Autor Thema: Das leidige Paradoxon des System-Designs  (Gelesen 6125 mal)

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Offline KhornedBeef

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #25 am: 8.11.2015 | 00:09 »
Aber andersrum sollte es einen guten Grund dafür geben, wenn die Ergebnisse, die die jeweiligen Rollenspielregeln liefern, deutlich von den Ergebnissen der "Realitätsregeln" abweichen.

"Das wird sonst zu komplex" ist keine gültige Begründung für simulative Regeln, die nur Murks liefern.
Vom Ergebnis her gedacht kommt man für die meisten Bereiche allemal nah genug ran.
Ok, das gilt jetzt vielleicht nur für mein Beispiel "Filmlogik", aber manchmal eben doch, solange der Murks spannender ist. Willst du wirklich, dass dein Fantasycharakter nach jedem Schwertreffer eine 50-50-Chance hat, am Wundbrand dahinzusiechen? Oder permanent CHA verliert wegen faulenden Zähnen? Vielleicht ja, jede Gruppe hat andere Ideen. Ich will nur sagen, ein bisschen biegt man sich den Realismus eh zurecht, um dröge Sachen zu vermeiden. Kann nicht Schaden, das beim Designen schon im Hinterkopf zu behalten.
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Offline Galatea

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #26 am: 8.11.2015 | 00:10 »
Zitat
vor allem hinsichtlich abstrakter Konzepte wie einem etwaigen "Gesundheitszustand"
Der ist aber immer schwer zu kommunizieren, egal ob man ein X-Stufensystem (z.B. heil, angeschlagen, ausgenockt, tot) oder ein Trefferpunktsystem hat.

Und realistisch gesehen ist das Trefferpunktsystem der meisten Spiele auch totaler Quark - wenn jemand mit maximalem Schaden von einem Langschwert getroffen wird ist derjenige TOT und nicht nur leicht bis mäßig schwer verwundet. Zudem gerade bei Trefferpunktsystemen mit niedriger Tödlichkeit die Spieler Verletzungen auch oft kaum "ausspielen" - wenn man da von einem 1W6-Pfeil aufgespießt wird ignoriert man das halt man kurz, sind ja noch 15 Trefferpunkte übrig. Da führen grobe Stufen und weniger Regeln oft zu besserem Spiel.
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Offline KhornedBeef

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #27 am: 8.11.2015 | 00:14 »
Der ist aber immer schwer zu kommunizieren, egal ob man ein X-Stufensystem (z.B. heil, angeschlagen, ausgenockt, tot) oder ein Trefferpunktsystem hat.

Und realistisch gesehen ist das Trefferpunktsystem der meisten Spiele auch totaler Quark - wenn jemand mit maximalem Schaden von einem Langschwert getroffen wird ist derjenige TOT und nicht nur leicht bis mäßig schwer verwundet. Zudem gerade bei Trefferpunktsystemen mit niedriger Tödlichkeit die Spieler Verletzungen auch oft kaum "ausspielen" - wenn man da von einem 1W6-Pfeil aufgespießt wird ignoriert man das halt man kurz, sind ja noch 15 Trefferpunkte übrig. Da führen grobe Stufen und weniger Regeln oft zu besserem Spiel.
Meine Rede. Sind eben keine Menschen, sondern Helden, die auf nem anderen Level spielen.
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Eulenspiegel

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #28 am: 8.11.2015 | 01:54 »
@ KhornedBeef
Man kann ja in einer Welt spielen, in der es keinen Wundbrand gibt. Dann ist es extrem realistisch, dass man von einem Schwerttreffer keinen Wundbrand bekommt.

Aber willst du in einem Spiel erstmal mit einem Schwert gestochen werden, um zu heilen. (Weil das Schwert einen Heilzauber enthält und man für erfolgreiches Wirken des Heilzaubers einen erfolgreichen Angriffswurf hinlegen muss?)

Willst du, dass eine Kissenschlacht potentiell tödlich endet? (Weil man auch bei einem Angriff mit einem Kissen einen kritischen Treffer landen kann, der zu iener gewissen Chance den sofortigen Tod herbeiführt.)

Ich halte Realismus schon für Wünschenswert. Wobei der Realismus des Settings nicht unbedingt mit dem Realismus in unserer realen Welt identisch sein muss.

Offline Quaint

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #29 am: 8.11.2015 | 02:40 »
Ich glaube wir verlieren uns ein wenig in Details. Wie der "Realismus" auszusehen hat, hat ja viel mit individuellen Vorlieben, aber auch dem Genre zu tun. Call of Cthulhu hat da andere Ansprüche, bildet eine andere Realität ab, als meinetwegen D&D.
Ich denke eben nur, dass wenn man viel Energie aufwenden muss, um sich mit der Bürokratie der Regeln herumzuschlagen, dann ist das dem abtauchen in die Spielfigur und dem freien Ablauf der Geschichte nicht eben zuträglich. Der Threadersteller beklagt ja auch selbst, dass das detailliert verregelte Kampfsystem, bei dem er üblicherweise angelangt, der Geschichte nicht unbedingt hilft. Natürlich spielt es noch eine Rolle wie gut man die Regeln beherrscht und welche Herangehensweise man pflegt (etwa scheint das eher gamistische auswählen der vorteilhaftesten Vorgehensweise aus den x vorbestimmten den Threadersteller ja auch eher zu stören).
Insofern sehe ich hier ein ganz anderes Paradoxon: Man meint etwas zu müssen (viele verregelte Optionen), stellt fest, dass es das nicht so bringt, ist aber offenbar doch nicht bereit andere Vorgehensweisen zu erproben, sondern meint immernoch zu müssen. Und wiederholt hier die Fehler der Vergangenheit. Ganz offensichtlich wäre es erstrebenswert, aus diesem Schema auszubrechen, gewissermaßen den gordischen Knoten zu zerschlagen. Weniger oder nur minimale Regeln wären da halt meine Idee dazu, gerade da ja scheinbar freies, fluffiges, kreatives Spiel angestrebt wird. Aber vielleicht ist dem Threadersteller mit einem guten simulationistischen System mit ein paar Regeln mehr auch besser gedient, oder vielleicht mit anderen Spielern.
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Offline blut_und_glas

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #30 am: 8.11.2015 | 07:17 »
Auch die Vorstellung, aus dem Schema nur in den ersten Schritten ausbrechen zu können, ist allerdings ein Schema. Ausbruch?

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Offline Maarzan

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #31 am: 8.11.2015 | 07:55 »
Ah OK, du meinst also eher "Simulation" anstatt "Immersion".

In diesem Fall ist eine brauchbare Regel: "Immer derjenige, der sich in einem Fachgebiet am besten auskennt, entscheidet über die Auswirkungen."

Das ergänzt, bzw. unterstützt sich, ist aber nicht dasselbe.

Und dein Vorschlag läuft ins Leere. Einmal gibt es den Fall, dass sich keiner gut genug auskennt oder dieser nicht klar genug erkennbar ist.
Selbst wenn das gegeben sein sollte, dass ein ausgewiesener Experte mit am Tisch sitzt reicht das nicht, da die entsprechenden weniger kundigen Beteiligten dann vor ihren Entscheidungen jedesmal aufgeklärt werden müssten. Die Grundlagen müssen also vorher bekannt sein.
Des weiteren wird auch mit so einem Experten ein gewisser Kompromiss auf dr Achse Genauigkeit udn Umsetzbarkeit am Spieltisch und damit ein Abstraktionsgrad gefunden werden müssen. Und auch der muss dann rechtzeitig kommuniziert werden.

Wie gesagt, das sehe ich als Teil des Problems. Die Regeln, nach denen die reale Welt funktioniert, sind sehr komplex. Die wenigsten davon tragen wesentlich zum Spielspaß bei einem Rollenspiel bei.

Klar, es muss auf jeden Fall irgendwo immer abstrahiert und vereinfacht werden. Aber dass ein Operieren so weit wie möglich am Simulationsende generell keinem Spaß macht ist eine unzulässige Verallgemeinerung wohl deiner Präferenz auf alle. Einer Präferenz, welche der Themenersteller ja gerade erklärtermaßen sogar ausdrücklich nicht teilt, was deinen Einwurf um so abstruser macht.

Ok, das gilt jetzt vielleicht nur für mein Beispiel "Filmlogik", aber manchmal eben doch, solange der Murks spannender ist. Willst du wirklich, dass dein Fantasycharakter nach jedem Schwertreffer eine 50-50-Chance hat, am Wundbrand dahinzusiechen? Oder permanent CHA verliert wegen faulenden Zähnen? Vielleicht ja, jede Gruppe hat andere Ideen. Ich will nur sagen, ein bisschen biegt man sich den Realismus eh zurecht, um dröge Sachen zu vermeiden. Kann nicht Schaden, das beim Designen schon im Hinterkopf zu behalten.

Filmlogik ist nicht spannender. Und deine überzogenen Beispiele erscheinen mir im günstigen Licht bestenfalls als trollen.
Und natürlich wählt man bei der zu simulierenden Spielwelt aus, wie dese gestaltet sein soll. Und bloß weil es Elemente gibt, wo man gezielt von der irdischen Realität abweicht heißt das ja nicht, dass alles an Logik und Realitätsverbundenheit über Bord werfen muss.


 
Ich denke eben nur, dass wenn man viel Energie aufwenden muss, um sich mit der Bürokratie der Regeln herumzuschlagen, dann ist das dem abtauchen in die Spielfigur und dem freien Ablauf der Geschichte nicht eben zuträglich. Der Threadersteller beklagt ja auch selbst, dass das detailliert verregelte Kampfsystem, bei dem er üblicherweise angelangt, der Geschichte nicht unbedingt hilft. Natürlich spielt es noch eine Rolle wie gut man die Regeln beherrscht und welche Herangehensweise man pflegt (etwa scheint das eher gamistische auswählen der vorteilhaftesten Vorgehensweise aus den x vorbestimmten den Threadersteller ja auch eher zu stören).
Insofern sehe ich hier ein ganz anderes Paradoxon: Man meint etwas zu müssen (viele verregelte Optionen), stellt fest, dass es das nicht so bringt, ist aber offenbar doch nicht bereit andere Vorgehensweisen zu erproben, sondern meint immernoch zu müssen. Und wiederholt hier die Fehler der Vergangenheit. Ganz offensichtlich wäre es erstrebenswert, aus diesem Schema auszubrechen, gewissermaßen den gordischen Knoten zu zerschlagen. Weniger oder nur minimale Regeln wären da halt meine Idee dazu, gerade da ja scheinbar freies, fluffiges, kreatives Spiel angestrebt wird. Aber vielleicht ist dem Threadersteller mit einem guten simulationistischen System mit ein paar Regeln mehr auch besser gedient, oder vielleicht mit anderen Spielern.

Die Art der Regeln hat da ja auch einen erheblichen Einfluss. Wenn die Regeln brauchbar designed sind, kann meines Erachtens die Umsetzung Regeln <=> Spielweltinhalt nahezu unterbewußt automatisiert werden.
Ein Problem sind Regeln, welche sich dann doch merkbar mit der Spielweltrealität beißen, extremen (Ok, Geschmackssache) Verwaltungsaufwand bedürfen oder aber ganz übel klar auf der Metaebene angesiedelt sind.
Was bei der Verinnerlichung von Regeln behindert sind dann unzusammenhängend angeflanschte Systeme und Haufen Ausnahmeregeln schon für die Standardaktionen. (Alles wirklich vereinheitliciht abzuhandeln kollidiert dann oft wieder mit dem sich nicht mit der Spielweltrealität beißen)


Und Geschichte hat aus (Char-)Immersionssicht so gar keine Bedeutung außer, dass am Ende halt etwas bei raus kommt, was erzählt werden kann und damit gewissen Definitionen von Geschichte genügt.



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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #32 am: 8.11.2015 | 07:59 »
Die Regeln, die mir beim Spielen am wenigsten in die Quere kommen, sind die, die ich in- und auswendig kenne und für mich auch so akzeptiert habe -- eine noch so vertraute Regel, über die ich mich bei jedem Auftreten schwarz ärgere, auf der der Rest der Gruppe aber besteht, bringt meiner vielbeschworenen Immersion auch nicht wirklich etwas.

Das ist nun logischerweise ein ziemlich subjektiver "Standard", illustriert aber möglicherweise, daß es auf den reinen Komplexitätsgrad allein auch nicht unbedingt ankommt. (Auch wenn es natürlich richtig ist, daß ein System mit mehr Regeln länger braucht, bis ich darin einigermaßen fit bin, und potentiell auch entsprechend mehr Regeln enthalten kann -- nicht zwangsläufig muß! --, über die ich dann im Spiel stolpere.)

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #33 am: 8.11.2015 | 08:26 »
Sieh dir mal das Kampfsystem von FUDGE an,

www.fudgerpg.com
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #34 am: 8.11.2015 | 09:42 »
Eigentlich wurde ja alles schon gesagt - ein Ausbruch aus dem Schema ist nötig. Und hier sind meiner Meinung nach Schritt 1-3 entscheidend, wobei 2 ja nur den Übergang von 1 zu 3 darstellt. Was genau man unter Immersion usw. versteht ist mir dabei zunächst egal - es geht hier um logische Verknüpfungen und Folgen.

Wenn man in Schritt 2 feststellt, dass 3-4 Kampfaktions-Typen nicht ausreichend sind, um "immersives Spiel-Erleben und -Handeln" nicht abbilden zu können, dann ist Schritt 3 *keine* notwendige Folge!

Schritt 3 könnte auch ein direkter Schritt zurück zu Schritt 1 sein, um die 3-4 Kampfaktionen zu überarbeiten, so dass Schritt 2 nicht eintritt.

Oder die Einsicht, dass sich eben nicht alle Ziele erreichen lassen. (Wo ist die logische Begründung, dass es möglich ist, alle Anforderungen zu erfüllen?)

Oder man stellt fest, dass es zwar mit 3-4 Kampfaktionen nicht möglich ist, 100 Kampfaktionen nicht wünschenswert sind, es aber vielleicht mit 5-7 wunderbar funktioniert.
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Offline YY

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #35 am: 8.11.2015 | 11:52 »
Ok, das gilt jetzt vielleicht nur für mein Beispiel "Filmlogik", aber manchmal eben doch, solange der Murks spannender ist. Willst du wirklich, dass dein Fantasycharakter nach jedem Schwertreffer eine 50-50-Chance hat, am Wundbrand dahinzusiechen? Oder permanent CHA verliert wegen faulenden Zähnen? Vielleicht ja, jede Gruppe hat andere Ideen. Ich will nur sagen, ein bisschen biegt man sich den Realismus eh zurecht, um dröge Sachen zu vermeiden. Kann nicht Schaden, das beim Designen schon im Hinterkopf zu behalten.

Filmlogik geht doch schon in die richtige Richtung: Wenn man ein bestimmtes Genre abbilden will und die Regeln konsequent darauf ausrichtet - alles in Ordnung.
Muss dann nur entsprechend klar kommuniziert und tauglich umgesetzt sein.

Schlecht ist es dann, wenn die Regeln von eigentlich sehr "realitätssimulierenden" Systemen an diversen Stellen total absurde Ergebnisse liefern.


Das Thema "(ZU) realistisch = zu tödlich/verkrüppelnd->Spaßbremse" hat damit erst mal nichts zu tun.


Ich glaube wir verlieren uns ein wenig in Details. Wie der "Realismus" auszusehen hat, hat ja viel mit individuellen Vorlieben, aber auch dem Genre zu tun. Call of Cthulhu hat da andere Ansprüche, bildet eine andere Realität ab, als meinetwegen D&D.

D&D ist da mein Paradebeispiel: Das bietet in allen Editionen einiges an Regeln, die einfach irgendwie gestaltet wurden und eben nicht mit einem bestimmten Genre im Hinterkopf oder sonst einem Gedanken daran, wie das in der Fiktion aussieht.

Mit dem Ergebnis, dass man entsprechend große Brüche drin hat, die es z.B. bei Feng Shui so gut wie gar nicht gibt.

D&D hat ein ganz eigenes Spielgefühl (ist quasi sein eigenes Genre), in das zumindest ich mich jedes Mal sehr mühsam reindenken muss, weil es so wenig verlässliche Ansatzpunkte jenseits der Regelmechanik gibt, was wie funktioniert.
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Offline Galatea

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #36 am: 8.11.2015 | 14:35 »
Meine Rede. Sind eben keine Menschen, sondern Helden, die auf nem anderen Level spielen.
Das Problem ist aber, dass das - wie sehr sehr sehr vieles andere - nicht vernünftig kommuniziert wird (und sich diverse andere Spiele das als Vorlage heranziehen ohne nachzudenken).

Auch gibt es keinen vernünftigen Grund warum "Helden" zu Helden werden und warum sie dadurch plötzlich so viel mehr aushalten und können. Gunst der Götter würde höchstens auf Kleriker zutreffen, bei denen es dann auch nachvollziehbar wäre.
Und das beknackteste von allem ist dass es in 3.5 doch tatsächlich den "Hero" auch noch als Charakterklasse gibt - Heroception ahoi.

Willst du, dass eine Kissenschlacht potentiell tödlich endet? (Weil man auch bei einem Angriff mit einem Kissen einen kritischen Treffer landen kann, der zu iener gewissen Chance den sofortigen Tod herbeiführt.)
Also bei Midgard geht das...

Filmlogik geht doch schon in die richtige Richtung: Wenn man ein bestimmtes Genre abbilden will und die Regeln konsequent darauf ausrichtet - alles in Ordnung.
Muss dann nur entsprechend klar kommuniziert und tauglich umgesetzt sein.
Genau, das ganze muss einfach mit der internen Logik des Settings zusammenpassen.

Das Thema "(ZU) realistisch = zu tödlich/verkrüppelnd->Spaßbremse" hat damit erst mal nichts zu tun.
Ein potentiell sehr tödliches System kann sogar sehr interessant sein, weil Kämpfe intensiv sind und schnell von der Hand gehen. Allerdings trifft das wohl vermutlich eher auf moderne Settings zu, wo Bewegungstaktik im Team eine viel größere Rolle spielt.
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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #37 am: 8.11.2015 | 15:49 »
Ein potentiell sehr tödliches System kann sogar sehr interessant sein, weil Kämpfe intensiv sind und schnell von der Hand gehen. Allerdings trifft das wohl vermutlich eher auf moderne Settings zu, wo Bewegungstaktik im Team eine viel größere Rolle spielt.

Bei Kämpfen relativ kleiner Gruppen ist Bewegung immer wichtig, das würde ich dahingehend nicht auf moderne Settings beschränken.


Mich stört an der Betrachtung meistens eher, dass Systeme, die als realistisch bezeichnet werden, sogar viel zu tödlich sind.
Da entsteht bisweilen schnell der Eindruck, es gäbe nur Hitpointberge wegkloppen oder auf der anderen Seite reines Rocket Tag/Instagib  :P
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Offline KhornedBeef

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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #38 am: 8.11.2015 | 16:00 »
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Filmlogik ist nicht spannender. Und deine überzogenen Beispiele erscheinen mir im günstigen Licht bestenfalls als trollen.
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Langsaaam, sonst vergiften wir uns den Thread. Mein Definitionsspektrum für "Troll" reicht von "jemand, der einfach nur bratzig die Diskussion zerstören will " bis "jemand, der rücksichtslos provoziert, um festgefahrene Denkweise aufzubrechen und damit möglicherweise am Ende die Diskussion oder einzelne Teilnehmer weiterzubringen". Ich bin versichere dir, dass ich mich da nicht wiederfinde und bin leicht beunruhigt, dass das deine best case - Einschätzung ist. Was ist denn der worst case??
Ich fand die Ergebnisse für unsere Welt, jedenfalls das Mittelalter, auch kaum überzogen. Damals war es halt scheisse. Aber egal, ich bin glaube ich mit dem Punkt Realismus zu weit in eine Richtung gerannt. Man kann ja auch eine völlig fremdartige Welt nehmen und für die viele Regeln erfinden. Die meisten RPGs machen das nicht, weil es für viele Spieler eben schwerer ist sich in das Leben einer siliziumbasierten Hydrox-Intelligenzengruppe einzufinden, die mit Pseudoarithmetik die Kartonombrücke untersucht, als zu sagen "Ok, Tolkien, aber es gibt zwölf Götter."
Ich beziehe Realismus übrigens immer auf die bekannte reale Welt, für die getreue Abbildung einer völlig fiktiven Welt würde ich irgendwie auf andere Beschreibungen zurückgreifen, damit man das nicht durcheinander bringen. Für viele Regeln der echten Welt hat ja jeder ein ganz gutes Gefühl, bei einem fiktiven Setting erstmal fast keines, außer es borgt von der realen Realität.

Zum Thema Helden: Ich meinte das eher als Funktion, und gerade nicht etwas das sich durch regelhafte Abbildung einer bestimmten Spielwelt ergeben muss (aber kann, siehe Moorcock).
« Letzte Änderung: 8.11.2015 | 16:03 von KhornedBeef »
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Re: Das leidige Paradoxon des System-Designs
« Antwort #39 am: 8.11.2015 | 17:41 »
Ob die genannten Punkte wirklich ein Problem sind, hängt mehr mit den eigenen Ansprüchen und Vorlieben zusammen.

Mein Anspruch ist primär, dass die Spielwelt mit ihren Mechaniken konsistent ist und das ganze über relativ schlanke Mechaniken abgewickelt wird. Andere erreichen das mit einem tabletopartiken Simulationsansatz bei denen Spielfiguren zusammen mit Aufbauten benutzt werden - nicht mein Ding, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich viel streiten.

Und ich Spiele gerne Charaktere mit dem Heldenbonus (Ad&d, Exalted), aber es macht auch Spaß eher durchschnittliche Typen zu spielen, die außerordentliche Ereignisse geworfen werden (UA, CoC).

Vermutlich gibt es da keinen "richtigen" allgemeinen Weg, allenfalls kann man darüber diskutieren wer den "besseren" Geschmack hat.