Der Thread "Wie viel Beschreibung braucht ein Setting" hat mich auf den Gedanken gebracht, hier mein SF-Setting vorzustellen. Gedanklich existiert das schon sehr lange, bespielt habe ich es bisher mit zweieinhalb Gruppen in drei Kampagnen (bei der zweiten gab es einige Überschneidungen der Spieler, daher 2,5).
Vorbilder
Traveller und Star Wars. Traveller eher, was die technischen Möglichkeiten und das Fehlen eines eindeutigen Gut-Böse-Bildes angeht. Star Wars, was die Bilder, die Vielfalt an Spezies und Planeten angeht.
Prämissen
Die Galaxis (bzw der beschriebene/bespielte Teil davon) ist groß, unzählige Welten in zahlreichen Sektoren. Reisen dauern lange, eine überlichtschnelle Kommunikation ist nicht möglich. Wenn man auf einer Welt in Schwierigkeiten gerät, gesucht wird etc, führt das nicht dazu, dass sofort ein Steckbrief in allen Raumhäfen hängt. Grund: Space Opera muss groß sein.
Menschen sind, zumindest im bespielten Bereich der Galaxis, die dominierenden Spezies, aber es gibt viele andere. Es sollte offen bleiben, ob es sich um "unsere" Galaxis in ferner Zukunft handelt (im Sinne von Star Trek oder Traveller, nicht im Sinne von Hard-SF und "Nichts kann sich schneller als das Licht fortbewegen), oder um ein gänzlich anderes Universum. Grund: Mit Menschen identifiziert es sich am einfachsten.
Wie gesagt, viele fremdartige Spezies waren ein Muss. Da ich, was Aliens angeht, nicht die kreativste Person auf Erden bin, sollte es möglich sein, bei vorhandenen Vorbildern zu klauen. (So gab es eine Klingonin und einen Mon Calamari als Charaktere, und zweitere spielten auch als NSC eine Rolle.) Grund: Das Bild der Mos Eisley-Cantina ist einfach zu geil.
PSI/Magie/Macht sollten im öffentlichen Bewusstsein keine Rolle spielen, auch wenn es sie im geheimen geben kann. (Kam im Spiel dann aber nie vor.) Grund: Zuviel ist mir zu Fantasy, aber ich hatte ein paar Ideen in Richtung entsprechender "Geheimgesellschaften".
Ein bischen cybertechnische Ausrüstung kann es geben, aber es sollte nicht dominieren. Computer-Netzwerke sind auf einen Planeten beschränkt. Kein weitergehender Transhumanismus. Grund: Ein bischen Cyberware und Hacking passt und bereichert, aber wenn es zu dominant wird, schränkt es nur noch ein.
Neben "Freihändler mit eigenem Schiff" sollte das Setting grundsätzlich auch die Möglichkeit bieten, andere Geschichten zu spielen: Agenten im Weltraum, Söldner in einem futuristischen Krieg, "Gute Rebellen vs böses Imperium" ua sollten möglich sein, auch wenn das natürlich eine weitere Ausarbeitung benötigt hätte. (Tatsächlich bespielte wurde aber nur die Freihändler-Sache.) Grund: Ich mag Universal-Settings, die zumindest theoretisch vielfältige Spielansätze bieten.
Raumfahrt
Überlichtschnelle Raumfahrt funktioniert wie folgt: Ein Raumschiff muss auf x% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Dann erzeugt der Hyper-Antrieb ein Energiefeld, dass das Schiff ohne Zeitverzug an einen anderen Ort im Universum schleudert. Damit können aber pro Sprung nur einige Lichtjahre überwunden werden (so etwa wie bei Traveller). Für einen erneuten Sprung muss erneut beschleunigt werden, und der Computer muss den neuen Sprung berechnen, was auch dauert. Auch ist es ratsam, zwischen zwei Sprüngen die Systeme zu checken. Grund: Ein allzu plötzliches Verschwinden im Hyperraum soll es nicht geben (damit entkommt man imperialen Zollschiffen zu leicht...), ebenso kein Rumhängen im Hyperraum wegen der vielen Fragen, die sich mir dann stellen. Trotzdem soll jeder Sprung eine Weile dauern, um Reisen länger und Entfernungen bedeutender zu machen.
Im Normalraum wird mit einem anderen Antrieb (Ionenantrieb) beschleunigt. Grund: Die „Falcon flieht von Hoth“-Situation soll möglich sein: Wir fliegen den Verfolgern zwar davon, aber können nicht in Sicherheit springen.
Grundlage des Ganzen ist die Wasserstoff-Kernfusion. Grund: Wie bei Traveller soll es relativ leicht sein, an Treibstoff zu kommen.
Geschichte
Die Geschichte der frühen Raumfahrt liegt ziemlich im Dunkeln, aber der Theorie nach haben die Menschen den Hyperraum-Antrieb entdeckt, sich langsam in der Galaxis ausgebreitet, und dabei verschiedene andere Spezies entdeckt. Dies führte zur Gründung des 1. Imperiums, dass nach langer Existenz in einem mysteriösen Krieg unterging. Danach folgte eine lange Zeit, in der die Hyperraumfahrt zumindest bei der Menschheit darnieder lag (Travellers „Lange Nacht“). Einige andere Spezies haben sich in dieser Zeit aber weiter verbreitet. Grund: Es soll Relikte und Mythen geben, die wirklich lange zurückreichen. Menschen stammen alle von einer Welt (deren Lage aber heute vergessen ist) und haben sich nicht an mehreren Orten parallel entwickelt, oder wurden von irgendwelchen Unbekannten über die Galaxis verteilt. In der Langen Nacht können von Menschen besiedelte Planeten auf eine niedrigere technologische Stufe zurückgefallen sein, was die Entdeckung „verschollener Kolonien“ ermöglicht, oder das Spielen von Menschen aus einem „barbarischen“ Umfeld.
Das 2. Imperium überspringen wir mal. Aber auch das endete, nach einem verheerenden Bürgerkrieg, in einer Zweiten Nacht, die allerdings wesentlich küruer dauerte. Jahrhunderte, nicht Jahrtausende. Über diese Phase ist mehr bekannt, es ist weit weniger von Mythen umwoben. Auch ging das Wissen um die Hyperraumfahrt nicht so weitgehend verloren, auch wenn sie in den Kriegswirren und dem Chaos danach deutlich zurück ging.
Aus dieser Zweiten Nacht erhob sich vor ein paar hundert Jahren das 3. oder Neue Imperium, und eroberte einen guten Teil des von früheren Imperien beherrschten Raumes zurück.
Vor einigen Jahren allerdings fand eine Rebellion statt, besonders in den spin- und randwärtigen Sektoren des Imperiums, in denen Menschen weniger weit verbreitet sind als in anderen Regionen des Imperiums. Es gelang den Rebellen aber nicht, die Kernregionen des Imperiums zu überrennen, und nach einigen Jahren eines verheerenden Krieges wurde ein unruhiger Waffenstillstand geschlossen. In den Rebellengebieten entstanden ein neues Sternenreich (eigentlich zwei, aber auf dem einen liegt der Fokus): Die Konföderation. Diese will sich durch die Betonung demokratischer Regierungsformen und eine Gleichberechtigung von Menschen und anderen Spezies vom Imperium abheben. Seit der Rebellion herrscht eine Art Kalter Krieg, der jederzeit wieder zu einem heißen werden kann, denn weder hat das Imperium auf seinen Herrschaftsanspruch verzichtet, noch die Konföderation auf ihr Ziel, die Galaxis zu befreien. Grund: Die Möglichkeit, die Galaxis in einen neuen Krieg zu schubsen, wenn die Spieler das wollen, gefällt mir. Das Kalte Kriegs-Szenario ermöglicht eine Menge Plot-Aufhänger, von Agenten-Stories bis zum Schmuggel über die Blockgrenzen hinweg. Außerdem bin ich halt ein Kind des (realen) Kalten Kriegs...
Das Imperium
Dieses 3. Imperium ist durch die Art seiner Entstehung militaristisch. Es ist rassistisch, da es sich in seinen höheren Rängen praktisch ausschließlich aus Menschen rekrutiert. Es ist autoritär und feudal (wie schon sein Vorgänger), da die Übertragung großer Machtbefugnisse auf einzelne Personen bzw Familien sich bei den großen Entfernungen als effektive Regierungsmethode erwies. Dennoch belässt es den meisten beherrschten Welten eine große innere Autonomie, solange die nicht aufmucken und ihre Steuern bezahlen.
Die Ausnahmen bilden die Imperialen Kronkolonien (ICC), die direkt der Herrschaft des Imperiums unterstehen. Diese sind überwiegend von Menschen bewohnt, und die meisten dieser Menschen haben das volle Imperiale Bürgerrecht (im Gegensatz zu den meisten Menschen auf anderen Planeten). Die meisten ICC sind hochentwickelte Industriewelten, die die Stütze der imperialen Macht bilden. Von hier wird das Imperium verwaltet, hier finden sich Ausbildungsstätten für Militärs und Bürokraten, und hier liegen die wichtigsten Werften etc für die imperiale Militärmaschine. An der Spitze der ICC steht Imperial City, der Hauptplanet des Imperiums (praktisch Coruscant aus Star Wars, wenn auch erst seit ein-, zweihundert Jahren ein völlig überbauter Stadtplanet).
Grund: Das Imperium soll zwar unsympathisch sein, aber nicht so grund-böse wie das von Star Wars. Eine autoritäre Militärdiktatur, die aber den meisten Bewohnern auch einige Vorteilen bietet: Den Imperialen Bürgern eine bevorzugte Sonderstellung (wie den römischen Bürgern im römischen Reich), anderen zumindest lokale/planetare Autonomie. Naja, und einigen, besonders vielen Nicht-Menschen, geht es halt dreckig. Es gibt also immer noch Gründe, gegen das Imperium zu sein, und im Untergrund gibt es eine Widerstandsbewegung, wenn man Rebellen spielen will.
Die Konföderation
Nach der Rebellion entstand die Konföderation als Zusammenschluss zahlreicher von den Rebellen befreiter Planeten, Systeme, menschlicher und nicht-menschlicher Völker etc. Diese „Bundesstaaten“ der Konföderation werden auf unterschiedliche Art und Weise regiert und haben eine große innere Autonomie. Jedes Voll-Mitglied entsendet eine Anzahl gewählter Repräsentanten in das zentrale Gremium, den Konföderierten Kongreß, der eine Zentralregierung wählt. Diesen Institutionen sind für gemeinsame Aufgaben zuständig, wie interstellarer Handel oder Verteidigung.
Sehr große Macht haben in der Konföderation allerdings auch verschiedene Megakonzerne. Solche gibt es auch im Imperium, aber hier wird ihrem Macht- und Profitstreben von der imperialen Bürokratie Einhalt geboten, wenn sie nicht sowieso imperialen Aristokraten gehören. In manchen Teilstaaten der Konföderation sind Megakonzerne die entscheidenden Einflussfaktoren, und auch auf der Ebene der Konföderation selber ist ihr Einfluss nicht zu unterschätzen.
Grund: Der Gegenspieler des Imperiums soll auf der einen Seite ein Sympathieträger sein, daher die Anlehnung an Star Wars Neue Republik und Star Treks Föderation. Es soll aber auch nicht das reine Paradies darstellen, und seine eigenen Probleme und Ungerechtigkeiten haben, schon um auch hier Ansatzpunkte für mögliche Plots zu bieten. Die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedern ermöglichen beides: Konzernstaaten, die selber nicht viel erfreulicher sind als das Imperium; utopischen Gesellschaften a la Star Trek-Föderation; und alles dazwischen, wie es gerade passt und gefällt.