Autor Thema: [Empfehlt mir] Systeme, die Persönlichkeit berücksichtigen  (Gelesen 3784 mal)

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Offline pharyon

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Hallo liebe Tanelornende,

HEXer hat hier einen für mich interessanten Faden eröffnet. Außer FATE und Fading Suns fällt mir aber kein Spiel ein, dass Persönlichkeitsmerkmale beim Spielen berücksichtigt. Klar, viele bringen Persönlichkeitsmerkmale als Vor- oder Nachteil ein, aber einen zentralen Mechanismus wie beispielsweise Aspekte oder Attribute in dieser Art ist mir nur selten (siehe Bsp. oben) aufgefallen. Vielleicht noch Exalted, wo die Tugenden in diese Richtung gehen.

Daher meine Bitte: empfehlt mir Systeme, die Persönlichkeitsmerkmale mit Mechanismen für das Ausspielen versehen, so dass diese zumindest einen sehr wichtigen, wenn nicht gar zentralen Bestandteil am Spiel haben. Als Persönlichkeitsmerkmale verstehe ich z.B. Extraversion, emotionale Stabilität, gerne können wir auch Tugenden oder Laster mit einbeziehen. Wichtig ist für mich nur, dass diese Bestandteile nicht aussagen, wie gut ein SC etwas macht, sondern wie sehr er/sie "motiviert/gedrängt" ist, etwas zu machen bzw. sich die Eigenschaft anderweitig einbringt.

Ich bin gespannt...

p^^
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Offline Rhylthar

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D&D 5E kennt ja den klassischen Charisma-Check. CHA ist für mich zumindest auch ein Wert, der die Persönlichkeit, wie sie hier wohl gemeint ist, eines Charakters definiert.

Mehr noch ist dies aber bei den Personality Traits (Ideals, Bonds, Flaws) zu erkennen. Beim Ausspielen dieser Traits kann vom DM Inspiration vergeben werden, welche in Form eines (Zusatz-)Würfels im Spiel direkt anwendbar ist.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline pharyon

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Danke schön.

Charisma ist in der Tat, für mich, eine Annäherung an einen Persönlichkeitswert, in gewissem Maße aber Weisheit auch, Intelligenz ein wenig. In einigen Büchern (ich glaube, Star Wars SAGA) habe ich empfehlungen gelesen, wie man unterschiedliche Werte bei CHA, INT, WEI ausspielen "kann". Allerdings sagen mir diese Werte - für meinen Geschmack - noch zu wenig über die jeweilige Ausprägung der Persönlichkeit aus.

p^^
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Offline Chiarina

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In Ars Magica gibt es personality traits. Vielleicht nicht gerade DER zentrale Spielmechanismus, aber es gibt sie, sie spiegeln den Charakter wider und wenn man will, kann man auch Würfe darauf machen, die bestimmte Verhaltensweisen nach sich ziehen. Personality traits werden noch etwas interessanter, wenn sie modifiziert werden: wenn man beispielsweise eine infernalische Aura betritt, in der Charaktere für die Zeit ihres Aufenthaltes das personality trait "geizig+1" annehmen. Diabolisten können solche Auren mit etwas Mühe sogar selbst erzeugen. Und andersherum geht das auch: Es gibt eine Abenteueridee in einem Quellenband, in dem ein Erzbischof seinem gesamtes Erzbistum das personality trait "vorsichtig+1" verleiht. Das hat zur Folge, dass die komischen Zauberer zunehmend Schwierigkeiten haben, mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen.

In Pendragon kenne ich mich nicht gut aus. Soviel ich weiß, gibt es da aber den kompletten ritterlichen Tugendkatalog, den die verschiedenen Charaktere in unterschiedlicher Ausprägung besitzen können.
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Offline Crimson King

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Pendragon und A Dirty World machen das sehr konsequent. DSA 3 hat negative Charaktereigenschaften, die durchgängig Persönlichkeitsmerkmale darstellen. PDQ erlaubt die freie Wahl von Stärken, man kann also auch Persönlichkeitsmerkmale als Stärken wählen. oWoD, 7te See, Agone, Kult und viele andere Systeme erlauben es, Persönlichkeitsmerkmale als Vor- oder Nachteile zu wählen. FATE, oWoD, Savage Worlds, Ubiquityl 7te See und viele andere erlauben es, durch geeignetes Ausspielen negativer Persönlichkeitsmerkmale Gummipunkte zu generieren.

Wenn man nicht gerade DnD spielt, gibt es so gut wie immer eine Verankerung von Persönlichkeitsmerkmalen im Regelwerk.
« Letzte Änderung: 7.12.2015 | 07:52 von Crimson King »
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J.W. von Goethe

Offline Hotzenplot

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PDQ# würde ich noch nennen. Es gibt eine Forte namens Motivation, die stark von der Persönlichkeit des (N)SC abhängig sein kann (aber nicht muss). Außerdem kann man auch die sonstigen Stärken (die bei PDQ# frei wählbar sind) auf die Persönlichkeit beziehen.

Edit: CK war schneller. Und ja, A Dirty World ist zumindest von den mir gespielten Systemen dasjenige, was die Persönlichkeit am stärksten in den Vordergrund rückt. Hatte ich ganz vergessen.

« Letzte Änderung: 7.12.2015 | 08:41 von Hotzenplotz »
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Offline KhornedBeef

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In irgendeinem Rollenspiel habe ich mal gesehen, dass man Reflexhandlungen festlegt, d.h. in bestimmten Situationen reagiert die Spielfigur sozusagen ohne dass der Spieler das auslösen muss (und damit auch schneller). Burning Wheel? Woanders? Keine Ahnung, aber das finde ich ein gutes Beispiel. Man gibt zwar ein wenig Rollenspielfreiheit ab, aber bekommt dadurch neben dem kleinen Vorteil auch in aller Regel interessante Situationen, ohne dass man sich die aus spielerischen Erwägungen vielleicht verkneifen könnte.
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Offline blut_und_glas

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Wenn man nicht gerade DnD spielt, gibt es so gut wie immer eine Verankerung von Persönlichkeitsmerkmalen im Regelwerk.

Und D&D siehe oben bei Rhylthar. ;)

Sowohl Unknown Armies als auch Blue Planet machen das in meinen Augen, wenn auch auf sehr verschiedene Art und Weise, auch zu wichtigen Bestandteilen.
Bei Unknown Armies fließt Persönlichkeit und Stress-/Geisteszustandsverwaltung sowie Magie ineinander, Persönlichkeitsmerkmale müssen verpflichtend gewählt werden (sind aber innerhalb ihrer Kategorien frei) und können für den Erhalt signifikanter Vorteile bei Proben eingesetzt werden.
Bei Blue Planet ist die Erstellung eines Charakterprofils ebenfalls verpflichtend, wobei seine Elemente aus geschlossenen Listen stammen. Das Profil ist mit der Vergabe von Erfahrungspunkten gekoppelt. Dazu kommt - das ist allerdings eventuell nur mein persönliches Steckenpferd -, dass es aus Elementen zusammengesetzt ist, die die politische Dimension des Spiels sehr gut unterstützen, da sie sehr stark auf Motive und Ziele abgestellt sind.

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eldaen

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Cosmic Patrol!

Es fasst die Persönlichkeitsmerkmale allerdings nicht in Form abstrakter Begriffe, sondern ganz konkret in eine Reihe kurze Zitate des Charakters, auf Basis derer man seine nächste Handlung beschreibt. Jedes Mal, wenn man dran ist, wirft man einen Blick auf seine "Cues" sucht sich den aus, der am ehesten passt, und dann erzählt man, was man tut. Besonders unterhaltsame oder charakterentsprechende Handlungen geben Gummipunkte, die man hinterher für Boni oder zum einführen von Fakten nutzen kann. Kein gehampel mit Extra Regeln, kein Schnickschnack - einfach eine Technik, die das Charakterspiel fördert. Die Gummipunkte sind da sekundär, da ja Charakterspiel seine eigene Belohnung sein sollte...

Hier ein Beispiel eines Charakterbogens:



Ganz oben am Rand die Werte, die beschreiben, wie gut der Charakter etwas kann, ganz unten die Werte für Kampf - in der Mitte der große zentrale, hervorgehobene Raum dafür, wer der Charakter ist, und was er tut und warum. Geht doch!

Und im ernst: bei D&D und Konsorten sind solche rudimentären Mechanismen doch lediglich dem Erfolg der Inide RPGs geschuldet und bestenfalls ein erster Ansatz. Wenn ich schon lese, dass man inspiration nur binär haben kann oder nicht, erledigt sich doch spätestens nach einem Mal Charakterspiel der "Ich-werf-dem-Spieler-einen-Fisch-zu - Effekt völlig. Ähnliches gilt für Bonds und so weiter - wie viel Raum nimmt das denn im Regelwerk ein? 5%? Wow. Ist das dann der Raum, der bei D&D dem Charakterspiel eingeräumt wird?
« Letzte Änderung: 7.12.2015 | 08:57 von HEXer »

Offline Arldwulf

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Und D&D siehe oben bei Rhylthar. ;)

Ja, allerdings existiert so etwas in der 5e eher rudimentär, wenn man so etwas will muss man eher zur 3.5 greifen, wo so etwas über Feats, Flaws & Co. abgebildet wird oder gleich zur 4e wo verschiedene Persönlichkeiten gleich über verschiedene Aktionen abgebildet sind. Charakter A ist vielleicht selbstlos, er kann sich in den Weg einer Klinge werfen, Charakter B nutzt lieber schmutzige Tricks, und Charakter C ist so inspirierend und kann Leute motivieren, dass er sie selbst besser macht alls sie allein wären. Das ganze ist dabei auch nur lose an die Klasse gebunden (welche eigentlichja ebenfalls bereits beschreibend ist), zwei Charaktere der gleichen Klasse können also dennoch verschiedene Merkmale und darauf aufbauend verschiedene Aktionen haben.

Aber auch da ist die Frage wie weit man dies treiben will, ich könnte mir auch Systeme vorstellen die diesen Ansatz noch weiter gehen lassen.

Ucalegon

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Ein Teil der traits in The One Ring, die sog. distinctive features (z.B. determined, forthright, merry) beschreiben die Persönlichkeit eines SC. Skill rolls, bei denen ein trait einem SC zum Vorteil gereicht, sind automatisch Erfolge. Außerdem ermöglichen traits skill rolls in Situationen, in denen eigentlich kein Wurf möglich wäre und helfen beim Verdienen sog. advancement points.

eldaen

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Ein Teil der traits in The One Ring, die sog. distinctive features (z.B. determined, forthright, merry) beschreiben die Persönlichkeit eines SC. Skill rolls, bei denen ein trait einem SC zum Vorteil gereicht, sind automatisch Erfolge. Außerdem ermöglichen traits skill rolls in Situationen, in denen eigentlich kein Wurf möglich wäre und helfen beim Verdienen sog. advancement points.

Was mir bei der Beschreibung gerade auffällt ist, dass wenn man denselben Detail-Level auf die nicht-Charaktereigenschaften anwendete, man lediglich eine kleine Anzahl grober Attribute hätte. Soll heißen: Wenn einem doch solche groben Kriterien für den Charakter des Charakters (also das, was das Drama liefert) reichen, warum reichen sie dann nicht auch für die "Kompetenzen"? Oder andersherum: Warum wird nicht bei den Charaktereigenschaften genauso ins Detail gegangen, wie bei den Kompetenzen?

Offline KhornedBeef

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Was mir bei der Beschreibung gerade auffällt ist, dass wenn man denselben Detail-Level auf die nicht-Charaktereigenschaften anwendete, man lediglich eine kleine Anzahl grober Attribute hätte. Soll heißen: Wenn einem doch solche groben Kriterien für den Charakter des Charakters (also das, was das Drama liefert) reichen, warum reichen sie dann nicht auch für die "Kompetenzen"? Oder andersherum: Warum wird nicht bei den Charaktereigenschaften genauso ins Detail gegangen, wie bei den Kompetenzen?
Weil die Leute dann dauert vergessen, was für einen Charakter sie spielen, und es nachlesen müssen :)
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eldaen

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Ja, richtig - und ohne das erspart man sich wenigstens das Nachlesen, wenn man schon vergisst (oder von Anfang an nicht weiß) was für einen Charakter man spielt... Dein Vertrauen in deine Mitspieler möchte ich haben... Oder aber deine Mitspieler! ;)

Offline Arldwulf

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Der Hauptpunkt dürfte der Fokus in den meisten Systemen darauf sein was außerhalb der Gedankenwelt der Charaktere und im Rahmen tatsächlicher Aktionen geschieht. Basieren diese auf Charaktereigenschaften ist es gut, dann können sie diese transportieren. Das müssen sie aber nicht, sie können auch genausogut darstellen was jemand gelernt oder geübt hat.

Beides kann also ähnliche Mechaniken nutzen, darum ist es auch leicht zu glauben das erstere wäre unberücksichtigt.

eldaen

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Aber das wird beispielsweise durch die Beschreibung der Handlungen auf Basis der oben erwähnten "Cues" ja direkt manifestiert. Und der Umkehrschluss, dass das "schon irgendwie durch die Werte abgedeckt" sei, ist ja auch oft simplizistisch bzw. eine faule Ausrede... Sicher kann das dadurch abgedeckt sein - aber das muss es deswegen noch nicht zwangsläufig und wird schon gar ncht durch das System gefördert. Es passiert eher trotz des Systems, als wegen des Systems.

...Aber wir schweifen glaub ich ab - die Thread-Frage war ja eine andere. Lass uns dass doch in dem anderen Thread weiter diskutierten.

Offline Crimson King

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Was mir bei der Beschreibung gerade auffällt ist, dass wenn man denselben Detail-Level auf die nicht-Charaktereigenschaften anwendete, man lediglich eine kleine Anzahl grober Attribute hätte. Soll heißen: Wenn einem doch solche groben Kriterien für den Charakter des Charakters (also das, was das Drama liefert) reichen, warum reichen sie dann nicht auch für die "Kompetenzen"? Oder andersherum: Warum wird nicht bei den Charaktereigenschaften genauso ins Detail gegangen, wie bei den Kompetenzen?

Weil die Charakterzüge dem Spieler entsprechend bewusst sein sollten. Und weil nicht auf sie gewürfelt wird.

Klassisches Rollenspiel funktioniert nun mal nach dem folgenden Schema:
1. Der Spieler entscheidet, welche Handlungen der Charakter durchführen will, und warum er das macht
2. Der Konfliktauflösungsmechanismus entscheidet, ob und wie gut die Handlung gelingt

Für viele Spieler, so z.B. auch für mich, ist es sehr unangenehm, wenn ich aufgrund von Dingen, die auf meinen Charakterzettel stehen, zu Handlungen gezwungen werde. In 1. liegt nämlich im klassischen Spiel die gesamte Freiheit, die ein Spieler überhaupt hat, und Einschränkungen werden an dieser Stelle von vielen deshalb wohlbegründet abgelehnt.

Mir ist auch nicht ansatzweise klar, wieso ich im klassischen Spiel klar schriftlich definierte Charaktereigenschaften, am Ende noch mit Zahlenwerten, brauchen sollte, um den Charakter auszuspielen. Spiele, die diesen Aspekt in den Vordergrund rücken, wie Pendragon oder A Dirty World, haben von vorneherein einen entsprechenden Ansatz. Es geht dort nicht darum, seinen Charakter frei auszuspielen, sondern darum, zu sehen, wie er sich im Laufe der Geschichte entwickelt.
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J.W. von Goethe

Offline Lichtbringer

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Ich werfe mal Cortex+ in die Runde.

Offline Der Nârr

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Also mir ist nicht klar, warum Vor- und Nachteilssysteme wie DSA oder GURPS, wo man konkrete Würfelzahlen hat auf die man würfeln muss um nicht jähzornig, abergläubisch oder goldgierig zu sein, nicht die Persönlichkeit berücksichtigen. Da ist die Persönlichkeit doch viel härter berücksichtigt als z.B. bei Cosmis Patrol oder Cortex+, wo das mehr so Wischi-Waschi ist.

Ansonsten fällt mir da noch Hyperborea ein. Jeder Charakter hat die gleichen Persönlichkeitseigenschaften unterschiedlich stark ausgeprägt. Dazu gibt es Monde, die diese Werte manipulieren können, eine Mondphase führt zum Beispiel dazu, dass alle ein wenig wolllüstiger werden. Außerdem trägt man normalerweise eine magische Waffe mit eigenem Verstand und die hat dieselben Persönlichkeitseigenschaften. Die treten nun in Konjunktion mit dem Charakter, der die Waffe führt der durch die Waffe auch noch beeinflusst wird.

Im übrigen finde ich den Wischi-Waschi-Ansatz von Cortex+ oder Cosmic Patrol (das Superheldenrollenspiel Valiant Universe RPG nutzt den gleichen Regelkern) angenehmer als die harten Vor-/Nachteilssysteme, weil ich dann den Charakter einfach so spielen kann wie ich gerne möchte (und es auch in klassischen Rollenspielen ohne Aspekte/Cues/Distinctions auf der einen oder Vor/Nachteile auf deren Seite mache). Dieses Verrechnen von Persönlichkeitseigenschaften, das Bewerten und die Punkteschieberei (hm, werde ich mal noch ein wenig jähzornig, damit ich mehr Punkte zum besser zaubern habe) gefällt mir wirklich nicht.
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
In Planung Fate Core, Pendragon

Offline Boba Fett

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Schon Earthdawn hatte so einen Inhalt, wenn man das Quellenbuch "Handbuch für Adepten" mit anwendete.
Dort stehen die Sichtweisen der Adepten recht klar definiert und ein starkes Abweichen zu diesem Verhalten kann eine Talentkrise für den Charakter erzeugen - harte Konsequenz.
Die Passionen als "Gottheiten Äquivalent" und Verkörperung bestimmter Ideale legten auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale für die ihr zugehörigen Questoren fest.

Allerdings hat das kaum jemand eingesetzt, da die Charaktere schon durch die über ihre Talente vermittelten Fähigkeiten sehr stereotyp waren und wenn dann die Persönlichkeiten auch noch vereinheitlicht werden, wäre das wohl zu sehr in Richtung "Abziehbildchen" mutiert.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

eldaen

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Aber setzt sich das auch in Regeln oder zumindest Techniken um, um zu fördern, dass diese Ansichten/Charaktereigenschaften ins Spiel eingebracht werden? Oder ist das eher eine reine Beschreibung?

Offline Boba Fett

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Aber setzt sich das auch in Regeln oder zumindest Techniken um, um zu fördern, dass diese Ansichten/Charaktereigenschaften ins Spiel eingebracht werden? Oder ist das eher eine reine Beschreibung?
Die Talentkrise ist hart verregelt, der Rest ist "Handwedeln".
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Online Selganor [n/a]

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Dann solltest du aber auch Cortex Plus aber auch entsprechend "anmalen", da das System selbst ja erstmal ein form- und farbloser Rohling ist ;D

Zaehlen die Approaches in FAE/Turbo Fate nicht auch noch rein?

So ziemlich jede Aktion wird durch eine der 6 Approaches (Careful, Clever, Flashy, Forceful, Quick, Sneaky) gemacht und wenn jemand z.B. Flashy +3, Forceful +2, Quick +2, Careful +1, Clever +1, Sneaky +0 hat dann weiss ich schon vorher, dass der sich nicht so wirklich eignet um unauffaellig irgendwo reinzugehen ;D
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Offline 1of3

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Unknown Armies setzt das sehr schön um mit der Obsession, den Triggers und den Madness Meters, da kriegst du schon ein ziemlich plastisches Bild von der Persönlichkeit deines Charakters und spielrelevant ist es auch.

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Offline Praion

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Jason Corley