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[Tag 2] Raumstation Bazaar
Azzu:
Mit einem mal loderte die Wut wieder auf. Lügen!. Das Weinglas in Keitaros rechter Hand zerbrach mit einem hellen Klirren und wurde in seiner geballten Faust knirschend zu Staub zermahlen. Roter Wein rann wie Blut zwischen seinen Fingern hervor. Seine Muskeln spannten sich, bereit, aufzuspringen und sich auf die Flüchtende zu stürzen.
Energielevel 95%, Systemauslastung 25%. Kampfmodus.
Er fegte den kleinen Tisch in seinem Weg mit einer schwungvollen Armbewegung zur Seite und schnellte los, in Richtung Ausgang. Die Haltung leicht geduckt, wie ein Raubtier vor dem Sprung, die Bewegungen fließend, als wäre die antike Plattenrüstung leicht wie Luft. Als der Tisch krachend an der Wand zerbarst, hatte er sie schon beinahe eingeholt.
Doch auf halbem Weg blieb er regungslos stehen.
Eine einzelne Flamme bildete sich vor seinem geistigen Auge, in der Stille leise knisternd, Wärme aussendend. Beruhige dich, Junge. Das bringt ihn auch nicht wieder zurück! Er entspannte sich sichtbar, richtete sich wieder auf. Heiliger Lextius, ich hätte beinahe... oh mein Gott... Er schloss für einen Moment die Augen, konzentrierte sich ganz auf die züngelnde Flamme. Zwang die Kriegsmaschine seines Körpers zur Ruhe und das einstudierte Lächeln zurück auf sein narbiges Gesicht.
"Einen Augenblick, noch, Commander!" Seine Stimme war ruhig und sanft, nichts wies mehr auf den Ausbruch nur Sekunden zuvor hin. Wären da nicht die Glassplitter gewesen, die sich in die Haut seiner Handfläche gegraben hatten. Der Li Halan schien sie nicht zu spüren.
Sie weinte! Keitaro verachtete sich selbst dafür. Aber auch diese Emotion konnte keinen dauerhaften Platz in der wiedererlangten Ruhe seines Geistes beanspruchen. So leid es ihm tat, er konnte nicht einfach verschwinden. Mit langen Schritten schloss er die restliche Distanz zu der Sternfahrerin.
"Ich denke, der Zeitpunkt ist ungünstig für weitere Fragen... ich bitte um Verzeihung, wenn durch mich zusätzlicher Druck auf Ihren Schultern lastet." Eine Neigung des Kopfes als Zeichen der Demut. Ich hätte den Baron selbst befragen müssen! Warum habe ich mich abweisen lassen? "Meinen aufrichtigen Dank, dass Sie mir weitergeholfen haben..." Er blickte sie direkt an, die schwarzen Augen das Fusionslicht der Station wiederspiegelnd. "Ich verspreche ihnen, dass ich eine Lösung für diese Angelegenheit finden werde." Aha. Eine Lösung also... und wie? "Aber das werde ich mit Lord Enkidi direkt besprechen... ich hoffe, dass er morgen mehr Zeit für mich finden wird. Schließlich bin ich hier, um meine Hilfe anzubieten."
Jack Hawkins:
Auf den Arkaden
Das schwere runde Sicherheitsschott schloss sich hinter ihm, und Jack verließ den Sektor der Stationssicherheit. Er hatte Mendez kurz und knapp erzählt, was sich auf der Azara zugetragen hatte – soweit er das von seinem Standpunkt aus beurteilen konnte.
Jetzt schlug das wimmelnde Leben der Arkaden wieder um ihn zusammen, und Erleichterung machte sich in ihm breit. Jack hasste diese Art von Verhören, auch wenn Mendez nun wirklich kein unangenehmer Typ war. Und überhaupt – eigentlich hatte er mit der ganzen Sache gar nichts zu tun, er hatte nur die Bänder überprüft, reine Gefälligkeit. Er seufzte.
Noch nicht mal die Lady, die das alles ins Laufen gebracht hatte, war in Sichtweite. Und schon wieder kein Drink. Aber wenigstens neue Kippen.
Jack holte das Päckchen raus, steckte sich eine an und schlenderte langsam über die Arkaden. Warf hier und da einen Blick auf die Auslegeware der Stände, schwatze mit den Händlern und bewegte sich in einer Zickzacklinie unter den schweren Stahlträgern hindurch, die die verschiedenen Ebenen trugen. Ihm fielen mehrere Gruppen von Pilgern auf, die sich durch die Menge schoben, ängstlich aneinandergedrängt und mit großen Augen die ungewohnte Umgebung musternd.
Sie hatten auch mal Pilger mitgenommen, auf der Hammond. Ein kurzer Ausflug in das wenig lukrative Geschäft des Personentransports. Zumindest in dieser "Klasse"; für den Transport von gut zahlender Kundschaft war die Hammond einfach zu halbherzig umgebaut worden, und irgendwann ging die Crew wieder zu bewährten Handelsgütern und Schmuggelware über.
Aber Jack kannte diese Gesichter; sie waren immer gleich. Menschen, die noch nie ihr Dorf, ihre Felder verlassen hatten, die all ihr Erspartes in diese eine Reise gelegt hatten, die sich nach Hoffnung, Erlösung, Heilung oder Erleuchtung sehnten an einem fernen Ort, von dem ein Priester gesprochen hatte.
Natürlich.
St.Keivar stand kurz bevor, ein recht bedeutsamer Feiertag auf Tethys.
Er trat zur Seite und ließ eine Gruppe Barfüßiger an sich vorbeiziehen, müde dunkelhäutige Gesichter, wahrscheinlich einfaches Volk aus den südlichen Gefilden der Thronwelt. Jack hatte nie so ganz verstanden, warum Menschen die Mühsal von Pilgerreisen auf sich nahmen. Konnte man nicht auch auf andere Art seinen Frieden mit dem Schöpfer machen? Aber dieser Tage waren nunmal Akte der Selbstaufopferung und bedingungslosen Hingabe schwer in Mode.
Ein Junge löste sich aus der Gruppe der Pilger vor ihm, und warf ihm aus einem verschmierten Gesicht ein breites Grinsen zu. Er winkte und Jack winkte freundlich zurück. Seine Mutter zog ihn hastig weiter, damit sie unter keinen Umständen den Anschluss an die Gruppe verlören, aber der Junge sträubte sich leicht und starrte Jack weiter an. Seine Hand deutete auf den Sternfahrer und Jack lächelte weiter. Dann bemerkte er, dass der Junge sehr gezielt auf ihn deutete und seine Augen größer wurden. Jack runzelte die Stirn und der Junge verschwand an der Hand seiner Mutter im Getümmel.
Plötzlich bemerkte er einen scharfen, brenzligen Geruch in seiner Nähe. Andere Menschen deuteten auf ihn und Jack fuhr herum. Da drang Qualm aus einer seiner Gürteltaschen. Ziemlich viel Qualm. Er stieß ein erschrockenes Keuchen aus und hakte die betroffene Tasche aus.
"Was zur Hölle..."
Etwas darin war heiß, das spürte er jetzt deutlich. Er sah sich um und trat hastig in einen Nebengang, in dem nicht ganz so viel Betrieb herrschte. Dort öffnete er die Tasche vorsichtig und lugte hinein. Qualm kam ihm entgegen, verflüchtigte sich aber rasch. Er streifte einen seiner Arbeitshandschuhe über und griff vorsichtig hinein.
Jack spürte den Zylinder. Er hatte ihn heute morgen aus dem Seesack genommen und in die Gürteltasche gepackt, warum auch immer. Das Ding hatte sich bisher als nichts von besonderem Wert entpuppt und er hatte es eigentlich auf der Station loswerden wollen. Guter Plan, in anbetracht dessen, dass es ihm gerade ein Loch in seine Tasche kokelte.
Jack zog es raus. Die metallische Oberfläche war warm, aber nicht mehr heiß, und er spürte, wie die restliche Wärme den Gegenstand nun ebenfalls verließ.
Er runzelte die Stirn. Was war das? Als er den Zylinder vom Spieltisch genommen hatte, war er absolut glatt gewesen, aber nun... waren da drei Rillen in der Oberfläche erschienen und eine rechteckige Vertiefung am rechten Ende. Und...da war ein Summen. Ganz leise, aber Jack konnte es trotzdem hören. Nein, eigentlich spürte er es eher. Durch die Finger.
"Was zur Hölle..." entfuhr es ihm noch einmal. Dann bemerkte er, dass einige Passanten stehen geblieben waren, und ihn neugierig ansahen. Hastig schlug er den Zylinder wieder in die geschwärzte Tasche und richtete sich auf. Das musste er sich in Ruhe ansehen. Er verließ den Seitengang, trat wieder auf die Arkaden und steuerte in Richtung des Frozen Sunset.
» Ortswechsel zu Sektor C
Azzu:
Raum 4 A 07 - Sir Keitaros Quartier
"Schon über eine Stunde", murmelte Arion, mehr zu sich selbst, als zu den anderen beiden. Seit sein Herr die Zollkontrolle sprichwörtlich überrant hatte - es hatte Arion einiges an diplomatischem Geschick gefordert, die Wogen des imperialen Unmuts wieder zu glätten - hatte er sich nicht in seinen Quartieren blicken lassen, auch keine Nachricht gesandt.
Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen!
Seit er in Leibeigenschaft geraten war, war er kaum von Keitaros Seite gewichen. Er hatte beobachten müssen, wie sein Herr sich nach seiner Verwundung während der Kämpfe bei St. Kaori-Hirte-des-Westens verändert hatte - Reliquie oder nicht, die kybernetische Technologie, mit der sein Körper wiederhergestellt worden war, hatte Keitaros Seele nicht gut getan. Arion hatte die Schlachten erlebt, wegen derer der junge Ritter sich Nacht für Nacht in den Schlaf weinte, konnte selbst kaum das Entsetzen in den Augen der schlecht bewaffneten Bauern vergessen, wie sie auf die Truppen der Li Halan zustürmten, die Angst vor der Rache ihrer Decados-Herrscher größer als die Furcht vor den Schwertern der Verteidiger. Er war es gewesen, der Keitaro nach seiner Entlassung aus dem Militär beigestanden hatte - niemand sonst hatte es gewagt, sich dem tobenden Krieger zu nähern. Niemand sonst kannte seinen Herrn so gut, wie er. Der Zustand brodelnden Zorns, in dem sein Herr sich befand, seit er die Botschaft des Eskatonier-Paters gelesen hatte, war ihm daher nicht verborgen geblieben.
Und er ist alleine dort draußen!
Bischof Bhaskar musste von Sinnen gewesen sein, seinen Neffen auf diese Mission zu schicken. Er musste doch gewusst haben, wie sehr Keitaro seinen Bruder geliebt hatte! Schon auf der Paladin hatte Arion Konflikte zwischen dem Ritter und der Besatzung verhindern oder schlichten müssen, weil dem Li Halan die Reise nicht schnell genug ging - und die Mannschaft der Fregatte setzte sich aus frommen Kirchenmännern zusammen, denen nichts ferner gelegen hätte, als einen Adligen zu provozieren!
Wenn Keitaro nicht bald auftauchte, würde Arion ihn suchen müssen. Seufzend öffnete der alte Diener eine Tasche und begann, die Taschen der weiten Ärmel seiner Gewänder mit Wurfsternen zu bestücken.
Megan:
"Ich werde jetzt gehen, Sir."
Als die Hölle hinter ihr losgebrochen war, hatte sie einem inneren Reflex folgend losrennen wollen. Aber nein, es hatte keinen Sinn. Er hätte sie ohnehin eingeholt.
Er war genauso wahnsinnig wie Enkidi. Sie überlegte einen Augenblick, ob sie ihm ihr Beileid für den Tod seines Bruders aussprechen sollte, doch wer wußte schon, was diese Maschine dann tat? Lieber nicht weiter provozieren.
Sie öffnete kurz den Mund, schloss ihn dann wieder ohne Worte. Dann..
"Möge der Pankreator seine schützende Hand über Euch halten..."
Ein kurzes Nicken, dann wich sie einige Schritte vor ihm zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen, ehe sie ihm den Rücken zuwandte und eilig verschwand.
Weg von hier. Bloß weg. Sie hastete den breiten Steg entlang, der sich über die Markthalle spannte. Sie musste verschwinden, irgendwohin bloß weit genug weg von diesem ganzen Wahnsinn. Die Azara? Nein, nichteinmal dort konnte sie noch hin.
Sie schlängelte sich durch eine Gruppe von Pilgerern, die in Scharen die Gänge blockierten, rempelte Leute an, doch es interessierte sie nicht, als sie plötzlich mit jemandem zusammenprallte. Zum Zweiten Mal an diesem Tag, diesmal jedoch ohne, dass sie zu Boden ging.
"Jack!"
Jack Hawkins:
Vor dem Frozen Sunset
Jack fuhr herum.
"Verzeih..... Commander! Oh, ich dachte Sie wären..." Erst jetzt registrierte er ihren Gesichtsausdruck, die Blässe, die sich auf ihre Wangen gelegt hatte. Sein Lächeln verschwand und machte einem besorgten Stirnrunzeln Platz.
"Ist alles in Ordnung?" Der Tote schien sie doch ziemlich mitgenommen zu haben.
"Ich..." setzte er mit einem Zögern an und deutete über die Schulter auf die Bar vor der sie standen. "...wollte gerade ins Sunset, der Drink, Sie wissen."
Er versuchte ein aufmunterndes Lächeln. "Wie wär's, auch einen?"
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