Autor Thema: Rollenspielsysteme mit „Erzählrechten“ für Spieler auf Metaebene  (Gelesen 20008 mal)

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Offline Bad Horse

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Da muss ich Rumpel zustimmen. Das klingt nicht nach Fiasko, sondern eher nach "Es gibt ein Mysterium, und die Spieler müssen es lösen". In jeder Fiasko-Runde, die ich bisher gespielt habe, hätte übrigens ein anderer Spieler deinen Vater übernommen - seinen eigenen Charakter und eine für diesen bedeutsame Person gleichzeitig selbst in einer Szene zu spielen hätte ich nie gemacht. NSCs sind bei Fiasko eigentlich für alle da. 
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline Nick-Nack

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Man könnte also sagen, dass Erzählrechte kein Problem für eine investigative Herausforderung sind, solange der Fall eben nicht gemeinsam entsteht, sondern das Erzählrecht der Spieler(innen) Marginalien betrifft. Wie etwa, welches Auto ihr SC besitzt oder ob er/sie eine Person wie den Polizisten aus meinem Beispiel kennt. Den objektiven Rahmen der Herausforderung selbst dürfen sie nicht verändern.
Sehe ich auch in etwa so: Je mehr die Erzählrechte in den Fall eingreifen, desto schwieriger wird es, ihn konsequent lösbar zu gestalten. Für mich ist es insgesamt ein fließender Übergang. Wenn z.B. zwei der Spieler gemeinsam an dem Fall werkeln und ein dritter ihn löst, hat sich meiner Ansicht nach noch nicht viel geändert. Aber je mehr Spieler mitreden, desto höher das Risiko, dass es zu nicht mehr auflösbaren Widersprüchen kommt.
Tatsächlich habe ich auch schon Runden gespielt, in denen gemeinsam Geheimnisse entwickelt und gelöst wurden, aber diese sind als Beispiel etwas problematischer, weil sie gezwungenermaßen auch Improvisation enthalten - und damit würden wir die Diskussion über Mysterien mit Erzählrechten und Mysterien mit Improvisation unnötig vermischen.

Hm, dein Fiasco-Beispiel hakt an ein paar Punkten.
Erstens hat es gar nicht viel mit Erzählrechten zu tun, die über die im "klassischen" RSP hinausgehen - da hat ja in der Regel auch der Spieler das "Recht", durchaus auch insgeheim die Motivation seines Charakters und seine Vorgeschichte festzulegen und dann entsprechend zu spielen.
Das Beispiel geht deutlich über eine Festlegung der Vorgeschichte hinaus.
Zitat
Das von dir beschriebene Mysterium hättest du ganz ohne Erzählrechtsregeln so wahrscheinlich auch nach DSA-Regeln aufbauen können.
Ja, genau das ist ja meine Aussage: Mysterien klappen mit (bestimmten) Erzählrechten genauso gut wie ohne ;-)
Dein Problem hier (und auch in deiner folgenden Argumentation) ist, dass Dein Bild von Erzählrechten unvollständig ist. Du erkennst nur einen kleinen Teil dessen, was Erzählrechte sein können, wirklich als Erzählrecht an. Vermutlich stimmt für deine engergefasste Definition von Erzählrechten sogar, dass dort keine lösbaren Mysterien spielbar sind - aber die Definition umfasst nunmal nict alles, was Erzählrechte sein können.

Zitat
Zweitens ist das von dir beschriebene Mysterium eben kein im klassischen Sinne lösbarer Fall, weil es sich nicht um ein rekonstruierbares Ereignis handelt, sondern in erster Linie um die geheime Motivation von zwei Figuren.
Jetzt bin ich sehr gespannt, was deine Definition von einem "Mysterium" ist :)

Zitat
Drittens (und eher am Rande) habe ich den Eindruck, dass dein Beispiel eigentlich gegen die Philosophie hinter Fiasco verstößt. Eigentlich leitet einen das Spiel ja dazu an, jede Idee - auch und gerade bezüglich des Innenlebens der Charaktere, nicht umsonst werden die Drives auf Karteikarten geschrieben und offen auf den Tisch gelegt - sofort in die Runde zu geben und damit auch zur allgemeinen Verwendung freizugeben.
Öh, nein? Wie kommst Du darauf? oO
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Öh, nein? Wie kommst Du darauf? oO

Weil überall im Regelwerk steht, dass man das gemeinsam macht? Zur Ausgestaltung einer guten Szene: "Idealerweise sollten alle Mitspieler involviert sein und ihre Ideen einbringen." Es wird immer davon gesprochen, Dinge gemeinsam auszugestalten.

...aber das führt wohl zu weit.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Weil überall im Regelwerk steht, dass man das gemeinsam macht? Zur Ausgestaltung einer guten Szene: "Idealerweise sollten alle Mitspieler involviert sein und ihre Ideen einbringen." Es wird immer davon gesprochen, Dinge gemeinsam auszugestalten.
Dass alle ihre Ideen einbringen heißt doch noch lange nicht, dass niemand Geheimnisse hat? oO

Zitat
...aber das führt wohl zu weit.
Da hast Du recht - es geht ja nicht darum, was die einzig wahre Art ist, Fiasco zu spielen™, sondern um ein Beispiel für Erzählrechte ;-)

Back to topic.
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Dein Problem hier (und auch in deiner folgenden Argumentation) ist, dass Dein Bild von Erzählrechten unvollständig ist. Du erkennst nur einen kleinen Teil dessen, was Erzählrechte sein können, wirklich als Erzählrecht an. Vermutlich stimmt für deine engergefasste Definition von Erzählrechten sogar, dass dort keine lösbaren Mysterien spielbar sind - aber die Definition umfasst nunmal nict alles, was Erzählrechte sein können.

Ich habe ehrlich gesagt eher den Eindruck, dass du Erzählrechte für Spieler sehr eng definierst und deshalb nicht siehst, an welchem Punkt sie (wenn man sie etwas weiter definiert) mit herausforderungsorientiertem Ermittlungsspiel in Konflikt treten.

OT:
Was Fiasco betrifft: Ich würde dir dazu raten, mal eine "offene" Runde damit zu probieren - ich glaube, wenn ihr z.B. mit verdeckten Drives spielt, entgeht euch viel, was dieses Spiel zu bieten habt.

Offline Nick-Nack

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Ich habe ehrlich gesagt eher den Eindruck, dass du Erzählrechte für Spieler sehr eng definierst und deshalb nicht siehst, an welchem Punkt sie (wenn man sie etwas weiter definiert) mit herausforderungsorientiertem Ermittlungsspiel in Konflikt treten.
Dann bin ich jetzt auch mal gespannt, was denn Deine Definition ist, und was du als meine, engere Definition vermutest :-)

Zitat
OT:
Was Fiasco betrifft: Ich würde dir dazu raten, mal eine "offene" Runde damit zu probieren - ich glaube, wenn ihr z.B. mit verdeckten Drives spielt, entgeht euch viel, was dieses Spiel zu bieten habt.
Keine Sorge, ich habe Fiasko schon auf alle erdenklichen Arten gespielt ;-)
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Dann bin ich jetzt auch mal gespannt, was denn Deine Definition ist, und was du als meine, engere Definition vermutest :-)


Ich gehe jetzt nach deinem Fiasco-Beispiel, und da fasst du unter Erzählrechten für Spieler das, was die meisten Spieler auch in den meisten traditionellen Rollenspielen bekommen - die Hoheit über ihren Charakter, dessen Backstory und manchmal auch sein unmittelbares Umfeld.
Ich würde darunter beispielsweise in Fiasco auch verstehen, dass ein anderer Spieler eine Innenschau deines Vaters erzählen dürfte, die dann eventuell mit deinem Mysterium kollidiert. Wie gesagt, der Fall, dass es dazu kommt, ist bei dem Beispiel relativ unwahrscheinlich. Wenn es aber um eine Krimihandlung mit vorher festgelegter, zu enträtselnder Ereignisfolge geht, dann ist es durchaus sehr wahrscheinlich, dass Widersprüche entstehen, wenn ein Spieler, der den Hintergrund nicht kennt, neue Fakten über die Spielwelt und die Geschichte festlegt (siehe mein Beispiel um den Sohn des Grafen).

Was du in deinem Fiasco-Beispiel beschreibst, fällt für mich natürlich durchaus unter "Erzählrechte"; aber eben noch deutlich mehr, und da kommt dann der Konflikt zum spezifischen Fall "Herausforderungsorientiertes Ermittlungsabenteuer".

Offline Nick-Nack

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Was du in deinem Fiasco-Beispiel beschreibst, fällt für mich natürlich durchaus unter "Erzählrechte"; aber eben noch deutlich mehr, und da kommt dann der Konflikt zum spezifischen Fall "Herausforderungsorientiertes Ermittlungsabenteuer".
Super, dann sind wir uns ja auch einig: Mysterien sind mit Erzählrechten machbar, aber je mehr die Erzählrechte in den Fall eingreifen, desto schwieriger wird es, ihn konsequent lösbar zu gestalten.
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Ucalegon

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Super, dann sind wir uns ja auch einig: Mysterien sind mit Erzählrechten machbar, aber je mehr die Erzählrechte in den Fall eingreifen, desto schwieriger wird es, ihn konsequent lösbar zu gestalten.

Nur der Vollständigkeit halber: Ich sehe da immer noch keinen fließenden Übergang oder so. Greifen die Erzählrechte derjenigen, die das Ding lösen sollen, irgendwie in den Fall ein, dann war es das mit dem objektiven Rahmen und der "Lösbarkeit". 


Offline Nick-Nack

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Nur der Vollständigkeit halber: Ich sehe da immer noch keinen fließenden Übergang oder so. Greifen die Erzählrechte derjenigen, die das Ding lösen sollen, irgendwie in den Fall ein, dann war es das mit dem objektiven Rahmen und der "Lösbarkeit".
Das heißt, wenn der Fall in einem Café spielt und die Erzählrechte die Farbe der Stühle ändern, dann war es das? Nein, außer in ganz wenigen Fällen nicht.
Es geht also nicht darum, ob sie irgendwie in dne Fall eingreifen, sondern nur darum, wenn sie entscheidende Hinweise so verändern, dass die logische Kette an Schlussfolgerungen nicht mehr hält.
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Das heißt, wenn der Fall in einem Café spielt und die Erzählrechte die Farbe der Stühle ändern, dann war es das? Nein, außer in ganz wenigen Fällen nicht.
Es geht also nicht darum, ob sie irgendwie in dne Fall eingreifen, sondern nur darum, wenn sie entscheidende Hinweise so verändern, dass die logische Kette an Schlussfolgerungen nicht mehr hält.

Im Zweifel würde ich den Fall eher weit definieren, um auf der sicheren Seite zu sein, aber Dinge wie die Farbe der Cafestühle fallen natürlich in den Bereich der Marginalia, wie ich weiter oben geschrieben habe.

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Wenn mir aber jemand erzählt "wir spielen mit Erzählrechten für Spieler auf Metaebene" und dann darf ich grad mal die Farbe der Stühle definieren? Dann fühle ich mich ganz schön verarscht.

Da ist es vermutlich besser, das Etikett "Erzählrecht" abzuschrauben und "herausforderungsorientiertes Mystery-Abenteuer" draufzuschreiben.
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Im Zweifel würde ich den Fall eher weit definieren, um auf der sicheren Seite zu sein[...]
Das klingt jetzt aber schon mehr nach "fließendem Übergang" als nach klarer Grenze ;-)
Bisher hatte ich vielleicht einfach das "Glück" dass bei meinen Spielen nie die Setzungen eines Spielers irgendwelche Mysterien zerstört haben, obwohl wir mit weitaus weitreichenderen Erzählrechten gespielt haben. Aber wie gesagt, ich verstehe durchaus, dass das dann nicht in jeder Runde funktionieren muss :)
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Wenn mir aber jemand erzählt "wir spielen mit Erzählrechten für Spieler auf Metaebene" und dann darf ich grad mal die Farbe der Stühle definieren? Dann fühle ich mich ganz schön verarscht.

Da ist es vermutlich besser, das Etikett "Erzählrecht" abzuschrauben und "herausforderungsorientiertes Mystery-Abenteuer" draufzuschreiben.

Eben. Wahrscheinlich ist es ja in klassischen Runden auch nicht unüblich, dass solche Kleinigkeiten gerne mal von den Spieler(innen) beschrieben oder zumindest vorgeschlagen werden.

Das klingt jetzt aber schon mehr nach "fließendem Übergang" als nach klarer Grenze ;-)

Nein, tut mir Leid  ;)

Offline Viral

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heidenei da hat ja meine Frage etwas mehr Diskussion ausgelöst als gedacht.

Ich hatte mir zwischendrin auch mal gedacht, dass beispielsweise bei der Auflösung eines Mordfalls es schwierig werden kann. Wenn die einen Spieler sich den Butler als Täter hinerzählen und die anderen Spieler den Gärtner ... und der SL (sollte es denn einen geben) eigentlich an die Ehefrau dachte und entsprechende Infos gestreut hat. Da wird die Spielwelt dann für meinen Geschmack zu inkonsistent.


Offline Nick-Nack

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Nein, tut mir Leid  ;)
Doch, und mir tut es nicht leid ;-)

Ich hatte mir zwischendrin auch mal gedacht, dass beispielsweise bei der Auflösung eines Mordfalls es schwierig werden kann. Wenn die einen Spieler sich den Butler als Täter hinerzählen und die anderen Spieler den Gärtner ... und der SL (sollte es denn einen geben) eigentlich an die Ehefrau dachte und entsprechende Infos gestreut hat. Da wird die Spielwelt dann für meinen Geschmack zu inkonsistent.
Ja, genau so ist es auch. Zwar nicht unmöglich, aber wenn ich herausforderungsorientiert mit vielen Erzählrechten einen Kriminalfall lösen will, dann suche ich mir die Spieler davor ziemlich genau aus.
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Für mich persönlich und den Runden, die ich leite, machen solche Erzählrechte keinen Sinn.

Eine abgewandelte Form dieser Erzählrechte wäre für mich evtl. sinnvoll. Und zwar, wenn Spieler sich über einen solchen Mechanismus Hinweise auf einen Täter einkaufen können. Es ist z. B. total blöd, wenn alle Spieler rumrätseln und auf einen Täter nicht kommen, nur weil sie einen "Suchen-Wurf" versaut haben. Ich meine sowas hat z. B. Trail of Cthulhu im Angebot.

Offline bobibob bobsen

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Zitat
Wenn die einen Spieler sich den Butler als Täter hinerzählen und die anderen Spieler den Gärtner ... und der SL (sollte es denn einen geben) eigentlich an die Ehefrau dachte und entsprechende Infos gestreut hat. Da wird die Spielwelt dann für meinen Geschmack zu inkonsistent.

Wieso? Beide waren es im Auftrag der Ehefrau.

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Für mich persönlich und den Runden, die ich leite, machen solche Erzählrechte keinen Sinn.

Eine abgewandelte Form dieser Erzählrechte wäre für mich evtl. sinnvoll. Und zwar, wenn Spieler sich über einen solchen Mechanismus Hinweise auf einen Täter einkaufen können. Es ist z. B. total blöd, wenn alle Spieler rumrätseln und auf einen Täter nicht kommen, nur weil sie einen "Suchen-Wurf" versaut haben. Ich meine sowas hat z. B. Trail of Cthulhu im Angebot.

Trail of Cthulhu nutzt das Gumshoe-System. Gumshoe wirbt ja vor allem genau mit deinem Negativbeispiel. Allerdings hat das nicht unbedingt etwas mit Erzählrechten zu tun, sondern eher mit der (schnelleren) Auflösung von sackgassenähnlichen Situationen.
Allerdings schwindelt Gumshoe auch bei der eigenen Werbung. Die tun nämlich so, als wäre jedes Nicht-Gumshoe-System total dysfunktional _und_ die spielende Runde käme deshalb in solchen Situationen (Wahrnehmungswurf nicht geschafft) nicht mehr weiter. Da lügen die sich zu eigenen Gunsten mal gerne in die Tasche, denn Runden, die tatsächlich an solchen Situationen scheitern, sind in der Regeln einfach schlecht organisierte Runden, ohne das das viel mit dem System zu tun hat. Welcher SL lässt einen denn schon stundenlang im Schuppen des Gärtners ohne Ergebnis rumsuchen? Meiner Meinung nach nur ein schlechter.
Ist ja hier nicht das Thema. Wollte nur sagen, dass der Ansatz von Gumshoe ein etwas anderer ist als explizit Erzählrechte.

Ansonsten sehe ich aber bei all meiner Liebe zu ausgeglichenen Erzählrechten am Spieltisch das Problem bei investigativen Spielsituationen oder Abenteuern. Da muss man sich schon vorher genau abgestimmt haben. Ich glaube, dass manche Spieler eben genau den Kick der Spannung suchen, einen Mordfall auch als Spieler selbst und nicht nur für die Spielfigur aufzulösen. Und genau für diese Art von Spielern können erweiterte Erzählrechte dann eine Spaßbremse sein.
ehrenamtlicher Dienstleistungsrollenspieler

Mein größenwahnsinniges Projekt - Eine DSA-Großkampagne mit einem Haufen alter Abenteuer bis zur Borbaradkampagne:
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Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
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Ansonsten sehe ich aber bei all meiner Liebe zu ausgeglichenen Erzählrechten am Spieltisch das Problem bei investigativen Spielsituationen oder Abenteuern. Da muss man sich schon vorher genau abgestimmt haben. Ich glaube, dass manche Spieler eben genau den Kick der Spannung suchen, einen Mordfall auch als Spieler selbst und nicht nur für die Spielfigur aufzulösen. Und genau für diese Art von Spielern können erweiterte Erzählrechte dann eine Spaßbremse sein.

Denke ich auch. Man könnte das eventuell mit dem Lieblingskapitel vieler Rollenspielsysteme vergleichen, nämlich den Kampfregeln (;D) -- da sind die Geschmäcker in Bezug darauf, wie viel man "selber machen" will und wie weit die Regeln automatisch einfach funktionieren sollen, damit sich Spieler und SL nicht mehr Mühe als nötig machen müssen, ja auch verschieden. Will ich beispielsweise ein System mit vielen taktischen Optionen, zwischen denen ich mich dann nach Belieben entscheiden kann (aber eben auch muß), oder doch lieber ein "<würfel> Treffer, Schaden, jo, paßt schon"?

Interessanterweise scheinen Extremfälle der Art "Okay, da sind ein Dutzend Gegner, würfelt mal kurz auf Kämpfen, ob ihr gewinnt oder verliert" in diesem Bereich gar nicht so besonders beliebt zu sein. ;) Das wäre dann also beispielsweise ein Gebiet, auf dem ein gewisses Minimum an direkter Beteiligung der Spieler -- nicht nur der Charaktere, die von Kampf und Taktik und was nicht allem ja durchaus mehr Ahnung haben können als ihre Gegenstücke am Spieltisch! -- anscheinend als ganz selbstverständlicherweise erforderlich vorausgesetzt wird.

Offline Arkam

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Hallo zusammen,

also ich kenne bisher nur kleine Erzählrechte in traditionellen Rollenspieln. Man kann also etwa in der Kneipe den Kronleuchter oder die Seile mit Deko oder hinter der Theke den Prügel des Barmanns hinzu erzählen. Also Dinge die durchaus an einem Ort vorhanden sein können und über die ansonsten die Spielleitung per Wurf oder nach eigenem Gutdünken entscheiden würde.
Das sind natürlich normalerweise Dinge die der Spieler dann nutzt um seinen Charakter Spieloptionen zu eröffnen. Entsprechend muss man normalerweise auch eine Ressource ausgeben um das tun zu können.

Starke Erzählrechte, also etwa das Bestimmen des Täters in einem Mordfall oder eines komplett neuen Abenteuerteils, habe ich bei einem traditionellen System noch nicht erlebt. Gibt es die tatsächlich? Oder ist das eine streng theoretische Diskussion?

Mit starken Erzählrechten kann ich mir Mysterie oder Detekticabenteuer nur auf einem gewissen Niveau vorstellen. Sherlock Holmes Abenteuer würden nicht funktionieren. Hier könnte nämlich die kleinste Änderung die Beweiskette und den ermittelten Täter ändern. Mysterie mit detailliert ausgearbeiteten Organisationen sehe ich auch als schwierig an. Denn je mehr Details schon fest gelegt sind und in der geschichte eine Rolle spielen umso eher verändern starke Erzählrechte ein entscheidendes Detail.
Krimis auf TV Niveau sehe ich als problemlos an. Jeder Spieler erhält eine definierte Rolle die ihm gewisse Erzählrechte bringt. Der Pathologe etwa darf festlegen welche Tatwaffe benutzt wurde und wann der Mord begangen wurde. Die Psycholgin darf einer verdächtigen Person ein dunkles Geheimniss zuschustern. Der Chef darf die Verbindung zu einer bedeutenden Person hinzu erzählen. Der Mann fürs Grobe darf entweder das organisierte Verbrechen oder einen groben Klotz, die Kerle die soviele Feinde haben und so unsympathisch sind das sie als erstes verdächtigt werden hinzu erzählen. Die Spurensicherung darf darüber entscheiden ob Stoffaser oder Fingerabdrücke zu finden sind und zu wem sie passen.

Gruß Jochen
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Offline 1of3

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Starke Erzählrechte, also etwa das Bestimmen des Täters in einem Mordfall oder eines komplett neuen Abenteuerteils, habe ich bei einem traditionellen System noch nicht erlebt. Gibt es die tatsächlich?

Ein traditionelles Spiel mit nicht traditionellen Regeln ist wohl sowas wie ein schwarzer Schimmel, scheint mir.

Für so ein Ermittlerserien-Spiel hatte Nördmännchen mal gechallenged.

Offline YY

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Interessanterweise scheinen Extremfälle der Art "Okay, da sind ein Dutzend Gegner, würfelt mal kurz auf Kämpfen, ob ihr gewinnt oder verliert" in diesem Bereich gar nicht so besonders beliebt zu sein. ;) Das wäre dann also beispielsweise ein Gebiet, auf dem ein gewisses Minimum an direkter Beteiligung der Spieler -- nicht nur der Charaktere, die von Kampf und Taktik und was nicht allem ja durchaus mehr Ahnung haben können als ihre Gegenstücke am Spieltisch! -- anscheinend als ganz selbstverständlicherweise erforderlich vorausgesetzt wird.

So selbstverständlich ist das gar nicht (mehr).

Gerade Systeme mit einheitlichen Regeln für alles ziehen Spieler an, die das ganz entschieden nicht so sehen.

Starke Erzählrechte, also etwa das Bestimmen des Täters in einem Mordfall oder eines komplett neuen Abenteuerteils, habe ich bei einem traditionellen System noch nicht erlebt. Gibt es die tatsächlich?

Wie gerade gesagt:
In traditionellen Systemen nicht, woanders schon.

Da es aber viele traditionelle Systeme gibt, die diese Dinge schlicht überhaupt gar nicht ansprechen und für die meisten Spielstile und ein funktionierendes Spiel auch nicht auf ihre Abwesenheit angewiesen sind, kann man das für bestimmte Bereiche durchaus einbringen und das kann funktionieren. Da steht dann nur nichts drüber im Regelwerk  ;)
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Arkam

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Hallo zusammen,

ich wollte keinen schwarzen Schimmel. Ich wollte aber eine Grundsatzdiskussion darüberw welche Spiele noch Rollenspiele sind und welöche nicht verhindern.
Fiasko etwa wurde hier ja als System mit starken Erzählrechten aufgeführt. Das Spiel unterscheidet sich aber nach der Beschreibung deutlich von einem traditionellen Rollenspiel.
Aber viele Probleme die hier bei starken Erzählrechten aufgeführt werden klingen für mich sehr danach als würde ein traditionelles Spiel voraus gesetzt.

Wenn es wie YY schreibt keine traditionellen Rollenspiele mit starken Erzählrechten gibt würde mich interessieren was es denn an Spezialsystemen gibt? Natürlich wäre dann auch interessant ob diese Spezialisten Probleme mit starken Erzählrechten haben und wo diese liegen.

Gruß Jochen
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Offline Thandbar

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Also in den Systemen, die von Apocalypse World abstammen, ist es ja eher so, dass das Erzählrecht quasi ausgewürfelt wird. Wenn der Wurf gut war, darf ich etwas erzählen oder gezielte Fragen stellen, wenn es schlecht läuft, darf der Spielleiter erzählen, was er will.
Es gibt dabei keine Gummipunkte, und der Begriff "Metaebene" führt da, glaube ich, auch in die Irre. Man bleibt viel mehr immer auf derselben Ebene der Fiktion.
Ich mag das selber auch lieber als den Fate-Ansatz mit den Gummipunkten.
"Du wirst direkt in diesem Moment von einer Zilliarde grünkarierter Kakerlakeneinhörner in Tweedanzügen umzingelt, die mit Fallschirmen aus gebeiztem Vanillepudding aus der nächstgelegenen Dattelpalme springen und dich zu ihrer Avonberaterin krönen - und die Krone ist aus Dr. Frankensteins bösartig mutiertem Killernougat! Streich dir 78000 Hirnschadenspunkte ab und mach sofort eine Jodelimprovisation!"