Pen & Paper - Spielsysteme > Pathfinder/3.x/D20
Problemgefahr bei Kingmaker
Feuersänger:
Quaint legt da genau den Finger in die Wunde: "That's not how feudalism works!"
Kingmaker mit seinem Königreich-Management-System (später zu Ultimate Campaign weiterentwickelt) geht von lauter merkwürdigen Prämissen aus:
- wie im anderen Thread schon erwähnt, wird davon ausgegangen dass die SC als "Herrscher" sich um jeden Furz persönlich kümmern
- der Aufbau und Einsatz von Streitkräften ist vor Band 5 nicht vorgesehen (dann wird ein völlig bonkers Massenkampfsystem eingeführt)
- die _Spieler_ entscheiden, was wohin gebaut wird, nicht unbedingt die SC
- Besteuerung ist Bäh und bringt rein gar nichts außer das Volk aufzuwiegeln; finanzieller Effekt nahezu 0.
- und wehe, WEHE! wenn ihr euch einbildet, ihr könntet irgendwelches Geld aus dem monatlichen Build-Point Budget zu entnehmen! Dann geht das Volk sofort mit Fackeln und Mistgabeln auf die Barrikaden. Nichtmal den eigenen Ministern darf man ein Gehalt zahlen!
(To be fair: ich nehme an, Quaint meint mit der amphibischen Landung den Abschnitt mit den Lizardfolk. Diese haben einen kleinen Buben eingesperrt, den die SC befreien sollen. Da sehe ich das schon so, dass ein militärischer Angriff da nicht förderlich ist. Wir haben das damals als Kommandooperation geklärt, unsichtbar ins Dorf geschlichen und so, rein und raus ohne das es jemand gemerkt hat.)
Wir haben den Königreichkram - leider - nach den offiziellen Regeln gespielt. Und okay, ich hab mich halt dann mit dem System befasst und rausgefunden wie man es gamen kann. Ist halt eines der vielen "Minigames", für die Pathfinder-Abenteuer mit der Zeit so berüchtigt geworden sind.
Im Vergleich dazu: wir haben mal mit AD&D2 eine ähnliche Kampagne gespielt, halt keine Besiedlung von Wildnis sondern Übernahme eines Lehens. Ich weiß jetzt nicht mehr ob der SL (war ein anderer als bei Kingmaker) da irgendwelche uralten AD&D-Spielhilfen zu Rate gezogen hat. Wir haben halt 1x pro Ingame-Jahr abgerechnet wieviel Geld durch Steuern und Zölle reingekommen ist, und überlegt was wir damit machen wollten. Im Endeffekt war das nur ein Bruchteil dessen, was wir im gleichen Zeitraum durch Abenteurerei erwirtschaftet haben, und wir haben letzten Endes - freiwillig! - viel mehr Geld aus eigener Tasche in die Baronie investiert, als sie an Einnahmen abgeworfen hat. (Natürlich hat man in AD&D nicht diesen WBL-Druck wie in 3E, von daher ticken da die Uhren halt etwas anders.)
Quaint:
Ne, wir wollten noch Band 1 komplettieren nachdem wir den Hirschkönig schon hatten und dementsprechend auch schon ein Reich hatten. Und haben dann tatsächlich die Rußschuppen-Kobolde mit 100+ Mann gemacht. War einigermaßen albern.
Feuersänger:
Naja okay, wenn man eine für Level 2-3 gedachte Quest erst auf Level 5+ und mit 100 NSC macht, dann ist es natürlich albern, das wäre aber mit absolut jedem anderen Abenteuer genauso.
--
Das ganze AP-Design ist eh verbesserungswürdig. Und es wurde ja dann auch verbesert. Ich kenne jetzt das Remake für PF2 nicht direkt, aber ich nehme an dass da einiges geändert wurde. Das Kingmaker-Computerspiel von Owlcat hat schon wirklich VIEL verbessert gegenüber dem PF1-AP. Viel bessere Plot Exposition, man ERFÄHRT tatsächlich mal was es mit (einigen) NSCs auf sich hat, und vor allem was überhaupt hinter dem ganzen Plot steckt.
Das ist im AP nämlich ein großes Problem: zwar ergeht sich der AP bei den "Meisterinformationen" durchaus recht ausführlich über Hintergrund und Motivation einiger der (antagonistischen) NSC - aber es gibt quasi keine Möglichkeit, dies den SC ingame zu vermitteln.
Auch die ganze Hexploration fand ich schon nach relativ kurzer Zeit eigentlich eher nervig-langweilig. Auch das haben sie im CRPG besser gelöst mit der Navigation über die Karte.
Ein weiteres Manko ist, dass nicht alle der AP-Bände thematisch so wirklich zusammenpassen. Vor allem der 3. Teil sticht hier wirklich raus wie ein wunder Daumen.
Bei den anderen Teilen ist es thematisch an sich okay, aber die Integration könnte deutlich besser sein. Nur ein Beispiel: irgendwann während Teil 2 haben wir eine Nachricht von Restov bekommen, dass es im Südwesten vermehrt Trollsichtungen gibt und wir uns darum kümmern sollten. Restov ist aber weit, weit nordöstlich von unserer Hauptstadt. Woher sollten die also wissen, was südwestlich von uns passiert? Für mich roch das eher nach einem Ablenkungsmanöver. (Was es in dem Fall nicht war)
Ärgerlich vor allem, weil das so leicht zu umschiffen gewesen wäre. Es wäre ein leichtes gewesen, die Warnung stattdessen von Pionieren kommen zu lassen, die die Wälder im Südwesten erkunden.
Bei Teil 4 zeigt sich ganz besonders ein Phänomen, das meines Erachtens bei Paizo, vermutlich aber generell in der Industrie weit verbreitet ist: Abenteuer, die null und nullinger zur angedachten Level Range passen. Da es sich um Teil 4 handelt, reden wir hier von etwa Level 10 (am Anfang) bis 12 (am Ende). Die im Abenteuer vorgesehenen Herausforderungen hingegen wären eher geeignet für Level 4-5. Ich meine hier nicht die vorgesehenen Gegner, sondern alles andere: da erwartet der AP, dass man sich tage- bis wochenlang durch einen Sumpf durchmockert - auf einem Level in dem die Party einfach mit Phantom Chariot oder -Steeds in ein paar Stunden durchrauschen kann.
Dann gilt es, eine Baronie von einem tyrannischen Kollegen/Konkurrenten zu befreien. Das hätte man SO GEIL machen können, mit Infiltrieren der Stadt, aufwiegeln der Bevölkerung, Errichtung/Unterstützung einer Rebellen-Organisation, und so weiter. Und ja das _können_ die Spieler so machen -- aber damit kassieren sie irrwitzige Abzüge bei den Siegpunkten, was sie im weiteren Spiel behindern wird. Darum ist es besser, die einheimische Bevölkerung komplett außen vor zu lassen und lieber das Schloss direkt anzugreifen. Und auch hier wieder: Level 11+! aber es wird erwartet, dass die Party entweder frontal durchs Haupttor stiefelt oder durch die Kanalisation stapft. Dass sie auf dem Level einfach fliegen und direkt ins Gemach des Barons dim-dooren können -- wird mit keiner Silbe antizipiert.
Und damit ist die Tragikomödie nicht beendet: in der Endphase dieses Abenteuers geht es dann noch in ein uraltes Grabmal, das so auf Indiana-Jones-artige Prüfungen getrimmt ist, wie über wackelige Plattformen balancieren und rollenden Steinkugeln ausweichen. Auch hier wieder, von der Idee ganz nett, aber auf Level 11, come on, da werden all diese sorgfältig ausgestalteten Prüfungen mit genau vorgegebenen Würfelregeln usw doch einfach trivialisiert, weil die Gruppe halt zB einfach über den Parcours hinwegfliegt.
Meine Theorie, wie sowas passieren kann: der Verlag klopft bei diversen Freelancern an, "Wir bräuchten da ein Abenteuer für nen AP, Level 10-12, kannst du uns da bis ... was schreiben?" und der Freelancer so *guckt in seine Schublade, findet ein AB das er mal für Level 5 geschrieben hat* "Ja klar, mach ich euch", dann tauscht er halt die Skelettkrieger gegen Bluthorror-Skelettchampions aus und callt es einen day.
Und das größte Problem überhaupt: man erfährt quasi erst zum Ende von Band FÜNF, wer der BBEG ist, ach was red ich: dass es einen BBEG überhaupt GIBT! Bis dahin stochert man wirklich nur im Trüben. Das kotzt mich wirklich am allermeisten an. Auch hier wieder im CRPG viel besser gelöst, wo die ganze Backstory schon ab Kapital 1 exponiert wird.
gunware:
--- Zitat von: Feuersänger am 4.06.2025 | 15:23 ---geht von lauter merkwürdigen Prämissen aus:
--- Ende Zitat ---
Dass die SC sich um jede Kleinigkeit kümmern sollen, kam mir beim Lesen nicht so vor. Wenn aber das Königreich höchstens die Stufe der SC hat, dann ist irgendwie nachvollziehbar, dass sich um manche Probleme die SC kümmern müssen.
Die Kriegsregeln fand ich beim Lesen irgendwie zu arg vereinfacht. Mal schauen, wie sie in echt funktionieren.
Gerade bei Besteuerung finde ich es gar nicht so schlecht gelöst. Klar, die Probe sollte geschafft werden und die Steuer sollten nicht gerade jeden Monat eingetrieben werden. Dann ist ja alles ok. Und dass man den Bonus sogar auf die Wirtschaftsproben auch bei einem Misserfolg kriegt (für den Preis von steigender Unruhe) entspricht doch nicht keinem finanziellen Effekt. Sogar der kritischer Fehlschlag verschlechtet keine anderen Proben und steigert "nur" Unruhe und noch was. Damit bin ich ganz fein. Ich glaube auch nicht, dass es im Spiel deswegen zu irgendwelchen nicht nachvollziehbaren Problemen führen sollte.
Und was für Gehalt für Minister? Die werden doch vom Königreich bezahlt und nicht von den SC.
--- Zitat von: Quaint am 4.06.2025 | 15:59 ---Und haben dann tatsächlich die Rußschuppen-Kobolde mit 100+ Mann gemacht. War einigermaßen albern.
--- Ende Zitat ---
Ich gehe eher davon aus, weil meine Spieler bereits einige Einflusspunkte generiert hatten, dass sie die Rußschuppen-Kobolde in die eigene Armee integrieren werden, damit sie sich mit ihnen nicht herumplagen müssen. Aber das wird bei uns die Zukunft zeigen.
Feuersänger:
--- Zitat von: gunware am 4.06.2025 | 16:22 ---Und was für Gehalt für Minister? Die werden doch vom Königreich bezahlt und nicht von den SC.
--- Ende Zitat ---
Sie werden überhaupt nicht bezahlt. Mit "Minister" meine ich die ganzen Posten, die da zu verteilen sind, und die zunächst mal von den SC besetzt und dann mit NSC aufgefüllt werden. General, Diplomat, Magister und so weiter. Für die ist as written keine Bezahlung vorgesehen. Will man ihnen was bezahlen, muss man das als BP aus dem Königreich rausziehen, mit dem beschriebenen Unruhe-Effekt.
Ja, wie gesagt kann man das System gamen, indem man zB alle 3 Monate einen größeren Batzen BP rauszieht, so bemessen dass die Unruhe nur um 1-2 steigt, dann beruhigt sie sich relativ schnell wieder. Ist günstiger als jeden Monat einen kleineren Betrag rauszunehmen. Eigentlich aber alles schwachsinnig.
Du verwechselst übrigens nebenbei bemerkt die Besteuerung mit der BP-Entnahme. Die "Taxation Policy" oder wie das heisst funktioniert so, dass du je nach Niveau ("Null, Gering, Mittel, Hoch") einen Economy-Bonus aber Unruhe-Malus bekommst. Und da die Economy-Boni irgendwo im Bereich von 0 bis +3 aber die Unrest-Abzüge deutlich höher ausfallen, lohnt sich das absolut nicht.
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