Autor Thema: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?  (Gelesen 947 mal)

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Offline Feuersänger

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Die Idee für diesen Thread kam mir eigentlich schon vor ein paar Tagen, ausgehend von der ganzen Welle hier:
DCC Funnel
Rahmenbedingungen von Abenteurergruppen
Abenteurergilden

Da wurde zum Ende hin auch moniert, dass Abenteurer (also SC) oft nicht in die Gesellschaft eingebunden seien oder zumindest (angeblich) sich so verhalten.
Da sollte man vielleicht erstmal fragen: Was denn für eine Gesellschaft? Wie sieht sie aus? Wer hat das Sagen? Welche Schichten gibt es? Wie sehen die internen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen aus?

Beispielsweise:
Gibt es Unfreiheit und wenn ja, in welcher Ausprägung? Leibeigenschaft, Hörigkeit, Sklaverei, Schuldknechtschaft..? Was bedeutet das für den Betroffenen? Wie kommt man da rein und wie wieder raus?

Okay ich muss zugeben, es ist bei mir schon länger her, dass ich offizielle Weltenbände verschlungen und mir jedes Detail gemerkt habe. Ich habe eine vage Erinnerung, dass auf solche Themen in einigen FR-Büchern eingegangen wurde, aber an die konkreten Inhalte kann ich mich nicht erinnern. :/

Ich bin sowohl an Infos über offizielle Settings / Welten interessiert, zB also Forgotten Realms, Golarion, Lorakis, als auch an Homebrews und Heartbreakern. =)
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Zitat von: ErikErikson
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Offline Boba Fett

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #1 am: 13.09.2025 | 18:22 »
Ich finde die Frage nach den Gesellschaftsstrukturen bei der Kritik, dass sich die Spielercharaktere ausserhalb der Gesellschaft befinden, eigentlich irrelevant.
Zunächst einmal, weil die möglichen Gesellschaften in Rollenspielwelten höchst divers sind. Von den klassichen Monarchistischen oder absolutistischen Formen, über Demokratie, Theurgischen, kann es ja unendlich viele andere Formen geben und immer kann die Kritik greifen oder nicht.

Der große Unterschied ist meistens, dass die meisten Menschen seßhaft leben und arbeiten, während „Abenteurer“ nomadisch leben und eben keinen Beruf haben, sondern ihren Lebensunterhalt mit dem Ausüben von (meist rechtschaffener) Gewalt bekommen.

Ich würde insofern eher zwei Dinge Fragen: Wer sorgt normalerweise für Recht und Ordnung? Und Wie gerecht ist die Ordnungsmacht. Vielleicht auch noch: Wie sicher ist das Leben?

Wenn die meisten Wesen einem Beruf nachgehen, seßhaft sind und es staatliche Organe gibt, die Recht und Gesetz durchsetzen, dann sind Charaktere, die nicht seßhaft sind und sich ihren Lebensunterhalt mit Gewaltausübung verdienen eindeutig nicht integrierter Teil des Gesellschaft.
Und da spielt es keine Rolle, ob die Gesellschaft eine Demokratie, eine Monarchie oder eine andere Struktur inne hat.

Es geht viel mehr darum, dass die „Abenteurer“ ein vollkommen anderes Leben führen, andere Bedrüfnisse und Sorgen haben und sich im Notfall vielleicht auch einfach mal „absetzen“ während der normale Bürger eben Alltagssorgen hat und nicht so einfach seinen Heimatort zurückläßt.

Abenteurer sind vielleicht so etwas wie eine „Rockband“, die davon lebt, durch die Lande zu ziehen und mit Musik ihr Geld zu verdienen. Auch die haben andere Sorgen (Instrument ist kaputt…). Auch die entziehen sich vieler Probleme durch weiterziehen und auch die kennen ganz viele Alltagssorgen nicht mehr und haben dafür andere, die den normalen Wesen fremd sind.
Auch die sind vielleicht beliebt, solange ihr Wirken gefällig ist, aber eben auch nicht mehr, wenn sie Probleme bereiten.
Auch die Rockband kann in der Woche in der Kneipe die Nacht zum Tage machen, weil sie nächsten morgen eben nicht früh aufsteht, arbeiten oder die Familie versorgen muss. Auch die Rockband prellt vielleicht die Zeche, wenn die Kasse nicht stimmt und kommt im nächsten Dorf mit leeren Taschen an und hofft, dass sich ihre Eskapaden nicht rumgesprochen haben.
Und all das ist unabhängig vor der Gesellschaftsschicht. Weil die übliche Gesellschaft eben arbeitet und seßhaft ist, während andere ein Nomadenleben führen.

Und genau genommen, ist es diese Entfremdung - keine gemeinsamen Sorgen, unterschiedliche Vorstellung, wie man das Leben führt, unsteter Lebenswandel und keine langen Beziehungen durch nomadisches Umherziehen, die dafür sorgen, dass man nicht Teil der Gesellschaft sein kann.
« Letzte Änderung: 13.09.2025 | 18:28 von Boba Fett »
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Offline flaschengeist

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #3 am: 13.09.2025 | 18:52 »
Abenteurer sind vielleicht so etwas wie eine „Rockband“, die davon lebt, durch die Lande zu ziehen und mit Musik ihr Geld zu verdienen. Auch die haben andere Sorgen (Instrument ist kaputt…). Auch die entziehen sich vieler Probleme durch weiterziehen und auch die kennen ganz viele Alltagssorgen nicht mehr und haben dafür andere, die den normalen Wesen fremd sind.
Auch die sind vielleicht beliebt, solange ihr Wirken gefällig ist, aber eben auch nicht mehr, wenn sie Probleme bereiten.
Auch die Rockband kann in der Woche in der Kneipe die Nacht zum Tage machen, weil sie nächsten morgen eben nicht früh aufsteht, arbeiten oder die Familie versorgen muss. Auch die Rockband prellt vielleicht die Zeche, wenn die Kasse nicht stimmt und kommt im nächsten Dorf mit leeren Taschen an und hofft, dass sich ihre Eskapaden nicht rumgesprochen haben.
Und all das ist unabhängig vor der Gesellschaftsschicht. Weil die übliche Gesellschaft eben arbeitet und seßhaft ist, während andere ein Nomadenleben führen.

Diese Analogie gefällt mir :d.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline nobody@home

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #4 am: 13.09.2025 | 18:59 »
Ich denke, ich stimme Boba da weitgehend zu...vielleicht mit der einen Einschränkung, daß Abenteurer bei der allgemeinen Bevölkerung gar nicht unbedingt so viel populärer sein müssen als anderes fahrende Volk auch. Immerhin sind gerade sie ja ausgesprochene Leute, die Ärger schon regelrecht suchen (und sei es auch nur, um sich um ihn zu kümmern) und damit leicht in den Ruf geraten können, ihn auch entsprechend anzuziehen und womöglich genau den Leuten aufzuhalsen, in deren Gegend sie sich gerade aufhalten...

Wobei auch das natürlich selbst im schlechtesten Fall nur das allgemeine Verhältnis sein kann, denn individuelle herumziehende Gruppen können durch gute Beziehungen und einen passenden Ruf logischerweise viele Vorurteile zumindest gegen sich selbst "als Ausnahme" außer Kraft setzen. Oder sie auch vollauf bestätigen und verstärken und so einen noch schlechteren Leumund genießen, als es andere Herumtreiber vielleicht schon tun...das liegt zumindest mit an ihnen.

Was die Fantasygesellschaft an sich angeht, kann die aus meiner Sicht in der Tat so gut wie alle Formen annehmen, die wir aus der Geschichte schon kennen, und potentiell gleich noch ein paar rein fiktive (wie z.B. ein irgendwie vermutlich durch Magie entstandenes Schwarmbewußtsein oder ein tatsächlich mal funktionierendes quasi-kommunistisches Utopia), wobei sich einzelne Kulturen dann wieder wenigstens zum Teil drastisch voneinander unterscheiden können. Da gibt's aus meiner Sicht eigentlich keinen definitiv verbindlichen "Standard", egal, wieviele Settingschreiber trotzdem versuchen, ihre Welten ein vages Gefühl von europäischem Mittelalter oder zumindest dem, was sie sich selbst spontan darunter vorstellen, verströmen zu lassen.

Offline Tudor the Traveller

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #5 am: 13.09.2025 | 19:02 »
Diese Analogie gefällt mir :d.

Ihr kennt "Kings of the Wyld"?
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Offline flaschengeist

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #6 am: 13.09.2025 | 19:07 »
Ihr kennt "Kings of the Wyld"?

Ich nicht.
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Eismann

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #7 am: 13.09.2025 | 19:14 »
Ich finde es auch jenseits der Frage nach der Stellung von Charakteren in der Gesellschaft interessant, sich bei der Erschaffung fiktiver Welten über Gesellschaftssysteme Gedanken zu machen. Alleine schon, um eben nicht wieder irgendwo zwischen pseudo-mittelalterlichem Feudalismus und Disneykönigtum zu landen.
Daher aus meiner Praxis:
Die Katzen von DSK sind Anarchisten, die Herrschaft beispielsweise durch Abstammung ablehnen. Sie bilden zwar immer wieder Zweckbündnisse aus, die Anführern folgen, aber nur, wenn die ihren Anhängern ausreichend Versprechungen nach Wohlstand und Ansehen machen und diese dann idealerweise auch einlösen. Ansonsten werden die Anführer ausgetauscht oder die Anhänger wechseln zu anderen Gruppen. Neben diesem Wechselspiel breiten sich aber auch mafiöse Strukturen aus, und auch Familienverbände, meist über die weibliche Verwandtschaftslinie, spielen eine wichtige Rolle.
Die Hunde wiederum lehnen sich etwas einem leicht klischeeartigen Bild der japanischen Edo-Periode an. Loyalität und Ehre werden als besonders wichtig hochgehalten, man folgt jeweils einem Anführer, auch bis in den Tod. Die verschiedenen Anführer geben oft genug nur vordergründig etwas auf das ganze Loyalitätsthema, solange es ihnen nützlich ist. Es ist aber nur ein Mittel zum Zweck, genauso wie Auftragsmorde, Korruption und Betrügereien. Über allem stehen ein religiöser Anführer, der nominell der Chef ist, aber defacto wenig zu melden hat, und dessen militärischer Stellvertreter, der die eigentlichen Fäden zieht.
Die Wüstenfüchse wiederum sind Manchester-Kapitalisten, die gegenüber allen, die nicht zur direkten Familie gehören, keinerlei Skrupel kennen. Bereicherung ist Selbstzweck und religiös überhöhtes Ziel. Ein bisschen wie die Ferengi, nur mit stärkerem Familienbild.
Als Nebenschauplatz gibt es noch eine größere Gruppe an intelligenten Käfern, die Individualisten sind, weil sie mit Kollektiven schlechte Erfahrungen gemacht haben. Als Individualisten ringen sie entsprechend stark mit den Fragen, wie eine Gesellschaft funktioniert, wie Entschlüsse gefasst werden und wie man mit Minderheitsmeinungen umgehen sollte.

Allgemein finde ich Fantasysettings auch deswegen spannend, weil man mal andere Gesellschafssysteme skizzieren und "simulieren" kann.

Offline Aedin Madasohn

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #8 am: 13.09.2025 | 19:25 »
Diese Analogie gefällt mir :d.

schließe mich dem an

zum Thema:

Aventurien/DSA bildet das über ein Sozialstatussystem mit Punkten ab. Von einem persönlich freien "Herumtreiber von Habenichtse" bis zum verwöhnten horasischen Adligen kann hier skaliert werden.
Sobald man tiefer drin ist im Setting, weiß man, dass das horasische Adelsprädikat im Mittelreicher "etwas" weniger Wert ist als im Lieblichen Feld.
Im stolzen Gareth hat ein "nichtblaublüter" Altstädter (Stichwort Rat der Helden - quasi die Teaparty des Mittelreiches im Kampf gegen Horas-Despotie) ein anderes Standing als im feudalistisch-ritterlichen Weiden.
Das lässt sich dann bei Proben mit plus/minus einrechnen.

ebenso gibt es ganz viel Aventurien-deep-lore dazu.
ein Phexgeweihter auf Schattenmission mag ja einen hohen Sozialstatus als 12G-Geweihter haben, doch praktisch kommt nur der Sozialstatus seiner "Tarnung" zum Tragen.
Im Gegenzug würde eine Praiosgeweihte (12 Götter) mit zusätzlichem Amt "Inquisitorin" und Missionsbrief des Großinquisitors im Mittelreich alles niederwalzen, was an einem Stadttor auch nur eine blöde Frage nach dem geweihten Streitkolben und Recht auf Waffentragen stellt...

magische Orden wie die Grauen Stäbe senden Expeditionen aus, der hesindegeweihte Orden der Draconiter erforscht alte Geheimnisse, die Kaiserin braucht Babysitter...

wer will, kann natürlich auch als zunftloser Zuckerbäcker auf die Walz gehen und sich im nächstbesten Kerker wiederfinden, weil er mit seinem freiharster Löffel in einer zünftigen Zuckerdose erwischt wurde...
was für Galgenvögel er dort wohl antreffen würde  :think:
...und würde das nicht ein Flucht-in-Ketten-Buddy-Movie geben, dem Kerker dann entflohen zu sein...  :think:
...und dann verstecken die sich im nächstbesten Erdstall vor den Bluthunden und... WAIT!!!  ~;D

Offline Tudor the Traveller

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #9 am: 13.09.2025 | 19:39 »
Ich nicht.

Ok. Dachte, das wäre hier recht bekannt, weil mir das hier viele Leute bei der Suche nach Lesestoff mal nahegelegt haben.

Kurzfassung:
Der Roman tut genau das mit den Rockbands: Abenteurer schließen sich zu sogenannten Bands zusammen. Die heißen dann auch wie Rockbands und touren durch das Land, um in den Arenen für Geld gegen gefangene Monster zu kämpfen. Eigentlich töten sie die Monster, die aus dem "Wyld" - ein monsterverseuchter, verfluchter, den Kontinent dominierender Urwald - in die Reiche eindringen. Oder sie gehen selbst in den Wyld, um Schätze zu finden. Aber das ist vielen Bands zu gefährlich, die kämpfen lieber vor Publikum gegen die in der Regel vorher verkrüppelten Monster.

Bands werden von drn Leuten gefeiert. Gute Bands sind globale Prominente. Die Bands benehmen sich aber auch öfter mal daneben und sorgen für Ärger.

Das zweite Buch (Blody Rose) beleuchtet das dann zunehmend gesellschaftskritisch...
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Offline Yney

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #10 am: 13.09.2025 | 19:50 »
Da es in Feenlicht den „Beruf“ des Abenteurers nicht in dem Sinne gibt, hat sich neben der Lust an einer konsistenten Welt (so weit das halt geht) auch dadurch die Notwendigkeit ergeben, dass die Welt Struktur besitzt. Denn nur wenn das neben der physischen Konsistenz vorhanden ist, gibt es eine Struktur, die der Begegnung mit den Spielerfiguren (bewusst nicht „Helden“) aushält und sich stimmig anfühlt. Allein daraus erwachsen dann auch Geschichten (natürlich gibt es aber auch genügend Ansätze für Erlebnisse).

Die Figuren haben da also meist ihren Platz in der Gesellschaft wie jede andere Person auch. Sie tendieren natürlich eher dazu, die Welt zu erkunden und herum zu kommen (einen Bäcker jeden Tag beim Brotbacken auszuspielen ist nicht sooo spannend).

Wie Boba Fett es ja formuliert kann da alles vorkommen. Da gibt es ein Matriarchat (kirchlich) an der Westküste, ein Königreich nahe der Berge (so richtig mit:„Ich allein bin hier der Chef!“), ein Reitervolk, die ihren obersten Anführer zwar König nennen, ihn aber wählen und bei schlechter Leistung schlicht samt Holzthron in den Fluss kippen (er überlebt das, aber eine Schmach ist es dennoch), ein Großmagierreich (nein, Magier lassen hier nicht die Erde wackeln, das ist gänzlich unmöglich) mit teilweise demokratischen Strukturen usw. usw.

Und die Abwechslung macht neben anderen Dingen Lust auf Entdeckung zu gehen. Eine meiner liebsten Gruppen formulierte mehrfach: „Ui, gehn wir da hin, da warn wir noch nicht!“

Offline Feuersänger

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #11 am: 13.09.2025 | 19:55 »
Zunächst mal:
Zitat
Ich finde die Frage nach den Gesellschaftsstrukturen bei der Kritik, dass sich die Spielercharaktere ausserhalb der Gesellschaft befinden, eigentlich irrelevant.

Wie kann das eine für das andere irrelevant sein? Wie soll man denn einen SC als Teil oder nicht-Teil der Gesellschaft darstellen, wenn überhaupt nicht erklärt wird, was es für eine Gesellschaft _ist_?

Zitat
Wer sorgt normalerweise für Recht und Ordnung? Und Wie gerecht ist die Ordnungsmacht. Vielleicht auch noch: Wie sicher ist das Leben?

Das sind zweifelsohne legitime Fragen. Da kommt es halt drauf an, ob man eine bestimmte vor-moderne Epoche der Weltgeschichte emulieren will - zB sagen wir mal Spätmittelalter - oder ob man auf Historisierung pfeift und halt gleich vom Start weg sein Fäntel-Ding macht.

Dass wir oft eine viel zu moderne Vorstellung von solchen mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Gesellschaften haben, kam ja schon im anderen Thread auf. "In echt" gab es halt keine Polizei, und auch wenn man das Recht auf seiner Seite hatte, durchsetzen musste man es meistens selber. (Das war ja, soweit ich das verstanden habe, durchaus attraktiv an der Unfreiheit, weil da dein Herr verpflichtet war, dein Recht für dich durchzusetzen ; EDIT: _und_ auch die Mittel dazu hatte.)

Zitat
vielleicht mit der einen Einschränkung, daß Abenteurer bei der allgemeinen Bevölkerung gar nicht unbedingt so viel populärer sein müssen als anderes fahrende Volk auch.

Oh, ihr springt sofort wieder zu dem Thema, wie die Abenteurer in dieser Welt wahrgenommen werden.

Da wäre mal mein erster Eckpunkt: Kleider machen Leute.
Wenn eine Truppe in einem Ort eintrudelt, und der eine trägt eine schimmernde Ritterrüstung mit einem juwelenbesetzten Schwert an der Seit, der andere reich verzierte Roben, alle sind behängt mit kostbarem Schmuck bei dem man die Magie förmlich knistern hört, dann dürfte das auch den Dörflern und ihrer Obrigkeit einigen Respekt einflößen. Das mag auf Level 1 noch alles etwas anders aussehen. Es lascht mich aber wirklich dermaßen an, wenn ungeachtet solcher Kennzeichen jegliche noch so offensichtlich gestandene Abenteurer grundsätzlich als Herumtreiber und Tagediebe behandelt werden.

Zitat
Hatten wir im letzten Jahr nicht auch schon über (DnD-)Gesellschaftszusammensetzung gesprochen, als es um Klerus (Verfügbarkeit von magischer Heilung) und Magiekundige ging?

Ja, da ging es ja u.a. um die Prävalenz von Magiebegabung, und wie langwierig und schwierig es für einen NSC ist, Level zu machen. Also zumindest ich gehe über diesen Winkel an diese Frage heran. IIRC hatten wir damals in dem von dir referenzierten Thread erarbeitet, dass man schon allermindestens einen Ort mit 1000 Einwohnern braucht, um eine Chance auf einen (1) 5.-stufigen Zauberwirker (nach D&D-Maßstäben) zu haben, und das ist dann wahrscheinlich der Priester.

Da kann man wie gesagt auch noch einiges an Überlegungen anstellen: wie gründlich wird nach magiebegabten Kindern gesucht? Welche Konsequenzen hat das für dessen Familie?
Bspw in meinem Homebrew-Setting sieht das - zumindest im zentralen Imperium - ganz klar so aus, dass von den entsprechenden Institutionen sehr eifrig nach geeignetem Nachwuchs gesucht wird, und es den Eltern mit einem Haufen Geld versüßt wird, ihren Spross an eine Akademie, einen Tempel oder dergleichen in die Ausbildung zu geben.

--

Edit 2:
Zitat
Aventurien/DSA bildet das über ein Sozialstatussystem mit Punkten ab.

Das klingt so nach chinesischem Sozialpunktesystem. xD
Ist ja jetzt nicht so, dass da die Stadtwache den Abenteurer anpflaumt "Unter Sozialstatus 3 kommt hier keiner durch. Zeigen Sie mir erstmal Ihren Sozialausweis." Das wäre selbst für DSA zu beamtig.  ;D
Aber klar, so als Abstraktion kann man sowas freilich einbauen. D&D 5E macht sowas ein klein bisschen mit den Hintergründen, wo es aber eben keinen Punktwert gibt sondern je nach HG genau aufgedröselt ist: bist du "Noble", wirst du vermutlich in der Zivilisation generell mit Respekt behandelt (solange man das auch an deinem Verhalten und deiner Kleidung erkennen kann). Bist du "Soldier", hast du bei militärischen Strukturen einen Fuß in der Tür. Und so weiter.
« Letzte Änderung: 13.09.2025 | 20:08 von Feuersänger »
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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #12 am: 13.09.2025 | 20:02 »
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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #13 am: 13.09.2025 | 20:06 »
Da wäre mal mein erster Eckpunkt: Kleider machen Leute.
Wenn eine Truppe in einem Ort eintrudelt, und der eine trägt... [...]

Ich würde erwarten, dass das nur für kulturell ähnliche Formen gilt. Respekt vielleicht, wenn die krassen Teile eben auch als krass erkannt werden. Sonst sind es einfach nur furchteinflößende Fremde.

@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.
« Letzte Änderung: 13.09.2025 | 20:08 von Tudor the Traveller »
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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #14 am: 13.09.2025 | 20:27 »
@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.

Den Eindruck habe ich allgemein auch -- von einzelnen speziell gekennzeichneten und daher besonderen "Villain States" mal abgesehen. Stichwort Bornland, Thay...
Da schlägt halt - bei der "alle sind frei und können hingehen wo sie wollen" mal wieder der Wildwest-Stallgeruch durch. Ist ja auch an sich okay. Ist vielleicht auch an sich besser, als wenn man eine Gesellschaft mit Unfreien automatisch als absolute Horrorshow darstellt.

Wie gesagt: wenn man Mittelalter simulieren will -- auch das ist ja nicht verwerflich -- sollte man sich zumindest vergegenwärtigen, woher im europäischen MA diese Strukturen kamen und wie sie gewachsen sind. Und dass es eben ganz eindeutig _nicht_ eine einseitige Beziehung darstellt, bei der der Herr alle Rechte und der Knecht alle Pflichten hat. Das mal "historisch korrekt" dargestellt zu bekommen, wäre vielleicht auch mal ganz reizvoll.
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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #15 am: 13.09.2025 | 20:38 »
DSA kennt den "Kriegerbrief" für die Absolventen der "Kriegerakademien", welcher dann zum Führen von Zweihänder berechtigt  :korvin:
Schwertgesellen können ebenfalls auf die Gesellenschaft pochen
in Ehren entlassener Soldat der Reichsarmee geht auch,
im Süden von Aventurien stehen Söldner ja zumeist im Dienst von Boronkirche und Granden, da regelt sich das über die Brötchensponsoren.

nur der BergarbeiterVeteranenGladiator mit breitgefächerter Bildung fällt da etwas durchs Raster...ist für den die Knappschaft zuständig?  ~;D

Gildenmagier haben ihre magisch eingebrannten Gildensiegel und Weiße Gilde ist stramm reichstreu, was da ebenfalls viele Türen öffnet.
Graue Gilde ist angesehen und Schwarze Gilde...zumindest gefürchtet  >;D
Druidenzirkel haben etwa in Andergast das Ansehen von Gilden
Elfen und Zwerge haben ihrer Völkerbund-Verträge mit dem Mittelreich
In Aranien sitzen Hexen (Töchter Satuarias) mit in der Regierung

einige Crossover mit Kirchen helfen da ebenfalls, etwa wenn der Hesindeorden "Schwesternschaft der Mada" auch Hexen aufnimmt.

es gibt also schon Möglichkeiten, als angesehenes (zumindest respektiertes) Mitglied der DSA-Gesellschaft(en) auf Abenteuer auszuziehen.

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #16 am: 13.09.2025 | 20:56 »
@Thema: Unfreiheit ist imo in der 0815 Fantasy nicht der Fall. Meistens scheinen mir die Leute generell frei.

Es gibt beim einen oder anderen "klassischen" System zumindest für einige Settings (z.B. ein paar Basis-D&D-Gazetteers oder Midgard 2 scheinbar allgemein für ganz Magira) schon Würfeltabellen, die andeuten, daß Unfreiheit oder zumindest Armut, die dem praktisch gleichkommt, in den dazugehörigen Welten existiert und auch für Spielercharaktere zumindest anfangs relevant sein kann -- wie das nach ein paar Stufen als "Profi-Abenteurer" in der jeweiligen Klasse aussieht, ist natürlich ggf. wieder eine andere Frage, aber eine quasi-jugendliche Statusprägung findet da schon statt und die Implikationen für die Welt als ganzes sind auch da.

Nichtsdestotrotz bilden natürlich auch da die "typischen" SC keinen repräsentativen Querschnitt durch die Gesamtgesellschaft, sondern betonen in erster Linie die sozialen Klassen, die die Mittel und Freiheit zum unbeaufsichtigten Abenteuern einigermaßen plausibel haben können. Oder zumindest ist mir persönlich noch kein Trupp aus 4-6 reinen Sklaven und Leibeigenen untergekommen. :)

Offline Feuersänger

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #17 am: 13.09.2025 | 21:06 »
Würfeltabellen, die andeuten, daß Unfreiheit oder zumindest Armut, die dem praktisch gleichkommt

Das sind ja historisch ganz verschiedene Paar Stiefel.
Du konntest ein freier Bettler sein oder ein qua Definition unfreier Ministerialer.
Klar schwelgten sicherlich die meisten Unfreien nicht im Luxus, aber dass sie generell in bitterer Armut gelebt haben ist halt ein blödes Klischee.
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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #18 am: 13.09.2025 | 21:26 »
Den Eindruck habe ich allgemein auch -- von einzelnen speziell gekennzeichneten und daher besonderen "Villain States" mal abgesehen. Stichwort Bornland, Thay...
Hm, da du das Bornland erwähnst: In Aventurien sind auch im Mittelreich die Mehrheit der Leute Leibeigene. Und an Gesellschaften, die genuine Sklaverei betreiben, gibt es einige: Kalifat, Tulamidenlande, Al'Anfa (natürlich!)
Ich würde schon eher sagen, bei DSA sind die Kulturen, in denen es keine Form von Unfreiheit gibt, in der Minderheit.

Ich glaube tatsächlich auch, dass DSA damit unbefangener umgeht, weil es eben kein amerikanisches Spiel ist. Man mache sich bewusst: Sklaverei überhaupt nur als Konzept im Hintergrund zu haben, wurde z.B. Pathfinder zu heikel, so dass Sklaven und Sklaverei einfach nicht mehr vorkommen bzw. nicht mehr erwähnt werden. Und andere Formen der Unfreiheit im Detail auszwälzen, wird man dann eher auch nicht machen, weil das zu sehr an Sklaverei erinnert. Liegt natürlich daran, dass das nicht welthistorisch eingeordnet, sondern einfach durch das Prisma der US-Geschichte die rassistisch basierte Südstaatensklaverei projiziert wird.
« Letzte Änderung: 13.09.2025 | 21:32 von Skaeg »
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Offline nobody@home

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #19 am: 13.09.2025 | 22:19 »
Das sind ja historisch ganz verschiedene Paar Stiefel.
Du konntest ein freier Bettler sein oder ein qua Definition unfreier Ministerialer.
Klar schwelgten sicherlich die meisten Unfreien nicht im Luxus, aber dass sie generell in bitterer Armut gelebt haben ist halt ein blödes Klischee.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: wer arm genug ist oder war, hat(te) von seiner nominellen "Freiheit" bestimmt nicht viel.

Daß es auf der anderen Seite in historischen sklavenhaltenden Gesellschaften insbesondere auf dieser Seite des Atlantiks auch Sklaven gegeben hat, die bei allem "Du bist eigentlich nur persönliches Eigentum von X" geradezu im Luxus schwelgen konnten, tut dem ja keinen Abbruch. (Inwieweit die dann wieder zum Abenteurer taug(t)en, ist wieder eine andere Frage. Theoretisch könnte ein hinreichend großzügiger und hoher Herr, dessen Status auch auf seinen Diener ausstrahlt, diesem die Erlaubnis dazu schon geben -- das schlichte Recht dazu hätte er ja.)

Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Wie ist die Gesellschaft in Fantasy-Settings strukturiert?
« Antwort #20 am: 13.09.2025 | 22:51 »
während „Abenteurer“ nomadisch leben und eben keinen Beruf haben, sondern ihren Lebensunterhalt mit dem Ausüben von (meist rechtschaffener) Gewalt bekommen.

kommt darauf an Seefahrer, Kauffahrer, Nomaden etc dürften sich auch bewegen während auch SCs sozial und ggf örtlich eingebunden sein können und sich dann ggf in Richtung vom Ritter des Barons zum Champion des Königs hocharbeiten.

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Offline Aedin Madasohn

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aufgrund der Länge des Mittelalters, den mal mehr, mal weniger römisch durchtränkten Regelungssystemen, den mal mehr, mal weniger dünnen Erobererschicht, ist dass ganze extrem unübersichtlich gewachsen bis gewuchert

Allgemein finde ich Fantasysettings auch deswegen spannend, weil man mal andere Gesellschafssysteme skizzieren und "simulieren" kann.

 :d

die Völkerwanderungsgermanen koppelten "Freiheit" an "Selbstversorgerbodenbesitz"
und kannten dann noch die Gefolgstreue der verschworenen Krieger zu ihrem "Ringegeber", der sie zu bewirten hatte

dann gab es heeresdienstpflichtige karolingsche Panzerreiter auf angewiesenen Grund&Boden und wenn die Panzerreiter zu schlechte Verwalter waren, gab man den Grund&Boden samt der galloromanischen Beackerer an ein Kloster, die dann 10 Panzerreiter mit 12 Pfeilen, einen Bagagewagen mit gefetteten Lederunterschurz zum Furten und 12 Troßknechte mit Sax zu stellen habe.

In den Augen eines nur sich selbst und höchstens dem LanghaarKönig noch verpflichteten fränkischen Großbauerns waren das Dienstmänner/Knechte.
Die militärische Macht lag aber bei den Panzerreitern.

Später putschten dann die erste Generation an Dienstmannpanzerreitern gegen die Königsmacht und okkupierte den verliehenen Grund&Boden als Eigenbesitz. Quasi Speergewonnenes Land. Wer damit durchkam, wurde zum freien Ritter.

und der König? setzte neue Dienstmannen mit Panzerzeugs auf Grund&Boden und jetzt schauten die emanzipierten PuschistenRitter auf diese knechtenden Ministrale...

wieviele Generationen PuschistenDienstmannen später dann sich der Ritterstand dank Masse&Größe als Klasse konstituieren konnte?
in welchem Winkel von Teutonistan?
im vornormannischen Saxenengland? im nachwilheminischen Normanistan?
nach dem Aufstand der Barone gegen die englische Krone?
in Burgund als die französische Krone schwach war?
In Frankreich, als die Panzerreiter tot vom Schanzpfahle in Acincourt hingen?

ist alles verschwommen und verwoben

im alten Sachsenspiegel war das Waffentragen eher Pflicht für Halb und Viertelfreie, als dass sie rechtsfähig wurden.
als die Winkinger das Rheinland verheerten, verboten die untätige Frankenobrigkeit der geschundenen Bevölkerung die Bewaffnung, weil sie ihre eigenen Untertanen mehr fürchtete als den äußeren Feind von den Drachenbooten.
Wie daraus ein konsistentes Bild von Heerfolge und Waffendienst schnitzen?
eine Seite fällt halt runter und wie Eismann schon sagte: die zum Zuge kommende Seite designt man sich selbst als Settingdemirug

Leibeigenschaft&Sklaverei haben viele juristische Facetten (und es bleibt immer fraglich, welche Paragraphen aus verschimmelten Lederhaufen wirklich gelebtes Recht waren  ;)) und die bankster-Zinsknetchschaft wurde dann ab Renaissance "erfunden"

wo soll die Funktion im Spiel sein?
Duckmäuser-NSC darstellen, die ihren finsteren Kultistengrafen nicht an durchziehenden Abenteurer verraten, weil sie seine Leibeigenen sind?
einen "tritt den Hund Sklaven" Trop im Grandenpalast darstellen, damit die Party nicht ganz so locker&flockig den Job von Jabba the Hut annimmt?

möchte es ein Settingdemirug auf sich nehmen, dass plötzlich in einem Forum per BWL-Judo sein generisches Sklavenpreiskapitel zu einem
"wir plündern nicht mehr Dungeons, sondern verticken billige Sklavenmädchen aus Sansibad nach Dubaistan, wo sie mehr Gold bringen, als uns der Transport mit dieser letztens eroberten Dschunke kostet?!"
dieses-Spiel-befördert-Mädchen-als-Ware-denken-Gate führt?  >;D

bei Shadowrun gab es ja das Durchrechnen, dass Autoklauen und per hochkompetenten Runnerdekker waschen lukrativer war als in eine Kon-Einrichtung einzusteigen.
Und für einen Shitstorm&verbrannte-Marke braucht es (SJW-Empörungsboots steigern den Hebel&Reichweite) dass das nicht mal als "echt" ausgespielt wird, sondern als reiner "in dem Forum wurden die Texte aus den Publikationen korrekt zusammengstellt" aufploppt.

Sicherlich, Dickschiffe wie DSA haben Wege der Vereinigung aussitzen können, aber das war auch vor KI-assistiert&synchrosierter Shitstormtwisterrey.
dementsprechend kann ich die Amis verstehen, wenn sie das Thema in ihren Publikationen gar nicht erst groß auswalzen wollen.




Offline andymk

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Ich finde die Frage sehr interessant, aber tatsächlich auch schwierig bis ein stückweit müßig. Es gibt aus meiner Sicht kein einziges Fantasy-System, was auch nur eine ansatzweise realistische Gesellschaftsstruktur nachzeichnen würde - was aber auch ok ist, denn das ist eine verdammt komplexe Frage, die die allermeisten Bedürfnisse der allermeisten Spielergruppen weit überschreiten würde.

Will sagen: Aus meiner Sicht muss ein Fantasy-Setting seine Gesellschaft nur so weit ausarbeiten, wie es aus narrativen Gründen sinnvoll ist. Wenn man spannende Abenteuer in der Welt erleben kann, ist sie gut genug beschrieben.

Wenn ein Setting hingegen wirklich in eine realisische Abbildung von Gesellschaftsstruktur eintauchen will, dann müsste man ja eine ganze Menge Variablen bedenken:

-Ausgangspunkt ist fast immer das europäische Mittelalter...
-...aber mit Magie...
-...und real existierenden Göttern...
-...und häufig noch mit anderen intelligenten Spezies...
-...und zumindest einer gewissen Form von moderner Befindlichkeit (Stichwort Gleichberechtigung zB)...
-...und zumeist überhaupt keinem Interesse an den wirtschaftlichen und logisitschen Strukturen einer Gesellschaft, denn im Fokus steht die "Schwerter gegen Goldmünzen"-Ökonomie der Abenteurer.

Und alleine diese Aspekte sind in der Kombination schon hyperkomplex. From the top of my head:

-Warum würde in einer Welt übermächtiger Magie eine weltliche Kriegeraristokratie herrschen? Warum Königtum statt Magokratie? Es muss schon massig Narrativium eingesetzt werden, um zu erklären, warum der Lvl 5 Fighter das Land regiert und nicht der Lvl 20 immortal Archmage. - Und eine Magokratie käme natürlich ohne Feudalismus aus, da die Möglichkeiten der Kommunikation eine andere wären, man keine rivalisierenden Schwertadeligen mit Land versorgen muss... ab diesem Punkt verliert man sich in eine völlig unbekannte Gesellschaftsform, die aber mit dem europäischen Mittelalter gar nichts mehr zu tun hat.
-Warum gäbe es eine der realen Welt nachempfundene religiöse Struktur in einer Welt mit nachweislich exisitierenden Göttern? Glaube überflüssig - Wissen möglich. Absolut jeder einzelne Mensch in dieser Welt wäre in einer Weise auf mindestens einen Gott bezogen, die wir uns gar nicht vorstellen können. Und was bedeutet die reale Existenz göttlicher Heilmagie für eine Gesellschaft? Wenn Wunden, Krankheit und Versorgung nicht mehr der Natur überlassen sind, dann sind wir plötzlich in einem sehr modernen Grundgefühl, nicht mehr im euroäischen Mittelalter, wo signifikante Portionen der Gesellschaft routinemäßig verhungert und an der Grippe verreckt sind, nicht mal ansatzweise.
-Wie kann Gleichberechtigung in einer Welt ohne funktionierende Geburtenkontrolle auch nur ansatzweise funktionieren? Wie in einer Welt, in der körperliche Gewalt der entscheidende Faktor für Herrschaft ist? - Genau, durch Narrativium oder Magie. Womir wir wieder weit weg vom europäischen Mittelalter wären.

Und das Thema mit verschiedenen Spezies, Kitchen Sink Settings, überfließenden Technologieleveln etc. fangen wir besser mal gar nicht an. Faerun, Aventurien, Golarion... da muss man nicht darüber diskutieren, warum der Bart des Norbarden genau diese Länge hat, wenn schon die fundamentalen Grundannahmen kompletter Kokolores sind.

Fazit: Aus meiner Sicht sollte man das Thema entweder bewusst flachj und rein auf die narrative Notwendigkeit bezogen halten - oder sich vom Gedanken des typischen Fäntelalters ganz weit verabschieden, und das ergebe dann automatisch sehr abgedrehte Settings.


Offline Skaeg

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Es muss schon massig Narrativium eingesetzt werden, um zu erklären, warum der Lvl 5 Fighter das Land regiert und nicht der Lvl 20 immortal Archmage.
Sowas hört man immer wieder, aber ich sehe da nicht das Problem. In realen auf Erbfolge basierenden Strukturen hat auch nicht der persönlich Stärkste regiert.

Um so mächtig zu sein, dass man allein durch seine Magie ganze Reiche unter Kontrolle haben kann, muss man in vielen, vermutlich sogar den meisten Spielen in sehr hohe Stufengefilde aufsteigen. Und dann ist noch die Frage: Will man das?

Unterhalb dieser Schwelle ist man als Magier genau so auf Legitimation und Zuarbeit anderer angewiesen wie jeder andere auch.
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Online Raven Nash

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-Ausgangspunkt ist fast immer das europäische Mittelalter...
-...aber mit Magie...
-...und real existierenden Göttern...
-...und häufig noch mit anderen intelligenten Spezies...
-...und zumindest einer gewissen Form von moderner Befindlichkeit (Stichwort Gleichberechtigung zB)...
-...und zumeist überhaupt keinem Interesse an den wirtschaftlichen und logisitschen Strukturen einer Gesellschaft, denn im Fokus steht die "Schwerter gegen Goldmünzen"-Ökonomie der Abenteurer.
Deshalb hab ich das in meinem Setting alles umgestoßen.

- Ja, es gibt Magie. Aber die mächtigste Form ist korrumpiert und kann ihren Anwender massiv schädigen. Die Anzahl wirklich mächtiger Magiewirker ist daher sehr gering - und die hüten sich davor, mächtige Zauber unbedacht zu wirken.
- Nein, keine Götter. Man weiß, wer die "sentient species" geschaffen hat - und das waren eben keine Götter. Es gibt zwar eine Religion, die ist aber Fake und eigentlich nur eine politische Bewegung von Magiewirkern. So wirklich tief "gläubig" sind nichtmal die, die tatsächlich den Lehren folgen.
- Ja, zwei. Die einen haben sich aber komplett isoliert, die anderen tauchen vereinzelt mal wo auf.
- Gleichberechtigung ist in den meisten menschlichen Kulturen erzwungen. Aufgrund von mehreren Katastrophen hatte man schlicht keine andere Wahl. Ein Reich hat allerdings ein strenges Kastenwesen.
- In vielen Gegenden sind Münzen faktisch wertlos. Nahrungsmittel bringen einen da deutlich weiter. Erfolgreiche Jäger können schneller zu Wohlstand kommen als der Abenteurer mit schweren Geldbeuteln.

Hab ich ganz bewusst so gebaut, eben weil mir diese pseudo-feudale Gesellschaft auf die Nerven ging. So hat man sehr kleine Herrschaftsbereiche in den meisten Gegenden (Stadtstaaten und Umland), mit besagter Religion als Verbindungsglied (dennoch intern uneins) aber praktisch wenig Einfluss, und auch einem tatsächlichen Bedarf an "Abenteurern" als Leuten, die ihren Hals "da draußen" riskieren. Als positiver Nebeneffekt ist so auch ein Setting entstanden, in dem die SCs am Aufbau und der Entwicklung beteiligt sein können.
Aktiv: Dragonbane
Vergangene: Runequest, Cthulhu, Ubiquity, FFG StarWars, The One Ring, 5e, SotDL, LevelUp! A5e, Vaesen
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