Autor Thema: Themenfokus auf Macht bei unterschiedlichen Spielarten [war: RoboGasmGate]  (Gelesen 6030 mal)

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Offline Crimson King

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Ich hatte angenommen (völlig wertfrei), die Themen von Kult und die Zielsetzung der emotionalen Beeinflussung der Spieler seien die Gründe, weshalb man für das Remake von Kult zu einem Storygame-System (pbtA) gegriffen habe.
Persönlich würde ich ja lieber mit den klassischen Regeln spielen, aber ich ordne mich da mal ganz devot der Machtausübung des Spielleiters unter.  ;)
Bin gespannt.

Das ist jetzt OT, deshalb nur ganz kurz als Einwurf: die Originalregeln sind für ein Horror-Rollenspiel unbrauchbar. Die gehen eher Richtung rules heavy simulationism mit angetackerter Psycho-Komponente. Dass für die neue Edition die Wahl auf pbtA fiel, erkläre ich mir allerdings auch nicht mit einer tief gehenden Analyse, die die Zielvorstellungen mit den Möglichkeiten der Engine abgleicht, sondern mit pbtA-Hype. Da kann ich mich aber natürlich irren. Nichtsdestotrotz ist pbtA eigentlich auf ergebnisoffenes kooperatives Geschichtenfortschreiben ausgelegt, aber beispielsweise die Black-Medusa-Kampagne doch eher linear.

Wenn man KULT mehr als Urban Dark Fantasy spielen will, taugen die alten Regeln dagegen leidlich, wobei mir auch da etwas leichtgewichtigeres lieber wäre.

Um aufs Thema zurück zu kommen: Horror beinhaltet aus meiner Sicht eine vergleichsweise hohe Machtfülle beim SL bezüglich Ingame-Fakten. Die Spieler bzw. deren Charaktere haben ingame wenig bis keine Kontrolle über die Situation. Gleichzeitig brauche zumindest ich für Horror vergleichsweise viel konkrete Vorbereitung in Form von Orten, Szenen, Folgen bestimmter Entscheidungen, vor die die Spieler gestelltwerden etc., während ich eher konventionellen Abenteuerkram in deutlich größerem Maße improvisiere. Für mich beißt sich beides mit dem pbtA-Ansatz. DRYH arbeitet da für mich deutlich besser. Ansonsten nehme ich gerne die reduzierte nWoD-Variante aus dem Mirrors-Buch.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Die Völker aufeinander schlagen.
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
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J.W. von Goethe

Offline Maarzan

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Noch einmal ein paar Thesen unter dem Eindruck eines anderen Fadens:

a) Nominell betrifft alles nur die Spielerfiguren, nicht den Spieler.
b) Praktisch steht doch hinter jeder Figur auch ein Spieler, der mit seiner Figur irgendwo emotional verbunden ist, mal mehr, mal weniger und ggf. auch nicht in jedem Bereich gleichermaßen.
c) Diese Verbindung ist für viele - aber bei weitem nicht alle - ein Teil des Reizes am Rollenspiel, ungefähr wie Würze beim Essen. Aber es gibt auch bei Würze den individuell falschen Geschmack oder einfach zuviel davon.
d) Über die passende Wahl des Reizes kann man eben nicht nur die Figur packen, sondern auch den Spieler. Das N(arrativismus) in GNS beruht genau darauf, dass mit speziell den Spieler treffenden  kritischen Entscheidungen dieser direkt und durchgreifend berührt und gefesselt und so ein Unterschied zwischen 0815 und mitreißendem Spiel erzeugt werden kann.
e) Mit diesem Durchgriff auf die Spielerebene öffnet man aber eben auch das Fenster für Trigger negativer Art.
f) Dieser Durchgriff auf die Spielerpsyche erzeugt damit auch eine gewisse Macht über den Spieler durch seine Figur hindurch. Für manche Leute ist das genau der Reiz und ein Extra Schub für das Spiel, andere empfinden das dann zunehmend bis extrem manipulierend bis hin zu extrem übergriffig.
g) Die Chance und Heftigkeit von solchen Treffern dürfte deutlich steigen, je privater die Einschläge treffen. (Weshalb Übergriffe gegen die Figurenfamilie auch so beliebt sind)

Warum werden besonders gerne Familienangehörige entführt, bedroht oder ermordet, wenn ein Spielleiter einen Hebel braucht um das Spiel in eine besondere Richtung zu lenken? Weil es genau auf die Emotionen und Ängste des Spielers zielt hier dann keinen Rückzieher machen zu können, auch wenn ihm das sonst massiv gegen den Strich geht (und er beim nächsten Mal dann keine Figurenfamilie mehr hat) 

Und wo einem als Figur - gerade als ggf politisch aktive -  solche Schicksalsschläge passieren können oder man vielleicht gar damit rechnen muss, wenn man sich akut Feinde gemacht hat, - es aber so auch hier natürlich immer mal zufällig ein Traumata treffen kann - , wird so etwas in den Händen eines Dramaspielleiters (nicht zu verwechseln mit dem Fall, wo so ein Szenario abgesprochen und rechtzeitig vorgewarnt oder gar gemeinsam gesetzt wird) dann zur bewußt und willkürlichen Waffe, welche bewußt benutzt wird, um über den sich so bietenden emotionalen Hebel seine Idee von "besserer Geschichte" durchzusetzen und die Spieler in die gewünschte Richtung zu zwingen. 
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Offline Alexandro

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Zitat
Das N(arrativismus) in GNS beruht genau darauf, dass mit speziell den Spieler treffenden  kritischen Entscheidungen dieser direkt und durchgreifend berührt und gefesselt und so ein Unterschied zwischen 0815 und mitreißendem Spiel erzeugt werden kann.

Abgesehen davon, dass das nicht so in "Narrativism: Story Now!" drinsteht (evtll. in irgendwelchen späteren Forge-Posts zu dieser CA)... ob man es bewusst macht oder unbewusst ist eigentlich relativ egal.

Dass z.B. Familienangehörige entführt werden um die Helden zu motivieren ist ja gerade nichts, was die Narrativisten erfunden haben. Rollenspiel ist halt ein mediengeprägtes Hobby und viele SL haben sowas und ähnliche Sachen halt irgendwo (Film, Serie, Buch, Comic...) gesehen und hielten das für eine gute Idee. Triggermomente können dabei natürlich auch entstehen, auch (und gerade) wenn der SL das nicht intendiert hat.

Narrativism hatte dagegen die Idee, dass die Spieler im Boot sind, was die Vorbereitung solcher Momente angeht. Dass sie z.B. nicht nur festlegen "Jo, ich habe halt Familie", sondern sie dem SL (über Kickers und Flags) sehr deutlich vermitteln, welche die Funktion die Familie für die Geschichte des Charakters hat und was für Erwartungen sie in dieser Hinsicht haben.
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Maarzan

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Abgesehen davon, dass das nicht so in "Narrativism: Story Now!" drinsteht (evtll. in irgendwelchen späteren Forge-Posts zu dieser CA)... ob man es bewusst macht oder unbewusst ist eigentlich relativ egal.

Dass z.B. Familienangehörige entführt werden um die Helden zu motivieren ist ja gerade nichts, was die Narrativisten erfunden haben. Rollenspiel ist halt ein mediengeprägtes Hobby und viele SL haben sowas und ähnliche Sachen halt irgendwo (Film, Serie, Buch, Comic...) gesehen und hielten das für eine gute Idee. Triggermomente können dabei natürlich auch entstehen, auch (und gerade) wenn der SL das nicht intendiert hat.

Narrativism hatte dagegen die Idee, dass die Spieler im Boot sind, was die Vorbereitung solcher Momente angeht. Dass sie z.B. nicht nur festlegen "Jo, ich habe halt Familie", sondern sie dem SL (über Kickers und Flags) sehr deutlich vermitteln, welche die Funktion die Familie für die Geschichte des Charakters hat und was für Erwartungen sie in dieser Hinsicht haben.

Narrativismus funktioniert genau über dieses Ansprechen des Spielers mit solchen kritischen Entscheidungen.

Der Rest was du sagst stimmt, hat aber mit meiner Aussage zu Narrativismus nichts mehr zu tun.

Nebenbei war Ergebnisoffenheit der Abhandlung der so in Zusammenarbeit bewußt herbeigeführten Szene/ Krise ein weiterer relevanter und definierender Punkt bei N. (Womit ich persönlich übrigens Narrativismus im GDS-Spektrum in einer eigenen, spezialisierten Nische des S sehen würde.)






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Pyromancer

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Die Wahrnehmung, dass "Storygames" im besonderen Maße anfällig für Manipulationen durch den Spielleiter seien, überrascht mich, weil es doch gerade diese Spiele sind, die sich bemühen, mehr Kontrolle über die Erzählung auf die SpielerInnen zu übertragen. Ich denke dabei vor allem an powered by the apocalypse-Spiele, weil ich die besser kenne. Das sind - zumindest teilweise - "Storygames", oder?

Ich würde erwarten, dass es eher die Spiele sind, die die gesamte Kontrolle über die Erzählung allein dem Spielleiter zugestehen, in denen Übergriffe des Spielleiters vorkommen.

Ich kann das an mir selbst ganz gut beobachten: Beim Storyonkel-SL, wo ich kaum Kontrolle habe, lehne ich mich zurück und genieß die Show. Wirklich NAHE geht mir das Spiel nur, wenn ich Einfluss habe, wenn ich Entscheidungen treffe.

Und es sind ja auch gerade diese Spieler(!)-Entscheidungen, auf die die Forge-Opas so aus waren/sind. Ihnen geht es darum, durch Manipulation das Geschehen auf diese emotionalen Entscheidungen hin zu lenken. Paradebeispiel ist da das schon erwähnte Dogs in the Vineyard, wo die Spieler/Charaktere zwar im vorgesteckten Rahmen volle Entscheidungsfreiheit haben, dieser Rahmen und das drum herum aber sehr geschickt so aufgebaut sind, dass am Ende fast zwangsläufig diese Entscheidungen heraus kommen. Und das hat Baker ja auch ganz offen so gesagt, dass es bei DitV darum geht, dass die SL durch das Spiel etwas über die Spieler erfährt. Der Machtunterschied ist da kein Ausrutscher, sondern Designziel.

Offline Alexandro

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Exakt. Hätte der SL im Far Verona-Beispiel narrativistisch gehandelt, dann hätte er der Spielerin die Wahl gelassen, wie Johnny mit dem "Robosexuellen" umgeht (ihm eine rüde Abfuhr erteilen, versuchen ihn schonend zurückzuweisen, eine Ausrede erfinden um sich aus der Situation zu entfernen... oder sich halt auf die angebotene Erfahrung einlassen) - das wäre eine großartige narrative Situation gewesen, weil jede dieser Entscheidungen die Basis für interessante Spielsituationen bilden könnten.

Stattdessen hat der SL aber den Entscheidungsteil rausgekürzt und gleich nicht nur beschrieben was mit dem Charakter passiert, sondern auch gleich, wie sich dieser dabei fühlt. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was Narrativisten wollen.

Der Rest was du sagst stimmt, hat aber mit meiner Aussage zu Narrativismus nichts mehr zu tun.

Deine Grundprämisse zu widerlegen hat für dich nichts mit deiner Aussage zu tun? OK.  ::)
« Letzte Änderung: 29.05.2020 | 18:15 von Alexandro »
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Offline Maarzan

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...

Stattdessen hat der SL aber den Entscheidungsteil rausgekürzt und gleich nicht nur beschrieben was mit dem Charakter passiert, sondern auch gleich, wie sich dieser dabei fühlt. Das ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was Narrativisten wollen.

Was mir primär noch einmal die Wichtigkeit unterstreicht zwischen verschiedenen Spielstilen und ggf. auch anderen auftretenden dysfunktionalen Varianten auch entsprechend genau zu unterscheiden - selbst wenn sie jeweils dasselbe Wort mit im Namen führen sollten.
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Offline Hewisa (gone for good)

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Und das hat Baker ja auch ganz offen so gesagt, dass es bei DitV darum geht, dass die SL durch das Spiel etwas über die Spieler erfährt. Der Machtunterschied ist da kein Ausrutscher, sondern Designziel.
Das müsste ich nochmal nachlesen, aber ich bin fast sicher, dass es darum ging, dass alle MItspieler (inklusive SL) gegenseitig etwas über sich erfahren bzw. von sich preisgeben. Und da unterstelle ich mal, dass da so ein "intellektueller Anspruch" mit rein spielte - damit es nicht "einfach nur ein Spiel" ist sondern auch gleich Selbsterfahrungs-Tool und Therapieoption mit eingebaut sind. Das kann man mit Fug und Recht prätentiös finden; ob da ein Machtunterschied zwischen den einzelnen Spielern (der SL wurde da ja auch immer klar als Mitspieler begriffen) Designziel war, das wage ich zu bezweifeln.
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Offline Maarzan

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Das kann man mit Fug und Recht prätentiös finden; ob da ein Machtunterschied zwischen den einzelnen Spielern (der SL wurde da ja auch immer klar als Mitspieler begriffen) Designziel war, das wage ich zu bezweifeln.

Das hat glaube ich auch keiner behauptet.
Das Zielen auf die persönliche, emotional bewegende Ebene des Spielers setzt erst einmal nur einen gewissen direkten Haken zu Spielergemüt.
Das kann jetzt bei passender gewollter anwendung ein deutlich intensiveres Spielerlebnis erzeugen.
Das kann aber auch von einem selbstherrlichen Spielleiter/Mitspieler dazu benutzt werden, den so Betroffenen an diesem Haken durch den Ring zu ziehen oder anderweitig zu beeinträchtigen.
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Online Runenstahl

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Ich betrachte mich zwar als Pen & Paper Veteranen aber wo jetzt der Untschied bzw die Grenze zwischen Storygames und "anderem" RPG sein soll bzw wie sich Storygames definieren weiß ich nicht. Da dürft ihr mich gerne mal aufklären.

Gibt es denn wirklich Spielarten bei denen der SL bestimmt wie sich Charaktere fühlen ?

Ich kenne es nur so das der SL versuchen kann durch eine atmosphärische Beschreibung die jeweiligen Gefühle hervorzurufen. Also nicht "Als ihr XY seht dreht sich euch der Magen um und ihr bekommt Angst" sondern halt eher XY beschreiben und es den Spielern überlassen wie ihre Charaktere sich nun fühlen. Das man als SL dabei versucht bestimmte Gefühle hervorzurufen liegt doch eigentlich in der Natur der Sache. Das macht jeder Regisseur und jeder Autor ja auch. Wenn ich ein Horrorspiel leite dann versuche ich natürlich durch meine Beschreibungen eine unheimliche Atmosphäre zu schaffen.

Mir ist (auch im PbtA Bereich) kein Spiel bekannt das es dem SL erlaubt zu bestimmen was die Charakter fühlen (besondere Effekte wie Beherrschung, Magie etc. mal ausgenommen). Ist ne Weile her das ich Dogs in the Vineyard gelesen habe, aber darf der SL das laut Regeln da ?

Mir sind sehr wohl SL bekannt die derartiges bisweilen trotzdem versuchen... aber das hat nichts mit dem gewählten Spielstil zu tun sondern nur was mit dem SL (und das muß vom SL noch nicht mal Böse gemeint sein sondern kann auch einfach nur Unwissenheit sein wie man es besser machen könnte).
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Offline nobody@home

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Gibt es denn wirklich Spielarten bei denen der SL bestimmt wie sich Charaktere fühlen ? [...]

Mir ist (auch im PbtA Bereich) kein Spiel bekannt das es dem SL erlaubt zu bestimmen was die Charakter fühlen (besondere Effekte wie Beherrschung, Magie etc. mal ausgenommen).

Tjaaaa...also, wenn ich die in den Regeln jeweils ausdrücklich zu diesem Zweck vorgesehenen Effekte von vornherein als "besonders" gleich wieder aus der Betrachtung herausnehme, dann nein, dann gibt's solche Spielarten wohl tatsächlich nicht. ;)

Wenn ich das natürlich nicht tue, dann fängt das Trara allerdings strenggenommen durchaus schon bei Ur-D&D an, wo es eben doch die verschiedensten Methoden gibt, zu bestimmen, daß mein Charakter jetzt (meinetwegen nach vergeigtem Rettungswurf) beispielsweise Angst hat, in blinde Wut verfällt, einen Fremden für seinen besten Freund hält, einer unwiderstehlichen Versuchung nachgibt...und so weiter, und so fort. Dann ist daran schon längst nichts Neues mehr.

Offline Hewisa (gone for good)

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Das hat glaube ich auch keiner behauptet.
Ich bin nicht sicher, ich hatte diesen Passus
Der Machtunterschied ist da kein Ausrutscher, sondern Designziel.
so verstanden. Daher der Einwurf.
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Offline Suro

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Könnte mal jemand noch etwas zum Begriff der "Manipulation" sagen, der hier jetzt mehrfach gefallen ist (sowohl bei Maarzan als auch bei Pyromancer war davon auf dieser Seite die Rede)? Ich will hier keinen Definitionskrieg anfangen, hätte aber ein paar Verständnisfragen (mir ist bewusst, dass unterschiedliche Leute, die den Begriff verwendet haben auch unterschiedliches im Sinn haben können, mich interessiert nur, wer was gemeint hat).

1) Mir scheint es, als würde "Manipulation" grundsätzlich als etwas negatives aufgefasst. Richtig verstanden?
2) Eine kurze Googelei meinerseits ergab, dass Manipulation desöfteren mit (absichtlich) verdeckter/verborgener Beeinflussung in Verbindung gebracht wird. Ist das der Stein des Anstoßes, oder ist auch eine offene Beeinflussung "Manipulation"?
3) Spontan hatte ich Manipulation als "Beeinflussung der Emotionen" der Spieler durch den SL verstanden; bei Pyromancer klingt es für mich auch etwas danach, dass "das Spiel" bzw. das Szenario "manipuliert" wird (so wie man auch Würfel zinken oder Spielkarten unfair manipulieren kann). Ist das auch Teil der hier intendierten Bedeutung? (Mir ist klar, dass Ersteres auch durch Letzteres erreicht werden könnte)

Ich persönlich verstehe Manipulation als unerwünschte, verdeckte Beeinflussung. Wenn hingegen jemand offen ankündigt, ein Horror-Abenteuer zu leiten und im Vorhinein am Besten noch abklärt, welche Arten von Horrorquellen für die Spieler o.k. sind bzw. entsprechende Sicherheitstechniken verwendet, sehe ich das erzeugen von Horror in den Spielern im Normalfall nicht als "Manipulation" an, da eben das unerwünschte und verdeckte (vielleicht auch "hinterhältige" Element fehlt).

Andererseits: Im Bezug auf Medien und Emotionen fällt mir das bei manchen Filmen auf, wo ich manchmal das Gefühl habe, die Produzenten versuchen (ungeschickt) mich Dinge fühlen zu lassen, die mir in der Situation relativ fremd sind (durch unangebrachte Schockeffekte, Einsatz von Musik etc.). Da ist es ja schon so, dass diese Beeinflussung nicht gerade versteckt ist; bei einem Horrorfilm ist die Erzeugung von Furcht normalerweise ja auch nichts unerwünschtes. Für mich persönlich sind es da gerade die unsubtilen, "billigen" Tricks, die mir auf den Zeiger gehen (z.B. haben mich bei dem zweiten Teil von "ES" die vorhersehbaren Jump Scares furchtbar angenervt; beim letzten StarWars Teil waren es die "Dieser Charakter der dem Publikum ist tot - Überraschung, doch nicht!"-Tricks, die ich ziemlich unangenehm fand.
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Offline Maarzan

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Ich bin nicht sicher, ich hatte diesen Passusso verstanden. Daher der Einwurf.
Ja, da habe ich drüber gelesen - vermutlich, weil ich das in dem Zusammenhang auch direkt für so ganz und gar nicht haltbar und unverbunden zum Tewxt davor angesehen habe. Wenn, wird hier die Macht ja ganz bewußt und spezifisch begrenzt zur Umsetzung von akuten Spielwünschen gegeben. 


Könnte mal jemand noch etwas zum Begriff der "Manipulation" sagen, der hier jetzt mehrfach gefallen ist (sowohl bei Maarzan als auch bei Pyromancer war davon auf dieser Seite die Rede)? Ich will hier keinen Definitionskrieg anfangen, hätte aber ein paar Verständnisfragen (mir ist bewusst, dass unterschiedliche Leute, die den Begriff verwendet haben auch unterschiedliches im Sinn haben können, mich interessiert nur, wer was gemeint hat).

1) Mir scheint es, als würde "Manipulation" grundsätzlich als etwas negatives aufgefasst. Richtig verstanden?
2) Eine kurze Googelei meinerseits ergab, dass Manipulation desöfteren mit (absichtlich) verdeckter/verborgener Beeinflussung in Verbindung gebracht wird. Ist das der Stein des Anstoßes, oder ist auch eine offene Beeinflussung "Manipulation"?
3) Spontan hatte ich Manipulation als "Beeinflussung der Emotionen" der Spieler durch den SL verstanden; bei Pyromancer klingt es für mich auch etwas danach, dass "das Spiel" bzw. das Szenario "manipuliert" wird (so wie man auch Würfel zinken oder Spielkarten unfair manipulieren kann). Ist das auch Teil der hier intendierten Bedeutung? (Mir ist klar, dass Ersteres auch durch Letzteres erreicht werden könnte)

Ich persönlich verstehe Manipulation als unerwünschte, verdeckte Beeinflussung. Wenn hingegen jemand offen ankündigt, ein Horror-Abenteuer zu leiten und im Vorhinein am Besten noch abklärt, welche Arten von Horrorquellen für die Spieler o.k. sind bzw. entsprechende Sicherheitstechniken verwendet, sehe ich das erzeugen von Horror in den Spielern im Normalfall nicht als "Manipulation" an, da eben das unerwünschte und verdeckte (vielleicht auch "hinterhältige" Element fehlt).


1) Es lassen sich möglicherweise ein paar "gute" Anwendungen konstruieren, aber generell ja, da wird ein verfügbarer Hebel unangemessen gegen jemanden anders eingesetzt.
2) Das ist ein Teil dessen, was den negativen Charakter ausmacht.
3) Nein, nicht alleine Beeinflussung der Emotionen, sondern das bewußte und gezielte Triggern von Emotionen, welche bei dem Ziel an die innere Substanz gehen und daher sowohl entsprechend schwerer zu verarbeiten geht, als auch die Gefahr von emotionalenVerletzungen erhöht.


Beispiel an Hand einer Eskalationsleiter: Der Spieler sollen etwas tun, was ihnen eigentlich gerade gar nicht passt:

Die Bösen drohen ansonsten umzubringen:
- Fremde
- erwachsene Leute deiner eigenen Gruppe/Fraktion
- Kinder deiner eigenen Gruppe
- deine eigenen Kinder
- deien eigenen Kinder und es wird "plastisch" dargestellt

Ich denke die anziehenden Daumenschrauben sind erkennbar. Irgendwo beginnt der Gedanke den Spieler mit anzugreifen, nicht nur die Figur.

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Offline Alexandro

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Das Zielen auf die persönliche, emotional bewegende Ebene des Spielers setzt erst einmal nur einen gewissen direkten Haken zu Spielergemüt.

Nur dass es im Narrativismus nicht der SL ist, der darauf ziehlt, sondern die Spielende Person selber.
Deswegen ist die Behauptung, dass dieser Spielstil mehr zur "Manipulation" neigt, ganz großer BS.

Zitat
Was mir primär noch einmal die Wichtigkeit unterstreicht zwischen verschiedenen Spielstilen und ggf. auch anderen auftretenden dysfunktionalen Varianten auch entsprechend genau zu unterscheiden - selbst wenn sie jeweils dasselbe Wort mit im Namen führen sollten.
Narrativismus (Storynow) =/= Storytelling =/= Storygames

Diese Unterscheidung existiert schon lange. Lies dir mal "Story Now" durch (speziell den zweiten Teil des Artikels), bevor wir hier weiterreden. Da wird recht deutlich aus "SIM, mit Fokus auf intensivem Erleben" (und welche Probleme sich ergeben können, wenn man das auch als "Storyintensiv" bezeichnet) eingegangen.
« Letzte Änderung: 29.05.2020 | 15:11 von Alexandro »
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Offline Maarzan

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Nur dass es im Narrativismus nicht der SL ist, der darauf ziehlt, sondern der Spielende selber.

Deswegen ist die Behauptung, dass dieser Spielstil mehr zur "Manipulation" neigt, ganz großer BS.

N: Narrativismus lebt zwar auch von solchen emotional tangierenden Themen, aber tut dies in einem üblicherweise spezifischen und erklärten Fokus (und dabei/daher auch kürzeren, themenfokusierten Spielen). Damit ist das Problempotential durchaus gerade hier da, aber eben vorab typischerweise erkennbar und damit abklärbar, so dass kaum jemand davon überrascht werden sollte.

Ja, und?

Das theoretische Verletzungspotential ist da, aber eben im abgesprochenen und eng umfassten Konsens, also kein Fall für Machtmissbrauch und eher selten bis nicht zu erwartenden negativen Triggerüberraschungen.
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Offline Viral

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Vielleicht sollte man sauber trennen:

Spielstil - im hier betrachteten Fall - kann sehr wohl zu Manipulation, Übergriffigkeiten etc. neigen.

Das Spielgenre Narrativismus als solches eher nicht.

Irgendwie geht mir die beiden Punkte zu stark durcheinander ...

Offline Alexandro

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@Maarzan: Nur weil du deine Definition wiederholst, wird die nicht weniger unbrauchbar. Was du beschreibst ist SIM mit starkem Erlebnisfokus.

@Viral: Auf den Spielstil (konkrete Techniken) wurde hier noch gar nicht eingegangen. Bisher wurde hier nur auf dem "warum" rumgeritten (und versucht bestimmte Beobachtungen irgendwie mit einem diffusen Storygamer-Spielstil in Verbindung zu bringen, obwohl diese erwiesenermaßen spielstilunabhängig existieren) und das ist halt wenig zielführend.
« Letzte Änderung: 29.05.2020 | 15:26 von Alexandro »
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Offline Maarzan

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@Maarzan: Nur weil du deine Definition wiederholst, wird die nicht weniger unbrauchbar. Was du beschreibst ist SIM mit starkem Erlebnisfokus.
Wenn du so darauf bestehst keine Ahnung zu haben, erübrigt sich wohl ein weiterer Austausch mit dir. ..  ::)
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Offline Alexandro

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Ach, ich vergaß. Fakten interessieren dich ja nicht.  ::)

Diese Unterscheidung existiert schon lange. Lies dir mal "Story Now" durch (speziell den zweiten Teil des Artikels), bevor wir hier weiterreden. Da wird recht deutlich auf "SIM, mit Fokus auf intensivem Erleben" (und welche Probleme sich ergeben können, wenn man das auch als "Storyintensiv" bezeichnet) eingegangen.
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Offline Maarzan

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Ach, ich vergaß. Fakten interessieren dich ja nicht.  ::)

mimimi stimmt ja alles gar nicht - ohne irgendeinen eigenen Sachbezug oder gar eine Gegendefinition  - ist dann Fakten" ..., alles klar.
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Offline Alexandro

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Ich habe Quellenangaben geliefert, du hast nur selbst zusammenfabulierte "Definitionen" in den Thread gekackt.  ::)
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Offline Crimson King

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J.W. von Goethe

Offline Maarzan

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Das da bloss hinger*e Schlagwort soll vermutlich auf
http://www.indie-rpgs.com/_articles/narr_essay.html

verweisen, wo der interessierte Leser sich dann ja eine eigene Meinung zu machen kann, was mit
„Story Now requires that at least one engaging issue or problematic feature of human existence be addressed in the process of role-playing“
 gemeint ist und wie „Think of the Now as meaning, "in the moment," or "engaged in doing it," in terms of input and emotional feedback among one another.“ dieses input und emotional feedback wohl wirkt für jemanden, für den „but in this case the real people's attention is directed toward one another's insights toward the issue, rather than toward strategy and guts“ bei dem gewählten Thema greift.

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Offline ArneBab

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1) Mir scheint es, als würde "Manipulation" grundsätzlich als etwas negatives aufgefasst. Richtig verstanden?
Nicht unbedingt. Eine der heftigsten — und erinnerungswürdigsten — Runden, die ich hatte, war in Delta Green (verkürzt: Cthulhu heute mit starken Chars). Bei der der SL uns so geschickt manipuliert hat, dass wir erst Augenblicke nach dem abschließenden Ritual gemerkt haben, dass wir die Welt nicht gerettet, sondern dem Untergang geweiht hatten — und schon vor mindestens einer Stunde hätten merken können, dass was nicht stimmt.

Das war meisterhafte Manipulation und eine tolle Runde.
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«