Nachdem ja eigentlich schon alles gesagt ist, nur noch nicht von mir:
Ich gehöre auch zu denen, die sich zwar nie wirklich für ihr Hobby geschämt haben, die aber lernen mussten, dass es in den 80er Jahren nicht immer ein kluger Move war, jedem gleich davon zu erzählen. Schon allein, weil man sofort das Schild "Aha, noch so einer von den Spinnern, die sich im Keller verkriechen und 'Held' spielen, weil sie scheiße im Fußball sind und keine Freundin abkriegen" umgehängt bekam.
Viel später - nach Kampfsport, Bundeswehr, Freundin/Frau und Kind - habe ich dann mal einen Tagebucheintrag geschrieben, in dem ich mich gefragt habe, wieso ich mich eigentlich von Leuten dissen lasse, deren Hobbys aus "Samstags besoffen 'Schaaaalke!!!' brüllen oder Briefmarken sortieren bestehen. Danach war ich irgendwie im Frieden mit mir, aber die Wahrheit ist natürlich auch, dass sich die Zeiten ohnehin geändert hatten.
Irgendwann hatte ich dann tatsächlich mal ein Vorstellungsgespräch mit einem Abteilungsleiter und seinem Vize, bei dem ich offen zugegeben habe, auch mit knapp 40 noch aktiver Rollenspieler zu sein. Der Chef hatte keine Ahnung, was das ist, und hat sich das interessiert erklären lassen. Und da kam dann raus, dass sein Vize ebenfalls aktiver Spieler war - und dass er sich nie getraut hatte, das in Anwesenheit seines Chefs zu erwähnen. Danach ging's mir endgültig besser.
Trotzdem habe ich vor 10 Jahren entschieden, in der Netzöffentlichkeit nur als "Weltengeist" aufzutreten. Das hatte unter anderem den Grund, dass ich nicht von irgendwelchen Schnellschießern speziell aus dem angelsächsischen Sprachraum mit einer anderen Art von "Rollenspiel" (in der es auch Meister und Masken und so gibt) in eine Schublade gesteckt zu werden.
Letztes Jahr habe ich dann übrigens die letzte Hemmung verloren und vor versammelter Studierendenschaft eine Doppelvorlesung zum Thema "Pen-and-Paper-Rollenspiel" gehalten. Sieht also so aus, als hätte ich inzwischen auch die letzten Ängste vor Vorverurteilung verloren. Hat aber wirklich gedauert, und es war definitiv hilfreich, wenn man die Unsicherheiten, die man als 16-Jähriger so mit sich rumschleppt, im Laufe des Lebens abgebaut hat.