Autor Thema: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken  (Gelesen 4001 mal)

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Online schneeland

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #100 am: 28.09.2025 | 01:55 »
Nachdem der Theorieanteil hier nicht so hoch ist, habe ich den Thread mal in P&P - Allgemein verschoben. Bei der Gelegenheit habe ich ihm auch gleich einen etwas sprechenderen Titel gegeben.
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Online Maarzan

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #101 am: 28.09.2025 | 08:02 »
In ihrer Basisform würde die X-Card dafür sorgen, dass eine Stresssituation sofort und ohne Worte finden zu müssen unterbrochen würde und keine allgemeine öffentliche Erklärung dafür notwendig würde, was denke ich schon hilfreich wäre.

Das Problem ist doch der Automatismus, mit dem dann zwingend der X-Card-Wille durchgesetzt werden muss und der dann dem Missbrauch Tür und Tor öffnet ohne weitere Vorteile bzw. unter völliger Vernachlässigung der Belange aller anderen am Tisch.

Und gerade wo dieser Automatismus so vehement gefordert wird (und was von soo selten erzählt wird) , scheint es mir, das genau diese Missbrauchs-/Machtoption das ist, was manche wollen.
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Offline Zed

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #102 am: 28.09.2025 | 08:44 »
In ihrer Basisform würde die X-Card dafür sorgen, dass eine Stresssituation und ohne Worte finden zu müssen unterbrochen würde und keine allgemeine öffentliche Erklärung dafür notwendig würde.
(Hervorhebungen durch mich)

Es geht also nur um das Unterbrechen einer belastenden Situation, und es kann ja eine Erklärung gegeben werden. Im Normalfall wird auf welchem Weg auch immer aufgeklärt, was der Auslöser für das Nutzen der Karte war.

Ich bitte diejenigen, die die X-Karte nutzen, zu bestätigen, dass in der Praxis die Karte nicht missbraucht wird.

Offline Johann

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #103 am: 28.09.2025 | 09:20 »
Ich habe drei Anmerkungen zur X-Card:

1. Auch ohne X-Card & Co haben alle Teilnehmer:innen de facto bereits ein Veto, mit dem sie den Fortgang des Spiels verhindern können. Wenn jemand mitten im Spiel aufsteht und geht, dann ist das so und der Rest muss sich anpassen, d.h. das Spiel anhalten oder ohne den betroffenen Charakter weiterspielen und entsprechend umbauen. Dumm, wenn's der Ringträger ist.

(Ich habe das im Freundeskreis schon einmal erlebt. Jemand ist vom Esstisch aufgesprungen, hat "Das ist doch alles Scheiße!" gerufen und hat sich mit seinem Handy in die Sofa-Ecke gesetzt. Er hatte versucht die Spielleiterin zu sabotieren und die Spielgruppe hat nicht mitgemacht. Wir haben ihn dann erst mal in Ruhe gelassen, weitergespielt - als sei sein Charakter in einem Pokeball -  und später viele Gespräche geführt.)

Die Frage ist also, ob und inwieweit die X-Card angesichts der existierenden Veto-Möglichkeit einen Mehrwert bietet.

(Im o.g. Fall hätte die X-Card m.E. nicht geholfen, da es sich um einen Machtkonflikt handelte. Sie wäre hier allenfalls als weiteres Sabotage-Mittel zum Einsatz gekommen, aber das wäre ebenso transparent gewesen wie der andere Bullshit, der versucht wurde.)

2. Die Diskussion krankt daran, dass sie über weite Strecken sehr theoretisch ist. Viel Aufregung um ungelegte Eier. Also berichtet mal (mehr) von Streitigkeiten, Verletzlichkeiten usw., die ihr selbst am Tisch gesehen habt. Dann kann man überlegen, ob X-Card & Co dabei vielleicht geholfen hätten.

Ich verwende die X-Card außer in meiner Stammrunde oder im engsten Freundeskreis grundsätzlich und erlebe ihren Einsatz auf der Mehrheit der Runden, die ich auf Cons spiele. Ich habe bisher einmal positives Feedback nach dem Spiel bekommen ("Ich finde es gut, dass Du die X-Card auslegst und erklärst.") und einmal als Spieler ihren Einsatz erlebt.

Dieser Einsatz - ein frühes "Bitte nichts mit Krebs" in einem Horror-Rollenspiel, faktisch der Einstieg in ein paar Lines, auch der anderen Teilnehmer:innen - war völlig unproblematisch. Die X-Card wäre hierfür nicht nötig gewesen, aber ich fand sie dennoch hilfreich, denn das Vorstellen der X-Card und zwei weiterer Tools (Lines & Veils sowie Open Door Policy) zu Beginn hat einen Raum geschaffen, um bewusst und strukturiert über das Thema Sicherheit nachzudenken. Darin sehe ich persönlich den Hauptnutzen von X-Card & Co: Wir signalisieren einander, dass uns das Wohlbefinden aller Teilnehmer:innen wichtig ist und wir uns der Gefahren bewusst sind. Und wir nehmen uns etwas Zeit dafür, halten also mindestens einen Moment inne. Das muss keinesfalls lange Listen von potenziellen Triggern beinhalten.

3. Wir sind beim Rollenspiel verwundbar. Es handelt sich um eine aufwändige, soziale und mehr oder minder persönliche Aktivität. Wir reservieren mehrere Stunden, wir sitzen anderen Menschen gegenüber und kooperieren mit ihnen und wir geben etwas von uns preis und sind emotional involviert, vielleicht sogar stark. Wir laufen also grundsätzlich Gefahr, verletzt zu werden -- mehr als z.B. bei einem schnellen, anonymen Computerspiel online und ohne Chat. Und selbst da kann man sich über 'Griefer' ärgern...

Die Frage ist also, ob und inwieweit die X-Card die Teilnehmer:innen angesichts ihrer Verwundbarkeiten (etwas) schützen kann -- oder gar ein trügerisches Gefühl von Sicherheit erzeugt...
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 09:26 von Johann »
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Offline Megavolt

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #104 am: 28.09.2025 | 09:41 »
Der Begriff "Sicherheitstechniken" ist ja erst einmal eine Behauptung. Ein Kampfbegriff.
Damit es Sicherheitstechniken geben kann, muss es aber Gefahren, Risiken, Unsicherheiten geben.

Gibt es die denn? Und wenn ja, wie sehen die aus? Und können "Sicherheitstechniken" diesen vermeintlichen Gefahren überhaupt entgegenwirken?

Sind die wenigen "Sicherheitstechniken", die zu funktionieren scheinen, nicht einfach nur überpinselte Neubeschriftungen für Dinge, die mit der behaupteten Problematik gar nichts zu tun haben? Session Zero ist beispielsweise keine "Sicherheitstechnik". Das ist vorausschauendes Planen und miteinander Reden. Das haben wir schon in den 90ern gemacht, lange bevor irgendwer glaubte, es gäbe Gefahren, vor denen man sich schützen müsste. Sofern man nicht eine an die Wand gefahrene Kampagne als "Unsicherheit" bezeichnen will, die es zu vermeiden gilt.

Das ist ein sehr intelligenter Beitrag, vielen Dank dafür.

Ich bin von selbst gar nicht darauf gekommen, wie dominant das Framing ist, stattdessen habe ich es einfach geschluckt.

Wenn man den Begriff "Sicherheitstechnik" einmal durch die Formulierung "Notwehrrecht"oder aber durch "Machtergreifungsoption" ersetzt (beide Begriffe könnte man ja mit einiger Berechtigung verwenden), wird es deutlich. Der Begriff "Sicherheitstechnik" nimmt bereits Einfluss und setzt Akzente. Na, wer möchte gerne unsicher spielen? Und ist hier jemand vielleicht unbefähigt, eine Technik einzusetzen?

Nicht nur die Karte ist problematisch, wie diese und andere Diskussionen zeigen, sondern auch die Einordnung muss mit der nötigen Distanz betrachtet werden.
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 10:37 von Megavolt »


Offline Johann

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #106 am: 28.09.2025 | 09:44 »
Ich bitte diejenigen, die die X-Karte nutzen, zu bestätigen, dass in der Praxis die Karte nicht missbraucht wird.

Selbstverständlich kann sie missbraucht werden. Aber wenn Du jemand am Spieltisch sitzen hast, der das tun würde, dann braucht er sie für seine Zwecke nicht. Die X-Card verhindert weder, dass sich jemand wie ein Ar*** aufführen könnte noch dass jemand durch etwas getriggert werden könnte.

Relevanter ist, dass zumindest ich in mindestens dreißig verschiedenen Spielrunden noch nie einen Missbrauch erlebt habe.
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 09:51 von Johann »
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Offline Outsider

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #108 am: 28.09.2025 | 10:10 »
Ist es nur für Conventions? Das mag sein. Dann ist es kein Safety-Tool für Rollenspiel, sondern ein Saftey-Tool für Rollenspielconventions? Ich weiß es nicht. Oder vielleicht vor allem für Spiel bei Paid GMs?

Ich denke das ist einer der wichtigen Punkt klatschi. In festen Gruppen überwiegen nach meinen Erfahrungen die Kommunikation und die Kenntnis über die Mitspieler. Da wird geredet und es herrscht ein gegenseitiges Vertrauen.

Spielt man mit Fremden, kann es zwar ein gewisses Vertrauen darauf gegeben das alle mit dem Grundton des Abenteuers einverstanden sind. Am Ende macht der jeweilige Erzähler (Spieler oder SL) den Unterschied wie der Grundton ausgelegt wird. Der Vorteil der X-Karte liegt dann einfach in der Reaktionsgeschwindigkeit "falls einem die Worte fehlen sein eigenes Unwohlsein auszusprechen" kann man die ziehen.

Jetzt geht mein Verständnis der X-Karte in eine andere Richtung und das ist keine Reaktion mehr auf klatschis Vorlage (der ich zustimme). Das bedeutet nicht automatisch, dass die Szene abgebrochen, gekürzt oder übergangen wird. Das bedeutet nur, das der Betroffene die Zeit hat sich aus der Szene zu nehmen und dass alle dies ohne Erklärungen respektieren. Das Spiel geht dann erstmal ohne den Betroffenen weiter. Wenn dieser das Bedürfnis hat sich gegenüber dem SL oder einer anderen Vertrauensperson am Tisch zu erklären steht es ihm jetzt frei das zu tun. Wenn der Betroffene feststellt, jetzt mit Abstand, es war nicht nur die Szene, sondern möglicherweise der oben angesprochene Gesamtkontext des Abenteuers, dann ist es nur folgerichtig das er sich aus der Runde zurückzieht.

Damit ist die Chance der missbräuchlichen Verwendung kaum gegeben. Die Interessen des Einzelnen stehen nicht über denen der Gruppe, sein ganz persönliches Interesse an seiner Unversehrtheit wird aber gewahrt. Nur so kann ein Schuh daraus werden. Solche Mechanismen müssen echte Kompromisse und so eingriffsarm wie möglich sein. Auf der einen Seite wird die Szene nicht verhindert, aber unterbrochen um dem betroffenen Zeit zu geben den Tisch zu verlassen. Auf der anderen Seite muss sich niemand erklären, kann aber reagieren, selbst wenn er keine Worte findet. 

Im Übrigen sind Ängste in der Regel irrational. Es kann also gar nicht darum gehen zu belegen ob die Karte schon mal missbraucht wurde. Sondern darum ob sie missbraucht werden kann, weil das löst (ähnlich wie die Szene im Spiel) eine Angst oder ein Hemmnis aus das respektiert werden muss.
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Offline Megavolt

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #109 am: 28.09.2025 | 10:17 »
Der Vorteil der X-Karte liegt dann einfach in der Reaktionsgeschwindigkeit "falls einem die Worte fehlen sein eigenes Unwohlsein auszusprechen" kann man die ziehen.

Wie läuft das denn mit Leuten, denen die Worte fehlen, ihr eigenes Unwohlsein auszudrücken, in Situationen außerhalb des Rollenspiels? Wo nehmen die dort einen Schub an Reaktionsgeschwindigkeit her?

Unabhängig davon wäre vermutliche eine Aufteilung der Diskutanten in die Gruppen
- ich spiele regelmäßig mit vielen Fremden
- ich spiele seit langer Zeit in meiner Stammgruppe und
- ich spiele in der Praxis derzeit gar nicht
hilfreich.

Dann könnte man besser abschätzen, wie man die Perspektive zu nehmen hat.
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 10:20 von Megavolt »

Offline Johann

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #110 am: 28.09.2025 | 10:29 »
Wie läuft das denn mit Leuten, denen die Worte fehlen, ihr eigenes Unwohlsein auszudrücken, in Situationen außerhalb des Rollenspiels? Wo nehmen die dort einen Schub an Reaktionsgeschwindigkeit her?

Ich erinnere mich an eine Situation auf einer Party, bei der jemand ohne Punkt und Komma auf mich eingeredet hat. Dann hat mich eine Freundin an der Schulter berührt, um mir etwas zu sagen -- und ich habe versucht durch Körpersprache klarzumachen, dass ich mich ihr widmen möchte. Mein Gegenüber hat sämtliche Signale - bis hin zum Heben meiner Hand als Abwehrsignal - komplett ignoriert. Ich habe mich letztlich einfach umgedreht, was mir sehr unangenehm war, obwohl vollkommen gerechtfertigt.

(Mein Gegenüber war nicht betrunken, sondern schwer gestört. Das wusste ich sogar und hatte ich auch schon erlebt, aber es hat mich dann trotzdem kalt erwischt.)

Eine X-Card für Partys hätte hier natürlich auch nicht geholfen, aber ich erzähle dies als Beispiel für unser antrainiertes Unwohlsein, jemanden zu unterbrechen oder einfach so stehen zu lassen. Wenn jemand Hemmungen hat z.B. der Spielleitung ins Wort zu fallen, dann könnte die X-Card helfen. Vielleicht.
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Offline Megavolt

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #111 am: 28.09.2025 | 10:33 »
Wir könnten die Karte experimentell im Tanelorn einführen. Mal ohne Scheiß jetzt. Um ein bisschen den Stachel rauszunehmen, nennen wir sie einfach "T-Karte".

Wann immer jemand sich in einem Thread unwohl fühlt, aber nicht sagen will oder kann, warum, dann schreibt er nur

T-KARTE


in den Thread hinein.

Dann wird die Diskussion entweder abgebrochen oder sie muss drastisch das Thema und den laufenden Gedankengang wechseln, so dass eine Fortführung der belastenden Situation ausgeschlossen ist.

Offline flaschengeist

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #112 am: 28.09.2025 | 10:33 »
Jetzt geht mein Verständnis der X-Karte in eine andere Richtung und das ist keine Reaktion mehr auf klatschis Vorlage (der ich zustimme). Das bedeutet nicht automatisch, dass die Szene abgebrochen, gekürzt oder übergangen wird. Das bedeutet nur, das der Betroffene die Zeit hat sich aus der Szene zu nehmen und dass alle dies ohne Erklärungen respektieren. Das Spiel geht dann erstmal ohne den Betroffenen weiter. Wenn dieser das Bedürfnis hat sich gegenüber dem SL oder einer anderen Vertrauensperson am Tisch zu erklären steht es ihm jetzt frei das zu tun. Wenn der Betroffene feststellt, jetzt mit Abstand, es war nicht nur die Szene, sondern möglicherweise der oben angesprochene Gesamtkontext des Abenteuers, dann ist es nur folgerichtig das er sich aus der Runde zurückzieht.

Damit ist die Chance der missbräuchlichen Verwendung kaum gegeben. Die Interessen des Einzelnen stehen nicht über denen der Gruppe, sein ganz persönliches Interesse an seiner Unversehrtheit wird aber gewahrt. Nur so kann ein Schuh daraus werden. Solche Mechanismen müssen echte Kompromisse und so eingriffsarm wie möglich sein. Auf der einen Seite wird die Szene nicht verhindert, aber unterbrochen um dem betroffenen Zeit zu geben den Tisch zu verlassen. Auf der anderen Seite muss sich niemand erklären, kann aber reagieren, selbst wenn er keine Worte findet. 

In diesem Verständnis halte ich Werkzeuge wie die X-Card für eine Bereicherung.


Im Übrigen sind Ängste in der Regel irrational. Es kann also gar nicht darum gehen zu belegen ob die Karte schon mal missbraucht wurde. Sondern darum ob sie missbraucht werden kann, weil das löst (ähnlich wie die Szene im Spiel) eine Angst oder ein Hemmnis aus das respektiert werden muss.

Ich sehe das ähnlich: Ein Machtmittel muss nicht genutzt werden, um (soziale) Wirkung zu entfalten. Daher fand ich folgenden Satz immer sehr tiefsinnig: "Macht ist aufgeschobene Gewalt".
Oder anders ausgedrückt. Wenn Menschen wissen, dass andere ein Machtmittel gegen sie einsetzen könnten, reicht das oft, um vorauseilenden Gehorsam zu erzeugen.

In diesem Sinne: Wenn die X-Card als Anspruch verstanden würde, das Spiel nach den eigenen Wünschen bzw. Notwendigkeiten zu verändern, ohne dafür das implizite oder explizite Einverständnis der Runde einholen zu müssen, halte ich sie für schädlich.

Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #113 am: 28.09.2025 | 10:39 »
Ich schlage die Blockcart vor. Sticht alle anderen Karten, eliminiert jedes Sicherheitswerkzeug, welches mißbräuchlich benutzt werden könnte außer der Blockcart selbst.

Vorteile: Drölf.
Nachteile: Tüdelü.

 :gasmaskerly:
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Online Ludovico

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #114 am: 28.09.2025 | 10:45 »
Kann es sein, dass es mehrere Definitionen von X-Card gibt, die sich alle nur darin einig sind, dass es eine Unterbrechung des Spiels ist, hervorgerufen durch einen Spieler, der sich in der jeweiligen Situation unwohl fühlt?

Und alles in allem sehe ich bei all diesen Definitionen nicht den Mehrwert zur Ansage "Wenn Dich etwas stört, dann melde Dich kurz, sag was Dich gestört hat und dann sehen wir weiter", was eigentlich auch ohne Ansage in den (wie ich vermute) allermeisten Runden gilt, außer, dass man weder eine schicke Karte mit einem X noch einen englischen Begriff hat.

Was das Argument mit der Verwundbarkeit angeht, so ist man doch in jeder zwischenmenschlichen Interaktion verwundbar, weil man immer etwas von sich preisgibt.
Das ist allerdings nicht binär (also verwundbar/unverwundbar), sondern es gibt verschiedene Abstufungen.
Wobei mir hier aber nicht ersichtlich ist, inwiefern man verwendbarer beim Rollenspiel ist, als bei den meisten xbeliebigen Partygesprächen.
Man gibt ähnlich viel von sich preis.

Und dann gibt es noch Partyspiele, bei denen man sich richtig nackig macht.

Ich gehöre hier eindeutig zur Fraktion: Rollenspiel ist ein Spiel und ein Hobby, das Spass machen soll.
OK, das sind sadomasochistische Sexpraktiken auch, aber ich weigere mich, Rollenspiel auf eine Ebene mit diesen zu stellen.

Was die Möglichkeit des Missbrauchs angeht, so sehe ich das auch moderat:
Wenn ein Spieler ständig das Spiel unterbricht, weil er sich unwohl fühlt, dann stellt sich die Frage, wie der Rest der Gruppe das sieht:
a) Rest der Gruppe ist fein damit, wie es läuft -> Spieler mit Problem passt nicht in die Gruppe und muss gehen
b) Rest der Gruppe gibt dem Spieler Recht ->  An der Spielleitung muss sich etwas ändern.
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 10:48 von Ludovico »

Offline Zed

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #115 am: 28.09.2025 | 11:04 »
Genau darum geht es: Alleine darum, weil wir uns so schwer tun, einen vernünftigen Fall zu finden, wo die X-Karte einfach nur Vorteile hat, meine ich, dass das Tool nicht geeignet ist.

Noch schwerer scheint es uns zu fallen, einen realen Fall von Missbrauch der X-Karte zu finden, der die realen, sinnvollen Einsätze aufwiegt. Solange sind die konstruierten "AberWasWäreWennJemandDieSpielrundeMitDerX-KarteMissbräuchlichDominiert?"-Fälle für mich Strohmänner.

Nochmal kürzer: Grenzen zu klären in Session Null deckt schon viele Notwendigkeiten ab, da sind wir uns einig. Die allermeisten Probleme, die noch auftauchen können, werden verbal geklärt (ob eingeleitet durch die X-Karte oder ganz ohne X-Karte) - auch klar.

Ich verstehe nicht, warum ein Tool mehr, das vor einem Aus- oder Zusammenbruch am Tisch genutzt werden kann, soviel Aversion (?) / Panik (?) auslöst. Insbesondere, da die konstruierte Vorstellung eines Missbrauchs in der Praxis so gut wie nicht vorkommt.

Schon der zielführende Einsatz der X-Karte wird in diesem Thread "selten" genannt:

Der Einsatz der X-Card ist meiner Erfahrung nach so selten, dass man in der Öffentlichkeit (z.B. auf Cons) gezielt danach suchen muss und selbst dann praktisch nicht fündig wird.

X hat noch nie jemand gemacht, Lines und Veils werden wenig genutzt, dann aber nach Möglichkeit beachtet.

Nochmal seltener wäre also der zu oft beschworene Missbrauch.

Zitat
Ich finde es ja gut, dass man aufeinander Rücksicht nehmen will. Aber da wird uns kein Safety Tool der Welt helfen.

Ich treibe das jetzt bewusst auf die Spitze, aber die Prämisse ist: "Ich will eine absolut sichere Umgebung für alle am Tisch garantieren!"

Die Überspitzung in Deiner Formulierung kreiert in meinen Augen einen Fall, der zu vernachlässigen ist, klatschi. Denn das sagt und verlangt doch niemand. Seit den 70ern kamen sinnvollerweise nach und nach Knautschzonen, Anschnallgurt und Airbag ins Auto, obwohl sie nicht alle tödlichen Autounfälle verhinderten. Niemand hat je behauptet, dass mit diesen Maßnahmen  a l l e  Unfalltote hätte verhindert werden können.

Die X-Karte ist nur ein Tool mehr, um zu versuchen, mit möglicherweise eskalierenden Betroffenheiten, wo Worte fehlen, umzugehen, nicht mehr und nicht weniger. Du selbst musst die Karte nicht einsetzen, selbst wenn die Runde sich zuvor darauf geeinigt hat, dass die Karte eingesetzt werden darf.

Zitat
Wir werden aber weiter extrem seltene Situationen finden, die manchen weh tun. Wir können uns nicht vor allem schützen.

Das ist richtig, und kein Grund, einen weiteren Sicherheitsmechanismus aufgrund eines ausgedachten/befürchteten Missbrauch zu diskreditieren.

Befindlichkeit: Nach flaschengeists überzeugendem Plädoyer, den Begriff "Trigger" bitte nur für die wahren schweren Fälle zu nutzen, bin ich noch auf der Suche nach einem Wort, das beschreibt, wie sich jemand durch etwas emotional überwältigt und der Worte beraubt fühlen könnte. "Befindlichkeit" ist da sicher noch nicht die beste Umschreibung.

Offline Johann

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #116 am: 28.09.2025 | 11:11 »
Was Zed sagt.  :d
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Offline tartex

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #117 am: 28.09.2025 | 11:32 »
Die Überspitzung in Deiner Formulierung kreiert in meinen Augen einen Fall, der zu vernachlässigen ist, klatschi. Denn das sagt und verlangt doch niemand. Seit den 70ern kamen sinnvollerweise nach und nach Knautschzonen, Anschnallgurt und Airbag ins Auto, obwohl sie nicht alle tödlichen Autounfälle verhinderten. Niemand hat je behauptet, dass mit diesen Maßnahmen  a l l e  Unfalltote hätte verhindert werden können.

Ich wollte jetzt so ziemlich genau dasselbe Beispiel bringen.
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Offline flaschengeist

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #118 am: 28.09.2025 | 11:36 »
Befindlichkeit: Nach flaschengeists überzeugendem Plädoyer, den Begriff "Trigger" bitte nur für die wahren schweren Fälle zu nutzen, bin ich noch auf der Suche nach einem Wort, das beschreibt, wie sich jemand durch etwas emotional überwältigt und der Worte beraubt fühlen könnte. "Befindlichkeit" ist da sicher noch nicht die beste Umschreibung.

Schön, dass mein Plädoyer dich überzeugt hat  :). Es hat sich allerdings gegen die Verwendung des Begriffs Trauma für alle möglichen frustrierenden Erfahrungen gerichtet, nicht gegen den Begriff "Trigger" (wenngleich selbiger im therapeutischen Kontext ursprünglich aus der Traumatherapie stammt).
Den Begriff Trigger mag ich, denn viele Menschen verknüpfen mit diesem Begriff (im Gegensatz zum Begriff Trauma) intuitiv etwas auch therapeutisch fruchtbares: Eine Situation löst bei mir ungewöhnlich starke emotionale, körperliche, kognitive und/oder konative Reaktion aus. Dabei bezieht sich "ungewöhnlich" erstmal auf die eigene "Baseline", nicht auf eine wie auch immer begründete "Normalreaktion".

Edit: Alle psychotherapeutischen Fachbegriffe, die ich kenne, sind weder sprachlich schöner noch kürzer als Trigger bzw getriggert sein. Aber vielleicht ist das ja nur mein Empfinden, ein Klassiker wäre "Auslösesituation".
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 11:46 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Offline Megavolt

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #119 am: 28.09.2025 | 11:46 »
Was Zed sagt.  :d

Dann lasst uns doch die T-Karte einführen. Wo ist das Problem, am Ende sinkt vermutlich nur der Moderationsaufwand.

Wer die Karte ablehnt oder nicht respektiert, wer sich darüber lustig macht oder dazu schweigt, da weiß man dann auch gleich, was Sache ist.

Offline Darius der Duellant

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #120 am: 28.09.2025 | 11:54 »
Es ist auch für die Person die unter Mansplaining zu leiden hat eine freiwillige, soziale Freizeitaktivität. Während der sie sicherlich nicht unbedingt mit solchem Scheißverhalten konfrontiert werden möchte (und jeder der halbwegs normal tickt, weiß genau was damit gemeint ist - da ist es weder notwendig noch wirklich sinnvoll ins Detail zu gehen, weil dann räumt man dem Thema welches die Person eigentlich vermeiden wollte ja viel zu viel Platz ein).

Ich glaube ich habe noch nie einen Satz gelesen, der mehr von Narzissmus und Egozentrik triefte. "Wenn andere Leute Probleme haben und versuchen Bewältigungsstrategien für diese zu suchen, damit sie einem ausgleichenden Hobby nachgehen können, dann machen die da sicher nur, um ihre Mitmenschen damit zu ärgern." ist schon ein recht "spezielles" Menschenbild. :gaga:

Du schreibst halt das Paradebeispiel für das was ich als Aufhänger angebracht habe.
Alle sollen Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Dame nehmen (x Rücksicht auf 1), aber sie braucht keine Rücksicht auf die anderen nehmen (1 Rücksicht auf X) die vielleicht ebenfalls stressige Jobs und nervscheisse haben und in ihrer Freizeit keine Lust haben, noch mit den Berufsproblemen anderer konfrontiert zu werden.
Aber wie gesagt, das benötigt zum nachvollziehen ein paar gewisse Kompetenzen, unter anderem mal nicht nur sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Anschließend natürlich noch die glatte Lüge deinerseits, dass das Suchen von Bewältigungsstrategien das Problem ist.
Nein ist es nicht.
Es ist die Wahl von spezifischen Strategien die Leuten unnötig auf den Sack gehen (x-Card mit Ratespielchen darüber was das Problem ist), statt andere, weniger invasive Strategien zu wählen, wie konkreten Ansagen die dafür sorgen dass jeder am Tisch weiß was Sache ist und was zukünftig zu vermeiden ist ("lass das Mansplaining bleiben).
Das du dann klassisch über Narzismus und Egozentrik klagst während du eine maximale 1-Personen Perspektive in einer Gruppendynamik durchboxen willst ist auch keine Überraschung, Erwartungshaltung an die Proponenten der x-Card vollkommen erfüllt.
Genau darum kommen mir die Leute die sowas wollen nicht an den Tisch.
« Letzte Änderung: 28.09.2025 | 12:01 von Darius der Duellant »
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Offline Zed

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #121 am: 28.09.2025 | 11:58 »
@Megavolt
Ich möchte Deine Idee nicht torpedieren, aber sie ist strukturell doch zu unterschiedlich:

• In einer Rollenspielsession bist Du eventuell live in einer Emotionalität auslösenden Dynamik, die Du nicht ausreichend kontrollieren kannst.
• Im Tanelorn musst Du jedoch aktiv jedesmal den Refresh-Knopf drücken, wenn Du mehr lesen möchtest.

Wenn Du im Tanelorn nicht mehr lesen kannst, weil die Dynamik dort zu überwältigend für Dich ist, dann drückst Du schlicht den Refresh-Knopf nicht mehr. Keine T-Karte notwendig.

@flaschengeist
Ja, "Trauma triggern" meinte ich.  :)

Offline Darius der Duellant

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #122 am: 28.09.2025 | 12:04 »


Wenn Du im Tanelorn nicht mehr lesen kannst, weil die Dynamik dort zu überwältigend für Dich ist, dann drückst Du schlicht den Refresh-Knopf nicht mehr. Keine T-Karte notwendig.

"Lies es halt nicht" scheint laut Eigenaussage diverser Tanelornis wohl keine praktikable Lösungsmöglichkeit zu sein, weswegen die Ignorefunktion überhaupt ne größere Sache wurde.
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Offline Zed

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #123 am: 28.09.2025 | 12:10 »
Darius, nimm es gerne genau mit dem, was andere schreiben und was Du „zitierst“:

Ich jedenfalls habe nicht geschrieben „Lies es halt nicht“ sondern „Refreshe nicht, wenn Du die Dynamik gerade nicht aushältst“.

Vielleicht hältst Du die Dynamik ja morgen aus.

Offline Kurna

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Re: Erfahrungen mit X-Card und anderen Sicherheitstechniken
« Antwort #124 am: 28.09.2025 | 12:36 »
Savety Tools im Pen & Paper, wie insbesondere die X-Card, halte ich nicht nur für nutzlos, sondern auch für schädlich.

Die X-Card ist nutzlos, weil sie die Exposition mit dem Trigger nicht verhindern kann. Das kann nur ein klärendes Gespräch im Vorfeld erfüllen, welches mit allen Spielteilnehmer erfolgen muss. Denn wenn nur der SL informiert ist, kann ein Spieler den Trigger unwissend ins Spiel bringen. Nun kann die X-Card zwar die Fortführung des Triggers bremsen aber nicht verhindern, denn der Getriggerte kann die Exposition nicht aus seinem Gedächtnis löschen. Sie ist für ihn passiert und er bleibt mit allen Nachteilen getriggert. Auch wenn alle sagen "Ereignis X ist im Spiel nie passiert." ist es ja dennoch am Spieltisch geschehen.

Wenn die X-Card wenigstens unschädlich wäre, könnte man das noch als "es hilft zwar nicht, es schadet aber auch nicht..." Argument anbringen. Aber leider ist sie schädlich, weil derjenige der sie auslöst in diesem Moment unglaublich viel privates über sich preisgibt, oder wenigstens Spekulationen darüber auslöst. Diese Informationen sind hochprivat und man lässt schon innerhalb der Gruppe "die Hosen runter", doch sie können die Gruppe auch leicht verlassen und sich im Umfeld verbreiten. In einem Umfeld in dem die Leute immer wieder zusammenkommen (z.B. private Runde oder Rollenspielverein) kann das negative Folgen haben, wenn Menschen wissen, welche Knöpfe sie bei anderen drücken können. Auch beim Spiel mit wildfremden Leuten, typischerweise auf einer Con, kann sich das negativ auswirken, wenn jemand z.B. auf dem Flur von der Runde erzählt, wo "der und der" in der einen Runde zu diesem Ereignis die X-Card ausgelöst, "der" muss wohl "diese und diese" Probelme haben. Trigger sind wie gesagt hochprivat und bereits die Herstellung eines Eindruckes kann schnell schädlich werden, weil andere davon erfahren haben. Gefährlich wird es sogar wenn die falschen Personen davon erfahren. 

Gefährlich kann es auch werden, wenn die X-Card aufgezwungen wird. So gibt es Cons auf denen die X-Card verpflichtend auf dem Tisch liegt. "Es muss sie niemand auslösen", ist in meinen Augen kein valides Argument, weil es immer jemanden gibt, der sich der Risiken in dem Moment nicht bewußt ist und auf die Karte tippt. Da ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Selbst für den SL der über die Risiken zum Rundenbeginn aufklärt, kann sich das negativ auswirken, weil manche das als eine Handlung sehen, die sich "gegen den Willen der Con-Betreiber" richtet.

Mit Trigger umzugehen erfordert eine gewisse Eigenverantwortung desjenigen der sie hat. Darius hat schon recht, wenn er schreibt, dass persönliche Probleme nicht die Probleme der Gruppe sind, die bloß spielen will. Das ist hart, das verstehe ich, aber es stimmt. Wenn man mit erzählter Gewalt nicht zurecht kommt, ist das zwar okay, aber man sollte dann besser kein D&D spielen. Wenn einen erzählter Mißbrauch triggert, sollte man die Finger von Vampire lassen usw. Die X-Card wäre sowieso nutzlos, weil sie einen nicht vor der Exposition schützt. Die einzige Handlung die hilft, ist das klärende Gespräch im Vorfeld oder am Anfang. Doch auch damit gibt man seine Triggerthemen preis.

Also verstehe ich das richtig, die X-Card ist schädlich, weil der Getriggerte dadurch private Informationen von sich preisgibt, die dazu führen, dass andere schlecht von ihm reden/denken könnten? Stattdessen empfiehlst du, dass die betroffene Person vorher ein klärendes Gespräch mit der Runde führt, wo sie darauf hinweist, welche Probleme es geben könnte?
Aber damit gibt sie doch noch viel mehr Details preis. Und zudem auf jeden Fall, während es bei der X-Card nur durch Gebrauch bekannt geworden wäre (und wahrscheinlich nicht so detailliert). Wäre das dann nicht noch schlimmer für den eigenen Ruf?
"Only the good die young. The bad prefer it that way." (Goblin proverb)