Klar könnte man auch hier über Theorien, Vor- und Nachteile quatschen, aber gibt es diese Abenteuer überhaupt? (...) Wo können sie mal ihre Charaktere regeltechnisch und charakterlich ausspielen ohne vom rechten Pfad abzubekommen. Haben diese Abenteuer dann auch verschiedene Ausgänge? Sind es überhaupt Abenteuer oder nur eine Reihe von Zufallsbegegnungen, die lose verknüpft sind?
Deine Verwirrung ist verständlich. Gerade wenn man sich die höchst verständigen Antworten in diesem Thema anschaut. Ich trage dazu dann einmal mit der mir eigene Inkompetenz bei.
Fakt ist:
Wir müssen uns einig sein, was wir spielen.Das heißt, niemand kann jemals machen, was er oder sie will. Es muss vereinbarte Grenzen geben. Die Frage ist, wie wir uns darauf einigen. Als Verhandlungsparteien gibt es hier vornehmlich die Spieler als Party und die SL. (Es kann auch sein, dass es unter den Spielern Uneinigkeit gibt, z.B. wenn einige stundenlang einkaufen.)
Es gilt:
Zu einer Einigung gehört mindestens eine Angebot und eine Zusage.Die Frage ist nun, was wird da angeboten? - "Abenteuer" ist kein guter Begriff. Abenteuer impliziert einen gewissen Handlungsverlauf und genau das wird von vielen Leuten, die z.B. der Sandbox Freund sind abgelehnt. Es gibt nun aber kein bekanntes anderes Wort.
Um das Problem vorerst zu umgehen, verzichte ich daher zunächst auf eine inhaltliche Bestimmung. Wir können aber festhalten, dass es anscheinend die SL ist, die Angebote macht. Also sprechen wir mal von SL-Inhalten. SL-Inhalte können von der SL entworfen werden, entweder vorbereitet oder spontan, und wenn die Spieler sich darauf einlassen, tun sie etwas damit. Sie lösen, rätseln, entdecken, würfeln, schauspielern und managen diese Inhalte.
Soweit trifft die Beschreibung zu für absolut jeden Spielstil mit SL und Party.
Fraglich ist jetzt:
Wie passieren Angebot und Annahme?Und daran entfaltet sich eigentlich die ganze Debatte.
Möglich ist zum Beispiel vor dem Spiel ein Kampagnenthema festzulegen. Das ist womöglich noch nicht mal ein SL-Inhalt, weil man sich auf das Thema einigen könnte, bevor klar ist, wer die SL macht. Aber häufig wird doch eine potentielle SL sagen: "Hey, habt ihr Bock die Gummibären zu spielen?" Dagegen wird kein Sandboxler was haben.
Während des laufenden Spiels macht die SL aber ganz sicher auch Angebote, zum Beispiel so:
- Ein oder mehrere Auftraggeber treten auf.
- Mysteriöse oder gewalttätige Dinge werden von der Party wahrgenommen oder entsprechende Personen treten auf.
- Die Party vernimmt Gerüchte (eins oder mehrere).
Leute die sagen, sie machten Sandbox, tun nun häufig nichts anderes als mehr als ein Angebot zur Zeit zu machen. Also zum Beispiel: "Die Gerüchteküche brodelt: Im Süden sei der Hexenwald und im Norden sei der Drache aufgewacht. Wo darfs denn hingehen?" Natülich kann man auch einfach eine Karte hinlegen und die Spieler draufzeigen lassen. Hat den gleichen Effekt.
Ein Angebot von mehr als eins impliziert zudem, dass man einfach wieder weggehen kann. Also wenns im Norden nicht schön ist, schauen wir einfach mal im Westen. Eine andere Variante hatte zum Beispiel mein ehemaliger und langjähriger D&D-SL: Der benutze gern mehrere Auftraggeber. Und natürlich, sind wir auch da regelmäßig nach Westen umgeschwenkt, haben also mittendrin die Partei gewechselt.
Eine weitere Idee, die durch den Begriff Abenteuer ausgelöst wird, ist, dass die Angelegenheit abendfüllend sein müsste. Auch das ist offensichtlich nicht der Fall. Wenn ein Inhalt abgearbeitet ist, müssen wir nur neue haben. Das habe ich in meiner letzten Werwolf-Kampagne großzügig ausgenutzt. Ich hab also mehrere kleine Ereignisse gegeben und geguckt, was die Leute damit machen. Einige waren in ein bis zwei Stunden erledigt, aber die Wölfe wollten ja auch was schaffen. Auch diese Idee hört man eben mitunter von Sandboxlern: "Wenn die SCs den Schurken in der ersten Szene erschießen, ist das eben so."
Ich könnte noch hinzufügen, was ein absolutes NoGo für Auftraggeber ist: "Besorgt mir Gegenstand X", und dann nicht zu wissen, was Gegenstand X tut. Im Optimalfall haben die SCs mindestens zwei Verwendungsweisen anstatt das Ding abzuliefern. Auch das ist im Grunde wieder das gleiche: Mehrere Dinge auf einmal anbieten.