Okay. You asked for it. Hier also etwas konkreter.
Eine These, die ich seit langer Zeit bereits vertrete, wird durch dieses Szenario nur noch stärker unterstrichen.
Selbst der grandioseste Plot steht und fällt leider mit den Spielern. Das schliesst natürlich den SL mit ein. Ob der SL mehr oder weniger für einen gelungenen Ablauf verantwortlich ist, möchte ich hier nicht bewerten.
Die Spieler von THE BOSWORTH HOUSE hatten bei mir schon MUSIC FROM A DARKENED ROOM durchlebt / durchlitten, d.h. sie waren auf einiges gefasst, denn es gibt ja Parallelen.
VORBEREITUNG Die Handouts habe ich erweitert. Vor allem Internet-Recherchen bzgl. Post Nataler Depression. Und ich habe natürlich die Aufschriebe der Frau aus der Kurzgeschichte genutzt.
SCHIZOS Bei uns gab es zwei Betroffene und zwei Normalos. Die Schizos haben den Normalos IHRE Welt erklärt. Und die Normalos haben das dann berichtigt bzw. später schlicht ignoriert.
SCHWÄGERIN Eine verstörte Frau überrascht die Spieler in einer derartigen Situation nicht. Die Frau jedoch völlig nüchtern und emotionslos das Geschehen der Tat, sowie der Wochen zuvor, erklären zu lassen, während sie sich ihre Fingerkuppen blutig knabbert, hingegen schon. Hin und wieder hab' ich sie 'Und der Haifisch, der hat Zähne' ansummen lassen.
GELBE TAPETE Bei uns gab es hinter der Tapete auch Geräusche. Zudem hat ein Char den Geruch von Schwefel wahrgenommen.
Ich spreche gerne viele Sinne, auch gleichzeitig, an und hatte dabei H.P. Lovecraft's 'The Rats in the Walls' im Hinterkopf.
Meine Chars haben schliesslich die Tapete von den Wänden gerissen, um 'hinter' ihr Geheimnis zu kommen. Die Frau hatte damit ja bereits zuvor schon begonnen. Sie haben aber nichts gefunden ausser Backsteinmauern.
Das Kriechen in den Kniesturz war dann etwas anderes. Ich konnte nicht anders ... und habe mich einer Szene aus 'Music' bedient - Licht aus, Klappe zu, Hallus an und voll aufgedreht.
Im Hohlraum entdeckte der Char dann aber nur das Skelett eines Siebenschläfers.
Ich habe auch einen Sperling sich ins Haus und ins Zimmer verirren lassen. Die Schizos sahen darin ein Zeichen - einen Kanarienvogel. Zuvor war der Vogel mehrfach von aussen gegen das Fenster des Zimmers geflogen.
Die Gestalt in Lumpen, die im Garten zu sehen sein sollte, habe ich gestrichen.
ALLGEMEIN Ohne überaus intensives, Spieler-internes Charakterspiel wäre der Plot bei uns sicherlich gekippt.
Das Szenario lässt nur wenig Input von aussen rein; dafür ergeben sich mehr interne Konflikte.
Doch gerade die Kämpfe gegen Externe - sind wir ehrlich - nehmen dem SL sehr viel an gestalterischer Arbeit ab und füllen einfach eine Session. Derartige Verschnaufpausen gibt es hier definitiv NICHT.
So gut das Szenario auch ist; wenn die Spieler hier nicht einhaken und mitziehen, ist selbst die schönste Idee nicht zu gebrauchen und für die Katz.
Topfpflanzen und Slayer kann der SL hier schlicht vergessen. Der Plot lechzt nach Charakter-Spielern mit exzessivem Hang zur Selbstdarstellung.
Wenn man als SL z.B. sich bewegende, verändernde Muster der Weinranken Tapete beschreibt und darauf nur Fragezeichen in den Augen der Spieler zu lesen wären und bei einer gS Probe dann nur ein Zahlenwert abgestrichen würde, dann kann man es vergessen und es ist ums Eck.
Zum Glück können meine Spieler so etwas gut aufnehmen und handhaben. Einer von ihnen gab vor, in den Mustern Maya Hieroglyphen zu sehen und diese auch übersetzen zu können.
Eine Spielerin verfolgte das Muster, das ihrer Meinung nach spiralförmig an der Wand entlang verlief, immer wieder im Kreis.
STADT Die Nähe zum Haus wurde von den Leuten allgemein gemieden. In der Umgebung hatte jedoch immer jemand etwas über das Haus zu berichten. Ich bin bei den Geschichten immer sehr vage und oberflächlich geblieben.
Und als die Chars die Person wieder sahen, konnte sich diese nicht mehr an ein zurückliegendes Gespräch erinnern und erzählte etwas anderes oder summte den 'Haifisch'.
PSYCHIATRIE Ich habe die Mörderin in der Psychiatrie von den Chars ein grosses Stück Tapete verlangen lassen. Das war ihre Voraussetzung zu einem Gespräch. Dem kamen die Chars nach und schmuggelten es hinein.
Die Frau hat dann alles erzählt und zwischendrin immer wieder das Gedicht rezitiert. Auch habe ich hin und wieder den 'Haifisch' gesummt.
Das habe ich dann auch im Gespräch den behandelnden Arzt wiederholt machen lassen. Das hat meine Spieler sehr verunsichert.
Einfach herrlich waren die Reaktionen meiner Spieler, als ich beschrieb, wie die Frau während des Gesprächs immer wieder kleine Stücke von der Tapete genascht hat.
Am Ende des Szenarios gab es einen Anruf vom Arzt. Die Patientin sei spurlos aus ihrer geschlossenen Unterbringung verschwunden.
Als die Chars die Zelle näher untersuchten, fanden sie auf der Rückseite der Tür ein Mosaik aus dort festgeklebte, kleinen Schnipseln der Tapete.
Das Muster hatte die Form einer Spirale, deren eines Ende im Schloss der Zellentür endete...