Ja, das trifft's eigentlich ziemlich gut. Ich finde diese Experience die zB DW aufbeschwört ja ganz interessant, aber sich sklavisch an diese pbtA-inhärente Eskalationskaskade halten zu müssen kann auch ganz schön nerven als SL.
Mit dem "Change the Game"-Move, zum Beispiel, bekommst du eine Spielressource (Juice) die du ausgeben kannst, um unter anderem Storytags zu erschaffen. Damit lädst du praktisch Umgebungsfakten der Szene mit "Storyrelevanz" auf, damit sie dir einen Vorteil oder Jemand anderem einem Nachteil bei einem anderen Move verleihen. Du kannst deinen Juice aber nur für Veränderungen in der Storyrelevanz einsetzen, die sich organisch aus den für den Move eingesetzten Power Tags ergeben. Ehrlich gesagt, schwirrt mir da jetzt schon der Kopf, aber wenn ich das richtig verstehe: mit dem Power Tag "lights up in electric flashes" könntest du so den strömenden Regen elektrisieren, damit er Gegner behindert? Das ist aber ein sehr banales Beispiel, das System geht ja noch tiefer. Im Grunde willst du mit dem Move die narrativen Qualitäten der in der Szene geschehenden Dinge verändern und das erfordert weit mehr Meta-Denke (eben auch vom Spieler), als ein bloßes Abfragen der Power Tags für ein binäres Erfolgsergebnis. Das nur als Beispiel.
Als Spielleiter muss man darüber hinaus auch bei den anderen Moves und Regeln diese Meta-Gedanken mit abwägen. Wenn der Spielercharakter jetzt XY attackiert, kann das "Go Toe to Toe", "Hit With all You Got" oder "Take a Risk" sein. Welcher Move es ist richtet sich, soweit ich das richtig verstehe, rein an der zwingenden Fiktion der Szene, also am dramaturgischen Wert der Handlung aus. Um den einzuschätzen muss ich als Spielleiter immer "rausgehen" und einen objektiven Blick auf die narrative Struktur der Szene werfen. Und das … überfordert mich einfach.
Ich verstehe nicht, wieso ihr Euch an dieser Stelle zu irgendwas gezwungen fühlt und ich glaube, ich habe mir auch noch Gedanken über die narrative Struktur gemacht, was immer das ist. Man kann in DW ebenso einen Abend in der Taverne ausspielen, wie in D&D, ohne dass ein einziger Move gemacht oder Würfel geworfen oder Zauber geschmissen wird. In dem Moment spiele ich vielleicht nicht unbedingt das Spiel, aber das ist doch auch gar nicht nötig.
Und ich muss auch nicht zwingend bis zum letzten eskalieren. Ebenso könnte ich zum Beispiel die Überquerung eines Flusses mit einem einzigen Spielerzug abhandeln. Der klappt, dann ist es gelungen oder nicht, dann passiert was Schlimmes oder es gibt vielleicht noch einen Folgezug und dann ist wieder gut, nächste Szene.
Was schon stimmt ist, dass PbtA-Spiele alleine schon durch das Anwenden von Moves und Aussuchen von Möglichkeiten nicht immer erlauben, in der Charakterperspektive zu bleiben. Muss man halt akzeptieren oder was anderes spielen. Es wird, zumindest in City of Mist, auch mehr szenisch gedacht, im Sinne von einen Film drehen.
Das Besondere an den Moves ist, dass sie eben immer die Handlung weitertreiben. Ob nun als Erfolg, Komplikation oder als Misserfolg, Stillstand geht nicht. Und dass sie gewisse Handlungsverläufe, die eben genretypisch sind, vorgeben. Aber das geht für mich nicht so weit, dass sie es auf Teufel komm raus erzwingen.
Und was mich persönlich schon stresst als GM bei PbtA-Spielen ist, dass ich mir ständig irgendwelche Dinge ausdenken muss. Das überfordert mich schlichtweg manchmal. In klassischen Spielen kann ich es mir eher mal zu erlauben zu sagen: Du hast keinen Erfolg. Nichts passiert. Das ist nicht die beste Lösung, aber es macht jetzt auch nicht viel kaputt, außer das das Spiel ein bisschen ins Stocken gerät. Bei PbtA sollte mir was mehr oder minder Tolles einfallen, wie die Situation eskaliert. Wenn ich das nicht mache, habe ich das Spiel kaputt gemacht, weil ich den Misserfolg entwertet habe. Das ist also Segen und Fluch zu gleich.
Was den Change-the-Game-Move angeht: Bei Dungeon World heißt es "Begin and end with the fiction": Der Spieler beschreibt eine gewisse Handlung und wählt dann in Abhängigkeit vom Würfelergebnis Konsequenzen. Wenn er Juice kriegt, kann er den sofort oder später wieder in Fiktion umwandeln. Die kann im Falle von City of Mist eben noch eine quantitative Komponente haben: Je mehr Power ich investiert habe, desto mehr bewirke ich mechanisch. Im Grunde ist das aber nicht viel anders als "Hold X" in AW.