Autor Thema: [Deadlands] Savage West Solo Play  (Gelesen 17437 mal)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #100 am: 26.06.2023 | 17:41 »
Ach, verdammt... ich kann mich nicht entscheiden ob ich möchte dass es verfilmt wird oder ob ich das nicht möchte (weil es sicherlich nicht so gut wird, wie es in meiner Fantasie aussieht)

Hey, danke Dir! Freut mich sehr! (Aber ob der gute alte Shane Hensley die Filmrechte überhaupt rausrücken würde ...?)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #101 am: 26.06.2023 | 21:41 »
Am Eingang der Siedlung angelangt erhebt sich hinter den Wild Cards die Staubwolke in der Distanz vor dem Nachmittagshimmel. Alle fünf Flüchtenden sind von Schweiß verklebt und von Staub verkrustet.
May B. wendet sich hastig im Sattel um und schätzt die Distanz: "Verdammt. Binnen einer halben Stunde werden die Ochsenköppe hier sein — oder schneller."
Shadrack krächzt: "Rein in die Stadt, wir verschanzen uns zwischen den Gebäuden. Byrd, Sie ersuchen die Siedler um Hilfe mit Ihrer unwiderstehlich aufdringlichen Art! Wickett, sehen Sie zu, dass die Gäule schnell was zu Saufen kriegen. Da vorn vor dem Holzhaus ist glaube ich eine Tränke. Lancaster, Sie helfen mir mit Bloody Knife, der fällt uns gleich wieder vom Stengel!"
May B. knurrt, "In der Scheiß-Pferdetränke liegt aber einer drin! Sehen Sie mal genauer hin!"


Cadamar Creek
Ausgestorbenes Schürfer-Camp im gesetzlosen Kalifornien — Furcht-Level 3



Cadamar Creek ist still, eigentlich mehr ein Zeltlager als eine nennenswerte Stadt. Entweder halten die Schürfer hier immer noch eine verspätete Siesta wegen der übergroßen Hitze, oder ...
"... Irgendeine verdammte Sauerei ist hier passiert!", stellt Byrd fest, als sie zwischen die Zelte und Schuppen reiten.
"Eine Geisterstadt ...!", stammelt Joycelyn entsetzt, "wie in den Groschenromanen!"
"Die armen Irren haben sich gegenseitig umgeballert, wahrscheinlich im Streit um das letzte Wasser und Rationen während der gottverschissenen Hitzewelle. Immerhin dauert die schon über eine Woche", entgegnet Rex Shadrack.
Vereinzelte Goldgräber liegen zwischen den Zeltreihen im Dreck, auf den hölzernen Verandas der kleinen Bauwerke, hängen tot aus Fensteröffnungen oder über Lattenzäunen. Es sind beinahe ein Dutzend.

Das kann schon an den Nerven zerren, da wird unser Aufgebot wohl mal einen Spirit-Wurf gegen Nausea machen müssen. Alle schaffen es, trotz dem Abzug durch das Furcht-Level.

Ich erwürfle als dann einen GM Move und wir bekommen — mehr als passend an dieser Stelle — Foreshadow Trouble.



Ein paar Notizen haben das Ganze überstanden


May B. sieht sich zwischen den Toten vor dem Holzhaus um. Ein paar handschriftliche Notizen in der Westentasche von einem der Schürfer gibt in krakeliger Schrift Aufschluss über die Lage hier draußen. May B. drückt sich ihre Tuchmaske aus Junkyard vor den Mund. Die Leichname sind hier draußen gut gelüftet und daher ist ihr Verfall schon fortgeschritten, obwohl die tödliche Schießerei noch nicht allzu lang her sein kann.
"Hier, das ist ein angefangener Brief", sagt die Hexe, während sie das Papier überfliegt, "den armen Schweinen ist das Wasser ausgegangen, und die Kutsche mit den erwarteten Gütern ist nicht eingetroffen. In den Nachbarcamps ist es dasselbe, an der Straße nach Norden, nach dem, was der hier geschrieben hat ... Wer nicht zu Pferde weg kam, hat sich um Wasser und Konserven gestritten, bis verfeindete Gruppen sich gebildet haben ... Das Resultat sehen wir hier, nehme ich an."
"Wie tragisch ...", haucht Joycelyn.
"Schöne Sauerei!", sagt Byrd.
"Dumme, verfackte, weiße Männer!", murmelt John grimmig aus seinem Sattel, wo er immer noch entkräftet hockt.


Desorientiert sehen die fünf sich um, die durstigen Pferde scharren mit den Hufen. Zumindest ein Versteck vor den anrückenden Soldaten lässt sich hier sicherlich finden ...
"... Sehen Sie mal hier, Wickett, was halten Sie denn hiervon?", lässt Shadrack sich vernehmen, aus dem Eingang eines der Schuppen.
Die anderen kommen zu ihm herüber. Merkwürdigerweise sind ein paar Leichen in diesem Hauseingang tatsächlich frischer als der Rest, und sie wurden nicht erschossen, sie sind übersät mit Bisswunden.
Bloody Knife und Wickett sehen sie sich genauer an: "Ein Kojote war das nicht", sagt May B. angeekelt, "das sind Bisse von Tieren ohne Fangzähne. Eigentlich sehen sie sogar ... nach menschlichen Gebissen aus."

Die Nachmittagssonne erzeugt ein merkwürdiges Licht, während sie tiefer in die Dunstschleier sinkt. Draußen zwischen den Zelten hört man plötzlich etwas - ein Knarren, und dann ein Knallen, als im Wind eine der losen Zeltplanen auf eine andere peitscht! Shadrack und Joycelyn zucken dennoch zusammen, obwohl ihnen klar ist, dass es nur der Wind war.
Dann steht plötzlich im Halbdunkel des fast fensterlosen Schuppens eine andere Gestalt hinter den Wild Cards. Er ist der letzte der Schürfer, er hat sich lautlos genähert. Jetzt setzt er ein merkwürdiges Grinsen auf. Er stinkt zum Himmel. Die Wild Cards wirbeln zu ihm herum, Shadrack, Byrd, und Wickett haben sofort ihre Pistolen in den Händen.
Der Schürfer öffnet den Mund mit den gelben Zähnen und versucht eine beschwichtigende Handgeste gegenüber den Bewaffneten, aber seine Bewegungen sind fahrig, er muss völlig dehydriert sein. Seinem Rachen entfährt nur ein trockenes Husten, und er nimmt den Schlapphut vom Kopf und fächelt sich damit Luft zu — wobei ein Einschussloch an seiner Schläfe zum Vorschein kommt. Das Blut das diese Gesichtshälfte bedeckt, ist längst verkrustet.
Draußen auf dem Platz stehen auf einmal weitere Gestalten, hinter den Wild Cards!

Die Walkin' Dead von Cadamar Creek haben sich listig nur tot gestellt, und erheben sich nun unvermittelt, um auch aus diesen Neuankömmlingen ein blutiges Labsal zu machen!



Erneut würfeln alle Wild Cards Spirit, diesmal gegen Terror. Shadrack ist chancenlos, mit seinen Nachteilen Yellow und Phobia, und John Bloody Knife packt es nur, weil er mittlerweile wieder seinen Gratis-Reroll bekommt — die Naturgeister scheinen ihm die Zugfahrt mittlerweile vergeben zu haben, und bedenken ihn mit einer 11 als neues Resultat. Rex Shadracks Resultat auf der Furcht-Tabelle ist The Mark of Fear, er entwickelt den nervösen Tick, dass von nun an sein rechtes, unteres Augenlid zuckt, wann immer tote Menschen in Sicht sind. Er kippt benommen nach hinten, stolpert aus dem Schuppeneingang in den Staub des Platzes.

Vier der untoten Scheintoten haben unsere Helden umstellt und schneiden ihnen den Weg zu ihren Pferden ab. Ihre ledrigen Fratzen zeigen einen Ausdruck von hämischer Bosheit, und natürlich Verfressenheit. Mit diesen vier müssen die Wild Cards fertig werden, während sie sehen müssen, wie überall zwischen den Zelten weitere Kadaver sich aufrichten und ihre staubigen Gebeine recken.

Runde 1: Die Walkin' Dead haben einen Hold-Marker, weil sie einen Hinterhalt gelegt haben, indem sie sich (äußerst glaubwürdig) tot gestellt haben. Zwei stürzen sich auf Byrd (er ist ja Monster Magnet), einer auf John und May B.; Byrd bekommt nur einen Kratzer von einer dehydrierten Krallenhand über den Unrerarm, John pariert spielerisch mit seinem Kriegsbeil, die Hexe weicht haarscharf einem zuschnappenden Kiefer aus. Daraufhin schießt sie zweimal in den Kreis aus Bedrängern, und zerlöchert einem Untoten den blassen Schädel. Rex erholt sich mit lauter Schnappatmung von seinem Stun, und ist nun nur noch Distracted und Vulnerable, er kommt hoch auf ein Knie und einen Fuß, hebt mit gefletschten Zähnen wieder seine eine Smith & Wesson, sein rechtes Augenlid zuckt wie wild.
Joycelyn tritt eilig zu Shadrack, zieht ihren kleinen Derringer, und schießt einen der umstehenden Zombies in die Kniescheibe. Das Biest taumelt und brabbelt in Zungen, und wird Shaken. Einen menschlichen Gegner hätte dieser Pistolenschuss umgehauen.
Das Orakel sagt, John Bloody Knife kann nicht Sweep verwenden ohne seine Freunde zu treffen, also macht er einen Einzelangriff, stößt einen kehligen Schrei mit hoch über den Kopf erhobenem Kriegsbeil aus, und lässt es mit aller Kraft auf einen der Untoten nieder fahren. Die klapperige Gestalt wird von dem steinernen Axtkopf geradezu gespalten und bricht im Sand zusammen. Byrd schießt einem seiner beiden Angreifer die stinkende Rübe weg. Da war es nur noch einer!

Runde 2: Die Zombos sind nicht mehr auf Hold diese Runde, bekommen aber ein As. Im Nahkampf ist nur noch einer, der Rest wankt grunzend heran. In der Ferne hört man das entsetzte Wiehern der Pferde der Kavallerie und das Geschrei der Soldaten, als am Ortseingang die Untoten gerade die Verfolger in Empfang nehmen.



Der verbleibende Zombie versucht erneut Byrd zu packen und verbeißt sich in dessen Mantelärmel. Shadrack versucht ihn wegzuschießen, während er selber zitterig wieder ganz auf die Füße kommt, aber verfehlt.
"Töten Sie es, Mister Byrd! Schnell, wir müssen hier weg", ruft Joycelyn und verschafft dem Revolverhelden einen Support-Bonus. Das lässt Byrd sich nicht zweimal sagen, setzt der grinsenden Fratze den Revolverlauf auf die Stirn, und schießt ihn von seinem Mantelärmel weg, grimassiert angeekelt wegen der rotbraunen Spritzer überall.

Aufgescheucht rennen die fünf zu ihren scheuenden Pferden und sitzen auf. Zwischen den Felsen hört man Schüsse, die Soldaten sind vollauf beschäftigt mit dem Abwehren der Attacke der Untoten.
So schnell sie irgend können reiten die Wild Cards die staubige Straße nach Norden hinauf. Das Licht der Abenddämmerung taucht alles in ein surreales Orange. Ein Keuchen und Gurgeln ausgetrockneter Kehlen wird vom Wind jedoch auch von dort her auf die Fliehenden zu getragen: Wankende und kreuchende Gestalten nähern sich auf der Sandstraße vor ihnen! Im Halblicht kann man nicht genau sehen, wie viele es sind, aber es scheinen Dutzende zu sein!
"Gottverdammt! Die anderen Lager", stößt May aus, "da gab es auch Verdurstende und Krawalle! Was ist, wenn die Heckenpenner allesamt mittlerweile zu Walkin' Dead geworden sind?!"
« Letzte Änderung: 28.06.2023 | 19:04 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #102 am: 27.06.2023 | 17:22 »
Nur um das hier mal erwähnt zu haben: Schalter, ich bin so neidisch auf dich...

Ich will das, was du da machst (SaWo-Solo-Play, Geschichte dazu schreiben, coole Illus on top) schon so lange machen, aber ich komm wohl erst nach meiner Verrentung dazu...

Anyway: Thank you for sharing!
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #103 am: 27.06.2023 | 18:33 »
Nur um das hier mal erwähnt zu haben: Schalter, ich bin so neidisch auf dich...

Ich will das, was du da machst (SaWo-Solo-Play, Geschichte dazu schreiben, coole Illus on top) schon so lange machen, aber ich komm wohl erst nach meiner Verrentung dazu...

Anyway: Thank you for sharing!

Ich freu mich schon drauf, wenn Du doch dazu kommst!  :)  Ist eigentlich gar nicht so zeitaufwendig ...!

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #104 am: 27.06.2023 | 19:49 »
Ich freu mich schon drauf, wenn Du doch dazu kommst!  :)  Ist eigentlich gar nicht so zeitaufwendig ...!

Du weißt halt nicht, wie megalomanisch ich bin... ~;D

Ich gebe aber zu, dass ich es eher nur für mich schreiben würde. Ich teile hier im Tanelorn zwar viele Dinge, aber das würde wohl aus verschiedenen Gründen nicht dazugehören.
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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #105 am: 27.06.2023 | 22:44 »
Du weißt halt nicht, wie megalomanisch ich bin... ~;D

Ich gebe aber zu, dass ich es eher nur für mich schreiben würde. Ich teile hier im Tanelorn zwar viele Dinge, aber das würde wohl aus verschiedenen Gründen nicht dazugehören.

Verstehe ich. Gerade den Aspekt des Einstellens im Forum gefällt mir aber echt gut. Irgendwie ist das schöner für mich als Sachen für die Schublade zu produzieren, was ich früher schon recht viel gemacht hab.   :think:

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #106 am: 27.06.2023 | 23:13 »
Im Sichtschutz einen verlassenen Planwagens am Wegesrand nehmen die Wild Cards Deckung. Gepäckstücke liegen im Sand herum, die Zugpferde scheinen in Einzelteilen ins trockene Gebüsch geschleppt worden zu sein. Verzweifelt zielen die drei Pistoliere auf die Straße vor sich und hinter sich. Der Gestank des toten Fleisches nähert sich merklich aus beiden Richtungen. Jederzeit kann ein Angriff kommen, wenn die kannibalische Horde in Sicht kommt. Und jetzt bricht das Dunkel herein.
"Wir haben nicht unbegrenzt Munition dabei!", zischt May B. angespannt.
"Och, das reicht schon", knurrt Byrd tatendurstig, "sehen Sie einfach zu, dass jeder einzelne Schuss ein Treffer ist!"
Joycelyn raunt mit zitternder Stimme: "Das sind wirklich tote Männer, und sie leben! Wie in Ihren Erzählungen! Die dürfen uns nicht kriegen! Das hier darf nicht unser letztes Stündlein sein!!"
Shadrack presst zwischen gefletschten Zähnen hervor, "Wir werden unsere Haut jedenfalls so teuer verkaufen wie es geht!"
Byrd fügt hinzu, beinahe leichtmütig, "Und ich habe noch nicht mal einen Kuss von Miss Lancaster abgestaubt ...! Und sei es ein ganz kurzer, auf die Backe ..."
"Hier kommen Sie, machen Sie sich bereit! Wir schießen uns frei!", schnarrt Shadrack, und hebt beide Pistolen.
Joycelyn beugt sich unvermittelt hinüber zu Byrd, und küsst ihn auf die Wange.
Er dreht sich nach ihr um, und zieht erfreut die Augenbrauen hoch: "Donner und Doria! Wenn ich gewusst hätte, dass ich einfach nur etwas jammern muss ...!"
"Genau wie bestellt, oder nicht?", fragt die Sängerin, etwas schafhaft.
"Na ja, der war auf die Wange, ich hatte ja eigentlich gesagt ..."
May B. raunt: "Shadrack, haben Sie nicht einen Kartentrick dafür, uns beim Reiten zu unterstützen? Oder irgendwas gegen wundgerittene Stellen? Dann könnten wir wieder aufsitzen und einen Weg durch die Felsen suchen mit den Gäulen! Die gottverdammte Straße scheint mittlerweile von den Stinkstiefeln zu wimmeln, in beiden Richtungen!"
Shadrack murrt, "Ja, das könnten wir versuchen. Aber wenn sich ein Pferd die Beine bricht abseits der Straße, haben wir ausgespielt, genau wie Lancaster heute Vormittag zu den Soldaten gesagt hat!"
Byrd lacht auf: "Ja, da sagen Sie was, altes Haus! Warum spannen wir die Hottis nicht einfach vor die Kutsche hier, und bleiben auf der Straße? Wir trampeln die Walkin' Dead einfach ungespitzt in den Boden!"
Alle zögern kurz.
"Zur Hölle, ja!", ruft schließlich Shadrack, "das ist durchgeknallt genug, dass es funktionieren könnte, Mister Byrd!"
May B. sieht prüfend die alte Kutsche an: "Dürfen Sie denn auf der fahren, John? Das Ding haben ja Weiße zusammengezimmert!"
John knurrt, "Wasichu, ja, aber immerhin nicht deren Maschinen! Besser als jetzt zu reiten!"



Die Wild Cards machen die Zügel ihrer aufgeregt tänzelnden Pferde in Windeseile wieder von der Kutsche los, und spannen sie in die Zuggeschirre des Fuhrwagens ein. Wir fragen die Orakelwürfel, ob das Gefährt überhaupt noch fahren wird, und sie sagen gerade so, ja! Verzweifelt treiben sie die Rösser an und Byrd und Bloody Knife schieben mit aller Kraft von hinten, und der Wagen löst sich aus dem Gebüsch am Wegesrand, und rumpelt mit einem Ächzen zurück auf den Sand der Straße! Alle klettern hektisch an Bord, helfen sich gegenseitig, um Halt zu finden. Mit panischem Wiehern finden die fünf eingespannten Klepper Halt auf dem Sand, gerade als graue Zombiearme sich nach den Wagenrädern und den Seitenrändern der Kutsche recken. Eine Kampfrunde wird durchgestanden werden müssen, um überhaupt Fahrt aufzunehmen.

May B. drängt auf dem Kutschbock Shadrack beiseite und greift die Zügel: "Ich mach' das, Sie konzentrieren sich aufs Feuern und Ihre Kartentricks! Wehe, wenn Sie mich hängen lassen, Shadrack, ich hab' noch nie einen Karren gelenkt, schneller als in Schrittgeschwindigkeit!"
Für ihren ersten Driving-Versuch jedenfalls nicht schlecht, May B. erzielt (trotz ihrem W4-2) einen Erfolg, und die Pferde nehmen Tempo auf. Shadrack mischt seine Karten und beschwört einen unsichtbaren Manitou, und boostet May B.s Driving, durch sein Fatigue und seine Phobie ist das Ergebnis kein Raise mehr, also erhält sie einen W4 als Skillwürfel. Immerhin.
John Bloody Knife tritt schwankend zum Heck des schneller werdenden Fuhrwerks, holt weit mit seinem beidhändigen Kriegsbeil aus, und verwendet Sweep, um alle untoten Verfolger niederzumähen. Er trifft mit einem Fighting-Resultat von 20! Spektakulär enthauptet er mit dem einen Streich drei Walkin' Dead und macht einen Shaken durch eine klaffende Wunde an der Schulter. Sein heiserer Kriegsschrei durchschneidet die Nacht.
Byrd kauert mit gezogenem Peacemaker hinter May B. und Shadrack, und supportet die Wagenlenkerin mit lautem Schnalzen und "Hüah!", um die Pferde auf Zack zu bringen.
"Sie können das, Miss Wickett! Sie sind unsere einzige Chance!", haucht Joycelyn, und steigert durch ihren Persuasion-Wurf den Support-Bonus auf +2.
Der verbleibende Zombie erholt sich von seinem Shaken, gefühllos, wie er ist, sprintet schneller, und versucht gierig, John zu packen, aber wird von dessen herumwirbelndem Axtstiel abgewehrt.

Schalten wir von der regulären Kampfrunde mal lückenlos in einen Dramatic Task. Alles mögliche kann passieren: Eine zu dichte Traube aus Leibern kann sich um das Fluchtgefährt bilden, den Pferden kann die Puste ausgehen, und der ganze alte Karren kann sich unter den Ärschen unserer Helden in Kleinholz auflösen. Wir werden verdammt nochmal dreißig Task Tokens in vier Runden zusammenbringen müssen, um binnen der ersten Nachtstunden aus dem Gebiet zu entkommen. Jede Driving-Aktion tötet 1W4 Walkin' Dead pro Erfolg, als die trampelnden Hufe der entsetzten Pferde und die mahlenden Wagenräder über sie hinweg donnern.

Im Licht der baumelnden Laternen ist ein weiterer Wegweiser zu sehen, der die Sandstraße hinauf nach Norden zeigt, mit den deutlichen Aufschriften "Devil's Armpit" und "Gomorra". Die Meilenangabe unter Gomorra ist mit roter Farbe übertüncht, so dass da jetzt steht, "Fuckin keep away!!". Die Kutsche rattert jetzt so schnell, dass man die Zahlen im Laternenschein sowieso nicht erkennen hätte können. Die entmenschten Schreie der vertrockneten Kehlen der Untoten in ihrer Raserei hallen über die einsame Straße.

Soundtrack: Ghoultown, Phantom Moon https://www.youtube.com/watch?v=ssCAdUgkr5A

Runde 1
May B. nutzt ihren von Shadracks Kartentechnik generierten W4 bei Driving auch direkt, um mit einem wütenden Schrei direkt auf die heranstürmenden Grüppchen aus grauen Leibern zu zu halten, und einen Schlenker zu beschreiben, nicht um sie zu umgehen, sondern um möglichst viele zu erwischen! Die Pferde wiehern und ihre Mäuler schäumen, das Gefährt wankt. Dank dem Support-Bonus aus der regulären Kampfrunde eben erzielt die Hexe ein Raise — sieben auf einen Streich! Ein ausgetrockneter Unterkiefer mit Goldzähnen und mehrere Fingerknöchelchen fliegen am Kutschbock vorbei! Gleichzeitig wird die Kutsche noch schneller. Zwei Task Token für die Bank.
"Oh ha! Hart aber gerecht, Miss May! Jetzt rechts rüber, da kommen die nächsten!", ruft Byrd, seinen Hut auf den Blondschopf drückend im Fahrtwind. May erhält einen neuen Support-Bonus.
John manövriert sich auf die Seite des Fuhrwerks, und lässt sein Beil auf die Untoten niederfahren, die May B. verfehlt hat. Leider hat seine Aktionskarte die Farbe Kreuz, also geschieht eine Komplikation: Mehrere der zerschmetterten Leiber unter den Rädern lassen das Gefährt in dem Moment auf der Seite hüpfen! Wenn der Indianer von Bord geschleudert werden sollte, muss die Kutsche anhalten! Trotz aller Abzüge bekommt er dank Benny-Ausgabe jedoch ein Raise bei Fighting hin, und er macht erneut drei Untote nieder, und bringt uns zwei Task Tokens ein!
Shadracks Karte gibt ebenfalls eine Complication an; während der Karren wie eben beschrieben seinen Hüpfer macht, ballert der Hexslinger auf die heckseitigen Verfolger. Dennoch schießt er erfolgreich in die Meute und erledigt den einen oder anderen, und spielt uns das fünfte Task Token ein.
Joycelyn tut es ihm gleich und schießt mit ihrem Derringer aus nächster Nähe einem der Monster in die Fratze, und verdient uns ein Task Token.

Runde 2
Diesmal bekommt Luca Byrd eine Complication: "Warten Sie, ich helf' Ihnen", ruft er enthusiastisch, und macht einen todesverachtenden Hechtsprung vom Kutschbock in den Sattel eines der galoppierenden Pferde! Just in dem Moment passiert der Wagen hinter einer Biegung die tief hängende Äste eines vertrockneten Laubbaums (dies ist die Complication!). Byrd kracht im Sprung durch das Totholz, und landet in Schräglage im Sattel des wiehernden Zugpferdes! Er holt dadurch Task Token Nummer sieben.
John schlägt bach diversen vorbeisausenden Zombieköpfen, aber erzielt trotz großzügiger Benny-Ausgabe nur einen einzelnen Erfolg wegen seinem Exhausted-Zustand. Also ein einzelnes Task Token.
Shadrack ist unzufrieden mit seinem Hex eben, lässt ihn fallen, und führt ihn mit Karten hantierend neu aus. Ein Raise erzeugt diesmal einen W6 für May B. als neuen Driving-Skill, und zwei Task Tokens.
Dann ist das Halbblut auch an der Reihe, ihrerseits mit einer Kreuz-Karte: Eins der ursprünglichen Zugpferde der Kutsche taucht im Laternenlicht auf der nächtlichen Straße auf, wo es von den Walkin' Dead zerrissen wurde. Die Hexe flucht verbissen, und gibt fast all ihre Bennies aus für ihren Driving-Wurf. Sie vermeidet die Kollision mit dem Kadaver im allerletzten Moment, und räumt nebenher noch zwei menschliche Wiedergänger ab.
"Gut gemacht! Wir bleiben auf Kurs!", schreit Joycelyn mit qualmendem Derringer, und erzeugt einen neuen +2-Support-Bonus für May.

Runde 3
Noch 19 Task Tokens, und es hagelt diese Runde Kreuz-Karten!
Byrd schaut sich im Sattel des galloppierenden Zugpferdes überrascht nach hinten um, fast selbst erstaunt, dass der Ast ihn nicht weggefegt hat. Dann beruhigt er das beinahe panische Pferd, und hindert es am Versuch, auszubrechen. Sein Raise bei seinem Riding-Wurf bringt zwei Task Tokens.
Joycelyn lädt mit fahrigen Handbewegungen ihren Derringer mit Muni aus ihrem Handtäschchen nach, und ballert mit unverhoffter Präzision in die untote Horde. Wir sind nun bei 15 Task Token!
Shadrack schießt vom Kutschbock aus in die Dunkelheit, der fliegende Dreck dort vorn sorgt für eine Complication mit schlechter Sicht. Sein neuer Vorteil Legendary Trait senkt die Abzüge so weit, dass sein Wurf gerade so noch ein Raise ist! Er ballert mehrere Walkin' Dead nieder und verdient uns zwei Task Tokens!
John Bloody Knife wird von der Sandwolke ebenfalls eingehüllt, wie er so an der Flanke des Fuhrwerks steht. Hackend und schlagend erzielt er immerhin einen Erfolg, und heimst das siebzehnte und achtzehnte Task Token ein.
May B., ebenfalls mit Complication, sieht im fliegenden Sand und Kies fast nichts mehr, während sie um die nächste Biegung brettert, aber hat den Support-Bonus, sie gibt zwei Bennies aus, um ein dringend benötigtes Raise zu erhalten. Nächste Runde müssen die Wild Cards zehn Task Token verdienen!

Runde 4
Die wilde Fahrt dauert nun schon bestimmt eine halbe Stunde. Ein weiterer Wegweiser saust vorbei, die Kutsche hat mittlerweile eine mörderische Geschwindigkeit erreicht. Erneut ist keine Meilenangabe zu entziffern, jemand hat darüber gepinselt, "Sweetrock, go to Hell".
May B. ist als erste dran, und sie treibt mit lauten Schreien die Zugpferde weiter an. Jede Aktion unserer Helden muss diese Runde ein Raise sein, um den Dramatic Task noch zu schaffen! May B.s Driving-Wurf zeigt gerade jetzt die gefürchteten Schlangenaugen! Ein Kritischer Misserfolg! Dies senkt den Fortschritt um eins, und macht es unmöglich, den Dramatic Task noch zu gewinnen. Sie steuert das rasende Gefährt mit den wahnsinnigen Gäulen in die nächste Traube von nahenden Zombies — und eins der Vorderräder wird dabei mit lautem Knall vom morschen Holz abgesprengt und fliegt im hohen Bogen davon!

Während die Kutsche seitlich kippt, werden alle Wild Cards herunter geschleudert. Alle schaffen einen Agility-Wurf, um unversehrt zu bleiben als sie im Sand landen.

Machen wir mal einen Failure Move dafür wie im One Page Solo Engine beschrieben. Wir bekommen Offer a Choice. Das kann ja in dem Fall bedeuten, sie haben die Wahl zwischen einem großen Kampf, oder Rettung durch eine zwielichtige Gruppe! Au ja, das machen wir:

Knurrend und ächzend rücken die Walkin' Dead heran, schon ist wieder ein gutes Dutzend in Sicht, als stinkende Silhouetten im Mondlicht. Auf den Felsen über der Sandstraße treten in dem Moment weitere Schattenumrisse hervor, Männer mit breitkrempigen Hüten und Staubmänteln, und Gewehren im Anschlag.
"Kommt sofort hier hoch, Ihr gottverdammten Greenhorns! Ihr habt die Freude, heute höchstpersönlich von uns ausgenommen zu werden wie verschissene Weihnachtsgänse! Oder wir überlassen Euch den Walkin' Dead!"
Perplex sehen sich die fünf Wild Cards gegenseitig an. Byrd spuckt einen Mundvoll Sand aus. Jetzt müssen sie entscheiden, und sie haben nur Sekunden dafür. Ausgenommen werden wie verschissene Weihnachtsgänse wollen sie nicht, aber von den Untoten gesnackt werden wollen sie umso weniger.

Also klettern sie eilig die Felsen hinauf, während die Desperados das Feuer auf die Walkin' Dead eröffnen. Das Orakel bestimmt, dass sie bequem die Felsen hinauf kommen, und nicht einmal ihre Pferde verlieren, denn die armen Zossen sind noch an die gebrochene Deichsel der umgekippten Kutsche gespannt und können nicht fliehen. Bevor die Horde sie erreicht, wird diese vom Feuer der Winchester-Gewehre zersiebt.

Kaum ziehen die Wild Cards sich keuchend über die Kante auf die Felsbrocken hinauf, halten einige der Banditen ihnen auch schon Pistolen- und Gewehrläufe unter die Nasen. Alle von ihnen haben schwarze Halstücher vor die Gesichter gebunden.
"Willkommen im Gomorra Valley ...!", sagt einer in zynischer Stimme über das Krachen der Schüsse, Röcheln der Zombies, und Wiehern der Pferde hinweg.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #107 am: 28.06.2023 | 18:16 »
Die nächsten zwei Stunden über reiten die Wild Cards vor der Gang aus acht Desperados her. Ihre Hände sind mit Stricken gefesselt, so dass sie zwar die Zügel ihrer Pferde führen können, aber keine 'plötzlichen Dummheiten versuchen' können. Natürlich haben die Maskierten die Gefangenen vor dem Losreiten genauestens durchsucht: Über Shadracks gravierte Smith & Wessons und Byrds Gatling Pistol haben sie sich besonders gefreut, über Joycelyns Derringer haben sie sich ordentlich beömmelt. Byrd hat wie selbstverständlich mitgelacht und sein großes Maul aufreißen wollen, aber Mal um Mal von den Bewaffneten die Redeerlaubnis entzogen bekommen. Die Gangster mit den schwarzen Tüchern vor den Gesichtern haben klar gemacht, dass erst im Bandenversteck weiter geredet wird. Aufgrund von Shadracks und Joycelyns Kleidung haben sie möglicherweise den Schluss gezogen, die Reisenden seien feine Pinkel, und dass es möglich sein könnte, irgendwo dickes Geld für ihre Freilassung einzufordern. Joycelyn ist blass um die Nase und zittert in ihrem Sattel vor sich hin. May B. würde ihr gern versichern, dass sie und Shadrack im Ernstfall überhaupt keine Schießeisen brauchen, um die acht Gangster zu zerlegen, aber sie will es nicht riskieren, mit ihr zu flüstern; die Desperados reiten genau hinter ihnen her und haben ihre Waffen gezogen, tragen sie locker in Händen. Sie scheinen sich auf ihr mörderisches Geschäft hier draußen in der Einöde genau zu verstehen.



Mit Missmut haben die Wild Cards registriert, dass im Laternenschein keine weiteren Wegweiser in Richtung ihres Zielortes mehr in Sicht gekommen sind, die Reiter haben mittlerweile auch die Straße nach Norden verlassen, und navigieren auf Zickzack-Pfaden durch die nächtliche Wildnis. Die Schurken sind nervös und leuchten immer wieder um sich, der Zusammenprall mit den Walkin' Dead hat viele von ihnen offensichtlich mächtig verstört.


Als ein verschlafenes, bräunliches Morgenlicht bemerkbar wird, betreten unsere fünf Helden ein windschiefes Holzhaus auf einem verwilderten Farmgelände, irgendwo im Nirgends, ringsum nur verwahrloste Äcker, verdorrte Sträucher, und jede Menge Felsen. Die einstige bäuerliche Stube ist nicht ganz verlassen, auf einer alten Eckbank sitzt kraftlos ein sehr großer, sehr beleibter Mann im Anzug, und hat die Wurstfinger vor der Stirn gefaltet. Auch seine Hände sind gefesselt, die dünnen Stricke schneiden ins Fett. Er flennt vor Angst, und versucht es zu verbergen. Er scheint ein recht emotionaler Typ zu sein, aber ist nicht ansprechbar. Er nuschelt nur hinter seinen Pranken, "quei diavoli avidi!", ganz verzweifelt.



Im Halbdunkel sitzen die Gefesselten nun dumm rum. Die Tür wurde von außen abgeschlossen, und alle Fenster sind mit Holzbrettern vernagelt.
"Qual è il problema, brav'uomo?", hört man Byrd halblaut sagen, zu dem dicken Typen.
"Hanno tutti i miei beni! Quei maledetti banditi!", ächzt der Dicke, zumindest heult er jetzt nicht mehr heimlich, nun wo die Maskierten wieder weg sind.
Byrd klopft dem Fremden mitfühlend mit beiden Händen auf die Schulter.
"Na das ist ja mal eine Überraschung, Mister Byrd!", sagt Shadrack gedämpft, "Hat nicht Marlon Varville Sie einen Itaker genannt, kurz bevor wir ihn bei Wyatt Earp abgeliefert haben? Hat das am Ende etwa gestimmt?"
"Mein Italienisch ist nicht besonders", sagt Byrd, "parlo solo un po' di italiano!", und er wendet sich wieder an den Dicken, und sagt, "Ihre Ware haben die Strauchdiebe sich also gekrallt? Hatten Sie Güter für Gomorra?"
Der große Kerl nickt und streicht sich seinen dicken, schwarzen Schnauzer mit den gefesselten Händen, "Si si, iche binne Handelsreisender! Iche 'abe zwei große Koffer voll wertvoller Antiquitäten ausezuliefern! Die Banditi haben mir gestern Abend auf der Straße aufgelauert, unde seitdem sitze iche hier!"
Seine Stimme ist tief und pathetisch, wie ein sprechendes Walross.
Shadrack ignoriert ihn und raunt zu seinen Mitreisenden: "Wir können hier jederzeit raus, vergessen Sie das nicht. Ich habe Mittel und Wege, um die Stricke zu lösen. Das Problem ist nur, dass wir rauskriegen müssen wohin die Kerle unseren Krempel gebracht haben. Ich habe keinen von hier weg reiten hören von dem Gelände, also sind die alle noch in der Nähe. Wir brauchen das Zeug zurück, und unsere Pferde, bevor wir jemanden von ihnen umlegen und die Situation dadurch dynamisch wird. Haben alle verstanden?"
May B. zischt: "Wie lange wollen Sie denn hier auf dem Arsch sitzen?"
Shadrack versetzt kühl, "Wir beobachten noch eine Weile. Vorhin waren sie zu acht, und feuerbereit, das wäre sehr riskant gewesen. Vielleicht legen sich aber jetzt welche aufs Ohr nach der durchgemachten Nacht, dann wird ihre Übermacht geringer. Und wir müssen ein Überraschungsmoment abwarten, das wir mit voller Härte ausnutzen können. Die werden uns nicht ewig warten lassen, bestimmt spielen sie im Verlauf des Morgens ihre Karten aus. Ich gebe Ihnen das Zeichen, wenn der Moment der rechte ist, und Sie treten dann sogleich in Aktion."
May B. grummelt leise, "Und Sie sind natürlich der Anführer, weil Sie so oberschlau sind und wie immer alles am besten beurteilen können."
Shadracks Stimme klingt bedrohlich, obwohl sie so leise ist: "Natürlich! Keine Diskussionen jetzt, dafür ist die Lage zu brenzlig! Kapiert?"
"Sie Arsch!", faucht May.
Plötzlich klingelt ein Schlüsselbund, und die Tür geht wieder auf! Eine Handvoll der Maskierten kommt wieder herein. Alle Gefangenen spannen sich unwillkürlich an. Einer der Desperados ist ein riesiger Hüne, reichlich brutal und gleichzeitig bescheuert aussehend. Er gibt sich nicht mal die Mühe, sein schwarzes Halstuch vor dem Gesicht zu tragen, scheinbar ist er furchtlos, seine dümmliche Fresse würde außerdem sowieso jeder wiedererkennen. Er hantiert mit gleich zwei schweren Gatlingpistolen, mit einem der Bündelläufe kratzt er sich die schmierige Schläfe.

"Die sind ja auch alles halbe Portionen! Die hätten nich' ma' die bekackten Walkin' Dead ganz gefress'n! Die hätten die halben Portionen gleich wieder ausgespuckt, wenn se die gekriegt hätt'n! Lohnt sich ja nich' ma', da überhaupt rein zu beißen, nich' ma' wenn man 'nen verdammter rumlaufender Kadaver is'."

Dieses Gespräch kann sehr anders verlaufen, wenn die Banditen wissen, dass Joycelyn berühmt ist. Befragen wir mal das Orakel danach. Es sagt nö, niemand der Verbrecher erkennt sie von ihren Plakaten oder aus der Zeitung. Schwein gehabt.

Ein drahtiger Maskierter mit langen, braunen Haaren ergreift das Wort: "Ohne uns wären Sie jedenfalls allesamt Zombie-Frass geworden vergangene Nacht! Sie verstehen, dass Sie uns was für die Rettung zurückzahlen müssen, Damen und Herren. Sie sind hier mitten in unserem Revier, und haben uns verdammt nochmal ordentlich Arbeit gemacht!"
"Sie sind nur vermaledeite Strauchdiebe, nichts weiter!", entfährt es May B. unvermittelt.
"Schnauze, Püppchen!", grollt der Riese mit den Gatlingpistolen.
Der Maskierte wiegelt ab, "Wir sind hier draußen die einzige Macht, die es gibt! Das mag Euch nicht passen, aber die Trails des Gomorra Valley gehören uns. Wenn wir nicht wären, würden die Sklaventreiber aus der Stadt sich alles einverleiben. Also werden Sie, Damen und Herren, was beitragen müssen. ... Frage an die fünf Neuen: Was wollen Sie in Gomorra? Sind Sie Revolverhelden?"
Byrd lächelt freundlich: "Wir sind Naturkundler! Die Damen haben ihr Summa Cum Laude von ihrer Bostoner Universität, wir Herren beschützen sie ritterlich. Die kalifornische Flora interessiert ungemein! Leider sind die vielen schönen Skizzenbücher und Käferproben vom Karren gefallen bei der Flucht letzte Nacht — und mir nichts, Dir nichts, von einem Zombie verspeist worden! Die Damen werden in Gomorra von Neuem beginnen müssen, um etwas Gelehrtes vorweisen zu können daheim! Sonst wäre das ja wie, 'der Hund hat meine Schularbeiten gefressen', Sie verstehen. Nur schlimmer natürlich. Weil der Hund ja ein Zombie war."
Ein anderer Maskierter schnarrt, "Was die Damen jetzt erst mal machen müssen, ist auf die gute Seite von unserem Boss kommen. Der wird vermutlich gleich hier sein. Die Blonde fängt an. Sie werfen sich dafür besser mal in Schale."
Er lässt eins der luftigeren Bühnenoutfits aus Joycelyns durchwühlten Satteltaschen vor die Füße der Gefangenen in den Dreck fallen.
Die Sängerin schaut empört darauf hinab, und wieder in die Augen der Maskierten: "Das kann ich nicht anziehen, meine Hände sind gefesselt!"
Der Langhaarige scheint hinter seinem vorgebundenen Halstuch zu grinsen: "Hat auch keiner gesagt, dass Sie sich umziehen sollen. Wir ziehen Sie um, Holdeste."
"Incredibile, questi brividi!", jammert der große Dicke, mehr zu sich selbst.
"Ich beiß' Euch Eure verdammten Köpfe ab und spucke sie wieder aus!", braust May B. auf, Hass funkelt in ihren Augen.
Shadrack registriert, dass sie unwillkürlich bereits ihre Hexengeste mit den Fingern macht, Daumen, Zeigefinger und kleine Finger beider Hände sind abgespreizt.
Schnell ergreift er das Wort: "Immer eins nach dem anderen, Gentlemen! Wir sind neugierig auf diesen Anführer, von dem Sie sprechen, wir wollen zuerst wissen, wer das ist."
Der Langhaarige entgegnet in dumpfer Stimme, "Der gefährlichste Mann in Caine County, Sie Narr, oder sagen wir mal, in dem, was das Große Beben von Caine County übrig gelassen hat. Sie wollen als Personenschützer in Gomorra unterwegs sein, oder als Revolvermann, oder was auch immer? Dann werden Sie seine Regeln anerkennen müssen, ob Sie wollen oder nicht. Hier draußen hat Jackson P. Jackson das Sagen. Nicht die Sweetrock Mining Company, nicht die beschissenen Law Dogs."
"Was ist das für einer?", fragt Shadrack, "ich hab' den Namen womöglich schon mal gehört, ganz am Rande irgendwo. Vom Eindruck her ist mir so, als hätte ich Lutschern vom selben Kaliber wie dem alle paar Tage mühelos in die Ärsche getreten."
"Sie schulden Jackson P. Jackson Ihr Leben, Sie Lackaffe, und Sie sind ein doppelter Narr, wenn Sie glauben, das auf die leichte Schulter nehmen zu können. Wenn es einen Mann mit einem Elefantengedächtnis gibt im Gomorra Valley, und einen, der sich darauf versteht, verdammt nochmal einen Groll zu hegen, dann ist es Jackson P. Jackson. Ihre Waffen und Pferde sind schon mal nicht schlecht als kleiner Tribut an ihn. Was können Sie nun noch anbieten? Geld, Gold, Ghost Rock? Besitzurkunden von Claims? Informationen über unsere Feinde? ... Seien Sie erfinderisch, Damen und Herren, jedes Bißchen kann Ihnen den heutigen Tag erleichtern!"
Byrd wechselt einen verschmitzten Blick mit Shadrack, dem Hexslinger ist gar nicht zum Lachen, er hat plötzlich eine nervöse Schweißperle auf der Stirn. Byrd hat noch die Apfelsaft-Kasse bei sich, die Scheinbündel sind in seinen Kleidern versteckt. Shadrack aber hat noch das Kopfgeld von der Union Blue von Varvilles Ergreifung, wenn man das bei ihm findet, sind hunderte von Dollars futsch!

Würfeln wir mal einen GM Move, um zu sehen, ob die Situation sich von selbst ändert, oder unsere Wild Cards in der Zwickmühle bleiben! Es wird: Advance a Plot! Na dann:

Draußen erklingt Hufgetrappel, es wiehern Pferde, und leise Worte werden gewechselt. Die anwesenden Banditen werden sofort nervös, man merkt es an ihrer Körpersprache.
"Ah, da ist er schon! Jetzt haben Sie uns die ganze Zeit vollgelabert, und das Blondchen und die kleine Klapperschlange hatten noch gar keine Gelegenheit, ihre Fummel zu wechseln. Wie sollen sie dem Boss da gefallen, die sehen ja noch aus wie als hätten sie im Sandkasten gespielt?", frötzelt einer der Maskierten.
Die Tür geht auf, und alle Anwesenden fahren leicht zusammen. Zwei Reiter sind im Morgengrau zu sehen, aber die Person im Ledermantel, die die Haustür aufgestoßen hat, ist kein Mann. Sie trägt ebenfalls ein schwarzes Halstuch vor das Gesicht gebunden, in diesem Moment bläst sie noch letzten Rauch aus von ihrer Zigarre, deren Überreste sie im Eintreten am Türrahmen ausdrückt. Ihre Stiefelsporen machen dumpfe, klirrende Geräusche auf den morschen Dielen.
"Was zur Hölle machst Du denn hier, Neue, wir dachten, Jackson kommt persönlich!"
Die große Frau knurrt, "Geh' zur Hölle. Der Boss hat zu tun, ich bin stattdessen hier, um mir den Fettwanst anzusehen. Du Idiot nennst den Boss doch wohl nicht beim Namen in Gegenwart von Fremden!"
Der ölige Riese grunzt unbekümmert: "Jackson P. Jackson hat doch kein' Schiss vor so kleinen Hackfressen wie den' hier! Wenn die lebend inne Stadt komm'n sollt'n, und da die Mäuler aufreiß'n über das hier, kann der Boss immer noch sag'n, die Schweine lügen! Und die  Scheiß-Städter glaub'n eher dem Boss, als so'n paar dreckig'n Fremd'n!", und er lacht dröhnend.
Einer der anderen Maskierten lenkt ein: "Es sind mittlerweile neben dem Fettwanst noch fünf andere, Neue! Die Walkin' Dead haben so einiges aufgescheucht in den letzten Tagen! Die verdammten Monster werden richtig gierig!"
"Das sehe ich", sagt die Fremde abschätzig, und schaut auf das rüschige Etwas, das vor Joycelyns Stiefelspitzen auf dem Boden liegt, "und was wird hier gerade gespielt?"
"Die beiden Maiden in Nöten sollten sich ein bißchen aufhübschen ... die eine hatte die irrsten Fummel im Gepäck!", sagt ein Bandit, etwas defensiv.
"Der Boss vergeht sich nicht an wehrlosen Weibern", knurrt die Gangsterin angewidert, "sollte Euch eigentlich klar sein, ihr Kanalratten. Ihr wolltet doch nur selber was zum Gucken haben."
May B. zischt in eisiger Wut, "Wehrlos, ja? Macht mir die Fesseln ab und gebt mir meine Waffen wieder, und ich wische hier drin den Boden mit Euch!"
Der langhaarige Maskierte knurrt, "Die Klapperschlange, der Lackaffe, und der weiße Modecowboy waren gerade drauf und dran, uns zu erklären, wie sie uns zurückzahlen wollen für unsere Hilfe. Das Gepäck von dem Fettwanst wird nebenan grade noch gesichtet, ist einiges an komischem Plunder dabei. Scheint weitestgehend wertlos, wahrscheinlich müssen wir ihn damit wieder ziehen lassen."
Fassungslos stammelt der Händler, "Senza valore, incredibili! Questi sono tesori d'arte inestimabili!"
"Na na, Sie bekommen Ihre Kunstschätze ja wieder, Signore", tröstet Byrd, und sagt dann zu der Neueingetroffenen: "So, dann geben Sie uns doch mal schön zehn Minuten, damit wir uns in Ruhe besprechen können, okay? Das muss schließlich genauer überlegt werden, was unsereins Euch Desperados so anbieten kann."
Die Frau entgegnet: "Nein, Ihr habt schon genug Zeit zum Palavern gehabt. Ihr könnt Euch direkt besprechen, und wir hören zu. Wir müssen sicher gehen, dass Ihr nicht eigentlich von Sweetrock angefordert worden seid um deren Privatarmee noch weiter zu vergrößern. ... Oder auf die helle Idee kommt, Euch erst noch unter Vertrag nehmen zu lassen, wenn Ihr in der Stadt seid. Dies hier ist ein Krieg."
"Potzblitz, ich höre immer Krieg! Sie haben wohl so richtig was gegen diese Jungs von Sweetrock Mining, was?", will Byrd wissen.
Der langhaarige Maskierte sagt, "Keine Fragen stellen, Kasperkopp. Wir warten auf Euer Angebot."
Byrd sagt eifrig: "Ja klar, und hier ist es: Meine reizende Mitreisende, die Squaw Jane Halbe-Weiße-Feder, hat bereits auf der Hinfahrt hierher gesagt, mit der Sweetrock würden auch wir sicher über kurz oder lang so aneinander geraten, dass es nur so scheppert!"



Die geheimnisvolle Fremde, wie die Wild Cards sie nicht zu Gesicht bekommen, ohne Maske und Zigarre


Ich würfle für Byrds Persuasion, und er hat eine sieben, und da diesmal sein Gegenüber weiblich ist, bekommt er seinen Attractive-Bonus! Sie würfelt dagegen mit einem W8 plus Wild Die, und unterbietet deutlich, Byrd hat ein Raise! Nicht nur glauben die Gangster ihm seine Bereitschaft, ihre Sache zu unterstützen, Sie erklären sich auch bereit, ihnen all ihr Zeug zurück zu geben.
"... Immer wieder ein Spaß, neue Mittäter zu finden!", knurrt schließlich die Banditenanführerin, als alles ausgehandelt ist und zückt eine neue Zigarre, "dann haben wir jetzt genug gelabert! Allesamt aufsitzen!"
« Letzte Änderung: 28.06.2023 | 19:31 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #108 am: 28.06.2023 | 20:01 »
Gomorra, Kalifornien
Doomtown — Furcht-Level 4



Hinter den Desperados sitzen die sechs Gefangenen in den Sätteln von deren Pferden, immer noch mit zusammengebundenen Händen. Über Felsen und Trampelpfade geht es eine Stunde lang auf die Küste zu. Schließlich eröffnet sich der Blick auf eine offene Ebene: Die staubige, breite Zufahrtstraße in die Stadt, und direkt dahinter die Hangkante, wo das Große Beben eine titanische Kluft in die trockene Landschaft gerissen hat. Jenseits des Abgrundes ragen die endlosen Felseninseln des Great Maze auf, eine zerschmetterte Küste, völlig unwirklich.

Die Reitergruppe trabt noch bis in Sichtweite des Ortsschilds, dann machen die Maskierten Halt.
"Ende der Straße", knurrt einer der Schurken, "Ihr seid angekommen!"
Unvermittelt werden die fünf Wild Cards und der große Italiener aus den Sätteln geworfen oder getreten, und landen hart im Kies. Ihre Satteltaschen und Waffengurte werden neben sie geworfen, inklusive Shadracks Hex Guns und Byrds Gatlingpistole.
"Diese Patronen sind ja alle mit irgendwelchen Figürchen bekratzt!", macht einer der Desperados befremdet, als er Rex Shadracks Munitionsgurt prüft, und ihn ebenfalls in den wirbelnden Staub wirft, "Du musst ja wohl das abergläubischste Arschloch unter der Sonne sein!"
Shadrack knurrt, während er sich aufrichtet.
Byrd pflanzt sich seinen Hut wieder auf den Kopf, und fragt gutmütig: "Danke für den unbequemen Ritt! Was ist denn jetzt eigentlich mit unseren eigenen Pferden?"
Einer der Maskierten feixt, "Die behalten wir erstmal als Leihgabe von Euch. Die Gang braucht dringend neue Pferde!"
"Ja, haha, ah so", macht Byrd, und hebt ohne Eile sein Bowiemesser auf, um die Handfesseln durchzuschneiden.
"Hüaahh!", macht einer der Desperados, und die Gang prescht davon.


"Ich hatte ja gedacht, das ist nur ein besseres Zeltlager, nach allem, was wir auf dem Weg hierher gehört haben", sagt May B., als die sechs Neuankömmlinge von Staub und blauen Flecken überzogen auf den Ortseingang zu laufen.
"Es ist eine reiche Boomtown", knurrt Shadrack, "die Gebäude schießen wahrscheinlich derzeit wie Pilze aus dem Boden!"
"Schaffe, schaffe, Häusle baue'!", freut sich Byrd, und sieht sich mit blitzenden Augen um.
Der Ortseingang ist ein großes, hohes Tor, zusammengesetzt aus trockenen Holzplanken, Ästen, und dicken Tierknochen, 'Gomorra' steht in kunstvoll ausgesägten Ägyptienne-Buchstaben darauf. Reste von Stacheldraht umgeben den Ortseingang, und vereinzelte Zaunpfeiler einer Umzäunung, die so oft niedergetrampelt wurde, dass man sie irgendwann aufgegeben hat.



Soundtrack: Marcin Przybylowicz, Welcome to the Hard West https://www.youtube.com/watch?v=cxrk4Xy5kBg




Das Rauschen der Wogen ist von weit her zu hören, von jenseits der Abhangkante am Ende der Siedlung, aber gedämpft. Es riecht kaum nach Salz, die Gerüche der umgebenden Prärie nach trockenem Holz und Kakteenblüten sind hier stärker, mischen sich mit dem von Pferdemist und von Nutztieren, Arbeiterschweiß, und Lagerfeuern. Es sind auch keine Möwen zu hören, als die Wild Cards unter dem Ortsschild hindurch gehen, aber Krähen und Geier krächzen durcheinander. Der Town Square ist schon deutlich zu erkennen in dem, was bald der Stadtkern sein wird, und Dutzende Gebäude aus Holz oder sogar Backstein sind darum her bereits errichtet. Die Außenbezirke bestehen immer noch aus Reihe um Reihe aus provisorischen Zelten, die meisten sind Behausungen, viele sind improvisierte Verkaufslager, Glücksspielbuden, Badehäuser, und sogar Schnappszelte mit Preistafeln davor.

Die Fremden marschieren schweigend die breite Hauptstraße hinauf und sehen sich staunend um, die Satteltaschen auf den Schultern, klopfen sich dabei den Staub von den Kleidern oder reiben sich die wunden Handgelenke. Eine lärmende, fröhliche Menschenmenge umgibt sie immer dichter. Zahllose Planwagen und überladene Maulesel bringen Material zu den vielen, wimmeligen Baugrundstücken. Auf den Balkonen der Holzgebäude darüber stehen Scharen von barbusigen Dirnen und kokettieren für die Menge. Einige stolzieren auf grob zusammengezimmerten Holzbrücken zwischen den Gebäuden hin und her, hoch über den geschäftigen Sandstraßen. Betrunkene prosten sich mit vollen Whiskeyflaschen vor den Schnappszelten und Bretterbuden zu, dass die Glaspullen nur so klirren, ungeachtet der Tageszeit, es ist erst kurz vor Mittag. In einem erhöhten Ring verdreschen zwei muskelbepackte Preisboxer sich gegenseitig, umringt von einer johlenden Menschentraube. Bei dem hellen Marmorgebäude am Ende der Stadt steigen plötzlich zwei Feuerbälle in den Himmel, und es stinkt nach Ghost-Rock-Qualm. Irgendwo zwischen den Gebäuden krachen in dem Moment Pistolenschüsse, und Schaulustige schreien in einer Mischung aus Schreck und Übermut: Wahrscheinlich ein spontanes Duell zwischen zwei Hitzköpfen.



Vor dem beeindruckenden, hölzernen Uhrenturm am Town Square wurde eine improvisierte Plattform zusammengezimmert, wo ein Galgen mit drei frisch geknüpften Galgenstricken steht, und grimmige Gewehrschützen mit überlangen Bärten, nebst einem Geschäftsmann in dunklem Anzug, der gerade verkündet, "... dank dem Durchgreifen des Bezirksrichters können dieser Tage im Eilverfahren sicherlich erneut einige der vielen Feinde des Fortschritts dieser wachsenden Stadt zur Strecke gebracht werden: Dies soll eine Lehre sein für alle, die sich gegen Recht, Gesetz, und freie Märkte wenden, so wie jene Galgenvögel es getan haben, die hier alsbald baumeln werden! Fortschritt hat in Gomorra einen Namen, für Fortschritt steht unser aller Freund und Gönner, Howard Findley!"
Auch hier ertönt Jubel, und die vereinzelten Buhrufe verstummen, als die Wachposten ihre Gewehre in Anschlag nehmen und grimmig in die Richtung zielen.
"Howard Findley, was?", fragt Byrd neugierig.
"Howard Findley", knurrt May B. mit einem bedächtigen Nicken.
"Dumme, verfackte, weiße Männer!", sagt John.
"Kommt Freunde, wir gehen jetzt in den nächstbesten dieser ganzen Saloons, ein Schnäppschen trinken auf die ganzen Schrecken!", fordert Byrd auf.



Die fünf steigen die breite Holztreppe des größten Saloons hinauf. Sie bahnen sich ihren Weg durch die lachende, scherzende Menge zur Mittagessenszeit und durch Zigarettenrauch, der so dicht ist, dass man ihn schneiden könnte. Es riecht nach Räucherschinken, billigem Tabak, und dem Harz in den dicken Holzbohlen. Der lange Tresen liegt im hinteren Tail des halbdunklen Schankraums, auf einer kleinen Empore. Schädel von Rindern und Pferden stieren aus leeren Augenhöhlen von den Wänden darauf herab. Vor der Bar machen sie Halt.
"Guter Mann: Whiskey!", verlangt Byrd.
Die anderen bestellen der Reihe nach:
"Whiskey!"
"Whiskey!"
"Wasser!", sagt Bloody Knife.
"Wasser, und zwar mit etwas von diesem künstlichen Eis, wenn Sie das haben!", sagt Shadrack.
« Letzte Änderung: 11.12.2023 | 19:40 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #109 am: 30.06.2023 | 15:03 »


Die leicht bekleideten Bardamen sehen die Fremden nur süffisant an und rauchen weiter, sie fühlen sich nicht angesprochen, sie scheinen nur sowas wie Dekoration zu sein. Ein zwergenhafter Mann läuft auf großen, geschickten Füßen über die Tresenfläche auf die fünf Neuankömmlinge zu, zwischen leer gesoffenen Shot-Gläsern und Aschenbechern hindurch.
"Aber aber, kleiner Mann, Sie sollten sich wohl von der Bar runter scheren, würde ich meinen!", sagt Joycelyn, gleichzeitig amüsiert und leicht pikiert.
"Von der Bar runter? Dann gibt's aber nichts zum Saufen für die trockenen Kehlen!", entgegnet er, wobei er in die Tasche seiner fleckigen Schürze greift, und wie beiläufig drei klimpernde Schnapsgläser auf die Tresenplatte wirft. Zu seinen nackten Füßen landen sie genau vor den Whiskey-Bestellern. Der haarige Liliputaner holt eine Pulle hervor, und gießt im Stehen drei Kurze ein, kein Tropfen geht daneben. Er ist eine ziemliche Häßlette: Schwarze Haare fallen fettig seinen Rücken hinab, oben hat er eine Stirnglatze, seitlich einen indianischen Zopf. Das Gesicht sieht aus, als hätte er mal eine Stagecoach damit gestoppt, unter der wulstigen Stirn sitzen kleine, dunkle Augen, die jedoch hellwach blicken. Seine eine Hand ist deformiert und hat keine einzelnen Finger, sie sieht eher wie eine Krabbenschere aus.
"Was ist mit unserem Wasser?", fragt Shadrack nüchtern.
"Ja gleich, Compadre, zuerst kriegen hier diejenigen was, die richtige Getränke bestellt haben."
Daraufhin springt er von der Theke auf einen Barhocker, holt zwei Wassergläser hervor und gießt aus einem großen Krug ein.
Schnaps und Wasser spülen den Wild Cards aufs Angenehmste den Staub aus den Rachen.
"Neu in der Stadt, wie ich sehe!", grunzt der kleinwüchsige Barkeeper, während er mit den Zehen Shotgläser aufhebt, sich selbst in die Hände anreicht, und sie mit seinem Geschirrhandtuch zu polieren beginnt.
"Wer sagt Ihnen das?", schmunzelt Byrd und schiebt seine Hutkrempe höher, "vielleicht sind wir nur so schmutzig, weil wir Baustellenarbeiter sind!"
Der Barkeep schüttelt den Kopf: "Nein Sir, Sie sind ein Schnacker, Sir. Ich kenne alle Gesichter hier."
"Sehr nützlich", meint Shadrack, "und wer sind Sie?"
"Charlie Landers", antwortet der Liliputaner, "willkommen in Gomorra, die werten Reisenden. Sieht aus, als wäre wohl der Hinweg für Sie fünf schweine-anstrengend gewesen."
Shadrack erwidert: "Das will ich meinen. Ist ein Badehaus zu empfehlen, am besten keins von den pestulenten Zelten, in welche einfach Zuber mit Regenwasser geschafft wurden, sondern eins, das seinen Namen auch verdient? Wir sind gerade hier vom Pferd geworfen worden."
Landers zieht sinnierend die Augenbrauen hoch: "Ihr stummer, halbnackter Begleiter passt ulkigerweise auf die Beschreibung des indianischen Blutsport-Champions, der gerade aus Salt Lake City verschwunden sein soll. Und Sie sind Shadrack ... der Revolverheld aus Utah! Na, haben Sie und Mister Byrd ihren prominenten Gejagten wieder aus den Augen verloren nach Dodge City, diesen Varville? ... Dann sind Sie der andere Revolvermann, der Spinner ganz in weiß", stellt er fest, an Byrd gewandt.
Byrd grinst, "Nee, Varville hat längst am Seilende gebaumelt. Stand doch bestimmt in allen Zeitungen!"
Landers macht eine wegwerfende Handbewegung mit der Klauenhand, "Wenn Sie wüssten, was die gebräuchlichste Verwendung für Zeitungspapier hier draußen in Kalifornien ist! Ein Hinweis, es fängt mit Scheißhaus- an, und es endet mit -papier. Aber Sie beide sind das jedenfalls, kein Zweifel."
"Vielleicht, kommt ganz drauf an, wer fragt! Aber ein klein wenig Schnacker sind Sie doch auch, oder etwa nicht?", fragt Byrd.
"Das ist mein Beruf. Und die bezaubernden Grazien hier sind dann die große Joycelyn Lancaster aus Chicago, und ... wie war Ihr Name, Miss? Mir ist so, als wenn ich Gerüchte gehört habe aus Kansas, auch über Sie. Das Halbblut."
"May B. Wickett", lächelt die Hexe mit charmantem Augenaufschlag.
"Genau, der exzentrische Künstlername!"
"Exzentrisch?!", fragt May verwirrt.
"'Maybe Wicked', oder was soll das heißen? Dass ich nicht lache, Miss! Wem wollen Sie denn damit Angst machen? Und wofür steht das B., vielleicht für Babsi?"
May entgegnet halb belustigt, "Sowas ist mir noch nie gesagt worden, seit ich mir das einfallen lassen habe. Sie sind ganz schön frech, kleiner Mann!"
Landers nickt bestätigend, mit gestrengem Blick.
"Wie, Sie heißen gar nicht Wickett mit Nachnamen, Miss Wickett?", will Byrd wissen.
"Nee, habe ich Ihnen doch schon mal erzählt. Der frühere Name ist aber auch Vergangenheit! So wie auch die Machenschaften, die den aktuellen Namen hervor gebracht haben. In diesem Sinne! Geben Sie uns mal noch so eine Runde Getränke, Mister Landers!"
Shadrack fragt ihn, als ausgeschenkt wird, "Sweetrock Mining ist hier wohl omnipräsent, wie?"
Der Barkeep runzelt die wulstige Stirn: "Wir sind dabei, die reinste Company Town zu werden, Mister. Aber kommen Sie mir hier drin ja nicht mit Anti-Sweetrock-Geschwätz ..."
"So ...?", fragt May B., plötzlich irgendwie lauernd.
"... oder mit Pro-Sweetrock-Geseier! Meine besten Kunden arbeiten für die Sweetrock! Andere meiner besten Kunden sind unabhängige Schürfer, die im Clinch mit denen sind. Ein paar meiner noch anderen besten Kunden reiten vermutlich heimlich mit den Blackjacks. Dies aber ist der Fat Chance Saloon, Herrschaften! Der versteht sich als neutraler Boden, und damit basta! Wohl dem, der das rechtzeitig begreift, bevor er einen fatalen Fehler macht!"
"Und diese Blackjacks, wer sind die?", fragt Rex interessiert, "womöglich eine Gang, draußen im Gomorra Valley?"
"Die größte der hiesigen Banden, Mister. Aber die findet man nicht nur draußen auf den Trails, die gehen auch hier in der Stadt ein und aus. Sie geben sich nur zu erkennen, wenn sie ihre schwarzen Tücher vor die Gesichter binden, und dann natürlich nur, um Schandtaten zu begehen! Jeder Hombre draußen auf den Straßen könnte insgeheim ein Blackjack sein. Oder eigentlich nicht jeder — nur solche, die Sweetrock hassen!"
Byrd hakt nach, "Und gibt's da womöglich eine große Zigarrenraucherin, die neuerdings eine von den Oberräubern ist?"
Landers kratzt sich am Hinterkopf, "Hatte diese Zigarrenraucherin denn ein Pik-Symbol im Dekolleté tätowiert? Da reden Sie womöglich von der berüchtigten Rachel Sumner!"
Byrd sagt bedauernd, "Oh schade, wir durften ihr leider nicht in den Ausschnitt gucken."
Shadrack knurrt, "Gehen Sie bloss nicht jetzt zurück um das nachzuholen, Sie Tölpel."
Landers sagt, "Dann stimmt es also, Sie wurden von den Blackjacks überfallen auf dem Hinweg. Darum sehen Sie auch so mitgenommen aus. Sie armen Schweine! Nun, sie sind in bester Gesellschaft, so ergeht's vielen, die nach Gomorra reiten. Und immerhin sind Sie mit ihrem Leben davon gekommen. Hier, Kopf hoch, ich gebe Ihnen noch eine Runde, wenn Sie die noch zahlen können."
Joycelyn zieht eine goldblonde Augenbraue hoch: "Entschuldigung, habe ich eben richtig gehört? Haben Sie uns gerade dazu eingeladen, noch eine Runde zu bestellen und zu zahlen?!"
Landers nickt mit fröhlichem Grinsen, und sagt: "So geht's nunmal zu im Great Maze!"
Byrd schmunzelt breit: "Gutes Geld für guten Spaß, das soll mir recht sein, und die Apfelsaft-Kasse ist immer noch voll! Also noch so eine Runde, Mister Landers! Außer Mister Shadrack und unserem roten Champion hier wird das ewige Wassersaufen langweilig."
"Dieses Wasser ist so klar, das wird mir nie langweilig!", knirscht Rex willensstark hinter gefletschten Zähnen.
"Was werden Sie in Gomorra unternehmen, Pardners? Doch nicht etwa die Pistolen an den Nagel hängen und anfangen, Geldgeschäfte zu tätigen?", fragt Landers, während er erneut ausschenkt. Als dabei auf halbem Wege seine Whiskeypulle alle ist, wirft er sie zielsicher über die Schulter in eine Kiste hinter der Bar, und fängt ohne hinzugucken eine neue Volle auf, die eine der leichtbekleideten Bardamen ihm zuwirft.
"Wow. Versteht sich das eigentlich noch als Getränkeausschank, oder schon als artistische Darbietung, was Sie hier machen? Sollten wir applaudieren?", lobt Joycelyn.
Landers winkt ab: "Bloss nicht! Im Zirkus früher war ich der Unglaubliche Krabbenjunge, da hab' ich genug Beifall für's ganze Leben geerntet."
"Wurde über Sie womöglich ein Fluch verhängt, Mister?", fragt May B., Schnaps und Neugier lockern ihre Zunge.
"Puh, Sie haben aber reichlich Fantasie, Miss! Flüche, ach was. So hat der zornige Leib meines Muttchens mich eben ausgespieen."
"Vielleicht hätte ich nicht fragen sollen. Entschuldigen Sie, Unglaublicher Krabbenjunge!"
Charlie Landers grinst: "Jeder bekommt in Gomorra eine Chance, beispielsweise auf einen Neuanfang! Wenn man hartgesotten genug ist dafür, und man kein Problem hat mit Hitze, Hetze, und heißem Blei!"
Alle heben die Gläser.
"... Womit Sie Ihre Frage nach unseren Vorhaben hier eigentlich selbst beantwortet hätten, Mister Landers", kommentiert May B. und kippt ihren Whiskey herunter, "ein Neuanfang klingt verlockend. Bauprojekte planen wollen wir nicht, aber wir sind praktisch ... Kunstschaffende mit den Sechsschüssern."
"Das haben Sie aber schön gesagt", meint Byrd und lächelt May B. glücklich an.
"Na, dann ist das hier eine gute Stadt für Sie", sagt der Barkeeper, und läuft weiter die Tresenplatte entlang, um weitere Gläser der Durstigen aufzufüllen.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #110 am: 30.06.2023 | 17:10 »
Im Verlauf des heutigen Tages verebbt endlich die Hitzewelle. Eine angenehme Brise zieht vom Maze her ins Inland, und hilft, die überreizten Temperamente der Städter etwas zur Vernunft zu bringen.


Die Neuankömmlinge zieht es zuerst zum Stadtrand, um das sagenumwobene Great Maze endlich mit eigenen Augen zu sehen. Der Rand des Stadtgebiets scheint tatsächlich gleichzeitig der Rand der Welt zu sein: Direkt hinter den letzten Baugrundstücken ist durch das Große Beben ein gewaltiges Cliff entstanden. Die fünf Wild Cards stehen dort im Küstenwind und schauen auf das Maze hinaus. Unter ihnen schwappen in leuchtendem Cyanblau die Wogen des Pazifik. Endlose Wasserstraßen ziehen sich zwischen den labyrinthischen Felsnadeln und Steininseln dahin. Genau unter den Betrachtern liegen die geschäftigen Docks von Gomorra, wo große und kleine Handelsschiffe angelegt haben.



"Sehen Sie nur! Von dort pendeln die Schürfer zur Arbeit in ihren Claims, überall im Umland!", sagt May B. fasziniert, "ich kann das Klingen der Spitzhacken aus allen Richtungen hören, bis hier oben!"
"Für mich klingt das alles hier nach klingelnden Kassen!", sagt Joycelyn.
"Nicht gut", sagt John Bloody Knife, "Bleichgesichter-Geld lässt Menschen schlechte Dinge machen. Bleichgesichter-Hacken vergehen sich gierig an der Erde."
"Nehmen Sie's nicht so schwer, Mister Bloody Knife!", muntert Byrd auf, "wir haben jetzt wieder gute Chancen, Ihre Leute wiederzufinden! Und dem ollen Mister Eyes-Like-Rain fällt früher oder später bestimmt was ein, um das alles hier wieder hinzubiegen, was?"
May B. fragt, "Wie biegen wir denn jetzt unsere Angelegenheiten mit den vermaledeiten Blackjacks hin? Was haben Sie sich da heute morgen gedacht, Byrd?"
Byrd kichert: "Ich hab' mir gar nichts gedacht!"
"Hört, hört!", murmelt Shadrack genervt.
Byrd ergänzt, "Ich denke ehrlich gesagt doch nicht im Traum daran, als erstes für diese Miss Sumner die Drecksarbeit zu machen. Das soll die Tante mal schön selber machen!"
Shadrack raunt, "Das haben Sie ihr aber zugesagt! Und wir haben gerade erfahren, dass die Gangster incognito in der Stadt unterwegs sind. Die werden ihr Versprechen, uns alsbald zu kontaktieren, sehr bald in die Tat umsetzen."
Byrd winkt ab: "Ach, papperlapapp, Shadrack! Bis die auf uns zurückkommen, haben wir in dieser schönen Stadt so viele neue Freunde, dass diese Outlaws sich uns nicht mal auf hundert Meter nähern können, ohne tütenweise Backpfeifen zu kassieren! Sie werden schon sehen!"
Shadrack zuckt mit den Schultern: "Hoffen wir's, Sie verdrehter Optimist! Wie auch immer wir in dieser Gegend agieren, Herrschaften, wir müssen es vorsichtig anstellen! Hier scheint sich bereits ein sehr explosives Kräftegefüge entfaltet zu haben ... mit Sweetrock, den Blackjacks, dem Gesetz, und demnächst auch noch diesen geheimniskrämerischen Sioux! Und zu allem Überfluss haben wir unsere Pferde an die Banditen verloren, und können vorerst nicht einfach wieder wegreiten. ... Lässt an Columbus denken."
May B. fragt neugierig: "Columbus?!"
Shadrack lächelt dünn, "Dem soll gesagt worden sein, er solle seine Schiffe verbrennen nach Ankunft in der Neuen Welt, um gar nicht in Versuchung zu geraten, wieder zurückzufahren."



Stadtkarte von Gomorra, circa Spätsommer 1877 (also nächstes Jahr). Zum jetzigen Zeitpunkt ist erst in etwa die Hälfte der hier abgebildeten Gebäude schon gebaut, und die meisten Behausungen sind noch einfache Zeltstädte rings um das befestigte Zentrum.

Das Szenario, welches unsere Helden hier an diesem neuen Schauplatz vorfinden, ist das des ursprünglichen "Doomtown"-Trading Card Games, und beschrieben in diesem (hervorragenden) Quellenbuch für Deadlands Classic:



(Gibt's für sechs Dollar immer noch als pdf zu haben: https://www.drivethrurpg.com/product/1143/Deadlands-Classic-Doomtown-or-Bust)
Muss man aber natürlich jetzt nicht gelesen haben um sich an dieser Story hier zu freuen; was da drin steht, enthüllt sich vermutlich eh nach und nach. Wir werden es ohnehin großzügig durchmischen und verhackstücken mit Story-Elementen aus Shadows of Brimstone, wie ganz am Anfang des Thread bereits geplant.
« Letzte Änderung: 14.12.2023 | 12:55 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #111 am: 2.07.2023 | 14:02 »
Unsere Helden haben eine neue Queste auferlegt bekommen, diesmal von den erpresserischen Blackjacks, um die gemeinsamen Feinde auszuspionieren, die Sweetrock Mining Company. Diese Nachforschung könnte zusammenhängen mit der Massenabfertigung von Angeklagten, welche die Sweetrock im Schnelldurchlauf vom Bezirksrichter zum Galgen durchwinken lassen will. (Das war zwar beim letzten Mal nur so dahin getippt, aber spinnen wir diese Idee doch mal weiter!) Einige der Verdächtigten in dem Fall sind wahrscheinlich tatsächlich Blackjacks! Ob die Wild Cards die Queste abschließen und der Bande wirklich helfen wollen, steht alldieweil auf einem ganz anderen Blatt. Aber sie tun auf jeden Fall gut daran, schon mal damit zu beginnen, denn Rachel Sumner wird bald genug Resultate sehen wollen, und man wird zumindest etwas in der Hand haben müssen, um sie hinzuhalten.

Ich schreibe dem Aufgebot also auf:

Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 0\5).


Advances
Alle Wild Cards haben zwischenzeitlich einen Advance verdient.
Shadrack: Nachdem wir ihm den Professional-Vorteil gegeben haben (hier "Legendary Trait"), bekommt er gleich hinterher den Expert-Vorteil (hier dementsprechend "Legendary Expert" genannt) und hat jetzt W12+2 als Shooting-Würfel.
Byrd: Tough As Nails-Vorteil
May B.: New Powers-Vorteil (sie bekommt die Kräfte Fly und Speak Language)
Joycelyn: Common Knowledge ➜ W6 & Taunt ➜ W4
Bloody Knife: John bekommt den Vorteil Trademark Weapon in Form seines beidhändigen Kriegsbeils, nachdem er es in den Wogen des Pazifik gewaschen und seine künftigen untoten Opfer den Naturgeistern versprochen hat, um ihren Ruhm zu mehren.


Die Wild Cards bekommen ein paar Tage wohlverdienten Leerlauf. Rex Shadrack und John Bloody Knife können sich endlich von ihrer Sattelwundheit erholen und verlieren ihre Fatique-Level. May B. fährt damit fort, die Okkultbücher auszuwerten, die sie während des Orkans in Barricade retten konnte. Niemand anderes als ihre damalige Meisterin Ivanka Darrow muss diese dorthin bestellt haben, denn es sind tatsächlich sehr aufschlussreiche Texte. May B. kann neue Hexensprüche daraus ableiten, eine Verständigungsformel, und sogar ein Rezept für mittelalterliche Flugsalbe, wie diese auf dem Hexensabbath in alter Zeit verwendet wurde. Sie macht sich mit Feuereifer an das Zusammensammeln der Zutaten, um das Gemisch erstmalig ausprobieren zu können. Dies wird jedoch wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass sie neue Zauber lernen kann — sie ist hier draußen vom Geheimwissen von Black River endgültig abgeschnitten. Und noch eine abtrünnige Hexe wird sich kaum hierher verirren, die May weitere Einblicke vermitteln kann. (Allerdings vermutet sie, dass sie soeben die Kunst der freien Levitation entschlüsselt hat mit ihrer neuen Flugsalbe, und fragt sich, was man sich überhaupt noch mehr wünschen könne.)


Das Problem der Unterbringung muss gelöst werden, denn Gomorra hat derzeit weit mehr Menschen als bezugsbereite Gebäudezimmer. Joycelyn will keinesfalls in einem Zelt leben umringt von spuckenden, fluchenden, verlausten, und natürlich versoffenen Schürfern, aber Hotelzimmer sind noch sehr rar. Ein riesiges Holzgebäude befindet sich gerade im Bau, welches "Golden Mare Hotel" heißen soll, wenn es fertig ist, um die wachsenden Besucherströme in Gomorra aufzunehmen. Der Bau wird jedoch noch Wochen dauern. Die Saloons bieten vereinzelte Hinterzimmer und Dachstübchen an, aber für gesalzene Preise, und nur für Gäste, die sich nicht daran stören, dass in den Nebenzimmern die ganze Nacht lautstark gesoffen und rumgehurt wird.

Luca Byrd tut entspannt das, wovon Shadrack ihn bis jetzt abhalten konnte, nämlich landstreichermäßig in Heuschobern und hinter Bretterbuden unter den Sternen zu übernachten, nur mit seinem Schlafsack, und dies scheint ihm völlig auszureichen. John Bloody Knife macht sich rar, er nächtigt seinerseits wieder draußen, in Verstecken in der freien Wildnis. Er hält die Augen offen nach einem Zeichen des Eintreffens der Sioux Union. Shadrack würde sich, wenn auch ungern, vorerst mit einem Zelt in den Zeltstädten zufrieden geben, aber verkündet, dass er zu sehr Gentleman sei, um zu erlauben, dass May B. und Joycelyn dies auch täten. Er hört sich mit gezücktem Portemonnaie genauer danach um, ob es nicht doch irgendwo Mietzimmer in irgendeinem Gebäude gibt. Die Orakelwürfel bescheren ihm ein "ja, und außerdem"-Resultat: Ein namenloses Gästehaus nahe dem Fat Chance Saloon hat gerade drei Einzelzimmer frei, und Shadrack bucht sie sofort.


Dasselbe Problem besteht natürlich hier wie in den anderen Städten, durch die unsere Wild Cards gereist sind: Güter sind rar und für vieles werden Fantasiepreise verlangt. Alle Wild Cards werden schnelles Geld verdienen müssen.
Joycelyn knüpft noch am ersten Tag in der Stadt Kontakte, um ihre Showkarriere wieder aufzunehmen. Charlie Landers ist nicht der Besitzer des Fat Chance Saloon, er arbeitet dort nur, und Joycelyn bemerkt (mit einem Notice-Erfolg), dass er im Gespräch darüber irgendwie merkwürdig ist, als sie herausfinden will, wer der Besitzer denn ist. Der kleinwüchsige Barmann scheint das Thema umschiffen zu wollen. Natürlich versichert Landers jedoch, er würde sich erkundigen, ob nicht Auftritte für Joycelyn arrangiert werden könnten, man wäre ja närrisch, dies nicht zu tun.
"... Allerdings hat der Fat Chance Saloon bisher nur den ollen Caterwowlin' Willy als Piano-Spieler, dessen Katzenmusik kann man Ihnen, Miss Lancaster, nicht als Begleitung zumuten! Haben Sie zufällig neben den vier Verbrechervisagen von heute mittag auch ihre Band mitgebracht? Sie werden eine Band brauchen, und am besten auch eigene Instrumente."

Der mittelgroße Old Moon Saloon ist weniger kompliziert, und der Betreiber freut sich diebisch, dem Fat Chance Saloon ein Schnippchen zu schlagen, indem er Joycelyn Lancaster als erster einen Gig anbietet. Dafür ist allerdings dessen verpennte Kundschaft und spärliches Interieur wenig geeignet für einen Star von Joycelyns Kaliber.
"Ich werde binnen drei Nächten Ihren Laden schon gefüllt bekommen, Mister", sagt Joycelyn hochnäsig, "bis Monatsende läuft ihr Geschäft so gut, dass Sie ein Anbaugebäude errichten können."



Der Old Moon Saloon


Als dann gibt's einen neuen Szeneneinstieg: Das Zufallsereignis ist hierbei, Technically Harm a social Current Need. Die Complication ist wieder Wouldn't It Suck, If ... Einen Plot Hook erwürfle ich auch, der ist Recover Something Valuable.
Technically Harm a social Current Need: Die Hitzewelle ist ja seit heute vorüber, darum deucht mich, das im Vordergrund stehende gesellschaftliche Bedürfnis der Siedler von Gomorra ist nun Gerechtigkeit, auch im Sinne von Selbstbestimmung — ein Wunsch, den Sweetrock mit Füßen tritt. Im Speziellen durch das Einschalten des Bezirksrichters Steven Gabriel, der dieser Tage mehrere Bürger der Stadt, die der Firma unbequem erscheinen, kurzerhand an den Galgen bringen soll.
Wouldn't It Suck, If ...: Richtig stinken würde ja, wenn Sweetrock irgendwie herausgefunden hätte, dass unsere Helden in Virginia City bereits unbequeme Fragen gestellt haben, um der Bergbaufirma auf den Zahn zu fühlen. Der Pony Express hat also kürzlich einen Eilbrief zugestellt, in dem die vereinzelten Sweetrock-Funktionäre aus Virginia City ihre Kollegen in Gomorra ins Bild setzen. Howard Findley und seine Privatarmee sind also auf das Herumschnüffeln der Wild Cards vorbereitet.
Recover Something Valuable: Dieser Plot Hook dürfte unser erster Schritt bei der Queste sein, das passt gut zusammen. Sagen wir mal, dies ist eine Besitzurkunde, die einer der drei jüngst inhaftierten Gegner von Sweetrock Mining gehabt hat, die ihn entlasten würde und Richter Gabriels mörderische Machenschaften insgesamt stören würde.

« Letzte Änderung: 4.07.2023 | 16:42 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #112 am: 2.07.2023 | 14:42 »
Es ist nun der Abend des dritten Tages seit der Ankunft unserer Wild Cards in Gomorra. Der Old Moon Saloon ist (laut Orakel) nicht viel voller als sonst, trotz der bunten Banderole, die über dem Eingang angebracht wurde, die auf Live-Musik und die Darbietung von Joycelyn Lancaster aus Chicago hinweist. Byrd, Shadrack, May B., und Bloody Knife lehnen an der Bar und lauschen dem Gesang. Joycelyn legt sich richtig ins Zeug, man hört an ihrer Stimme, dass sie findet, dass sie etwas zu beweisen hat. Ihr Klavierspieler kommt immerhin die meiste Zeit über mit der Melodie hinterher, und verspielt sich auch nur ganz selten. (Er ist immer noch um Längen besser als der klapperige Caterwowlin' Willy, der im Fat Chance Saloon auftritt.) Joycelyn erzielt auch locker ein Raise als Performance-Ergebnis, und die Stammkunden sind ganz aus dem Häuschen.

"Wenn wa gewusst hätt'n, dass die Kleine berühmt is', hätt'n wa se behalt'n, und Euch halben Portionen gesagt, Ihr müsst 'nen dickes Lösegeld ausspucken, um ihr'n süß'n Arsch wiederzusehen!", macht plötzlich eine tiefe, raue Stimme neben Bloody Knife.
Der Indianer hat sofort seine Pranke auf dem Griff seines Steinmessers. Shadrack und Wickett greifen nach ihren Pistolen. Gomorra ist eine No Weapons Zone wie andere Städte auch, aber fast überall wird auf diese Regel gepfiffen, so lange keiner von den Law Dogs in Sicht ist.
Der häßliche, trottelig aussehende Muskelprotz von neulich stützt sich an die Bar und mustert die vier mit seinen Schielaugen. Neben ihm steht ein hochgewachsener Californio mit langen, schwarzen Haaren und Lederkluft, welcher ihm die behandschuhte Hand auf den dicken Unterarm legt: "Zurück, Spike! Ich rede, hast Du's schon vergessen?"
May B. zischt, "Schau an, die Kotzbrocken von neulich! Wo habt Ihr denn Rachel Sumner gelassen?"
Der Californio entgegnet mit leichtem, spanischen Akzent: "Wir können hier ganz frei reden, sí? Die Luft ist rein. Haben Sie Steven Gabriel schon bewundern dürfen seit seinem Eintreffen in der Stadt?"
"Das ist dieser Bezirksrichter", sagt Shadrack lauernd, die Hand immer noch auf dem einen Pistolengriff.
"Sí. Gomorra und die meisten umliegenden Siedlungen haben keine eigenen Richter, also muss man auf den Bezirksrichter warten, der seine Rundreisen macht. Wenn man nicht einfach wie früher zur Lynchjustiz greifen will — und das geht nicht mehr ohne weiteres, seit Sheriff Coleman im Amt ist. Also warten Gefangene meistens recht lange auf ihre Verhandlungen. Jetzt, wo Richter Gabriel wieder in der Stadt ist, erhofft sich Sweetrock, dass sie besonders harte Strafen verhängen lassen können, trotz weniger Beweise. Die Bastardos wollen sich ihr Leben leicht machen, und Bezirksrichter Gabriel ist genau ihr Mann dafür."
"Wie sind denn Ihre werten Namen, Sie zwei beiden?", fragt Byrd launig, "hier in der Stadt kann man ja offensichtlich auf die drollige Maskerade verzichten?"
"Maskerade, ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich bin jedenfalls Victor Navarro, der weltgewandte der beiden Navarros. Das hier ist Spike Dougan; mir kam zu Ohren, Sie kennen sich bereits."
"Freut mich mächtich, Ihr Flachpfeif'n!"
Shadrack sagt kalt, "Wir haben noch nichts für Sie, Navarro. Wir hatten damit zu tun, uns in der Stadt zurechtzufinden in den paar Tagen seit unserem letzten Zusammentreffen mit ihrer Gruppe. Wenn Jackson P. Jackson und Rachel Sumner irgendwelche Gefallen von uns einfordern wollen, müssen Sie sich hinten anstellen."
Navarro setzt ein charmantes Lächeln auf, "Oh, no no Señor Shadrack, Sie missverstehen den Grund unseres Hierseins. Wir wollen doch keine Zwischenmeldung von Ihnen einfordern. Wir wollen Sie nur auf Richter Gabriel aufmerksam machen, und Ihnen einen Hinweis zu ihm geben!"
May B. sagt mißtrauisch, "Wir sind ganz Ohr!"



Victor Navarro


Victor Navarro lächelt sie an, "Zwei der drei Angeklagten, die er auf Howard Findleys Wunsch hin in den nächsten Tagen zum Hängen verurteilen soll, sind tatsächlich Jungs von uns. Einer ist nebenher Schürfer gewesen. Die Sweetrock hat vor einer Woche seinen Claim besetzt, und die offiziellen Besitzurkunden aus seiner Behausung schlichtweg verschwinden lassen. Das ist keine neue Taktik für die Firma. Sie verdrehen die Fakten und bezichtigen ihn als den Claim Jumper! Wir haben umgehend die Papiere zurück gestohlen, und daraufhin dem Sheriffs Office zugespielt, um ihn zu entlasten. Dort sind sie jedoch neulich auch wieder verschwunden. Unserer Gruppe sind jetzt gewissermaßen die Hände gebunden, weil die Law Dogs und die Agenten von Sweetrock unsere Gesichter kennen, und uns mit Misstrauen begegnen. Sie allerdings sind neu in der Stadt. Gehen Sie zum Sheriffs Office, finden Sie raus, wie die Leute von Sweetrock diesmal die Besitzurkunden schnappen konnten, und wo sie jetzt sind — und stehlen Sie sie erneut zurück!"
Byrd zuckt gelassen die Schultern: "Kommt mir so vor, als würde die Lösung auf der Hand liegen. In einer Company Town wie dieser tanzt doch das örtliche Gesetz sicher nach der Pfeife der Firma! Die Schießbudenfiguren von Sweetrock werden einfach höflich bei den Schießbudenfiguren von Deputies erschienen sein, und nett und dezent um diese Papiere gebeten haben!"
Navarro schüttelt lächelnd den Kopf: "Genau da vertun Sie sich, Señor Byrd! Das erstaunliche an Sheriff Coleman ist eben, dass er keine Marionette von Sweetrock ist, und er das Gesetz so vertritt, wie es ihm richtig scheint! Sehr zum Leidwesen der Firma. Wir hätten die Urkunden nicht den Law Dogs zugespielt, wenn nicht darauf zu vertrauen gewesen wäre, dass sie diese tatsächlich objektiv auswerten. Mit anderen Worten, die Unterlagen wurden nicht heimlich übergeben, sondern aus dem Sheriffbüro gestohlen!"
Byrd sagt, "Na das ist ja 'n dickes Ding. Und diese Gesetzeshüter lassen sich was klauen, was einem Angeklagten die Haut retten könnte, und fahnden nicht selber danach?!"
Navarro schüttelt bedauernd den Kopf: "Wenn Sie wüssten, wie sehr diese armen Trottel alle Hände voll zu tun haben in unserer Stadt, würden Sie verstehen! Sheriff Coleman hat einfach bessere Dinge zu tun. Der Angeklagte ist ja in seinen Augen immer noch ein dreckiger Blackjack-Gangster! Der mag von der Sweetrock beraubt, entrechtet und betrogen worden sein, aber wenn's ihn treffen sollte, dann können die Gesetzeshüter immer noch damit leben, er ist in ihrer begrenzten Sicht der Dinge ja kein unbescholtener Bürger! Comprende, amigos? Um seine Interessen und sein Leben zu schützen, müssten die Law Dogs schon all ihre Aufmerksamkeit darauf verwenden. Und das würde bedeuten, einen offenen Kampf mit Howard Findley zu beginnen, nichts geringeres als das, und so dumm ist Coleman nicht. Lieber lassen sie diesmal Sweetrock ihren Willen, und kümmern sich um die Interessen der vielen anderen, braveren Bürger, die ebenfalls Ärger mit der Firma haben, aber die nicht im dringenden Verdacht stehen, Blackjacks zu sein."
Byrd zieht die Augenbauen hoch, und sagt, "Dann wollen also wirklich die Law Dogs, die Blackjack-Gang, und die Sweetrock sich einfach nur alle drei gegenseitig in die Pfanne hauen, so heftig es geht, hab' ich das richtig verstanden? So quasi bis einer heult, ja?"
May B. nippt an ihrem Drink, und sagt abwesend, "Irgendwie gefällt mir Ihre Geschichte, Navarro. Ich bin dabei, ich gehe für Sie zum Sheriff's Office und sehe, was sich machen lässt."
"Gracias, señorita guapa!"
May B. sieht Navarro ins Gesicht und ihre Augen verengen sich arglistig: "Wir machen genau diesen einen Job für Sie, und kein Bißchen mehr! Wenn es schief geht, Pech gehabt. Wenn Dritte uns fragen, ob wir was mit Ihrer verdammten Bande zu tun haben, leugnen wir auch alles und nehmen Abstand ein, auch Pech gehabt. Danach sind wir fertig miteinander, egal, wie viele Walkin' Dead Sie neulich für uns weggeschossen haben! Und Sie lassen Ihre Finger aus unseren Angelegenheiten, und Joycelyn Lancaster gucken Sie besser nicht mal schief an. Haben Sie das kapiert, Navarro?"
Er nickt ihr zu, mustert sie eingehend, und sagt dann, "Glasklar! Es ist eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Señorita Wickett!"

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #113 am: 4.07.2023 | 16:57 »
Am nächsten Morgen steuern May B. und Luca Byrd das Sheriff's Office der Stadt an. Die anderen drei halten sich da erstmal raus, das Aufgebot will nicht auffälliger sein als nötig. Das Sheriffbüro ist ein stabiler Holzbau mit zahllosen Wanted-Postern an der Front, und jeder Menge zugestopfter Einschusslöcher.



Auf der weiten Veranda sind zahlreiche der Deputies versammelt und palavern untereinander. Einige von ihnen tragen stolz ihren Blechstern auf der Brust, obwohl dieser in Städtchen wie Gomorra für manche Desperados bereits als Einladung verstanden werden kann, das Feuer zu eröffnen. Diese Männer d Frauen müssen ziemlich mutig sein, oder eben tollkühn. Alle hier versammelten Hilfssheriffs sind schwer bewaffnet mit allerlei Pistolengurten oder Gewehren, Bowiemessern, Derringern, und Macheten, auch diejenigen, die offensichtlich noch bei ihrem Morgenkaffee sind.
"Tagchen, allerseits!", sagt Byrd laut, als die beiden sich der Veranda nähern.
Grimmige Blicke taxieren die beiden.
"Howdy", entgegnet schließlich einer der Law Dogs.
"Wir stören Sie nur ungern bei Ihrer Kaffeepause, Leute. Sie machen bestimmt gerade Übergabe, oder? Schichtwechsel oder was?"
"Wenn Sie was zu melden haben, machen Sie einfach das Maul auf, Mann", sagt ein großer, fettleibiger Kerl mit Jeanshemd und rotem Halstuch, "wir nehmen uns die Zeit für Sie! Und wenn nicht, dann schieben Sie ab, aber dalli, wir haben keinen Bedarf für kleine Schwätzchen!"
"Oh, hoppala", sagt Byrd freudig, "da muss ich mich ja kurz fassen! Na, eigentlich wollten wir nur wissen, ob wir handwerklich etwas unterstützen können. Wir haben neulich schon gehört, dass es dieser Tage eine Gaudi mit öffentlichem Hängen geben soll!"
"Warum glauben Sie, dass das Ihr Bier ist, Fremder?", fragt der Dicke mißtrauisch.
"Och, na joah, die schöne Miss hier und ich sind zufälligerweise daheim Galgenbauer in Teilzeit gewesen! Ist denn der Galgen, den Sweetrock, oder Sie Herrschaften, oder wer auch immer, auf dem Town Square aufgebaut hat, überhaupt eine zertifizierte Anlage? Sollen wir dem beizeiten mal eine Prüfung abnehmen? Die Erfahrung lehrt, dass das gar nicht schön sein kann für einen, der sich tagelang auf eine maßgeschneiderte Erhängung freut, und dann nicht richtig fällt! Da zappelt so einer schon mal eine Viertelstunde statt fünfzehn Sekunden. Nicht sonderlich human! Oder Klappen, die sich nicht prompt auf den Hebelzug hin öffnen, umso schlimmer, peinlich für alle Beteiligten. Die Miss und ich waren selber schon mal zugegen bei sowas, erst hat das Publikum sich weggepackt vor Lachen, dann die Geschworenen, dann sogar der Verurteilte! Nur eben der Henker nicht, der ist händeringend auf und ab gepest und hat versucht, den Fehler zu finden."

Luca erzielt mit seinem Persuasion-Versuch direkt ein Raise gegen den Dickwanst. Dieser nickt anerkennend, und erwidert, "ein ganz schön plapperhafter Kerl sind Sie ja schon für Ihr Gewerbe, Fremder! Aber das Angebot ist trotzdem gut. Ich hoffe nur, Sie glauben nicht, dass sie damit ein dickes Honorar einstreichen können. Gomorra mag im Ruf stehen, steinreich zu sein, ist aber nicht freigiebig."
Byrd zuckt nonchalant die Schultern: "Eine kleine Milchmädchenrechnung würden wir Ihnen schon schreiben! Aber wir sind beide ziemlich schlecht in der Pultimikation, wir vertun uns ständig zu unseren Ungunsten. Sie kommen da günstig weg."
Der Dicke muss lachen, und erwidert, "Sie müssen sich da sowieso an die Sweetrock Mining Company wenden, Fremder. Die kriegen gerne Rechnungen, wo der Aussteller sich zu den eigenen Ungunsten vertan hat, das kann ich Ihnen flüstern! Gleich nach ordentlich vollen Lorenwagen voller Ghost Rock ist das für Howard Findley das Tollste auf der Welt, wie man hört! Wir hier haben nichts mit dem Hängen zu tun, außer, dass wir den Galgenvögeln Kost und Logis bieten, während sie darauf warten, dass der Bezirksrichter sein Sammelverfahren macht. Und wir haben dafür zu sorgen, dass alles gesittet über die Bühne geht."



May B. fragt neugierig, "Darf man da zugucken bei diesem Verfahren?"
Der Deputy nickt, "Das will ich meinen. Da wir kein Gerichtsgebäude haben, spricht Richter Gabriel normalerweise Recht in einem der Saloons oder Essenszelte. Ist eine Schau für jedermann! Aber machen Sie sich keine großen Hoffnungen auf ein fröhliches Ende der Veranstaltung, Fremde. Richter Gabriel wird von vielen als Hangin' Judge bezeichnet, ein Strangrichter, er verteilt immer gleich Halswickel der unbequemen Art! Passiert normalerweise nicht, dass ein Angeklagter von ihm freigesprochen wird."
"Oho", sagt Byrd, "und das, obwohl man munkelt, einer der Angeklagten diesmal sei ein Schürfer, den die Sweetrock übers Ohr gehauen hat! Ich wollte eigentlich ein paar Dollarchen darauf wetten, dass der olle Richter Gabriel bei dem armen Teufel ein Nachsehen hat!"
Der Dickwanst grinst, "Sparen Sie lieber Ihr Geld, Fremder. Sie reden von Hodgins, der hat sich persönlich mit Sweetrock angelegt. Wenn einem von den dreien der Strick sicher ist, dann ist das Levon Hodgins."
Byrd schmunzelt, "Wir haben aber letzte Nacht beim Saufen erzählt bekommen, dass dieser Kerl, dieser Hodgins, eigentlich nur Schürfer war, und die Sweetrock sich seinen Claim einfach geschnappt hat!"
"So ist das wohl da draußen im Maze mit Konkurrenten, Fremder. Wer nicht an Sweetrock verkaufen will, und zu schlecht ausgestattet ist, um einen Claim gegen eine feindliche Übernahme zu verteidigen, der handelt sich bisweilen mächtig Ärger ein. Sweetrock sagt übrigens das Gegenteil, Levon Hodgins sei in ihren Strike eingedrungen, nicht umgekehrt. Wäre offensichtlich auch nicht das erste Mal gewesen, dass der sowas macht. Hilft aber alles nix, Hodgins wird baumeln, morgen, oder übermorgen. Auf den Bezirksrichter kann Howard Findley sich verlassen."
May B. mischt sich ein: "Aber Moment mal, Pardner. Wenn die Sweetrock Mining Company solche Sachen macht, ist es dann nicht Ihre Pflicht, die aufzuhalten?! Die können doch nicht hinter Ihrem Rücken draußen im Maze unabhängige Schürfer berauben und einfach damit davon kommen!"
"Hey Fremde, Sheriff Coleman ist im Alleingang dafür verantwortlich, dass es in Gomorra überhaupt Gerechtigkeit gibt. Wenn wir draußen vor der Stadt versuchen wollten, jedes krumme Ding, das Sweetrock sich leistet, aufzudecken, wären leider keine Polizeikräfte mehr hier, um den alltäglichen Krawall in den Straßen aufzuhalten!"
Eine junge Frau mit Zöpfen tritt neben den großen Dicken, und taxiert die Fremden misstrauisch: "Sie sind nicht aus Kalifornien, oder? Haben Sie eine Ahnung, was das bedeutet, dass durch das Große Beben vor acht Jahren die Regierung des ganzen Territoriums zusammengebrochen ist? Wir haben da draußen einen chinesischen Kriegsherren namens Kang mit seinen Piratenflotten, General Santa Anna mit einer Plünderer-Armee, und mehr durchgeknallte Ghost-Rock-Schürfer als Sie in einen Sack Flöhe stopfen könnten! Die Truppenkontingente von USA und CSA helfen uns nix, im Gegenteil, die machen alles nur noch schlimmer. Um hier in Gomorra die verdammten Arschlöcher von Sweetrock Mining in die Wüste zu schicken, bräuchten wir aber verdammt nochmal eine Armee. Wenn wir Sternträger uns von Findleys Revolvermännern auf einen Schlag wegballern lassen, versinkt Gomorra umgehend erneut in Anarchie! Und jetzt kommen Sie hier rüber gelatscht, Fremde, und erzählen uns, dass wir unseren Job nicht ganz kapiert haben?"
Ein paar der Deputies applaudieren gemächlich.
"Hendricks findet sich so langsam richtig rein", sagt einer.



Der große Dicke im Jeanshemd meldet sich wieder zu Wort: "Jetzt ist auch mal gut mit den Vorwürfen gegenüber Sweetrock, Fremde. Levon Hodgins ist einer der berüchtigten Blackjacks, okay? Sweetrock mag ihm seinen Claim gestohlen haben draußen im Maze, aber er hat vorher auch ordentlich bei Sweetrock gestohlen mit seinen Banditen-Kumpanen. Die Firma besteht aus Aasgeiern, alles klar, aber ihre Feinde sind auch nicht gerade Knaben aus dem Kirchenchor. Wir können nur hoffen, dass Howard Findley und Blackjack Jackson sich irgendwann gegenseitig weg putzen, dann gibt's eine Chance auf eine Zukunft mit Recht und Gesetz für die Stadt!"

Das war ja schon mal ganz aufschlussreich. Wir haben den Namen von Hodgins erfragt und wissen, dass die Gesetzeshüter ihn in ihrem Kittchen haben. Fragen wir also mal FlexTale, ob dies unser erster Clue ist! Der W20-Wurf sagt, ja! Also war das der erste Schritt bei der
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 1\5).
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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #114 am: 10.07.2023 | 17:25 »
Als sie mit gespielter Gelassenheit vom Sheriff's Office davon schlendern, raunt May B. ihrem Begleiter zu, "Haben Sie gesehen, es gab neben dem Gebäude einen ollen Bretterverschlag, mit einem Schild dran, wo 'Jail' stand! Das ist wirklich alles andere als ein sicheres Gefängnis! Ich wette, da sind die beiden Blackjacks drin, Hodgins und der andere."
"Hm ...! Denken Sie, was ich denke?"
"Klar, das ist ein Kinderspiel, sich da unbemerkt kurz reinzuschleichen, und Levon Hodgins nach der wahren Geschichte zu befragen!"
"Ach so, was ich dachte, war aber: Prima gemacht, schon fertig die Scharade, jetzt gönnen wir uns ein zweites Frühstück im nächstbesten Saloon!"
"Stellen Sie sich eigentlich immer so dämlich, oder sind Sie wirklich so simpel gestrickt?"
"Beides ein bisschen!"
"Okay, ich sag' Ihnen was, Sie Pappnase: Ich verwende meine Künste, auf die gleiche Weise wie Shadrack das mit seinem Kartentrick so gerne macht, und hülle mich in Dunkelheit. Ich kenne einen ganz ähnlichen Hexenspruch. Niemand wird mich kommen und gehen sehen. Aber dafür müssen wir auf die Nacht warten! Und leider tickt die Uhr, Sie haben ja den Dicken gehört, morgen oder spätestens übermorgen wird die Verhandlung sein!"
"Ja. Oder, Miss May, Sie treten schon zur Mittagsstunde in Aktion! Wir warten nicht auf Dunkelheitseinbruch, sondern nur darauf, dass alles, was einen Blechstern trägt, schön Siesta macht nach dem Mittagessen! Die klapperige Bretterbude, die sich hier Gefängnis schimpft, steht direkt unter diesem großen Baum, da fällt der Mittagsschatten voll drauf! Da können Sie sich unauffällig zum Schatten verwandeln!"
"Okay, großartig. Sie bleiben draußen und stehen Schmiere, Byrd!"
"Na, aber hallo! Und wenn Hodgins Story überzeugt, verhelfen Sie dem umgehend zur Flucht, und wir schieben ab und verstecken ihn draußen in der Prärie! Kurz darauf wundern sich die Gesetzeshüter ganz gewaltig, wenn sie nach ihrer wohlverdienten Siesta ihre Gefangenen durchzählen. Und wir lachen uns hinter ihrem Rücken schlapp! ... Irgendwie gefällt mir diese Stadt hier auf Anhieb!"
"Hier geht's doch genauso zu wie in den ganzen anderen Boomtowns des Westens!"
"Ja, aber es gibt noch weniger Regeln! Jeder gegen jeden, Miss May, und wir Neuen können überall mitmischen, und unsererseits ordentlich Durcheinander stiften!", und er reibt sich schalkhaft die Hände.
May B. grinst: "Und das finden Sie toll?!"
"Sie nicht?"
"Doch, ich auch!"





Die beiden drehen also eine größere Runde durch das befestigte Stadtzentrum, um zur Zeit der Mittagshitze zurückzukommen. Luca Byrds Vermutung scheint sich unterwegs zu bestätigen: Beide bekommen den Eindruck, man könne in diesem Gomorra kaum von A nach B gehen, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Auf der Boxkampf-Bühne am Town Square beispielsweise stolziert der Titelverteidiger auf und ab, lässt die Muskelberge spielen, und fordert zusammen mit seinem untersetzten Manager lauthals Männer aus dem Publikum heraus, zu ihm in den Ring zu steigen. Auf Byrd zeigt er auch und brüllt, "Wenn Du dieses braune Weibsstück da beeindrucken willst, musst Du schon hier rauf kommen und Deinen Mann stehen!", und als der Angesprochene lachend abwinkt, erntet er ein, "Du halbes Hemd!", und geradezu hyänenhaftes Gelächter von allen Seiten. Vor einem Saloon stehen zwei angetrunkene Abenteurer und üben sich im Schnellziehen, als würden sie sich duellieren wollen. Wenn noch mehr Whiskey fließt, tun sie das im Verlauf des Tages vielleicht auch noch. Im Schatten einer Holzplattform auf einer der vielen Baustellen lauert eine halbbekleidete Saloondame mit einem Bowiemesser, ihre blanke Klinge verbirgt sie misstrauisch hinter ihrem Rücken, als sie sieht, dass der Blick der Fremden sie getroffen hat. Am Stadtrand schießen johlende Cowboys auf entlaufene Hühner. May B. muss sich beherrschen, um nicht aus einer Laune heraus auch einen Schuss abzugeben.


Direkt nach der Mittagessenszeit sind die beiden wieder, wie zufällig, in Sichtweite des Sheriff's Office. May B. manövriert sich zwischen das Gebäude und den kläglichen Anbau, jene Bretterbude mit der Aufschrift 'Jail', und wirkt ihre Kraft Boost Stealth mit Shroud als Power Modifier, in schönster Rex-Shadrack-Manier. Sie erzielt ein dickes Raise, und hat ihr Stealth um zwei Würfel gesteigert. So kann sie ungesehen in den Bretterverchlag hinein schlüpfen.

Hier vegetieren die Gefangenen der Law Dogs in der Mittagshitze. Die Gefangenensammelstelle ist schon ein wenig ausbruchssicherer als vorhin von den Wild Cards gedacht: Da ein richtiges Gefängnis in Gomorra noch nicht gebaut wurde, müssen die Häftlinge zu jedermanns Leidwesen in einem quadratischen Erdloch hocken, das unter dem erbärmlichen Bretterverschlag gegraben wurde. Ein Gitter aus schweren Ästen ist darüber gelegt. Das Gitter an der einen Seite hoch zu hieven erfordert mindestens einen starken Mann, und so ist jeder Toilettengang der Inhaftierten für die Wärter ein Kraftakt. Für die Insassen ist es hier drin noch weniger witzig, sie sind von Lehm beschmiert und mit Handschellen gefesselt, der Schweiß läuft ihnen um diese Tageszeit in Strömen.
May B. zieht es vor, erst einmal ein Schattenumriss im Halbdunkel zu bleiben, als sie sich an den Rand des Grubengitters kauert und hinab linst. Alle fünf Männer hier drin scheinen zu dösen.
"... Ihr armen Schweine!", wispert sie, aber keiner reagiert. Sie scheinen zu benommen von der Hitze und der Schläfrigkeit nach der Gefangenenfütterung.
"Wer von Euch ist Levon Hodgins?", raunt sie also, nun deutlich lauter.
Alle fünf zucken zusammen und schauen nach oben. Sie können natürlich nur einen Hut und eine lockige Haarmähne sehen, als Silhouette.
"Wer will das wissen?", raunt einer der Insassen misstrauisch.

Grund zum Misstrauen haben die Galgenvögel natürlich. May B. braucht also einen Persuasion-Erfolg, um Hodgins zum Reden zu bringen. Das Würfelorakel sagt, es gibt außerdem einen kleinen Abzug durch ihr mysteriöses Auftreten. (Very Attractive und Outsider sind beide unerheblich in dieser Situation, und heben sich eh gegenseitig auf.) Ich bekomme eine vier hin, gerade so ausreichend.

Sie fasst also eilig zusammen: Hodgins Compadres seien in der Stadt, und haben sie auserkoren, um mit ihm zu reden. Er solle ihr erzählen, was wirklich vorgefallen sei mit Sweetrock — jeder Hinweis könnte ihr helfen, die Sache noch einmal zu drehen. Dafür müsse sie aber wissen, woran sie bei ihm sei!

Levon Hodgins erzählt unsicher davon, dass es stimmt: Er reite seit einiger Zeit mit den Blackjacks, und ja, er habe zusammen mit ihnen mehrere Sweetrock-Minen und Ghost-Rock-Transporte überfallen. Dass die Revolvermänner von Sweetrock aber seinen Claim mitsamt der Besitzurkunden übernommen hätten, sei trotzdem ein Verbrechen noch anderen Kalibers: "Die enteignen mich einfach mit Waffengewalt hinter dem Rücken der Law Dogs, und das ist dann okay, weil sie sowieso den größten Einfluss in der Gegend haben, und die dickste Geldbörse. Ich habe geholfen, denen ein paar Handvoll Ghost Rock zu stehlen, und ich soll dafür baumeln? Das nennt man hierzulande Gerechtigkeit?!", raunt er verzweifelt.
May zischt, "Warum haben Sie sich auch mit den verschissenen Blackjacks eingelassen, Hodgins! Ihr Fall wäre viel leichter öffentlich auszuwalzen, wenn sie wirklich nur ein unschuldiger Schürfer wären!"
Hodgins entrüstet sich, "Ach, ich bin doch nur einer von unzähligen! Fälle wie meiner ereignen sich jeden gottverdammten Tag draußen im Maze! Was Sweetrock nicht billig kaufen kann, holen sie sich mit Gewalt. Selbst Jackson P. Jackson ist es nicht anders ergangen, wie jeder weiß! Darum hat er ja die Bande überhaupt erst gegründet."


Die Hexe wusste das jedenfalls noch nicht, behält das aber für sich. Daran, mit Hodgins einfach zu fliehen, wie von Byrd vorgeschlagen, ist nicht zu denken, die übergitterte Grube macht das Unterfangen deutlich schwieriger. Aber ist es ein Clue, dass wir jetzt Hodgins Aussage haben? Das Gefängnis ist ebenfalls ein relevanter Schauplatz, was bei meinem W20-Resultat von neun bedeutet, dies war der nächste Clue für unsere
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 2\5).
« Letzte Änderung: 11.12.2023 | 20:17 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #115 am: 16.07.2023 | 13:20 »
Im Fat Chance Saloon gibt es um diese Zeit ein Mittagessensangebot, das fast so beliebt ist wie das Besäufnis-Angebot an den Abenden. Der weite Schankraum ist gerammelt voll mit schmatzenden, schlürfenden Bauarbeitern, Händlern und Bergbau-Kumpeln. Es gibt heute eine Art Texmex-Eintopf, fettig aber nahrhaft, wie man schon von der Straße aus riecht.



Mit jeweils einem Holznapf davon pflanzen sich Wickett und Byrd an den langen Getränketresen auf der Empore im hinteren Teil des Schankraums, und warten darauf, dass ihr zwergenwüchsiger neuer Bekannter Charlie Landers in ihre Richtung kommt. Nach nicht allzu langer Zeit tut er das auch, er klettert auf eine Kiste, um über seine Bar hinweg glotzen zu können.
"Howdy! Anständig, dass Sie zur Fütterungszeit nicht auf der Bar rumlaufen, sondern nur dahinter stehen, Mister Landers!", lobt May B., "ich vermute, beim Anblick Ihrer schmutzigen Zehennägel genau neben meinem Mittagessen hätte ich abgekotzt!"
"Sie glauben doch nicht, dass ich barfuss auf der Bar rumlaufen würde, wenn Gäste da unser Mittagsmenu stehen haben", knurrt Landers.
"Nein, offensichtlich haben Sie genug Manieren, um ...", beginnt May B., aber in dem Moment steigt Landers genau neben ihr auf den Tresen, zieht seinen alten Colt, und schreit in den Schankraum, "Ich hab' Dir letzte Nacht gesagt, Du hast Hausverbot bis nach der Apokalypse, Randolph! Ja, Du bist gemeint, ich hab' Deine Visage genau gesehen! Scher' Dich sofort durch die Schwingtür zurück, oder diesmal sind es wir, die wen aus dem Fenster nach draußen werfen, und zwar Dich!"
Der Angesprochene schreit eine Profanität bezüglich Landers' Körpergröße, dann scheint er sich aber zu trollen.
May B. hat jetzt vorsichtshalber ihre Holzschale in der Hand und löffelt so daraus, und merkt säuerlich an, "Haben Sie nicht vor einer Sekunde gesagt, Sie laufen nicht auf der Theke zur Mittagessenszeit?"
Landers steckt seine Wumme hinten unter seinen Gürtel, zeigt auf seine Füße und knurrt, "Nicht barfuß habe ich gesagt! Ich trage aber meine Stiefel!"
Byrd muss so lachen, dass er sich auf die Schenkel schlägt.
"Sie sind mir vielleicht zwei Komiker!", murrt May B., dann sagt sie, "Hey, Charlie, Sie wissen doch alles so genau. Was ist Blackjack Jackson eigentlich so für einer?"
Der häßliche Barkeep ist auf seine Kiste zurückgeklettert, und kommentiert, "So einer, dass ich Ihnen raten würde, ihn als Jackson P. Jackson anzusprechen, wenn Sie ihm mal in die Quere kommen sollten hier in der Stadt. So einer ist das, Miss. 'Blackjack' ist sein Spitzname, aber der legt nahe, dass er mit der gleichnamigen Bande was zu tun haben könnte, die draußen vor den Stadttoren ihre Schreckensherrschaft ausüben! Wie Sie ja selber genau wissen, Miss!"
"Aber das liegt doch auf der Hand, der Kerl hat die Blackjacks ja gegründet", sagt Byrd.
"Klar, ein jeder weiß das. Aber Jackson P. Jackson hat sich noch nie bei irgendwas erwischen lassen. Er kann sich deshalb frei bewegen in der Stadt, und er kommt gelegentlich her. Alle wissen, dass er der größte Outlaw im Gomorra Valley ist, aber keiner kann ihm einen Scheißdreck nachweisen, und so lange das so ist, können die Law Dogs nichts gegen ihn machen. Darum nennen Sie, schöne Dame, ihn besser Mister Jackson. Diesen Hombre zu provozieren hat nur für solche einen Sinn, die ihren Aufenthalt in der Stadt drastisch verkürzen wollen, wenn Sie verstehen."
May B. bohrt nach: "Meinetwegen, aber was soll das ganze Risiko? Abgesehen davon, dass es sich finanziell lohnt in einer Stadt mit so viel Ghost Rock. Aber wir haben den deutlichen Eindruck bekommen, als wir es mit den Blackjacks zu tun hatten, dass es denen mehr um Moralvorstellungen geht als ums Reichwerden."
Byrd fügt hinzu: "Genau, als würden die Sweetrock so hassen, dass sie der Meinung sind, sie müssten schlimme Verbrechen gegen die Firma begehen, um unterm Strich dadurch Gutes für die Stadt zu tun! Zweimal um die Ecke gedacht, und durch die Brust ins Auge!"
Landers nickt grimmig, "Ja, ja. Kennen Sie nicht die Geschichte von Jackson P. Jackson?"
Die Hexe sagt, "... Haben die Schweinepriester uns nicht zum besten gegeben, als sie uns neulich unsere Pferde weggenommen haben."
Landers stellt ungefragt zwei Shotgläser auf und schenkt aus, während er entgegnet, "Der Kerl ist erst zum Desperado geworden, nachdem er nach Gomorra kam! Ursprünglich war er ein ehrlicher Schürfer. Hatte einen Claim gekauft und als Unabhängiger darin gearbeitet. Alles auf eigene Rechnung, das haben damals noch sehr viele gemacht. Und auf Ghost Rock ist er gestoßen da drin, ja Sir, nicht unbedingt die Hauptader, aber eine Riesenladung! Ja, Jackson wäre jetzt einer der reichsten Männer der Stadt, wenn nicht Sweetrock Mining beschlossen hätte, er solle an sie verkaufen. Als er sich zu widerspenstig geweigert hat, soll eines Tages ein Aufgebot von Revolvermännern dort aufgekreuzt sein, und ihn mit Waffengewalt davon gejagt haben. Seitdem ist die Rock Ridge Mine einer von Sweetrocks am besten bewirtschafteten Strikes, dort draußen im Maze! Heute reitet Jackson P. Jackson auf dem Outlaw Trail, wie man so schön sagt, und in Augen mancher ist er ein moderner Robin Hood. Er stiehlt von Sweetrock, zwar nicht um es den Armen zu geben, aber um die ganze Region der Firma wieder zu entreißen, damit die Unabhängigen und der Schürferverband davon profitieren können."
Byrd sinniert, "Das klingt ja ein bisschen so, als würden sich die Blackjacks und die Gesetzeshüter näher stehen als man auf Anhieb meinen könnte! Die scheinen auch alles andere als glücklich darüber zu sein, in einer Stadt zu leben, in der Sweetrock alles entscheidet, und auf den guten alten Gesetzen herumtrampelt. ... Eigentlich könnten die sich ja verbünden, und gemeinsam Howard Findley an Arsch und Kragen packen und im hohen Bogen rausschmeißen!"
May B. widerspricht missmutig: "Nur, dass diese blöden Blackjacks die ganze Robin-Hood-Nummer nur ausnutzen, um öffentlich als verkannte Helden dazustehen, aber in Wirklichkeit sind sie doch nur ganz dreckige, hundsgewöhnliche Ganoven. Stimmt's oder hab' ich Recht damit, Landers?"
Der Barkeep hat eingeschenkt und schiebt den Gästen ihre Gläser rüber, und sagt ungerührt, "Na ja, beides stimmt gewissermaßen. Blackjack Jackson will wirklich Rache nehmen im Namen der Stadt, und Gerechtigkeit erzwingen, aus einem poetischen Wunsch heraus. Da ist er Coleman und seinen Law Dogs tatsächlich gar nicht so unähnlich, nur dass er halt ganz andere Methoden wählt. Aber er hat eine echt große Gang unter sich, da sind andere wackere Rebellen mit dabei, aber auch jede Menge Geschmeiß, das sich eben angezogen fühlt von der Mitgliedschaft in einer wohlorganisierten Outlaw-Bande! Alle Blackjacks können sich drauf einigen, dass sie Sweetrock gemeinsam fertig machen wollen, aber aus welchen Gründen, tja, da gibt es wohl so viele verschiedene Antworten wie's maskierte Fressen gibt bei denen!"
May B. murrt, "Mit sonderlich heroischen Weltverbesserern hatten wir's jedenfalls bisher nicht zu tun, wenn wir auf Blackjacks getroffen sind!"
Byrd stupst sie mit dem Ellenbogen an: "Außer dem wackeren Victor Navarro natürlich, oder? Der hat Sie schon ein wenig ... heroisch angeschaut!"
"Ach, halten Sie doch Ihre vorlaute Schnauze, Mister Byrd, lassen Sie mich in Ruhe mit dem! Dem hab' ich nur Hilfe zugesagt, damit er uns in Ruhe lässt."
"Na dann, hoch die Tasse, auf die Geruhsamkeit!"
May stößt mit ihm an, und sagt grimmig, "Sie sind ein Penner. Ich bleibe lieber dabei: Auf die Freiheit!"
Byrd zwinkert gutgelaunt, und beide trinken.
"Einen Dollar macht das dann", sagt Landers nebenbei.
"Nanu, schon wieder blechen?", fragt Byrd, "den haben Sie uns doch ungefragt ausgeschenkt!"
"Und Sie haben ihn getrunken! Glauben Sie nicht, Sie hätten in meinem Saloon bereits das verdammte Recht erworben, anschreiben zu lassen."

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #116 am: 16.07.2023 | 13:57 »
Machen wir zwischen den Szenen mal einen GM Move! Es ist, An NPC Takes Action. Wie beim Abenteuereinstieg ermittelt, hat Sweetrock ja schon Wind bekommen von den neugierigen Fragen der Wild Cards dank eines Eilbriefs aus Virginia City! Howard Findleys Schergen werden also von sich aus auf die Wild Cards zukommen. Das passt zum Vorhaben vom Rest des Aufgebots:



Das Sweetrock-Firmengebäude dominiert die Szenerie am Town Square. (Anno 1876 müsste es im Bild natürlich heißen.)


Während also an diesem Vormittag Byrd und May B. mit ihrer Nachforschung beschäftigt sind, sind die anderen Wild Cards natürlich nicht untätig. Shadrack hat sich vorgenommen, dem Hauptgebäude der Sweetrock Mining Company einen kurzen Besuch abzustatten, in Begleitung von Joycelyn, um für freundliche Stimmung zu sorgen. Dabei will er sich einen ersten Eindruck vom Gegner verschaffen — und ganz nebenher die Augen offen halten nach dem Bürozimmer, wo die gestohlenen Besitzurkunden verwahrt sein könnten.

In neuen Kleidern marschieren die beiden in die große, geschäftige Lobby des Firmengebäudes. Schreibmaschinen klappern emsig, ordentlich frisierte Bürokräfte laufen eilig mit Akten umher, Anzugträger schwadronieren über Landkarten der Umgebung, von Ghost-Rock-Staub verdreckte Schürfer besprechen in Grüppchen Arbeitspläne.
"Der Laden scheint ja zu laufen wie ein Räderwerk!", bemerkt Shadrack anerkennend.
"Und das so weit hier draußen!", fügt Joycelyn hinzu, "selbst daheim im großen Chicago war ich schon in Bureaus, die weniger straff organisiert waren!"
Ein untersetzter Herr im Cordanzug hat sich von der Seite genähert und räuspert sich mit mahnendem Unterton: "Guten Morgen, Herrschaften! Haben Sie eine geschäftliche Unterredung vereinbart mit einem unserer Mitarbeiter?"
Shadrack mustert ihn eine Sekunde lang eisig, und setzt dann ein höfliches Lächeln auf: "Nein, bisher nicht. Aber Sie können uns vielleicht jemandem vorstellen. Ich hörte, Investitionspartner werden hier gesucht!"
Shadrack ist überzeugend genug, mit einem Persuasion-Erfolg.
Der herausgeputzte Schleimer scheint außerdem Joycelyns Gesicht zu erkennen, und innerlich umzuschalten. Er flötet: "Oh, wir alle hier sind Verehrer von Ihrer Gesangskunst, Miss Lancaster! Natürlich wäre die Sweetrock Mining Company geradezu entzückt, Sie als längerfristige Sensation in unserer Stadt betrachten zu dürfen! Wenn Sie beide also Interesse an Investitionen hegen, trifft sich dies!"

Rex und Joycelyn werden also umgehend in eins der piekfeinen Besprechungszimmer komplementiert. Das Orakel sagt, sie müssen ihre Waffen am Empfang abgeben, gehört sich so. Hier lassen wir aber die Falle zuschnappen! Howard Findley ist schließlich auf das Herumschnüffeln der Wild Cards vorbereitet. Die Frage ist nur, wird er subtile Einschüchterung versuchen oder die SCs körperlich angehen lassen? Ich würfle auf der Failure Moves-Tabelle, und die Orakelwürfel sagen, Advance a Threat, es wird also gedroht und nicht gleich jemand verkloppt, und Sweetrock stellt sich klarer als Gegnerfraktion heraus. Also:

Anstelle eines der Anzugträger kommt ein Trio von den Sicherheitsleuten herein, in Staubmänteln und Stetson-Hüten, mit Gewehren über der Schulter, wie man sie am Ankunftstag auf der Galgenplattform bereits gesehen hat. Ihr Anführer ist ein baumlanger Kerl mit überlangem, grauen Rauschebart und Lederhut. Seine Augenbrauen sind wild und buschig, sein Blick ist kalt und stechend wie der einer Klapperschlange.
"Jim MacNeil!", gibt Shadrack überrascht von sich, und seine Hand legt sich reflexartig dorthin, wo normalerweise sein einer Revolvergriff ist.
"Rex W. Shadrack", stellt MacNeil fest, seine Stimme ist rau und heiser, sein Ton lauernd.
"Man hörte, Sie würden fleißig Kopfgelder einsammeln in der City o' Lost Angels!"
Jim MacNeil schüttelt bedächtig den grauhaarigen Kopf, und raunt, "Ich habe meine Geschäfte gerade hierhin verlegt. Sweetrock zahlt besser als alle Sheriff Departments und County-Regierungen des ganzen Territoriums."
"Das heißt, Sie sind nicht mehr Kopfgeldjäger?"
"Ich bin Sicherheitsbeauftragter für Sweetrock. Ich gehe immer dann zu Werk, wenn es den Schwanzlosen vom Sheriff's Office mal wieder nicht gelingt, die Interessen der Firma zu verteidigen. Und das, Shadrack, macht mich zu Ihrem persönlichen Problem."
Shadrack verzieht abschätzig das Gesucht: "Das glaube ich kaum, Mister MacNeil. Wir beide sind heute geschäftlich hier. Wir haben mit Ihrer Firma über Investitionen zu reden. Sie, MacNeil, haben sich wohl in der Tür geirrt!"
Das ist ein Verspotten-Versuch, aber Shadrack (spezialisiert auf Einschüchterung) hat keinen Taunt-Würfel und kommt auf keinen Erfolg.
MacNeil tritt näher, und stützt sich mit einer Hand auf die Tischplatte, und knurrt, "Die Firma weiß davon, dass in Virginia City dasselbe passiert ist wie hier, Shadrack: Die kleine Lancaster tritt irgendwo auf, und nebenher werden äußerst neugierige Fragen gestellt, von Ihnen oder Ihren Leuten! Sie haben sich in Nevada schon für Sweetrocks Geschäfte interessiert! Und jetzt sind Sie hier und tun so, als seien Sie ein Geschäftsmann! Wir reden hier besser ganz schnell Tacheles miteinander, oder Sie verlassen dieses Zimmer in Richtung Totengräber, und die Kleine in Richtung Nervenheilanstalt."

Im "Doomtown or Bust"-Buch sind Spielwerte für MacNeil für das Deadlands-Classic-System, vielleicht setzen wir die schnell mal für SWADE um, wir brauchen den Drecksack bestimmt künftig noch öfters.

Jim MacNeil
Attributes: Agility d10, Smarts d8, Spirit d8, Strength d8, Vigor d8
Skills: Ahletics d10, Common Knowledge d6, Fighting d10, Gambling d4, Intimidation d10+2, Notice d6, Persuasion d4, Riding d10, Shooting d12, Stealth d6, Survival d6
Pace: 6, Parry: 7, Toughness: 6
Hindrances: Bloodthirsty, Mean, Wanted (Minor: Mexico)
Edges: Connections (Sweetrock Mining Company), Level Headed, Menacing (murderous stare), Nerves of Steel
Gear: Two Colt .45 pistols, ammo belt, double-barrel shotgun, box of 50 shells, hunting knife, brass knuckles, company cash.



Die tolle Illustration von Ron Spencer kann ich im Internet nur noch auf der Spielkarte finden


Er kommt auf eine neun bei Intimidation (laut Orakel generiert die Situation ihm überraschenderweise keinen Bonus, seine zwei Untergebenen im Hintergrund scheinen sich mehr damit zu beschäftigen, ihrerseits Angst vor MacNeil zu haben als die Wild Cards bedrohlich anzusehen).
Shadrack kommt dank seinem Strong-Willed-Vorteil auf eine acht, und wird Distracted.
Er erhebt sich, und sagt arrogant, "Ich würde Sie bitten, Abstand zu mir und der Dame einzunehmen, Mister. Ihr Körpergeruch ist ehrlich gesagt beträchtlich. Wenn wir von Subjekten mit derartigem Benehmen hier begrüßt werden, machen wir eben keine Geschäfte mit der Sweetrock."
MacNeil richtet sich auf und tritt genau vor Shadrack: "Für einen unbewaffneten Mann spucken Sie zu große Töne! Haben Sie nicht begriffen, dass Ihr kleines Spielchen hier keiner mitspielt? Sie sind keine verfackten Investoren, Sie sind dreckige Spione! Ich werde Sie fertig machen, Shadrack!"
Diesmal fällt sogar eine elf als Intimidation-Ergebnis, Rex kommt auf eine sieben, der Distracted-Abzug hebt seinen Strong-Willed-Bonus auf! Das ist das Raise, das MacNeil braucht um ihn seine Fassung verlieren zu lassen. Ich gebe einen Benny aus, und erziele eine neun als neues Ergebnis. Shadrack wird dadurch erneut Distracted, aber das Raise ist abgewendet!
Er knurrt tonlos: "Sie machen einen schweren Fehler, hier hereinzuplatzen und eine friedliche Unterredung in einen Einschüchterungsversuch zu verwandeln! Wollen Sie, Sir, mich etwa zum Feind?! Das wäre ein äußerst ungesunder Schachzug, das versichere ich Ihnen!"
Jetzt ist es an Rex Shadrack, Intimidation zu würfeln, und er kommt auf eine 13! (Distracted und Menacing-Bonus heben sich gegenseitig auf.) Darauf war MacNeil scheinbar nicht ganz vorbereitet, er dachte, er spricht doch hier die Drohungen aus! Er erzielt trotz Benny-Ausgabe nur eine magere vier, der Hexslinger hat das rettende Raise erreicht.
MacNeil tritt unwillkürlich einen Schritt zurück, aber setzt sofort wieder ein böses Grinsen auf: "Sie haben sich den falschen Gegner ausgesucht, Shadrack! Denken Sie darüber nach, ob Sie nicht mit offenen Karten spielen wollen, so lange Sie in der Stadt sind. Howard Findley hat ein gewisses Interesse daran, Ihren Auftraggeber zu erfahren! ... Natürlich gibt es in den Räumlichkeiten von Sweetrock keine Waffengewalt, wo denken Sie hin. Unsere Leute werden Sie jetzt hinaus geleiten!"

In äußerst unangenehmes Schweigen gehüllt verlassen Shadrack und die kreidebleiche Joycelyn das Bürogebäude. Im Ausgang ruft Jim MacNeil ihnen halblaut nach: "Denken Sie gut darüber nach, ob Sie sich nicht erklären wollen, Mister Shadrack! Wir warten. Und bis dahin ... achten Sie genau darauf, wo Sie hintreten, so lange Sie durch die Straßen von Gomorra laufen!"
Die Situation hat sich geändert, MacNeil hat sich wieder gesammelt. Er steht scheinbar gelassen in der Tür des Firmengebäudes, umringt von seinen Untergebenen, die Hände auf den Revolvergriffen.
Shadrack hat seinen Pistolengurt am Empfang zurückbekommen, er sieht dem Kopfgeldjäger in die kalten Augen, kurz sieht er so aus, als würde er eine der Smith & Wessons ziehen aus dem Waffengurt, den er noch locker in der Hand trägt, die Vormittagshitze bringt die Luft zum Flimmern.
"Unterstehen Sie sich, sich hier und jetzt mit dem Kerl zu schießen!", flüstert Joycelyn an Shadracks Ohr, ihr Ton ist flehentlich, aber gleichzeitig fest, es klingt wie ein Befehl.
Shadrack bekommt natürlich nicht gerne Befehle, mit seinem Arrogant-Bachteil. Seelenruhig gurtet er seinen Patronengürtel wieder um, ohne den Blick von Jim MacHeil abzuwenden.
"Das werde ich, Mister NacNeil! Das werde ich. So wie Sie es hoffentlich auch tun!"

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #117 am: 16.07.2023 | 16:38 »
Das lief ja aufgrund von Sweetrocks Intervention sehr suboptimal, immerhin konnte ich die Charaktere wieder aus der Falle heraus bekommen, ohne dass es wirklich haarig wurde. Aber was ist denn mit dem ursprünglichen Vorhaben bei dem Ganzen, konnten Rex und Joycelyn in den Korridoren eine Spur von Hodgins' Besitzurkunde aufnehmen, und so einen Clue erhalten?  Nicht sehr wahrscheinlich, also verwenden wir mal die erschwerte Tabelle aus dem FlexTale-Buch ('Context C'). Obwohl dies ein relevanter Schauplatz war, gibt's mit dem W20-Ergebnis keinen Clue für unsere laufende Queste, nur Ärger eingehandelt haben sich die Wild Cards!


Am Nachmittag treffen sich die fünf Wild Cards also wieder, um ihre Beobachtungen auszutauschen. Treffpunkt ist ein leeres Baugrundstück am Stadtrand, wo niemand in Hörweite ist, in Gomorra selbst scheinen schließlich die Wände Ohren zu haben.



Am Stadtrand ist die Luft rein


"... Wir können also davon ausgehen, dass die drei feinen Pinkel in Virginia City nach unserem kurzen Gespräch Howard Findley alarmiert haben. Da es hier noch keine Telegrafen-Verbindung gibt, wahrscheinlich per Pony Express", schließt Shadrack seinen Bericht.
"Donner und Doria, Shadrack! Warum haben Sie diesen wildgewordenen Kopfgeldjäger nicht gleich umgelegt? Wenn der wirklich schon die Hand an den Waffen hatte, hat er angefangen, das müsste unser aufrechter Sheriff Coleman als Notwehr durchgehen lassen!"
"Mister Byrd ...!", rügt Joycelyn.
"Ich mein' ja nur!", lacht dieser, "wenn wir jetzt eh schon die Sweetrock als offenen Gegner haben, hätte unser Mister Shadrack auch gleich Nägel mit Köppen machen können, und einen bleibenden Eindruck machen, gleich mal als erste Amtshandlung! Von Kopfgeldjäger Jim MacNeil hat man schon gehört! Soll aus einem mexikanischen Gefängnis ausgebrochen sein mit nix als einem angeschärften Löffel als Waffe. Wenn Shadrack den gleich mal hübsch weggepustet hätte als Willkommengruss unsererseits, hätte diese ganze Stadt auf Anhieb Respekt vor ihm!"
"Mister Byrd", fordert Shadrack, "seien Sie bitte nicht schon wieder ein Esel! Wir werden noch ein Weilchen hier bleiben. Wir haben bereits ein mehr als bedenkliches Verhältnis zur Blackjack-Bande. Wir brauchen nicht in den Krieg mit Sweetrock zu ziehen. Sie haben ja gerade selbst berichtet, was die Einschätzung der Law Dogs zu derlei Taktiken zu sein scheint."
May B. sagt: "Ja, ja, ja. Was machen wir denn jetzt mit Scheiß-Hodgins' beschissener Besitzurunde? Ich will nicht, dass Sweetrock mit etwas derartigem durchkommt. Wir müssen denen einen dicken Denkzettel verpassen, aber verflucht nochmal nicht, indem wir uns öffentlich gegen die stellen. Ich schlage vor, wir kehren zum Firmenbüro zurück, aber heute Nacht, und brechen verfackt nochmal dort ein. Wir verwenden unsere Kräfte."
Byrd nickt enthusiastisch: "Au ja, so wie Sie vorhin. Das hat prima geklappt."
May B. sagt mit gesenkter Stimme: "Ich kann sogar noch etwas viel besseres. Ich ... fliege auf das Dach des Gebäudes. Von da steige ich in eins der Fenster ein. Vielleicht kann ich von innen eine Tür im Erdgeschoss für Sie anderen öffnen, so wie im Junkyard. Wir wissen zwar nicht den direkten Weg zu der Urkunde, aber wahrscheinlich haben wir die ganze Nacht Zeit. Die Wachen werden draußen ihre Runden drehen, nicht drinnen."
Shadrack schaut mißtrauisch: "Sie sagen, Sie fliegen ...?"
Byrd nickt schelmisch, "Kinderspiel, in Sam's General Store gibt's in der Auslage wunderbare Reisigbesen!"
May funkelt ihn an: "Blödsinn, keine Hexe ist in heidnischer Zeit je auf einem Besen geritten, das ist ein Märchen, das später aufkam."
Besorgt wirft sie dann einen Blick auf John Bloody Knife, der die mächtigen Arme verschränkt hat und genau zuhört. Es ist immer noch ungeklärt, wie er eigentlich zu den Magieformen der Bleichgesichter steht. Jetzt gerade schweigt er aber.
Shadrack gibt zu bedenken, "Selbst, wenn dies stimmt, Miss Wickett, ist das ein großes Wagnis. Sollte jemand eine levitierende Frau über den Dächern sehen, ob mit gottverdammtem Besen oder ohne, könnten Sie eine Panik auslösen. Noch schlimmer, wenn jemand Ihr Gesicht erkennen würde dabei, dann haben wir den lange befürchteten Lynchmob am Hacken ..."

Ist derzeit vielleicht praktischerweise Neumond? Ich rolle die Orakelwürfel und die sagen, mitnichten:

"... noch dazu ist derzeit Dreiviertelmond, und auch heute Nacht dürfte wieder sternenklar sein, wenn nicht das Wetter plötzlich umschwingt."
May B. gibt zurück: "Dann verwenden wir wieder den Trick mit den lebenden Schatten, und schleichen uns an. Hier gibt's jede Menge Baustellen, ich stelle mir passables Einbrecherwerkzeug zusammen."
"Lebende Schatten?", fragt John Bloody Knife nun doch.
Luca Byrd strahlt ihn an: "Das wird Ihnen gefallen, Mister Bloody Knife! Das, was Ihre Medizinmänner in den Sioux Nations können, können wir auch. Außerdem ist die Sache völlig schmerzlos, und erfordert weder Regentänze, noch dass man sich Kräuter in alle Körperöffnungen steckt!"
Alle schweigen einen Moment lang. Shadrack legt sich eine Hand vor die Stirn.
"Hast Du jemals die Medizin der Sioux mit eigenen Augen gesehen, Luca Byrd?", fragt John, überraschend gelassen.
"Nein", gibt Byrd munter zu.
"Dann wage nicht, sie in Deinen Worten zu beschreiben", knurrt der Indianer.
"Äh, na gut. War nicht böse gemeint."
"Dummer, verfackter, weißer Mann."
"Genug gestritten", murrt Shadrack, "also, unser nächster Schritt steht fest: Wir steigen im Sweetrock-Gebäude ein, und durchkämmen innen alles nach der gestohlenen Urkunde. Ich möchte Ihnen einschärfen, Damen und Herren — jedes Risiko ist zu vermeiden! Eher brechen wir das Unterfangen ab als die Leute von Sweetrock unsere Gesichter sehen zu lassen. Insbesondere nach den Ereignissen des heutigen Vormittags! Ich gebe ehrlich gesagt nicht viel auf Hodgins' Schicksal, eher sehe ich ihn hängen als zu riskieren, dass Sweetrock uns endgültig zu ihren Feinden erklärt."
May B. knurrt, "Sie kaltschnäuziger Schweineigel! Ich habe gesagt, dass wir Sweetrock einen Denkzettel verpassen müssen! Außerdem bekommen wir vielleicht stattdessen die Blackjacks zu Feinden, wenn wir den Job vermasseln."
Shadrack beginnt gelassen, sich eine Pfeife zu stopfen: "Darauf gebe ich einen Dreck. Sie, Miss Wickett, haben gegenüber Victor Navarro unsere Bedingungen sehr deutlich gemacht. Und er hatte keine Widerworte. Wenn der Job nicht zur Zufriedenheit der Blackjacks abläuft, können sie uns nichts anhaben."
May B. grollt, "Ja klar, Sie Schlauberger. Außer, die Kerle ändern ihre Meinung. Die haben bei unserem ersten Zusammentreffen ziemlich klar gemacht, dass sie am längeren Hebel sitzen!"
John Bloody Knife lässt vernehmen, "Genug jetzt. Wir haben den Plan gemacht. Er ist gut. Nach Mitternacht gehen wir auf den Kriegspfad."
May B. fragt etwas verblüfft, "Nanu, warum sind denn jetzt Sie Ihrer Sache plötzlich so sicher?"
"Die Sache ist gut. Der Plan ist gut. Gute Gelegenheit für Bloody Knife, ungesehen ein paar Wasichu zu töten!"


Den restlichen Nachmittag verbringen die Wild Cards damit, das Firmengebäude am Town Square eingehender zu begutachten, aus unauffälliger Entfernung natürlich. Es scheint genauestens bewacht zu werden von den vielen Revolvermännern der Firma. Shadrack macht einen Research-Wurf, um durch die Belauerung klarere Einblicke zu erhalten, und er bekommt dabei Support durch May B.s und Johns Stealth-Würfe. Gemeinsam kommen sie auf ein Resultat von 18! Die Intervalle der Wachschichten und Wege der Patroullien auf dem Außengelände erschließen sich Rex Shadrack dadurch genau, nebst Zahl der Wachen, Bewaffnung, und Gebäudeschwachstellen. Unser Aufgebot ist nun gut vorbereitet auf ihren Schleicheinsatz kommende Nacht!

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #118 am: 21.07.2023 | 19:51 »
Dann interessiert natürlich noch, ob diese bei der Recherche gesammelten Informationen außerdem einen Clue für unsere laufende Queste darstellen. Da wir ein relevantes Gebäude belauert haben, ist das W20-Resultat ein ja. Das war der dritte von fünf benötigten Hinweisen bei der
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 3\5).

Sagen wir mal, May B. mit ihren Adleraugen erspäht durch eins der Fenster im zweiten Stock einen großen Raum, wo zahllose Schreibtische mit emsigen Schreibmaschinen stehen. Büroschranzen mit Aktenbündeln sind dort immer wieder zu sehen. Durch dieses Zimmer scheinen fast alle Schriftstücke der Firma zu gehen, und dort werden auch die Aktenschränke und das Urkundenarchiv sein. Das Aufgebot wird also seine nächtliche Durchsuchung auf dieses Stockwerk focussieren.

Außerdem sagen mir die Orakelwürfel, dass unsere Helden ihrem Gegenspieler ansichtig werden: Hangin' Judge Steven Gabriel. Wohlbeleibte Sweetrock-Funktionäre begleiten eine mittelgroße, schneidig aussehende Gestalt in ominöses Dunkelgrau gekleidet am frühen Nachmittag aus dem Haupteingang des Firmengebäudes. Alle Leute auf dem Town Square beschreiben direkt einen Bogen um den Herrn Bezirksrichter, und unter dem Blick seiner stechenden Augen scheint allen Städtern unwillkürlich das Herz in die Hose zu sinken. Andere Passanten wollen gehört haben, dass mittlerweile der Termin für die öffentliche Rechtssprechung stattfindet: Morgen werden alle wartenden Verfahren in einem großen Aufwasch alle nacheinander abgehandelt. Schauplatz des Ganzen wird eines der großen Mannschafts-Essenszelte von Sweetrock am Westende des Town Square sein. Und da die Orakelwürfel ein "Ja, und außerdem"- Resultat angegeben haben, ist Steven Gabriel nicht nur heute im Sweetrock-Hauptquartier, man hört auch, dass er dort unterkommt. Im obersten Stockwerk gibt's ein paar Personalwohnungen, und wer wäre Howard Findley, dem geschätzten Herrn Bezirksrichter nicht eine solche zur Verfügung zu stellen während seines Besuchs. Immerhin sind so gut wie keine Hotelzimmer zu haben in Gomorra.


<
Man hört, Richter Gabriel neige manchmal zu Grausamkeit


Weil dies eine lange Nacht wird, hauen sich die Wild Cards nach ihrer Belauerung des Gebäudes am späten Nachmittag aufs Ohr.
May B. gibt unterwegs zur Herberge zu bedenken: "Wenn wir jetzt wissen, wo wir Steven Gabriel festnageln können, haben wir für heute Nacht noch eine Option!"
Byrd erwidert gut gelaunt: "Es wird keiner abgemurkst, Miss Wickett! Sonst kriegt Miss Lancaster Albträume, und Mister Shadrack Verfolgungswahn!"
Die Hexe schüttelt den Kopf: "Wir brauchen ihn gar nicht zu killen. Wenn ich ihn allein erwische, wickele ich ihn mit meinem Zauber ein, wie die Spinne im Netz. Dann hört er einen ganzen Tag lang auf all meine Wünsche!"
"Ach ja", knurrt Shadrack, "die Spezialität der Black-River-Eisenbahn."
"Und dabei kann nichts schief gehen?", will Byrd wissen.
May B. schnaubt, "Da kann jede Menge schief gehen, ich erinnere nur an Ernest Amblin. Aber der Vorteil bei dem Bezirksrichter ist, dass der verreckte Bezirk ziemlich groß ist, und ziemlich unwegsam. Steven Gabriel haben wir eine Weile nicht mehr am Hacken, wenn seine Verhandlungen morgen durch sind."
"Charmant", sagt Shadrack, "Sie krallen sich den Richter, während wir anderen die Besitzurkunde suchen. Aber, Miss Wickett, dass sie mir nichts dafür aufs Spiel setzen! Wenn das nach hinten losgeht, kann das ebenso skandalöse Folgen haben wie wenn Sie über dem Gebäude schweben oder wie auch immer Ihre Teufelskunst zur Schau stellen!"
"Es ist keine Teufelskunst; nicht mehr und nicht weniger zumindest als Ihre Kartentricks!"
"Ich sage das ja nur so. Die Bürger dieser Stadt würden sie aber so benennen, worauf Sie sich verlassen können!"


Ausgeschlafen kommen unsere Wild Cards wieder zusammen, in einer düsteren Gasse am Rande des nächtlichen Town Square. Es ist halb zwei Uhr früh, laut Orakel ist das Nachtleben am Town Square zwar noch nicht ganz vorüber, aber beschränkt sich nur auf das Innere der schwummerig beleuchteten Saloons. Immerhin ist ein Wochentag, und Sweetrocks Arbeiterheer muss morgen wieder früh zu Werke gehen.



Das schreit nach einem Dramatic Task: Das Aufgebot muss schleichend ins Firmengebäude einsteigen, dabei Aufpasser umgehen, alles nach der Besitzurkunde von Hodgins durchforsten, und nebenher das Zimmer von Richter Gabriel im oberen Stockwerk lokalisieren. Das dürfte ein herausfordernder Dramatic Task sein, wir brauchen also 20 Task Token in drei Runden. Also los!

Runde eins
Oh ha, gleich mal zwei Complications. Rex Shadrack beginnt, er warnt leise John Bloody Knife vor, und hantiert mit seinen Karten, um sich und die anderen zu Schatten zu machen. Er erhält auf Anhieb ein Raise, und Boost Stealth hebt die Schleichkünste der Helden um zwei Würfel an, und bringt zwei Task Tokens. Als lebendige Schatten nähern sich die Wild Cards dem Gebäude durch die schwarze Nacht. Byrd übernimmt die Führung, und steuert mucksmäuschenstill den Seiteneingang an der Cross Street an. Er hat jedoch durch seine Kreuz-Karte eine Complication: Just als sie die schmale Lieferantentür erreichen, geht über ihnen in einem Fenster eine Petroleumlampe an! Der Lichtkegel fällt genau auf sie! Byrd erreicht dennoch einen Erfolg, hält seine Freunde rechtzeitig auf, und erst als das Zimmerlicht wieder verlischt, schleichen sie weiter zur Tür, allesamt jetzt mit heftig klopfenden Herzen.

Hier postiert sich Joycelyn, um Schmiere zu stehen. Durch Boost Stealth hat sie diese Runde ebenfalls einen W10, um sich ein gutes Versteck auszugucken, und würfelt eine 25, wodurch sie einen stockdunklen Winkel findet, von dem aus sie alles sehen kann. Sie macht eine Handvoll Steinchen bereit, um diese gegen die Fensterscheiben zu werfen, und ihren Derringer, versteckt in der anderen Hand, um einen Schuss abzugeben als Warnsignal für die vier drinnen, wenn alles andere nicht funktioniert. Zwei weitere Task Tokens für die Bank.
John Bloody Knife würfelt ebenfalls sein Stealth, um May B. gegen die Straße abzuschirmen, während sie nun versucht, das Schloss zu knacken. Dies ist ein Support-Wurf, der beim zweiten Anlauf gelingt.
May B. hat ebenfalls eine Karte mit Complication gezogen, und just als sie ihr Werkzeug hervorholt, patroullieren Sweetrocks Revolvermänner um das Gebäude! Auch das noch: Das Würfelorakel sagt, das Türschloss ist außerordentlich sicher. Trotz Werkzeug wird die Hexe 2 von ihrem Thievery-Wurf abziehen müssen, dazu -2 für die Complication, aber immerhin +1 dank Johns Support-Wurf. Ich brauche definitiv eine Höchstzahl, May hat nur Thievery W6. Dank der Kreuz-Karte scheitert der Dramatic Task, wenn dieser Wurf scheitert! Ich buttere all ihre Bennies in Rerolls, aber keine sechs fällt. May B. arbeitet minutenlang immer verbissener, Schweißperlen laufen über ihre Stirn. Byrd hat noch seinen Common-Bond-Vorteil, er flüstert ihr bestärkend zu: "Nicht so verbissen, Miss May, mit etwas Gefühl, immer aus dem Handgelenk!", und er schanzt ihr einen seiner Bennies zu. Den nutzt sie für noch einen Reroll, jetzt gilt's! Zum dritten Mal in Folge fällt eine eins und eine zwei, haarscharf am Kritischen Misserfolg. Die Revolverschützen ziehen ihren Kreis um das Gebäude, alle müssen in Deckung tauchen. May B.s Werkzeug klingelt zu Boden. Mit angehaltenem Atem beobachten die Wild Cards aus ihrer Deckung zwischen Fässern und Kistenstapeln, wie die Patrouille sich entfernt.
"Ich krieg' das nicht auf!", zischt May verzweifelt, "das verdammte Schloss müssen sie ganz aus Back East hierher gebracht haben, so modern ist das!"
Luca Byrd legt ihr freundschaftlich die Hand auf die Schulter und flüstert, "Nicht schlimm, Sie müssen das nicht schaffen! Wir haben tausend andere Möglichkeiten, und jetzt hauen wir leise ab und pennen noch eine Runde!"
Ich gebe ein zweites Mal einen Benny von ihm an sie ab. Sie rerollt erneut ihren Thievery-Wurf, und kommt auf eine fünf. (Stochastisch mittlerweile mehr als unwahrscheinlich, mittlerweile hat sie nacheinander 12W6 gewürfelt bei ihren vielen Rerolls, da hätten eigentlich zwei Sechser dabei sein müssen!)

Der Dramatic Task scheitert durch die Complication. Die Revolvermänner haben wohl das Werkzeug klimpern gehört, und eilen zurück!

Ich mache einen Failure Move, und erhalte erneut, Offer a Choice. Ich frage die Orakelwürfel, ob die eine Auswahlmöglichkeit darin besteht, als Einbrecher aufzufliegen? So ist es, ergibt mein Wurf. Und ist die andere Auswahl, unerkannt zu bleiben, aber einen Verdacht auf Hexenkunst zu erwecken? Nein. Ist die andere Wahlmöglichkeit also, einen schnellen Hinterhalt durchzuführen, John Bloody Knifes Lieblings-Option? So ist das, sagen die Würfel. Also auffliegen oder aus dem Hinterhalt angreifen, die Wahl ist nicht wahnsinnig schwer.

"Hey, was treibt Ihr hier?", bellt also einer der Revolvermänner, "das ist Firmengelände!"
Das war laut genug, um binnen weniger Minuten weitere Sweetrock-Schergen auf den Plan zu rufen.
John Bloody Knife startet auf Hold, so wie auch Joycelyn Lancaster in ihrem perfekten Versteck. Shadrack und Byrd bekommen alle beide einen Joker als Aktionskarte! Ich benutze zuerst den von Byrd, der nach oben deutet und blauäugig erwidert: "Na, Howard Findley heimlich beobachten, in seinem rosa Morgenrock!" Sein Taunt lenkt einen der beiden Pistoleros komplett ab, er schaut unwillkürlich zum Fenster hinauf, und wird Shaken und Vulnerable. John Bloody Knife nutzt genau diesen Moment, um aus dem Dunkel hinter den Wachen zu treten, und mit einem Sweep beide anzugreifen. Er bekommt The Drop und einer ist Vulnerable; seine Schadenswürfe sind beide um die 20, so dass er die Revolvermänner rücklings schlichtweg nieder mäht mit einem einzigen Schwinger seiner übergroßen Steinaxt!

Shadrack grimassiert, kauft sich Powerpunkte zurück mit zwei Bennies, und macht eilig das gesamte Aufgebot erneut zu Schatten, wie auf dem Hinweg. Ungesehen verschwinden sie in der rabenschwarzen Nacht.


Da der Dramatic Task gescheitert ist, können unsere Helden die Besitzurkunde vergessen. Immerhin haben sie geschafft, zu vermeiden, heute Nacht zu stadtbekannten Einbrechern zu werden.
"Das war's also", sagt Rex Shadrack kalt, als sie weit außer Sicht zum Tatort sind, "die Blackjacks haben durch uns ihre Chance gekriegt. Der Job ist gelaufen. Morgen sehen wir uns in Seelenruhe an, wie Levon Hodgins' Füße aufhören, in der Luft zu zappeln."
John knurrt zufrieden: "Einen Teilsieg haben wir davon getragen. Zwei Wasichu von dem elenden Haufen, der mit ihren Hacken immerzu die Erde schändet, sind in die Ewigen Jagdgründe geschickt worden! Nicht alles war vergeblich."
"Du liebe Güte, wie schrecklich ...", kommentiert Joycelyn zitterig.
"Na toll, wir hätten die beiden Nasen so schön bequatschen können", mosert Byrd, dann gähnt er entspannt, und sagt, "also dann, meine Lieben, nix wie weitergeschlafen!"


Von wegen, denkt sich May B. Wickett, als sie allein auf ihrem kleinen Herbergszimmer ist. Ohne weiter darüber zu grübeln holt sie die durchsichtige Salbe hervor, die sie gerade fertig angemischt hat, riecht an den ätherischen Dämpfen, spürt, wie diese ihre Sinne zu benebeln beginnen. Ihr ist auch nicht allzu sehr daran gelegen, der Blackjack-Gang zu helfen. Aber morgen zusehen, wie ein Schürfer für etwas aufgeknüpft wird, das er überhaupt nicht getan hat?
"Zwicken Sie sich doch ins Knie, Shadrack", wispert sie zu sich selbst, "ich bin noch nicht fertig für heute Nacht mit der Sweetrock Mining Company!"
« Letzte Änderung: 21.07.2023 | 20:55 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #119 am: 23.07.2023 | 15:38 »
May B. schmiert sich also mit der experimentellen Flugsalbe ein, öffnet energisch das kleine Fenster, und würfelt erstmals Spellcasting für ihre neue, bisher unerprobte Kraft Fly. Sie kommt auch direkt auf eine 16! Sie zwängt sich durch das kleine Fenster, atmet tief die Dämpfe der heidnischen Mixtur ein, und der Hexenspruch katapultiert sie hinauf, in die Nacht! May beißt die Zähne zusammen um nicht vor Schreck laut aufzuschreien. Plötzlich sieht sie die Dächer und Zeltstädte von Gomorra von oben, wie in einem schnellen Sturz, der jedoch aufwärts führt! Instinktiv rudert sie mit den Armen, um Halt zu finden, aber hier oben umgibt sie nichts als die laue Nachtluft. Ihr schwarzer Hut wird ihr vom Kopf gefegt und ihre Haare flattern wild im Fahrtwind. Die ätherischen Öle und der Wind treiben ihr Tränen in die Augen. Sie versucht mit einer Willensanstrengung, ihre Flugbahn zu kontrollieren, und zu ihrer eigenen Überraschung funktioniert das sofort. In den mondbeschienenen Sandstraßen tief unter sich sieht sie das mehrstöckige Backsteingebäude, mit seinen Schornsteinen und dem Flachdach, wo sie vorhin einbrechen wollten. Sie beschreibt eine Schleife, und schraubt sich tiefer herab, um zu versuchen, auf dem Gebäudedach zu landen. Sie spürt eine aufsteigende Panik, als sie dem Ziel rasend schnell näher kommt, und nicht weiß, wie sie überhaupt landen kann! In dem Moment verlangsamt sich jedoch auch schon ihr Flug, halbbewußt gesteuert. Ihre nackten Fußsohlen setzen auf dem Dach auf, aber sie ist immer noch so schnell, dass sie ein paar Schritte rennen muss, um sich abzufedern, bis sie schließlich stürzt und meterweit kullert, aber schließlich wohlbehalten liegen bleibt. Ihre Haare und ihr Hemdsaum flattern immer noch wie von einem geisterhaften Luftzug bewegt, scheinbar wirkt der Hexenspruch immer noch. Die Dünste der Flugsalbe umschweben sie unvermindert. May B. sieht sich mit klopfendem Herzen um, vielleicht gibt es ein Oberlicht oder eine Treppenhaus-Tür, woran sie erneut ihre Einbrecher-Skills erproben kann?



Erster Flugversuch


Die Orakelwürfel sagen, nein, weder noch. Also wird sie einen anderen Weg ins Innere finden müssen.

Sie robbt also zur Dachkante, und linst hinab: Unter ihr sind große Fenster des höchsten Stockwerks. Mit weichen Knien hangelt sie sich über die Kante, und beginnt wieder zu schweben, gleitet an der Fassade herunter bis auf Höhe des Fensters. Tastet nach der improvisierten Werkzeugtasche an ihrem Gürtel. Ein paar der Werkzeuge sind im Flug herausgefallen, sie hatte nicht daran gedacht, sie entsprechend zu sichern, sie ist schlecht vorbereitet. Mit den verbleibenden Geräten geht sie an die Arbeit, sich immer wieder umsehend zur nächtlichen Straße hinab: Shadrack hatte Recht mit dem Dreiviertelmond, es ist verflixt hell heute Nacht! Sie erreicht einen Mindesterfolg bei Thievery, und hinterlässt deutliche Spuren am Holz des Fensterrahmens, aber bekommt ihn ein stückweit aufgehebelt, genug, um ihre schmale Hand hindurch zu schieben und von innen zu öffnen!

Jetzt fragen wir die Orakelwürfel, ob von der Straße oder dem Town Square jemand sie dort oben sieht, an der Hausfassade schwebend. Genug vereinzelte Saloongäste sind immer noch unterwegs, und natürlich die Wachmänner, die ihre Kreise ziehen. (Umso aufmerksamer wahrscheinlich, denn die beiden Erschlagenen beim Lieferanteneingang sind sicherlich bereits gefunden worden!) Der Wurf sagt jedoch, dass May B. ungesehen bleibt, als sie durch das Fenster nach drinnen schlüpft.

Barfuß landet sie auf den kalten Stufen eines Treppenhauses. Nervös überlegt sie ihr weiteres Vorgehen: Sie wird noch Reserven für den Rückflug brauchen, also sollte sie es nicht übertreiben damit, ihre Hexenkünste hier drin anzuwenden. Damit ist der ursprüngliche Plan, Richter Gabriel zu finden und zu behexen eigentlich raus, denn auch das ist recht kräftezehrend. Sie fühlt sich plötzlich seltsam angreifbar ohne die Hilfe ihres Aufgebots, und stellt fest, wie sehr sie sich in den Wochen seit ihrer Flucht von Black River an diese Notgemeinschaft gewöhnt hat ...

Einen Research-Würfel wird sie in jedem Fall brauchen, um die Besitzurkunde zu lokalisieren. Ich würfle also Spellcasting, um Boost Research einzusetzen, und kombiniere diese Kraft gleich mal mit Shroud, um ihr vorsichtshalber zusätzlich den Stealth-Bonus zu geben. Ein Grunderfolg, May hat kurzzeitig Reseach W4, die Manitous wispern und tuscheln fast unhörbar, und dirigieren sie in die richtige Richtung. Ich würfle und komme auf eine 10, ein Raise! Die Hexe steuert also den großen Büroraum im zweiten Stock an, den das Aufgebot heute Nachmittag ausgespäht hatte, und folgt dem dämonischen Flüstern die Korridore entlang, zu einem der Räume, wo Aktenschränke stehen. Mit ihren Dietrichen knackt May B. auch dieses Schloss. Wohlsortiert, wie alles hier, findet sie in einer ledergebundenen Akte unter H wie Hodgins sowohl die Urkunde, als auch eine meisterliche Fälschung, in der Sweetrock Mining als der legale Besitzer des Strikes angegeben ist, die aber noch unfertig ist. Mit zitternden Fingern stiehlt sie die Akte, und schleicht wieder nach draußen. Nun muss sie nur noch ungesehen den Abflug machen.



Wir wissen ja schon, dass Personen hier übernachten. Gibt es Wachen, die im Inneren des Gebäudes ihre Runden drehen, die unserer Heldin auf die Schliche kommen könnten? Die Orakelwürfel sagen, nein! Zumindest jetzt gerade ist alles still ...

Mit hämmerndem Puls schleicht May B. zurück in das Großraumbüro, jetzt muss sie nur noch ein Fenster öffnen, um zu entweichen. Dann müssen wir noch feststellen, ob unten auf den Straßen immer noch alles ruhig ist, oder mittlerweile der Tatort Schaulustige angezogen hat, die den Abflug erschweren. May späht aus dem Fenster über der Cross Street, wo die Blutlachen auf den Hinterhalt vorhin hinweisen. Schleifspuren führen von dort weg, Sweetrocks Söldner oder die Law Dogs sind also offensichtlich bereits am Aufräumen. Ein einzelner Wachposten steht in nervöser Körperhaltung in der Nähe, mit einer Schrotflinte. Da die Orakelwürfel ein "Ja, und außerdem"-Ergebnis beschert haben, ist aber ansonsten alles erstaunlich ruhig, wahrscheinlich sind ein paar der Revolvermänner gerade unterwegs, um hektisch ihre Kollegen aus dem Schlaf zu rütteln. May B. unterdrückt ein nervöses Kichern, und schleicht geduckt zur gegenüberliegenden Fensterfront. Dort unten ist alles leer in den dunklen Gassen. Sie atmet eine Weile die Dünste der Flugsalbe ein, die ihre Klamotten an ihrer Haut kleben lassen. Ihr ist leicht schwindelig. Kurz fragt sie sich, wie stark die halluzinogene Wirkung der Flugsalbe ihre Wahrnehmung trübt, immerhin ist Eisenhut mit drin — am Ende liegt sie gerade in Wirklichkeit nur sabbernd in ihrem Herbergs-Kämmerlein und phantasiert das alles nur?! Na ja, morgen früh wird sie's ja wissen, anhand der gestohlenen Akte. Für einen Benny kaufe ich ihr fünf Powerpunkte zurück (sie ist nach Boost Research runter auf vier Punkte, das reicht nicht ganz, um Fly ohne Abzüge auszusprechen). Diesmal bekommt sie einen einzelnen Erfolg hin bei Spellcasting, hebt wieder ab, schwebt durch das geöffnete Fenster hinaus, und steigt höher, in einer etwas trudelnden Flugbahn. Unter Aufbringung all ihrer Konzentration fliegt sie so hoch, dass sie unmöglich noch aus den Straßen gesehen werden kann. Tief hängende Wolkenschleier schweben an ihr vorbei. Sie lässt sich über dem Stadtrand herab sinken, und landet, diesmal ganz langsam, im warmen Sand. Wie als wäre nichts dabei, schlendert sie zum Gasthaus zurück. Hier findet sie sogar ihren davon gewehten Cowboyhut wieder, und setzt ihn wieder auf. Auf Zehenspitzen schleicht sie sich zurück in ihr Herbergszimmerchen.


"... Sie haben was gemacht, Miss Wickett?", fragt Shadrack entsetzt.
"Die Urkunde besorgt, sind Sie schwerhörig?", wiederholt May B. grinsend, in halblauter Stimme.
Alle fünf stehen in der Nähe des Gasthauses vor einem der vielen, schmuddeligen Küchenzelte, in dem heißer Kaffee verkauft wird. (Ein Frühstück wird in der Herberge nicht angeboten, dafür ist sie viel zu klein.)
"Wie?! Etwa durch dieses Zeug, diese ..."
"Was glauben Sie, wie schwierig es ist, in Kalifornien Wolfswurz und Silberblatt zu finden! Da musste ich doch auf eine würdige Gelegenheit warten, um die Mixtur zum ersten Mal auszutesten! Ich würde sagen, mein Versuch war mehr als erfolgreich! Und das, obwohl ich das Kinderfett einfach weggelassen habe, ich hatte mir ja gleich gedacht, das ist nur abergläubischer Schnickschnack."
"Das war vor allem eine würdige Gelegenheit, einen aufgebrachten Mob zusammenzubringen! Sehen Sie sich nur mal um, verdammt nochmal, Miss Wickett! In einer Stadt wie dieser warten die Knallköppe nur auf eine solche Gelegenheit, um so richtig zu eskalieren!", raunt Shadrack.
"Kann man die Urkunde mal sehen?", will Byrd wissen.
"Ist auf meinem Zimmer, gut versteckt! Heute geben wir sie unseren 'Bündnispartnern wider Willen', und dann sind wir fertig mit der Sache, und können uns wieder unseren eigenen Angelegenheiten widmen."

War das Zurückstehlen der Urkunde ein Clue? Die FlexTale-Tabelle sagt ja, also sind wir hiermit weitergekommen bei unserer
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 4\5).


Es fehlt nur noch ein lausiger, kleiner Hinweis, um das Abenteuer abzuschließen. Womöglich müssen unsere Helden doch noch mit Hangin' Judge Gabriel interagieren dafür. Dieser letzte Schritt könnte aber auch bereits darin bestehen, die Kontaktmänner von der Blackjack-Gang überhaupt zu lokalisieren, um ihnen die Urkunde zuzuspielen — die Wild Cards wissen schließlich nicht, wer in der Stadt insgeheim ein Blackjack ist, und Victor Navarro und Spike Dougan haben sie seit dem Abend im Old Moon Saloon nicht mehr zu Gesicht bekommen. Ein neuerlicher Research-Wurf wird also nötig sein, den macht Mister Shadrack, mit Support durch Miss Wickett (sie verwendet Notice, um verdächtig erscheinende Blicke aufzufangen, oder vielleicht ein schwarzes Halstuch an irgendjemandem zu entdecken). Dank Mays Support gelingt Rex auch direkt ein Erfolg. Sie geraten an einen Waffenhändler namens Cletus Peacock, vor dessen Warenzelt gelegentlich schattenhafte Gestalten herumlungern, die angeblich Jagdsport-Enthusiasten sind, aber in Wirklichkeit Outlaws aus der Blackjack-Bande. Zwar stellen die Männer sich nicht vor, aber sie machen glaubhaft, dass sie mit den Navarros und Spike Dougan bekannt sind. Nachdem May B. ihnen unauffällig die ledergebundene Akte weitergegeben hat, brechen sie direkt auf: Heute wird bereits die Verhandlung sein, und für Hodgins kann das die Rettung in letzter Sekunde bedeuten. In dem großen Mannschafts-Essenszelt werden bereits Tische und Stühle vorbereitet für die Verfahren, und gemalte Schilder davor aufgestellt, die auf das heutige Gerichtsurteil hinweisen, komplett mit Getränkepreistafel; erste Sweetrock-Schürfer stoßen bereits auf den erwarteten 'Sieg der Gerechtigkeit' an, auf Howard Findley, und ein paar schießen gelegentlich salute in die Luft. Die Stimmung bei dem Essenszelt wirkt mehr wie bei einem Volksfest als wie bei einem legitimen Gericht.

Diesen letzten Clue habe ich versucht, bei einer sozialen Begegnung zu erhalten, bei solchen ist die FlexTale-Tabelle weniger freigiebig als bei relevanten Schauplätzen, man muss also hoch würfeln. Ich erziele eine 16 auf dem W20, was hierbei bedeutet: Dies war der letzte benötigte Clue, dies war also der Abschluss für unsere
Queste: Sweetrocks Machenschaften beim Hängen der Verdächtigen vereiteln (Clue Target 5\5).


Die Law Dogs werden also im letzten Moment Gelegenheit bekommen, die Besitzurkunde erneut zu prüfen. Bei der Verhandlung im gerammelt vollen Zelt erscheint Sheriff Coleman persönlich, ein Kerl mit wettergegerbtem Gesicht und Lederkleidung. Unter seinem strengen Blick scheinen diverse der anwesenden Aktenschmierer bei Sweetrock unwillkürlich eine Nummer kleiner zu werden.



J.P. Coleman, Sheriff von Gomorra


Steven Gabriel werden die Papiere vorgelegt, und die Beweislage macht ihm unmöglich, Levon Hodgins einfach als den Claim Jumper darzustellen. Mehrere der Sweetrock-Fritzen winden sich nervös in ihren Sitzen. Sie können kaum öffentlich damit auftrumpfen, dass diese Urkunden es waren, die bei dem feigen Einbruch letzte Nacht aus ihrer Zentrale gestohlen wurden, denn dann müssten sie ja erklären, woher sie die überhaupt hatten.

"Gleich kommt der Moment, wo Sweetrock Mining platzt wie ein häßliches Porzellan-Sparschwein unter einem Hammer!", flüstert May B. schadenfroh den vier anderen zu, während sie auf ihren mühsam ergatterten Stühlen im Zuschauerraum sitzen, "ich nehme an, Coleman zeigt gleich die gefälschte Urkunde herum! Das ist der Beweis, dass Sweetrock allesamt Betrüger sind, dieses Gericht eine Schande, und dass es damals bei Black Jack Jackson persönlich ganz genauso gelaufen ist!"
"Na, dann haltet mal Eure Hüte fest, Compadres!", freut sich Byrd.
"Das wage ich stark zu bezweifeln, Miss Wickett ...", grummelt Shadrack.

Und er behält Recht: Die Orakelwürfel geben an, dass die halbfertige Fälschung überhaupt keine Erwähnung findet! Die Law Dogs wissen, dass es den befürchteten, offenen Krieg mit Sweetrock heraufbeschwören würde, wenn sie derartig alle Register ziehen würden, also behalten sie die gefälschte Urkunde vorerst für sich.

Es kommt noch schlimmer: Bei der Frage, ob Levon Hodgins freigesprochen wird, sagen die Orakelwürfel — trotz größtmöglicher Wahrscheinlichkeit! — nein!


Steven Gabriel lässt sich nicht beeindrucken von der veränderten Beweislage, er hört ein paar Sweetrock-Funktionäre und einen eingeschüchterten Typen vom Claims Office an, dann erklärt er kurzerhand die vorgelegte Besitzurkunde für eine Fälschung, und spricht leidenschaftslos das Todesurteil aus.

Sheriff Coleman und mehrere seiner Deputies springen von ihren Stühlen auf, und Coleman ruft: "Sind Sie übergeschnappt, Mann? Diese Papiere sprechen eine klare Sprache, die können selbst Sie nicht ignorieren!"
Hangin' Judge Gabriel sieht ihn kalt an, und entgegnet, "Sie sollten es besser wissen, als derart die Schnauze aufzureißen, Sheriff! Ich verweise Sie dem Saal wegen Missachtung des Gerichts! Gerichtsdiener, entfernen Sie diesen Kerl, und seine Helfer."
Die Gerichtsdiener sind wie durch Zufall alles Revolverhelden aus Findleys Privatarmee. Die setzen sich umgehend in Bewegung, um Gabriels Befehl zu befolgen. Kurz sieht es so aus, als würden Coleman, der fette Deputy im Jeanshemd, und ein paar der anderen Gesetzeshüter die Waffen ziehen, und hier und jetzt eine Saalschlacht beginnen. Dann aber hebt der Sheriff seinen Arm, um seine Leute zurückzuhalten.
Coleman sieht Gabriel mit stählernem Blick in die Augen, und sagt laut, "Bei Ihnen, Euer Ehren, geht nicht alles mit rechten Dingen zu! Das wird alsbald ein Ende haben in meiner Stadt. Recht und Gesetz werden hier Einzug halten, koste es, was es wolle. Merken Sie sich meine Worte."

Nachdem die Law Dogs unter einigem Geraune aus dem Zelt geführt wurden, beendet Hangin' Judge Gabriel die Veranstaltung: "Sheriff Coleman hat wohl vergessen, dass mich eine Mission lenkt, um die allgegenwärtige Gesetzlosigkeit in meinem Bezirk einzudämmen, und zwar mit allen nötigen Maßnahmen! Die Regierung von Caine County und dem Territorium von Kalifornien gibt mir dabei Recht, dann sie haben mich eingesetzt. Sämtliche Urteile dieses Sammelverfahrens sind rechtskräftig und haben unmittelbar vollstreckt zu werden!"
Die Wild Cards werfen einen Blick hinüber zu den Angeklagten, Levon Hodgins sieht aus wie betäubt. May B. wischt sich stumm zornige Tränen aus dem Gesicht.
"Wie absurd!", flüstert Joycelyn ungläubig.
Die ersten Zuschauer beginnen, sich zu erheben, die weniger eleganten unter den Sweetrock-Anhängern applaudieren und johlen.
"Das war wohl nicht das Ende, was?", sagt Byrd halblaut, "Ich hab' so ein Gefühl, dass das heute im Gegenteil erst der Anfang war! Bald geht's erst so richtig rund!"

« Letzte Änderung: 11.12.2023 | 20:36 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #120 am: 30.07.2023 | 13:50 »
Kurz darauf erscheint John Bloody Knife bei seinen Verbündeten, und seine sonst so steinerne Mine lässt heute bei näherem Hinsehen etwas völlig Unerwartetes erkennen: Freudige Aufregung! Der Menschenzug von Joseph Eyes-Like-Rain hat endlich die Gegend von Gomorra erreicht. Ein paar leichtfüßige Scouts eilen der Indianer-Gruppe als Kundschafter voraus, und haben in der Wildnis nahe der Stadtgrenze zufällig John gefunden, und konnten ihm so Bericht erstatten.



John Bloody Knife ist begeistert, und will dem Menschenzug sofort entgegen gehen, und dem Rest seines Aufgebots die Ehre erweisen, ihn zu begleiten, wenn sie schwören, Verschwiegenheit zu wahren über alles was sie sehen. Immerhin haben sie mit ihrem Erscheinen ermöglicht, dass er aus dem Junkyard entkommen und es seinerseits nach Gomorra schaffen konnte. May B. beißt sofort an, sie hat nach wie vor ein glühendes Interesse an der Alten-Wege-Bewegung. Die anderen drei sind etwas vorsichtiger, aber willigen schließlich ebenfalls ein, mit vor die Stadt zu kommen, um zuzusehen, wie die Sioux Union ihren Einzug hält.


Bei diesem neuen Abenteuereinstieg erwürfele ich wieder alles wie im One Page Solo Engine beschrieben:
Das Ergebnis ist wieder Recover Something Valuable; diesmal will ich's genauer wissen und würfele weiter, und das Orakel sagt, der Antagonist dabei sei eine gegnerische Horde oder Streitmacht. Als Belohnung winken Geld oder Wertsachen. Das Zufallsereignis dabei ist, physischer Schutz für die Wild Cards.
Die Scene Complication ist: Gegnerische Streitkräfte stellen sich dem Aufgebot entgegen, das passt natürlich thematisch zum eben ausgelosten Setup, und meine Einstiegsszene wird obendrein verändert, und zwar laut Orakel durch unerwartete NSCs, die zugegen sein werden.


Hm! Die gegnerische Horde oder Streitmacht, um die es diesmal gehen soll, sind entweder die Südstaaten-Truppen, die den Menschenzug der Sioux schon seit dem Grenzübergang verfolgen, oder sogar Ravenites, jene Indianer, die dem Rabentotem dienen, um Josephs Friedensarbeit zu sabotieren. Die Orakelwürfel sagen ganz klar ersteres, also die Grauröcke, und obendrein sind mittlerweile einige Texas Rangers mit von der Partie, die gefürchtete und skrupellose Geheimpolizei der Konföderation!

Was mag das Wertvolle sein, das die Südstaatler den Indianern weggenommen haben — ein wichtiges Amtszeichen wie ein Häuptlings-Federschmuck, eine magische Waffe, schnödes Geld, eine Ladung Feuerwaffen, oder Pferde? Das Orakel sagt, es ist ihr Geld und ihre Tauschwaren. Es gibt hier erneut ein "ja, und außerdem"-Resultat, also entscheide ich mal, noch ein zweites Wertobjekt oben drauf zu legen, nämlich den traditionellen Medizin-Schild eines der Stammeskrieger. Wenn unsere Wild Cards die Tauschwaren zurückholen können, werden sie am Gewinn beteiligt. Physischer Schutz für die Wild Cards kann ja nur bedeuten, dass einige der Stammeskrieger der Sioux Union mit den SCs gemeinsam losziehen, um sie zu beschützen.

Draußen im felsigen Umland, beinahe in Sichtweite der Stadt, werden die Wild Cards wie erwürfelt jedoch auf feindliche Kräfte stoßen, noch bevor sie dem Menschenzug der Indianer ansichtig werden, und ein unerwarteter NSC soll wie oben angerissen auch dabei sein! Laut Orakel ist dies ein größerer Vortrupp der Südstaaten-Soldaten. Für ihren Anführer weiß ich schon was, frage die Orakelwürfel, und die bestätigen. Eine der Wild Cards erwartet daher eine ganz besondere Überraschung, in Gestalt eines alten Bekannten! Aber vorerst zurück zum Hier & Jetzt:



Tioga Joe, ein Komantsche aus Joseph's Gruppe


Einer der beiden Indianer-Scouts, die Gomorra als Vorhut erreicht haben, ist der Komantsche Tioga Joe. Er trägt Federn im Haar, aber dazu auch die graue Uniformjacke eines Südstaatlers — eine Trophäe, die er einem würdigen Gegner vor einiger Zeit nach einem Messerkampf abgenommen hat. Die Scouts haben zusammen mit den Wild Cards mittlerweile beinahe die Stelle erreicht, wo sie auf die Sioux treffen müssten. Nun verharrt Tioga Joe plötzlich mitten in der Bewegung, und lauscht. Verunsichert halten die anderen Charaktere ebenfalls inne.
"Etwas stimmt nicht", knurrt Joe, "ich höre Hufschlag!"
"Ja, und?", fragt Byrd halblaut, "das werden dann doch wohl die Pferdchen Eurer Leute sein, oder?"
Der Scout schüttelt angespannt den Kopf: "Nein, Bleichgesicht! Die meisten in der Gruppe gehen zu Fuß. Der Hufschlag da vorn ist laut, und schnell! ... Die Geister haben uns in den Kampf geführt!"
John Bloody Knife nimmt konzentriert sein Beil in beide Hände, und raunt: "Wer ist das, der sich Joseph Eyes-Like-Rain hier draußen entgegen stellt?"
May B. flüstert: "Womöglich die Blackjack-Bande!"
Tioga Joe schüttelt den Kopf, und raunt: "Vermutlich die Krieger aus den Südstaaten, die uns seit der Grenze nachgefolgt sind. Wir dachten, wir hätten sie mittlerweile endlich abgehängt!"

Und es stimmt natürlich: Als einige der Charaktere zwischen den Felsen hervor spähen, hören sie bereits die Revolverschüsse und aufgeregtes Pferdewiehern. Ein Trupp abgerissener Südstaatler, teils in ihren grauen Uniformen, teils in Zivil, hat gerade begonnen, die große Gruppe aus Wanderern unter Feuer zu nehmen. Die Pferde wirbeln so viel Staub auf, dass man hauptsächlich Schemen sieht. Die Indianer scheinen sich hastig zu formieren, um ihre Unbewaffneten aus der Schusslinie zu bekommen, und um das Feuer zu erwidern, mit Gewehren und mit Pfeil und Bogen. Es sind sehr viel mehr Ureinwohner hier als Südstaatler-Soldaten, aber die Mehrheit von ihnen scheinen arglose Wanderer zu sein, während die angreifenden Soldaten allesamt beritten sind und die Überraschung auf ihrer Seite haben.



Dieses Scharmützel können wir eigentlich mit einem Quick Encounter lösen. Unser Aufgebot kann der Kavallerie in den Rücken fallen, und den Sioux helfen, sie zu vertreiben, ohne dass es große Verluste gibt. Wenn es nicht gelingt, kommt es womöglich zu einer größeren Kampfsequenz, oder einer Verfolgungsjagd. Alle Wild Cards müssen also einen Skillwurf machen, und so viele Erfolge müssen zusammenkommen wie Wild Cards am Start sind. (Tioga Joe und die anderen Indianer-Scouts machen natürlich nach Kräften mit, sind dabei aber nur Schaufensterdeko, was die Spielregeln anbelangt.)

John und Rex machen also mit einem schnellen Wortwechsel einen Plan: Sie wollen es so aussehen lassen, als ob die Sioux die Kavallerie in die Zange nimmt, dafür stürmen John Bloody Knife, May B., und Tioga Joe in den Nahkampf, während die anderen aus der Deckung verborgen feuern. Alle wollen angreifen, um zu verwunden oder zu entwaffnen, außer John, der unverblümt in Kauf nimmt, ein paar weitere Skalps zu holen. Byrd und Shadrack würfeln also Shooting, und erwürfeln geneinsame vier Erfolge, Ballermänner fliegen den Kavalleristen nur so aus den Handschuhen, als diese ihre Gäule herumreißen, um die heranstürmenden Indianer anzuvisieren. Joycelyn packt May B. am Unterarm, als diese mit Bloody Knife und Tioga Joe losrennen will, und gibt ihr in flehentlicher Stimme mit, "lassen Sie sich nicht einkesseln, Miss Wickett! Das ist deren Kampf, nicht Ihrer, vergessen Sie das nicht! Gehen Sie mir ja keine Risiken ein da draußen!", und supportet die Hexe dadurch, generiert ihr locker einen +2-Bonus. May B. sieht Joycelyn fragend an, aber nickt dann schnell, und spurtet den beiden Indianern nach. Sie versucht auch nicht in den Nahkampf zu kommen, sondern gibt John und Tioga Joe Deckungsfeuer, und erzielt dabei einen Shooting-Erfolg. Als letzter ist John dran, der mit seinem Mitstreiter die Südstaatler erreicht, und mit lautem Kriegsgebrüll seine übergroße Axt hernieder fahren lässt. Er hat einen Fighting-Erfolg, und bringt dadurch mehreren der desorientierten Reitern klaffende Wunden bei.

Damit haben unsere Helden sechs Erfolge akkumuliert, was bei dem Quick Encounter bedeutet, ihr Plan hat funktioniert, die Grauröcke kriegen das Muffensausen, weil sie glauben, die Indianer hätten sie umzingelt, reißen ihre Pferde herum, und ziehen sich hastig zurück! Die Wild Cards husten im aufgewirbelten Staub, die Sicht ist nach dem Scharmützel so schlecht, dass man nur Schemen sehen kann. Keiner unserer Helden hat seinen Wurf im Quick Encounter versemmelt, was bedeutet, dass alle unverletzt geblieben sind außer vielleicht ein paar Abschürfungen und leichten Streifschüssen.

Aber an dieser Stelle hat der Solo Engine uns ja eine Begegnung mit einem unerwarteten NSC angekündigt! Die passiert jetzt:

Als Byrd und Shadrack sich zwischen den Felsen hervor wagen, galloppiert in der dahin ziehenden Staubwolke ein weiterer Reiter heran, hinter ihnen. Er hat sie mit scharfem Blick erspäht, und macht mit wehendem Duster Halt. Ein Blechstern in einem Kreis glänzt matt an seinem Mantelaufschlag, im wehenden Staub erscheint sonst alles an ihm irgendwie farblos, seine Uniformteile, der Schlapphut, die Haut, die Bartstoppeln. Er bedenkt die Pistoleros mit einem starren Blick.



Ein merkwürdiger Gesetzeshüter


"Bringen Sie sich besser auch in Sicherheit, Mann, zwischen den Felsen lauern nochmal ein ganzes Dutzend schießwütige Rothäute!", ruft Byrd versuchsweise.
"Du lügst", sagt der Reiter in nur halblauter Stimme, "alles dummdreistes Geschwätz, Luca Byrd!"
Byrd klappt den Mund auf und späht angestrengt in den hellgelben Staub, der wie ein Schleier durch die Szenerie zieht. Einen Moment scheint die Zeit verlangsamt zu verlaufen. Dann galloppieren ein paar Silhouetten hinter dem Sternträger davon, und von Ferne ertönt ein hastiges Trompetensignal. Der Unbekannte wendet sein scheuendes Pferd, und folgt seinen Truppen.
"Wer war das denn bloss?", fragt Joycelyn zitterig, als sie sich ebenfalls aus der Deckung vorwagt, und schwankend sicheren Stand auf dem Kies findet.
"Kein guter, alter Bekannter, wie es aussieht!", knurrt Shadrack, an Byrd gewandt.
"Ach ... ach nein ...?", fragt dieser, und sieht sich nach den beiden anderen um.
"Nein, weil Sie die Hände immer noch an den Friedensstiftern haben!"
Byrd steckt die beiden Pistolen in die Holster zurück, und zuckt nonchalant mit den Schultern, "nur ein Gesicht von damals im Bürgerkrieg! Scheint der Konföderation treu geblieben zu sein im Gegensatz zu mir! Ich wünschte echt, hier draußen in Kalifornien würden die Jungs sich weniger herumtreiben."
"Das war aber nicht nur ein Kämpfer der Konföderation, Mister Byrd", versetzt Shadrack mit belegter Stimme, "haben Sie nicht den Stern gesehen? Unsere Sioux hatten in der Zwischenzeit das große Pech, die Aufmerksamkeit von ganz oben auf sich zu ziehen!"
"Was meinen Sie, Mister Shadrack?", fragt Joycelyn ängstlich.
"Das war ein Texas Ranger", sagt er, "die Regierung beginnt, ihre Hand nach Joseph Eyes-Like-Rain auszustrecken."
« Letzte Änderung: 6.08.2023 | 03:47 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #121 am: 1.08.2023 | 19:44 »
Advances
Zwischenzeitlich haben die Wild Cards sich neue Advances verdient:
Shadrack: Improved Fan the Hammer-Vorteil
Byrd: Rapid Fire-Vorteil
May B.: Fleet Footed-Vorteil
Joycelyn: Spirit ➜ W8
John: Defender-Vorteil

Den Defender-Vorteil habe ich übrigens beim Rollenspiel zu Iron Kingdoms abgeschaut. Für John perfekt, um für andere im Nahkampf den Bodyguard zu spielen, insbesondere natürlich für seinen berühmten Vater. So funktioniert er in meinen Runden:

Defender
Requirements: Novice, Fighting d8+, Spirit d6+.
Once per round, when a friendly character within 4‘‘ of this character is hit with an enemy attack, immediately after the attack has been resolved this character (if not Shaken or Stunned) can advance toward the enemy character, up to 2‘‘, and make one free melee attack. (This extra movement doesn‘t count against his regular movement this round.)


Bei den indianischen Wanderern herrscht belegte Stimmung, niemand ist tödlich verletzt worden, aber es gibt eine Reihe Verwundeter. Der Staub legt sich, und der erstaunte Blick der Neuankömmlinge fällt nun auf über vierzig Männer und Frauen. Die meisten sind in traditionelle Indianerkleider gehüllt, mit Fransenhemden oder Ponchos, viele tragen Federn im Haar. Ihre Habe tragen sie auf den Rücken, oder festgezurrt auf Packpferden.
"Es sind ja noch mehr geworden seit wir Utah durchquert haben!", ruft John Bloody Knife laut aus.
"Die ersten Angehörigen kalifornischer Stämme sind zu uns dazu gestoßen. Und wir werden alsbald noch mehr werden. Heute treffen wir den großen Häuptling Wise Cloud von der Notwendigkeits-Allianz. Er repräsentiert die Indianerstämme des Great Maze", sagt eine Stimme, sie klingt ruhig, unbeirrbar, während der Sprecher zwischen den vielen Sioux-Kriegern hindurch tritt.
John Bloody Knife strafft sich sichtlich, als der alte Mann ihm gegenüber Halt macht.
"Und hier treffen wir auch Dich wieder, John Bloody Knife! Am Ende warst Du gar schneller als der Rest von uns! Die Uwannami haben mir dies zugeflüstert, aber ich hielt es für einen ihrer Späße, ich habe es nicht recht glauben wollen!"
"Mein Vater, Joseph Eyes-Like-Rain!", ruft John.
"Mein Sohn!", erwidert dieser, und legt ihm die eine Hand auf die massige Schulter.



Joseph Eyes-Like-Rain


Dann müssen sie beide plötzlich lachen und umarmen sich, ganz unförmlich. Die Umstehenden lachen auch. Einige jüngere Krieger johlen laut, sie hätten offenbar nicht erwartet, Josephs Sohn je wieder zu sehen.
"So eine heitere Bande!", sagt Byrd verschmitzt.
"Was ist aus Eurer Mission geworden?", fragt Joseph auf Algonkian, "eine Handvoll ist gegangen, und einer nur kommt nun zurück?"
Ebenfalls auf seiner Heimatsprache entgegnet John: "Der Hexer Whateley ist mächtig gewesen, Vater, und der Glaube meiner Mitkämpfer in die Alten Wege war schwach. So wie auch meiner dereinst ... Ich bin der einzige, der den Weißen entkommen ist. Der Hexer Whateley ist dennoch getötet worden, oder jedenfalls gebannt. Diese vier Weißen haben mir geholfen, und mich von den anderen Weißen in der Düsteren Stadt befreit. Seitdem reise ich mit ihnen."
"Dann ist es gut. Wir wollen Freundschaft mit denen halten; auch jetzt haben sie uns geholfen. Es freut mein altes Herz, dass Du wieder bei uns bist!"
"Ich weiche nicht mehr von Deiner Seite, mein Vater. Diese Stadt mit Namen Gomorra ist eine Schlangengrube! Männer und Frauen aller Hautfarben bekämpfen sich allzeit gegenseitig. Ihre Gier nach Feuerwasser und Ghost Rock beherrscht sie alle!"
"Es ist, wie die Geister mir vorhergesagt haben, dass es sein würde. Nun, da wir alle miteinander angekommen sind, beginnt unser großes Werk."

Ein anderer Krieger tritt an die Sprechenden heran: Dieser trägt sein Haar als rot gefärbter Mohawk, und ist anders gekleidet als die Sioux mit ihren Fransenhemden.
"Eagle Rock grüßt John Bloody Knife", sagt er auf Englisch, er klingt streng.
"John Bloody Knife grüßt Eagle Rock", knurrt dieser zur Entgegnung.
Diese beiden Männer scheinen keine Freunde zu sein.
Eagle Rock schaut zwischen John und den anderen Neueingetroffenen hin und her, und fährt fort: "Es steht nicht gut mit den Kriegern der Südstaaten! Dies war nur ein Teil ihrer Gruppe. Ein anderer Teil hat uns vorhin bei unserer Rast angegriffen. Die Hunde, sie haben uns einen Karren genommen, auf dem die meisten unserer Güter waren! Einige der Zelte, Tauschwaren, und die Taschen mit dem Geld des Weißen Mannes, dem wir uns auf dieser Reise bedienen müssen. Noch dazu Hope In Winter's ererbter Medizin-Schild! Ohne all das werden wir unser Lager nicht lange aufrecht erhalten können! Hier draußen gibt es wenig Jagdbeute zu machen, und wir haben mittlerweile viele Münder zu füttern."
"Es ist, wie ich eben zu meinem Vater sagte: Die Gier der Wasichu kennt keine Grenzen!", murrt John, nun auch wieder auf Englisch.
Eagle Rock erwidert, "Ich nehme an, dass es nicht blosse Gier war, sondern eine Kriegslist. Sie haben längst verstanden, dass sie nicht einfach mit ihren vielen Donnereisen schießen können um uns bange zu machen und in die Flucht zu schlagen. Sie versuchen, uns auszuhungern, um uns zum Umkehren oder zum Aufgeben zu bewegen."
"Närrisch", lacht Tioga Joe grimmig, "neues Geld ist schnell gemacht!"
"Oder noch einfacher", ergänzt John stoisch, "wir holen uns unser Eigentum einfach von ihnen zurück!"
"Au ja!", freut sich Byrd, und reibt sich die Hände.
« Letzte Änderung: 17.08.2023 | 17:45 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #122 am: 1.08.2023 | 22:33 »
Während also die erschöpften Wanderer ihren Zeltplatz ansteuern, um zu beginnen, ihr Lager zu errichten, und das wichtige Zusammentreffen mit Häuptling Wise Cloud vorzubereiten, machen sich unsere Helden daran, die geraubten Wertsachen und den Medizinschild wiederzubeschaffen. Neben Tioga Joe erklären sich noch zwei weitere Scouts sofort bereit, das Aufgebot zu begleiten.


Die Spur des Karrens führt in eine kleine, felsige Klamm hinein, rotorange Felsen ragen zu beiden Seiten auf. Dieser Ort wird Duval Canyon genannt, und die Sioux haben ihn unterwegs instinktiv gemieden, weil etwas Böses davon auszugehen scheint. Die Spuren sind jedoch deutlich zu lesen: Die Soldaten hier waren allesamt zu Fuß unterwegs, während ihre berittenen Kumpane ihren neuerlichen Angriff auf den Menschenzug vorbereitet hatten. Wahrscheinlich verschanzen sie sich jetzt in der Klamm, und erwarten weitere Befehle.

Diese Mission spiele ich wieder mit den abgewandelten Regeln von Shadows of Brimstone. Diesmal gibt es jedoch keine Mine zu erforschen, wie bei Denver, sondern einen Canyon, so wie sie im "Blasted Wastes"-Erweiterungsset daher kommen. Für Begegnungen verwende ich diese Tabelle per Spielkarten-Ziehung:

Begegnungen im Duval Canyon
2-5=Soldaten-Patroullie (P-Würfel)
6-10=Soldaten-Trupp (P-Würfel+2)
Bube-König=Walkin' Dead (2xP-Würfel)
As=Bone Fiend (1)
Joker=Zwei neue Karten ziehen, um zwei Arten von Begegnungen zu ermitteln, die beide gleichzeitig geschehen.

(P-Würfel steht hier für Peril-Würfel, das ist ein spezieller W6 aus dem Brimstone-Grundspiel, der bei 3 beginnt, und der dort verwendet wird, um die Truppenstärke von auftauchenden Gegnern auszulosen.)

Ich spiele erneut die Basis-Mission, es gilt also, die ersten drei Exploration Token mit roten Hinweis-Symbolen aufzudecken. Die erste zwei solchen Token stehen für die Spur des Diebesguts, das dritte repräsentiert das Diebesgut selbst.

Anstelle der Scavanging-Regeln aus dem Brettspiel nehme ich diese Tabelle:

Segment durchstöbern
Segmente, die noch keinen Scavanged-Marker haben, können von Helden nach Nützlichem durchsucht werden. Beim Durchsuchen wird Notice gewürfelt. Bei einem Erfolg wird eine Karte gezogen, bei einem Raise gleich zwei (beide Karten gelten). Karten werden mit dieser Tabelle verglichen:
2-8—Hier ist nichts. Das Segment wird markiert als Scavanged.
9-10—Garstige Entdeckung. Der betreffende Charakter muss gegen Nausea würfeln, mit dem Furcht-Abzug des Minenabschnitts. Bei einer Pik-Karte ist die Entdeckung ein Clue für laufende oder künftige Questen. Das Segment wird markiert als Scavanged.
Bube-Dame—Geringfügiger Fund. Der betreffende Charakter erhält Münzen, Goldnuggets, oder Goldstaub im Wert von $1W10. Das Segment wird markiert als  Scavanged.
König—Nützliche Entdeckung. Der betreffende Charakter zieht eine Equipmentkarte. Das Segment wird markiert als Scavanged.
As—Etwas Glänzendes. Schwarze Karte=Das betreffende Segment wird mit einem Ghost-Rock-Marker gekennzeichnet. Um Nuggets abzubauen muss eine Spitzhacke, Schaufel, oder Stemmeisen ausgerüstet sein. (Allies können dies übernehmen!) Ein Strength-Erfolg dabei lässt den 'Rock einstreichen (und den Spielmarker ablegen). Rote Karte= Der Charakter erhält eine Equipmentkarte. Das Segment wird in jedem Fall markiert als Scavanged.
Joker—Relikt. Der betreffende Charakter erhält die nächstbeste Karte mit dem Eintrag Relic aus dem Equipment-Stapel. Das Segment wird markiert als Scavanged.



Wir im Brettspiel muss zu Beginn jeder Runde ein SC mit Lichtquelle einen Wurf schaffen, damit nicht der Darkness-Marker auf dem Depth Track vorrückt, was dem Aufgebot konstant Beine machen dürfte.


Duval Canyon
Gespenstische Felsenklamm im Gomorra Valley — Furcht-Level 3



Nach halbstündigem Fußmarsch kommt der Eingang der Klamm in Sicht. Dann und wann dringen vereinzelte Geräusche hinaus, von zahlreichen Echos verzerrt ... sind das nur herab polternde Steine, oder auch das heisere Gurgeln ausgetrockneter Kehlen? May B. und Tioga Joe wechseln einen Blick, sie beide haben ein instinktives Gefühl von dräuendem Verhängnis.
"Weiß irgendjemand Näheres über diesen Duval Canyon?", raunt die Hexe.
Tioga Joe schüttelt den Kopf: "Noch sind wir Fremde in diesem Land! Alles, was ich zu hören bekam, war von den Tlingit. Einige von denen haben sich uns vor Kurzem angeschlossen. Sie sagen, ihre roten Brüder tun gut daran, diese Schlucht zu meiden. Sie sagen, ein paar Ahnengeister der Bleichgesichter würden dort hausen, ewig getrieben von ihrer Habgier nach Gold ... obwohl sie schon tot sind!"
"Ich würde mich nicht wundern, wenn da was dran ist", murmelt Shadrack nervös und zieht eine seiner Hex Guns, "wir haben schon erlebt, wie verseucht von Walkin' Dead die Landstraßen des Gomorra Valley derzeit sind!"
"Na, da haben sich unsere wackeren Grenzschützer ja einen tollen Ort ausgesucht, um sich zu verstecken!", raunt Luca Byrd, "am Ende müssen wir die Tunichtgute noch davor retten, dass die Untoten denen in die Hacken beißen!"
"Umso besser", knurrt John Bloody Knife entschlossen, "mein Beil braucht neue Walkin' Dead, die es spalten kann, zu Ehren der Erdgeister!"


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Bereit, in den Canyon vorzudringen, und das mittlerweile sogar bemalt: Byrd, Shadrack, Joycelyn, May B., und in vorderer Reihe John Bloody Knife. Die Allies sind unbemalte Indianermodelle aus Zombicide's "Dead West"-Box.


Runde1: Weisen wir die drei indianischen Allies mal John Bloody Knife zu, sie agieren also in seinen Zügen. Alle drei rennen lautlos tiefer in die Klamm, und ihr Blick fällt auf eine geradlinige Passage, die tiefer hinein führt. May B. Folgt ihnen, sich vorsichtig umschauend, und findet (laut meiner Tabelle) ein paar ehemals schicke Cowboystiefel im Staub. Das trifft sich gut, denn ihr Schuhwerk ist nach all den Reisen recht zerfleddert. (Sie passen wie angegossen — es handelt sich um Abenteurerstiefel, die sie künftig Einser bei Würfen mit ihrem Running Die einmal wiederholen lassen, schnieke!) Die anderen drei folgen den Scouts nach, mit erhobenen Schießeisen.



Johns Modell ist aus dem Conan-Brettspiel, ich habe ihm an den Gürtel noch ein Bündel Knochenspeere von Kingdom Death geklebt.


Runde 2: Vor John weitet sich die langgezogene Klamm plötzlich zu einem überwucherten Talkessel, wo mächtige Echeverien sich in den bewölkten Himmel empor recken. Dazwischen könnte sehr einfach ein Karren mit Diebesgut versteckt worden sein ...!



Die drei Scouts spurten ihm nach und sichern mit ihren Bögen hastig in alle Richtungen ab. Hier wird das erste Exploration Token platziert. Als alle aufgeschlossen haben, wird es aufgedeckt. Und Bingo, hier ist unser erster Hinweis bereits: Ein rotes Clue-Icon. Karrenspuren führen deutlich durch die Dickblattgewächse, und ein paar der Häute und Felle, welche die Indianer als Handelswaren mitgebracht hatten, sind hier herab gefallen.
"Die weißen Vipern gatten es eilig, als sie hier hindurch gekommen sind", sagt Tioga Joe nachdenklich, während er über die Spuren gebeugt ist, und schaut beunruhigt zu seinen Gefährten auf, "... als wären sie geradezu auf der Flucht gewesen!"



Außerdem gibt's laut dem Exploration Token hier zwei Ereignisse. Das erste konfrontiert die Helden mit einem Schwarm von Sandskorpionen, die überall zwischen den Gewächsen hervor krabbeln, und zu stechen versuchen! Ich würfle schnell ein Quick Encounter, in dem alle Charaktere Strength würfeln, um die Biester zu zertrampeln, und es gelingt fast allen, nur einer der Indianerscouts nimmt 15 Schaden (die Skorpione im Deadlands-Buch machen zwar nur 1+W4 Schaden, aber es fallen drei Vierer in Folge auf dem W4!). Die arme Sau kriegt einen allergischen Schock, und klappt zusammen. Immerhin rettet ein Vigor-Wurf ihn vor dem verfrühten Ableben. Als die Indianer noch versuchen, ihrem Stammesbruder zu helfen, geht aus den tief hängenden Wolken schlagartig ein sintflutartiger Regen nieder.
John instruiert schnell die andere Kundschafterin, sich um den gestochenen Kameraden zu kümmern, und ihn aus dem Platzregen hinaus zu schleifen.
"Warum kehren wir nicht alle zurück?", ruft Joycelyn über das Tosen des Regens, "der Mann da braucht doch ärztliche Versorgung ... oder zumindest einen Medizinmann!"
John entgegnet: "Wenn wir flüchten, nehmen wir in Kauf, dass die Walkin' Dead den Südstaaten-Kriegern der Garaus machen — und unsere Waren ganz verloren gehen! Sioux-Kundschafter sind tapfer! Werden überleben!"

Runde 3: Luca Byrd holt seine Gaslaterne hervor, entzündet sie, und winkt die sechs verbleibenden zu sich, sie sollen zusammenbleiben, in den Regenschleiern sieht man kaum die Hand vor Augen. Längst sind alle durchnässt bis auf die Knochen. Vor ihnen weitet sich die Schlucht noch mehr. May B. in ihren neuen Stiefeln und John setzen sich an die Spitze, sichern mit Colts und Kriegsbeil nach vorne ab. Die Kundschafterin zerrt derweil den ausgeschalteten Kameraden zurück in die Richtung wo das Aufgebot her kam, raus aus dem strömenden Regen.

Die Exploration Token meinen es gut mit den Wild Cards, denn hier findet sich bereits der zweite Hinweis. Ein Ereignis gibt es obendrein: Zahllose fette, schwarze Geier hocken unter den Überhängen an den Schluchtwänden, und glotzen gierig auf die Neuankömmlinge hinab. Nach dem Regen scheinen sie auf reichlichen Fraß eingestellt zu sein. Ihr garstiges Gekrächze wirkt wie ein dunkles Omen. Byrd hebt die Laterne höher in den dicken Regenfäden, und ruft: "Na, lasst Euch doch nicht von den Pleitegeiern aus dem Konzept bringen! Schu, schu, haut ab Ihr Fettsäcke!" (Sein Spirit-Wurf sorgt dafür, dass der Darkness-Marker nicht weiter vorrückt.)

Runde 4: Die Hexe wagt sich weiter vor, und hinter der rechten Abzweigung liegt ein Wasserfall, dessen Tosen sich unter das des Starkregens mischt. Alle anderen schließen auf.



Yee-Haww, das Exploration Token zeigt diesmal einen Angriff! Die Knochen im Ufer-Kies beginnen zu rappeln und zu klappern, ganz von selbst. Binnen Sekunden setzen sie sich zusammen zu einem Schreckensbild, das einige unserer Helden schon einmal gesehen haben — einem Bone Fiend! Byrd verpatzt unerwartet seinen Mut-Wurf, als das Ding im Regen sich genau neben ihm zusammen setzt! Er presst sich seinen Hut auf den Kopf, macht große Augen und bläst die Backen auf, und sucht entsetzt sein Heil in der Flucht! Er kommt bis zum Durchgang, wo noch Joycelyn, Shadrack, und Tioga Joe stehen, und prallt unsanft mit der Sängerin zusammen. Alle anderen schaffen den Wurf gegen den Terror. May B. murmelt einen Hexenspruch, und schleudert einen grellblauen Blitz auf die nassen Knochengebilde, und sprengt Rippen und Wirbel auseinander, die Erscheinung wird Shaken.

Byrd glotzt der verdatterten Joycelyn ins Gesicht, dann sammelt er sich, und wendet sich um, zwingt sich, durch die Wasserfall-Gischt dem knarrenden, klappernden Biest wieder entgegen zu gehen. Er zieht die Gatlingpistole mit der freien Hand, hebt die Laterne höher, und feuert mit zusammengebissenen Zähnen. (Er darf hierbei keine Einser auf seinem Shooting-Würfeln würfeln, denn May B. und John stehen als Innocent Bystanders in der Nähe, also gebe ich zwei Bennies aus, bis ich einen Wurf ohne Einser kriege.) Die Salve aus Captain Hutchinsons Bündellaufpistole zerfetzt einige der weiteren zentralen Verbindungsstellen des Knochengerüsts, und es fällt in sich zusammen!

Shadrack eilt neben Byrd, und schreit über das Brausen von Regen und Wasserfall dem Indianerkrieger zu: "John! Jetzt ist es angreifbar! Vernichten Sie es!", und er supportet den Krieger mit einem Notice-Wurf. Nur Shadracks Phobie-Abzug wegen menschlicher Gebeine verhindert, dass das Resultat ein Raise ist (also gebe ich Shadrack einen Benny für seinen Nachteil). John nickt, prescht heran, aber verfehlt, obwohl ich all seine Bennies in seinen Angriffswurf buttere. Der Blitzzauber der Hexe hat ihn sichtlich zu sehr abgelenkt. Damit ist die kurze Gelegenheit auch schon wieder vorbei, der Bone Fiend ist am Zug, erholt sich von Shaken, und setzt sich ächzend und wirbelnd wieder zu neuer Gestalt zusammen! Er lässt eine übergroße Sense aus scharfkantigen Knochenteilen entstehen, und schwingt sie gegen den Indianerkrieger. John nimmt zwei Wundlevel, von denen er keine absorbieren kann, weil ihn sein verzweifelter Hieb eben ja alle seine Bennies gekostet hat!
Joycelyn schreit von weiter hinten: "Er schafft's nicht! Sie müssen es zerschießen, Mister Byrd!", und supportet den Gunslinger mit einem dicken Bonus.



Runde 5: John fletscht wütend die Zähne, wirbelt sein beidhändiges Kriegsbeil über den Kopf, und lässt es mit Schwung niederfahren, und es durchtrennt knorrige Schienbeine und Wirbelsäulen, und das schreckliche Konstrukt fällt zu seinen Füßen erneut zusammen! Byrd nickt, "recht so, wir machen ihn gemeinsam nieder!", steckt die Gatling weg und zieht einen seiner alten Peacemaker, und schießt zielgenau auf die offen gelegte Schwachstelle des Monstrums, lässt sie in Stücke zerspringen. Regennasse Knochensplitter des ganzen Scheusals explodieren als Geschosse in alle Richtungen! Byrd und Bloody Knife reißen die Arme hoch und kauern sich zusammen, und nur ihre Kleidung wird zerschlissen und sie kassieren eine Reihe kleiner Schnittwunden. Das Monster ist zerlegt!

Joycelyn eilt zu Byrd und hilft ihm mit zitternden Händen auf. May B. eilt zwischen den anderen hindurch, und entdeckt eine längere Passage im Fels.

Runde 6: Die Hexe durchsucht die neue Passage mit ihren Adleraugen, aber hier ist nichts aufzulesen. Rex Shadrack sieht sich in den Trümmerstücken des Bone Fiend um, und fischt etwas aus dem nassen Unrat: Ein indianisches Kriegsbeil, geschmückt mit bändern und zahlreichen Adlerfedern! (Er hat beim Suchen einen Joker gezogen und ein Relikt erhalten!)
"Meine Damen und Herren, wir scheinen auf der rechten Spur zu sein! Dies muss das Scheusal von dem Karren erbeutet haben! Ob die Konföderierten überhaupt noch leben, ist ungewiss, wenn so etwas sich hier herumtreibt."
John zieht sich ein paar Fingerknöchelchen aus der breiten Schulter, und schaut mit großen Augen auf den Fund: "Ein geheiligter Tomahawk! Ich glaube nicht, dass der auf dem Karren war."
Byrd eilt voran, und vor ihm und May B. öffnet sich eine T-förmige Gabelung.
"Sehen Sie Fährten in dem bedepperten Regen? Links oder rechts?", fragt er.
Die Hexe und Tioga Joe zucken beide ratlos die Schultern.

Runde 7: John joggt den anderen hinterher zur Abzweigung.
"Du kannst tatsächlich das Wetter verändern, May B. Wickett! Aber etwas sagt mir, dass dies nicht die Medizin gütiger Geister ist ...!"
May B. fängt den Blick des Kriegers auf, weiß nicht recht, was sie entgegnen soll. Für Erklärungen ist jetzt gerade sowieso keine Zeit ...
Byrd leuchtet mit der Laterne und wendet sich intuitiv nach links, wo die Klamm auch direkt wieder breiter wird. May B. spurtet ihm neugierig nach. Auf diesem Segment wird wieder ein Exploration Token hingelegt, und es ist der dritte Hinweis! Das bedeutet, hier steht der gestohlene Karren, und dazu sieben der abgerissenen Soldaten. Sie tragen größtenteils zivil, und scheinen durch den Kampf des Aufgebots mit dem Bone Fiend bereits alarmiert!



"Drecks-Rothaut!", schreit der Anführer May B. an, "wir stopfen Dich aus und stellen Dich ins Museum in Richmond!"

Confederate Soldier
A raggedy group of border soldiers and mercenaries, stubbornly fighting for the Confederate interests out in California.
Attributes: Agility d6, Smarts d4, Spirit d6, Strength d6, Vigor d6
Skills: Athletics d6, Common Knowledge d6, Driving d4, Fighting d6, Gambling d4, Notice d6, Persuasion d4, Riding d6, Shooting d6, Stealth d6, Survival d4
Pace: 6; Parry: 5; Toughness: 5
Hindrances: Mean (The constant hardships of war made them pretty much into complete assholes), Obligation (Minor: Confederate Army), Prejudiced (Minor: Most of these gunmen are quite racist, especially towards blacks, Indians, and Mexicans)
Edges: Soldier
Gear: Winchester '76 (Range 24/48/96, Damage 2d8, RoF 1, AP 2), knife (Str+d4), $d8, mix of uniform parts and leather trail clothes.

Runde 8: Dennoch sind sie mehrheitlich etwas aus dem Konzept gebracht, ihre Aktionskarte ist nur eine zwei. May B. Ist zuerst dran, sie zeichnet eilig ihre Schutzzeichen vor sich in die Luft und spricht Protection auf sich, und dann Speed auf sich und Mister Byrd. In die Speed-Kraft baue ich Quickness mit ein als Power Modifier, was sie und Byrd übernatürlich schnell macht. Byrd tritt neben sie, und ruft gut gelaunt aus: "Ergebt Euch, oder wir lassen Euch ein Pfützenbad nehmen!", und er ballert dreimal, zielt auf Waden und Schienbeine, dank dem Hexenzauber nur mit -4 statt mit -6. Zwei Soldaten gehen verwundet zu Boden.
Brüllend kommt John Bloody Knife aus der engen Klamm geprescht, wirft sich unter die Bleichgesichter, platziert sich so, dass sein Sweep gleich drei davon treffen kann, und kommt auf ein Raise. Alle drei werden durch den Streich niedergemacht!
Shadrack rennt hinterher, und knallt einen der verbleibenden Soldaten um. Ein einziger letzter ist übrig, der angreifen kann auf der Aktionskarte des Trupps. Dieser hat endlich sein Gewehr hochgerissen und feuert auf Tioga Joe, aber verfehlt.

Runde 9: Byrd lacht den Kerl aus: "Och kommen Sie schon, glaubt doch keiner, dass Sie damit umgehen können!", und sein Taunt-Wurf wird ein Raise.
Der Soldat wirft sein Gewehr weg, und hebt die Hände.
« Letzte Änderung: 17.08.2023 | 17:53 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #123 am: 3.08.2023 | 20:51 »
Shadrack hält dem Soldaten beide Pistolenläufe ins Gesicht, und sagt, gerade laut genug, um es über das Prasseln des Regens zu verstehen, "Jetzt ist Schluss mit Südstaaten-Aufstand. Von wem habt Ihr Kerle Eure Befehle? Diesem Texas Ranger?"
"Ich sag' Dir gar nichts, Du Yankee-Sau!", schimpft der Gefangene, wenn auch kraftlos.
"Für Dich geht's hier um alles oder nichts, begreifst Du nicht? Konzentrier' Dich, beantworte meine Frage! Was wollen die Texas Rangers von den Sioux? Kann Euch Witzfiguren doch egal sein, was die machen, noch dazu hier draußen in Kalifornien, die Sioux Nations sind doch wohl ein Problem der Nordstaatler! Wie heißt der Ranger, der Deine Kollegen von der Kavallerie anführt?"
Wasser rinnt von Shadracks Zylinderkrempe und der Spitze seines schwarzen Bartes, sein Blick wirkt durchdringend.
"Wir sind eigentlich nur eine Grenzpatroullie! Diese Sioux, die haben sich bei der Sierra Nevada verdammt verdächtig gemacht! Ein ganzer Volksumzug ist das ja, und ständig sind sie uns wieder entwischt! Als wäre da Hexerei im Spiel, irgendein Schabernack! Und die Sioux sind verdammt nochmal auch unser Problem, wenn sie sich in Kalifornien rumtreiben, denn Kalifornien gehört bald der Konföderation! ... Der Ranger hat das Kommando spontan übernommen vor ein paar Tagen. Die Sache muss schließlich aufgeklärt werden! An die fünfzig oder so heidnische Scheißgesichter hier draußen, die führen doch was im Schilde! Der Ranger ist wohl ursprünglich wegen was ganz anderem hier unterwegs. Wissen wir nicht. Wahrscheinlich Geheimsache!"
"So, so. Irgendwas mit irgend einem gottverdammten Deserteur vielleicht ...!", sagt Shadrack mit einem fiesen Lächeln, und wirft Mister Byrd einen herausfordernden Seitenblick zu, "wie heißt der Kerl?"
"Jim Smith! ... Irgendein Deserteur? Weiß ich doch nicht! Sicher alles Geheimsache! Er ist verdammt nochmal ein Texas Ranger, Sie Yankee-Abschaum, der hält alles unter Verschluss! Er hat immer nur mit unserem Captain geredet, unter vier Augen! Augenscheinlich ging's für uns alle nur um die dreckigen Rothäute! Wir wollten uns regruppieren, um uns als nächstes mit deren Krempel zurückzuziehen, zum nächsten konföderierten Fort."
"Jim Smith, ja?", fragt Shadrack, wieder an Byrd gewandt, der aber nur bedröppelt guckt.
"Also dann. Sie scheren sich besser pronto zurück nach Dixieland, zu Ihren hinterweltlerischen Gesinnungsgenossen. Hier draußen ist der Westen ein wenig zu wild für Ihre Truppe. Oder?", fragt Shadrack den Gefangenen mitleidlos.
May B. watet durch eine der Wasserlachen näher, und sagt, "Wollen Sie das Pack etwa ungestraft entkommen lassen? Eben wollten die Mistkerle mich noch ausstopfen für ihr Museum!"
"Ich glaube, die sind gestraft genug", entgegnet Shadrack geringschätzig, und nimmt mit theatralischer Geste die Pistolen hoch.
Der Gefangene atmet unwillkürlich auf, aber behält den Blick gesenkt.

Die Wild Cards verzurren wieder alle Ware auf dem Karren, und überprüfen auch die ledernen Taschen mit dem Bargeld der Sioux. Der Regen hört ähnlich plötzlich wieder auf, wie er eingesetzt hat. Die Angeschossenen werden provisorisch verarztet, damit sie nicht leer laufen; aber Shadrack und May B. nehmen den Erschossenen jeweils eins ihrer Winchester-Gewehre weg. Die sind in ihrem Besitz jetzt wohl nützlicher.
"... Den Bone Fiend haben wir für Euch weggeräumt, Jungens, an dem Wasserfall könnt Ihr jetzt wieder gefahrlos vorbei!", verkündet Byrd und tippt sich freundlich an die Hutkrempe.
May B. ergänzt grimmig, "Aber seht bloss zu, dass Ihr noch ein Weilchen wartet, bis Ihr aus dem Canyon raus latscht. Wir werden nun mal leicht nervös, wenn wir unangekündigt Schritte hinter uns hören! Ihr habt ja gesehen, was dann passiert."
Die entwaffneten Soldaten bedenken sie mit wütenden Blicken.
Byrd winkt ab, "Na ja, nix für ungut! Und überlegt Euch lieber künftig zweimal, ob Ihr hier draußen Indianer beklauen wollt!"


Auf einer grasbewachsenen Ebene in Sichtweite der Stadt haben die Sioux sich einen Lagerplatz gewählt. Hier werden ihre Verwundeten versorgt und an Feuerstellen Essen zubereitet. Die ersten der Tipis stehen bereits, und viele weitere sollen offensichtlich umgehend folgen.



John Bloody Knife übergibt in feierlicher Geste einer der anderen Sioux ihr Erbstück, den Medizinschild. Ihr Name scheint Hope In Winter zu sein. Mit sehr ernstem Gesicht lehnt sie ab, und erklärt etwas auf Algonkin: Sie gibt den Schild an John Bloody Knife weiter, der ihn mit der ruhmreichen Tat an diesem Tag verdient hat. John zögert überrascht, dann akzeptiert er die Ehre dankend.



Die Krieger sichten den Karren mit der geretteten Ware, dies wird den Aufbau des Indianerlagers sichern, und die nächsten zwielichtigen Unternehmungen der Sioux Union hier in der Region. Die Weitgereisten danken den Wild Cards, und beteiligen sie an der wiedererlangten Beute; Geld, das unsere Helden tatsächlich gut gebrauchen können für ihre eigenen Vorhaben in der Stadt. Schließlich werden alle zum Essen an die Feuerstellen zusammengerufen, die Wild Cards scheinen heute als Ehrengäste betrachtet zu werden. Dennoch werden sie von allen Seiten sehr vorsichtig beäugt. Viele der Sioux und deren Verbündete aus anderen Indianerstämmen sprechen Englisch, aber viele andere verstehen offensichtlich kein Wort, das die Bleichgesichter sagen. Die beiden Komantschen, welche die Wild Cards damals in Syracuse getroffen haben, sind ebenfalls hier, und begrüßen May B. und Luca freudig, ganz so, als wäre es nie zweifelhaft gewesen, dass sie alle sich hier wiedertreffen würden. Sie hatten es schließlich damals schon behauptet. May B. zückt beim Essen eins ihrer Okkultbüchlein, liest darin, als wäre es ein Vokabelheft, und versucht sich schließlich an ihrem neuen Speak Language-Hexenspruch. Wispernd stellt sie den Umsitzenden Fragen zu ihrer Reise, welche in deren Ohren auf Algonkin ankommen, oder in der jeweiligen anderen Sprachgruppe, zu der diese Zuhörer gehören. Einige der Umsitzenden sind verblüfft oder erschrocken über May B.s unerwartete Sprachkenntnisse (und ihre scheinbar exzentrische Gepflogenheit, nur im Flüsterton zu sprechen — was sie in Wirklichkeit aber tun muss, weil ich das Trapping der neuen Kraft so definiert habe). Viele scheinen sich jedoch gar nicht daran zu stören, für die Anhänger der Alten Wege sind magische Phänomene offensichtlich ein Teil ihrer täglichen Lebenswelt. May B. überkommt zunehmend ein Gefühl von Faszination für diese Leute.


Nach dem Mahl werden Bloody Knife und seine Verbündeten in eines der bereits errichteten Tipi-Zelte gebeten. Hier erwartet sie im Schneidersitz Joseph Eyes-Like-Rain mit einigen seiner alten Vertrauten.
"Willkommen im Kreise der Sioux Union", sagt Joseph feierlich, "so wie Ihr uns geholfen habt, wollen wir Euch auch Hilfe geben."
"Großartig!", sagt May prompt, "es gibt nämlich ziemlich viele Dinge, die wir gern von Euch wissen wollen!"
Einige der älteren Sioux im Hintergrund schauen sie recht reserviert an, für sie ist es unüblich, dass eine Squaw das Wort an sich reißt.
Joseph aber nickt ihr zu, und sagt: "Mein Sohn berichtete mir, dass Ihr so wie wir auf dem Kriegspfad seid gegen die Mächte des Reckoning?"
Rex Shadrack dreht nervös seinen Zylinder zwischen den Fingern, und sagt, "Wir sollten dieses Thema nicht im großen Kreis besprechen, Mister Eyes-Like-Rain. Das wäre viel zu gefährlich. Nicht alle von uns sind gleichermaßen in derlei Dinge verwickelt", und er sieht herüber zu Joycelyn.
Joseph entgegnet: "Aber Ihr alle seid nun gemeinsam hier, noch dazu nach Eurem Sieg gegen Hohú Khokípha, jenes schreckliche Ungeheuer, das die Weißen einen Bone Fiend nennen!"
Joycelyn sieht unsicher Rex an.
May B. sagt, "Halten Sie doch den Schnabel, Mister Shadrack, Joycelyn ist doch längst in das meiste eingeweiht! Es gibt überhaupt keinen Grund, nicht auch jetzt offen mit ihr zu reden. Sie begleitet uns schon seit Wochen."
Shadrack bringt vor, "Aber sie hat nie irgendwelche Fragen zum Reckoning gestellt. ... Für Sie, Miss Lancaster, ist es noch nicht zu spät, auszusteigen. Wenn Sie wenig wissen, kann Ihnen auch weniger geschehen. Sie können leichter zurück in Ihr bürgerliches Leben, zu ihrer Familie, ihren Verehrern, zu Ihrer glamourösen Karriere, und was weiß ich. Sie sollten sich darüber sehr klar sein, bevor Sie weiter zuhören!"
Joycelyn macht schmale Lippen, und entgegnet dann, "Sie vergessen, dass ich in den Westen hinaus geholt worden bin, um für die Black River-Eisenbahn zu arbeiten. Ich wusste schon, dass es Hexerei gibt, als ich losgefahren bin ... Und Miss Wickett hat mich gewarnt, dass es sowieso kein Zurück gibt, zumindest nicht zurück nach Chicago ...?"
Joseph Eyes-Like-Rain nickt langsam, und sagt mit einem Lächeln: "Nach unserem ersten Zusammentreffen heute Vormittag haben die Kachina zu mir gesprochen. Dies sind sehr heilige Geister der Erdmutter. Sie setzten mich in Kenntnis darüber, dass Ihr Euch gegenseitig nicht genau kennt. Als wärt Ihr Brüder und Schwestern, und zur gleichen Zeit Fremde füreinander. Auch wir Sioux kennen Euch noch nicht. Es bedarf einer Vorstellung. Ich bitte nun Sie, Mister Byrd, für uns jenes jüngste Mitglied ihrer Gruppe vorzustellen, wegen deren Hiersein Bedenken geäußert wurden, Miss Lancaster. Dann können wir alle gemeinsam entscheiden."
Byrd blinzelt etwas überrascht, aber grinst dann schelmisch, und antwortet, "Na denn, wenn das unter Euch Sioux der Brauch ist!"
Er mustert Joycelyn wohlwollend, und sie errötet unwillkürlich ein bisschen. May B. schnaubt genervt, und wirft Luca Byrd einen bösen Blick zu.
Der Gunslinger fährt heiter fort: "Es gibt aber ja überhaupt keinen Grund, die liebreizende Joycelyn hier rauszuschmeißen. Sie ist nicht nur mutiger als man auf ersten Blick denkt, sondern auch erfinderisch. Sie ist in das Ganze hier nur so reingeraten. Hat sie uns ja grade selbst gesagt. Eigentlich ist sie berühmt in ihrer Heimatstadt, muss man wissen. Eine der Zugfirmen hat sie insgeheim unter Vertrag genommen, um in Barricade alle möglichen Entscheidungsträger um ihren Finger zu wickeln. Seitdem ist sie quasi aufgeschmissen mit uns, Barricade gibt's ja nicht mehr, ihre Truppe gibt's nicht mehr, und bezahlt worden ist die Ärmste auch nicht! Aber sie hat ja Miss May hier. An der klebt sie ziemlich. Na ja, man weiß bisweilen nicht so genau, wer jetzt die Nase vorn hat. Ist unsere May B. eher wohl oder übel die Schuhzubinderin, oder die Leibwächterin? Die Kommandostruktur von Black River ist ja jetzt für beide unerheblich geworden, wer von den beiden sagt also der anderen, wo's langgeht? Ist ehrlich gesagt auf 'ne Art zuckersüß mit anzusehen. Na, aber jedenfalls ist Miss Lancaster eine, auf deren Einfallsreichtum man sich voll verlassen kann. Sie hat uns ein paarmal den Allerwertesten gerettet, sie kann nämlich so richtig gut mit Leuten umgehen."
Joseph nickt ernst, und sagt, "Dann, Miss Lancaster, stellen nun Sie uns bitte den Krieger John Bloody Knife vor."
Joycelyn guckt verdutzt, und erwidert, "Aber das ist doch Ihr Sohn! Den kennen Sie ja viel besser als ich ...!"
Der Schamane antwortet, "Darum geht es mir auch nicht. Sprechen Sie, bitte."
"Also gut, wenn Sie wollen, also schön ... Immerhin hatten Sie ihn ja auch wochenlang aus den Augen verloren, nicht wahr. John Bloody Knife ist ... trotz dem unschönen Namen ... ein großer Krieger, nicht wahr? Ich hab' jedenfalls gesehen wie er einer ganzen Handvoll lebender Toter die Köpfe abgeschlagen hat, mit nur einem einzigen Streich! Und die Südstaatler vorhin waren glaub' ich auch nicht besser dran! Mich hat er einmal mit einem Wurfspeer vor einer zudringlichen Nachtwache gerettet. Na ja, er scheint uns Weiße nicht zu mögen. Kann man ja verstehen, wenn man drüber nachdenkt. Er hat wohl unterwegs gesagt, er war mit bei der Schlacht gegen Custer am Little Big Horn. Ehrlich gesagt wusste ich eigentlich nichts über die Gründung der Sioux Nations, als ich meine Fahrt in den Westen angetreten gabe, das habe ich mir unterwegs erst angelesen. Äh, und Mister Bloody Knife ist so wie Sie ein Anhänger dieser ... Alten Wege, aber noch nicht so lange. Eigentlich muss das ziemlich schlimm für ihn gewesen sein, als er in Salt Lake City festgehalten wurde, da ist ja alles voll von Maschinen. Ich glaube, die Zugfahrt von da nach Virginia City war auch ziemlich schlimm, er wollte ursprünglich ganz zu Fuß gehen. Ich habe das Gefühl, er ist sehr froh, jetzt hier zu sein, als wäre dieser Ort, dieses Gomorra Valley, der Ort seiner schlussendlichen Bestimmung. Ähm, ich habe bestimmt ganz viel vergessen, ich weiß eben auch nicht so viel über Mister Bloody Knife. Er ist sehr schweigsam."
Joseph Eyes-Like-Rain schmunzelt hintersinnig, und bittet, "Als dann, John Bloody Knife, sei' so gut und stelle uns May B. Wickett vor."
Der Sohn antwortet zögerlich: "Schöne Frau mit selbst gemachtem Namen. Halb Wasichu. Scheint ihrem Vater seine Verbrechen eigentlich nicht vorzuwerfen. Das alles ist sehr fern. Nirgendwo wirklich zuhause. Man sagt über sie, sie sieht manchmal die Geister toter Leute. Hat dem Dampfross gedient wie so viele der Wasichu es tun. Hat zu spät gemerkt, dass das ein schrecklicher Fehler war. Hat sich von ihren Herinnen abgewandt, aber vielleicht war das zu spät. Kehrt sie in die Südstaaten zurück, wird das Dampfross sie zerstören. Wegen ihr sind die drei anderen nach Gomorra gekommen, aber eigentlich nur, um sie hier abzuliefern. Luca Byrd hat gesagt, sie hätte die Macht einer Medizinfrau, aber das stimmt nicht. Neulich hieß es, sie hätte die Kraft zu fliegen. Vorhin habe ich es selbst gesehen, wie sie das Wetter beherrscht! Sie ist eine Hexe, weil sie dem Dampfross gedient hat, und wird sich nie ganz vom Dampfross befreien können. Nun hat sie erneut keine Wurzeln, und braucht die anderen, um nicht ganz und gar verloren zu sein. Ich habe gesprochen."
Der Schamane nickt bedächtig, und sagt dann, "Dann, May B. Wickett, stelle Du uns bitte Rex Shadrack vor."
May B. pustet sich genervt eine Locke aus dem Gesicht, und murrt, "Das kann wohl niemand so richtig, so geheimnistuerisch, wie der Kerl ist. Augenscheinlich ein überheblicher Yankee-Kopfgeldjäger aus Neuengland, der für Wasatch und Union Blue gearbeitet hat. Und sobald man was über seinen arkanen Hintergrund sagt, oder gar über seinen damaligen Lehrer, wird er richtig fies, und beginnt, Drohungen auszusprechen! Das kann er gut, alle Leute zittern vor ihm, wenn er will. Na, meinetwegen, ich will's mal versuchen. Shadrack ist total hochnäsig. Er glaubt, er ist der dickste Macker, und der Boss von diesem Aufgebot. Ich meine, er drückt sich nicht so aus, weil er zu unserem Boss erwählt werden will, er ist so hochnäsig, dass er von vornherein glaubt, es schon zu sein. Auf der anderen Seite — und das ist eigentlich das Witzige an Shadrack — ist er ein richtiger Hasenfuß. Ich meine, er hat so lange über das Reckoning recherchiert, dass es ihn um den Verstand gebracht hat, und er ist heutzutage ziemlich feige! Ich mein', er hat immer Schwierigkeiten, die Nerven zu behalten, wenn es zu spuken beginnt, und das ist in den vergangenen Wochen sogar noch schlimmer geworden. Mittlerweile wird er immer blass um die Nase, wenn Walkin' Dead aufkreuzen, und er hat seit Kurzem so ein komisches Zucken im einen Auge deswegen. Auf der anderen Seite ist er derjenige von uns, der das Ganze Phänomen am dringlichsten erforschen will. Als hinge das Schicksal der ganzen Welt davon ab. Zur Hölle aber auch, was es vielleicht ja auch tut! Hm, eigentlich könnte man sogar sagen, dass er der Mutigste von uns allen ist, wenn man so will. Er muss am härtesten gegen seine Angst vor dem allen kämpfen — und er stellt sich dieser Angst trotzdem immer wieder. Hab' ich eigentlich so noch nie drüber nachgedacht! Hut ab, Shadrack, sie gehen mir ziemlich auf den Zeiger, aber ich bin auch froh, mit ihnen zusammenzuarbeiten!"
Rex guckt finster, er wird offensichtlich sehr ungern bewertet.
"Außerdem bin ich der beste Schütze in unserem Aufgebot, nicht zu vergessen", grummelt er.
May B. muss leise lachen, und fügt hinzu, "Stimmt, dafür aber ein relativ schlampiger Huckster. Dafür, dass Sie schon so dermaßen viel erlebt haben, haben Sie ihre Studien scheinbar ziemlich schleifen lassen. Ein Greenhorn mit einer Ausgabe von Hoyle's Buch der Spiele kann wahrscheinlich in ein paar Monaten mehr Tricks lernen, als Sie in all diesen Jahren!"
"Es gibt im Leben neben dem Luxus nun mal auch die Notwendigkeiten!", knurrt der Hexslinger.
Joseph Eyes-Like-Rain fordert ihn auf: "Um den Kreis zu schließen, Mister Shadrack, stellen Sie uns bitte Mister Luca Byrd vor."
Der Angesprochene verschränkt abschätzig die Arme und mustert den anderen Revolverhelden, dann entgegnet er: "Könnte aber sein, dass auch er in Wirklichkeit unter falschem Namen reist! Er sieht aus wie ein Südstaatler-Soldat, wie er im Buche steht, ja, aber gelegentlich heißt es, er ist in Wirklichkeit Italiener. Neulich überraschte er plötzlich mit Sprachkenntnissen. Wir wissen nur, dass er der Konföderation gedient hat, bis er schließlich schlau genug war, von dem Scheißverein zu desertieren. Wir wissen, dass er sich als Gunslinger einen Namen zu machen versucht, aber er scheint es nicht sonderlich eilig damit zu haben. Vielleicht, weil er undiszipliniert und unambitioniert ist. Einerseits ist er so auffällig angezogen wie es nur geht mit seiner albernen, weißen Kluft, andererseits bleibt er gerne ein Niemand, unerwähnt im Hintergrund, wenn Leute Fragen zu stellen beginnen. Seit New York City folgt er mir wie eine Klette, mittlerweile haben wir buchstäblich den ganzen Kontinent durchquert. Ehrlich gesagt ist mir völlig schleierhaft, wie ich das ausgehalten habe. Nun, seine Schießkünste sind tatsächlich sehr nützlich. Vorhin aber, Mister Byrd, schien ein Texas Ranger sie wiedererkannt zu haben! Ehrlich gesagt lässt das in mir alle Alarmglocken schrillen. Runden Sie meine Beschreibung Ihrer illustren Person doch ab, indem Sie uns darüber aufklären. Sie kannten den Mann ihrerseits auch, daran besteht kein Zweifel."
"Jim Smith?", fragt Byrd belustigt, "was glauben Sie, wie viele Jim Smiths in unseren beiden Ländern gibt! Vermutlich auch ein Deckname!"
"Aber wer war dieser Ranger wirklich? Sucht die Geheimpolizei Sie?!"
Byrd winkt ab, "Zufallstreffer! Mich sucht das Militär wegen der Fahnenflucht, nicht die Texas Rangers. Den Kerl kenne ich aus dem Bürgerkrieg, glaube ich, ich konnte ja vorhin sein Gesicht gar nicht genau erkennen in dem ganzen Staub. Scheint mittlerweile von der Infanterie zu den Rangers gewechselt zu sein, ein ordentlicher Werdegang, wahrscheinlich mit einer ebenso ordentlichen Gehaltserhöhung, der glückliche Hund!"
Joseph ergreift wieder das Wort: "Nun kennen wir uns ein wenig besser. Ich, meine Freunde, bin Joseph Eyes-Like-Rain, Medizinmann vom Stamme der Lakota, welche vom Weißen Mann fälschlich als Sioux bezeichnet werden. Ich beschreite die Alten Wege meiner Vorfahren, seit die Bewegung vor Jahren aufkam, im Zuge des Reckoning des schändlichen Medizinmannes Raven. Daheim in den heiligen Black Hills haben die Kachina mir eine Vision gegeben. Diese Vision hat mich noch mehr aufgerüttelt als der Krieg der roten Brüder und Schwestern gegen die US-Armee und die Verschwörung der Ravenites. Es stimmt: Seit dem Reckoning des Raven ist dieses Land im Wandel. Er schreitet jedoch weiter fort. Der Geistertanz der Paiute ist ein klares Zeichen, und es heißt, die Geburt des weißen Büffelkalbs wird von vielen bereits erwartet, wenn die Weiße Büffelfrau zur Erde hernieder steigen wird und die ganze Welt verändern. Die große Vision jedoch, welche die Kachina mir für das Gomorra Valley vorhergesagt haben, war schrecklich, voller Ruhm, Blut, Feuer; Rivalität und Freundschaft. Ein Wendepunkt. Schon sammeln sich ganze Ströme von Manitous und Naturgeister an diesem Ort, so wie die unbarmherzigen Kräfte des Weißen Gottes, wir alle folgen nur dem unsichtbaren Sog, denn wir werden menschliche Verbündete der Unsichtbaren sein. Ich vermag nicht vor Weißen darüber zu sprechen, es ist mir nicht erlaubt. Da Ihr aber Krieger im Kampf gegen die Albträume des Reckoning seid, seid gewarnt: Meine Vision wird sich bald bewahrheiten."
Joycelyn traut sich zu fragen: "Was soll denn Ihrer Meinung nach bei diesem Reckoning vor 13 Jahren geschehen sein? Das soll doch das Ereignis gewesen sein, das hier in Kalifornien das Große Beben ausgelöst hat, nicht?"
Joseph antwortet zögerlich, "Die Legende besagt, dass Raven der Letzte vom Stamm der Susquehanna-Indianer ist. All seine Brüder sind den Weißen Mann zu Opfer gefallen. Er sucht seitdem Vergeltung. Er hat eine geheime Grabstelle der Micmac wiederentdeckt, wo er in der Lage war, etwas zu tun, das vorher lange Zeit undenkbar war: Er hat eine Tür in die Ewigen Jagdgründe geöffnet. Nicht nur für seinen Geist, so wie wir es auf unseren Visions-Questen tun, sondern auch für seinen Körper. Und er war in Begleitung seiner Kriegergruppe, die er die Letzten Söhne nannte. In den Ewigen Jagdgründen hat er den Altvorderen Weisen ihren Sieg gestohlen, den sie einst im Großen Geisterkrieg errungen hatten — und damit die Reckoners wieder befreit."
Shadrack fragt interessiert: "Oho! Sie glauben an den Großen Geisterkrieg, Mister Eyes-Like-Rain?"
Joseph nickt ernst.
"Was soll das gewesen sein?", fragt May B., "hängt das mit der einstigen Tilgung von Magie von der Erde zusammen? Meine Lehrmeisterinnen in Wichita haben dazu immer nur Andeutungen gemacht ..."
Der Schamane antwortet in gesenkter Stimme, "Es ist so. Im Großen Geisterkrieg waren die Altvorderen Weisen auf ihrem Kriegspfad in den Ewigen Jagdgründen, um Nordamerika von den Reckoners zu befreien. Die Opfer waren unaussprechlich. Ihr Kampf aber war siegreich: Jene Wesenheiten, welche wir die Reckoners nennen, wurden von der Erde abgeschnitten, und verloren ihren Zugriff auf die Menschheit. Vielleicht verfielen sie in einen Todesschlaf. Vielleicht wandten sie auch ihre Augen auf andere Welten. Welten wie unsere, und doch so anders, dass wir sie uns nicht einmal erträumen könnten. Für den Weißen Mann heißt diese Zeit das Mittelalter. Alle Geister verstummten, nicht nur die Manitous der Reckoners, sondern auch die Geister der Erdmutter und unsere Totems. Die Magie verschwand beinahe von unserer Welt. So auch die Schrecken, die in altvorderer Zeit von den Reckoners über unsere Vorfahren gebracht wurden: Es herrschte Frieden."
Joycelyn fragt leise: "Und dieser Raven ... hat das alles ungeschehen gemacht, nur um Rache zu nehmen an den Weißen?"
Joseph Eyes-Like-Rain antwortet schwermütig, "Vielleicht muss man Raven verstehen: Er ist der Letzte seines Stammes, er hat womöglich gedacht, das Ende aller Dinge sei bereits erreicht, das Ende der Welt. Aber in seinem Zorn hat er sich geirrt. Jetzt, 13 Jahre später wissen wir: Das Ende der Welt kommt jetzt erst, als Folge seiner Taten. Das Gomorra Valley ist dabei nun von größter Bedeutung, es wird das Auge des Sturms sein."

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #124 am: 4.08.2023 | 18:53 »
Weil ich so zufrieden bin mit den Wild Cards und ihrem gemeinsamen Charakter-Moment, verleihe ich ihnen allen einen Punkt Conviction. Sie gehen schließlich mit Joseph Eyes-Like-Rain auseinander mit dem gegenseitigen Versprechen, die jeweils anderen auf dem Laufenden zu halten über die weiteren Entwicklungen in der Stadt. Was es aber genau ist, wonach die Sioux hier suchen, und was Gomorra so besonders macht, enthüllt der Medizinmann auch auf mehrere Nachfragen hin nicht. Die Sioux scheinen unbeirrbar den Plan zu verfolgen, vorerst zu beobachten und abzuwarten ...


May B. sieht das Indianerlager als lose Verbündete, und kehrt mehrmals zurück binnen der nächsten Tage, um beim Aufbau zu helfen. Mehrere Northern Cheyenne sind unter den Eingetroffenen — also Angehörige des einstigen Stammes von Mays Mutter. Die meiste Zeit werden dem Halbblut dabei handwerkliche Aufgaben zusammen mit den anderen Frauen zugewiesen, wie Weben, Körbe flechten, und Felle gerben, die sie zwar interessant findet, die ihr aber gleichzeitig zu weibisch vorkommen für sich. Mit ihrem neuen Hexenspruch kommt sie immer wieder ins Gespräch mit den Weitgereisten, und erfährt viele kleine Details über das Brauchtum der Alten Wege und den Geisterglauben der Sioux Nations. Ihre Neugier wird dadurch natürlich nicht befriedigt, sondern nur mehr angeheizt. Bedauerlicherweise ist sie aber hier als Halbblut ebenso Außenseiterin wie unter den Bleichgesichtern: Hier stört sich zwar niemand an ihrer Hautfarbe, dafür aber an ihrem Lebenswandel und ihrer Kleidung. Sie gehört also auch in diese Gemeinschaft nicht wirklich, ganz wie sie schon immer befürchtet hatte. Noch dazu scheinen die vielen Schamanen der Sioux Union zu spüren, dass die Geister, die sie verehren, vor May B. mit ihren dunklen Künsten zurückzuweichen. Ihre leise Hoffnung, vielleicht in einige der Geheimlehren der Medizinmänner der Indianer eingeweiht zu werden, verflüchtigen sich bald.

Als eines Abends im Fat Chance Saloon bei einem Glas Bier das Gespräch darauf kommt, fragt Byrd die Hexe: "... Wie hieß gleich der unsichtbare Haderlump draußen vor Barricade? Der, der Ihnen ans Leder wollte bei unserem ersten Zusammentreffen?"
"Otavana. Wieso?"
"Hatten Sie nicht gesagt, der war einer dieser Ravenites, und wollte Sie damals vom Fleck weg für Raven anwerben?"
"Ja, schon. Raven selbst mag nach dem Großen Beben verschwunden sein, aber sein Kult ist alles andere als untätig."
Byrd sinniert, "Na, und Sie haben doch irgendwas erzählt darüber, dass Sie bei denen nicht einsteigen wollten. Nicht nur, weil die Kriegstreiber sind, und überhaupt irre, sondern auch, weil Sie damals schon wussten, dass Sie selber überhaupt nicht in die Sioux Nations gehören."
May B. schlürft verdrießlich von ihrem Bier, und antwortet, "Stimmt. Nicht mal meine Mutter gehört noch zu den Cheyenne, die führt schon lange das Leben einer Weißen. Aber irgendwie ... hatte ich vielleicht gehofft, das Gegenteil stellt sich doch noch heraus ... Meine Besuche im Indianerlager haben es aber nur bestätigt. Ich bin sowas wie ein Kind zweier Welten, das aber in keine von beiden jemals ganz gehört. Wahrscheinlich hatte John recht mit dem, was er neulich über mich gesagt hat: Ich habe keine Wurzeln."
"Lassen Sie Ihren schönen Kopf mal nicht so hängen! Ist ja nicht mit anzusehen, Miss May. Dann schlagen Sie eben hier ganz neue Wurzeln, oder an einem Ort, der Ihnen halt passt!"
"Versuchen Sie doch nicht immer, alles schön zu reden, Luca Byrd! Das ist leichter gesagt, als getan. Ich wünschte, ich wär' weiß, wie Joycelyn."
Byrd kichert vergnügt: "Und ich glaube, Miss Lancaster wünscht sich manchmal, sie wäre dunkel, wie Sie, Miss May!"
"Man will vielleicht einfach immer das, was man nicht hat!"
"Darauf trinken wir! ... Wohlsein!"
"Wohlsein, Mister Byrd."


Joycelyn versucht, eine Band zusammenzustellen für ihre Auftritte im Old Moon Saloon. Sie braucht vor allem einen guten Klavierspieler, aber an sich auch Gitarre, Trompete, und Kontrabass, damit sie alle Lieder aus ihrem Repertoire bringen kann. Dazu befrage ich die Orakelwürfel, und diese sagen, dass Miss Lancaster dieser Tage tatsächlich Musiker mit eigenen Instrumenten zusammen bekommt. Die Würfel sagen sogar, deren Fähigkeiten sind besser als erwartet! Sagen wir doch mal, einige der Weggefährten aus Joss' Reisegruppe haben gerade ihren Weg von Shan Fan doch noch nach Gomorra gefunden: Einer davon ist der Banjo-Spieler Harry. (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122886.msg135165513.html#msg135165513) Trompete und Bass spielen zwei mexikanische Freunde, Pedro und Paolo, die in Gomorra aufgelaufen sind, und sich zur Zeit als Sweetrock-Schürfer verdingen. Als Klavierspieler kann überraschenderweise der schwarze Organist Alvin angeheuert werden, ein sehr ordentlicher, etwas introvertierter Typ, der eigentlich hierher gekommen ist, um Kirchenorgel zu spielen, und seit Längerem darauf wartet, dass eins der entstehenden Gotteshäuser überhaupt eine Orgel anschafft. Joycelyn ist hochzufrieden mit ihren neuen Musikern, und bringt ihnen mit Feuereifer ihre Stücke bei. (Harry, Pedro, Paolo, und Alvin sind ihrerseits natürlich hochzufrieden mit der Sängerin, und alle ein wenig verliebt in sie.)



Shadrack und Byrd wohnen einer der Proben bei, im staubigen Old Moon Saloon um die Mittagszeit, wo sie an einem der hintersten Tische sitzen. Shadrack legt Patiencen mit seinen Pokerkarten und raucht Pfeife, Byrd hat die Stiefel auf dem Tisch und spielt an seiner goldenen Taschenuhr herum.
"... Die neue Band klingt echt nicht schlecht!", sagt Byrd irgendwann zu seinem Gegenüber, er wippt mit dem Fuß den Takt mit.
"Unleugbar. Wenn jemand von uns hier in der Stadt reich wird, dann vermutlich Miss Lancaster."
"So ein Talent, nicht wahr? Singen, tanzen, schauspielern ... und Geschichten erzählen kann sie auch!"
Shadrack schaut lauernd von seiner Patience auf, und fragt: "Mir ist aufgefallen, dass Sie die Kleine gestern Abend auch schon wieder dazu ermuntert haben. Sie fangen jetzt aber nicht wieder so an wie in Syracuse und Denver, oder ...?"
Byrd schaut verblüfft mit seinen blitzblauen Augen: "Wieso, was habe ich denn da gemacht?!"
Shadrack muffelt, "Versuchen Sie ja nicht, mich auf den Arm zu nehmen. Nachdem diese Sioux uns neulich dazu gebracht haben, aus dem Nähkästchen zu plaudern, können wir ja hier direkt weiter machen, nicht? Sie wollen unsere Erfolge publik machen, das haben ja wohl alle in unserem Aufgebot verstanden. Aber Sie, Luca Byrd, wollen dabei nicht im Mittelpunkt stehen. Es geht Ihnen schätzungsweise auch gar nicht um Ihre persönliche Reputation."
Byrd grinst: "Und befürchten Sie etwa immer noch, in diesem malerischen Städtchen dürften wir nicht auf uns aufmerksam machen?"
Der Hexslinger nickt zögerlich, "Ja, weil die Machtgruppen hier bei der geringsten Provokation versuchen könnten, uns das Licht auszublasen! Immerhin gibt es hier glücklicherweise keine Männer in Schwarzen Dustern und keinen Court, wie in Denver. Und Ihr scheinbarer alter Bekannter von den Texas Rangers ist wohl auch wieder zu seinem Geheimauftrag irgendwo zurückgekehrt. Aber Sweetrock Mining kann brandgefährlich werden, wie wir gesehen haben, so wie auch die Blackjacks. Ich kann unsere neuen Feinde noch nicht vollumfänglich einschätzen."
"Haben Sie das neulich also nicht nur gesagt, um mit Ihrer tollen Bildung anzugeben, sondern das tatsächlich gemeint? Mit dem ollen Columbus und so?"
"Dass der Verlust unserer Pferde an das Verbrennen von Columbus' Schiffen erinnert?"
Byrd nickt, "Wir wollten doch ursprünglich in der City o' Lost Angels vorbei gucken! Und Sie wollten baldmöglichst runter ins Mississippi-Delta, um den Court weiter zu ärgern."
Rex zuckt die Schultern und zieht an seiner Pfeife, "Das kann alles warten. Was, wenn Joseph Eyes-Like-Rain in mancherlei Hinsicht recht hat? Ich könnte mir vorstellen, dass seine prophetischen Kräfte echt sind."
Byrd schmunzelt, "Ich find' dieses Gomorra auch spitze!"
Shadrack schaut plötzlich wieder auf von seinen Spielkarten zu seinem Gegenüber: "Sie wollen Miss Lancaster zu einer Geschichtenerzählerin aufbauen! Sie denken sich vermutlich, die Kleine steht eh im Rampenlicht, da kann sie auch gleich die Überbringerin der frohen Kunde sein, wann immer unser Aufgebot Erfolg hatte!"
Byrd schmunzelt, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, und zuckt die Schultern.
Shadrack bohrt nach: "Und wenn jemand deswegen ins Kreuzfeuer gerät, dann Miss Lancaster! Wenn die Pinkertons oder Rangers oder wer auch immer jemanden aus dem Verkehr ziehen wollen wegen zu viel verbotenem Wissen, dann trifft es unsere Prominente. Und wir beide können ungesehen in den Sonnenuntergang reiten, und den Kampf anderorts heimlich weiter führen. Ist das in etwa Ihre Vorstellung?"
"Aber Mister Shadrack, Chefchen, Sie unterstellen mir doch nicht ernsthaft, dass ich imstande wäre, Miss Lancaster der Sache zu opfern! Dieses reizende Wesen braucht unseren ritterlichen Beistand! Für wie abgebrüht halten Sie mich denn?!"
Shadrack sortiert seelenruhig weiter Karten, und grummelt, "Ich halte Sie für jemanden, der viel zu verbergen hat, Mister Byrd. Und übrigens, glauben Sie nicht, dass Miss Wickett damit einverstanden wäre. Ich denke, die sieht Miss Lancaster insgeheim als ihr persönliches Eigentum. Das lässt sie sich von Ihnen nicht wegnehmen."
"Och, hören Sie doch auf, diese beiden Grazien bewundern sich ja gegenseitig. Die sind womöglich kurz davon entfernt, Knutsch-Freundinnen zu sein. Von wegen, persönliches Eigentum!"
Shadrack warnt, "Unterschätzen Sie mal nicht die Befähigung der Hexe zur Kaltschnäuzigkeit. Die ist ausgebildet worden von Black River, einer der brutalsten Privatarmeen dieses Kontinents. Ich habe genau gesehen, wie sie immer drein schaut, wenn Sie, Mister Byrd, Miss Lancaster schöne Augen machen. Denken Sie daran: Eigentlich ist die arme Joycelyn nur hier draußen bei uns, weil Miss Wickett sie glauben gemacht hat, sie könne nicht zurück nach Chicago! Lancaster müsste sich daheim nur verplappern, um Wickett's Schicksal hier draußen zu besiegeln! Glauben Sie etwa, die Eisenbahnerinnen würden Milde walten lassen, wenn sie unsere flüchtige Hexe wiederfinden würden?"
"Wie dem auch sei, Mister Shadrack! Es wird niemand über die Klinge springen gelassen!"
"Ich würde jeden aus dem Aufgebot opfern, wenn's nicht anders ginge. Um meine eigene Haut zu retten. Meine Nachforschungen sind viel wertvoller als Einzelschicksale, Byrd, viel wertvoller! Und ich muss am Leben und wehrhaft sein, um sie weiterführen zu können. Sie waren im Bürgerkrieg, und in den Rail Wars. Sie wissen, wie es läuft. Jeder ist ersetzbar."
Byrd sieht Shadrack in die Augen, und erneut macht sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit: "Mister Shadrack, das glaub' ich Ihnen nicht! Wir sind Ihre besten Freunde, und womöglich auch Ihre einzigen Freunde außer Bürgermeister Sneyers. Zumindest seit Ihre Theodora Francisco weg ist. Und Sie, Chefchen, sind ganz bestimmt auch unser Freund, ob's Ihnen passt oder nicht!"