Fisto und Ram Man finden Goras offensichtlich total prima. Humpen werden aneinander geknallt, dass Bierschaum hinab regnet! Als der Abend vorangeschritten ist, sind Fisto und Goras gerade dabei, ihren eben begonnenen Armdrücken-Wettkampf auszuweiten zu einem Ringkampf. Soeben werden mit großem Elan die Tische am Kopfende des Saals beiseite geschoben, damit die beiden Kraftprotze Platz haben dafür. Schon währenddessen beginnen sie damit, sich mit großartigen Gesten zu umkreisen, sie amüsieren sich offensichtlich königlich. Und Ram Man ebenfalls: „… Welcher von Euch beiden auch immer gewinnt, der muss es dann mit mir aufnehmen!“, verkündet er gerade tatendurstig.
Man-At-Arms sitzt an einem der abgelegeneren Tische, zusammen mit Stratos und einigen seiner Handwerker, und beobachtet das Treiben. Es müsste schon einiges geschehen, um ihn und seinen Bruder Fisto dazu zu bringen, mehr als ein paar Worte miteinander zu wechseln.
„Man-At-Arms, wir haben zu reden“, hört er plötzlich eine Stimme neben sich auf dem Halbdunkel.
Man-E-Faces ist eingetroffen, ohne dass sein Erscheinen irgendwelches Aufsehen erzeugt hat bei dem Festgelage. Er spricht Man-At-Arms aus den Schatten heraus an.
„Ausgezeichnet! Kommst Du mit einem Bericht?“
„Sehr wohl. Ich habe von meinen vorhin gesammelten Erkenntnissen im ‚Drakonischen Schlund’ zu berichten. Aber nicht hier! Wo können wir ungestört reden?“
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Wenig später sitzen sie in einem der Hinterzimmer der großen Halle: Man-E-Faces, Man-At-Arms, Teela, und die beiden geflügelten Botschafter, Häuptling Stratos und Konsul Buzz-Off.
„… Morgen Nacht kommen also wenigstens drei Dutzend Verächter des Königstums im Keller des Rodogaz zusammen, und debattieren über ihr zusammengetragenes Wissen“, schließt Man-E-Faces seinen Bericht.
„Da schlagen wir zu“, knurrt Teela, mit einer geballten Faust.
„Es wäre opportun, dem Treffen anfangs inkognito beizuwohnen, bis die Rädelsführer ihre Masken fallen lassen haben“, gibt Stratos zu bedenken, „Auf diese Weise wissen Du und Deine Gardisten, wen wir besonders dringend in die Hände bekommen müssen.“
„Was gibt es da noch zu spionieren?“, will Teela wissen, „Wir werden sie schlicht und einfach
alle ergreifen! Jeder Frevler wird gefangen genommen!“
„Es gibt allerdings ein weit verästeltes Netz aus Tunnels und Versorgungsschächten dort unten“, meint Man-E-Faces, „Und jene, die Rodogaz‘ Weinkeller besuchen, die kennen so manchen geheimen Winkel und so manche Falltür. Wenn sie dort unten allesamt in verschiedene Richtungen einer Festnahme entfliehen, werden sie nur schwerlich zu halten sein! Dieser Teil des Untergrundes gehörte einstmals zum sogenannten ‚Raumhafen‘, zur Zeit der Mechano-Monarchie.“
Teela entgegnet befremdet, „Wie willst Du das alles wissen? Du scheinst Dich ja gut auszukennen dafür, dass Du vor wenigen Tagen erst nach Eternis gekommen bist!“
„Auch das habe ich bei meiner Recherche herausfinden können“, sagt der Ermittler, „Jene, die dem Trunk und dem Zagago anhängen, sind fürwahr leicht in redselige Laune zu versetzen.“
Duncan sagt, „Wir schleusen Dich also dort ein, morgen Nacht. Wir profitieren hier sehr davon, dass man in Eternis Dein Gesicht noch nicht kennt.“
„Meine Gesichter!“, lächelt Man-E-Faces.
„… Deine
Gesichter, richtig! Teela, Stratos, und ich würden an einem Ort wie Rodogaz‘ Weinkeller ebenfalls zu sehr auffallen: Wir unterstützen Euch also aus der Ferne, per Funk. Aber Ihr, Konsul, seid in Eternis noch nie öffentlich gesehen worden.“
Buzz-Off misst Duncan mit kritischem Blick ab, „Auf dem Wespenfelsen bin ich eine der bekanntesten Gestalten.“
„Aber für uns Menschen sehen die meisten Andreeniden gleich aus!“, lächelt Man-At-Arms, „Vergebt die Einfältigkeit meiner Art, Konsul!“
Buzz-Off nickt ihm huldvoll zu, „Es ist vergeben, Waffenmeister. Ehrlich gesprochen sehen auch die Menschen für uns Andreeniden alle gleich aus!“
Teela sagt, „Wir haben darauf zu achten, dass unsere Gäste, die Aerryn-Stammesleute, von dieser Razzia nichts mitbekommen.“
Stratos fragt verblüfft, „Wieso das? Wenn unser Plan gelingt, wird es für König Randor ein großer Sieg über Skeletor sein!“
Teela schüttelt den Kopf, „Die Aerryn sind hochmütige Leute. Sie würden es für ein Zeichen von Schwäche halten, dass es Skeletors Kriegern des Bösen überhaupt gelungen ist, ihre Unterhändler in Eternis zu platzieren.“
Buzz-Off schnarrt ungnädig, „Sie haben ihre Schergen ja sogar bei mir daheim auf dem Wespenfelsen eingeschleust! Und der galt für uns bisher immer als unantastbar von jedweden Fremden. Das bedeutet, überhaupt niemand ist mehr sicher in unserer gesamten Hemisphäre. Schon gar nicht eine so große Stadt wie Euer Eternis!“
Teela sagt, „Ja, aber davon machen sich die Aerryn keine Vorstellung. Ich habe genau darauf geachtet, wie Goras sich ausdrückt, und der ist immerhin ihr nächster Thronfolger. Wir brauchen die Stämme des Südens aber unbedingt weiterhin als Verbündete, um eine starke Allianz gegen die Krieger des Bösen zu bilden! Wenn sie an unserer Königsfamilie zu zweifeln beginnen würden, dann hätten wir sie möglicherweise nicht mehr an unserer Seite. Und wenn die Aerryn sich von uns abwenden, dann tun dies auch die anderen Stämme des Südens, welche sie beherrschen.“
Stratos nickt gemächlich, und sagt zu Teela und Man-At-Arms, „Wir wissen es zu schätzen, dass Ihr uns hier einbezieht, und so offene Worte uns gegenüber findet, Eternier. Obwohl ich und der Konsul ebenfalls andere Stämme repräsentieren.“
Er wechselt einen Blick mit Buzz-Off. Dessen chitinbedecktes Gesicht hat etwas Maskenhaftes. Aber er erwidert, „Sehr wohl! Ich kann hier nicht für meine Königin sprechen, aber ich spreche für mich persönlich: Es wird mir eine Freude sein, Verräter an der Monarchie meinen Zorn spüren zu lassen! Goras und die anderen von den Aerryn werden nichts von all dem mitbekommen.“
Man-At-Arms nickt ihnen zu, „Schön, dass auf Euch derartig Verlass ist, Freunde. Auf Euch, und auch auf unseren neuen Verbündeten, Man-E-Faces.“
Dieser nickt militärisch, und schweigt.
Da er ein so begabter Schauspieler ist, lässt er den Zweifel auf seiner Miene nicht durchscheinen …
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Am nächsten Morgen sind Adam und Man-At-Arms auf dem Exerzierplatz, um Teela und ihrer Garde den fertiggestellten Road Ripper vorzuführen. Man-At-Arms ist natürlich stolz wie Oskar auf sein neuestes Werk. Es ist dank seinen Verbesserungen nun der schnellste Road Ripper im Stadtstaat.
Duncan's Road Ripper ist bereit, in den Kampf zu brettern, möglicherweise mit He-Man am Steuer„… Hier, hilf‘ mir mal mit den Armaturen, Adam“, sagt er, als er in den Sitz des Fahrzeugs klettert.
„Ich sollte lieber von da hinten zusehen, Duncan!“, sagt dieser leise, „Die sehen sonst noch, wie es mir in den Fingern juckt, das neue Schmuckstück selber mal um die Stadt herum zu fahren!“, und er unterdrückt ein Grinsen, „Der
neue Prinz Adam, den ich der Öffentlichkeit zeige, der interessiert sich schließlich nicht für schnelle Karren! Kein Grund, jetzt die Wachen daran zweifeln zu lassen!“
Der Waffenschmied raunt zurück, „Ja, stimmt wohl. Nun, dazu, den Road Ripper selber mal zu steuern, kommst Du schon früh genug, Prinz … auf die eine Weise oder die andere.“
Adam seufzt leise, aber Duncan zwinkert ihm verschmitzt zu. Der Prinz tritt jedenfalls zurück von dem Gefährt, neben Teela, während der Waffenmeister den Gardisten die Grundprinzipien der Steuerung erklärt. Adam versucht, gelangweilt auszusehen, und bekommt sogar ein sehr lebensechtes Gähnen hin.
„Adam, versuch‘ ein bisschen, die Haltung zu bewahren!“, ermahnt ihn Teela auch gleich, „Während mein Vater der Garde diese neue Maschine erklärt, brauchst du hier nicht herum zu hängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve!“
Adam kichert, „Ach Teela, mit diesem Klapperding werden sich die Soldaten doch nur dreifach überschlagen. So ein Road Ripper taugt reichen Gecken zur Angeberei auf den alten Landstraßen — nicht aber einem ritterlichen Edelmann!“
Teela sieht ihn belustigt an, und fragt, „Und was für ein Gefährt würde Dir dann tauglich vorkommen, oh ritterlicher Prinz?“
Er gähnt erneut, und sagt glücklich, „Was für ein Gefährt? Na ganz einfach: Eine Sänfte! Getragen von acht barbusigen Chorali vielleicht, wie König Pan-Varentos sie dereinst hatte, seinerzeit. Gefolgt von meinen geliebten Palasttigern, das wäre ein schöner Anblick. Oder weißt Du was, vergiss‘ die Chorali … nur gut gepolstert muss sie sein, die Sänfte, und schön bequem.“
„Das ist Deine einzige Sorge, ja?“
„Das nicht! Ich mache mir auch Sorgen um viele andere Dinge, Teela …“
„Na, das erleichtert mich zu hören, mein Prinz.“
„Ja. Darum, dass es regnen könnte zum Beispiel. Meine Sänfte müsste also auch einen Baldachin haben, oder sowas. In geschmackvollem Weinrot, Malve, und Weiß, passend zu meinen Lieblingsfarben. Ach, das wäre was! Dann könnte ich zwischen Herrscherpalast, Kundgebungsplätzen, und Schlossgarten hin und her pendeln, um Hände zu schütteln und dem Volke zu winken … und dabei so richtig den Stil wahren!“
„Ach Adam. Ich vermute, das gestrige Eintreffen von Deinem Vetter Goras hat Dir nicht so richtig gut getan, was?“
Adam gähnt erneut, und schließt halb die Augenlider, was ihn ein bisschen aussehen lässt wie einen satten, glücklichen Dackel, „Goras! Mein liebster Anverwandter. Solch ein stolzer Streiter ist er, nicht wahr? Nun, die Hemisphäre des Lichts ist wahrlich in guten Händen, mit Häuptlingen wie ihm.“
„So …?“, fragt sie, und wirft Adam einen aufmerksamen Seitenblick zu.
„Ja, ja. Warum sollte sein Besuch mir nicht gut getan haben, meine holde Teela?“
„Ich dachte … wenn ich frei sprechen darf, Prinz, ganz unter uns … möglicherweise fühlt sich Dein Ego etwas herausgefordert. Und das suchst Du jetzt irgendwie zu kompensieren. … Ich weiß noch genau, wie Du zu Goras aufgeschaut hast, damals, als wir alle noch klein waren. Insbesondere, wenn er seine grandiosen Geschichten erzählt hat.“
„Ach so. Und meinst Du etwa, auf die Idee mit der Sänfte komme ich nur deswegen, um mich nun meinerseits hervorzutun?“
„Vielleicht …“, sagt sie, beinahe misstrauisch. In letzter Zeit weiß sie einfach nicht, was sie aus dem zu machen hat, was Prinz Adam so von sich gibt.
„Aber Teela!
Ich, ein Prahlhans wie Goras? Das muss ich weit von mir weisen.“
„Ach ja?“, fragt sie mit spöttischem Lächeln.
„Aber ja!“, beteuert er, „Weit,
weit von mir weisen muss ich das! Mit keinem Wort habe ich schließlich gesagt, dass die Sänfte auch
golden zu sein hat!“