Autor Thema: [Tag 3] Raumstation Bazaar  (Gelesen 19836 mal)

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Offline Elisabeth Hawkwood

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[Tag 3] Klerikaler Sektor und Kapelle
« Antwort #25 am: 10.06.2005 | 15:32 »
Die Luft war schwuel und stickig. Schwerer Weihrauchduft mischte sich mit den Ausduenstungen vieler Menschen. Schon jetzt am morgen war die Hitze nahezu unerträglich. Es gab zwar sicherlich eine Klimaanlage, doch diese war mit dem Andrang offenbar ueberlastet. Einige Novizen drängten sich mit Gesichtern durch die Menge, die man nur als gespielt geduldig bezeichnen konnte. Vater Valentinian war nirgendwo zu sehen. Ein Bruder in weiten Gewändern war damit beschäftigt eine Gruppe Pilger herumzufuehren, wahrscheinlich keine einfachen Pilgerreisenden, Mitglieder einer der kleineren Gilden vielleicht.

Baronin Elisabeth bedeutete Fjärill und Lisa sich dich bei ihr zu halten, damit die dichte Menge sie nicht voneinander trennte. Sie ließ sich ihren Fächer von Lisa reichen. Doch aufgrund der Enge zeigte er wenig Erfolg. Immerhin konnte sie sich die dichtesten Weihrauchschwaden aus der Nase halten.

Der Bruder erblickte sie und verließ sofort die Pilgergruppe, um sich tief vor ihr zu verneigen. „Den Schöpfer zum Gruß Mylady! Kann ich etwas fuer Euch tun? Es tut mir sehr leid, aber nachdem Vater Valentinian gestern Abend noch einen sehr erhebenden Gottesdienst hielt verbringt er den heutigen Morgen in stillem Gebet und Meditation. Doch ich bin sicher, er wird dies sofort unterbrechen, wenn Ihr es wuenscht.“ Er blickte sie abwartend mit einem unterwuerfigen Lächeln an.
-„Den Schöpfer zum Gruß, Bruder. Vielen Dank, aber es ist nicht notwendig Vater Valentinian in seiner Meditation zu stören. Im Moment ist er sicherlich viel beschäftigt.“ Sie ließ den Blick bedeutsam ueber die Pilgermassen gleiten, „Ich werde noch einige Wochen auf der Station sein. Wenn dieser Ansturm hier vorueber ist, paßt es sicherlich besser fuer ein Gespräch. Naja, was Vater Valentinian darunter versteht weiß der nur der Allschöpfer, aber wir werden sehen. Vater Valentinian kann sicherlich einen Novizen schicken um einen Termin zu vereinbaren.“
Sie ließ ihren Fächer wieder aufschnappen. Der Bruder verstand das deutliche Zeichen und zog sich mit einer unterwuerfigen Verbeugung wieder zu seiner Pilgergruppe zurueck.

Sie machte eine Runde durch die Kapelle, bewegte sich dann jedoch auf den Ausgang zu. Ich habe genug von dieser Hitze, der Luft hier und all den Pilgern. In der Kapelle der Eskatoniker ist es sicherlich ruhiger. Ein Gebet zum Tagesanfang wäre doch recht hilfreich, um meine Gedanken zu sammeln. Dann werden wir weitersehen.
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[Tag 3] Arkaden
« Antwort #26 am: 14.06.2005 | 16:15 »
Er verliess nach einem guten Fruehstueck das Café und begab sich relativ ziellos auf die Arkaden. Freya dicht auf den Fersen schritt er langsam die Galerie entlang und genoß den Blick durch die hohen Panoramafenster auf den Hangar.
Eine Fähre verließ gerade den Raumhafen in Richtung auf den Planeten. Wahrscheinlich mit jeder Menge Pilger an Bord. Weniger waren es trotzdem nicht geworden, wahrscheinlich kamen die Ersten bereits wieder zurueck und gaben sich mit den Abreisenden die Klinke in die Hand.
Naja, wenn es hier menschenleer wäre, dann wäre es auch langweilig. So ist es eine gute Uebung fuer Freya. Bis der Händler der al-Malik eintrifft muß ich ja sowieso warten. und das kann noch eine Weile dauern. Da ist es doch angenehmer, etwas Abwechslung zu haben. Ob ich mich nach unten wagen soll? Nein vielleicht warte ich lieber noch etwas, bis Freya ruhiger geworden ist. Die Händler erschrecken muß nicht sein. Ärger kann ich jetzt nicht wirklich brauchen.

Er warf einen letzten Blick auf den Hangar und drehte dem Fenster dann den Ruecken zu. Lässig an den Nischenrand gelehnt beobachtete er die vorbeihastenden Menschen. Freya warf ihm ab und zu fragende Blicke zu, die er geflissentlich ignorierte.
Nein mein Mädchen, das hier ueben wir jetzt schön. Fuer heute Nachmittag gib es vielleicht einen abgeschiedenen Trainigsraum, da können wir ein bißchen unser Zusammenspiel im Kampf trainieren, aber erst mal kommt das hier. Das Leben ist nicht nur Vergnuegen!

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #27 am: 15.06.2005 | 19:51 »
(Mwerron)[/i]

Alien-Kram. Was auch immer die Jack-Kreatur gefunden haben mochte, es befand sich bereits in den falschen Händen. Menschenhänden. Kein Interesse an den Geistern, die das Artefakt bewohnen mochten. Kein Interesse an seiner Geschichte, seinen Schöpfern, den Prinzipien, die es verkörperte. Für den Sternfahrer zählte nur der Wert in Geld. Wie erwartet. Selbst die kleinste Erkenntnis über die Natur des Artefaktes würde an das Menschwesen verschwendet sein.

Dann gab es da jemanden, der eine große Summe für den Gegenstand geboten haben musste. Genug für die Jack-Kreatur, um damit zu prahlen. Dieser jemand wusste also mehr als der Sternfahrer. Hatte wahrscheinlich Interesse daran, dass das so blieb. Möglicher Ärger. Mwerron war nichts anderes gewohnt. Kein schlechter Vorschlag des Jack-Wesens, den Rest der Sachen von der Sicherheit zu holen. Die Forschungsausrüstung. Zusätzliche Bewaffnung. Und den Krax. Da war noch eine Rechnung offen mit einem der Menschwesen.

Die blutleeren Lippen des Ur Ukar weiteten sich bei dem Gedanken zu einem breiten Grinsen. Zufrieden pflückte er eine rote Beere von einem der Teller, ließ sie über die Fingerspitzen tanzen. Schnippte sie dann hoch in die Luft, um sie mit den Zähnen aufzufangen und zu zerdrücken. Roter Fruchtsaft rann über die Schmucknarben seines Kinns.

Den beiden Kellnern hinterherblickend, lehnte er sich mit seinem Stuhl zurück. Der Boden vibrierte leicht unter ihren davoneilenden, lederbesohlten Schritten. "Wer ist Sir Vincent?" fragte er leise in seiner Muttersprache.

Bazaar

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #28 am: 15.06.2005 | 20:05 »
Eine Antwort war nicht nötig, denn wie auf ein Stichwort näherte sich der Umriss eines Mannes der Sitzgruppe nahe des Teiches.
 
Ein streng geschnittener Gehrock aus einem dunklen, mit dichtem Ornament überzogenen Stoff setzte seine Gestalt deutlich vom saftigen Grün der Umgebung ab. Er war in den Vierzigern, dünn und hochgewachsen, mit jenem blassen Teint den ein langer Aufenthalt unter Kunstlicht mit sich brachte. Die dichten schwarzen Haare umrahmten fein säuberlich gekämmt das ovale Gesicht und gingen im Nacken in schulterlange Locken über, in die sich bereits vereinzelte graue Strähnen mischten. 

Zielstrebig ging er auf den Tisch mit den drei schlemmenden Personen zu, den Blick der stahlblauen Augen auf die junge Frau gerichtet, die seine Anwesenheit erbeten hatte. Sie hatte die Nase ihres Vaters, fiel ihm auf, doch ansonsten war wenig Ähnlichkeit mit dem alten Masin zu erkennen. Dessen zweifelhafter Lebenswandel hatte unauslöschbare Spuren in seine Züge gegraben, Spuren, die dem Gesicht seiner Tochter fremd waren. Sie wirkte lebendig und frisch, nicht verbraucht und ausgebrannt wie ihr Vater, als er ihn das letzte Mal lebend zu Gesicht bekommen hatte.

Sir Vincent trat an den Tisch und blickte mit dem wohlwollenden Lächeln eines Gutsherren in die Runde. Die rechte Hand ruhte elegant hinter seinem Rücken und würde sich in absehbarer Zeit auch nicht von dort fort bewegen – diese Gäste waren von zu geringem Stand für einen Handschlag. Die feingliedrige Linke mit ihren säuberlich manikürten Fingern lag auf dem silbernen Kopfstück eines Gehstocks, auf den er von Zeit zu Zeit sein Gewicht verlagerte – nicht jedoch, weil er auf den Stock angewiesen wäre, sondern vielmehr um der Inszenierung seines Auftretens den endgültigen Schliff zu verleihen.

Unerwartet für die schmale Gestalt war seine Stimme tief und voll.
"In der Tat – Denize Noy. Welche Überraschung." Er lächelte und entblößte eine Reihe ebenmäßig geformter Zähne.
"Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, Sie jemals wieder an Bord der Station anzutreffen. Wie man sich doch irren kann." Sein Lächeln bewegte sich keinen Millimeter, doch ihm fehlte jede menschliche Wärme. "Nun – wie kann ich Ihnen behilflich sein, Miss Noy?"

Denize Noy

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #29 am: 15.06.2005 | 22:41 »
„Guten Morgen, Sir Vincent.“ Niz verbeugte sich steif. Verzog keine Miene, als sie antwortete. „Ja, man freut sich immer, wenn man Bazaar entkommt, nicht? Aber irgendwann kommt jeder hierher zurück. Können wir kurz unter vier Augen reden? Ich denke, es wird nicht lange dauern.“

Bazaar

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #30 am: 15.06.2005 | 22:57 »
"Selbstverständlich." Sir Vincent taxierte die Begleitung der jungen Scraverin und fühlte sich für einen Augenblick hingerissen, dem Ukar eine Serviette zu reichen, nur um den Anblick des verschmierten Gesichtes nicht mehr länger ertragen zu müssen. Andererseits – wäre das eine nicht zu vertretende Verschwendung von edlem Stoff an diese Kreatur.
Er beschloss die Angelegenheit zu ignorieren und deutete mit einer einladenden Geste in Richtung eines Tisches, der einige Meter weiter hinter einer Gruppe von Büschen lag. "Bitte. Gehen wir doch dort hinüber."

Nachdem sich Denize niedergelassen hatte, nahm er ihr gegenüber Platz, schlug die Beine übereinander und faltete die Hände erwartungsvoll im Schoß. Ein künstlich generierter Wind kräuselte die Oberfläche des Teiches, der nun direkt vor ihnen lag.

"Was liegt Ihnen also auf dem Herzen, Miss Noy?"

Denize Noy

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #31 am: 15.06.2005 | 23:04 »
"Wieviel Geld schuldet Euch mein Vater noch?"

Bazaar

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #32 am: 15.06.2005 | 23:29 »
Sir Vincents Zeigefinger tippten gegeneinander.
"Deswegen sind sie hier? Wegen den Schulden ihres Herrn Vaters?" Er neigte den Kopf leicht vor. "Löblich."

"Nun... wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe–" Seine Finger lösten sich voneinander, die Linke griff nach dem Gehstock und fuhr über den stilisierten Falkenkopf-Knauf. "–müssten es mittlerweile inklusive der Zinsen und Zinseszinsen...1164 Firebird sein. Abgerundet, selbstverständlich." Er lächelte, als wäre er der Menscheit größter Wohltäter im bekannten Weltraum. 

Denize Noy

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #33 am: 16.06.2005 | 00:16 »
„Natürlich,“ entgegnete Niz kühl.
Weswegen sollte ich auch sonst hierherkommen? Schon mal was von Familienehre gehört?... Gut, da wäre auch noch dieser Auftrag...Onkel Nedims Nachricht wegen der Schulden kam vor über einem Jahr. Die allein hätte mich nicht nach Bazaar gebracht.
 
„Ich bin hier, um diese Schulden zu begleichen.“
Ihre schlanken sehnigen Finger nestelten einen Reeves-Wechsel aus der schmalen Hüfttasche und falteten ihn sorgsam auseinander. Dankbar für deren Breite nutzte sie die Hutkrempe, um zu verbergen, wie sich ihre Kiefermuskeln anspannten.
Was soll’s?  Wer braucht schon ein Haus auf Aylon? Wir sind ja alle noch jung. Wozu jetzt schon an Ruhestand denken? ... Gute Werke tun... ich muss völlig verrückt sein.

Eine seltsame Heiterkeit ergriff sie, als sie dem heimlichen Herrscher Bazaars den größten Teil ihres gesamten Ersparten hinüberschob. Das Schilfgras zu ihrer Linken raschelte im Einklang mit dem bunt gemusterten Schein. Die künstliche Brise raunte dazu das Lied von Sir Vincents Reichtum. Niz lächelte schmal.

Da friß das, Halsabschneider. Und erstick daran.

„Ihr werdet mir sicherlich den Erhalt bestätigen, dann seid Ihr mich auch schon wieder los. Nichts liegt mir ferner, als Eure kostbare Zeit zu stehlen.“

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #34 am: 16.06.2005 | 01:46 »
Zurückgelehnt, fast reglos, sich nur bedächtig auf den hinteren Stuhlbeinen wiegend, lauschte Mwerron der Konversation am Nebentisch. Den schmallippigen Mund leicht geöffnet, die Mundwinkel abfällig nach unten verzogen. Scheinbar entspannt, und doch bereit, sich sofort vom Boden abzustoßen, die Entfernung zu dem Menschwesen im Sprung zu überwinden. Sir Vincent. Der Geruch des Menschenlords behagte ihm nicht. Kaum wahrnehmbar. Zu sauber. Überlagert von zu süßlichem Parfum. Langsam rann ein roter Tropfen den weißen Hals des Ur Ukar hinab.

Obwohl die gedäpften Stimmen von Niz und dem Lord-Wesen so deutlich an seine Ohren drangen, als würden sie direkt neben seinem Kopf ertönen, hatte er Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen. Bazaar-Dialekt. Es ging wohl um Denizes Vater. Und um Schulden. Die Vincent-Kreatur verlangte Geld von Niz.

Er streckte sich und griff nach einer silbernen Teekanne. Kochendes Wasser. Perfekt geeignet, einen unaufmerksamen Energieschildträger schnell auszuschalten. Das silberne Gefäß in seinen Händen wiegend, konzentrierte er sich auf die Stimme des Lord-Wesens und lauerte auf eine Drohung.
« Letzte Änderung: 16.06.2005 | 01:48 von Azzurayelos »

Bazaar

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #35 am: 16.06.2005 | 12:22 »
Sir Vincents Lippen kräuselten sich, als der Wechsel in seiner Hand landete wie ein Vogel auf der Pfote einer Katze. Sorgfältig überprüfte er, ob alles seine Richtigkeit hatte, trennte dann den Belegstreifen ab und drückte seinen Siegelring in das seidig schimmernde Papier. Er schob den Beleg über den Tisch und ließ den Rest des Wechsels in seiner Westentsche verschwinden.
 
"Eine beachtliche Summe, Miss Noy. Sicherlich genug, um einen angenehmen Ruhestand zu verbringen – sofern man umsichtig damit umgeht, nicht wahr?
Eine Chance, die Ihr werter Herr Vater leider nicht wahrgenommen hat. Aber wie dem auch sei – ich betrachte die Angelegenheit damit als vom Tisch." 
Ein öliges Lächeln. 

"Es war mir eine Freude, mit Ihnen Geschäfte zu machen." 

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #36 am: 16.06.2005 | 22:31 »
Keine Drohung. Ein Handel. Ein wenig enttäuscht lockerte Mwerron seinen Griff um die silberne Kanne. Goss eine Tasse Tee ein.

"Jack." Mit einer seidenen Serviette wischte er sich das rötliche Rinnsal vom Kinn, während seine Augen sich wieder auf den gierig schlingenden Sternfahrer richteten. "Wer ist. Sir Vincent?"

Jack Hawkins

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #37 am: 16.06.2005 | 22:51 »
"Sir Vincent?" gab Jack zwischen Kauen und Schlucken von sich, leckte sich genüsslich die Reste eines Cremetörtchens von den Fingern und warf dann einen prüfenden Blick über die Tellerberge vor sich. Unschlüssig darüber, ob er sich der Fruchtschale oder den geräucherten Fischfilets widmen sollte, fand er Zeit Monns Frage zu beantworten.
"Die Fleisch gewordene Kreditanstalt Bazaars, für die, die schnell und ohne Fragen Bares brauchen. Wär sein Arsch nicht in Seidentüchern auf die Welt gekommen, würde er einen hervorragenden Scraver abgeben." Er grinste und häufte sich Fruchstücke auf den Teller.

"Hoffe, Niz hat keine Probleme mit ihm, das endet meist unschön." Er nahm einen Schluck Kaffee und warf über den Tassenrand einen längeren Blick zum Nachbartisch,  wenn auch durch das dichte Blattwerk nur Schmen zu erkennen waren. War da drüben alles in Ordnung?

Offline Megan

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #38 am: 16.06.2005 | 23:45 »
Resigniert verließ sie den Kirchensektor, entfloh dem Geruch von feuchten, verschwitzten Lumpen und ungewaschenem Mensch. Entweder Enkidi war nicht da, oder sie hatte ihn im Getümmel übersehen. Angesichts der Menschenscharen war dies kein Ort, an dem er hätte in sich gehen können.

Sie überlegte einen Augenblick, ob er zur Azara gegangen sein könnte, doch das erschien ihr absolut ausgeschlossen - er, der immer mit soviel Widerwillen an Bord ging, und stets der erste war, der nach Landung durch die Schleuse stürmte.

War er in ein Bordell gegangen? Der Gedanke schoß wie ein böser Spuk durch ihren Kopf und zerrte Bilder des vergangenen Tages wieder vor ihr inneres Auge. Ja, das musste es sein. Wohin sollte er sonst gegangen sein. Nicht zu den Decados zurück, oder doch? Es fiel ihr schwer, ihn einzuschätzen. Er schien stündlich sein Wesen zu wechseln. Schwer seufzend schob sie sich durch die Pilgerer. Seit sie hier waren hatten sie noch nichts konstruktives auf die Beine gestellt. Ihr Auftrag war zu einer Nebensächlichkeit verkommen. Während die anderen darauf warteten, dass sie mit wichtigen Informationen schnellstmöglich zurückkehrten erlebten sie hier ihren persönlichen kleinen Horror in aller Symbolträchtigkeit, die ihm innewohnen konnte.

Megan erreichte den Handelssektor, schlenderte gedankenverloren über den Markt ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Hier hatte das Desaster angefangen, hier waren sie mit den Decados zusammengetroffen.

Eine knappe halbe Stunde später, nachdem sie Stände und zweifelhafte Etablissementes passiert hatte - nicht ohne die eine oder andere Erinnerung mit aller Kraft wieder in die entlegenen Winkel ihrer Erinnerungen zurückgedrängt zu haben - erreichte sie einen ruhigeren Teil der Station und es war wie ein Aufatmen für die Seele.

Dann sah sie den Garten. Megan brauchte selten Natur. Ihr Lieblingsort war irgendwo zwischen den Sternen. Dort, wo man immer weit genug weg war. In der Natur konnte man verloren gehen. Im Raum hatte man seine Technik. Neugierig näherte sie sich der Anlage, die die Natur so unerbittlich in ihre Abhängigkeit gedrängt hatte - so, wie sie das mit ihr und all den anderen Menschen hier oben getan hatte, wie es ihr schlagartig bewußt wurde.

Offline Elisabeth Hawkwood

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[Tag 3] Klerikaler Sektor und Kapelle
« Antwort #39 am: 17.06.2005 | 14:52 »
Und noch einmal drängte sich die kleine Gruppe durch die Menge. Doch in Richtung auf die Kapelle der Eskatoniker zu wurde es leerer und leerer. Nur wenige Pilger hatten sich hierher verirrt. Etwas verloren standen sie herum, sich leise unterhaltend.
Wahrscheinlich wollten sie tatsächlich nicht hierher. Sie wissen gar nicht wie gut sie es haben, wollen sie wirklich gegen die Enge und den Gestank bei der Orthodoxie tauschen? Ach ja, ich vergaß die wunderschönen roten Samtvorhänge und all die netten anderen kleinen Kostbarkeiten, die Vater Valentinian angesammelt hat. Der Allschöpfer möge mir meine ketzerischen Gedanken verzeihen. Er allein weiß was Vater Valentinian sich dabei denkt und wie er es meint. Ich denke nur immer mehr, daß die Eskatoniker mir mehr liegen. Auch wenn man oft nicht genau weiß wie sie etwas meinen, das sie sagen.

Die Luft in der Kapelle war kuehl und leicht staubig. Es war leer, so wie sie gehofft hatte. Leer und ruhig. Fast hätte sie einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen, unterließ es dann jedoch lieber in Anbetracht ihrer jungen und noch unerfahrenen Begleitung.
Sie merkte wie sie ruhiger wurde. Langsam machte sie eine Runde durch die Kapelle, ehe sie sich zum Beten niederließ.

Sie spuerte, daß ihre Beine ein wenig steif wurden, doch noch war ihr nicht danach die stille Kapelle wieder zu verlassen. Ihre Gedanken wanderten zurueck zur gestrigen Trauerfeier. Wenn Bruder Erland gewußt hätte wie gut manche der Phrasen gepaßt hatten. Ob man ihm vertrauen konnte?
Ich muß mit Jemandem ueber all das reden, Jemandem der nicht zu nah am Adel steht. Ich brauche einen Rat! Und ich dachte, ich hätte genug gelernt, um nie wieder Rat von Jemandem zu brauchen, aber dies hier geht ueber das hinaus was ich gelernt habe. Wieviel Menschenleben hätten geschont werden können, wenn wir das eher gefunden hätten.
Vor ihrem inneren Auge erschienen wieder die wenigen Sätze, die sie mit Hilfe gewisser Elemente hatten auslesen und uebersetzen können:

N-ue- Befe-l: -ie –ec-dos w-ll-n uns hi-terg--en, --- So-n d-r –awkwo-d darf -icht ---geliefert wer-en. Töte- a-le v-n ihn-n --- der U-ber-abe bis auf ei--n un- versucht ---ausz-finden was --- vorhatten. Hi—ermä—e- und Komplizen sind heraus—fi-de-. Der Junge ---- erst einmal – Lebe- bleib-n, wir werden spä--r weiter---en. Behandelt --- angeme-se-.

Der Hauptteil des Logbuches hatte gefehlt, Chief Legayo hatte die Vermutung geäußert, daß das Schiff zu dem das Verzeichnis urspruenglich gehört hatte zerstört worden war. Aber sicher war er nicht. Und beim letzten Kampf war es weiter beschädigt worden. Ob man die Reste retten konnte war noch nicht sicher. Und noch immer wußte sie nicht was danach aus ihrem Sohn geworden war. War er im Kampf ums Leben gekommen? War er bei den Barbaren gelandet? Doch bei den Decados? Aber warum? Sie dachte an all die Vermutungen, die Rahmhorst und Legayo aufgestellt hatten, eine wilder als die vorhergehende.

Wo liegt die Wahrheit? Wieviele Barbaren haben wir fuer nichts und wieder nicht getötet? In sinnloser Rache, die sie gar nicht verdient hatten, diesmal nicht.

Als Rahmhorst sie in der letzen Schlacht in einer der kurzen Verschnaufpausen angesehen hatte, wußte sie daß er dasselbe gedacht hatte. Die Barbaren hatten immerhin einen guten Grund fuer ihre Rache... . Und dann hatte ihn die Axt getroffen....und er hatte einfach weitergekämpft, als ob nichts passiert wäre.
Einen der besten meiner Leute verloren fuer nichts als sinnloser Schlachtwahnsinn! Wie gut, daß Vater das nicht mehr erleben muß.

Plötzlich hustete Fjärill hinter ihr. Mit einem Schlag war sie wieder in der Kapelle der Eskatoniker. Etwas verwirrt blickte sie auf. Staub flimmerte in der Luft. Schritte zerrissen die Stille.
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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #40 am: 18.06.2005 | 12:20 »
Das Rauschen des Wassers berührt ihn wie der ferne Flügelschlag eines großen Vogels.
Es gewinnt an Kraft, fügt sich selbst Stimme hinzu und wird Volumen.
Ein tiefer Ton, der alles durchdringt. Er versetzt die Platten seiner Schädeldecke in

Schwingung, lässt sie aneinander reiben wie Kontinente auf dem Antlitz eines Planeten.
Die Planeten. Sie bewegen sich lautlos in der Unfassbarkeit des Alls. Das Geräusch das
keines ist schwillt an und fällt wie ein gewichtloser Stein in die Iris des Tores. Es öffnet
sich das Auge Gottes und blickt auf seine Schöpfung.


                                                         Da ist eine


                                                      ich    sei     bin

                                                füge     Stimme      dich

                                                    dein   mein    Gott



Sein Kopf liegt auf dem atmenden Stein
                dessen Herzschlag die Ewigkeit durchschneidet.                                   
                               Er ist warm und kalt, stofflich und nicht von dieser Welt.
                                                Ein schwarzer Riese der durch das Nichts schwebt.
                                                                      Das Knirschen von bleichem Kieselstein.

                                                                Da ist eine Klinge an seiner Kehle
 
                     die das Fusionslicht auf einer gebrochenen Wasseroberfläche spiegelt.
   
Ein Garten in stählernem Mantel.
   
                         
                               Die Klinge bewegt sich

                             
             
                                            und durchtrennt die stoffliche Hülle.
                               

               
                                                    Die Hand eines Menschen schließt das Auge Gottes.




           Er liegt im Sand und stirbt.



                                           Geh                                                    Da ist sie


     ihre Gestalt ist Licht


                        nicht                               das auf der Haut brennt


                                            fort                                     Farbe jenseits des Spektrums

 
        seine Hand greift

                                                                                                     ins Nichts
                           Das Auge Gottes                                 

                                                                       ein Gefängnis


                                          Da ist sie                                              Materie

                     Form                                               Megan

                                                         Körper                            Stimme

                                       Vater         
                                                             Krax                 wo
                               Rauschen
                                                                                        Stoff
                                                    bist              Enkidi
                                                         
                                           Gestalt         Füge           du

                                                       dich       Sand

                                                              alles
                                                              sein
                                                               ist

                                                               da.           
                         
                                                                                     
 

Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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« Antwort #41 am: 18.06.2005 | 12:33 »
Enkidi zuckte zusammen und schlug die Augen auf. Desorientierung. Dann: der Garten, der Teich, der stählerne Himmel.
Und Megan, die über den schmalen Kiesweg auf ihn zu kam.

Offline Megan

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« Antwort #42 am: 19.06.2005 | 01:20 »
Wenn Du etwas suchst, dann such nicht danach, erst dann wirst Du es finden. Fast war es ihr, als klinge noch die Stimme ihrer Ziehmutter Claire in ihren Ohren.

Als hätte er an keinem anderen Ort sein können erspähte sie Enkidi zusammengesunken zwischen den Hecken nahe des Teiches. Es war mehr die Art, wie er dort saß, als sein Äußeres, woran sie ihn erkannte, denn erst auf den zweiten Blick fiel ihr das schlichte Pilgergewand auf. Vielleicht kannte man einen Menschen erst dann, wenn man nicht mehr wissen brauchte, wie er aussah.

Den Blick auf ihn geheftet, als wolle sie damit verhindern, dass er wieder entwischen könnte, steuerte sie auf ihn zu, den Ober, der sie ansprach nicht beachtend.

Als sie herangekommen war, hingen ihre Augen noch immer an den seinen, doch sie sagte kein Wort. Mit einer Hand zog sie den verschnörkelten weißen Stuhl über den Kies und ließ sich mit einem Seufzen darauf nieder. Dann schenkte sie ihm ein fast resigniertes Lächeln, während die Finger kurz über ihr Gesicht fuhren.

"Ihr seid nicht leicht zu finden, Baron... "

Denize Noy

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #43 am: 20.06.2005 | 22:25 »
„Ist mir eine Ehre,“ log Niz. Eine weitere hölzerne Verbeugung.
Hoffentlich ist das nicht nur das erste, sondern auch das letzte Mal.

Sie erwägte kurz, ob sie sich den Weg zu Nedim Noy sparen sollte, indem sie den Ritter fragte, ob er wisse wo ihr Vater sich aufhielt. Sicher wusste der genauer über seine Schuldner bescheid als deren eigene Familie. Andererseits erschien es weitaus verlockender, sich die Zunge abzubeißen, als sich solche Blöße zu geben. 

Nach zwei Schritten hielt sie dennoch inne und drehte sich noch einmal um. Wer wusste, ob sie tatsächlich genug Zeit hatten, zu Nedim zu gehen, nachdem sie sich bei Chief Brad gemeldet hatten. Oder in welchem Loch ihr Vater sich vor der Welt verkrochen hatte, um nicht mit seinem Versagen konfrontiert zu werden. 

„Äähm.“ Sie widerstand dem Drang, sich eine Strähne hinters Ohr zu streifen, die sich aus dem dicken Zopf gelöst hatte. Wie eins der keuschen Weibchen auf den bunten Titelbildern kitschiger Ritterromane stand sie da, die Hände ineinander verhakt. Beinahe demütig.  Als erwarte sie ein Urteil von dem hohen Herren vor ihr, nicht nur eine Information. 
„Ihr wisst nicht zufällig, wo er zu finden ist? Mein Vater?“

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #44 am: 21.06.2005 | 01:24 »
"Wir sind keine..." er spuckte das Wort fauchend aus: "Geldverleiher."

Mit einer blitzartigen Bewegung des silbernen Tafelmessers köpfte Mwerron ein faustgroßes, blau gesprenkeltes Frühstücksei. Beäugte dann die Jack-Kreatur mit angewinkeltem Kopf. Blau, weiß und schwarz segmentierte Menschenaugen. Von winzigen roten Adern durchzogen. Blut. Blickten an ihm vorbei ins Leere. Haare, Kleidung, ungepflegt. Nach beißendem Rauch stinkend. Und Alkohol. Der Atem leise rasselnd. Zuviele Zigaretten. Aber ein Todeswunsch?

Langsam legte der Ur Ukar das Messer beiseite. Tauschte es gegen einen Eierlöffel.

"Tust du. Das. Mit Absicht?"

« Letzte Änderung: 21.06.2005 | 01:26 von Azzurayelos »

Bazaar

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #45 am: 21.06.2005 | 22:22 »
Sir Vincent hatte sich bereits erhoben, der Gehstock rammte sich knirschend in den Boden, einem neuen Geschäft entgegen. Doch er hielt inne und musterte die Scraverin die, so untypisch für Angehörige ihrer Gilde, den Kopf ihres Vaters aus der Schlinge gezogen hatte. Zumindest glaubte sie das.

"Ihr Vater?" Sein Kopf neigte sich zur Seite und plötzlich hatte er etwas von einem Raben, der ein glitzerndes Spielzeug entdeckt hatte. Er machte eine unbestimmte Geste mit der linken Hand und trat einen Schritt auf Denize zu, jedoch ohne dass sich der Gehstock auch nur einen Millimeter in seinem winzigen Kieskrater bewegte.

"Meines Wissens hat man ihn auf den Planeten gebracht. Seine Arbeitskraft wurde gepfändet– die Reeves waren mit ihm nicht so nachsichtig, wie ich." Er lächelte gönnerhaft. "Ich nehme an, er wurde in einer Erzkolonie untergebracht, oder einer anderen Institution, die den Muster unterstellt ist – Sie verstehen, mir fehlt da bisweilen der Überblick. Die Angelegenheit wurde seinerzeit von Mister Coats geregelt, vielleicht wenden Sie sich besser an ihn, Miss Noy." Die sauber aneinander gereihten Zähne blitzen im Kunstlicht auf.
"Wenn Sie mich jetzt entschuldigen. Es warten noch andere Gäste auf mich."

Sir Vincent nickte Denize mit einem undeutbaren Blick in den grauen Augen zu und wandte sich ab. Seine dunkle Gestalt verschwand in den Tiefen des Gartens, untermalt vom leiser werdenden Knirschen der Kieselsteine unter seinen Absätzen.
Dann war nur noch das Mumeln des Wassers und das helle Klirren von Besteck und Geschirr in unmittelbarer Nähe zu vernehmen.

Jack Hawkins

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #46 am: 21.06.2005 | 22:41 »
Langsam aber sicher fühlte sich Jack etwas unbehaglich in der Gesellschaft des Ukars. Die leidenschaftliche Präzision, mit der er das Ei geköpft hatte ließ vermuten, dass Monn den Scherz nicht als solchen aufgenommen hatte. Schon wieder. Paulus, da war es ja lustiger mit einem Avesti Scrabble zu spielen.
Also, keine Witze mehr auf Kosten der Gilde. Wahrscheinlich hatten die Ukar so einen kruden Ehrenkodex nach dem sie jedem das Herz aus der Brust schnitten, die ihre Gilde, ihre Familie oder ihr Haustier beleidigten. Skeptisch betrachtere Jack den Löffel in Monns Hand. Dieser Mann rief entschieden zu viele Gewaltphantasien in ihm hervor.

"Mit Absicht?" Seine Augenbrauen hoben sich und er gab sich unwissend. "Was?"

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #47 am: 22.06.2005 | 16:52 »
Mwerron stieß ein grollendes Knurren zwischen den Zähnen hervor. Funkelte die Jack-Kreatur durchdringend an. Das Menschwesen hatte sehr wohl verstanden. Deutlich zu spüren. Einige unregelmäßige Atemzüge, beschleunigtes Zucken der Halsschlagadern, mehr Schweiß, als der Wärme des Gartens angemessen war. Aber kein Versuch der Klärung. Keine Bitte um Verzeihung. Unwillens, weiterzuleben, oder nur zu dumm dazu?

"Vergiss es. Nicht wichtig." Der Ur Ukar zeigte ein seltenes, breites Lächeln und begann, den weichen Dotter des Frühstückseies zu löffeln. "Danke. Für die Auskunft."

Stille.

Schritte des Lord-Wesens, die sich entfernten.

Stille.

Für einen Moment schien sein Herz stehen zu bleiben. Augen weit aufgerissen. Schrill klirrend prallte der Löffel auf einem Teller auf.

Stille.

Kein Lebenszeichen von Denize.

Eine einzige, fließende Bewegung katapultierte ihn weg von seinem Stuhl, hin zum Nachbartisch.

Ausatmen.

Da stand sie. Am Rand des Teiches. Regungslos. Aber lebendig. Hinter ihm schlug der Stuhl knirschend auf dem Kiesboden auf.

Ihre Augen folgten ihm nicht, als er sich näherte. Blickten geradewegs durch ihn hindurch. Weit offen. Starr. Wie heute morgen. Nach dem Alptraum.

"Niz?"


Denize Noy

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #48 am: 22.06.2005 | 22:40 »
Denize verharrte schweigend und reglos am Ufer des Sees. Starrte dem Ritter hinterher, bis keine Bilder mehr in ihrem Geist ankamen.  Würde sie sich zu früh wieder rühren, bestand die Gefahr, dass sie eine Dummheit machte. Jetzt bloß nicht anfangen, nachzudenken!

Obwohl sie nicht wirklich wusste, wie sie reagieren würde. Eine trügerisch angenehme Leere beherrschte sie. Wie nach einer Todesnachricht. Die Information wurde immer von irgendetwas im Gehörgang abgepuffert, bevor es das Gehirn vollständig erreichte. Vielleicht gehörte sie auch nur zu dieser begnadeten Sorte von Menschen, die das Schicksal, das sie ereilte als Willen des Pancreators einfach so annehmen konnten. Was sollte man auch noch groß machen, wenn jemand gestorben war? Tot war tot.

Nur ging es in diesem Falle nicht um den Tod.
Es war viel komplizierter.

Das Rauschen der Lüftung mischte sich mit dem Geräusch des Blutes in ihren Ohren. Ein Haar der losen Strähne stach in ihr Auge. Sie wurde sich dessen bewusst, dass sie ziemlich verloren neben dem Tisch stand. Nun, was sollte sie tun? Sich bewegen? Wohin? Ihre Beine ... waren noch da, ja. Gehorchten ihr noch? Möglicherweise. Nachdenken. Doch, ja. Sie musste nachdenken. Ehe sie sich bewegte, sonst brachte sie Gedanken und Gestik am Ende durcheinander.

Also:
Auch die Möglichkeit, dass Masin seine Freiheit verspielt haben könnte, hatte sie bereits in Betracht gezogen, und den Gedanken dann angewidert in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins gedrängt. Sowas passierte einem vernünftigen Freigeborenen nicht.

Vernunft. Das war der springende Punkt. Kühl und klar machte sie es sich bewusst:  Sie hatte, bei Severinus,  nicht die verdammten Ersparnisse von vierzehn mayaverfluchten Jahren harter Arbeit dem allerletzten Arschloch der Station geopfert, das sie nötig hatte, weil sie oder irgendjemand, in dessen Adern Noy-Blut kreiste, vernünftig war.

Und aus genau diesem Grunde sollte sie vielleicht langsam anfangen, vernünftig zu werden und...

„Niz?“

....

Monn.
Sein schwarzglänzendes Starren durchbrach die Mauer zu ihrer Seele als wäre sie aus Papier, stellte sie nüchtern fest.

....


Mwerron stand vor ihr. Starrte sie weiter an, die Arme halb erhoben, Leicht geduckt, als wollte er sie anspringen? Umarmen? Erwürgen? An den Schultern packen und schütteln?

Was wollte er hier? Warum mischte er sich ein?
Konnte er nicht bei seinem verdammten Frühstück bleiben?
Hilf mir.   
Musste er alles mitbekommen, was ihre Privatsache war?
Sag mir was ich machen soll.   
War es überhaupt noch ihre Sache?
Sie hatte doch alles getan, was in ihrer Macht stand, nicht?
Ihre Zukunft verschenkt, zum Beispiel.
Sag mir was ich fühlen soll.
Dass Masin sich noch weiter verschuldet hatte, konnte sie ja nicht riechen. Irgendwo war eine Grenze, oder?
Ich müsste doch wütend oder traurig oder irgendwas sein.
Jeder ist seines Glückes Schmied.
Ich kann doch nicht einfach völlig gleichgültig bleiben, oder?

Monn stand vor ihr! Hinderte sie am Denken.
Wenn sie nicht aus langjähriger Erfahrung gewusst hätte, dass der Ukar sich um ihre Gefühle keinen Deut scherte, dann hätte sie seinen Ausdruck als Besorgnis interpretiert. Was fiel ihm ein? Ausgerechnet jetzt? Das war ihr Ding. Das ging ihn nichts, aber auch gar nichts an. Und am allerwenigsten brauchte sie jetzt die herablassende Alienbehandlung Marke na Nolent. Danke fürs Gespräch.

„G’...“ Statt eines schnarrenden Uryariwortes entrang sich nur ein erstickter Laut ihrer Kehle. Sie versuchte es mit Luftholen. Zu laut, zu scharf, zu wütend und trotzdem nur ein Keuchen brachte sie es hervor: „Geh weg!“

In Monns Ohren musste es wie Flehen klingen. Dass sie auch genau die falsche grammatikalische Form benutz hatte! Verdammt. Verdammt!

Offline Azzu

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[Tag 3] Morgens im Coffee Garden
« Antwort #49 am: 24.06.2005 | 01:02 »
Er blieb wie angewurzelt stehen. Wäre am liebsten tief im Boden versunken, in der Dunkelheit. Aber hier war er. Hell angeleuchtet von künstlichen Laternen, die sich im Wasser des Teiches spiegelten, seine Augen schmerzten. Erneut betrogen von seinen Instinkten. Erst hatte er sich ablenken lassen von der plumpen Provokation der Jack-Kreatur. Dann ohne Rücksicht auf die Situation reagiert.

Zwar hatte er nicht viel von dem Gespräch mit dem Lordwesen mitbekommen. Aber genug, um zu wissen, dass Denize Angelegenheiten ihres Clans erledigte. Einmischung durch Außenstehende - tabu. Wäre Denize Ukari gewesen, sie hätte ihn dafür zum Zweikampf gefordert. Jahre der Freundschaft hin, oder her.

Statt dessen stand sie nur da, regungslos, als hätte sie der Blick von Anikruntas blutendem Auge getroffen. Körperlich gesund. Aber nicht unverletzt. Und schickte ihn weg.

Mwerron nickte mit dem Kopf, wandte sich halb ab. Keine schlechte Lösung. Einmischung beendet. Keine Zeugen. Die Ehre des Noy-Clans kaum beschädigt.

Er hielt inne.

Clan Noy? Bislang keine Spur davon auf Bazaar. Niemand.

Nur Denize.

Allein.

Lautlos seufzend tat er die letzten Schritte auf Denize zu. Menschwesen! Warum hatte sie ihn nicht einfach fordern können?

"Ich werde gehen. Gleich. Aber..."

Er zögerte. Ein Zweikampf wäre bedeutend einfacher gewesen.

"Denize. Wenn du Hilfe brauchst..."

Nun war es gesagt. Jedes Wort, beleidigend, würde geschmerzt haben.

"... dann schick einen Freund nicht weg."

Zu weit gegangen. Aber nun war er hier.

Mwerron streckte den rechten Arm aus, bot seine narbige Hand an.