aber ich weiß, dass er diese Höhe regelmäßig erreicht. Dass dies also seine Leistung ist. (Ob er die Leistung durch Motivation oder durch Doping erreicht, weiß ich nicht, ist aber auch nicht wichtig, um seine Leistung zu messen.)

Zitat
Das nenne ich mal eine Nebelkerze. Wenn es nicht passt, dann unterstellen wir einfach mal (natürlich ohne irgendwelche Hinweise), dass es an der Versuchsperson liegen muss und sind fein raus.
Das hat nichts mit "Passen" zu tun:
Wenn die Umwelteinflüsse identisch sind, die Ergebnisse aber signifikant unterschiedlich sind, dann muss es an etwas anderem liegen.

Und was ist das einzig andere außer Umwelteinflüsse? Charaktereigene Einflüsse.

Zitat
Offensichtlich spielen diese Unterschiede (die ja auch in anderen Situationen auftreten können) aber keine Rolle, solange sie unser Modell bestätigen. Sehr wissenschaftlich (/not).
Diesen Satz verstehe ich nicht.
Wie glaubst du, stellt man wissenschaftlich fest, ob ein Unterschied relevant ist oder nicht?

Antwort: Man lässt alle anderen Faktoren gleich und ändert nur diesen Unterschied. Wenn sich das Ergebnis ändert, ist der Unterschied relevant. Wenn sich das Ergebnis nicht ändert, ist der Unterschied auch nicht relevant.

So funktioniert nunmal empirische Wissenschaft.

alexandro

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #31 am: 18.04.2015 | 03:15 »
Tja, es gibt eine Reihe von Leuten, die ihr Geld anhand der Statistiken auf Sportler setzen.

Es gibt auch eine Reihe von Leuten, die Lotto spielen.  ~;D

Mehr, wenn ich ausgeschlafen bin (um Euli nicht durch Tippfehler zu überfordern).
« Letzte Änderung: 18.04.2015 | 03:44 von Horace Worblehat »

Offline YY

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #32 am: 18.04.2015 | 12:19 »
Das Problem ist: beim Rollenspiel (und besonders bei GURPS) bilden die Statistiken das Modell. Natürlich gibt es dann keine Widersprüche.
Diese Messgrößen sind vielleicht eine "interessante Statistik", und für Gespräche zwischen leicht angetrunkenen Sportfans sicherlich verwendbar, sagen aber NULL über die Fähigkeit des Hochspringers hoch zu springen aus. Sie sagen nur aus, dass er in der Vergangenheit mal so und so hoch gesprungen ist. Wenn man das als "Leistung" des Sportlers bewertet, dann lässt man einiges unter den Tisch fallen (u.a. Erholungsfähigkeit, Motivation, Laktatabbau u.v.m.) - ich würde mein Geld jedenfalls nicht anhand einer Statistik auf einen bestimmten Sportler setzen.  ;)

Und er ist in der Vergangenheit rein zufällig konsistent und wiederholbar hoch gesprungen?
Nein, er ist aufgrund diverser Vorbedingungen so hoch gesprungen, und genau diese bildet GURPS auch ab.
Wenn sich an diesen nichts ändert, was sollte sich dann an der Leistung ändern - besonderes Glück oder Pech und normale Varianz inklusive, denn genau das fängt man über die Ergebnisspanne der Würfel ja ein.

Natürlich kann man Leistungen über mehrere Wettkämpfe und längere Zeiträume einordnen und vergleichen.
Oder willst du uns sagen, dass jede Weltrangliste und jedes sportliche Ergebnis völliger Kokolores ist und in jeder x-beliebigen Sportart jederzeit ein Amateur mit signifikanter Wahrscheinlichkeit das ganze Feld von konsistent erfolgreichen Profis, an deren Voraussetzungen sich nichts geändert hat, aufrollen kann?


Es wird gerade nicht alles zusammengeworfen und aus dieser Gesamtbetrachtung die Spielmechanik abgeleitet.
Wie sollte das funktionieren?
Dann müsste man ja für jede Konstellation die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten angeben, weil man die verschiedenen Einflussgrößen nicht trennen könnte und nur abgeschlossene Endergebnisse kennt.

Nein, es werden die Einzelfaktoren abgebildet und aus deren Einfluss auf die Würfelmechanik ergibt sich dann die statistische Verteilung - und noch mal: die gleicht sehr wohl ausreichend genau der Realität.


Wenn man einen Hochsprungwettkampf kleinteilig genug beleuchten will, kann RAW-GURPS auch abbilden, welcher Sportler fitter bzw. ausdauernder ist (und das auch nach den Achsen Gesamtreserven und Erholungsfähigkeit trennen), oder ob ein Teilnehmer nicht so fit ist, weil ihm Schlaf fehlt, oder ob er schlicht altersbedingt seinen Zenit überschritten hat und im Vergleich zu früher an Leistung verloren hat, ob einer im Vorfeld nicht genug Techniktraining absolvieren konnte, ob einer gedopt ist, und und und...

Wenn es nicht passt, dann unterstellen wir einfach mal (natürlich ohne irgendwelche Hinweise), dass es an der Versuchsperson liegen muss und sind fein raus. Offensichtlich spielen diese Unterschiede (die ja auch in anderen Situationen auftreten können) aber keine Rolle, solange sie unser Modell bestätigen.

Was heißt ohne irgendwelche Hinweise?
Es steht da im Regelwerk, wo es hin gehört und wo man es leicht findet, wenn man genau das sucht.

Und wieder:
Was verstehst du unter "nicht passen"?
Die Würfelmechanik liefert natürlich eine Ergebnisspanne und keine deterministisch bestimmbaren Ergebnisse.
Bei gleicher Leistungsfähigkeit und gleichen Voraussetzungen liefern Leute damit unterschiedliche Einzelergebnisse ab, die durchaus um die Größe mehrerer Modifikatoren voneinander abweichen können.
Das hat aber nichts damit zu tun, dass der Modifikator für einen der Getesteten nicht in gleichem Maße gilt - das kann man mit einer Einzelmessung schlicht nicht feststellen.
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Offline OldSam

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #33 am: 19.04.2015 | 11:05 »
Das Problem ist: beim Rollenspiel (und besonders bei GURPS) bilden die Statistiken das Modell. ...
Das ist jetzt überspitzt ausgedrückt, damit jeder die Absurdität dieser Herangehensweise erkennt, aber gerade bei komplexen Sachverhalten ist diese Art von "selbsterfüllender Statistik" ziemlich gefährlich.

Ich sehe da ebenfalls keinerlei Absurdität. Wenn Du die Ergebnisse eines Münzwurfs mit Würfeln statistisch simulieren willst, nimmst Du in der Tat die ermittelten Ergebnisse und bildest sie auf die Würfelwahrscheinlichkeiten ab. Selbstverständlich erfüllt sich die Statistik hier selbst, denn es ist ja die Lösung der Aufgabe...  :o (ansonsten hättest Du einen Fehler gemacht)

Wenn ich z.B. sage, x-40=2, dann kann man natürlich darüber meckern, dass ich wollte, dass 42 herauskommt (denn korrekt ist es zweifellos), aber genau das zu tun ist eben absurd. Die Kritik müsste sich hier korrekterweise darauf beziehen, dass die Relevanz der Gleichung, d.h. der zu klärenden "Frage", nicht erläutert wurde und hier vielleicht eine andere Gleichung sinnvoller wäre.  Dazu müsste dann aber eine inhaltliche Kritik erfolgen! Die mit Abstand sauberste Methodik dazu wäre eine konstruktive Kritik, die einen Alternativ-Vorschlag macht, um vermeintliche Defizite des aktuellen Modells zu belegen.

Das Problem scheint mir daher v.a. darin zu liegen, dass Du erstmal zeigen müsstest, warum es überhaupt ein solches Problem gibt und warum das nicht nur für Dich besteht. Erster Anlaufpunkt hier wäre wohl (ausgehend von Deinem 1. Satz) das Problem jetzt mal im Detail an einem anderen Rollenspiel zu demonstrieren, denn es scheint ja nicht nur speziell um GURPS zu gehen.

@OldSam: die Designansätze für GURPS würde mich wirklich mal interessieren ...

Die Designers Notes sind auf jeden Fall der richtige Start, bereits hier ist es aber eine Frage der gründlichen Recherche, denn es gibt davon schon so einige für die diversen Supplements und eben v.a. auch für die Entwicklung des Grundsystems seit den Anfängen 1985/1986 (da das System sich (in den Details) ja bis heute "evolutionär" weiterentwickelt - relevant ist jeweils alles was für Deine Fragestellung relevant ist, also bei z.B. Nahkampfregeln alles von den Wurzeln des Basissystems bis zu 4e Supplements wie Martial Arts und Low-Tech, mitsamt thematisch zugehörigen Pyramid-Artikeln)

Es gibt leider nicht das eine Dokument wo alles drinsteht, sondern die Infos sind sehr gestreut und müssen zusammengesucht werden (verständlicherweise weil Hintergrund-Doku schreiben nur ein kleiner Nebenaspekt der Arbeit ist und praktisch nicht bezahlt wird). Man findet immer hier und dort wieder Stücke, die das Gesamtbild vervollständigen. Auch z.B. in Pyramid-Artikeln wo alternative Regel-Ansätze bestimmter Mechanismen diskutiert werden, die zeigen wie man xy auch hätte machen können und was die Vor- u. Nachteile der bestehenden RAW-Implementierung sind.
Was das angeht ist überdies die wohl größte Detail-Goldgrube (und kostenlos zugänglich) das SJG-Forum wo sich zig Threads finden lassen, wo die ganzen Entwickler zu verschiedensten Fragen Stellung beziehen und mit den Leuten diskutieren und zudem sind auf der SJG-Seite auch umfangreiche FAQs mit Regelerläuterungen zu finden. Daraus lässt sich dann immer wieder etwas ableiten auf die Hintergründe (bspw. warum es keine PD mehr gibt in der 4e u.ä.) Und man kann selbstverständlich selbst Fragen stellen, wenn das ganze bestehende Material einem nicht reicht, das Forum bietet einen IMHO wirklich sehr guten Support kann ich erfahrungsgemäß nur sagen.




« Letzte Änderung: 19.04.2015 | 12:14 von OldSam »

Offline Jürgen Hubert

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #34 am: 23.04.2015 | 15:27 »
Bei GURPS kann man sagen: Kampftaktik, die in der "realen Welt" gut funktionieren, funktionieren auch unter GURPS gut - ähnliche Szenarien natürlich vorausgesetzt. Überraschung ausnutzen, Gegner von hinten angreifen, Geländevorteile nutzen, usw.. Natürlich ist auch eine gute Strategie keine absolute Strategie für den Erfolg - weder bei GURPS noch im realen Kampf - aber bei beidem macht sie eine Menge aus.
Die Arcana Wiki - Inspirationen für Rollenspieler aus der realen Welt

Sunken Castles, Evil Poodles - Übersetzung deutscher Sagen und Legenden ins Englische

alexandro

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #35 am: 30.04.2015 | 02:56 »
Und er ist in der Vergangenheit rein zufällig konsistent und wiederholbar hoch gesprungen?
[...}
Wenn sich an diesen nichts ändert, was sollte sich dann an der Leistung ändern - besonderes Glück oder Pech und normale Varianz inklusive, denn genau das fängt man über die Ergebnisspanne der Würfel ja ein.

Konsistent wird sowas erst im Rückblick. Sportler haben eine Kurve kontinuierlicher Leistungssteigerungen und -abfälle. Diese Kurve verläuft bei jedem Sportler unterschiedlich. Ob er jetzt gerade sein "Peak" erreicht hat, ob er noch Raum nach oben hat oder ob seine Leistung schon abnimmt, kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen (das wird erst im Rückblick auf seine Sportlerkarriere deutlich). Dazu kommen dann noch äußere Faktoren, Tagesform und natürlich auch ein bisschen Glück (welches sich aber mit 3W6 eher schlecht simulieren lässt) - wenn der Sportler, nachdem er (sagen wir mal) bei 3 Sportereignissen eine konsistente Leistung abgeliefert hat (was schon relativ unrealistisch ist, aber nehmen wir es einfach mal an) und dann beim nächsten Sportereignis einen halben Meter unter seiner Leistung bleibt, dann können das erste Anzeichen eines Leistungsabfalls sein, oder der Sportler hat in seiner Unterkunft nicht richtig schlafen können, oder er wurde durch eine Vuvuzela im Publikum abgelenkt oder es ist im Stadion heißer/kälter, als in seinem Heimatland, oder er ist einfach ausgerutscht,oder, oder, oder... - aber das spielt keine Rolle: das Ergebnis kommt trotzdem in die Statistik, genau wie alle anderen Ergebnisse (wo keine äußeren Faktoren gewirkt haben).

Ich würde jedenfalls nicht aufgrund der reinen Statistik der Sportlerperformance mein Geld auf zukünftige Leistungen dieses Sportlers setzen. Noch weniger würde ich diese Statistik nehmen, sie mit Statistiken von sagen wir mal 100 anderen Sportlern abgleichen, und aus diesem Modell Voraussagen über die Performanz eines ganz anderen Sportlers treffen wollen. Leider ist es genau das, was GURPS zu machen vorgibt.

Es wird alles zusammengeworfen und aus dieser Gesamtbetrachtung die Spielmechanik abgeleitet.
Wie soll das realistisch sein?
Man müsste aus jeder Statistik die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten rausrechnen können, um die verschiedenen Einflussgrößen zu trennen. Da man aber nur abgeschlossene Endergebnisse kennt ist das nicht möglich, bzw. eine Sisyphusarbeit, erstmal Bedingungen herzustellen, in denen wirklich keine äußeren Faktoren wirken, damit man "reine" Werte hat*

Ich sehe da ebenfalls keinerlei Absurdität. Wenn Du die Ergebnisse eines Münzwurfs mit Würfeln statistisch simulieren willst, nimmst Du in der Tat die ermittelten Ergebnisse und bildest sie auf die Würfelwahrscheinlichkeiten ab. Selbstverständlich erfüllt sich die Statistik hier selbst, denn es ist ja die Lösung der Aufgabe...

Wenn ich also eine Statistik habe, auf dieser Statistik ein Modell konstruiere und dieses Modell dann mit der Statistik vergleiche, dann reicht dir das also, für "Realismus"? Auch wenn die Statistik (aufgrund von Messfehlern, Ungenauigkeiten und des o.g. ungeklärten Einflusses von Umgebungsfaktoren) nichts mit der Realität zu tun hat? Ich glaub, ich steig aus...

Zitat
Die Designers Notes sind auf jeden Fall der richtige Start, bereits hier ist es aber eine Frage der gründlichen Recherche, denn es gibt davon schon so einige für die diversen Supplements und eben v.a. auch für die Entwicklung des Grundsystems seit den Anfängen 1985/1986 (da das System sich (in den Details) ja bis heute "evolutionär" weiterentwickelt - relevant ist jeweils alles was für Deine Fragestellung relevant ist, also bei z.B. Nahkampfregeln alles von den Wurzeln des Basissystems bis zu 4e Supplements wie Martial Arts und Low-Tech, mitsamt thematisch zugehörigen Pyramid-Artikeln)

Es gibt leider nicht das eine Dokument wo alles drinsteht, sondern die Infos sind sehr gestreut und müssen zusammengesucht werden (verständlicherweise weil Hintergrund-Doku schreiben nur ein kleiner Nebenaspekt der Arbeit ist und praktisch nicht bezahlt wird). Man findet immer hier und dort wieder Stücke, die das Gesamtbild vervollständigen. Auch z.B. in Pyramid-Artikeln wo alternative Regel-Ansätze bestimmter Mechanismen diskutiert werden, die zeigen wie man xy auch hätte machen können und was die Vor- u. Nachteile der bestehenden RAW-Implementierung sind.
Was das angeht ist überdies die wohl größte Detail-Goldgrube (und kostenlos zugänglich) das SJG-Forum wo sich zig Threads finden lassen, wo die ganzen Entwickler zu verschiedensten Fragen Stellung beziehen und mit den Leuten diskutieren und zudem sind auf der SJG-Seite auch umfangreiche FAQs mit Regelerläuterungen zu finden. Daraus lässt sich dann immer wieder etwas ableiten auf die Hintergründe (bspw. warum es keine PD mehr gibt in der 4e u.ä.) Und man kann selbstverständlich selbst Fragen stellen, wenn das ganze bestehende Material einem nicht reicht, das Forum bietet einen IMHO wirklich sehr guten Support kann ich erfahrungsgemäß nur sagen.

"Umfangreich" würde ich die FAQs auf der Seite nicht wirklich nennen. Es stehen eine Menge Details drin, aber (wie auch in den Pyramid-Artikeln) praktisch Null zu den Designentscheidungen für und gegen bestimmte Arten der Simulation. Bestes Beispiel ist da die PD - deren Vorhandensein oder Abwesenheit hat nichts mit Realismus zu tun, sondern einfach mit den (sich im Laufe der Jahre ändernden) Spielvorlieben der Entwickler.

Und wie nennt man einen Haufen Details ohne verbindendes Ganzes und tragenden Überbau?
Richtig: Anekdoten.

Diesen Satz verstehe ich nicht.
Wie glaubst du, stellt man wissenschaftlich fest, ob ein Unterschied relevant ist oder nicht?

Antwort: Man lässt alle anderen Faktoren gleich und ändert nur diesen Unterschied. Wenn sich das Ergebnis ändert, ist der Unterschied relevant. Wenn sich das Ergebnis nicht ändert, ist der Unterschied auch nicht relevant.
Damit hätte man die Sammlung von Ergebnissen (über die Schwierigkeiten wirklich eindeutige Messwerte zu bekommen, hatte ich ja oben schon geredet) - fehlen leider Kritik und Kontrolle selbiger. Ich habe keinen Zweifel daran, dass man an Messwerte nehmen, dann an einigen Faktoren schrauben und nochmal Messwerte nehmen, daraus Statistiken errechnen und aufgrund dieser Statistiken ein Modell erstellen kann. Dieses Modell mag vielleicht die Kriterien der logischen Wahrheit, im Bezug auf sich selbst und die Statistiken, erfüllen - aber leider fehlt da die faktische Wahrheit, der Bezug auf die Realität (in dem Münzen eben nicht häufiger auf Kopf landen und Sportler eher selten eine konsistente Leistung abliefern).

Zitat
So funktioniert nunmal empirische Wissenschaft.
Du weißt nichts von Empirie, John SnowMathematiker.

*für die Situation: selbst in der Angewandten Statistik sind Messwerte nur auf eine bestimmte Fragestellung anwendbar und können nicht ohne weiteres auf ein anderes Feld transponiert werden, weil die Bedingungen unter denen sie genommen sind nicht kongruent sind.
« Letzte Änderung: 30.04.2015 | 03:57 von alexandro »

Offline OldSam

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #36 am: 30.04.2015 | 08:26 »
Wenn ich also eine Statistik habe, auf dieser Statistik ein Modell konstruiere und dieses Modell dann mit der Statistik vergleiche, dann reicht dir das also, für "Realismus"? [...]

Bestes Beispiel ist da die PD - deren Vorhandensein oder Abwesenheit hat nichts mit Realismus zu tun, sondern einfach mit den (sich im Laufe der Jahre ändernden) Spielvorlieben der Entwickler.

Man kann am Fall der PD in der Tat schön zeigen, dass  dieses wirklich abstrakte Konzept realistische Ergebnisse bei einem Test (!) liefern kann, die aber nicht bedeuten, dass das Modell insgesamt die Realität repräsentiert (dafür besteht auch überhaupt kein Anspruch). Selbst in der realen Wissenschaft ist das so - und bei GURPS wird immer wieder betont, dass man versucht simulative Bedürfnisse abzudecken, aber nur wo es der Spielbarkeit nicht im Wege steht, letztere hat Vorrang. Schau mal in die heutige Physik auf die 2 großen konkurrierenden Felder Quantenphysik vs. Relativitätstheorie... Inkompatibel. Alles "unrealistischer Mist"... ;) ...wir wissen nämlich bereits, dass diese Modelle in Bezug auf eine komplette Abbildung der Realität falsch sind, trotzdem liefern sie die jeweils besten Statistiken bei bestimmten "Reality-Checks" (d.h. Messungen u. Gedankenexperimente). Es sind also derzeit die besten Modelle, die wir haben und in diesem Sinne sind sie auch "richtig" bzw. geeignet.

Du musst Dir klar machen, dass man selbst mit einem "unrealistischen" Konzept wie PD trotzdem durchaus einige Reality-Checks positiv abdecken kann und das ist die Leistung, die es zu vollbringen gilt. Das Modell ist eine Abstraktion, die ermöglichen soll, dass bestimmte Ingame-Statistiken (also auch Erwartungen der Spieler) erfüllt werden. Hier in Bezug auf die Ergebnisse von Waffentreffern (oder eben nicht zu treffen) bei Gegnern mit bestimmten Rüstungen.
Klappt das, ist diese eine Situation einigermaßen "realistisch", auch wenn das Modell an sich natürlich nicht "real existiert" - sondern versucht eine auf die Spielzwecke zugeschnitte, vereinfachte Realität abzubilden, weil sehr viele Realfakten uns Ingame nicht interessieren bzw. die Gesamtrechnung zu komplex wäre (wie Du ja selbst weisst).



« Letzte Änderung: 30.04.2015 | 09:31 von OldSam »

Eulenspiegel

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Re: Realismus von GURPS
« Antwort #37 am: 1.05.2015 | 00:51 »
Dazu kommen dann noch äußere Faktoren, Tagesform und natürlich auch ein bisschen Glück (welches sich aber mit 3W6 eher schlecht simulieren lässt) - wenn der Sportler, nachdem er (sagen wir mal) bei 3 Sportereignissen eine konsistente Leistung abgeliefert hat (was schon relativ unrealistisch ist, aber nehmen wir es einfach mal an) und dann beim nächsten Sportereignis einen halben Meter unter seiner Leistung bleibt, dann können das erste Anzeichen eines Leistungsabfalls sein, oder der Sportler hat in seiner Unterkunft nicht richtig schlafen können, oder er wurde durch eine Vuvuzela im Publikum abgelenkt oder es ist im Stadion heißer/kälter, als in seinem Heimatland, oder er ist einfach ausgerutscht,oder, oder, oder... - aber das spielt keine Rolle: das Ergebnis kommt trotzdem in die Statistik, genau wie alle anderen Ergebnisse (wo keine äußeren Faktoren gewirkt haben).
Richtig. Und wo ist jetzt das Problem?

Der Spieler hat halt dreimal gut gewürfelt. Und beim vierten Mal hat der Spieler schlecht gewürfelt. Diesen schlechten Würfelwurf kann man nun ingame mit "nicht richtig geschlafen" oder "Ablenkung durch Vuvuzela" oder "Stadion heißer/kälter" beschreiben.

Aber letztendlich wird der Gurps-Sportler ähnliche Ergebnisse erzielen wie der reale Sportler:
Der Durchschnitt wird ungefähr stimmen und die einzelnen Ereignisse gruppieren ober- und unterhalb dieses Durchschnitts. - Und in Einzelfällen gibt es dann Ausreißer nach oben und nach unten.

Zitat
Ich würde jedenfalls nicht aufgrund der reinen Statistik der Sportlerperformance mein Geld auf zukünftige Leistungen dieses Sportlers setzen.
Wenn du dich nicht mit Statistik auskennst, ist es ganz vernünftig, dass du das nicht tust.
Aber Leute, die sich mit Statistik auskennen, tun es. Und bei diesen ist es auch vernünftig.

Zitat
Noch weniger würde ich diese Statistik nehmen, sie mit Statistiken von sagen wir mal 100 anderen Sportlern abgleichen, und aus diesem Modell Voraussagen über die Performanz eines ganz anderen Sportlers treffen wollen. Leider ist es genau das, was GURPS zu machen vorgibt.
Nope. Gurps sagt: "Wenn der beste Sportler x Meter weit springt, dann wird auch ein sehr gut trainierter (N)SC nicht viel weiter als x Meter weit springen können."

Wo Gurps dann aussagen über andere Sportler trifft: Bei Performance-Einbußen.

Und da ist es recht vernünftig, wenn man feststellt: "Für alle 100 Sportler gilt: Bei Kälte laufen sie im Durchschnitt 5% langsamer. Dann gilt dies wahrscheinlich für die anderen Sportler auch.

Zitat
Man müsste aus jeder Statistik die zugehörigen Wahrscheinlichkeiten rausrechnen können, um die verschiedenen Einflussgrößen zu trennen.
Nope. Einflussgrößen müssen nur getrennt werden, wenn man sie auch einzeln abhandeln will. Und in diesem Fall kann man die unterschiedlichen Einflussgrößen auch direkt messen und getrennt bewerten.

Die ganzen restlichen Einflussgrößen kann man aber auch zusammen in einen Topf werfen, diesen Topf dann "Glück/Pech" nennen, sich die statistische Verteilung dieses Rest-Topfes "Glück/Pech" anschauen und mit geeigneten Würfeln simulieren.

Und zum restlichen Text: Ja, Wissenschaft ist teilweise echt eine Sisyphusarbeit.

Zitat
Wenn ich also eine Statistik habe, auf dieser Statistik ein Modell konstruiere und dieses Modell dann mit der Statistik vergleiche, dann reicht dir das also, für "Realismus"? Auch wenn die Statistik (aufgrund von Messfehlern, Ungenauigkeiten und des o.g. ungeklärten Einflusses von Umgebungsfaktoren) nichts mit der Realität zu tun hat? Ich glaub, ich steig aus...
Die Statistik hat etwas mit der Realität zu tun!

Mich würden mal zwei Sachen interessieren:
1) Wie gut kennst du dich mit Statistik und Stochastik aus?
2) Wie stellst du dir vor, arbeiten empirische Wissenschaften?

Zitat
(in dem Münzen eben nicht häufiger auf Kopf landen und Sportler eher selten eine konsistente Leistung abliefern).
Richtig! Und genau das wird durch Gurps auch abgebildet.

alexandro

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #38 am: 1.05.2015 | 03:43 »
Man kann am Fall der PD in der Tat schön zeigen, dass  dieses wirklich abstrakte Konzept realistische Ergebnisse bei einem Test (!) liefern kann

Der Crux ist also der: es wird eine Korrelation zwischen abstrakten Werten und realen Ergebnissen hergestellt und dann getestet, ob diese Zuordnung sinnvoll ist. Das ist wirklich kein Alleinstellungsanspruch von GURPS. Ich kann auch in anderen Systemen die Ergebnisse überprüfen und sagen "Jepp, die kommen so auch in der Realität vor" (sogar die "freak rolls" von SW sind realistisch, wenn man das Wort in dem Sinne verwendet, wie du es tust). Sogar mit einem System, welches auf einem Münzwurf basiert, kann ich diese Art von "realistischen" Ergebnissen herstellen.

alexandro

  • Gast
Re: Realismus von GURPS
« Antwort #39 am: 1.05.2015 | 04:09 »
Richtig. Und wo ist jetzt das Problem?

Der Spieler hat halt dreimal gut gewürfelt. Und beim vierten Mal hat der Spieler schlecht gewürfelt. Diesen schlechten Würfelwurf kann man nun ingame mit "nicht richtig geschlafen" oder "Ablenkung durch Vuvuzela" oder "Stadion heißer/kälter" beschreiben.

Beißt sich das nicht mit dem (hier in diesem Thread mannigfach vertretenen) Anspruch, GURPS würde die Leistung des Sportlers "realistisch" abbilden und Abweichungen zwischen GURPS und der Realität könnten durch die Anwendung von Modifikatoren auf die Würfelwürfe abgedeckt werden? Und jetzt sollen die Modifikatoren plötzlich in der "Black Box" des Würfelwurfes drinstecken, in welche man nicht hineinschauen kann?

Wie oben schon gesagt: wenn man den "Black Box"-Designansatz vertritt (wie einer unserer Kanzler einmal sagte: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."), dann ist JEDES Rollenspiel realistisch.

Zitat
Wenn du dich nicht mit Statistik auskennst, ist es ganz vernünftig, dass du das nicht tust.
Aber Leute, die sich mit Statistik auskennen, tun es. Und bei diesen ist es auch vernünftig.

Ach deswegen hört man auch immer wieder von Statistikern, welche furchtbar reich mit Sportwetten geworden sind.  >;D

Zitat
Wo Gurps dann aussagen über andere Sportler trifft: Bei Performance-Einbußen.

Und da ist es recht vernünftig, wenn man feststellt: "Für alle 100 Sportler gilt: Bei Kälte laufen sie im Durchschnitt 5% langsamer. Dann gilt dies wahrscheinlich für die anderen Sportler auch.

Und ein Wurf bei Kälte wird dann mit einem generellen Modifikator belegt. Finde den Fehler.

Zitat
Mich würden mal zwei Sachen interessieren:
1) Wie gut kennst du dich mit Statistik und Stochastik aus?
2) Wie stellst du dir vor, arbeiten empirische Wissenschaften?

Ich weiß genug darüber, um zu wissen dass Stochastik zu den nicht-empirischen Wissenschaften gehört. Ebenso große Teile der Statistik (auch wenn manchmal Anknüpfungspunkte zu den empirischen Wissenschaften da sind, reicht Statistik dafür nicht aus). Wie empirische Wissenschaften arbeiten habe ich bereits in meinem letzten Post dargelegt.

Dazu auch der folgende Denkanstoß:
Zitat von: Uni Augsburg, Grundzüge qualitativen Forschens
Der entscheidende Vorzug der Empirie ist, dass jegliche Erkenntnis aus unmittelbar gewonnen Eindrücken abgeleitet wird. Gleiche Erfah­rungen und Gegebenheiten hinterlassen allerdings bei unterschied­lichen Menschen oft einen unterschiedlichen Eindruck. Demnach bein­halten Erfahrungen offensichtlich auch eine subjektive Komponente. Die Erfahrung mit einer Begebenheit oder einem Gegenstand wird von verschiedenen Menschen in unterschiedlicher Weise erlebt und inter­pretiert. Durch diese subjektive Komponente ergeben sich Grenzen der empirischen Wissenschaft, die es anzuerkennen gilt.

Offline OldSam

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #40 am: 1.05.2015 | 10:14 »
Der Crux ist also der: es wird eine Korrelation zwischen abstrakten Werten und realen Ergebnissen hergestellt und dann getestet, ob diese Zuordnung sinnvoll ist. Das ist wirklich kein Alleinstellungsanspruch von GURPS.

Richtig ist es nicht  ;) Vermutlich die Mehrheit der Systeme wird vom Prinzip her irgendwie in dieser Art vorgehen, der Unterschied besteht hier eher in Umfang u. Qualität der Playtests mit Reality-Checks u. der wiederkehrenden Anpassungsarbeit am System, sowie daraus resultierend im quantitativen Unterschied der "positiven Testfälle".
Sprich es würde halt in einer Game-Session mit verschiedenen Szenen (bei "normalen" Settings) typischerweise bei GURPS einfach häufiger als beim "konventionellen System XY" vorkommen, dass die Würfel-Resultate mit Real-Erfahrungen bzw. den entsprechenden fachlichen Prognosen übereinstimmen.

Im Wesentlichen ist das doch der Grund warum in den üblichen RPG-Theorien GURPS näher am Simulationismus verortet wird als z.B. D&D. Und daraus folgt schließlich nicht, dass bei D&D keinerlei realitätsnahen Ergebnisse rauskommen (ansonsten wäre es wohl nicht beliebt geworden denke ich mal :p), nur es wird dort darauf weniger Wert gelegt und diese kommen halt im Vergleich seltener vor.

« Letzte Änderung: 1.05.2015 | 10:40 von OldSam »

Eulenspiegel

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #41 am: 1.05.2015 | 10:32 »
Ich kann auch in anderen Systemen die Ergebnisse überprüfen und sagen "Jepp, die kommen so auch in der Realität vor" (sogar die "freak rolls" von SW sind realistisch, wenn man das Wort in dem Sinne verwendet, wie du es tust). Sogar mit einem System, welches auf einem Münzwurf basiert, kann ich diese Art von "realistischen" Ergebnissen herstellen.
Bei anderen Systemen kommt so etwas vereinzelt vor. Aber es gibt eben viele Machanismen, wo eben keine Korrelation zwischen Realität und System vorliegen. Bei SW zum Beispiel sind WildCards deutlich mächtiger und widerstandsfähiger als Extras, selbst wenn sie die gleichen Werte haben.

Und bei Freak Rolls kommt es halt auf den Umstand an: Ja, einige Freak Rolls sind realistisch. Aber wenn ich mit einem einzelnen Messerstcih einen ganzen Lkw zerstören kann, dann ist das unrealistisch. (Ich kann mit einem einzelnen Messerstich den Reifen zerschneiden. Oder ich kann das Zündkabel zerschneiden. - Aber die komplette Zerstörung des Lkw mit einem einzelnen Angriff ist unrealistisch.)

Beißt sich das nicht mit dem (hier in diesem Thread mannigfach vertretenen) Anspruch, GURPS würde die Leistung des Sportlers "realistisch" abbilden und Abweichungen zwischen GURPS und der Realität könnten durch die Anwendung von Modifikatoren auf die Würfelwürfe abgedeckt werden? Und jetzt sollen die Modifikatoren plötzlich in der "Black Box" des Würfelwurfes drinstecken, in welche man nicht hineinschauen kann?
Nope. Niemand hat behauptet, Gurps sei ein deterministisches Spiel. - Wenn du eine deterministische Realität* mit einem nicht-deterministischen System abbildest, bedeutet das grundsätzlich, dass bestimmte Einflüsse in der Realität durch den Zufallsgenerator des Systems abgebildet werden.

Was halt der Anspruch von Gurps ist, dass relevante Einfluss dargestellt werden können.
Ob zum Beispiel Tag oder Nacht ist, ist ein Einfluss, der ja auch in die Planung der SCs miteinfließen kann. (Greifen wir tagsüber oder nachts an?) Daher ist er auch relevant.
Irgdnwelche Ereignisse, auf die die SCs keinen Einfluss haben, und die von ihnen wahrscheinlich auch nichtmal bemerkt werden, sind jedoch irrelevant. Diese werden dann durch den Zufallsgenerator "3W6" abgebildet.

*Disclaimer: Die Quantenphysik ist nicht deterministisch. Aber der Makrokosmos, ist hinreichend deterministisch.

Und nein, nicht jedes Black-Box System ist realistisch. Denn wie du bzw. der Kanzler schon sagten: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."
Wenn das, was hinten rauskommt, realistisch ist, dann ist das Black-Box-System realistisch. Wenn das, was hinten rauskommt, unrealistisch ist, dann ist das Black-Box-System unrealistisch.

Du musst nicht prüfen, was in der Black-Box vor sich geht. Aber du musst prüfen, was hinten dabei herauskommt. Und das kann realistisch sein oder eben auch unrealistisch. (SC, der mit einem einzigen Messerangriff einen Lkw zerstört. - Zwei Personen, die gleich gut sind, aber unterschiedliche Durchschnittsergebnisse erzielen, weil der eine ein Extra und der andere ein WildCard ist.)

Beliebtes Unrealismus-Beispiel ist bei mir auch immer DSA, wo es unmöglich ist, eine Person mit einem einzigen Angriff zu töten.
Oder wo es für das Opfer eine Finte von Vorteil ist, wenn sie an einer Wand steht und keine Möglichkeit hat zurückzuweichen.
Oder wo ein Florett gegen einen Schwergerüsteten besser ist als eine Axt oder Morgenstern. (Stichwort "gezielter Stich" vs. "Wuchtschlag")

Du hast hier eine Black-Box, wo am Ende einfach Unrealismus herauskommt.

Zitat
Ach deswegen hört man auch immer wieder von Statistikern, welche furchtbar reich mit Sportwetten geworden sind.
Yupp, diese Statistiker sitzen allerdings auf der anderen Seite vom Wettbüro.
Der Nicht-Statistiker ist derjenige, der zum Wettbüro rennt, um eine Wette zu platzieren. Der Statistiker ist derjenige, der den Typen hinterm Wettschalter bezahlt und ihm vorgibt, welche Quoten er anbieten soll.

Zitat
Und ein Wurf bei Kälte wird dann mit einem generellen Modifikator belegt. Finde den Fehler.
Es gibt bei Gurps zwei Arten von Modifikatoren:
1) (Absoluter) Modifikator des Würfelwurfes
2) (Relativer) Modifikator des Ergebnisses.

Welcher Modifikator jetzt zum Einsatz kommt, hängt nunmal davon ab, welcher Modifikator sinnvoller ist.
Wenn man bei Kälte durchschnittlich 5% langsamer läuft, wäre bei Gurps ein relativer Modifikator des Ergebnisses sinnvoller. (Da ich aber kein Sportmediziner bin, kann ich dir diesbezüglich nicht sagen, ob das stimmt.)

Zitat
Ich weiß genug darüber, um zu wissen dass Stochastik zu den nicht-empirischen Wissenschaften gehört.
Hmm, vielleicht weißt du dann auch, dass die Ergebnisse der theoretischen Wissenschaften dann auch regelmäßig in den empirischen Wissenschaften benutzt werden, um dort Ergebnisse zu erhalten.

Empiriker greifen immer auf die Ergebnisse der Theoretiker zurück, um ihre Messungen auswerten zu können (bzw. um überhaupt Experimente zu designen). - Und die Theoretiker wiederum nutzen dann die Ergebnisse der Empiriker, um ihre Modelle zu überprüfen und gegebenenfalls neue Modelle aufzustellen.

Offline OldSam

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #42 am: 1.05.2015 | 10:38 »
Wie oben schon gesagt: wenn man den "Black Box"-Designansatz vertritt (wie einer unserer Kanzler einmal sagte: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."), dann ist JEDES Rollenspiel realistisch.

Das Problem scheint mir, dass Du hier nur binär denkst - komplett realistisch oder nicht realistisch - obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Es würde wohl keiner behaupten, dass GURPS komplett in jeder Regel-Situation realistisch ist, so gesehen könnte man dann mit gewissem Recht sagen JEDES Rollenspiel ist unrealistisch, aber das verfehlt den Kern der Sache: Es geht eben nicht um ein pauschales "Ja oder Nein", sondern darum, ob ich in 10 Testfällen 8x Ja oder nur 4x Ja sagen konnte.

Empiriker greifen immer auf die Ergebnisse der Theoretiker zurück, um ihre Messungen auswerten zu können (bzw. um überhaupt Experimente zu designen). - Und die Theoretiker wiederum nutzen dann die Ergebnisse der Empiriker, um ihre Modelle zu überprüfen und gegebenenfalls neue Modelle aufzustellen.

So sieht's aus, Arbeitsergebnisse und Methoden werden wechselseitig genutzt.
« Letzte Änderung: 1.05.2015 | 10:40 von OldSam »

alexandro

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #43 am: 3.05.2015 | 15:48 »
Im Wesentlichen ist das doch der Grund warum in den üblichen RPG-Theorien GURPS näher am Simulationismus verortet wird als z.B. D&D. Und daraus folgt schließlich nicht, dass bei D&D keinerlei realitätsnahen Ergebnisse rauskommen (ansonsten wäre es wohl nicht beliebt geworden denke ich mal :p), nur es wird dort darauf weniger Wert gelegt und diese kommen halt im Vergleich seltener vor.

"Simulationismus" (auf deutsch von Vermi sehr treffend mit "Erlebnisrollenspiel" übersetzt) =! Realismus.

Die WoD ist z.B. (trotz des ganzen Überbaus von wegen "Geschichte erzählen") auch SIM. Und die WoD hat keinen Anspruch realistisch zu sein (obwohl sie es trotzdem ist).

Das Problem scheint mir, dass Du hier nur binär denkst - komplett realistisch oder nicht realistisch - obwohl es dafür eigentlich keinen Grund gibt. Es würde wohl keiner behaupten, dass GURPS komplett in jeder Regel-Situation realistisch ist

;D Ich bin noch nichtmal auf einzelne Regelsituationen eingegangen. Bisher rede ich nur über die grundlegende Herangehensweise, wie der Grundmechanismus eines "realistischen" Rollenspiels aufgebaut sein müsste, wenn es diesen Anspruch erfüllen will.
« Letzte Änderung: 3.05.2015 | 16:02 von alexandro »

alexandro

  • Gast
Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #44 am: 3.05.2015 | 16:21 »
Bei anderen Systemen kommt so etwas vereinzelt vor. Aber es gibt eben viele Machanismen, wo eben keine Korrelation zwischen Realität und System vorliegen. Bei SW zum Beispiel sind WildCards deutlich mächtiger und widerstandsfähiger als Extras, selbst wenn sie die gleichen Werte haben.
Realität =! unsere Welt (ansonsten wäre jedes System in dem es Regeln für Magie gibt unrealistisch).

Zitat
Und bei Freak Rolls kommt es halt auf den Umstand an: Ja, einige Freak Rolls sind realistisch. Aber wenn ich mit einem einzelnen Messerstcih einen ganzen Lkw zerstören kann, dann ist das unrealistisch. (Ich kann mit einem einzelnen Messerstich den Reifen zerschneiden. Oder ich kann das Zündkabel zerschneiden. - Aber die komplette Zerstörung des Lkw mit einem einzelnen Angriff ist unrealistisch.)
Deswegen ist das auch bei SW nicht möglich. Dass ein Körper nach einem einzelnen Messerstich zusammenklappt kann man noch erklären, bei Gegenständen funktioniert diese Erklärung nicht, daher gibt es dafür Sonderregeln.

Zitat
Und nein, nicht jedes Black-Box System ist realistisch. Denn wie du bzw. der Kanzler schon sagten: "Wichtig ist, was hinten rauskommt."
Wenn das, was hinten rauskommt, realistisch ist, dann ist das Black-Box-System realistisch. Wenn das, was hinten rauskommt, unrealistisch ist, dann ist das Black-Box-System unrealistisch.
Angenommen ich entwickle ein System, welches auf einem einzelnen Münzwurf basiert. Im Spiel sagt ein Spieler "Ich möchte mit meinem Messer diesen LKW zerstören". Dann gibt es grundsätzlich 2 Möglichkeiten:
a) "Das geht nicht" (so eine Aktion ist in den Regeln nicht abgedeckt), oder
b) "Das geht, aber mit Sonderregeln" (Er beschreibt, wie er mit dem Messer den Benzintank aufhebelt, es dann benutzt um den Zündmechanismus und die Autobatterie auszubauen  und auf diese Weise einen Zündfunken im Bezintank erzeugt - die Münze zeigt Kopf, also klappt das)

In beiden Fällen wäre das, was hinten rauskommt realistisch (das System besteht den "reality check" durch die Gruppe) . Und so macht es eigentlich jedes Rollenspielsystem (inklusive GURPS).
« Letzte Änderung: 3.05.2015 | 16:35 von alexandro »

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #45 am: 3.05.2015 | 16:36 »
Realität =! unsere Welt (ansonsten wäre jedes System in dem es Regeln für Magie gibt unrealistisch).
Ich möchte dich bitten, nicht nur schwarz/weiß zu sehen.

Natürlich kann ein System extrem realistisch sein, obwohl einzelne Komponenten des Systems unrealistisch sind.

Zitat
Deswegen ist das auch bei SW nicht möglich.
Wo steht das?
Zumindest in der Explorers Edition ist das möglich.

Zitat
In beiden Fällen wäre das, was hinten rauskommt realistisch. Und so macht es eigentlich jedes Rollenspielsystem (inklusive GURPS) so.
Nope!
Zu sagen "Das geht nicht." ist unrealistisch, das es ja möglich ist. Es ist sehr schwierig, es dauert länger, aber es ist möglich.

Und zu sagen: "Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 50%" ist wahrscheinlich ebenfalls unrealistisch. Ich weiß jetzt nicht, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, einen parkenden Lkw mit einem Messer zu zerstören. Aber ich würde spontan so auf 90% und mehr tippen.
Und ich weiß auch nicht, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür ist, einen vorbeifahrenden Lkw mit einem Messer zu zerstören. Aber ich würde auf unter 10% tippen.

Wenn die Regeln jetzt also sagen, es ist egal, ob der Lkw fährt oder steht. Und es ist egal, ob ich ein Messer oder einen Raketenwerfer benutze, dann sind die Regeln unrealistisch.

Zitat
Und so macht es eigentlich jedes Rollenspielsystem (inklusive GURPS) so.
Bei Gurps hast du die richtigen Wahrscheinlichkeiten. Bei anderen Systemen hast du irgendwelche Wahrscheinlichkeiten, die sich die Autoren ausgedacht haben.

alexandro

  • Gast
Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #46 am: 3.05.2015 | 17:26 »
Wo steht das?
Zumindest in der Explorers Edition ist das möglich.

Explorers Edition, Seite 65f. (Breaking Things). Man sollte schon Ahnung von den Regeln haben, bevor man etwas als "unrealistisch" bezeichnet.

Zitat
Zu sagen "Das geht nicht." ist unrealistisch, das es ja möglich ist. Es ist sehr schwierig, es dauert länger, aber es ist möglich.
Es ging in deinem Beispiel darum, den LKW mit einem einzigen Messerangriff zu zerlegen. Das ist (für Charaktere mit einem Machtniveau unterhalb von Comichelden) unmöglich. Du kannst jetzt nicht deine Beispiele verändern, wie es dir in den Kram passt.

Zitat
Und zu sagen: "Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 50%" ist wahrscheinlich ebenfalls unrealistisch. Ich weiß jetzt nicht, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, einen parkenden Lkw mit einem Messer zu zerstören. Aber ich würde spontan so auf 90% und mehr tippen.
Entweder 0%* (wenn man einfach nur irgendwo auf den LKW einsticht, wird das Messer wird stumpf, bevor man signifikanten Schaden angerichtet hat) oder 100% (wenn man das Messer nur als Werkzeug benutzt, um die Zerstörung des LKW auf anderem Wege zu erreichen). Je nachdem wie gezielt man dabei vorgeht.

Die Frage ist: wie wahrscheinlich ist es, dass der Charakter auf die Idee kommt es auf diesem Weg zu versuchen bzw. sich an genug Elektrotechnik-Wissen erinnert, um das Ganze richtig zusammenzubauen? Und da musst du erstmal beweisen, dass 50% für diese Zwecke unrealistisch sind.  :-*

*bzw. 0,0001^10 %, was für Spielzwecke auf dasselbe rausläuft.
« Letzte Änderung: 3.05.2015 | 17:58 von alexandro »

Eulenspiegel

  • Gast
Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #47 am: 3.05.2015 | 18:07 »
Explorers Edition, Seite 65f. (Breaking Things). Man sollte schon Ahnung von den Regeln haben, bevor man etwas als "unrealistisch" bezeichnet.
Dort steht: "Unlike a person or even a vehicle, an attack cannot hit a "vital" area [...]"

Es wird also deutlich, dass das Verbot von Hochwürfeln nur für simple Objekte gilt, nicht jedoch für Personen oder Fahrzeuge.

Das nächste Mal bitte die Regelstellen genauer lesen, bevor man dem Gegenüber Regelunkenntnis vorwirft.

Zitat
Es ging in deinem Beispiel darum, den LKW mit einem einzigen Messerangriff zu zerlegen.
Nein, es ging in meinem Beispiel darum, zu zählen, wieviele Messerangriffe man benötigt, um einen Lkw zu zerstören.

Wenn man den Lkw mit einem einzelnen Messerangriff zerstören kann, ist das unrealistisch.
Wenn man aber tausendmal auf den Lkw einschlagen kann, ohne überhaupt die Chance, ihn zu verletzen, ist das auch unrealistisch. (Reifen aufschlitzen, Zündkabel durchschneiden etc.)

Zitat
Die Frage ist: wie wahrscheinlich ist es, dass der Charakter auf die Idee kommt es auf diesem Weg zu versuchen bzw. sich an genug Elektrotechnik-Wissen erinnert, um das Ganze richtig zusammenzubauen? Und da musst du erstmal beweisen, dass 50% für diese Zwecke unrealistisch sind.
In deinem Beispiel ging es ja nicht darum, ob der SC die Idee hat, das so zu tun. Das hatte der Spieler ja auch bereits gesagt. Da ging es um die Frage, ob der SC die Idee auch umsetzen kann.

Und ich bleibe dabei:
1) Einen parkenden Lkw mit einem Messer zu zerstören sollte einfacher sein, als einen fahrenden Lkw zu zerstören. Da dein 50%-Münzwurf-System das nicht umsetzen kann, ist es unrealistisch.
2) Einen Lkw mit einem Raketenwerfer zu zerstören sollte leichter sein, als ihn mit einem Messer zu zerstören. Da dein 50%-Münzwurf-System das nicht umsetzen kann, ist es unrealistisch.
3) Wenn ein Autor sich eine Wahrscheinlichkeit ausdenkt, kann er natürlich richtig liegen. Es ist aber sehr unwahrscheinlich. Wenn ein Autor dagegen Statistiken untersucht und anhand dieser Statistiken die Wahrscheinlichkeiten festlegt, wird er sehr wahrscheinlich richtig liegen.

alexandro

  • Gast
Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #48 am: 3.05.2015 | 19:25 »
Offensichtlich beinhaltete deine wissenschaftliche Laufbahn nicht die Aneignung einer ordentlichen Zitierweise (abgesehen von einer gewissen Weltfremdheit, wenn du ernsthaft glaubst, dass Statistiker die Ergebnisse von Sportveranstaltungen voraussagen könnten, aber statt damit Millionen zu scheffeln lieber einen schlecht bezahlten Job in irgendeinem Wettbüro ausüben  >;D).

Hier mal der vollständige Text:
Zitat
Occasionally a character may want to
break something, such as a weapon, a lock,
or a door. Use the Toughness values below
for these kinds of objects. Use these rules
for solid objects. Larger objects with many
components
(such as vehicles) take multiple
hits as per the vehicle rules.
Most anything can be broken given enough
time and effort, so use this system only when
attempting to break things in a hurry
(such
as during combat rounds).
The Parry of an inanimate object is 2. The
catch is that damage rolls against them don’t
count bonuses from raises on the attack roll,
nor Aces (even on Strength rolls in melee).
Unlike a person or even a vehicle, an attack
cannot hit a “vital” area on a lock or a door
and thus do more damage. If an attack can’t
do enough damage to destroy an object, it
can’t destroy it (at least not quickly). This
keeps characters from shattering swords with
a feather and a lucky Strength roll.
If the damage roll equals or exceeds
the object’s Toughness, it’s broken, bent,
shattered, or otherwise ruined. The GM
decides the exact effects
—such as whether a
good strike opens a hole in a door or knocks
it off its hinges.
Einzelne Objekte (z.B. eine Fahrzeugtür oder der Benzintank) werden mit diesem System abgehandelt - ob das Fahrzeug insgesamt durch die Zerstörung der Komponente nicht mehr einsatzfähig ist, entscheidet der SL. Abstrakte Angriffe gegen Fahrzeuge in Bewegung (man versucht einfach nur eine verwundbare Stelle zu treffen) benutzen ein anderes System - weil es in diesem Fall mehr Unwägbarkeiten gibt, ist der Zufallsfaktor hier deutlich höher (allerdings ist die Erfolgswahrscheinlichkeit auch niedriger). Wenn man gut genug würfelt, dann gibt es Kritische Treffer, welche idR schon den Totalschaden erklären (z.B. hat das Messer den Reifen getroffen, weswegen der LKW sich überschlägt, oder den Fahrer, weswegen er gegen eine Leitplanke rast).


Nein, es ging in meinem Beispiel darum, zu zählen, wieviele Messerangriffe man benötigt, um einen Lkw zu zerstören.
Lügner!
Und bei Freak Rolls kommt es halt auf den Umstand an: Ja, einige Freak Rolls sind realistisch. Aber wenn ich mit einem einzelnen Messerstcih einen ganzen Lkw zerstören kann, dann ist das unrealistisch. (Ich kann mit einem einzelnen Messerstich den Reifen zerschneiden. Oder ich kann das Zündkabel zerschneiden. - Aber die komplette Zerstörung des Lkw mit einem einzelnen Angriff ist unrealistisch.)

Zitat
In deinem Beispiel ging es ja nicht darum, ob der SC die Idee hat, das so zu tun. Das hatte der Spieler ja auch bereits gesagt. Da ging es um die Frage, ob der SC die Idee auch umsetzen kann.
Die Idee allein reicht nicht. Ich hatte die Idee das zu tun. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich über das Know-How verfüge, um das auch in der Realität umzusetzen.

Zitat
1) Einen parkenden Lkw mit einem Messer zu zerstören sollte einfacher sein, als einen fahrenden Lkw zu zerstören. Da dein 50%-Münzwurf-System das nicht umsetzen kann, ist es unrealistisch.
Einen fahrenden LKW mit einem Messer zu zerstören ist auch in meinem System schwieriger. Der Charakter kann das Messer auf die Reifen werfen (50% Chance), wodurch diese kaputt gehen könnten (50% Chance), wodurch der Fahrer die Kontrolle über den LKW verlieren könnte (50% Chance), wodurch dieser mit einem Hindernis kollidieren könnte  - Erfolgswahrscheinlichkeit: 6,25%. Oder du versuchst auf den fahrenden LKW aufzuspringen (50% Chance), die an die Kabinentür zu klettern (50% Chance) und den Fahrer abzustechen (50% Chance) - 12,5% Erfolgswahrscheinlichkeit. Mein System besteht weiterhin den Realismus-Test.

Zitat
2) Einen Lkw mit einem Raketenwerfer zu zerstören sollte leichter sein, als ihn mit einem Messer zu zerstören. Da dein 50%-Münzwurf-System das nicht umsetzen kann, ist es unrealistisch.
Ein stehender LKW wird automatisch durch einen Raketentreffer zerstört. Bei einem fahrenden LKW hast du eine 50% Chance, dass die Rakete ihr Ziel findet (in dem Fall ist der LKW zerstört). Mein System besteht weiterhin den Realismus-Test.

Zitat
3) Wenn ein Autor sich eine Wahrscheinlichkeit ausdenkt, kann er natürlich richtig liegen. Es ist aber sehr unwahrscheinlich. Wenn ein Autor dagegen Statistiken untersucht und anhand dieser Statistiken die Wahrscheinlichkeiten festlegt, wird er sehr wahrscheinlich richtig liegen.

Ich denke im Rahmen dieses Threads wurde hinreichend geklärt, dass die Mechaniken von GURPS weniger auf konkreten Statistiken basieren, als vielmehr auf ziemlich viel trial-by-error, playtesting und Abgleich der Ergebnisse mit Erfahrungswerten modifiziert wurdem, bis das ganze sich halbwegs glaubwürdig angefühlt hat.
« Letzte Änderung: 3.05.2015 | 20:41 von alexandro »

Offline YY

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Re: Realitätsverlust durch GURPS?
« Antwort #49 am: 3.05.2015 | 20:57 »
Einen fahrenden LKW mit einem Messer zu zerstören ist auch in meinem System schwieriger. Der Charakter kann das Messer auf die Reifen werfen (50% Chance), wodurch diese kaputt gehen könnten (50% Chance), wodurch der Fahrer die Kontrolle über den LKW verlieren könnte (50% Chance), wodurch dieser mit einem Hindernis kollidieren könnte  - Erfolgswahrscheinlichkeit: 6,25%. Oder du versuchst auf den fahrenden LKW aufzuspringen (50% Chance), die an die Kabinentür zu klettern (50% Chance) und den Fahrer abzustechen (50% Chance) - 12,5% Erfolgswahrscheinlichkeit. Mein System besteht weiterhin den Realismus-Test.

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