Autor Thema: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.  (Gelesen 23177 mal)

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Offline Erg

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #150 am: 16.02.2016 | 15:22 »
Nur mal zur Klarstellung für mich: Erg, du findest den Ansatz, klassische Rollenspiele und Storygames anhand der verwendeten Mechanismen zu unterscheiden, zumindest interessant? Habe ich das richtig verstanden?

Viele vom Rest finden, dass die vom Blogger verwendeten Kriterien zu dieser Unterscheidung auf jeden Fall mal nicht dienlich sind. Richtig?

Ja und ja (soweit ich das beurteilen kann). Um ersteres näher zu erläutern: eigentlich denke ich, das diese Unterteilung nicht auf Systemebene getroffen werden kann. Es wäre aber recht nützlich, dies tun zu können. Wenn also jemand sagt: "Das kann man", dann ist das auf alle Fälle interessant. Wenn sich dann herausstellt, das der Text diese Aussage aufgrund verschiedener Mängel nicht besonders gut stützt, ist das bedauerlich, aber bedeutet ja nicht, daß der Ansatz nichts wert ist.


Womit du ja meinen Eindruck von deiner Position vollauf bestätigst: Du findest das Anliegen des Alexanders richtig, kannst oder willst aber nicht argumentieren, warum. Andere finden sein Anliegen falsch und machen sich die Mühe, seine Argumente zu untersuchen und herauszufinden, ob sie stichhaltig sind oder nicht.

Biased ist natürlich beides; ich lese aber dann doch lieber ein paar durchdachte Argumente, durch die ein schlecht argumentierter Text durchaus gerne zu Recht diskreditiert werden kann, als die immer gleiche Aussage von dir, dass "eine Differenzierung durch Ausschluss sinnvoll ist", weil du das eben so findest.

Du hast aber schon gelesen, was ich bisher so geschrieben habe ?
Ich habe (Antwort #26) dargelegt, warum 1of3's Kritik weitgehend nicht stichhaltig ist, ich habe in mehreren Beiträgen dargelegt, warum ich eine Begriffsschärfung für sinnvoll halte, und ich habe sogar noch zwei stichhaltige Kritikpunkte bezüglich des Originaltexts angeführt, obwohl es sowohl für meine Argumentation bezüglich der Notwendigkeit der Begriffsschärfung (die diesbezügliche Argumentation des Originaltextes wurde bisher nicht kritisiert, ich sehe auch keinen Ansatzpunkt dafür) als auch für meine Kritik der Kritik keinerlei Bedeutung hat.
Was mich stört, ist, daß Kritik an der technischen Umsetzung eines Ansatzes (obendrein ungerechtfertigte Kritik) zur Begriffsschärfung verwendet wird, um die Idee der Begriffsschärfung an sich zu diskreditieren. Das würde mich auch stören, wenn die Kritik an der technischen Umsetzung stichhaltig wäre (und wie gesagt, eine solche Kritik ist möglich, aber völlig bedeutungslos für die Frage, ob der Begriff unterteilt werden sollte)
Nochmal kurz: Wir nennen nicht alle Dinge einfach "Ding". Es ist nützlich, Dinge, die sich in bestimmten relevanten Aspekten unterscheiden, unterschiedlich zu nennen. Bleibt also die Frage, ob es relevante Unterschiede gibt. Die Diskussionen über Spielstile, die ich hier in der Gegend verfolgt habe, haben bei mir den Eindruck erweckt, es gäbe höchst relevante Unterscheidungen im Bereich des Rollenspiels (relevant bis zur völligen Inkompatibilität). Das ist, vereinfacht, meine Argumentation.

Achamanian

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #151 am: 16.02.2016 | 15:34 »
Was mich stört, ist, daß Kritik an der technischen Umsetzung eines Ansatzes (obendrein ungerechtfertigte Kritik) zur Begriffsschärfung verwendet wird, um die Idee der Begriffsschärfung an sich zu diskreditieren. Das würde mich auch stören, wenn die Kritik an der technischen Umsetzung stichhaltig wäre (und wie gesagt, eine solche Kritik ist möglich, aber völlig bedeutungslos für die Frage, ob der Begriff unterteilt werden sollte)

Das ist ja genau der Punkt: Dich stört das Ergebnis, weil du eben die Abgrenzung, die der Alexandrinian vornimmt, prinzipiell gut findest. Andere finden sie prinzipiell schlecht. Ist beides okay. Aber eine Argumentation für schlecht zu erklären, nur, weil dir das Ergebnis nicht gefällt, ist eben nicht okay.

Und sorry, deinen einzigen Argumentationsversuchen hier kann ich nun wieder absolut nicht folgen. Was die Feststellung "abc wird definiert durch Xyz"nicht = "abc ist gleich xyz" mit der ganzen Diskussion zu tun hat, erschließt sich mir einfach nicht. Wenn einer abc über xyz definiert, um es von def abzugrenzen, das er über uvw definiert, und jemand anders dagegen argumentiert, dass die Überschneidungen zwischen uvw und xyz so groß sind, dass eine Abgrenzung zwischen abc und def anhand dieser Kriterien zumindest schon mal keinen Sinn macht, dann steckt hinter dieser Kritik überhaupt nicht die Behauptung "abc wird definiert durch xyz" sei gleich "abc ist xyz". Insofern geht dieses Gegenargument einfach mal glatt an der Sache vorbei.

Offline D. Athair

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #152 am: 16.02.2016 | 15:46 »
Als Anmerkung:

Womit du ja meinen Eindruck von deiner Position vollauf bestätigst: Du findest das Anliegen des Alexanders richtig, kannst oder willst aber nicht argumentieren, warum. Andere finden sein Anliegen falsch und machen sich die Mühe, seine Argumente zu untersuchen und herauszufinden, ob sie stichhaltig sind oder nicht.
Ich habe jedenfalls versucht darzulegen, warum ich 1of3s-Verriss des Artikels für möglich aber nicht folgerichtig halte. Und im weiteren Verlauf der Diskussion, dass die Argumentationsstruktur des Alexandrian - im Gegensatz zu den Beoabchtungen und Beschreibungsfragmenten auf denen sie aufgesestzt ist - der Beweisführung nicht dienlich ist.
Mit der Zerlegung der Argumentationsstruktur des Artikels allein, ist aber den Hypothesen und Beobachtungen des Artikels nicht wirklungsvoll widersprochen. Die bleiben bestehen selbst wenn die Definitionen und theoretischen Angrenzungsversuche als unzureichend entlarvt wurden.
« Letzte Änderung: 16.02.2016 | 15:51 von Contains a Baran Do Sage »
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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #153 am: 16.02.2016 | 16:08 »
Ich weiß gar nicht, wieso hier einige drauf kommen, dass ich würde mich dagegen verwehren, dass es diese komischen neuartigen Rollenspiele gebe und dass sie sich maßgeblich von den Klassikern unterscheiden. Selbstverständlich gibts die. Stehen bei mir rechterhand im Regal.

Ich kann auch zweifelsfrei Eigenschaften angeben:

a) Sind eher kompakt. Häufig unter 100 Seiten, häufig A5 bzw. das US-Äquivalent.
b) Häufig nur ein sehr vages Setting bzw. ein Satz an Genre-Konventionen. Gelgentlich auch Inhalte, die nicht der phantastischen Literatur entstammen.
c) Wenig Crunch, wenig Zahlen. Allgemein wenig privates Spiel vor dem Spiel.
d) Modifizieren häufig die Aufgaben bzw. die Vorhandenheit der SL weg vom klassischen Standard (wenns sowas gibt). Sind in jedem Fall sehr explizit, was zu tun ist.
e) Relativ genaue Angaben, wie eine Spielsitzung abläuft, was für Charaktere gespielt werden.

Das sind ne ganze Reihe wohl überprüfbarer Kriterien und trotzdem kratzt das nicht mal an der Oberfläche. Ich würde auf eine allgemeine Haltung von "Warum nicht mal genau anders herum?" hinweisen: Würfel auf dem Tisch liegen lassen, eine Probe würfeln, um NIEMANDEN umzubringen, kein Charakterbesitz, man kann das Spiel gewinnen, das Spiel endet, keine Charakterblätter, keine SL, keine Charaktererschaffung usw.

Wir können das ganz allgemein beschreiben: Die Strömung ist Avantgarde. Sie will bzw. wollte Dinge ganz anders machen, als sie bisher waren. Dazu muss man das ganze aber eben als kulturelle Strömung betrachten.


Offline D. Athair

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #154 am: 16.02.2016 | 16:18 »
... kommen wir da nicht zurück zu einer Art "indie"-Begriff, der auch signifikante Teile der OSR einschließt?
Anders gefragt: Was wird dabei gewonnen?
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Offline 1of3

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #155 am: 16.02.2016 | 16:59 »
Also, wenn man an die bloße Aufmachung geht, ja diese Storygames ähneln ja ganz merkwürdig den ersten D&D-Ausgaben. Was sie von der OSR unterscheidet ist aber evident. Die Forge wollte neue Spiele machen. Die OSR war Antwort auf die Forge und alles was vielleicht vage von ihr berührt war; sie wollte zurück zu ursprünglichen Spielen.

Deshalb ist es eben Unfug auf den Inhalt der Produkte zu gucken ohne den Kontext zu beachten, in dem sie entstanden sind.

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #156 am: 16.02.2016 | 20:54 »
Also, wenn man an die bloße Aufmachung geht, ja diese Storygames ähneln ja ganz merkwürdig den ersten D&D-Ausgaben. Was sie von der OSR unterscheidet ist aber evident. Die Forge wollte neue Spiele machen. Die OSR war Antwort auf die Forge und alles was vielleicht vage von ihr berührt war; sie wollte zurück zu ursprünglichen Spielen.

Deshalb ist es eben Unfug auf den Inhalt der Produkte zu gucken ohne den Kontext zu beachten, in dem sie entstanden sind.
Die OSR ist keine Antwort auf Forge, wegen fehlender Berührungspunkte - ~;D - die meisten Mover und Shaker (Also, eigentlich alle DIYler der OSR...  :d) haben einfach die Chance der OGL, verbunden mit Internetblogstechnologie für jeden, genutzt um die einfachen Systeme ihrer Jugend oder ihrer Vorlieben als Grundgerüst zu nehmen, um ihre Ideen frei raufzupflanschen. Womit das mit dem Zurück auch nur bedingt stimmt, denn die OSR ist sehr Facettenreich.  ;) Wobei ich die Geburtsstunde der OSR eher nach den reinen Clonen ansiedeln würde.

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #157 am: 16.02.2016 | 21:52 »
Ich sehe
Deshalb ist es eben Unfug auf den Inhalt der Produkte zu gucken ohne den Kontext zu beachten, in dem sie entstanden sind.
Damit habe ich mindestens zwei Probleme:
1. Welche Rolle spielt der Kontext für eine Spielrunde, die "nur" das Regelwerk und ggf. einige Abenteuer hat?
2. Wie soll denn der Kontext erfasst werden?

Die OSR z.B. kann man mMn durchaus als Reaktion auf die Forge (und damit verknüpft D&D 4) verstehen. Klint Krause (Vacant Ritual Assembly, Urchin, Don't walk in winter wood, Roanoke, Empire of Dust) wäre da als Grenzgänger zu nennen.  Die OGL & Blogs spielen eine Rolle. Der Wunsch nach einfachen, robusten Spielregeln ist ebensowenig zu vernachlässigen wie jener, Abenteuer für die alten Systeme produzieren zu können. Nostalgie und die Rückgewinnung des "sense of wonder" sind Faktoren. Necromancer Games und Goodman Games mit ihrem "old school style" zu 3E-Zeiten könnte man anführen. Castles & Crusades wäre - als eines der 3E-Abkömmlinge zu nennen, die einige Entwicklungen der 3E ablehnten. Pathfinder mag eine Rolle gespielt haben. Auch der Tod von Gygax ist nicht zu vernachlässigen. Und dann wäre da noch die Wiederentdeckung von DIY.
Abenteuer (Knives in the dark, death frost doom),
Monsterbücher (Random Esoteric Creature Generator, Fire on the velvet Horizon),
Settings (Sumbering Ursine Dunes, Red an pleasant land), die beim alten Design ansetzten, um dann - auch gegenüber anderen Rollenspielen - alles anders zu machen, sind als Beobachtung festzuhalten. Von Wellentänzer stammt sinngemäß (und in Bezug auf Vornheim) das Oxymoron "Avantgarde für Stockkonservative". Ja was denn nun? Sind grundlegende DIY-Tendenzen und "what-if"-Ansätze jetzt etwas, das Forge-Spiele mit der OSR gemeinsam haben oder nicht? Warum schreibt Vincent Baker Kram für LotFP, wenn er als "story gamer Ikone" gar kein Interesse am "Zurück" haben dürfte?

Kurzum: Ich würde behaupten, dass eine auch nur halbwegs systematische Erfassung des Kontextes keinesfalls weniger, sondern eher mehr, problembehaftet ist als andere Betrachtungsweisen.
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Offline Rorschachhamster

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #158 am: 16.02.2016 | 22:03 »
Sind grundlegende DIY-Tendenzen und "what-if"-Ansätze jetzt etwas, das Forge-Spiele mit der OSR gemeinsam haben oder nicht? Warum schreibt Vincent Baker Kram für LotFP, wenn er als "story gamer Ikone" gar kein Interesse am "Zurück" haben dürfte?
Ich weiß nicht so genau, ist die Forge nicht schon ein Jahrzehnt lang tot? Aufgrund von zwanghafter Abgrenzung gegenüber jedem und unglaublicher Hybris. Was irgendwie nicht passt zu einem "echten" DIY - Ethos... die Forge war , so wie ich das in Erinnerung habe, mehr "I do it better than you"...  ;)
Wobei ich mich nie wirklich um die Forge geschert habe, mögen einige Fehleinschätzungen meinerseits sein, aber so habe ich das dummüls wahrgenommen.  :-\
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Offline Chiarina

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #159 am: 17.02.2016 | 04:54 »
Also ehrlich gesagt finde ich den Avantgarde-Gedanken nicht schlecht. Was da geschehen ist, entspricht historisch gesehen wirklich ziemlich gut den Ereignissen in der Kunstwelt der ausgehenden 50er Jahre (im Wesentlichen: Entwicklungen wurden auf die Spitze getrieben, Grenzüberschreitungen und Tabubrüche wurden en vogue und führten zu neuen Erfahrungen, um Relevanz zu besitzen musste ein (Kunst-)werk seine Fortschrittlichkeit unter Beweis stellen).

Daran anknüpfend scheint es auch in unserem Hobby den in der Kunst ja anschließend entwickelnden Gedanken der Postmoderne zu geben:
Es werden ältere Ideen aufgegriffen, aber:
- individualisiert (subjektiver Ansatz des Künstlers bzw. Autors deutlich zu erkennen, wodurch sich die Bewegung insgesamt als sehr pluralistisch und facettenreich darstellt, siehe die vielen Beiträge über eine Gefahr des Zersplitterns der Szene)
- reflektiert (indem beispielsweise nicht blind Traditionen wieder aufgegriffen werden, sondern darüber nachgedacht wird, wie frühere Ideen in der Gegenwart wirken, dabei wird auch vor Errungenschaften der Avantgarde nicht Halt gemacht und die ironische Brechung der Vergangenheit spielt eine nicht unerhebliche Rolle)
- entdogmatisiert (indem der Wettstreit um den avantgardistischen Fortschritt und die Kämpfe um die kühnsten Visionen verabschiedet werden: statt großer Ziele für das Genre werden kleine Schritte auf persönlicher Ebene getätigt)

In der Kunst sehe ich in der Postmoderne eine Liberalisierungsbewegung. Das ist in meinen Augen sympathisch, auch wenn ich naturgemäß nicht alles toll finde. Ich glaube, ich muss jetzt doch mal ein bisschen genauer anschauen, was in diesen ganzen ominösen OSR-Produkten eigentlich drin ist.
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Offline Rorschachhamster

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #160 am: 17.02.2016 | 06:49 »
... Daran anknüpfend scheint es auch in unserem Hobby den in der Kunst ja anschließend entwickelnden Gedanken der Postmoderne zu geben:
Es werden ältere Ideen aufgegriffen, aber:
- individualisiert (subjektiver Ansatz des Künstlers bzw. Autors deutlich zu erkennen, wodurch sich die Bewegung insgesamt als sehr pluralistisch und facettenreich darstellt, siehe die vielen Beiträge über eine Gefahr des Zersplitterns der Szene)
- reflektiert (indem beispielsweise nicht blind Traditionen wieder aufgegriffen werden, sondern darüber nachgedacht wird, wie frühere Ideen in der Gegenwart wirken, dabei wird auch vor Errungenschaften der Avantgarde nicht Halt gemacht und die ironische Brechung der Vergangenheit spielt eine nicht unerhebliche Rolle)
- entdogmatisiert (indem der Wettstreit um den avantgardistischen Fortschritt und die Kämpfe um die kühnsten Visionen verabschiedet werden: statt großer Ziele für das Genre werden kleine Schritte auf persönlicher Ebene getätigt)

In der Kunst sehe ich in der Postmoderne eine Liberalisierungsbewegung. Das ist in meinen Augen sympathisch, auch wenn ich naturgemäß nicht alles toll finde. Ich glaube, ich muss jetzt doch mal ein bisschen genauer anschauen, was in diesen ganzen ominösen OSR-Produkten eigentlich drin ist.
Hmm, ja, das ist ein recht gutes Analogon. Ich weiß nicht ob die Forge je wichtig genug war um als Avantgarde zu gelten (aus ihrer Perspektive wohl schon... ;) ), aber die Punkte passen schon ganz gut auf die OSR. Ich habe die allerdings eher als Reaktionen auf die Fehlentwicklungen bei D&D und PF erlebt, zumal die meisten OSRler die Systeme voller Bloat und Klein-Kleinregelung einfach satt hatten bzw. nach einer Rückkehr zum Hobby darin ihre Bedürfnisse nicht erfüllt gesehen haben. Hinzukommt die 4e Werbekampagne, die sich über alle "überkommenen" Versionen von D&D lustig gemacht hat... Man schaue die sich mal an, heutzutage. Hybris, schon wieder.  ;D Deswegen ist auch ein großer Teil der OSR D&D-Affin.
Das wäre dann die rein technische Liberalisierung von zu viel Regeln.  :)

Achso, die OSR definiert(e) sich mMn nicht über Produkte sondern mehr über die Gedankensphäre in den Blogs und im Moment auch sozialen Medien, vor allem G+... das wäre schon ein wichtiger Ansatz, um dieses ungeordnete Durcheinander irgendwie fassen zu können. Viel Erfolg.  :d
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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #161 am: 17.02.2016 | 07:34 »
Zitat von: Rorschachhamster
Deswegen ist auch ein großer Teil der OSR D&D-Affin.

Interessant. Weil sich D&D 4e über frühere Versionen lustig gemacht hat? Ich habe so dermaßen keine Ahnung von D&D, aber... OSR will doch allermeistens etwas ganz anderes als D&D 4e, oder? Reicht das gemeinsame Feindbild für eine Verbrüderung? Hat die Affinität konkrete Auswirkungen in den Veröffentlichungen?

Zitat von: Rorschachhamster
Achso, die OSR definiert(e) sich mMn nicht über Produkte sondern mehr über die Gedankensphäre in den Blogs und im Moment auch sozialen Medien, vor allem G+... das wäre schon ein wichtiger Ansatz, um dieses ungeordnete Durcheinander irgendwie fassen zu können.

Ach, ich habe nicht das Bedürfnis danach, das alles zu klassifizieren. Aber die Analogie hat für mich persönlich ein Gutes: Was ich bisher vielleicht ein bisschen vorschnell als "müder Abklatsch", "alles schon mal da gewesen" und "da gibt es aber weitaus Aufregenderes!" abgetan habe, gewinnt für mich als Reaktion auf eine historische Situation durchaus seine Berechtigung. Ich kann plötzlich auch ein bisschen die Leute verstehen, die immer dann polemisieren, wenn es ein klein wenig nach der Forge riecht. Das ist neu für mich. Was mir fehlt, ist praktische Erfahrung. Wird nachgeholt.
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Achamanian

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #162 am: 17.02.2016 | 07:45 »
Also ehrlich gesagt finde ich den Avantgarde-Gedanken nicht schlecht. Was da geschehen ist, entspricht historisch gesehen wirklich ziemlich gut den Ereignissen in der Kunstwelt der ausgehenden 50er Jahre (im Wesentlichen: Entwicklungen wurden auf die Spitze getrieben, Grenzüberschreitungen und Tabubrüche wurden en vogue und führten zu neuen Erfahrungen, um Relevanz zu besitzen musste ein (Kunst-)werk seine Fortschrittlichkeit unter Beweis stellen).

Daran anknüpfend scheint es auch in unserem Hobby den in der Kunst ja anschließend entwickelnden Gedanken der Postmoderne zu geben:
Es werden ältere Ideen aufgegriffen, aber:
- individualisiert (subjektiver Ansatz des Künstlers bzw. Autors deutlich zu erkennen, wodurch sich die Bewegung insgesamt als sehr pluralistisch und facettenreich darstellt, siehe die vielen Beiträge über eine Gefahr des Zersplitterns der Szene)
- reflektiert (indem beispielsweise nicht blind Traditionen wieder aufgegriffen werden, sondern darüber nachgedacht wird, wie frühere Ideen in der Gegenwart wirken, dabei wird auch vor Errungenschaften der Avantgarde nicht Halt gemacht und die ironische Brechung der Vergangenheit spielt eine nicht unerhebliche Rolle)
- entdogmatisiert (indem der Wettstreit um den avantgardistischen Fortschritt und die Kämpfe um die kühnsten Visionen verabschiedet werden: statt großer Ziele für das Genre werden kleine Schritte auf persönlicher Ebene getätigt)

In der Kunst sehe ich in der Postmoderne eine Liberalisierungsbewegung. Das ist in meinen Augen sympathisch, auch wenn ich naturgemäß nicht alles toll finde. Ich glaube, ich muss jetzt doch mal ein bisschen genauer anschauen, was in diesen ganzen ominösen OSR-Produkten eigentlich drin ist.

Scheint mir bei näherem Hinsehen tatsächlich sehr gut auf die OSR zu passen, gerade, wenn man den Blick auf so explizit Zitathafte und gleichzeitig formal radikalisierte Sachen wie DCC oder LOTFP richtet. Da ist schon ganz klar erkennbar eine Art bewusstes ästhetisches Programm am Werk (und damit meine ich jetzt nicht nur das Artwork), und das haben solche OSR-Spiele für mich auch mit forgigen Indie-Spielen gemeinsam.
Klar haben auch "Mainstream"-RSPs ein ästhetisches Programm, irgendwo scheint es mir da aber einen grundsätzlichen Unterschied zu den Indies/OSR zu geben, auch, wenn ich den noch nicht benennen kann ... vielleicht ist es einfach nur der Unterschied, dass Indies/OSR-Spiele als Underdogs auftreten.

Offline Rhylthar

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #163 am: 17.02.2016 | 08:12 »
Zitat
Interessant. Weil sich D&D 4e über frühere Versionen lustig gemacht hat? Ich habe so dermaßen keine Ahnung von D&D, aber... OSR will doch allermeistens etwas ganz anderes als D&D 4e, oder? Reicht das gemeinsame Feindbild für eine Verbrüderung? Hat die Affinität konkrete Auswirkungen in den Veröffentlichungen?
Ob die 4E wirklich ausschlaggebend war, vermag ich gar nicht zu sagen. Vielleicht war es auch schon die v3.X, die mit ihren immer neuen Regelzuwächsen die Leute dazu inspiriert hat, "back to the roots" zu gehen und gleichzeitig es wiederum anders zu machen.

Ich bin nicht so firm im Bereich des OSR; was ich hatte/habe ist schon deutlich von D&D inspiriert. Und die 5E versucht ja durchaus mit ihrem "Rulings not rules"-Ansatz, genau diese Leute wieder zurückzugewinnen.

Die Forge ist (Gott sei Dank?!) an mir vorbeigegangen, da sich Rollenspiel zu der Zeit bei mir im Tiefschlaf befand.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Crimson King

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #164 am: 17.02.2016 | 08:33 »
- entdogmatisiert (indem der Wettstreit um den avantgardistischen Fortschritt und die Kämpfe um die kühnsten Visionen verabschiedet werden: statt großer Ziele für das Genre werden kleine Schritte auf persönlicher Ebene getätigt)

Der Punkt hat leider nicht bei allen gegriffen.  ;)
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Achamanian

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #165 am: 17.02.2016 | 09:39 »
Ich möchte noch mal zum kontroversen Stein des Anstoßes zurück: Sagen wir, die angeblich notwendige Unterscheidung zwischen "Rollenspielen" und "Erzählspielen" würde sich in der vom Alexandriner durchgesetzten Weise durchsetzen ... was würde das z.B. für das Tanelorn bedeuten?

Möglichkeit 1: Überall, wo hier "Rollenspiel" als Kategorie auftaucht, steht ab jetzt "Rollenspiel & Erzählspiel". Das wäre sicher die einfachste Lösung, würde aber die begriffliche Differenzierung ad absurdum führen.

Möglichkeit 2: An allen relevanten Punkten wird geteilt. Es gibt also dann die Unterforen: "Rollenspiel - Allgemein" und "Erzählspiel - Allgemein", "Rollenspiel - einzelne Systeme", "Erzählspiel - einzelne Systeme" usw.
Da sehe ich jetzt aber einen Haufen Probleme: In welche Kategorie DSA und D&D einerseits und Polaris und Fiasco andererseits gehören, ist sicher klar; aber was ist mit Fate, das wie ziemlich klassisches Rollenspiel funktioniert und grundlegend ähnliche Mechanismen hat, die sich oft vor allem darin unterscheiden, dass sie durch die Regeltexte eher von der Story-Warte her interpretiert werden? (Sieht man ja zum Beispiel darin, dass man Fate in Settings wie Mindjammer eigentlich sehr "klassisch" interpretiert) Was ist mit Gumshoe? Eigentlich müsste man sogar fragen: Was ist mit Savage Worlds, in dem die Bennies so eine wichtige Rolle spielen? Und was, wenn es in einer Diskussion über ein allgemeines Rollenspielthema mal länger um Spiele geht, die den Erzählspielen zugeordnet werden, weil sie an der Stelle thematisch relevant sind? Wird das dann zu einem abzutrennenden und in die Erzählspiel-Rubrik zu verschiebenden Off-Topic?

Oder was ist mit dem monatlichen "Rollenspielschnupperabend" in unserer Buchhandlung? Wäre der dann ein "Rollen- und Erzählspielschnupperabend"? Würde eine allgemeine Erklärung, was Rollenspiele in ihrer ganzen Bandbreite sind, für die Ankündigung nicht mehr reichen - bräuchte es einen Text über Rollenspiele und einen über Erzählspiele? Wie genau differenziere ich das ohne endlose Theorieergüsse? Aus meiner Erfahrung gerade mit den Neulingen kann ich feststellen, dass die überhaupt nicht verwirrt darüber waren, dass Fiasco und Splittermond für uns grundsätzlich zur gleichen Art von Spiel gehören. Ich glaube, sie wären viel ratloser gewesen, wenn man ihnen hätte erklären wollen, warum Fiasco jetzt ein Erzählspiel und Splittermond ein Rollenspiel ist ...

Ich sehe da nur erhöhten Kommunikationsaufwand und zusätzliche Verwirrung, wenn man eine begriffliche Trennung erzwingen will.

Ein Befürworter der Trennung (weiß nicht mehr, wer) schrieb hier ja auch von den "Extremen einer Skala", die benannt werden sollten; darin zeigt sich eigentlich schon, dass der Versuch einer Trennung unsinnig ist, denn wie heißt denn die Skala, auf der die Extreme liegen? Doch wohl "Rollenspiel". Wenn man da jetzt an einem Ende einen Schnitt macht und sagt: "ab hier Erzählspiel", dann stellt sich nicht nur dauernd die Frage, wo der Schnitt verläuft; man verliert auch den Blick dafür, dass Rollenspiel aus zahlreichen Elementen besteht, die in zahlreiche Richtungen weisen und nicht unbedingt alle auf einer Skala vom Extrem "Erzählspiel" bis zum Extrem "richtig-richtiges Rollenspiel" verlaufen.

Viel sinnvoller ist es m.E., einfach zu akzeptieren, dass Rollenspiel in alle möglichen Richtungen "fuzzy" ausläuft und in anderes übergeht, und dass die Spiele, die sich an diesen Übergängen bewegen, je nach Kontext problemlos als Rollenspiel behandelt werden können. Wenn D&D4 Übergänge in Richtung Tabletop (oder was auch immer) hat, kann man das ja so benennen, ohne davor eine Trennlinie zu ziehen und zu sagen: "Das ist jetzt kein Rollenspiel mehr." Wenn Polaris und Fiasco keine SL haben und sich darin von den meisten anderen RSPs unterscheiden, kann man auch das so benennen, ohne dafür eine Trennlinie ziehen zu müssen. In beiden Fällen verschleiert eine solche Trennlinie mehr, als sie offenbart, und ich kann nach wie vor keinen Sinn in ihr erkennen.

« Letzte Änderung: 17.02.2016 | 09:42 von Rumpel »

Offline Chiarina

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #166 am: 17.02.2016 | 09:56 »
Ich bin auch gegen eine Trennlinie. Für das Tanelorn-Forum ist die in meinen Augen gar nicht möglich zu ziehen. Und bei einer Werbung für einen entsprechenden Nachmittag in einer Buchhandlung ist das auch unsinnig, weil da sicherlich nicht immer dasselbe angeboten wird.

Allerdings gibt es Situationen, in denen ich es schon sinnvoll finde, etwas mehr zu sagen als einfach nur "Rollenspiel". Ich habe in der Vergangenheit hin und wieder auf Cons Runden für "Itras By" angeboten. Was schreibt man da auf den Aushang? Die Chance ist gegeben, dass ich hinterher jemanden da sitzen habe, der traurig seinen Würfelbeutel anschaut und sagt: "Hätte ich das gewusst! Wofür habe ich die mitgebracht?" Ich schreibe dann immer "regelarmes Erzählrollenspiel". Ob das jetzt eine wasserfeste Bezeichnung ist, ist mir dabei einigermaßen wurscht. Es kommt darauf an, dass die Leute in halbwegs verständlichen Worten kurz und knapp so einigermaßen präzise einschätzen können, auf was für eine Art Spiel sie sich einlassen, wenn sie sich da eintragen. Ich hatte übrigens nie den Eindruck, meine Beschreibung hätte irgendwie abschreckend gewirkt. Fast immer hatte ich dann da auch Leute sitzen, die auf so etwas Lust hatten.

Achja... noch bessere Bezeichnungen sind gern genommen!
« Letzte Änderung: 17.02.2016 | 09:59 von Chiarina »
[...] the real world has an ongoing metaplot (Night´s Black Agents, The Edom Files, S. 178)

Offline Rorschachhamster

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #167 am: 17.02.2016 | 10:58 »
Interessant. Weil sich D&D 4e über frühere Versionen lustig gemacht hat? Ich habe so dermaßen keine Ahnung von D&D, aber... OSR will doch allermeistens etwas ganz anderes als D&D 4e, oder? Reicht das gemeinsame Feindbild für eine Verbrüderung? Hat die Affinität konkrete Auswirkungen in den Veröffentlichungen?
Äh. Nein, das mit dem D&D-Affin bezog sich auf den gesamten ersten Absatz.
Und ältere Versionen von D&D, oder auch die 4e, sind kein Feindbild der OSR, eher schon die Einstellung anderen vorschreiben zu müssen, wie man "richtig" spielt, die in eben diesen Werbefilmchen durchkam. Daher, mMn und wie oben angedeutet, nicht allein deswegen, abkehr vom offiziellen D&D 4e und Hinwendung zu den eigenen Regeln, seien es nun die alten Originalregeln oder Klone oder Hybride. Zumindest für einen Teil der OSR. Die OSR ist aber keine homogene Masse sondern eine heterogene Bewegung ohne Strukturen... Tja.  ;)
Rorschachhamster
DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline Crimson King

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #168 am: 17.02.2016 | 11:30 »
Wobei das in der 4e knüppelhart durchgezogene Encounter Balancing dem OSR-Ansatz schon zutiefst widerspricht.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #169 am: 17.02.2016 | 11:37 »
Ich schreibe dann immer "regelarmes Erzählrollenspiel". Ob das jetzt eine wasserfeste Bezeichnung ist, ist mir dabei einigermaßen wurscht.

Völlig zurecht. Ich mein, da kann man sich was drunter vorstellen. Ich wünschte regelmäßig, dass Leute auf Cons einigermaßen klare Beschreibungen liefern, die über das verwendete Regelwerk und die ungefähre Handlung hinausgehen.

Offline nobody@home

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #170 am: 17.02.2016 | 12:05 »
Wobei das in der 4e knüppelhart durchgezogene Encounter Balancing dem OSR-Ansatz schon zutiefst widerspricht.

"If every encounter gives the players a perfectly balanced challenge, the game can get stale. Once in a while, characters need an encounter that doesn't significantly tax their resources, or an encounter that makes them seriously scared for their characters' survival -- or even makes them flee."

4e Dungeon Master's Guide (englische Fassung), Kapitel S. 104 ("Encounter Mix"), unter "Difficulty", erster Absatz. ;)

Was ich damit sagen will: 4e hilft dem Dungeon Master durchaus dabei, überhaupt erst einmal herauszuklamüsern, was denn nun eigentlich für eine bestimmte Gruppe von Spielercharakteren so eine ungefähr "ausgeglichene" Herausforderung darstellt; es schreibt ihm aber nicht vor, daß er auf keinen Fall einer Anfängergruppe einen roten Uraltdrachen, der auf Wegzoll aus ist, vor die Nase setzen darf, wenn er das denn unbedingt möchte. Nur, die Ausrede "jaaa, das stand aber so auf der Offiziellen Zufallsbegegnungstabelle (TM), und woher soll ich denn wissen, daß das gleich so gefährlich wird!"...die fällt halt schon weg. ~;D

Offline Erg

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #171 am: 17.02.2016 | 14:22 »
...
Aber eine Argumentation für schlecht zu erklären, nur, weil dir das Ergebnis nicht gefällt, ist eben nicht okay.
...

Genau das tue ich nicht. Das Ergebnis der Kritik ("kreuzdummer Bullshit") entspricht tendenziell meiner Einschätzung (nur bedingt die These(n) stützend). Daraus eine Ablehnung des Begriffstrennungsbestrebens abzuleiten, ist halt mit lauteren Mitteln nicht möglich, einfach, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Die These, deren Begründung kritisiert wird, ist ja nicht: "wir müssen Trennen" (das ist auch nicht der Kern des Artikels, deshalb steht es auch in der Einleitung), sondern: "Trennen kann man auf diese Weise an dieser Stelle". Kann man gar nicht ? gechenkt, weil es für die Frage: "soll man trennen ?" völlig unerheblich ist, ob das auf eine bestimmte Weise geht oder nicht geht (daß ich den Ansatz trotz mangelhafter Umsetzung für betrachtenswert halte, habe ich ja schon mehrfach angemerkt).
Ich erkläre die Argumentation der Kritik für schlecht - nun, weil sie es (teilweise) ist. Es wird (zum Teil) aus Mißverständnissen und ungenauer Betrachtung argumentiert, und das bringt's halt einfach nicht (Beispiele entnehme der geneigte Leser, so gewünscht, meinem entsprechenden Beitrag).

...
Und sorry, deinen einzigen Argumentationsversuchen hier kann ich nun wieder absolut nicht folgen. Was mit der ganzen Diskussion zu tun hat, erschließt sich mir einfach nicht. Wenn einer abc über xyz definiert, um es von def abzugrenzen, das er über uvw definiert, und jemand anders dagegen argumentiert, dass die Überschneidungen zwischen uvw und xyz so groß sind, dass eine Abgrenzung zwischen abc und def anhand dieser Kriterien zumindest schon mal keinen Sinn macht, dann steckt hinter dieser Kritik überhaupt nicht die Behauptung "abc wird definiert durch xyz" sei gleich "abc ist xyz". Insofern geht dieses Gegenargument einfach mal glatt an der Sache vorbei.

Du kannst nicht (das könnte, u.a. daran liegen, daß ich mich doch nicht so klar ausdrücke, wie ich dies zu tun glaube) oder Du willst nicht ?
Die Feststellung "abc wird definiert durch Xyz" nicht = "abc ist gleich xyz" hat nichts mit dieser Diskussion zu tun, weshalb ich das auch nirgends geschrieben habe.
Ich habe auf eine Übersetzungsschwierigkeit hingewiesen: "a is defined by b" muß nicht "a wird definiert durch b" heißen, es kann auch "b ist ein wesentlicher Bestandteil von a" bedeuten.
"Elephants are defined by trunks" bedeutet nicht "Elephanten werden definiert durch Rüssel", im Sinne von "alles,was einen Rüssel hat, ist ein Elephant", sondern es bedeutet "Ein Rüssel ist ein/das wesentliche Merkmal eines Elephanten" (dies ist nur ein Beispiel)
Jemandem vorzuwerfen, daß das, was nach "is defined by" steht, keine brauchbare Definition sei, übersieht schlicht diese mögliche Bedeutung.

Warum habe ich überhaupt die Kritik kritisiert, wo ich doch (auf anderen Wegen) zum tendenziell gleichen Ergebnis komme ? Wegen des Versuchs (in meinen Augen ein unlauteres Unterfangen), aus den methodischen Mängeln des Artikels eine Begründung für eine generelle Ablehnung aller seiner Aussagen zu konstruieren ("schau mal, was für ein Unsinn das hier ist; alles, was der Autor vertritt, muß Unsinn sein") Dem wollte ich entgegen stellen, daß auch die Kritik Mängel aufweist und in nicht unbeträchtlichen Teilen Unsinn ist. Woraus diejenigen, denen obige Implikation (enthält Unsinniges => das Ganze ist Unsinn) vernünftig erscheint (ich fühle den Drang, klarzustellen, daß sie es nicht ist), eigentlich nur einen Schluß ziehen können...

Ich möchte noch mal zum kontroversen Stein des Anstoßes zurück: Sagen wir, die angeblich notwendige Unterscheidung zwischen "Rollenspielen" und "Erzählspielen" würde sich in der vom Alexandriner durchgesetzten Weise durchsetzen ... was würde das z.B. für das Tanelorn bedeuten?
...
Ein Befürworter der Trennung (weiß nicht mehr, wer) schrieb hier ja auch von den "Extremen einer Skala", die benannt werden sollten; darin zeigt sich eigentlich schon, dass der Versuch einer Trennung unsinnig ist, denn wie heißt denn die Skala, auf der die Extreme liegen? Doch wohl "Rollenspiel". Wenn man da jetzt an einem Ende einen Schnitt macht und sagt: "ab hier Erzählspiel", dann stellt sich nicht nur dauernd die Frage, wo der Schnitt verläuft; man verliert auch den Blick dafür, dass Rollenspiel aus zahlreichen Elementen besteht, die in zahlreiche Richtungen weisen und nicht unbedingt alle auf einer Skala vom Extrem "Erzählspiel" bis zum Extrem "richtig-richtiges Rollenspiel" verlaufen.

Viel sinnvoller ist es m.E., einfach zu akzeptieren, dass Rollenspiel in alle möglichen Richtungen "fuzzy" ausläuft und in anderes übergeht, und dass die Spiele, die sich an diesen Übergängen bewegen, je nach Kontext problemlos als Rollenspiel behandelt werden können. Wenn D&D4 Übergänge in Richtung Tabletop (oder was auch immer) hat, kann man das ja so benennen, ohne davor eine Trennlinie zu ziehen und zu sagen: "Das ist jetzt kein Rollenspiel mehr." Wenn Polaris und Fiasco keine SL haben und sich darin von den meisten anderen RSPs unterscheiden, kann man auch das so benennen, ohne dafür eine Trennlinie ziehen zu müssen. In beiden Fällen verschleiert eine solche Trennlinie mehr, als sie offenbart, und ich kann nach wie vor keinen Sinn in ihr erkennen.

Lob, Dank und Anerkennung für diesen Beitrag, er bringt zwei gute Argumente gegen eine Begriffstrennung: 1) ist nicht praktikabel; 2) an der "Trennlinie" wird die Zuordnung problematisch (im übrigen war das mit den Extremen von mir)

zu 1) Dieses Problem läßt sich meist durch einen Oberbegriff umgehen (ich fände "Erzählspiele" als Bezeichnung dafür eigentlich gar nicht schlecht, so auf den ersten Blick...)
zu 2) das ist allerdings unvermeidbar, wenn man aus einer Dimension Klassen machen will (und auch sonst, wenn es genügend Mischformen gibt, z.B. Stühle und Sessel). Das kann man durch geschickte Klassenbildung entschärfen (und vielleicht sind zwei Klassen im Bereich "Gnurx und Rollenspiel" zu wenig, das kann durchaus sein), und zumindest für die klar zuordenbaren Elemente wird es übersichtlicher. Nahezu alle gebräuchlichen Klassifikationssysteme haben dieses "Randunschärfe"-Problem, was aber die allgemeine Nützlichkeit nur selten zunichte macht. Solange sich die Mehrzahl der Elemente klar zuordnen läßt...

Wie man die Dimension/Skala benennt, auf der Gnurx und Rollenspiel liegen, ist eine gute Frage, aber "Rollenspiel" würde ich sie sicher nicht nennen (Metaspiel-Bezogenheit vielleicht ? Oder Charakterzentriertheit ? das hängt davon ab, welche Elemente man zur Klassendefinition heranzieht)

Tatsächlich gibt es ja schon Unterteilungen durch Begriffszusätze wie "klassisches Rollenspiel" oder "regelarmes Erzählrollenspiel", allerdings wird das recht schnell recht unhandlich.

Und vielleicht kann man das Ganze tatsächlich gar nicht am System festmachen, und muß eine der existierenden Spielstil-Klassifikationen (deren Berechtigung, soweit ich das überblicke, allgemein akzeptiert ist) bemühen oder weiterentwickeln.

Was ich immer noch nicht verstehe: warum wird der Bezeichnung "Rollenspiel" ein so großer Wert beigemessen ? Als sprechende Bezeichnung scheint es mir nicht für alle Spielarten, die darunter subsumiert werden, geeignet (Aber vermutlich haben andere Leute andere Begriffe von "eine Rolle spielen". Die Definition, welche der Alexandrinian bietet, hat für mich durchaus einen gewissen Charme...).
Ernsthaft: kann mir das jemand erklären ?

ErikErikson

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #172 am: 17.02.2016 | 14:31 »
Wenn man sich überlegt, Fantasy und SciFi sind auch getrennt, obwohls oft dasselbe ist und nicht trennscharf. Es steht trotzdem nicht im selben Regal sondern eins weiter. Theoretisch könnt mans auch zusammenschmeissen, aber so ist es halt etwas übersichtlicher.

Insofern fänd ich die Trennung gut, und auch an der Stelle gut, weil Fiasko und Co. sich weiter vom klassischen Rollenspiel entfernt haben als alles andere.

 

Offline KhornedBeef

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #173 am: 17.02.2016 | 14:40 »
Wenn man sich überlegt, Fantasy und SciFi sind auch getrennt, obwohls oft dasselbe ist und nicht trennscharf. Es steht trotzdem nicht im selben Regal sondern eins weiter. Theoretisch könnt mans auch zusammenschmeissen, aber so ist es halt etwas übersichtlicher.

Insofern fänd ich die Trennung gut, und auch an der Stelle gut, weil Fiasko und Co. sich weiter vom klassischen Rollenspiel entfernt haben als alles andere.
*ÄÄÄÄHHK* Mein persönlicher Defintionsbuzzer, sorry für den Lärm :).
SciFi beschreibt, bei allen Definitionsproblemen, einen völlig anderen Literaturstil als Fantasy. Im Mittelpunkt stehen dabei typischerweise ein Bezug auf reale oder theoretische technische und wissenschaftliche Gegebenheiten und deren Wirkung auf das menschliche Dasein, meist in der Zukunft.
Ich würde sehr sehr überzeugende Argumente sehen wollen, wenn du jetzt behauptest das wäre Fantasy.
"For a man with a hammer, all problems start to look like nails. For a man with a sword, there are no problems, only challenges to be met with steel and faith."
Firepower, B&C Forum

Ich vergeige, also bin ich.

"Und Rollenspiel ist wie Pizza: auch schlecht noch recht beliebt." FirstOrkos Rap

Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Crimson King

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Re: Warum der Alexandrinian kreuzdummer Bullshit ist.
« Antwort #174 am: 17.02.2016 | 14:47 »
Die Grenzbereiche gibt es da, wo Dinge und Fähigkeiten, die über das hinausreichen, was heute möglich ist, mal mit Magie, mal mit Technologie erklärt werden, und da, wo Magie gemeinsam mit technologischen Entwicklungen auftritt.

Die Macht, die Jedi und die Sith bei Star Wars sind z.B. Elemente aus der Phantastik. Bei Shadowrun kombiniert man den gängigen Cyberpunk-Kram mit EDO-Fantasy.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe