Autor Thema: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???  (Gelesen 13795 mal)

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Offline Kardinal Richelingo

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #25 am: 10.03.2005 | 08:41 »

Ich bezweifel einfach, dass das viele möchten - Und zwar aus einem Grund:
Ich bin inzwischen so lange Spielleiter, dass, wenn ich als Spieler am Tisch sitze sehr oft automatisch analytisch von oben betrachte und mir überlege, wie es dramaturgisch am Besten weitergeht. Das "Eintauchen" in die Welt ist mir oft sehr sehr schwer. Da habe ich eine Möglichkeit verloren. Und ich bewerte das auch sehr wohl als Verlust.
Denn die Analyse schafft nicht den Spielspaß, den das Eintauchen bietet.


das sehe ich ganz genauso. Jedoch glaube ich durchaus, dass es durchaus möglich ist Spieler daran zu führen. Die Frage ist halt inwiefern so eine narratives Rollenspiel sich eben für eine längere Kampagne eignet, oder doch nur eben für ein Paar lustige one-shots. Das Potential ist sicher da und mir als SL macht es sicher SPass, den Spielern mehr kreative freiheit zu geben.

Jedoch hängt es IMO auch sehr vom Setting ab, bei Fading Suns, Agone, Midnight, Witchcraft / Kult würde ich das nicht so gerne sehen, da hier setting und Informationen einfach zu komplex sind. Bei anderen Settings a la Eberron, Spycraft, Pulp (etwa AFMBE Pulp Zombies) und anderen mini-kampagnen systemn kann ich mir das bedeutend besser vorstellen. Und auch so, dass es funktioniert, weil die Spieler dann die Freiheit verstehen.

Die Frage ist ja auch, wieviel "Mitspracherecht" die Spieler haben. Ein bissschen kann ich mir durchaus auch bei Agone vorstellen, zumindest was ihren Charakter betrifft bzw. den Einsatz von "Issues". Jedoch stellt sich die Frage wie man dann die Grenzen setzt. Selbst inspectres hat ja nur ein Paar Eingriffsmöglichgkeiten und ist kein narrativer Rundumschlag.

Was mich ganz persönlich an diesen Diskussionen erheblich stört, ist mal wieder entweder oder. Warum muss ich eines besser finden ? Narrativ ist halt mehr Gruppendynamik und Improtheater und Simulationismus eben mehr "klassischer Film" mit Drehbuch, Cast und Szenen. Ich denke beides hat seine Existenzberichtigung.

Zweifellos ermöglicht Simulationismus ein besseres Eintauchen in die Welt, solange es irgendwie den Vorstellungen der Spieler entspricht.
Andererseits holt der Narrativismus eben die Spieler aus der klassischen Lethargie und dem Konsumgeist, endlich können und sollen sie mehr mitgestalten.

Ich denke ich werde einfach experimentieren, dann kann ich deine Frage auch besser beantworten. So bleibt es eben nur mal wieder Theorie.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #26 am: 10.03.2005 | 09:39 »
@ Fredi & Cay: Ich rede vom klassischen Detektiv-Abenteuer. Vom Rätsel. Vom Setting-Geheimnisse Ergründen.
Und ich denke auch, dass sowas möglich ist. Es gibt nur noch nicht die richtigen Systeme dafür.

Aber du hast natürlich recht: einfach ist das bestimmt nicht. :)
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #27 am: 10.03.2005 | 11:20 »
Rein logisch, ohne dass jetzt mechanisch zementieren zu müssen, finde ich die Vorstellung eines Detektivabenteuers ohne Geheimnisse absurd. Denn solche kann es bei der Heiligen Kuh PE leider nicht geben, weil die Authorität fehlt.

Und sobald man irgendeine Form von Authorität reinbringt (z.B. jeder Spieler schreibt ein Geheimnis verdeckt auf), hat man kein echtes PE mehr.

Und die Aussage, dass SL auf gerade zu mysteriöse Weise PE Spaß machen muss, kann ich nur müde lächeln. PE ist einem guten SL immer unterlegen, denn gute Geschichten werden nicht von vielen Leuten gemeinsam geschrieben. Vor allem nicht, wenn alles ad hoc passieren muss.

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #28 am: 10.03.2005 | 11:33 »
Und sobald man irgendeine Form von Authorität reinbringt (z.B. jeder Spieler schreibt ein Geheimnis verdeckt auf), hat man kein echtes PE mehr.
Was daran ist kein PE mehr?
Soweit mir das bekannt ist, geht es bei PE (player empowerment) darum, den Spielern (im Unterschied zum SL) Gestaltungsmacht zu geben, die sonst NUR dem SL zukommt. Wenn nun jeder Spieler ein Geheimnis beiträgt, dann wäre das meinem Verständnis nach eine Form von Gestaltungsmacht. Oder hab ich da grundsätzlich irgendetwas missverstanden?  ???
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #29 am: 10.03.2005 | 11:45 »
Sorry, wenn das PE ist, mache ich als Dienstleistungs-SL in jeder meiner Sitzungen massivstes PE und zwar ohne dass die Spieler ihre Immersion verlassen müssen.

Muss ich mir jetzt zu meinem Dienstleistungs- auch noch ein Narren-Kreuz nehmen oder spielt ihr Narrativisten euch einfach nur mal wieder auf?

Offline Boba Fett

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #30 am: 10.03.2005 | 11:57 »
PE != kein Spielleiter...
Letztendlich ist es doch schon PE, wenn der Spielleiter fragt "Was für Abenteuer wollt Ihr erleben".
Oder "Welches System wollen wir spielen..."
Zumindestens kann das als PE ausgelegt werden...

Zitat
Soweit mir das bekannt ist, geht es bei PE (player empowerment) darum, den Spielern (im Unterschied zum SL) Gestaltungsmacht zu geben, die sonst NUR dem SL zukommt.

Bleiben wir mal dabei...
Was ist "SONST" ???
Sonst im Durchschnitt aller Runden? Sonst bei autoritären Runden? Sonst bei wem?
Da das nicht definiert ist, ist auch nicht klar, was das mehr an "Gestaltungsmacht" ausmacht, das es zu PE wird.
Spielen ohne SpL ist sicher PE, aber PE ist nicht nur Spielen ohne SpL.

Und Narr ist auch nicht PE. Narr ist auch schon in üblichen Runden kein Problem. Narr erfordert lediglich eine gute Kommunikation in der Runde auf der Metaebene.
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #31 am: 10.03.2005 | 12:04 »
@Boba
Ich postuliere das nicht, den Kelch reiche ich schön an unsere Narren weiter. Du hast die betreffende Textstelle ja bereits zitiert. Vielleicht können sie ja mal Klartext reden, anstatt sich in esoterischem Hintergrundrausch auszudrücken.

Überhaupt, wenn ich mir die momentanen Theoriethread ansehen, komme ich immer mehr zu zwei Schlüssen:

a. Ich sollte mir eine Theorie-Auszeit gönnen. Es ist albern wie viel Energie ich mit diesem Nonsense verbrenne, der, wenn ich ihn mal nüchtern betrachte, mir nichts bringt, was ich nicht schon vor 6-7 Jahren wusste. Heute ist das nur in lustige Wörter und pseudo-wissenschaftliche Texte verpackt.

b. Mir fällt es zunehmend schwerer unsere Narren ernst zu nehmen. Manche Rollenspieler mögen in Traumwelten leben, die Narren leben dafür in Elfenbeintürmen. Träume können sich ändern, Elfenbeintürme aber sind in der Regel uneinnehmbar.

So long

Offline Schwules Lesbenpony

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #32 am: 10.03.2005 | 12:17 »
@Boba
Ich hätte jetzt auch statt 'sonst' 'üblicherweise' oder irgendwas anderes nehmen können: Das ist dann aber wirklich IMO Wortklauberei.

Ich meinte die Art von Rollenspiel, in der der SL eine zentrale Rolle einnimmt, weil er derjenige ist, der die Spielwelt aktiv aus der Rolle des 'Regisseurs' heraus gestaltet und ihm zahlreiche Ebenen der Gestaltung obliegen [SL spielt einen NSC; SL stellt die Welt dar; SL beschreibt was die Folgen eines Wurfeergebnisses in der Spielwelt sind; SL trifft Entscheidungen bezüglich der Geschichte, des Plots]. In einer solchen Form ist es die Aufgabe der Spieler, ihren Charakter zu führen. Hierbei liegt ihre einzige Gestaltungsmacht in den Handlungen des Chars und auf keiner anderen Ebene. Gewiss können sie ihre Wünsche an den SL geben und diese werden dann auch oft gerne umgesetzt. Es sind aber Wünsche und keine Tatsachen, die in der Spielwirklichkeit real werden.

PE befasst sich nun damit, den Spielern über diese Charakterhandlungsebene hinaus Gestaltungsmacht zu geben. Das Ausmaß an PE kann sehr unterschiedlich sein. Vom Einbringen von NSCs in die Spielwelt bis hin zum SL-losen Spiel. Was gerne im Vergleich zu Spielerinput an den SL übersehen wird: Die Gestaltungsideen der Spieler werden umgesetzt, ohne dass sie einer direkten Legitimation durch den SL bedürfen. Ob das, was die Spieler gestalten, zu Spielrealität wird, entscheidet nicht der SL sondern Spielregeln oder die ganze Gruppe (s. Widerspruchsregeln bei Universalis oder Vergabe von Erzählrecht bei Pool oder PTA).

Ich würde auch nicht grundsätzlich sagen, dass Narr = PE sei. Allerdings fällt es mir schwer (und das ist wahrscheinlich nur meine äußerst subjektive Sicht der Dinge) mir Narr-Spielformen ohne PE vorzustellen. Vielleicht könnte da jemand Beispiele bringen.

@Ein
Ich würde Dich freundlichst bitten, nicht unhöflich oder tendenziell beleidigend zu werden.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #33 am: 10.03.2005 | 12:20 »
Hey Ein,

ich finde deinen Schreibstil aggressiv und weder zielführend noch diskussionsfördernd. Und vor Allem nicht nötig. Wenn du also nur Leute anmotzen möchtest, dann würde ich dich bitte, dich einfach rauszuhalten. Ich zum Beispiel hätte nichts dagegen, wenn du dir eine Theorie-Auszeit gönnst.
Und wenn du diskutieren möchtest, dann bitte in einem konstruktiveren Ton, das wäre doch fein, oder? Wir haben wohl sowohl ein anderes Verständnis von einigen Begriffen (die ja definiert werden könnten) als auch andere ästhetische Vorstellungen (die man ja erst einmal gegenseitig verständlich machen könnte). Über beides lässt sich reden, aber doch nicht in diesem Ton. Denn solche Kommentare:
Mir fällt es zunehmend schwerer unsere Narren ernst zu nehmen.
führen dazu, dass es mir immer schwerer fällt, dich ernst zu nehmen.

PE != kein Spielleiter...
Letztendlich ist es doch schon PE, wenn der Spielleiter fragt "Was für Abenteuer wollt Ihr erleben".
Oder "Welches System wollen wir spielen..."
Zumindestens kann das als PE ausgelegt werden...
Absolut. PE ist auch kein ja od er nein, sondern (wie so oft) ein mehr oder weniger.

Zitat
Was ist "SONST" ???
"Sonst" im Sinne von Regeln "klassischer" Rollenspiele. Wenn ich mir die D&D-Regeln anschaue, dann ist der Spieler für die Motivationen und Intentionen sowie für die Initiierung von Handlungen seines Charakters zuständig. Alles andere (auch den Erfolg der Handlungen der Charaktere) ist der SL zuständig. Was darüber hinaus die Macht in Richtung Spieler verschiebt, würde ich als PE definieren. Also sowas wie "PE ist, wenn durch explizite (oder gehen auch implizite?) Regeln den Spielern mehr Macht gegeben wird, als in klassischen Spielen üblich". Das ist nicht knallhart aber dennoch für eine Diskussion ausreichend.
EDIT: Und was Cay sagt. :)

Zitat
Spielen ohne SpL ist sicher PE, aber PE ist nicht nur Spielen ohne SpL.
Genau. Und PE != PE. Es gibt verschiedene Formen und Mengen.

Zitat
Und Narr ist auch nicht PE. Narr ist auch schon in üblichen Runden kein Problem. Narr erfordert lediglich eine gute Kommunikation in der Runde auf der Metaebene.
Genau, Nar ist auch nicht PE. Und theoretisch geht es auch völlig ohne Kommunikation auf der Metaebene. Nur ist das eher unwahrscheinlich. Aber möglich.

EDIT: Der SL hat üblicherweise eine Anzahl von Aufgaben (Scene Framing, Gegner sein, NSC verwalten uvm). Wenn davon welche (teilweise) auf die Spieler übertragen werden, dann ist es PE. Zu den Aufgaben des SL können wir nochmal einen Thread aufmachen.
« Letzte Änderung: 10.03.2005 | 12:22 von Fredi der Elch »
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Zitat von: 1of3
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wjassula

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #34 am: 10.03.2005 | 12:24 »
Zitat
PE ist einem guten SL immer unterlegen, denn gute Geschichten werden nicht von vielen Leuten gemeinsam geschrieben. Vor allem nicht, wenn alles ad hoc passieren muss.

Was macht dich da so sicher? Zumal sich Rollenspiel auch nur begrenzt mit dem Schreiben einer Geschichte vergleichen lässt, finde ich.

Offline Boba Fett

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #35 am: 10.03.2005 | 12:26 »
kurz gesagt:
Zitat
Das Ausmaß an PE kann sehr unterschiedlich sein.
Genau!

Und da jeder von einem anderen "üblicherweise" ausgeht, ist für den Einen schon etwas PE, was beim anderen noch "Übliches Rollenspiel" darstellt.
Als Spieler Gegenstände als existent definieren (Das da ein Kronleuchter hängt) wird für die eine Runde alltäglich sein, die andere wird das als PE betrachten.

Dass PE automatisch "ohne Legitimation" (oder auch ohne Vetorecht) des Spielleiters auskommen muss, sehe ich so nicht. Wünsche formulieren, NSCs einbringen, oder schlichtweg einen Gebäudeplan für die eigenen 4 Wände der Runde Zeichnen könnte man schon als PE definieren. Muss man nicht. PE ist da etwas schwammig.
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Offline Schwules Lesbenpony

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #36 am: 10.03.2005 | 12:32 »
@ Fredi
Was vielleicht nicht schlecht wäre (so rein praktisch betrachtet), wäre eine Aufstellung von SL-Aufgaben und Ideen, Mechanismen oder Regeln, in welcher Form man diese Aufgaben an die Spieler weitergeben kann. So als Praxisbeispiele.

@ Boba
Legitimation durch den SL: Ohne Regeln für PE hat üblicherweise der SL das letzte Wort. Und zwar zu all den Beispielen, die Du genannt hast. Bei klaren Regeln fürs PE kann sich auch der SL nicht mehr einmischen: Er hat nicht mehr die Legitimationsmacht.
Wenn ich mir etwas für Spiel Wünsche, entscheidet schließlich der SL, ob ihm das in den Kram passt. Wenn ich einen Kronleuchter erfinde, kann der SL sage, dass da keiner ist, weil der Raum nur von Fackeln beleuchtet wird. Wenn ich einen NSC erschaffe, dann ist es immer die Frage, ob der dem SL in sein Plot-Konzept passt oder nicht, etc.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #37 am: 10.03.2005 | 12:34 »
Dass PE automatisch "ohne Legitimation" (oder auch ohne Vetorecht) des Spielleiters auskommen muss, sehe ich so nicht.
Das ist aber so. Bzw so ist es in der Definition, die ich davon habe. Und die halte ich für sinnvoll, da du ja schon auf die Schwammigkeit hingewiesen hast, wenn man es weglässt. Denn dann ist ja alles irgendwie PE.

Damit die Definition wenigstens halbwegs Sinn macht und für weitere Diskussionen taugt, muss der Input der Spieler endgültig und nicht mehr durch den SL zu stoppen sein. Das kann durch Regeln oder durch Gruppenabstimmung geschehen. Egal. Aber der Kern ist doch, dass bei PE der Spieler (oder die Spieler als Ganzes) etwas (aus der vorher genannten Gruppe der SL-Aufgaben) gegen den Willen des SL durchsetzen können.
Und (wieder) was Cay sagt... :)

@ Fredi
Was vielleicht nicht schlecht wäre (so rein praktisch betrachtet), wäre eine Aufstellung von SL-Aufgaben und Ideen, Mechanismen oder Regeln, in welcher Form man diese Aufgaben an die Spieler weitergeben kann. So als Praxisbeispiele.
Mach mal. :) Ich kann ja einen Sammel-Thread anfangen.


EDIT: Und wie der Zufall es will, gibt es gerade einen Thread dazu (also über SL-loses Rollenspiel) bei Vincent Baker:
http://www.septemberquestion.org/lumpley/anycomment.php?entry=184
« Letzte Änderung: 10.03.2005 | 12:41 von Fredi der Elch »
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #38 am: 10.03.2005 | 12:50 »

EDIT: Und wie der Zufall es will, gibt es gerade einen Thread dazu (also über SL-loses Rollenspiel) bei Vincent Baker:
http://www.septemberquestion.org/lumpley/anycomment.php?entry=184

spannend, ich denke ich wir werden bald mal Bloodshadows SL-los spielen. Mal sehen ob ich dafür Spieler finde.....  ??? aber wie gehts das nun ? Wo finde ich Infos wie ich völlig SL-los spiele ?
« Letzte Änderung: 10.03.2005 | 12:53 von eed_de »
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #39 am: 10.03.2005 | 14:31 »
Aber der Kern ist doch, dass bei PE der Spieler (oder die Spieler als Ganzes) etwas (aus der vorher genannten Gruppe der SL-Aufgaben) gegen den Willen des SL durchsetzen können.

Puh, und ich dachte für eine Sekunde, ich hätte meine Spieler aus Versehen empowered. >;D
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #40 am: 10.03.2005 | 15:04 »
@Fredi und @Caynreth:
Gut, wenn dass allgemein fix definiert ist, dann ist das PE und ein netter GM, der seinen Spielern viele Freiheiten lässt, sich nur ein entgültiges Veto vorbehält (das er wohl nie einsetzen wird) betreibt kein PE. Da ich die allgemeine Definition nicht kannte, sehe ich mich berichtigt.

Dann macht es auch Sinn, dass man auf der Forge soviel Wirbel um den "Shared Imaginary Space" und dergleichen macht, denn dann muss beim PE ja ganz klar definiert sein, wer wann wo was im SIS als gegeben definieren darf.
Denn ansonsten kommt man sich irgendwann in die Quere. Disconnected to the SIS oder so...

Wie dem auch sei, ich würds gern (z.B. PtA) ausprobieren bin aber nach wie vor der Meinung, dass die meisten Spieler und Spielleiter beim klassischen Rollenspiel bleiben werden. Einfach, weil es eben auch Spaß macht, sich was auszudenken und den anderen zu präsentieren, um die dann "da rein" (oder) "da durch" zu schicken und zu sehen was rauskommt und wie es ankommt und die Spieler eben auch gern sich was "präsentieren" lassen. Und ich sehe das nicht mal als "Dienstleistungs-" oder "Konsummentalität" an.
Aber das ist eben Ansichtssache. 8)
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #41 am: 10.03.2005 | 15:09 »
Wie dem auch sei, ich würds gern (z.B. PtA) ausprobieren bin aber nach wie vor der Meinung, dass die meisten Spieler und Spielleiter beim klassischen Rollenspiel bleiben werden. Einfach, weil es eben auch Spaß macht, sich was auszudenken und den anderen zu präsentieren, um die dann "da rein" (oder) "da durch" zu schicken und zu sehen was rauskommt und wie es ankommt und die Spieler eben auch gern sich was "präsentieren" lassen.
Ohne da wirklich widersprechen zu wollen - denn das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks:
Rollenspiele mit PE verteilen diesen Spaß auf alle Spieler. Jeder ist mal dran damit, sich etwas auszudenken und den anderen zu präsentieren und zu sehen, was rauskommt, und auch damit sich etwas präsentieren zu lassen und etwas zu erleben und sich in etwas reinzuversetzen. Das Ganze während einer Spielsitzung, teilweise sogar während einer Szene. So ähnlich wie rotierende SL.
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #42 am: 10.03.2005 | 15:19 »

PE befasst sich nun damit, den Spielern über diese Charakterhandlungsebene hinaus Gestaltungsmacht zu geben. Das Ausmaß an PE kann sehr unterschiedlich sein. Vom Einbringen von NSCs in die Spielwelt bis hin zum SL-losen Spiel. Was gerne im Vergleich zu Spielerinput an den SL übersehen wird: Die Gestaltungsideen der Spieler werden umgesetzt, ohne dass sie einer direkten Legitimation durch den SL bedürfen. Ob das, was die Spieler gestalten, zu Spielrealität wird, entscheidet nicht der SL sondern Spielregeln oder die ganze Gruppe (s. Widerspruchsregeln bei Universalis oder Vergabe von Erzählrecht bei Pool oder PTA).

Ich würde auch nicht grundsätzlich sagen, dass Narr = PE sei. Allerdings fällt es mir schwer (und das ist wahrscheinlich nur meine äußerst subjektive Sicht der Dinge) mir Narr-Spielformen ohne PE vorzustellen. Vielleicht könnte da jemand Beispiele bringen.

Ich versuch's mal; immerhin habe ich ja vor langer Zeit angenommen, ich wäre Narrativist, weil ich Rollenspiel als Erzählkunst betrachte. Da hatte ich von solchen Spielen, wie sie von den NARRen hier angeführt werden, noch nichts gehört (wahrscheinlich gab es die allermeisten davon eh noch nicht).

Also: im klassischen Spiel spielen die Spieler jeweils in der Regel einen einzelnen Charakter und haben darüber hinaus keine Gestaltungsmöglichkeiten (lassen wir Troupe Style Play mal außen vor). Der Spielleiter spilet auch eine Rolle, nämlich die der gesamten übrigen Spiel-Realität. PE ist also vornehmlich eine Verschiebung von Teilen oder Anteilen dieser Spiel-Realität auf die Spieler.

Wenn ich darauf verzichte, heißt das nicht, dass das Spiel nicht trotzdem einer guten Geschichte dienen kann. Die Spieler sind aber hier Co-Autoren, die sich an die Regel halten, auf die Geschichte nur durch ihren Charakter einzuwirken. Nimm z. B. einmal die Comedy-Show Schillerstraße. Der 'Spielleiter' kann allen Einflüsterungen mitgeben und auf die Ereignisse einwirken, aber die Comedians beschränken sich auf eine einzelne Rolle. Als Autor einer Geschichte kannst du so etwas auch tun - der Spielleiter ist eher ein allwissender Erzähler, mit Ausnahme der Macht und des Wissens über die Spielercharaktere, die Spieler sind personale Erzähler, Ich-Erzähler, die ausschließlich innerhalb ihres Charakters Erzählgewalt haben.

Dabei kann nun durchaus eine Geschichte erzählt werden, nur haben eben nicht alle Beteiligten den gleichen Anteil und die gleiche Perspektive. Die Qualität der Geschichte als solcher hängt hier ausschließlich an dem Erzähltalent der Spieler, aber das ist, denke ich, immer so. Aber es fällt einem ungeschickteren oder erzähl-unlustigen Spieler-Erzähler leichter, sich zurückzunehmen und die Story der anderen zu konsumieren.

Es gibt Regelsysteme, die mehr oder weniger Erzählgewalt an sich reißen - ich betrachte das Regelsystem als eine dritte Erzählgewalt im Spiel. In der Regel treffen die Würfel Entscheidungen, die sich auf die Erzählung auswirken. Bei einem System wie Rolemaster wird z. B. ein Kampf zu einer Erzählung, die sich aus Tabellenfragmenten speist - die Regeln übernehmen das Spiel. So etwas mag ich nicht; was ich bevorzuge, sind Regeln, die sich auf die Auflösung von Handlungen konzentrieren, mir aber als Ergebnis eine leicht interpretierbare Qualitäts-Einordnung geben, die dann in ein passendes Element der Erzählung umgewandelt wird.

In meiner spielpraxis ist es so, dass die Spieler zum größeren Teil keine Erzähler sind. Sie führen ihren Charakter, spielen ihn auch, aber sie formulieren nicht unbedingt erzählerisch geschickt; das bleibt eher mir überlassen (wie gut ich das kann, lasse ich mal dahin gestellt...) Würde ich diese Spieler jetzt mit einem Regelsystem konfrontieren, das von ihnen verlangt, weite Teile der Erzählung selbst zu erschaffen, gäbe das eine Katastrophe (einige der Spieler haben mal klassisch zu leiten versucht und sind schon daran gescheitert).

Abgesehen davon, ich sehe nicht, wie eine Gruppe von Autoren ohne definitive Vorgaben z. B. einen Krimi schreiben soll, wenn gleichzeitig kein roter Faden vorhanden ist und nicht schon alle wissen, wer der Täter ist. Wenn aber alle das Wissen, ist der Reiz des detektivischen Rollenspiels verloren. Es kann durchaus einen anderen Reiz geben: aber der des detektivischen Spiels (und noch mehr beim Horror-Spiel) liegt eben m. E. in der mangelnden Kontrolle über das Spielgeschehen.

Robin
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #43 am: 10.03.2005 | 15:36 »
[OT, Narr]
@Bitpicker
Ich würde nie behaupten, dass Narr oder PE in irgendeiner Weise zu besseren, schöneren oder sonstwie höherwertigen Geschichten durch Rollenspiel führen. Man könnte sogar behaupten (und da wäre ich nicht die erste), dass jedes Rollenspiel eine Geschichte erschafft. Die Frage ist, WIE, mit welchen Mitteln man das im Verlaufe der Spielsitzung macht.

Daher ist der Verweis auf eine gute Geschichte, die im 'klassischen' Rollenspiel entsteht, keine Antwort auf meine Frage nach Narr-Spielformen ohne PE. Oder habe ich Deine Antwort missverstanden?

Allerhöchstens (und hier bin ich mir noch nicht wirklich sicher) indem der SL eine Prämisse vorgibt und die Spieler mit ihren Charakteren dieser Prämisse Ausdruck geben (ähnlich einer Schauspielgruppe, die ein Drama - sagen wir Medea - spielen und dabei durch die Figuren, die sie spielen, das Thema verdeutlichen). Wie das aber mit einem vom SL vorbereiteten Plot sich vertragen sollte, ohne dass es in Theater abrutscht, ist mir auch nicht klar.
« Letzte Änderung: 10.03.2005 | 17:20 von Caynreth »
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #44 am: 10.03.2005 | 15:37 »
Wie dem auch sei, ich würds gern (z.B. PtA) ausprobieren bin aber nach wie vor der Meinung, dass die meisten Spieler und Spielleiter beim klassischen Rollenspiel bleiben werden. Einfach, weil es eben auch Spaß macht, sich was auszudenken und den anderen zu präsentieren, um die dann "da rein" (oder) "da durch" zu schicken und zu sehen was rauskommt und wie es ankommt und die Spieler eben auch gern sich was "präsentieren" lassen.
Ohne da wirklich widersprechen zu wollen - denn das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks:
Rollenspiele mit PE verteilen diesen Spaß auf alle Spieler. Jeder ist mal dran damit, sich etwas auszudenken und den anderen zu präsentieren und zu sehen, was rauskommt, und auch damit sich etwas präsentieren zu lassen und etwas zu erleben und sich in etwas reinzuversetzen. Das Ganze während einer Spielsitzung, teilweise sogar während einer Szene. So ähnlich wie rotierende SL.

Was ich nicht verstehe, ist, wie bei so etwas eine Story mit Hand und Fuß rauskommen soll, die irgend eine Kohärenz besitzt. Ich will nicht sagen, dass ich nicht glaube, dass es mglich ist, sonst würdet ihr es ja nicht machen. Aber ich sehe eben nicht, wie man z. B. ein Cthulhu-Abenteuer so aufziehen sollte. Ich stelle mir vor, wir haben keine durch einen SL vorgegebene Handlung. Einer der Sieler beschließt, dass die Charaktere auf eine Leiche stoßen, die bestimmt Merkmale aufweist - z. B. die Wunden, die ein Sternenvampir hinterlässt. Natürlich sagt er das nicht so, sondern beschreibt die Wunden des Opfers ganz normal. Die anderen Spieler kapieren aber nicht, dass diese Wunden ganz klar für einen Sternenvampir sprechen, und der nächste bringt fröhlich Tiefe Wesen ins Spiel, der übernächste Rlim Shaikorth, der vierte einen Avatar des Nyarlathotep, der erste macht, um alles irgendwie zu retten, einen Traum draus, usw.

Schlimmer noch: bei Kult besteht der Reiz in der Entdeckung der metaphysischen Realität des Spiels. Kein Spieler kann ad hoc eine Geschichte entwickeln, die da rein passt, wenn er diesen Hintergrund nicht kennt. Wenn er ihn aber bis ins Detail kennt, um passend zum Setting spielen zu können, geht der eigentliche Reiz des Spiels verloren.

Was ich mir vorstellen kann, ist ein Setting, das gar nicht prä-existent ist, sondern während des Spiels erst gestaltet wird. Das kann durchaus seinen Reiz haben, ist aber m. E. eine völlig andere Sorte Spiel. Ein Beispiel, das ich bisher allerdings nur theoretisch kenne, wäre Insects of God - die Spieler übernehmen gleichberechtigt jeweils die Rolle einer schlechten Eigenschaft eines einzelnen Charakters. Zur Prämisse gehört, dass das Spiel in Echtzeit abläuft und dass es mit dem Tod des Charakters endet, sobald die Zeit um ist. Die Spieler kaufen anschließend mit Münzen Szenen für den Charakter, denen sie eine Färbung entsprechend ihres Charakterzuges, den sie verkörpern, mitgeben, um dafür per Spieler-Konsens neue Münzen erhalten zu können. Die übrige Welt ist völlig undefiniert und unterliegt der gemeinsamen Kontrolle aller Spieler. Aber auf diese Weise kommt eine ganz andere Sorte von Erzählung zustande, als z. B. bei einem Detektivspiel. Mti einem solchen System, um an meinen diesbezüglichen Faden anzuknüpfen, bin ich sicher, kann ein 'normales' Cthulhu-Abenteuer zum Beispiel nicht erreicht werden.

Robin
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #45 am: 10.03.2005 | 15:46 »
@Bitpicker

Daher ist der Verweis auf eine gute Geschichte, die im 'klassischen' Rollenspiel entsteht, keine Antwort auf meine Frage nach Narr-Spielformen ohne PE. Oder habe ich Deine Antwort missverstanden?

Viellecht habe ich weniger Bedeutung in deinen Ausdruck von narrativen Spielformen gelegt als du gemeint hast. Deshalb mein einleitendes 'früher habe ich narrativ ganz anders verstanden'.

Wenn es beim Narrativismus um das Erschaffen einer Geschichte geht, dann sage ich nur, dass es mir beim klassischen Spiel um genau das geht: eine unterhaltsame und dabei kohärente Geschichte, auf die man als eine Art eigenes Erlebnis zurückblicken kann, sofern man Spieler ist, weil man sie durch die Sinne eines einzelnen ich-erzählenden Charakters erlebt hat. Das erreiche ich ohne PE, und meines Erachtens nur ohne PE.

Also, wahrscheinlich liegt das Missverständnis wieder mal auf meiner Seite.

Robin
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #46 am: 10.03.2005 | 15:49 »
Deswegen sagte ich ja, dass das eben Ansichtsache sei. 8)

Ich kann es mir bei Leuten, die sowieso Spielleiter-Ambitionen haben auch durchaus vorstellen und es auch als reizvoll empfinden.
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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #47 am: 10.03.2005 | 15:59 »
[OT, Narr]
@Bitpicker (mit einem kleinen Narr-Exkurs  ;))
OK, dann hat sich das geklärt  :). Ich meinte schon ganz klar narrativistisch, wie im 'Big Model' von R.Edwards.

Beim Narrativismus geht es nicht primär darum eine Geschichte zu erschaffen (das macht jedes Rollenspiel, s.o.), sondern mit Hilfe der Charaktere dem Spieler die Möglichkeit zu geben, bedeutende Themen (Liebe, Rache, Buße, Tod, Verlust, Macht, Identität, Selbstbestimmung, etc.) im Spielverlauf anzuspielen, für diese Themen relevante Konflikte zu erschaffen und durch die Entscheidungen der Protagonisten auf damit zusammenhängende Fragen zu antworten, Aussagen zu machen und schließlich die Themen aufzulösen.

Solche Fragen könnten sein: Was bin ich bereit für meine Liebe zu opfern? Wie kann ich mich rächen und trotzdem menschlich bleiben? Was bedeutet Buße für mich? Hat ein Mensch ein Recht auf seinen Tod? Wie kann Verlust der eigenen Existenz den Menschen ändern? Wie weit bin ich bereit für absolute Macht zu gehen? Was definiert den Menschen im Gegensatz zu einer Maschine? Wie kann ich als Frau selbstbestimmt leben ohne aus der Gesellschaft zu fallen?

Es sind im Prinzip Fragen, die die Menschen bewegen, seit sie Kultur schaffen können. Philosophisch betrachtet Fragen nach dem Menschsein.
« Letzte Änderung: 10.03.2005 | 17:20 von Caynreth »
Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht,
sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig.

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #48 am: 10.03.2005 | 16:16 »
Solche Fragen könnten sein: Was bin ich bereit für meine Liebe zu opfern? Wie kann ich mich rächen und trotzdem menschlich bleiben? Was bedeutet Buße für mich? Hat ein Mensch ein Recht auf seinen Tod? Wie kann Verlust der eigenen Existenz den Menschen ändern? Wie weit bin ich bereit für absolute Macht zu gehen? Was definiert den Menschen im Gegensatz zu einer Maschine? Wie kann ich als Frau selbstbestimmt leben ohne aus der Gesellschaft zu fallen?

Es sind im Prinzip Fragen, die die Menschen bewegen, seit sie Kultur schaffen können. Philosophisch betrachtet Fragen nach dem Menschsein.[Exkurs Ende]

Zunächst einmal sind das Fragen, die so auch z. B. in Unknown Armies auftreten können, was ich als relativ klassisches Spiel bezeichnen möchte. Sie können Teil des Charkaterkonzepts sein oder vom SL gestellt werden (wobei das natürlich meist wohl implizit passiert, es wird also nicht direkt als Aufhänger dargeboten).

Ich persönlich sehe nicht, wie ich als Spieler, wenn ich mir selbst diese Frage stelle, in einem Spiel zu irgendwelchen Ergebnissen kommen sollte, die sich von dem unterscheiden, was ich beim allmorgendlichen Philosophieren unter der Dusche auch herausbekomme. Der Trick ist doch eigentlich in Literatur und Film, wenn diese eine 'Message' transportieren, mit Fragen konfrontiert zu werden, die man sich eben nicht gestellt hat. Wen ich mir die Fragen selbst stelle und die Lösung an einem fiktiven Charakter erarbeite, ist das nicht so, als würde ich nur Bücher lesen wollen, deren Ende ich schon kenne?

Als konkretes Beispiel: bei einer UA-Sitzung ist ganz klar die Frage aufgetaucht: 'Wie weit bin ich willens, für meine eigene Sicherheit zu gehen?'. Die SC hatten den Bösewicht gestellt, und er war innerlich zerbrochen - eindeutig irrsinnig. Einige Spieler begannen, mit dem Gedanken zu spielen, ihn abzumurksen. Schließlich war es offensichtlich, dass er nicht straffähig war (und er hatte magische Mittel, den SC zu schaden, was ja von keinem Gesetz der Welt abgedeckt wird), und wer konnte garantieren, dass er nicht wieder zu sich kommen würde?

Das moralische Dilemma wurde rein in-character diskutiert, keinerlei Regeln flossen ein (ich wüsste auch nicht, was Regeln dabei zu suchen hätten und wie die aussehen sollten). Aber mit PE hatte das wohl auch nichts zu tun, schließlich war kein Spieler zu irgendeiner Zeit in einer anderen Position als in-character. Letztendlich entschieden sich die SC dafür, den Gegner bei der Polizei abzuliefern. Aber der Punkt ist: das Spiel gab den SC eine konkrete, nicht vorhersehbare Konfrontation mit der Frage. Wenn sich die Spieler selbst diese Frage zu Anfang als Ziel gesetzt hätten, warum hätten sie spielen sollen? Kann man da nicht gleich einfach drauflos philosophieren, statt sich erst mal mühsam auf den Punkt vorzuarbeiten, von den sowieso alle wissen, dass er kommt?

Robin
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Offline Barbara

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Re: Kein Spielleiter = Alle sind Spielleiter???
« Antwort #49 am: 10.03.2005 | 16:35 »
Ich versuch mal auszudrücken, was ich dazu meine:

@bitpicker:
Ich kann mit ein Cthulhu-Abenteuer sogar sehr gut mit PE vorstellen. Der ehemalige Sl wird ja auch zum Spieler. Nur muss das Erzählrecht der einzelnen Spieler geregelt werden. Z.B. könnte ein Spieler die Monster auftauchen lassen ... ein anderer Spuren von ihnen streuen ...
Die "Aufgaben" der einzelnen Spieler können dann ja rotieren.

Ich seh in PE sogar ein reele Chance für "unfähige" Spielleiter, weil das Erzählrecht auf alle verteilt ist. Damit kann jeder seine erzaehlerischen Qualitäten nutzen, und seine fehlenden Qualitäten werden durch die Teilung des Erzaehlrechtes behoben (ich find kein besseres Wort dafür gerade). Gerade das kann durch Regeln für das Erzählrecht gefördert werden.

Um Wjassula zu zitieren: Versteht mich wer?
After all, what is wisdom but truth in the eyes of the simplest of strangers? And a hat full of ice cream! (An wise man in YAFGC)
If a thing is worth doing, it is worth doing badly. (G. K. Chesterton)
Menschen haben zu 50% dieselbe DNA wie Bananen. (Dr. Mitch Morgan)
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