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[Deadlands] Savage West Solo Play
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Während der Feierlichkeiten wird Rex von mehreren der Anouk-Krieger umringt, und mit den Worten „Zamantha Muroa“ abgeführt. Ist dies ein Wort in ihrer Sprache, oder der Name einer Person? Die anderen menschlichen Diener scheinen nicht alarmiert deswegen: Zamantha Muroa wolle ihn eben sprechen, das scheint ihrer Ansicht nach zu erwarten gewesen zu sein.
Auf einer der hoch gelegenen Holzplattformen kümmern sich mehrere der Menschen um tropische Pflanzen in riesigen Steinkübeln, begießen sie vorsichtig mit (in dieser Einöde kostbarem) Wasser. Die dunkelhäutige Schöne steht zwischen ihnen, und scheint das Ganze mit gestrengem Blick zu überwachen. Sie macht sich nicht die Hände schmutzig. Die Anouk-Krieger lassen Rex dort stehen, und gehen wieder weg. Oh, wie dieser Mann ungern darauf wartet, dass ihm das Wort erteilt wird! Seine schwarzen, buschigen Brauen verfinstern sich bedrohlich! Aber er ist Gentleman der alten Schule, der verreckt nochmal ganz alten Schule, er räuspert sich nur unwirsch. Schließlich wendet die Frau ihm huldvoll ihren Blick zu, ihre Pupillen sind hellbraun, wirken beinahe golden.
Zamantha Muroa, selbsternannte Adoptiv-Prinzessin der Thra'Door-Anouks
„Du solltest nicht glauben, dass Du es hier zu etwas bringen kannst, ohne mir Rechenschaft abzulegen, Spacer“, stellt sie fest, „es ist schlimm genug, dass die Anouks Dich hierher eskortieren müssen, damit Du mir überhaupt Deine Aufwartung machst. Das ist mangelnder Respekt.“
Shadrack nimmt höflich den Zylinder ab, aber sein Blick wird nicht weniger finster, und er sagt, „Vergeben Sie mir, meine Dame! Aber wie Sie ja selbst beobachtet haben, war ich bisher hier ein Gefangener, und dann ungefragt Teil der Jagdgesellschaft.“
„Es ist mehr als genug Zeit vergangen seit Eurer Rückkehr ins Dorf, Spacer. Nun, wir sollten nicht kleinlich sein“, sagt sie, ihren Stimme ist leise und dunkel, irgendwie rauchig, und klingt kultiviert, „Stell‘ Dich mir vor!“
„Rex W. Shadrack, Ma‘am, aus Neuengland, Vereinigte Staaten von Amerika. … Terra. Stets zu Diensten!“
„Das will ich meinen.“
Shadrack bleibt weiterhin gefasst, aber ärgert sich umso mehr, dass dieses selbstgerechte Persönchen sich nicht ihrerseits vorstellt, also fragt er, „Sie sind diese Zamantha Muroa, wie ich annehme, Holdeste.“
„Ich bin Zamantha Muroa, sehr richtig. Alle Geschäfte der Kolonisten im Thra’Door-Dorf gehen mich an.“
„Ich habe bisher nur mit dem violetten Häuptling die Ehre gehabt, und den Priestern.“
„Natürlich. Du hattest ja auch nichts zu melden. Wenn Du Anliegen hast, dann brauchst Du dafür meine Zustimmung.“
„Ist das so! Dann, meine Dame, kommen wir sogleich einmal zum Geschäftlichen: Mein erstes Anliegen, Munition. Mein zweites Anliegen, Einsicht in Euer Kartenmaterial der Umgebung. Egal, wie primitiv. Drittes Anliegen, verdammt nochmal Bewegungsfreiheit in diesem Dorf und darum herum, wie es mir beliebt. Viertes Anliegen …“
Die Schwarze hebt abwehrend die Handfläche, und versetzt, „Genug davon. Als Spacer magst Du an solcherlei Befehlston gewohnt sein, und vielleicht ein großer Held. Hier on-planet gelten ganz andere Regeln. Außerdem wurde mir zugetragen, Du habest Dein Gedächtnis verloren, womöglich durch Cryo-Schlaf. Als erstes wirst Du Dich also in die Obhut der Priesterschaft begeben, damit sich zeigt, ob die vielgestaltigen Steine Dir helfen können.“
„Da muss ich dankend ablehnen. Ich bin eigentlich als Kirchgänger erzogen worden.“
„Du brauchst Dich nicht zu verstellen. Dies sind nicht die Installationen im Orbit, wo alles aseptisch und berechenbar zu sein hat. Dies ist Banshee! … Kaenan hat mir berichtet, dass Du ein Interesse am Arkanen hast.“
„So so, und ich habe aber Mister Beno gegenüber das Gegenteil ausgesagt!“
„Kaenan hat es nicht in die Dienste der UN geschafft und ist nicht so alt geworden, ohne einige Menschenkenntnis, Fremder! So, wie Du gestern beteuert hast, nicht mit dem Teufel im Bunde zu stehen, lässt darauf schließen, dass Du solcherlei Bekundungen schon öfters gemacht hast! Und nun fürchtest Du die vielgestaltigen Steine?“
„Vielleicht gerade deshalb. Auf der Erde war es nicht eben klug, offen über heidnisches Brauchtum zu sprechen, Miss Muroa. Ganz und gar nicht klug.“
„Haben die irdischen Geheimdienste Dich gejagt? Bist Du deswegen nach Faraway geflohen?“
„Ich vermag nur sehr begrenzt Auskunft über mein Vorleben zu geben. Der Kälteschlaf, Sie wissen schon, Ma‘am.“
Ich lasse sie gegeneinander würfeln, und Rex‘ Persuasion-Ergebnis ist um eins höher als Zamathas Notice-Ergebnis. Sie sieht ihn sehr misstrauisch an.
„Wir müssen Dein Gedächtnis zurückbringen, um Dir zu helfen, Fremder, aber auch, um auszuschließen, dass Du etwas vergessen hast, das uns alle hier betreffen könnte. Ein Preis auf Deinen Kopf vielleicht, oder eine Fehde mit einem der anderen Anouk-Clans. Faraway ist voller Gefahr. Dieser Canyon muss versteckt bleiben.“
„Die Gesetzlosen scheinen jedenfalls keine Verehrer Eurer Arbeit zu sein, diese Reapers. Und die EXFOR sehr wahrscheinlich auch nicht. Irgendwo hier in der Nähe muss sogar eine Basis von denen sein.“
„Wir kennen die EXFOR-Basis, und die Thra’Door fürchten sie nicht. Die Soldaten kennen nicht die Lage dieses Canyons. Dort ist ohnehin wenig los, es ist ein rares Ereignis, dass dort mal ein Schiff landet oder eine Karawane hält.“
„1868 ist Ghost Rock auf der Erde gefunden worden, und seitdem hält das Zeugs die Marktwirtschaft aller Länder in Atem. Offensichtlich bis heute. Sind Eure Heiligtümer etwa solche Ghost-Rock-Vorkommen?“
„Nein. Ghost Rock ist nicht das einzige Gestein mit arkanen Eigenschaften auf diesem Planeten. Die Anouks kennen eigene geologische Wunder, und diese meinen sie, wenn sie von den vielgestaltigen Steinen sprechen.“
„Arkane Eigenschaften?“, fragt Shadrack, und seine Handflächen beginnen zu schwitzen, und er macht sich klar: Die Geologie ist nun zweihundert Jahre weiter als zu seiner Zeit. Vielleicht steht Ghost Rock tatsächlich im Zusammenhang mit dem Reckoning, wie 1876 von einigen Okkultisten vermutet. Vielleicht wurden unglaubliche Durchbrüche gemacht von der Wissenschaft, oder den Grenzwissenschaften. Er bräuchte nur Zugriff auf solche Forschungsergebnisse, dann könnte er … Aber diese Halbwilden hier können ja nicht einmal eins der sprechenden Wandbilder auftreiben, um ein aufgezeichnetes Theaterstück wiederzugeben!
„Ich werde alles veranlassen für Dich, Fremder“, entgegnet Zamantha Muroa kühl, „halte Dich in den nächsten Tagen bereit, von den Priestern der Anouks aufgesucht zu werden. Vermutlich bringen sie Dich hinab in die Schimmernde Höhle, wo Du Deine Erinnerung zurück erhalten wirst. Vorerst wirst Du Dir einen Schlafplatz erkaufen müssen.“
„Erkaufen?! Ich bin doch jetzt angeblich Ehrenmitglied des Clans …“
„Nein, im Gegenteil, Clansmitglied ehrenhalber, wir sind nur Erdmenschen …“
„Unerheblich, ich hätte jedenfalls gedacht, Ihr habt zumindest Gruppenschlafsäle!“
„Hier gilt der Tauschhandel. Du hast gerade geholfen, ein Fahrzeug der Reaper zu plündern, Du wirst ja wohl etwas anzubieten haben für ein Zimmer in einer der Erdmenschen-Hütten.“
„Nein, weil ich damit beschäftigt war, die Gefangenen dieser Banditen zu befreien!“, knurrt Shadrack, und setzt in Gedanken hinzu, verdammt seist Du, Luca Byrd, das ist Deine Schuld!
Zamantha Muroa lacht unerwartet, Shadrack bewundert ihre blitzend weißen Zähne, und sie sagt, „Das ist ja ein köstliches Dilemma! Nun ja, Du sollst einen Marschrucksack voll wunderlichem Zeug dabei haben, unter anderem einen dreiäugigen Totenschädel, und eine antiquarische Ausgabe von Hoyle‘s Buch der Spiele! Bestimmt wirst Du angemessene Tauschware zusammenbekommen.“
☆
Ein GM Move gibt an, Advance a Plot. Den mit Zamantha haben wir ja gerade voran gebracht, welche Plots bleiben noch, ich gehe meine Liste durch. Die beziehen sich natürlich alle auf die Handlung im Weird West, und Shadrack befindet sich hier gerade im Way-Out West von 2094, da gibt’s nur einen weiteren Plot in meiner Liste. Also:
Es wird bis spät in die stürmische Nacht hinein gefeiert. Die Anouks sind keine großen Tänzer, dafür die paar versammelten Menschen umso mehr. Es gibt große Mengen von dem gebratenen Zeugs zu essen, und zum Trinken einen gewürzten Pflanzensaft. Der Hexslinger kostet mit großer Vorsicht von dem allen, er erinnert sich deutlich daran, wie er erstmals von Neuengland hinaus in den Westen gefahren ist, und wie ihm die plötzliche Luft- und Kostveränderung das Gedärm verknotet hat. Und das war nur eine Reise von einem halben Kontinent, nicht von tausenden von Lichtjahren. Aber Rakesh hat diverse Pillen gegen sowas in den Marschrucksack gepackt, das sollte was bringen. Shadrack raucht seine Pfeife und kommt ins Gespräch mit vielen der zerlumpten Kolonisten. Das Thema kommt wieder auf seinen vorgeschobenen Gedächtnisverlust, Cryo-Schlaf, und schließlich die Vostros. Tatsächlich gibt es hier ein paar ehemalige Spacer, die Näheres über dieses Geisterschiff wissen! Es scheint als Lagerfeuergeschichte recht geeignet zu sein, etwas, das benutzt wird, um Kinder zu erschrecken. Einige der Umsitzenden glauben nicht einmal, dass ein Schiff namens Vostros wirklich existiert, sie halten das für ein Ammenmärchen.
Einer der älteren Siedler ist jedoch sicher:
„Nein, nein, die Vostros existiert dort draußen, Shaddrakk lügt nicht. Die Vostros war ein großes, unabhängiges Erkundungsschiff. Die sollte das Faraway-System weiter erforschen, in der Blütezeit der Kolonisierung, vor dem Faraway War! Aber dann kam der Krieg, und dann plötzlich die Kunde von der Abschottung. Wir waren plötzlich abgeschnitten von der Erde, auf unabsehbare Zeit! Nicht mal die UN konnte irgendwas gegen die Fehlfunktion tun, nicht mal HI! Ihr erinnert Euch ja an die Panik, die überall ausgebrochen ist. Und Ihr erinnert Euch an die Kurzschlussreaktionen von einigen Raumpiloten, wie die ihre Schiffe aufs Geratewohl ins System raus gesteuert haben, um eben ohne den Tunnel zur Erde zurück zu finden, oder halt sonst irgendwohin, wo’s besser ist. 130.000 Lichtjahre weit, ohne Interspace Tunnel, Gravity Drive hin oder her, das waren Verzweiflungstaten, das war heller Wahnsinn! … Eins von diesen Himmelfahrtskommandos war damals angeblich die Vostros. Da hat ein exzentrisch gewordener EXFOR-Kommandant die Kontrolle übernommen, und einen neuen Kurs einprogrammiert. Angeblich hatte er den auf unbekannte Weise insgeheim errechnet, oder errechnen lassen. Waren das wirklich Reisedaten zurück zur Erde, haben die Leute gefragt? Wie sollte das gehen, ohne den Interspace Tunnel? Aber Befehl war Befehl! Arme Trottel. Alle an Bord haben sich in Kälteschlaf versetzt. Die Vostros sollte die Erde erreichen, um Hilfe zu holen, ohne den ausgefallenen Tunnel passieren zu müssen. So ähnlich wie dieses eine legendäre Forschungsschiff von HI es angeblich mal konnte, die Unity. Also war es nicht unmöglich, richtig? Die verdammte Vostros ist damals mit einem letzten Gruß ins System hinaus geschippert, und verschollen gegangen, wie andere Schiffe auch.“
„Ich war an Bord“, sagt Shadrack paffend, „ich beharre darauf. Die Wandbilder, äh, Computer, haben klare Worte gesprochen, was den Namen des Raumschiffs betrifft.“
Der Alte nickt, „Ja doch, gewiss, ich glaube Dir, Shaddrakk! Kürzlich ist sie nämlich nach Faraway zurückgekehrt, die Vostros! Auf einer ganz anderen Route. Und, Shaddrakk, stimmt es, dass alles mittlerweile uralt aussah dort an Bord?“
„Ja, verdammt. Wie ein fliegendes Wrack.“
„Das haben andere Spacer auch berichtet! Die Hülle und das Interieur scheinen nicht nur dreizehn Jahre lang nicht gewartet worden zu sein … eher dreihundert. Wo sie zwischendurch war, und wie der einprogrammierte Kurs sie nun wieder zurück ins Faraway-System bringen konnte, ist nicht zu beantworten. Es ist noch keiner EXFOR- oder Reaver-Crew gelungen, das Geisterschiff zu stoppen und den Kurs zu ändern. Sie zieht weit draußen im System ihre Bahnen, wer weiß, warum.“
Dem Hexslinger läuft ein Schauder über den Rücken. Er war an Bord, er weiß, dass dies stimmt. Das Erzählte klingt ganz so wie die Geschichten von Geisterzügen und verschollenen Regimentern aus seiner eigenen Zeit. Erneut denkt er, dass das Reckoning auch hier am Werk zu sein scheint. Aber wie? Wie?
„Warum interessiert sich die EXFOR für diesen alten Pott?“, will er wissen.
Einer der Zerlumpten sagt, „Na, ganz einfach: Die EXFOR will seit dreizehn Jahren ihre Ressourcen erweitern, seit dem Kollaps des Interspace Tunnel bekommt Warfield ja keinen verdammten Nachschub mehr! Also nehmen sie alles, aber auch alles, was sie in die Hände kriegen können. Und sie sichten auch Wracks und angebliche Geisterschiffe, weiter draußen im System. Alles, was noch halbwegs funktioniert wird ausgebaut, ausgeschlachtet, abtransportiert!“
„Dabei haben sie sich in die Nähe der Vostros gewagt, und unverhofft die Rettungskapsel geborgen, in der ich und meine Mitkämpferin bewusstlos saßen …“, endet Shadrack gedankenvoll.
☆
Am nächsten Tag wird laut dem Würfel-Orakel dem Hexslinger tatsächlich eine 50er-Packung Pistolenmunition zugeteilt, die von den Anouks keiner will, die passt tatsächlich zu seinen Smith & Wessons. Das Problem wäre erstmal gelöst. Rex fühlt sich nach der durchgeschlafenen Nacht wieder ganz und gar fidel. Er schlendert durch das Anoukdorf, und begutachtet wie zufällig die Ausgänge aus dem Canyon. Die Lokalität ist clever gewählt, sowohl gut verborgen als auch perfekt zu verteidigen. Shadrack legt sich seine nächsten Schritte zurecht. Um einen der Ausgänge zu passieren, wird er Hex-Formeln brauchen. Entweder verwendet er Dealing with the Devil, um Teleport zu erspielen, oder er nimmt sich endlich mal wieder seine Ausgabe von Hoyle‘s Buch der Spiele vor, er weiß von El Toro Blanco noch, wie man die Kartendiagramme und Legebilder decodiert, um zwischen den Zeilen die versteckten Hoyle’schen Hex-Formeln zu rekonstruieren. Aber er ist wenig geübt darin, und bräuchte dafür ein paar Tage Zeit. Der Anouk-Häuptling wird sich derweil neue Pflichten oder Prüfungen für ihn einfallen lassen, oder die Zauberpriester bringen ihn in ihre Schimmernde Höhle zu ihren Götzenbildern. Und natürlich observiert ihn diese Zamantha Muroa fortwährend. Ständig vermeint er, ihren Blick im Nacken zu spüren. Mit ihr darf er es sich nicht verscherzen, denn sollte seine Flucht mittels seiner Pokerkarten nicht gelingen, dann wird er sie früher oder später brauchen, damit sie ihren Einfluss für ihn geltend macht. Das soziale Gefüge zwischen Anouks und menschlichen Untergebenen in diesem Dorf ist mitnichten simpel, wie er mittlerweile beobachtet hat.
Da Rex Shadrack eh noch einen Advance in der Pipeline hat, den er nicht verteilt hat, entscheide ich mich, ihm diesen jetzt zu geben und ihn die benötigten Hexes permanent lernen zu lassen. Aber bekommt er genügend Zeit, mit seinem Hoyle‘schen Buch der Spiele zu arbeiten? Wir machen einen GM Move, und bekommen, Reveal a New Detail. Welcher Art Detail? Ich würfle auf der Tabelle für Themes aus Ironsworn, und die Würfel sagen, Debt. Interessant, da wird was draus, die Thra’Door-Anouks finden ja, unser Huckster stünde in ihrer Schuld, und Miss Zamantha Muroa findet das auch. Oder geht’s gar nicht um Shadrack? In wessen Schuld steht Zamantha, als die Schmiedin der sozialen Bündnisse an diesem Ort? Die Tabelle Identity aus dem One Page Solo Engine sagt uns, mystic Drifter, ein mystisch angehauchter Herumtreiber. Nice. Also:
Shadrack sitzt gerade in dem kargen Hinterzimmerchen, über seinem Pokerbuch und seinen Notizen. Die Anouks haben — Gott sei‘s getrommelt! — ein paar Pakete originalverpackten Kaffee an Bord des Hovercraft erbeutet, und Shadrack konnte sich eine Portion davon erbitten. Getrunken wird hier aus schweren Steinschalen. Allein das Aroma besänftigt seine Sinne. Er ist gerade dabei, den Code zu knacken für seine benötigte Teleportations-Formel, Edmund Hoyle nannte das seinerzeit Shadow Walk. Dabei hört er Aufruhr unter den Anouks vom Dorfplatz; klingen ihre tiefen Stimmen freudig? Er späht neugierig aus einem der kleinen, runden Fensterchen im Lehm der Hüttenwand. Erneut sind Fremde im Dorf eingetroffen, ein junger Mann in einem abgewetzten Ledermantel und gepanzerter Synthetik-Kluft, scheinbar ein weitgereister Herumtreiber, er erinnert Shadrack an die Gunslinger seiner eigenen Zeit. Seine beiden Packer watscheln fröhlich hinter ihm her, mit riesigen Rucksäcken voller Tauschware. Dörfler beider Spezies scheinen sehr interessiert zu sein, was die Marketender diesmal mit sich bringen. Der Anführer steuert jedoch gezielt Miss Muroa an, und ruft ihr irgendwas zu, sein Ton klingt freudig, aber gleichzeitig fordernd.
„So so, nicht nur die junge Dame fordert den Respekt anderer ein, auch gelegentlich umgekehrt …?“, murmelt Shadrack.
Worum geht’s bei der Schuldigkeit von Miss Muroa gegenüber diesem Weitgereisten? Die Tabelle Topic Focus sagt, physical Equipment. Sagen wir doch mal, Zamantha hat dem reisenden Händler eine Lieferung traditioneller Anouk-Waffen versprochen, die sie ihm bisher schuldig geblieben ist!
Der Hexslinger beobachtet die Szene kritisch. Der Fremde spricht mit gewinnendem Grinsen, und einer gewissen Großspurigkeit. Sie reden Englisch miteinander, aber Rex hört aus der Ferne dennoch nur ein paar Gesprächsfetzen.
„… Immer noch nicht?“, hört er unter anderem den jungen Mann sagen, und „oh, das ist schlecht. Was sollen denn die Azeel dazu sagen? Du weißt, dieser Clan wartet nicht gern“, und schließlich, „andernfalls kommst Du mit mir, und erklärst es ihnen selber, in Deinen süßen Anouk-Worten, Deine Gesellschaft dort draußen sollte überhaupt den Verlust für mich aufwiegen!“
Plötzlich hat der Huckster Bock, der Kackstelze da draußen was auf die Schnauze zu hauen, oder vielleicht auf ein kurzes Duell, wie zu seiner Zeit, einfach um ihm eine kleine Lektion zu erteilen. Dann vermutet er, dass da aber seine Libido aus ihm spricht, die ‚Maid in Nöten retten‘? Hier an diesem Ort? Er sollte nicht mal hier sein, geschweige denn sich auf scheinbare romantische Verwicklungen einlassen mit Leuten, die zu seiner eigentlichen Zeit nicht mal geboren waren, dass das mal klar ist, nicht mal deren Großeltern waren seinerzeit schon geboren. Er vertieft sich wieder Kaffe schlürfend in seine Studien. Dann plötzlich erhebt er sich, wie aus einem Impuls heraus, und tritt durch den Hauptraum der Hütte, hinaus auf den staubigen Dorfplatz.
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Der berüchtigte Herumtreiber Napster Rawley
„Howdy, Pardner. Ich würde Dir anraten, einen anderen Tonfall anzuschlagen, während Du mit dieser Frau sprichst. Du scheinst doch zu wissen, wer das ist!“, sagt Shadrack, als er neben Zamantha Muroa tritt. Der berechnende Blick seiner dunklen Augen scheint sich schwer wie Blei auf die Gestalt des Fremden zu legen.
„Schwirr‘ erstmal wieder ab, Mister, mit Dir unterhalte ich mich gleich! Wir haben so einiges an Nützlichem im Gepäck, da wirst auch Du fündig! Erstmal habe ich mit Zam‘ Geschäftliches zu klären!“
„Ich glaube, Pardner, Du hast Deine Argumente mittlerweile alle vorgebracht! Wir können Dein Gesabbel jetzt nicht mehr hören. Du gehst jetzt rüber zu Deinen Gehilfen, und fängst an, Deinen Plunder unter die Leute zu bringen. Dann bleibt hier alles ruhig und friedlich.“
Der abenteuerliche Schönling stutzt, als er Shadracks Ernsthaftigkeit registriert. Alles am Erscheinungsbild des Hexslingers strahlt plötzlich Bedrohung aus: Sein Blick, seine ruhige Reibeisenstimme, seine Körperhaltung, scheinbar entspannt. Die Art und Weise, wie seine Hände auf seinem Gürtel ruhen, unweit der Griffe seiner altmodischen Knarren.
Rex‘ Intimidation-Resultat ist eine acht, der Fremde hat einen Wild Die, aber setzt dennoch nur eine zwei dagegen, das bringt ihn aus dem Konzept, sein Gegner hat damit ein Raise und er muss sich der Situation entziehen.
„Klar doch, Sir“, hüstelt er, und sagt zu seiner Handelspartnerin, während er sich abwendet, „hey, wir reden noch, Zam‘! Wir werden uns schon einig!“
Unbewegt schaut Rex dem Jungblut nach.
„Was sollte das denn?“, fragt ihn Zamantha Muroa leise, ihre dunkle Stimme klingt reserviert, fast beleidigt.
„Der Kerl hat Sie belästigt, Ma‘am. Es war mir ein Bedürfnis, ihn zu vertreiben.“
„Wenn ich wünsche, dass andere meine Konflikte für mich austragen, dann gebe ich schon ein Signal!“
„Sie wirkten etwas hilflos. Diese vielen Äxte, die der Bube will, die haben Sie gar nicht, oder?“
„Ist das so eine Art missverstandene Galanterie von Dir? Hältst Du Frauen für so schwach, dass Du sie verteidigen musst? Deine Ansichten scheinen aus dem Mittelalter zu kommen!“
Shadrack sieht Muroa taxierend an, und sagt, „Nehmen Sie es besser mit Fassung hin, soeben von mir verteidigt worden zu sein, Holdeste! Darüber jetzt auch noch zu jammern, das hielte ich für ein Zeichen von Schwäche!“
„... Du hast ja keine Ahnung, wer das war. Das war Napster Rawley, mit dem Du Dich gerade angelegt hast.“
„Der tut nichts mehr. Der hätte sich soeben fast eingenässt, der Arme, habe ich in seinem Blick gesehen.“
„Das ist einer der wichtigsten unabhängigen Tauschhändler weit und breit. Wenn wir auf seine Besuche nicht zählen können, dann bekommen wir keine Medikamente, keine Ersatzteile, und keine Energiezellen. Und der ist natürlich vernetzt mit anderen Tauschhändlern, seine Bros machen dann auch einen Bogen um unser Dorf. Oder noch schlimmer, verpfeifen uns an die Reapers!“
„Vielleicht hätten Sie ihm dann nicht eine Bruttoregistertonne Steinäxte versprechen sollen, wenn Sie die gar nicht zusammen bekommen. Sah eben so aus, als würde dieser Napster Rawley ziemlichen Druck machen wollen auf Sie.“
„Ich habe mich möglicherweise zeitweilig verkalkuliert. Das Versprechen zu machen schien opportun zu dem Zeitpunkt, und auch nicht unrealistisch.“
„Zu hoch gepokert, sagte man meiner Zeit.“
„Deiner Zeit! Du lebst in der Vergangenheit, Shaddrakk!“
„Hah! Haben Sie eine Ahnung, Miss Muroa!“
„Wie alt bist Du überhaupt? Vierzig?“
„Ich werd‘ bald 46!“
„Das ist viel zu früh, um ständig von alten Zeiten zu faseln! Du könntest leicht 100 werden.“
Die beiden wechseln einen Blick, forschend, versuchen sich gegenseitig einzuschätzen.
„Ich lasse Ihnen das letzte Wort, Ma‘am! Sie mussten ja schon über sich ergehen lassen, dass ich Ihnen ihre Gelegenheit genommen habe, den Schleimscheißer selber in seine Schranken zu verweisen!“
„Recht so! Künftig dulde ich keine Einmischung von Dir, Spacer. Denke daran: An diesem Ort herrschen an oberster Stelle die vielgestaltigen Steine, dann die Anouks. Dann ich! Und als letztes die Menschen unter meinem Schutz, und an dieser Stelle bist auch Du. Ich habe mich jetzt darum zu kümmern, dass der Tauschhandel gesittet abläuft!“
Amüsiert schaut Rex Shadrack der Eingeborenen nach, als sie auf die Menschentraube zu geht.
☆
Mein nächster GM Move gibt ein Zufallsereignis an: Technically Communiticate physical Community. Höh? Ach so, ja, jemand spricht mit technischen Mitteln zur versammelten Gemeinschaft, wahrscheinlich dann über ein Megaphon. Worum geht’s denn dabei? Die Orakelkarte für den Topic Focus sagt, the PCs, also um Shadrack persönlich! Das klingt, als würde Napster Rawley zum Gegenschlag ausholen für die eben erlittene Schlappe. Aber was hat er denn über seinen Gegner zu sagen? Ich frage die Themes-Tabelle aus Ironsworn, und bekomme: Resource.
Das klingt, als wolle Rawley sich Shadracks Dienste als Ressource für irgendeine Aufgabe von den Anouks ausleihen wollen. Und da dieser sich gerade gegen ihn gestellt hat, will er diese Gelegenheit vermutlich nutzen, um den Fremden gleich mal abzuservieren! Zamantha Muroa will er sowieso mit sich nehmen, das haben wir ja eben schon etabliert, die requiriert er gleich mit.
Aber was ist Napsters Mission, oder zumindest die, die er vorgibt zu haben? Der Plot Hook Generator sagt, Save an Ally in Peril from Local Inhabitants, to Gain Money or Valuables. Oooh, dann will Rawley gar nicht auf große Wanderung ausrücken mit den requirierten Wild Cards, dann spielt sich die weitere Handlung hier im Dorf ab! Hier gibt’s genug unerforschte Lokalitäten, wie die Grotte der Schrecklichen Schreie, die Schimmernde Höhle, und wer weiß, was noch alles!
Der Huckster verfolgt das Handelstreiben mit der Steinschale in der Hand, nippt daraus seinen lauwarm gewordenen Kaffee, und beobachtet aus dem Schatten, zwischen dem Gestänge einer der hohen Holzplattformen. Als der Trubel und der Warenandrang um die Tauschhändler endlich weniger geworden ist, löst sich Napster Rawley aus dem Pulk, und spricht in einen Palmcoder, ein robust aussehendes Handgerät. Seine Stimme erschallt vielfach verstärkt aus einem der anderen Geräte an seiner Tragevorrichtung an seiner Brust, Shadrack zieht verdutzt die Augenbrauen hoch.
„Großer Häuptling Yoxoon, große Krieger des Thra‘Door-Clans! Hört mich an! Ihr menschlichen Siedler, hört her! Wir Wanderer wissen um den bedauerlichen Streit hier im Dorf, zwischen der Blutlinie von Thra‘Cunaar und der Kriegergruppe der Orrax. Wir sind Euch dankbar, dass wir wie sonst bei Euch handeln durften! Jetzt wollen wir im Gegenzug Euch helfen.“
Die Anouks lauschen der Lautsprecherdurchsage mit denselben stoischen Gesichtern wie sonst auch. Die menschlichen Zuhörer wirken etwas emotionaler. Shadrack vermutet, dass der Wanderer hier einen Konflikt anspricht, den es schon länger im Dorf gibt.
„Große Krieger der Thra’Door! Auch jenseits Eures Clansgebietes weiß man, dass Ihr den Händler Maiqarooba gefangen haltet. Die von der Thra’Cunaar-Blutlinie sind zu stolz, um ihn herauszugeben! Die Orrax sind zu stolz, um ihn einzufordern! Ich sage nun, übergebt ihn mir, damit ich ihn mit mir nehme. Daraufhin möge auch Euer Streit beigelegt werden!“
„... Unsere Angelegenheiten! Orrax-Angelegenheiten! Du sollst Deine Stimme senken, Naps-Taar Raaw-Lee!“, ruft laut einer der Anouk-Krieger gegen die Durchsage an, Shadrack hält seinen Ton für erbost.
„Denkt nicht daran, dass ich ein Erdmensch bin, Freunde! Denkt daran, dass wir gemeinsam Banshees Weiten miteinander teilen. Alles Blut ist rot, Freunde, alles Blut ist rot!“
„Oh, jetzt wird er auch noch poetisch, der Schönling!“, kommentiert Shadrack leise.
„Das ist von Coltrane, ‚alles Blut ist rot‘ war einer seiner berühmten Sätze. Bei seinen Friedensansprachen“, lässt Kaenan Benu sich vernehmen, der neben Rex im Schatten steht.
„Wer?“
„Rawley kopiert gerne dessen Stil! Coltrane hat im Krieg Brüderlichkeit zwischen Anouks und Menschen gepredigt. Hatte viel Gehör bekommen seinerzeit. Seine politischen Schlagworte überdauern bis heute, wie man hört.“
Napster fährt fort: „Eure geehrte Zamantha Muroa ist auch auf meiner Seite! Sie steht mit mir im Bunde, und wird Fürsprecherin dieser Sache sein. Und ebenso Euer neuer Gefangener aus dem Orbit! Wir werden Euch bitten, uns Maiqarooba heraus zu geben. Ich nehme ihn dann mit mir auf die Wanderschaft, und Euer Streit möge enden!“
Shadrack sieht zu Miss Muroa, die auf einer der Plattformen am Geländer steht, und während dieser Eröffnung meisterlich ihre Fassung behält.
„Träum‘ weiter, Bursche“, knurrt Rex.
„Rawley zieht jetzt die Schlinge zusammen. Zamantha kann nicht ablehnen, sie steht in seiner Schuld. Das ist ein cleverer Hund, unser Napster. Du kannst übrigens auch nicht gut ablehnen, Rex.“
„Das entscheide immer noch ich.“
„Ja, gewiss. Außer, der Häuptling entscheidet, dass er die Idee gut findet. Der hat die Fehde nämlich auch satt! Und dann entscheidet der für Dich.“
☆
Und so läuft‘s! Shadrack, mit der Unterstützung von Zamantha, bekommt die Aufgabe verpasst:
Queste: Den Anouk Maiqarooba finden und befreien (Clue Target 0\3).
Zamantha kann tatsächlich nicht ablehnen, denn ihre einzige andere Wahlmöglichkeit ist, statt dessen mit Napster Rawley ins Clansgebiet der Azeel zu gehen, und sie mit ihrer Wortgewandtheit zu beschwichtigen, nachdem der Deal um ihre Waffenlieferung geplatzt ist. Die Azeel-Anouks allerdings sind auf dem gesamten Kontinent für ihre Kriegslüsternheit und Grausamkeit bekannt. Außerdem wirkt Rawley reichlich keck, er ist ganz offensichtlich auch hinter Miss Muroas Gunst her. Allein schon aufgrund seines angestachelten Ego kann daher Rex sich nicht raushalten aus der Unternehmung. Er sagt sich gestreng weiterhin, dass es närrisch ist, seinerseits dem Charme der hiesigen Anführerin zu verfallen, da kann doch nichts draus werden! Aber er nimmt sich vor, Zamantha allein deswegen vor Napster Rawleys Intrige zu beschützen, weil der Anstand es gebietet.
Schließlich bekommt er heute noch Gelegenheit, seine Decodierungen abzuschließen, und die für seine Flucht benötigten Formeln zu lernen.
Advance
Rex: New Powers-Vorteil, und ich gebe ihm die Kräfte Teleport (Schattenwandeln) und Telekinesis (Phantom-Finger).
Zamantha Muroa stammt von afrikanischen Banshee-Kolonisten ab, und ist in der Wildnis geboren. Sie hat den Planeten nie verlassen, und ist in einem unerschütterlichen Glauben daran aufgewachsen, dass dies ihre Heimat ist. Der Faraway War und der Terrorismus der Reapers hat sie und andere flüchtende Siedler in die Arme eines Anouk-Clans getrieben. Bei den Thra‘Door-Anouks ist sie als Heranwachsende zu beachtlichem Einfluss gekommen, und sie denkt von sich als das Adoptivkind des Clans, eine Art Prinzessin. Sie ist auf ihre Weise ähnlich arrogant wie Rex Shadrack. Dieser Clan, die Thra‘Door, hat sich wenige Jahre nach dem Tunnel-Kollaps von den Reapers abgewandt, wegen deren falschen Versprechungen und ihrer politischen Machtgier. Mehrere andere Erdlinge wurden im Krieg von den Thra'Door entführt, ursprünglich als Geisseln, heutzutage werden sie aber als Dienerschar und schutzbefohlene Verbündete betrachtet. Sie ist selber kein arkaner Charakter, aber hat Einblicke ins Okkulte und das zeremonielle Brauchtum ihres Clans um die vielgestaltigen Steine.
Zamantha ist mit vier Advances gebaut wie in dieser Kampagne üblich, nach den Regeln im Lost-Colony-Grundbuch. Ihr Banshee Born-Vorteil gibt ihr vorerst nur einen Bonus bei Verhandlungen mit den meisten Anouk-Clansangehörigen, der kann in seiner Nützlichkeit aber noch steigen.
🌵Zamantha Muroa
Attributes: Agility d6, Smarts d6, Spirit d8, Strength d6, Vigor d8
Skills: Athletics d6, Common Knowledge d4, Fighting d4, Healing d4, Intimidation d4, Notice d6, Occult d6, Persuasion d6, Repair d4, Shooting d4, Stealth d6, Survival d4
Pace: 6; Parry: 4; Toughness: 6
Hindrances: Arrogant (Thinks of herself as having achieved princess status), Driven (Major: Become a mighty ruler), Ruthless (Minor: Out in the wasteland, the most savvy survive)
Edges: Banshee Born, Connections (Thra‘Door anouk clan), Strong-Willed, Very Attractive
Gear: Medkit x2, atax (tannis throwing disc, range 6/12/24, Str+d6 damage), tarjik (medium shield), machete, lots of jewelry made of bones and metal scrap parts, $25.
Zamanthas Tarjik-Schild, eine Gabe von den Anouks
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Am nächsten Tag beginnen die drei ihre Aufgabe, nachdem die Wanderer Gelegenheit hatten, sich von ihrem langen Marsch durch die Wüste zu erholen.
Häuptling Yoxoon scheint keine allzu klaren Ansagen machen zu wollen was die Sache betrifft. Sowohl die Familie der Thra‘Cunaar als auch die Kriegergemeinschaft der Orrax sind bedeutsame Gruppen innerhalb des Thra‘Door-Dorfes: Hier gibt es viele dreizehige Füße, auf die man treten könnte.
„… Einer dieser beiden Gruppen Recht zu geben, hieße die jeweils andere gegen sich aufzubringen“, erklärt Zamantha, „und das kann selbst Yoxoon sich politisch gesehen nicht leisten.“
Also sollen die Wild Cards das Erbitten der Freiheit für den gefangenen Anouk-Krieger übernehmen, die sind schließlich nur Erdmenschen und können vor den Anouks kaum ihr Gesicht verlieren. Dafür aber müssten sie erst einmal wissen, wo die Thra’Cunaar ihn versteckt halten.
„… Und die würden natürlich direkte Fragen einfach von sich weisen“, endet Zamantha schließlich, „auch dafür sind sie schon zu stolz.“
„Dann haben wir kaum einen Ansatzpunkt“, murrt Shadrack.
„Doch, denn die Familie wird Maiqarooba natürlich nicht selbst gefangen halten, in einer ihrer Hütten! Wo denkst Du hin. Das machen ihre vielen Anverwandten und Untergebenen für sie.“
„Ihnen werden die ja wohl Rede und Antwort stehen, Miss Muroa!“
„Nur, wenn wir die richtigen Fragen stellen, am richtigen Ort. Du kennst doch wohl Anouks, dann weißt Du, wie stur die sein können! … Wir beginnen in den Höhlen der Prüfungen, oben am Hang. Dort gäbe es viele Verstecke für jemanden wie Maiqarooba.“
Zamantha führt also Rex und Napster über die Holzgerüste und Steintreppen hinauf, in die obersten Bereiche des Dorfes, wo unter der Abhangkante Tunnels tief in die Canyonwand hinein führen. Viele Anouk-Augen folgen ihnen. Die reptiloiden Dörfler neigen offensichtlich nicht zum Schwatzen, aber sie warten mit großem Interesse, ob es der Menschen-Anführerin und dem wandernden Händler gelingen wird, den alten Streit aufzulösen.
Die Höhlen der Prüfungen bestehen aus vielen kleinen Felshöhlen, und verzweigter Gänge im Gestein. Einige junge Anouks in Lendenschurzen und grob gewebten Decken sind hier, einige scheuen auf von ihren Arbeiten und ihrer Meditation.
„Das sind ja fast alles noch Jungspunde hier“, bemerkt Rex, „welcher Art sind denn die Prüfungen hier oben?“
Zamantha sagt leise, „Die meisten werden hierher geschickt, um sich die Rechte der Erwachsenen zu verdienen. Einige kommen auf Geheiß der Priesterschaft her, um sich von der Schuld durch Vergehen gegen die Gemeinschaft frei sprechen zu lassen. Zu all dem gehören zeremonielle Prüfungen. Einige Clansmitglieder treten hier auch ihre letzte Prüfung an, dort, in der Grotte der Schrecklichen Schreie.“
„Dort hinten geht’s zum Wohnbereich der Priesterin Marcooth“, sagt Rawley gelassen, „vielleicht kann sie Dir was zu unserer Sache sagen, Zam‘.“
„Woher kennst denn Du die Höhle von Marcooth, Napster Rawley?“, will Zamantha wissen.
„Oh, es gibt keinen Ort innerhalb Eures Dorfes mehr, an dem ich noch nicht meine Waren angeboten habe, schönes Kind!“, lächelt der Händler.
Zamantha macht schmale Lippen, sie scheint es nicht zu begrüßen, dass Mister Rawley ohne ihre Kenntnis im Dorf Verbindungen geknüpft hat wie es ihm passt.
Shadrack mustert ihn schweigend, während sie den Tunnel herunter gehen, er hat immer noch dasselbe Bedürfnis wie gestern, diesem Hombre das selbstzufriedene Lächeln aus dem Gesicht zu wischen.
Marcooth ist eine der Anouk-Priesterinnen, die auch Shadrack schon kennengelernt hat. Sie ist recht streng, und will die drei Menschen offensichtlich nicht gerne hier herumlaufen haben. Zamantha redet mit Engelszungen auf die große, violette Hünin ein. Dank ihrem Banshee Born-Vorteil erzielt sie einen Persuasion-Erfolg.
Daraufhin würfle ich auf der Clue-Tabelle aus FlexTake: Eine zwei fällt auf dem W20, lumpig!
Marcooth kann glaubhaft versichern, dass in den Prüfungs-Höhlen niemand gegen seinen Willen festgehalten wird.
Marcooth vom Thra'Door-Clan, eine von Jenen-die-mit-den-Steinen-sprechen
Daraufhin mache ich einen GM Move: Foreshadow Trouble.
Auf dem Weg nach draußen stellt sich den drei Menschen ein junger Anouk in den Weg, zeremonielle Bemalung glänzt auf seiner Schuppenhaut. Er wirkt ausgehungert, er meditiert hier offensichtlich schon lange. In wütender Stimme redet er auf Zamantha ein, halblaut. Sie scheint sich vorsichtig vor ihm rechtfertigen zu wollen, aber sie kommt kaum zu Wort.
„… Das war der junge Quaara aus der Thra’Cunaar-Blutlinie“, erklärt sie leise, als die drei die Höhle verlassen, „sieht so aus, als würde diese Sache die Thra’Cunaar doch ziemlich ärgern, Napster Rawley! Sie wollen Deine Einmischung nicht.“
„Je eher wir Maiqarooba finden, desto eher werden sie sich beruhigen“, winkt der Abenteurer ab.
„Je länger diese Suche dauert, desto eher werden sie eingreifen!“, zischt Zamantha ärgerlich, „und zwar womöglich mit Gewalt!“
„Dann werden wir auch nachdrücklich auftreten“, sagt Rawley in abwiegelndem Ton, und tätschelt den schweren Revolver an seiner Seite.
„Ich dulde keine Ausschreitungen in meinem Dorf!“, stellt Zamantha Muroa klar, erhobenen Hauptes, „Du ziehst demnächst weiter, Rawley, aber wir müssen in den Verhältnissen weiterleben, die Du zurück lässt!“
☆
Wo gehen die Wild Cards also als nächstes hin? Die von der Thra’Cunaar-Blutlinie kommen doch bestimmt irgendwo zusammen, in irgendeiner Art größerer Hütte. Natürlich können unsere Helden und Rawley da nicht reinschneien, wenn gerade Hochbetrieb dort drinnen ist, aber vielleicht machen die Oberhäupter ja demnächst Siesta? Dann könnten wir Einzelne von der Sippe anquatschen, und vielleicht ein paar Hinweise erschleichen. Die Orakelwürfel sagen, ‚ja, und außerdem‘!
Zwischenzeitlich ist wieder einer der regelmäßigen schweren Sandstürme aufgezogen, und nun bricht er mit großer Heftigkeit herein. Die Anouks befestigen schnell ihre Habe, bringen ihre Reitechsen in Sicherheit, und verschwinden in ihren geschützten Hütten.
„Wie haltet Ihr das hier on-planet nur aus, mit diesem ständigen Scheißwetter?“, fragt Shadrack keuchend, als die drei sich ins Innere der Langhütte der Thra’Cunaar gerettet haben, nimmt seinen Zylinder ab, und klopft Sand von der Hutkrempe. Draußen heult der Sturm so sehr, dass die Holzbohlen der Hütte beben.
„Verstehe ich nicht“, sagt die Hohe, „was soll an diesem Wetter denn Scheiße sein? Dies, Shaddrakk, sind die Stimmen der vielgestaltigen Steine.“
„Blödsinn, Wind hat doch nichts mit Steinen zu tun“, sagt der Hexslinger abfällig.
„Oh doch, denn die Sturmsysteme bauen sich über den Gebirgszügen auf, und über den Felsenküsten. Stein formt Sturm. Du begreifst das wohl nicht, Spacer, Du kommst aus dem kalten All.“
„Wirst Dich vermutlich dran gewöhnen hier unten“, grinst Rawley, und fügt böse hinzu, „oder irgendwann bläst so ein Sandsturm Dich eben weg!“
Rex sieht ihn nüchtern an, und der Abenteurer weicht seinem Blick aus, geht nonchalant herüber zu einem paar der Anouks, die hier drin auf einer der hölzernen Emporen sitzen, um etwas von dem heißen Pflanzensaft von ihnen zu schnorren.
Hier ist fast nichts los, und genau die Art von Anouks ist hier zusammengekommen, die man im Vertrauen mal nach Gerüchten über Maiqarooba befragen kann. Zamantha würfelt Persuasion, und dank einem Reroll und ihrem Bonus kommt sie auf eine 12, fette drei Erfolge!
Der W20 rollt erneut, und da dies erneut ein ‚Relevantes Gebäude‘ ist, liefert diesmal die Tabelle einen Clue!
Die Vermittlerin kommt ins Gespräch mit einem dürren Jäger der Anouks, der gerade fachmännisch sein gewartetes Laser-Gewehr wieder zusammenbaut, und dabei billige Kolonisten-Zigaretten raucht. Sie bekommt von ihm heraus, wohin die Spur von Maiqarooba führt: Er war vorgestern noch in der Hütte oberhalb des Chanouk-Pferchs! Dort wird er laut dem Jäger wahrscheinlich auch immer noch sein.
Geilo! Dann haben wir den ersten Hinweis für die
Queste: Den Anouk Maiqarooba finden und befreien (Clue Target 1\3).
Hier sind außerdem schon mal die Spielwerte unseres fröhlichen Antagonisten. Er wird versuchen, seinem Rivalen Rex Shadrack den Garaus zu machen, und dann mit Zamantha Muroa in die Wildnis zu entkommen, sobald sich die Gelegenheit dafür bietet.
🌵Napster Rawley
Attributes: Agility d8, Smarts d8, Spirit d8, Strength d6, Vigor d8
Skills: Athletics d8, Common Knowledge d8, Driving d6, Fighting d8, Intimidation d6, Notice d8, Persuasion d10, Repair d4, Shooting d10, Stealth d6, Survival d6, Taunt d6, Thievery d6
Pace: 6; Parry: 6; Toughness: 10 (4)
Hindrances: Greedy (Minor: War or peace, always make a profit), Ruthless (Major: Power-hungry trickster)
Edges: Attractive, Charismatic, Quick, Quick Draw, Rapid Fire, Streetwise
Gear: Kevlar west (Armor 4 in torso), carrying harness, heavy revolver and ammo, Stunner gun, energy cells, combat knife, palmcoder, water testing kit, medkit, radio, loudspeaker system, $271.
Schalter:
Wann startet Mister Rawley seine Intrige? Versucht er, seinen Widersacher Shadrack den wilden Chanouks zum Fraß vorzuwerfen? Das wäre jetzt jedenfalls eine gute Gelegenheit für unseren nächsten GM Move. Es ist, Reveal a New Detail. Hm, das könnte alles mögliche sein! Die Orakelkarten sagen, es geht hierbei genauer um social Recent Events. Ah ja, klar, wir bekommen berichtet, was Maiqarooba überhaupt gemacht hat, das die Thra‘Cunaar dazu gebracht hat, ihn heimlich aus dem Verkehr zu ziehen!
„Das sieht ja gut aus!“, grinst Napster Rawley selbstzufrieden, während sie durch den schwächer werdenden Sandsturm auf den Dorfrand zu gehen, „ich wusste, meine teure Zam‘, auf Deine Silberzunge ist Verlass! Egal, wie das hier ausgeht: Du solltest in jedem Fall darüber nachdenken, ein Weilchen mit mir und den Jungs mitzuziehen! Es steht Gewinn auf dem Spiel bei dieser ganzen Sache, mächtig viel Gewinn! Mehr, als der Deal mit den Steinbeilen uns beiden eingebracht hätte, den Du gestern platzen lassen hast!“
„Wieso?“, will sie wissen, „was weiß dieser Anouk, das Dich reich machen soll?“
„Uns, Zuckerpille, uns beide! Maiqarooba ist keiner der Thra’Door, wie Du weißt. Er stammt von den Asai-Anouks, von drüben aus dem Fertile Crescent. Er ist den Thra‘Door nur zugewandert, um eine Weile unterzutauchen. Sieht ja aus, als wäre das der am weitesten verbreitete Grund für Fremde wie mich und wie für den da, Euer verstecktes Dörfchen aufzusuchen! Euer Orrax-Kriegerbund hat ihn zeitweilig aufgenommen, weil er ein guter Klopper ist. Aber interessant an ihm ist ja gar nicht, wer er ist, sondern was er früher gemacht hat!“
Bestimmt! Und was für einer ist dieser Maiqarooba? Eingangs hatten wir ja als Plot Hook ermittelt, dass es bei dem derzeitigen Abenteuer um Reichtum geht, das ist also schon mal gesetzt. Die Orakelkarten sagen jetzt bei der Frage nach der Identität des Gefangenen, social Adventurer, na gut, das war schon zu ahnen gewesen. Fragen wir also weiter: Was ist sein Ziel? Die Karten sagen, physically Obtain mystical Allies. Und dabei habe ich außerdem einen Joker gezogen, das bedeutet, dass wir sofort ein Zufallsereignis für die laufende Szene ermitteln!
Das Zufallsereignis ist, physically Assist the technical Community. Oder hey, lesen wir die Karten doch stattdessen so: Physical Assistance through the technical Community! Es darf ruhig auch mal was Positives passieren! Und zwar:
Eine Gruppe Anouks folgt den drei Menschen durch den Sandsturm, es sind Gathoor, der rauchende Gewehrschütze aus der Langhütte, und seine Freunde! Sie sprechen über das Windtosen hinweg mit Zamantha, und erklären, sie hätten für ihren Teil genug von dem Eiertanz, den die Thra‘Cunaar und die Orrax aufführen. Sie würden jetzt rundheraus helfen, Maiqarooba zu finden und ihn an Rawley zu übergeben, damit der ihn wegschafft. Fünf Anouk-Krieger stehen jetzt also zeitweilig den Wild Cards zur Seite, das ist stark.
„… Aber was hat denn dieser Glückstritter Maiqarooba getan, dass die eine Hälfte des Dorfes nicht auf ihn gucken kann, aber man ihn trotzdem nicht auf Eurem offiziellem Weg bestrafen kann?“, fragt Shadrack.
„Ganz einfach, Du Knochenkopf“, grinst Napster Rawley, „er hat ja gar nichts verbrochen! Die Thra’Cunaar haben sehr wahrscheinlich spitz gekriegt, dass er das Geheimnis weiß, von dem ich gerade erzählen wollte. Und, dass er es mit seinen neuen Kumpels zu teilen versprochen hat, dem Orrax-Kriegerbund! Das macht die Orrax reich, und setzt dadurch die Thra‘Cunaar in den Nachteil!“
„Ich begreife“, sagt Zamantha, „Dir geht es nicht wirklich um den Frieden in unserem Dorf. Du willst den Reichtum für Dich, und darum Maiqarooba mit Dir nehmen! Dass die Anouks im Dorf dadurch aufhören zu streiten, ist nur ein Nebeneffekt für Dich!“
„Du unterschätzt scheinbar mein Angebot, Zam‘, meine Süße! Ich biete Dir ja die Hälfte des Gewinns! Den kannst Du Deinen Anouk-Herren abtreten, wenn Du willst. Dann werden hier im Dorf alle etwas reicher, nicht nur die Thra’Cunaar-Sippe, oder die Orrax-Krieger. Halte mich nicht für einen schlechten Menschen!“
Shadrack schaut unsicher herüber zu den fünf bewaffneten Anouks, die ihnen folgen. Immerhin sind die nicht unparteiisch, die gehören lose zur Thra’Cunaar-Sippe. Gathoor versucht gerade konzentriert, sich trotz des Sturmwinds eine seiner billigen Zigaretten anzustecken, alle scheinen das von Rawley Gesagte gänzlich zu ignorieren. Womöglich verstehen sie tatsächlich keinen Brocken Englisch.
Damit erreichen sie das Gehege der Chanouk-Reitechsen. Shadrack erschaudert beim Anblick der träge blinzelnden Scheusale, vor wenigen Tagen wäre er fast im schnappenden Rachen einer von denen gelandet. Oberhalb der großen Umzäunung befindet sich eine unscheinbare Hütte auf Stelzen, von dort aus wird die Meute an Reitechsen womöglich gefüttert. Der Sandsturm wird weiterhin schwächer, man hat wieder halbwegs klare Sicht im Canyon.
„Wäre nicht schlecht, sich ungesehen da rein zu schleichen“, knurrt Rawley, „wenn wir Pech haben, legen die Wächter ihren Gefangenen einfach um, wenn sie uns kommen sehen, weil sie wissen, dass ihr Spielchen aus ist!“
„Wartet fünf Minuten hier, dann geht zum Gebäude. Ich bringe mich so lange in Position. Ich bin gut im Schleichen“, weist Rex die anderen an.
Rawley sieht ihn an: „Du Lulatsch willst ein Scout sein, auch noch mit dem albernen Zylinderhut auf?! Laber‘ nicht!“
„Ich habe keinen Bock auf Deine Sprüchlein, Rawley!“, giftet Shadrack, „versuch‘ mal fünf Minuten lang, professionell zu sein! Schaut mir ja nicht nach, dann fliegt dadurch wahrscheinlich meine Deckung auf. Vergesst einfach, dass ich existiere, bis Ihr in der Stelzenhütte seid.“
„Vergessen, dass Du existierst, Wunderknabe? Wie könnte ich das?“, lässt sich Napster Rawley hinreißen zu erwidern. Shadrack ignoriert ihn, und löst sich aus der Gruppe.
Er hat schon ganz andere Sachen bewerkstelligt, wie beispielsweise als lebender Schatten Jeff Hollins’ besessenem Leichnam Byrds Taschenuhr in die Manteltasche geschummelt, aus nächster Nähe. Früher hätte er Boost Stealth mit Shroud-Modifikator dafür verwendet, jetzt hält er den Zeitpunkt für günstig, einen Testlauf für die neu gelernte Hoyle‘sche Formel des Shadow Walk zu versuchen. Er zückt seine Pokerkarten und aktiviert die Teleport-Kraft mit Raise, und darf dadurch 48 Yards weit teleportieren, das reicht dicke. Die Orakelwürfel gewähren mir ein Fenster in der Wand der Stelzenhütte, durch das der Huckster das Innere sehen kann. Außer Sicht seiner Mitstreiter macht er einen Seitenschritt in einen Schatten, und erscheint im selben Moment aus einer schattigen Ecke in der Hütte! Lautlos rückt er mit sicherer Bewegung seinen Zylinderhut zurecht.
Aber wird Maiqarooba hier in der Hütte festgehalten? Der W20 rollt erneut, und diesmal fällt nur eine vermaledeite Eins! Das war eine falsche Fährte, oder, wahrscheinlicher, die Anouks hatten Maiqarooba zwar hier, aber sie haben ihn kürzlich wieder verlegt, und all ihre Spuren gründlichst verwischt.
Ich mache stattdessen einen weiteren GM Move, und bekomme: Advance a Plot. Das ist also tatsächlich Napster Rawleys ersehnte Gelegenheit, seinen Rivalen abzuservieren. Die ist einfach zu gut, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen. Die Orakelwürfel sagen uns, dass er es geschafft hat, Zamantha und die Anouks zu überzeugen, draußen zu warten, und alleine durch die Fronttür kommt ...
Der Abenteurer ist offensichtlich erstaunt, tatsächlich den Huckster hier drin vorzufinden, der bereits zwischen den Möbeln umher sucht. Sofort schaltet er jedoch innerlich um.
„Grade noch rechtzeitig! Hey, das musst Du sehen, Mann, wer da unten mit Zam‘ redet!“, lügt er gekonnt.
Shadrack nimmt seinen Revolver hoch, und tritt zum großen Fenster an der Frontseite, um herunter zu schauen. Er hat jedoch lange genug im Weird West gelebt, um dabei keine Sekunde lang dem anderen Mann den Rücken zuzuwenden. Das muss er jedoch auch gar nicht, Rawley will ihn nämlich nicht abknallen, er will Shadtracks tragisches Ableben wie einen Unfall aussehen lassen! Mit Quick Draw zieht er seine Stunner-Pistole (Lost-Colony-Regelbuch, Seite 51), drückt ab, wodurch sich rasend schnell die Luft ionisiert, und ein elektrischer Impuls den Hexslinger trifft! Durch den Waffenschaden wird er zwar Shaken, aber dem darauf folgenden Stun widersteht er mit zwei Raises. Nur Bart und Haare stehen ihm etwas zu Berge.
Rawleys Stunner, der Schlüssel zu seinem perfiden Plan
Jetzt ist die Katze aus dem Sack, jetzt werden sie es auskämpfen müssen!
Runde eins: Quick sind beide Charaktere, aber Shadrack bekommt eine sieben (die zweitschlechteste Karte die er überhaupt bekommen kann mit diesem Vorteil); Rawley bekommt eine Drei, die wird wegen Quick neu gezogen, und er bekommt ein As! Damit könnte seine perfide Falle zuschnappen. Verbissen feuert er den Stunner erneut, jetzt mit Raise. Shadrack wird erneut Shaken und muss daher eine Wunde absorbieren. Dem Stun-Effekt widersteht er jedoch erneut locker!
„Ist Dir klar, was Du da gemacht hast?! Das war Dein Ende, Bürschchen!“, grollt Shadrack, während er seine zweite Smith & Wesson zieht, und auf Rawley anlegt. (Wie praktisch wäre es, ihn lebend dingfest zu machen, das erspart Rex die Erklärungsnot draußen!) Dieser lässt sich jedoch nicht einschüchtern.
Runde zwei: Also schießt der Hexslinger seinem Gegner eine Kugel ins Hammelbein. Mister Rawley kassiert zwei Wundlevel, und geht schreiend zu Boden.
Die Orakelwürfel sagen jedoch, dass er damit nicht etwa genug hat, er kämpft weiter!
Zum dritten mal feuert Napster seinen Stunner ab. Diesmal verfehlt der elektrische Blitz sein Ziel gänzlich, kracht in die Deckenbalken!
Runde drei: Und erneut blitzt die Stunner-Pistole, der Erdling wird von Neuem Shaken, aber nach wie vor klappt er nicht von dem Stun-Effekt zusammen. So ein zäher Hund, dieser Shadrack!
Er schießt dem am Boden Kauernden die Schockpistole aus der Hand, die qualmend über den Hüttenboden davon poltert, und als Multi-Action würfelt er gleichzeitig Intimidation, und raunt garstig, „Gib‘ auf, Junge, dann überlebst Du das hier!“
Das ist wieder ein Raise für ihn, Napster Rawley hebt die Hände, und wird käseweiß im Gesicht.
Kurz darauf kickt der Hexslinger den Verwundeten die hölzerne Treppe zur Stelzenhütte herab, dieser überschlägt sich schreiend, und kullert den erschrockenen Anouks vor die Füße. Gatoor hat das Lasergewehr bereits im Anschlag, die Wartenden haben die Schüsse gehört, und sind gerade dabei, die Treppe hinauf zu rennen. Zamantha hat ihr Schild erhoben, und eine steinerne Wurfscheibe in der Hand.
„Dann berichte mal von Deinem Vorhaben, Kramladenmann“, knurrt Shadrack, die Pistolen noch im Anschlag, „ich sollte wohl durch das Fenster abschmieren, was? Runter in den Matsch, zu meinen Freunden den Chanouks, als ihr Kauspielzeug! Muroa und Gatoor hättest Du gesagt, ich sei bedauerlicherweise gestolpert.“
Zamantha Muroa schaut mit weit aufgerissenen Augen zwischen beiden hin und her, während sie ihr Atax wegsteckt, den Tarjik wieder auf den Rücken schnallt, und hastig ihr Medkit vom Gürtel löst.
„Wie kann es sein, dass so eine blässliche Gestalt wie dieser Macker so zäh sein kann?!“, bringt Napster Rawley hervor, mehr zu sich selbst, während Zamanthas aseptische Kugelzange die blaue Bohne aus seiner Wade entfernt.
„Du kleiner Scheißer hast gar keine Ahnung, wie gottverdammt zäh ich bin“, grollt Shadrack, in einer ganz komischen Stimme, und steckt seine Hex Guns weg.
Schalter:
An eine weitere Zusammenarbeit mit dem Marketender ist daraufhin nicht mehr zu denken. Was das für Miss Muroas Schuldigkeit gegenüber Rawley bedeutet, muss sich erst noch zeigen, erstmal ist er aber jedenfalls aus dem Spiel. Aber die Suche abschließen wollen die beiden Wild Cards dennoch, mittlerweile scheint ihnen die Angelegenheit zu dramatisch, um sie einfach wieder auf sich beruhen zu lassen, jetzt, wo man sie nicht mehr dazu zwingt.
☆
Nächster Halt: Die Echsen-Hirten, die normalerweise in der Stelzenhütte ein und aus gehen, vielleicht haben die was gesehen.
Der W20 rollt. Wieder Fehlanzeige:
Entweder wissen die Hirten wirklich nichts, oder sie halten meisterlich ihre Schnauzen.
☆
Erst einmal schickt Zamantha Rex und die fünf Anouks weg, um Mittagessen zu gehen. Der Sandsturm hat vollständig abgeebbt. Sie selber speist natürlich in ihren Räumlichkeiten, oben am Hang. Den Schrecken von vorhin scheint Miss Muroa auch noch nicht ganz abgeschüttelt zu haben, das war haarscharf bei dieser Schießerei. Vielleicht hat sie sich tatsächlich Sorgen um den Neuzugang in ihrem Dorf gemacht. Vielleicht macht sie sich aber auch vor allem Sorgen darum, was der eskalierte Konflikt bedeuten kann für die Sicherheit der Thra’Door — Napster Rawley und seine zwei Packer sind Mitwisser um die geheime Lage des Dorfes, wenn die angepisst sind und sich entscheiden, die Lage an die Reapers zu verraten, dann schöne gute Nacht, Kameraden.
Shadrack hat das meiste von seinem Raumfahrer-Proviant eintauschen müssen, um das Hinterzimmer als Schlafplatz zu bekommen, also muss er sich bei den Mahlzeiten jetzt den anderen menschlichen Kolonisten anschließen, und mit den erdig schmeckenden Fladenbroten und dem Stampf aus gemüsearigen Gewächsen Vorlieb nehmen. Verdammt lecker eigentlich, aber verdammt ungewohnt für den Verdauungstrakt! Er frisst ordentlich was von den Pillen aus seinem Rucksack, um seinen Eingeweiden zu helfen, mit den außerirdischen Proteinen fertig zu werden.
Und weil Shadrack nichts davon versteht, mal abzuschalten, befragt er in gedämpfter Stimme Einzelne der abgerissenen Gestalten in der Menschen-Hütte während des Essens gleich mal weiter nach Maiqarooba, auf gut Glück. Und siehe da, jetzt erhält er einen Clue!
Ein kleines, asiatisches Mädchen unterbricht lange genug das Spiel mit ihrer Strohpuppe, um Shadrack ins Ohr zu flüstern, dass sie den Anouk mit dem lustigen Namen gesehen hat, neulich, als er, Shadrack, mit den fünf großen Jägern in die Wildnis aufgebrochen war. Alle waren auf dem Dorfplatz um zu jubeln, und hatten nur auf die Jagdgesellschaft geachtet. Der mit dem lustigen Namen war im Hintergrund auf einer der Plattformen, er wurde in eine der Hütten der Kan‘Tan‘Tark geführt. Shadrack dankt dem Mädchen leise, und schenkt ihr den Rest seines Fladenbrots, und hebt sich hinweg, um Zamantha zu alarmieren.
Die mysteriösen Kan‘Tan‘Tark-Hütten sind unser nächster Clue für die
Queste: Den Anouk Maiqarooba finden und befreien (Clue Target 2\3).
Sogleich sind sie wieder versammelt, Zamantha und Shadrack, Gatoor und seine vier Jägerfreunde, und marschieren die Steinstufen hinauf zu den benannten Behausungen.
„Die Kan‘Tan‘Tark sind eine Blutlinie des Clans, ebenso wie die Thra‘Cunaar“, erklärt Miss Muroa, „eigentlich entstammen sie aus dem Clan der Asai, wo sie viel Macht hatten. Sie haben in den Clan der Thra’Door eingeheiratet, vor zwei Generationen.“
„Was Sie alles wissen, junge Dame!“, lobt Shadrack.
„Spotte nicht. Das ist meine Aufgabe hier! Zudem habe ich aufgepasst, vorhin, als Napster Rawley sagte, auch Maiqarooba käme vom Land der Asai her. Vielleicht ist da ein Zusammenhang.“
☆
Ein paar mit viel Steinschmuck behängte Anouk-Frauen begrüßen überrascht die Fragesteller im Hütteneingang. Zamantha erhält Zutritt, wenn auch erneut einzig dank dem +1-Bonus durch ihren Banshee Born-Vorteil. Die hohen Damen wissen nicht recht, was sie mit der ganzen Sache anfangen sollen, und sind ziemlich aus dem Konzept gebracht. Ein paarmal legen sie in scheuer Stimme nahe, dass Zamantha vorerst mit den Thra‘Cunaar reden sollte, bevor sie hier herein ginge — und auch das ist eigentlich ein Hinweis darauf, dass sie etwas zu verbergen haben.
Ist die Clue-Tabelle unseren Helden diesmal wieder wohlgesonnen? Jawoll, der W20 zeigt an, dass hier ein Clue wartet:
In einem rückwärtigen Stauraum hockt ein großer, dicklicher Anouk auf einer Taurolle und bläst Trübsal. Erstaunt schaut er auf, als die Tür sich unvermittelt öffnet.
„Maiqarooba?“, fragt Zamantha vorsichtig.
„Maiqarooba!“, bestätigt der Fremde überrumpelt.
„Wäre es akzeptabel für Dich, wenn wir die Thra’Cunaar darum bäten, Dich heraus zu geben, damit Du das Dorf verlassen kannst?“, fragt die Hohe.
Maiqarooba vom Clan der Asai (wenn das sein echter Name ist, der Typ ist ein bisschen seltsam)
Da passt ein GM Move. Reveal a New Detail ist es:
Zamantha wiederholt die Frage auf allen Anouk-Dialekten, die sie beherrscht, aber der Dicke legt nur den Kopf schief, und blinzelt unverständig. Shadrack hat einen seiner seltenen Anflüge von Humor, und stellt die Frage auf Latein, nur um etwas anzugeben. Die Anouk-Hausherrinnen erklären schließlich, dass er nur einen Asai-Dialekt spricht, wahrscheinlich ist Maiqarooba nicht einmal sein Name, nur ein Spitzname, in manchen Asai-Clans heißt das so viel wie, ‚das ist gut‘, oder ‚auf gute Zusammenarbeit‘.
„Aber er soll doch angebunden gewesen sein an den Bund der Orrax!“, sagt Zamantha verwirrt, „wie haben die denn mit ihm gesprochen?“
Wenig habe man wahrscheinlich gesprochen, vermuten die Hausherrinnen, und vielleicht in Zeichensprache. Hier im Hause wird immer noch eine der Asai-Sprachen geredet, aber die Dialekte im Fertile Crescent sind vielfältig, und auch sie können sich mit Maiqarooba kaum verständigen.
Also wird Napster Rawleys Schatzjagd weiter erschwert! Kann uns aber egal sein, wir haben jedenfalls den letzten Puzzlestein gefunden für unsere
Queste: Den Anouk Maiqarooba finden und befreien (Clue Target 3\3).
☆
An dem Abend tritt Zamantha Muroa vor die versammelten Thra‘Cunaar, erstmals ohne ihre klimpernden Schmuckketten, in einen farblosen, ärmlichen Überwurf gehüllt. Das ganze Dorf ist im Fackelschein versammelt, Anouks wie auch Menschen. In ruhigem, ehrerbietigem Ton legt sie den Thra‘Cunaar dar, dass sie um die Herausgabe von Maiqarooba bittet, egal, wie anmaßend dies vielleicht sei aus ihrem Mund.
Häuptling Yoxoon steht daneben und nickt gefällig, und sieht die Thra’Cunaar auffordernd an, und die stimmen schließlich auch zu, widerwillig, um des lieben Frieden willens.
Sehr zurückhaltend verlässt Miss Muroa die Szene, dieser Triumph wird nicht großartig gefeiert, das würde offensichtlich den falschen Ton anschlagen.
Rex gesellt sich an Zamanthas Seite, und sagt, „Gut gemacht, Ma‘am!“
„Natürlich, Spacer. Ich habe fast mein ganzes Leben hier verbracht, ich kenne die Bräuche wie keine Zweite.“
„Darum auch dieser schmucklose Aufzug? Von wegen, Menschen können hier sowieso nicht ihr Gesicht verlieren, in dieser Welt der Anouks?“
„Ganz recht.“
„Hm. … Muss Ihnen ziemlich schwer gefallen sein, Ma‘am. Chapeau!“, sagt er, und lüpft seinen Hut.
„So vor den Thra’Cunaar aufzutreten? Mitnichten, Shaddrakk. Du hast keine Vorstellung davon, was ich alles zu tun bereit bin, um meine Rolle weiterhin zu zementieren. Meinen Einfluss weiter auszubauen.“
„Oh? Ich dachte, der ist bereits felsenfest! Was wollen Sie denn noch, Ma‘am?“
„Ich will herrschen, Shaddrakk! Je größer das Hoheitsgebiet, desto besser!“, sagt sie in ihrer dunklen Stimme, mit einer verblüffenden Intensität. Der Erdling vermutet, dass sie mit derartiger Offenheit normalerweise nicht spricht.
Dann schreitet sie erhobenen Hauptes davon, und erneut sieht er ihr nach.
„Was für eine Frau!“, murmelt er halblaut.
„Maiqarooba!“, sagt Maiqarooba, als er neben dem Hexslinger Halt macht.
„Ja, ganz recht, Pardner. Auf gute Zusammenarbeit!“, sagt der Erdling, und schmunzelt grimmig.
☆
Advances
Die vorangegangenen Sessions haben erneut genug EXP für Advances geliefert, diesmal nicht nur für den Erdling, sondern auch für seine reizende Begleiterin:
Rex: Research ➜ W8 & Survival ➜ W4
Zamantha: Healing ➜ W6 & Persuasion ➜ W8
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