Autor Thema: Tempo v Details. Oder: Warum sind für Manche langdauernde Kämpfe langweilig?  (Gelesen 2006 mal)

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Offline nobody@home

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Für meine Gruppe wäre das die Bestätigung, dass BRP/RQ nichts für uns ist. Wir wollen DnDsche Heroik.  :)

Na ja, auch bei D&D braucht's ne Weile, bis man sich die "heroischen" Stufen so langsam verdient hat und nicht mehr bloß arme Kobolde und Goblins mobbt. ;) Richtig ist allerdings, daß man da einfach ein ganz anderes Aufstiegsschema hat als in BRP-Systemen und allein schon eskalierende Trefferpunkte das ihre dazutun, daß derselbe Charakter, der auf Stufe eins oder zwei einem Oger möglichst erst gar nicht begegnen will, irgendwann gleich zwei von der Sorte potentiell im Alleingang ausschalten kann, ohne allzusehr aus der Puste zu kommen.

Offline Holycleric5

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Für meine Gruppe wäre das die Bestätigung, dass BRP/RQ nichts für uns ist. Wir wollen DnDsche Heroik.  :)

Lange Zeit war ich ähnlich gestrickt. Ich erinnere mich noch, wie ich damals bei meinem ersten RuneQuest (RuneQuest 2006 (4. Edition)) vor allem nach Schadenszaubern und Waffen mit hohen Schadenswürfeln gesucht habe und die geringen HP pro Zone für gehobene Augenbrauen gesorgt hatten.
Mittlerweile bin ich jedoch an einem Punkt angelangt, wo ich mich frage: "Möchte ich 4 Kämpfe (Am besten noch "Filler"-Kämpfe für EP und Schätze), in denen es vor allem um HP-Runterprügeln geht und ab und zu der eine oder andere Zustand auftritt? Oder möchte ich vielleicht nur 2 Kämpfe, in denen Waffen zerstört werden und Blutungen auftreten, bei denen wirklich jeder HP-Verlust schmerzt?"

Ich erinnere mich z.B. auch noch an meinen letzten Daggerheart-kampf, in dem wir gegen einen Minor Demon gekämpft haben. Besonders sein Hellfire-Flächenangriff blieb mir im Gedächtnis, weil dieser Angriff meinen Druiden ein Drittel seiner HP gekostet hat.

Ich denke, dass niedrige HP-Zahlen durchaus für Spannung sorgen können. Gehen die HP-Zahlen sehr in die Höhe, wird es oft zäh und dadurch (inzwischen für mich) langweilig. Früher fand ich den Gedanken spannend 3 Monster mit je 100+ HP aufs Feld zu stellen. Heutzutage ziehe ich die Spannung im Kampf aus anderen Dingen und ein Höchstwert von ca. 50 für die ganz heftigen Monster wie z.B. Riesen reicht mir.

Na ja, auch bei D&D braucht's ne Weile, bis man sich die "heroischen" Stufen so langsam verdient (...) Richtig ist allerdings, daß man da einfach ein ganz anderes Aufstiegsschema hat als in BRP-Systemen und allein schon eskalierende Trefferpunkte das ihre dazutun, daß derselbe Charakter, der auf Stufe eins oder zwei einem Oger möglichst erst gar nicht begegnen will, irgendwann gleich zwei von der Sorte potentiell im Alleingang ausschalten kann (...)

Das ist auch eine Sache, die mich  zum Nachdenken gebracht hatte: "Möchte ich wie bei D&D auf unterschiedlichen Stufen zwei fast völlig unterschiedliche Spiele spielen?
Auf Stufe 1 müssen Zauberkundige mit ihren Zaubern haushalten. Später ist das Ausruhen kaum noch von Belang, Zauberplätze werden of "im Dutzend billiger" rausgehauen.
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Offline Galatea

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Habe auch schon überlegt, ob man so einen Modus machen sollte im Sinne von: "Jeder hat 10 Sekunden für seine Aktion..." Wäre aber vielleicht zu stressig... Andererseits würde es die Kampfsituation widerspiegeln und weg vom "Schach spielen" gehen. Man macht eben, was einem gerade einfällt...
Kann ich nur empfehlen, verleiht der Sache ein völlig anderes Spielgefühl. Natürlich sollte das System auch entsprechend fix sein (nach Möglichkeit kein 3x Würfeln pro Spieler).

Wir haben das bei uns teilweise sogar auf 3 Sekunden runtergeschraubt (man kann sich ja Gedanken machen, während die anderen dran sind), wenn man dann noch ein Regelwerk hat, dass eine Kampfrunde mit 8 Spielern und 8-10 NSCs in 2 Minuten durchbekommt, dann fühlt sich das schon sehr krass an. Die Zeit, die man dadurch gewinnt, erlaubt einem dann auch sich mehr Zeit für den Plot zu nehmen oder bedenkenlos einfach mal einen Abend nur Unfug zu machen.
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Offline nobody@home

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Das ist auch eine Sache, die mich  zum Nachdenken gebracht hatte: "Möchte ich wie bei D&D auf unterschiedlichen Stufen zwei fast völlig unterschiedliche Spiele spielen?

Was in der Tat ein Knackpunkt an speziell solchen Systemen ist. Meine persönliche Antwort lautet dieser Tage "Normalerweise nein, es sei denn vielleicht..." -- soll heißen, generell ist mir lieber, gleich in meiner Komfortzone loszulegen und in der dann aber auch im Wesentlichen zu bleiben. Okay, etwas Luft nach oben ist immer, aber um wirklich Vom-Tellerwäscher-zum-Titanen zu spielen, braucht's mMn das passende Genre (einfach "Fantasy" oder auch nur "Shonen-Anime" allgemein reicht da nicht), eine Gruppe, die das einigermaßen bewußt durchziehen will und nicht einfach bloß im Lauf des Spiels davon kalt erwischt wird, und natürlich auch die Zeit und Gelegenheiten für eine hinreichend lange Kampagne, denn selbst bei etwas beschleunigter Zuwachsrate braucht eine befriedigende Darstellung einer solchen Entwicklung doch immer noch eine angemessene Zahl von Sitzungen. (Sogar Goku höchstpersönlich hat ja einiges an Abenteuern erlebt, bevor er zum ersten Mal über neuntausend kam. ;))

Nachtrag: Speziell für diesen Faden kommt natürlich hinzu, daß hinreichend radikale Änderungen an den Fähigkeiten sowohl der Spielercharaktere als auch ihrer Gegner die Länge und Geschwindigkeit von Kämpfen im Lauf einer Kampagne recht deutlich beeinflussen können. In welche Richtung, mag ein Stück weit vom System abhängen, aber im klassischen Stufenaufstiegsspielmodus (am besten noch mit eskalierenden Trefferpunkten o. dgl.) wird im Lauf der Zeit die potentielle Komplexität und damit die Dauer wohl eher zunehmen -- auch, weil Spieler wie SL gleichermaßen regelmäßig neue Tricks in die Hand gedrückt bekommen, an die sie sich ihrerseits auch erst mal wieder gewöhnen müssen, bis sie so sitzen wie die alten.
« Letzte Änderung: Gestern um 22:01 von nobody@home »

Offline Sphinx

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Fand eine Aussage aus einem Video vom Deficient Master auf Youtube interessant.
D20 und co. finden die wichtigen Entscheidungen im Kampf statt.
Bei OSR und co. ist der Kampf so schnell und tödlich weil das die wichtigen Entscheidungen außerhalb vom Kampf getroffen werden.


Zitat
So um Minute 20 rum https://www.youtube.com/watch?v=U2n7wkaVNWY
If we're comparing Nimble's combat to old school style combat, combat is quicker in these games because they want to get it over with because the interesting player decisions are not made during combat, but before combat.

Beim einen will man allso schnell den "Nebensächlichen Kampf abhandeln" beim anderen Zelebriert man den Kampf
« Letzte Änderung: Heute um 09:10 von Sphinx »
Soren Johnson: Given the opportunity, players will optimize the fun out of a game |"Haben die Spieler die Möglichkeit, Optimieren sie den Spaß aus dem Spiel."

Offline Galatea

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Das ist auch eine Sache, die mich  zum Nachdenken gebracht hatte: "Möchte ich wie bei D&D auf unterschiedlichen Stufen zwei fast völlig unterschiedliche Spiele spielen?
Man spielt bei D&D doch sowieso schon jederzeit zwei grundlegend verschiedene Systeme - Kampf (2 Stunden um 20 Räuber zu verhauen) und alles was nicht Kampf ist (W20-Check und fertig).

Ich denke, dass niedrige HP-Zahlen durchaus für Spannung sorgen können. Gehen die HP-Zahlen sehr in die Höhe, wird es oft zäh und dadurch (inzwischen für mich) langweilig. Früher fand ich den Gedanken spannend 3 Monster mit je 100+ HP aufs Feld zu stellen. Heutzutage ziehe ich die Spannung im Kampf aus anderen Dingen und ein Höchstwert von ca. 50 für die ganz heftigen Monster wie z.B. Riesen reicht mir.
Ich finde gerade bei größeren Kreaturen sollte man mehr über Panzerung und Schwachstellen arbeiten, als über Trefferpunkte runterklopfen.
Der Drache wird nicht tot umfallen, weil man ihm 500 mal mit dem Schwert auf die Schuppen klopft, aber ein langer Speer an eine kritische Stelle ist auch für den ein sofortiges Problem.
Auch Größe lässt sich prinzipiell als Quasi-Panzerung darstellen - ein 70-Tonnen Argentinosaurus erleidet halt einfach keinen überlebensrelevanten Schaden, wenn man mit einem Küchenmesser auf seiner Flanke rumstochert.

Leider hat D&D da ja das Problem, dass Panzerung und die Fähigkeit auszuweichen (und alles andere was irgendwie mit Schadensvermeidung zu tun hat) mechanisch miteinander verpanscht wird und das System dadurch unfähig ist panzerbrechende Waffen und physische Schwachstellen darzustellen.
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Online 1of3

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Fand eine Aussage aus einem Video vom Deficient Master auf Youtube interessant.
D20 und co. finden die wichtigen Entscheidungen im Kampf statt.
Bei OSR und co. ist der Kampf so schnell und tödlich weil das die wichtigen Entscheidungen außerhalb vom Kampf getroffen werden.

Ja. Eine Begrifflichkeit dafur ist Combat as Sport vs. Combat as War.

Man könnte noch Combat as Stage oder so etwas hinzufügen. Wir kämpfen nicht um vor dem Kampf clever zu sein (Combat as War). Wir kämpfen auch nicht um während des Kampfes clever zu sein (Combat as Sport). Wir benutzen Kampf als Bühne für Drama. Legends of the Wulin will das angeblich tun, präsentiert aber mechanisch ein super komplexes Combat as Sport. PbtA-Spiele machen das dafür häufig. Daggerheart lässt sich wahlweise eher in Richtung Stage oder Richtung Sport wenden.

Vielleicht gibts auch noch mehr davon.

Offline Isdariel

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Vielleicht gibts auch noch mehr davon.
Combat as Relaxation. Wenn man endlich mal Pause vom anstrengendem Rollenspiel haben will, um einfach nur relativ folgenlos ein paar Figuren schubsen und Würfel werfen zu können.

Vielleicht nutzt die SL die Zeit auch zur in-session Vorbereitung und hat den Kampf dafür gezielt eingeführt. Wir brauchen also nicht besonders clever zu sein, es entsteht auch kein Drama, wir kämpfen nur, um gemeinsam Zeit tot zu schlagen. Combat as Filler? ~;D

Offline nobody@home

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Combat as Relaxation. Wenn man endlich mal Pause vom anstrengendem Rollenspiel haben will, um einfach nur relativ folgenlos ein paar Figuren schubsen und Würfel werfen zu können.

Vielleicht nutzt die SL die Zeit auch zur in-session Vorbereitung und hat den Kampf dafür gezielt eingeführt. Wir brauchen also nicht besonders clever zu sein, es entsteht auch kein Drama, wir kämpfen nur, um gemeinsam Zeit tot zu schlagen. Combat as Filler? ~;D

Ich denke, speziell den letzteren Punkt sollte man nicht außer Acht lassen. Denn genau zum Zeitschinden, weil  man nicht will, daß die Sitzung gefühlt schon wieder "viel zu früh" zu Ende sein soll, taugen (nicht nur, aber insbesondere auch lange) Kämpfe natürlich ausgezeichnet... >;D

Und ja, "Kampf als Entspannung vom stressigen Rest des Spiels" kann ich auch ein Stück weit nachvollziehen.