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Kampfsysteme - Glücksspiel oder Taktik?
6:
Ja, Pandemic kenne ich. Aber danke für den Reminder. Mal schauen, was sich da machen lässt. :)
YY:
Ich habe mich für die goldene Mitte entschieden: Alle drei sollten relativ gleichwertig sein.
Die beste Taktik hilft nichts, wenn man nicht die Fähigkeiten hat, sie auch umzusetzen.
Umgekehrt muss man die verfügbaren Mittel und Fähigkeiten sinnvoll anwenden.
Und das alles hilft nichts, wenn das Universum einen Eimer Scheiße über mir auskippt... ;D
Natürlich ist das nicht immer ideal verteilt.
Manchmal gibt es eine alles überschattende Zielsetzung, die es erforderlich macht, große Risiken einzugehen.
Oder man hat es wirklich geschafft, die Rahmenbedingungen so weit zu beeinflussen, dass wirklich so gut wie nichts mehr schief gehen kann.
Andersrum betrachtet:
Wäre der Zufall der mit Abstand wichtigste Faktor, gäbe es keine interessanten Entscheidungen zu treffen (da bin ich ganz bei Pyromancer) - langweilig und ggf. frustrierend.
Wären Charakterfähigkeiten u.Ä. das Wichtigste, wird das Spiel zu einer strategischen Angelegenheit, bei der die jeweiligen taktischen Anwendungen eher Pflichtübung und/oder Kür sind als der Kern des Ganzen - kann mir am Rechner mal Spaß machen, aber im P&P taugt mir das eher nicht.
Und wenn Taktik fast allein entscheidet, sind damit Spielerfähigkeiten überbewertet und der Charakter bzw. dessen Werte treten mir zu weit in den Hintergrund. Dann spiele ich lieber gleich ein "richtiges" Wargame oder ein anderes Brettspiel.
Charakterfähigkeiten und Taktik sind dann so gesehen 2/3 des Gesamtbildes - find ich ok.
Randgelaber:
--- Zitat von: Eadee am 4.10.2018 | 15:39 ---Also kamen wir auf die Idee eine Kampfrunde in 30 Ticks einzuteilen, jeder Spieler plant für diese 30 Ticks verdeckt seine Aktionen und kann sich Ticks aufsparen um besser reagieren zu können wenn er nicht die Initiative gewinnt. Dann würfeln die Kontrahenten wer die Initiative gewinnt und dessen Aktionsliste wird dann abgearbeitet.
--- Ende Zitat ---
Uah, bloß nicht :'(
Mit solchen blinden Ansagen kann man mich jagen. Vor allem, weil da erst mal nur der Spieler anstelle des Charakters gefordert ist und der dann auch noch aufgrund unzureichender Informationen entscheiden muss.
Das läuft erst dann halbwegs rund, wenn man den Gegner in einen recht dichten Kontext stellt - und in dem Moment brauche ich diese Art der Spielmechanik gar nicht mehr, weil das Verhalten schon mehr oder weniger festgelegt ist.
--- Zitat von: Eadee am 4.10.2018 | 15:39 ---In einem Gespräch mit einem Freund stellte ich dann fest dass dies nicht die Art von Kämpfen abbilden würde wie ich sie für glaubhaft halte. In einem (zwei)Kampf führt üblicherweise derjenige der die Initiative hat eine ganze Reihe Schläge aus bevor beide Kämpfer wieder auf Distanz zueinander sind und ein paar Sekunden den Gegner nach einer Deckungslücke absuchen, anschließend kommt es wieder zu einem Schlagabtausch, in dem wieder ein Kämpfer klar in der Offensive und der andere in der Defensive ist.
--- Ende Zitat ---
Da wird für meinen Geschmack eine bestimmte (auch medial geprägte) Vorstellung zu weit verallgemeinert.
Wenn man die ganze Spielmechanik auf diese Grundlage stellt, gibt es leicht recht große Verwerfungen - es sei denn, man bewegt sich in einem Genre, wo das in den meisten Fällen gut hin kommt. Das ist dann aber im Grunde nur Mantel & Degen und mit etwas gutem Willen generische(re) Hollywood-ähnliche Kämpfe.
An der Stelle würde ich mental erst mal wieder einen großen Schritt zurück treten und mir überlegen, was ich warum wie haben will. "Glaubhafte Kämpfe" als Ausgangspunkt steigt mitten im Prozess ein und wirft Überlegungen wie Genre, Spielgefühl u.Ä. über Bord. Und obendrauf muss man dann zuerst mal klären, was man warum für glaubhaft hält - ohne ausführlichen Kommentar kann das nur für Leute funktionieren, die das mehr oder weniger zufällig genau so sehen.
Und wo ich gerade schon zum großen Reflektieren anrege, hier (auch um den verlinkten Beitrag herum) mal was zum Begriff der Initiative.
Wie gesagt: Man tut sich einen großen Gefallen, wenn man erst mal die Begriffe und althergebrachten Konzepte hinterfragt und sich darüber klar wird, was man überhaupt warum wie verregeln will.
In ähnliche Richtung:
--- Zitat von: Eadee am 4.10.2018 | 15:39 ---Aus diesem (extremen) Standpunkt dürfte ein Spieler auch im Kampf keine taktischen Entscheidungen treffen die den Kampfausgang beeinflussen sondern man müsste den gesamten Kampf auf einen oder eine Reihe von vergleichenden Kampftalentproben reduzieren.
--- Ende Zitat ---
Tatsächlich interessiere ich mich grundsätzlich nicht sonderlich für konkrete Kampfmanöver - es sei denn, das System ist sehr detailliert, dann lasse ich mir das gefallen und dann geht es ja auch nicht anders.
Davon ab will ich als Spieler aber eigentlich nur die "großen" Entscheidungen treffen*. Sprich: Grundsatzentscheidung weiterkämpfen oder fliehen/aufgeben u.Ä., Zielauswahl (ggf. ist das schon grenzwertig kleinteilig...), Abstimmung mit anderen usw.
Ob der Angriff jetzt ein Stich oder ein Schnitt ist, in welchem Feuermodus eine Schusswaffe verwendet wird, welche Deckung beim Vorrücken für einige Sekunden genutzt wird usw. - das interessiert mich i.d.R. nicht und bei dem eher groben Detailgrad der meisten Systeme wäre ich allemal damit zufrieden, diese "Mikroentscheidungen" meinem Charakter zu überlassen und sie OOC in die Erzählung zu schieben, anstatt mich damit spielmechanisch auseinanderzusetzen.
Zu meinem Leidwesen belästigen mich aber viele Systeme damit, die diesen Detailgrad gar nicht durchgehend bedienen (können).
*z.B. Pendragon macht das ganz konsequent:
Da bestimmt der vergleichende Kampfwurf keinen Kleinkram wie Angriff bzw. Manöver XYZ gelungen, sondern auf welcher Seite der Wirkungstreffer erfolgt (!) - und die darauf aufbauenden bzw. daraus resultierenden Entscheidungen treffe ich als Spieler zwischen den Würfen (sprich: ohne konkreten spielmechanischen Bezug zu den Würfen).
Das ist natürlich was ganz anderes als sich in einem feinkörnigen Ticksystem mit 25 verschiedenen Manövern und 48 Konteroptionen zu beharken, aber alles andere als langweilig. Im Gegenteil könnten sich da viele komplexere Systeme mal ein Beispiel dran nehmen. Deren enorme Optionsvielfalt trägt nämlich meistens unterm Strich nichts zum Spiel bei und lenkt bei entsprechend ausgerichteter Spielmechanik mMn sogar vom eigentlichen Kern ab.
Und noch mal etwas grundsätzlicher:
Grobes Vorgehen ansagen/Voraussetzungen schaffen/Modifikatoren ermitteln, würfeln, interpretieren und erst dann ausufernd erzählen. Sonst kommt da mMn ganz schnell riesiger Mist raus, egal ob im Kampf, bei sozialen Konflikten oder sonstwo.
ArneBab:
--- Zitat von: Eadee am 4.10.2018 | 15:39 ---In einem Gespräch mit einem Freund stellte ich dann fest dass dies nicht die Art von Kämpfen abbilden würde wie ich sie für glaubhaft halte. In einem (zwei)Kampf führt üblicherweise derjenige der die Initiative hat eine ganze Reihe Schläge aus bevor beide Kämpfer wieder auf Distanz zueinander sind und ein paar Sekunden den Gegner nach einer Deckungslücke absuchen, anschließend kommt es wieder zu einem Schlagabtausch, in dem wieder ein Kämpfer klar in der Offensive und der andere in der Defensive ist.
--- Ende Zitat ---
Ich habe für das EWS eine andere Szene als Vorlage genutzt: Die Schlacht um Osgiliath: https://youtu.be/POmdxFrb6kE?t=180 — ein typischer Kampf geht ein bis drei Kampfhandlungen, danach liegt einer von beiden am Boden. Gute Kämpfer haben bessere Chancen zu gewinnen, aber nichts ist wirklich garantiert. Initiative gibt es nur in Sonderfällen, meist handelt zuerst, wer zuerst ansagt zu handeln — auch wenn das "ich bereite mich darauf vor, zurückzuschlagen" ist.
ArneBab:
--- Zitat von: YY am 4.10.2018 | 23:20 ---Und wo ich gerade schon zum großen Reflektieren anrege, hier (auch um den verlinkten Beitrag herum) mal was zum Begriff der Initiative.
--- Ende Zitat ---
Das ist übrigens sehr lesenswert — und die Videos sind starke Beispiele. Danke!
Eadee:
Sehr interessante Links, danke dafür ich werde das in meine Überlegungen einbeziehen.
Um das Thema erzählerischen Kampf nicht zu ignorieren. Ich hatte erzählerisches deshalb kategorisch ausgeschlossen weil ich, wenn ich einen Kampf erzählerisch abhandle, das regeltechnische Kampfsystem vollkommen verlasse. Zumindest vermute ich dass das mein unbewusster Entscheidungsgang war.
Tatsächlich habe ich aber durch diese Frage (danke dafür) mich daran erinnert dass zB Fate ja tatsächlich erzählerische Aspekte in den Kampf einbringt die Regeltechnische Auswirkungen haben, ohne dass der Kampf auf Handwedeln und Meisterwillkür reduziert wird.
Vielleicht ist das auch das fehlende Puzzlestück um meine persönliche Problematik mit de Kampf zu lösen.
Was ich vorläufig aus der Argumentation der verschiedenen Sichtweisen ziehe ist eine klarere Erkenntnis dessen welche Aspekte in meinem Kampfsystem wichtig sein sollen und vor allem auch wieso:
Das Setting besteht aus einer weitgehend antik anmutenden Fantasywelt in die Menschen aus unserer nahen Zukunft hinein geraten. Da dies bedeutet, dass moderne Schusswaffen in dem Setting vorhanden (aber in begrenzter Anzahl ohne Aussicht auf neue Munition) sind, sollte der Fernkampf ziemlich tödlich sein. Im Nahkampf soll ein Treffer auch schwere Folgen nach sich ziehen (oder gar Kampfentscheidend sein) weshalb man tunlichst vermeiden wird zu kämpfen wenn man nicht meint einen entscheidenden Vorteil zu haben.
Da solche Vorteile nicht nur Überzahl sondern zB auch Moral, Vertrautheit mit der Umgebung und Positionierung in der Umgebung beinhalten bin ich fast gezwungen dazu narrative Elementen eine regeltechnische Auswirkung im Kampf zu geben.
Grundsätzlich ist mir ein "glaubhaftes" (nicht realistisch, das wäre übertrieben, aber glaubhaft) Kampfsystem wichtig in dem üblicherweise nur eine Partei das Ziel hat den Feind zu besiegen während die andere eher das Ziel hat unbeschadet aus dem Kampf zu entkommen um zu einem späteren Zeitpunkt zu den eigenen (siegverheißenden) Konditionen den Kampf suchen kann. Dabei soll es trotzdem möglich sein (nicht wahrscheinlich, aber möglich, sagen wir 20%) das Blatt mit taktischem Geschick und Würfelglück zu wenden.
Die Regeln sollen vor allem den Gruppenkampf gut abdecken. Kriege zwischen Armeen stehen nicht im Fokus des Spielgeschehens (auch wenn es Kriege in dieser Welt gibt).
Formale Duelle zwischen Einzelkämpfern sollten dagegen Situationen sein bei denen beide Parteien auf Sieg spielen statt nur auf Überleben. Wenn das Kampfsystem in der Lage ist Gruppenkampf und Duelle gleich gut abzubilden, toll, aber wichtiger ist dass es den Gruppenkampf so abbildet wie gewünscht.
Nachdem hier schon viel neuer Input gekommen ist der mich inspiriert hat freue ich mich schon auf weitere Beiträge!
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