VOR DEM HAUS DER VON EISENSTEINS
Nachdem der Professor mir den Schirm abgenommen hat, rücken die beiden darunter zusammen. Der Regen scheint mir ein willkommener Vorwand für diese kleine Idylle. "Ja, ja, heile Welt ... Fehlt nur noch das Trappeln kleiner Füßchen!", denke ich verdrießlich, ohne eine Miene zu verziehen. Dann wende mich von diesem Bild der Eintracht ab. Als ich mir sicher sein kann, dass die beiden sich nicht mehr zu mir umwenden werden, setze ich mich wieder in den Wagen.
Mit Enttäuschung betrachte ich das Haus. Weil die Vernachlässigung offensichtlich schon länger Einzug gehalten hat, gibt es für den Zustand des Hauses zwei mögliche Erklärungen: "Entweder das Haus hat kein ausreichendes Personal ... oder das Personal ist sich selbst überlassen und sich seit langem sehr sicher, dass sich an diesem Zustand auch nichts ändern wird." Beide Optionen stimmen mich nicht hoffnungsfroh, meinen Plan in die Tat umsetzen zu können: Hier an ein Tässchen Kaffee, ein Stück Kuchen mit guter Sahne und einen netten Plausch mit dem jungen Gemüse zu kommen, dürfte schwierig werden ... ganz zu schweigen von einem kleinen Blonden im einen oder anderen Sinne ...
"Ich frage mich, ob dies das Haus des Verstorbenen oder des Rädelsführers in dem Rollstuhl ist? In jedem Fall dürften jetzt die letzten Minuten für die ... wie sagt man noch ... 'Contenance' ... angebrochen sein. Wer zu lange Bescheidenheit und Zurückhaltung heuchelt, der wird leer ausgehen. Alle sitzen jetzt wie die Geier um einen Kadaver im Kreis und beginnen, die Filetstücke ausfindig zu machen, um sich in die beste Ausgangsposition zu bringen, bevor das Hauen und Stechen beginnt. ... 'Er hat ja immer gesagt, die goldene Taschenuhr soll ich einmal bekommen.' 'Wir standen uns ja sooo nahe!' ... Dilettanten! ... Würde ich dazugehören, gäbe es jetzt schon keine Filetstücke mehr ... jedenfalls keine, die man tragen kann."
Ich beobachte die eintreffenden Gäste und wie sie einer nach dem anderen durch die Haustür verschwinden. "Jetzt macht hinne da!"
Als kein weiterer Gast mehr in Sicht ist, mache ich mich auf den Weg. "Wer weiß schon, wieviel Zeit mir bleibt?" Ich entscheide mich dagegen, den Regenschirm mitzunehmen. Wenn ich im Regen stehe, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, schon an der Tür abgewiesen zu werden. Auf der Straße vergewissere ich mich noch einmal, ob alle Gäste im Haus verschwunden sind. Dann mache ich mich zufrieden auf die Suche nach dem Dienstboteneingang. "Versuch macht klug!"