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[Warhammer] Die Reise nach Tiléa
Friedie:
Monalon untersucht das Schloss der Tür und kommt zu dem Schluss, es sei magisch verschlossen: „Hier waren wohl Druiden am Werk - zumindest lässt die Aura des Zaubers das vermuten.“. Es schliesst sich ein längeres Gespräch über 'Auren' im Allgemeinen zwischen Monalon und Magnus an - das scheint doch immer noch eines von Monalons Lieblingsthemen zu sein. Schliesslich meldet sich Mutter Ursula zu Wort: „So kommen wir hier nicht weiter! Hat vielleicht jemand eine Axt, um die Tür aufzubrechen?“. Und tatsächlich: Magnus kramt die kleine Elfenaxt Torals' hervor und macht sich daran, die schwere Tür damit zu bearbeiten. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen: In der riesigen Pranke des mächtigen Sigmarianers sieht diese Axt wirklich aus wie ein Kinderspielzeug! Das Holz splittert... doch scheint es wesentlich härter zu sein als erwartet! Nach einem heftigen Hieb schwingt das kleine Beil deutlich schneller zurück als erwartet, und Magnus verzerrt schmerzerfüllt das Gesicht: „Normales Holz ist das nicht! Mach Du mal weiter, Sigurd!“ Klar, wenn's ans Arbeiten geht... Also nehme ich das Beil entgegen und bearbeite die Tür an der gleichen Stelle weiter, die Magnus sich vorgenommen hatte. Wieder splittert es auf, aber ich habe nicht den Eindruck, sonderlich gut voranzukommen. „Warte mal Sigurd, ich möchte mir das mal genauer ansehen!“, hält mich Mutter Ursula davon ab, einfach nur weiter auf diese blöde Tür einzuschlagen. Eine Weile untersucht sie die enttäuschend kleine Kerbe, die Magnus und ich mittlerweile geschlagen haben, zieht hin und wieder einige Splitter daraus hervor und murmelt viel vor sich hin: „Viel zu hart für normales Holz..." Dann erklärt sie uns, ihrer Ansicht nach sei nicht nur das Schloss, sondern tatsächlich die ganze Tür mit irgendeiner Magie belegt. Nach längerem betretenen Schweigen schlage ich vor, Monalon mit einem Feuerball ein Loch in die Tür zu brennen zu lassen - schliesslich weiss ich ja, wie stark ihre Feuerzauber sein können. Doch bevor wir zu solch drastischen Massnahmen greifen, wollen wir erst nach oben in den Altarsaal zurückzukehren und noch die anderen Gänge zu untersuchen. „Das ist mir sehr recht“, so Mutter Ursula mit erschreckend schwacher Stimme, „Ich habe furchtbare Kopfschmerzen, und die werden immer stärker! Hängt bestimmt mit diesem Schimmel da zusammen - ich glaube, oben war die Luft doch etwas besser."
Auf dem Weg zurück finde ich auf der Treppe meinen Dolch wieder und nehme ihn natürlich an mich. Dass die drei Orks verschwunden waren, hatte Mutter Ursula ja schon vorhin bemerkt, aber auch deren Säbel sind verschwunden! Schon alles sehr, sehr merkwürdig...
Die anderen vier Gänge, die wir dann oben erkunden - es sind tatsächlich vier, denn hinter der östlichen Öffnung des Altarsaales gehen zwei weitere Gänge ab - bergen dann weder sonderlich Interessantes noch besonders Spannendes. Zunächst entdecken wir am Ende des hinteren, rechten Ganges einen völlig verfallenen Weinkeller, dessen ekelhafter Essiggeruch uns schon auf halber Treppenhöhe davon abhält, noch weiter zu gehen. In der Essigbrühe treiben zahllose alte halb zersplitterte Flaschen und Krüge... und zudem noch grössere Holzscheite - das müssen die Überreste eines völlig geborstenen Weinregales sein. Auf der Oberfläche treiben Schimmelpilze in allen Formen und Farben, und als Mutter Ursula daraufhin darüber klagt, dass ihre Kopfschmerzen noch schlimmer werden, ziehen wir uns rasch zurück. Der Gang gegenüber endet in einer weiteren natürlichen Höhle - dieses Mal deutlich kleiner, dafür aber auch fast vollständig unter Wasser. Der zweite Gang - der am südöstlichen Ende des Altarsaales in Richtung Süden - endet nach wenigen Metern in einer Sackgasse. Gegenüber geht es hingegen wieder eine Treppe herunter, diesmal schwenkt der Weg aber nach rechts. Dieses Mal gehe ich voran... und bleibe gerade noch rechtzeitig stehen: Unmittelbar vor mir gähnt ein tiefer Abgrund.
So kehren wir letzten Endes unverrichteter Dinge in den Altarsaal zurück. Und nun? Magnus schlägt vor, wir sollten erstmal zu versuchen, ob wir wieder in den Steinkreis zurückkehren können. Er steigt auf den Altar und tritt in die blaue Flamme hinein - die irgendwie noch schwächer geworden ist! Das bilde ich mir doch nicht ein! -, doch nichts passiert. Natürlich versuche auch ich nochmal mein Glück, strecke erst die Finger in die Flammen, genau so, wie ich das oben auf dem Altar auch getan habe, doch es bleibt ohne jede Wirkung. Sieht ganz so aus, als wäre wir erst einmal hier unten gefangen. Na prächtig.
„Hmmm. Da bleibt uns wohl nur, die Sache mit dem Feuerball zu versuchen. Vielleicht kommen wir ja so durch diese Doppelflügeltür“, schlägt Magnus schliesslich vor. Los geht's! Während Magnus und Ursula Monalon wieder nach unten begleiten, um ihr mit Schutzgebeten bei diesem Zauber, der ja nun nicht ganz ungefährlich ist, ein wenig beizustehen, bleibe ich auf Magnus Rat erst einmal hier oben im Saal. „Könnte ja sein, dass noch ein paar dieser untoten Orks auftauchen. Du hältst hier an besten mal Wache“.
Schon nach kurzer Zeit hallt eine gewaltige Explosion durch die Gänge - na, nach dem letzten Mal, das ich das erlebt habe, werde ich dieses Geräusch wohl erst vergessen, wenn ich endgültig in Morrs Reich eingehe! -, und sofort eile ich in den Gang und die Treppe hinunter - und unten angekommen sehe ich, dass Monalons Magie tatsächlich das gewünschte Ergebnis erbracht hat! Mitten im linken Türflügel gähnt ein grosses Loch. Das sollte ausreichen, um sich dort durchzuzwängen. Sehr viel weitergehende Folgen scheint der Feuerball nicht gehabt zu haben: Sowohl Mutter Ursula als auch Magnus sind völlig unversehrt - nur Monalons Frisur hat etwas gelitten, ihr Haar scheint mir auf einmal viel krauser zu sein als zuvor, und der Brandgeruch kommt auch nicht nur von der Tür...
Ich spähe durch die neu geschaffene Öffnung, und mit Hilfe von Monalons Lichtzauber erkenne ich einen leeren, fast quadratischen Raum. Auf der gegenüberliegende Seite gähnt ein grosser Torbogen, und dahinter erkenne ich undeutlich die Umrisse eines weiteren, wenn auch deutlich kleineren Saals, in deren Mitte ein grosses Podest steht. Darauf ist ein mächtiger Thron errichtet, der uns allerdings die Rückseite zuwendet. Und um dieses Podest herum sehe ich noch ein weiteres Leuchten! Ohne weiter nachzudenken, zwänge ich mich durch die Öffnung, gefolgt von Mutter Ursula und Monalon. Nur Magnus scheint leichte Schwierigkeiten zu haben: Er ist doch einfach zu massig. Immer wieder bleibt er mit diversen Körperteilen am Rand der von Monalon erzeugten Öffnung hängen. Erst als der Priester endlich meinen Vorschlag beherzigt, doch zunächst das Kettenhemd abzunehmen, das seine Bewegungsfreiheit sichtlich einschränkt, gelingt es auch ihm, mir zu folgen.
So durchqueren wir den Vorraum und gelangen dann in eine Art kleinen 'Thronsaal', wo sich uns folgendes Bild bietet: Seitlich befinden sich jeweils zwei kleinere Torbögen, hinter denen jeweils weitere Vorräume auszumachen sind. Sie liegen einige Stufen tiefer und stehen fast völlig unter Wasser. Am hinteren Ende des Thronsaals klafft ein weiterer grosser Torbogen, der sich über die gesamte Breite des Saales erstreckt. Auch dahinter scheint ein weiter Vorraum dem Thronsaal zu liegen - ebenfalls unter Wasser; hier steht es noch höher als bei den kleinen Nebenräumen. Halb unter Wasser ragt ein Steinaltar heraus, offenbar von gleicher Machart wie der Altar im Saal oben - und auch wie der Altar in der Mitte des Steinkreises. Um diesen Altar herum ist ein schwacher blauer Lichtschein zu erahnen - aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. In der Mitte des kleinen Saales, in dem wir hier stehen, erhebt sich auf dem fünfstufigen Podest der Thron und dieses Podest ist tatsächlich von einem rotem Feuerwall umringt, der fast bis zur obersten Stufe hinaufreicht. Dahinter erkennen wir eine kleine Steinsäule, auf der ein faustgrosser, roter Kristall liegt. Auch dieser ist von einem kleinen Ring aus rotem Feuer umgeben - sicher eine Art Schutzzauber, wie Monalon dann auch kurz anmerkt.
Langsam gehe ich um das Podest herum, und was ich dann sehe, lässt mir fast das Herz stillstehen: Auf dem Thron, dessen Rücklehne von einem steinernen Adler gekrönt wird, der majestätisch die Flügel ausbreitet, sitzt jemand: unzweifelhaft ein Geschöpf, das einmal ein Ork gewesen sein muss. Und dieses Wesen muss einfach tot sein! Wenn da nur nicht dieser merkwürdige Blick wäre! Die Augen scheinen in mattem Rot zu schimmern und sind völlig starr auf den Kristall auf der kleinen Steinsäule gerichtet. Der Ork sieht furchteinflössend aus: Der Kopf wirkt noch echsenartiger als bei seinen Artgenossen, und dabei irgendwie viel zu gross im Vergleich zum Rest des ausgemergelten Körpers, der dennoch recht gut erhalten scheint. Auf den Unterarmen sind deutlich blaue Tätowierungen zu erkennen. „Wenn das mal nicht unser 'Freund' Torgoch ist“, breche ich beklommen die Stille. Mutter Ursula nickt nur kurz, während Monalon und Magnus bereits damit beschäftigt sind, den Kristall aus der Nähe zu betrachten.
„Der Erdstein ist das sicher nicht - sieht eher nach einer Art Feuerkristall aus“, urteilt Monalon. Allein die rote Farbe gibt ihr Recht, wie ich finde: „So sicher war sich Hadrin in der Botschaft, die wir entdeckt haben, ja auch nicht, welchen Stein Torgoch denn nun an sich gebracht hat. Das mit dem Erdstein war ja wohl eher nur eine Vermutung. Aber ich glaube schon, dass das hier der Stein ist, mit dem Torgoch herum experimentiert hat.“ Hmmm, denke ich mir so ...in den Botschaften der Zwerge stand doch etwas von einem Lichtkristall und einem Erdstein. Wenn das hier ein Feuerkristall ist, frage ich mich, ob es nicht auch noch einen Stein geben müsste, der das Wasser beherrscht. Demzufolge könnte man von insgesamt vier magischen Steinen der Zwerge ausgehen - einen für jedes Element. Mehr Elemente fallen mir zumindest nicht ein. Ist die 'Magie' vielleicht ein eigenes Element? Na, wenn dem so wäre, hätte Wolfgang bestimmt etwas schönes zu forschen - aber dazu würde er im Augenblick wohl ohnehin nicht kommen... Schluss mit diesen tiefsinnigen Gedanken! Ich trete erst einmal ein bisschen näher an den Kristall heran und erkenne auf der Oberfläche, aus der acht kleine Tetraeder herausragen, sonderbare Symbole - tatsächlich auch acht verschiedene Zeichen. Die Bedeutung erschliesst sich mir zwar nicht aber ich bin überzeugt davon, dass diese Zeichen von Zwergen stammen. Hätte ich doch bloss auch ein bisschen von der Zwergenschrift gelernt! Ich trete noch etwas näher, und... „Aua !!!“ - da habe ich mir auch schon die Hand verbrannt. Auch die anderen können mit den Symbolen nicht viel anfangen, wobei Magnus durchaus ebenfalls einen zwergischen Ursprung vermutet. Wir sind uns schnell einig, diesen Stein unbedingt mitnehmen zu wollen -, wobei ich nicht sicher bin, ob es vielleicht vernünftiger wäre, sich zunächst um Torgoch zu kümmern, denn so recht trau' ich dem Braten hier nicht: Ganz so tot erscheint mir der nun doch nicht. Leider spreche ich diesen Gedanken nicht laut aus, was uns später dann fast zum Verhängnis werden wird...
„Aber wie kommen wir hier eigentlich schnell wieder raus, wenn wir den Stein erstmal an uns gebracht haben ?“, fragt Monalon - und das mit Recht, denn ich erinnere mich jetzt auch, welche Macht magische Steine - welcher Art auch immer - auf ihre Umgebung ausüben können. Die Erinnerungen an den Formstein und die durch dieses manifestierte Chaos hervorgerufene völlige Zerstörung der Burg Wittgenstein sind noch zu frisch... und auch hier ist die Decke ja schon bedrohlich eingesunken. Vermutlich eine Folge von Torgochs Experimenten mit dem Stein (was auch zu der Vermutung führt, dass wir uns unmittelbar unter dem Altar im grossen Saal befinden müssen.) In diesem Moment geht Mutter Ursula ein Licht auf: „Das ist es! Torgoch muss den Altar von dem Podest entfernt und an dessen Stelle seinen Thron aufgestellt haben." Das würde auch die tiefen Scharten im Boden erklären, die geradewegs in den überfluteten Nebenraum mit dem geheimnisvollen blauen Leuchten führen. "Ursprünglich", fährt Mutter Ursula fort, "gab es, so vermute ich zumindest, drei Altare unmittelbar übereinander: Von dem Altar im Steinkreis gelangte man in den Saal über uns, und von dem Altar hier geht es ja vielleicht wieder zurück zum Steinkreis“. Klingt durchaus logisch, wie ich finde - und diese blauen Flämmchen im Nebenraum sprechen ja wohl auch dafür.
Wie aber nun am besten diesen Kristall an sich nehmen? Ein weiteres Mal durch diese rot schimmernden Flammen zu greifen erscheint mir nicht besonders weise (meine Hand schmerzt immer noch!), nicht zuletzt auch, weil Monalon ja vorhin etwas von einem Schutzzauber gesagt hat - und als Magierin kennt sie sich mit so etwas ja sicherlich aus. Zumindest bei Sachen, die mit Feuer zu tun haben scheint sie ja mittlerweile wirklich eine Art Expertin zu sein. So ziehe ich langsam mein Schwert, denn gegen Magie hilft vielleicht Magie am besten, und da dieses Schwert schon des öfteren Dinge vollbrachte, die ich mir nicht erklären konnte, strecke ich es langsam nach vorne und versuche, den Stein vorsichtig von der Säule herunterzustossen. Doch kurz bevor die Spitze des Schwertes den Kristall erreicht, heizt sich die Waffe plötzlich auf: Von einem Moment auf den anderen wird die ganze Klinge rotglühend, und dann wird mir das Schwert auch schon aus der Hand gerissen und in hohem Bogen zurückgeschleudert. Mit einem lauten Scheppern landet es auf dem Steinboden - zum Glück unversehrt! Ich sehe Magnus an: „Wie wär 's, wenn Du es versuchst? Das Schwert unserer alten Vorfahren scheint hier nichts ausrichten zu können, aber vielleicht hast Du ja mit Sigmars Hilfe mehr Glück als ich“.
Magnus zieht das Kesselrink-Schwert ....und was soll ich sagen? Es passiert ihm natürlich dasselbe Missgeschick wie mir. „Wasser gegen Feuer!“, merke ich nach einem kurzen Moment gedankenvoller Stille an, schöpfe mit meinen Händen ein wenig von dem Wasser aus einem der überfluteten Seitenräume und versuche damit, die Flammen zu bekämpfen. Ein kurzes Zischen ist zu hören, und mir ist, als würden die Flammen sogar kurz in sich zusammenschrumpfen... um dann aber in alter Stärke weiter zu lodern. Das wäre dann wohl auch zu einfach gewesen.
Und dann kommt eine lange Diskussion - angestossen von Mutter Ursula: über die Macht des Feuers, die Macht der Magie, über Gerechtigkeit und Göttliche Gnade. Viel verstehe ich nicht davon - ich bin nun einmal nur ein Barde und kein Geistlicher! - und auch Monalon hält sich mit Beiträgen bemerkenswert zurück; nur ab und zu zuckt sie mit den Schultern. Dann wendet sie sich mir zu: “Sigurd, wie wäre es, wenn du Deinen Ärmel durchnässt und versucht, Dir den Stein einfach zu nehmen?“. Ha! Natürlich, schon wieder ich. Zuerst draussen in den Steinkreis vorgeschickt und jetzt das hier?! Wer ist denn hier mit magischen Dingen bewandert, ich doch nicht! Und doch... Irgendwie reizt es mich schon ein bisschen, der Stein erscheint von hier aus ja so nah zu sein. Es sieht ja eigentlich ganz einfach aus. Monalon bedrängt mich weiter, es doch mal zu versuchen, wenn es nicht klappt könnte ich meinen Arm doch einfach schnell wieder zurückziehen. Wenn sie damit nur noch ein wenig fortfährt, tue ich es vielleicht wirklich.
„Das ist doch völlig verückt, Monalon“, fährt Magnus plötzlich dazwischen, „An die einhundert Jahre lang hat dieser Schutzzauber gehalten, und jetzt soll dieser Barde hier hingehen und den Kristall mit Ranalds Hilfe einfach mal eben so einsacken?" Dann hält er inne. "Andererseits bin ich es langsam müde, nur hier zu stehen und zu diskutieren.“ Und er streckt einfach den Arm durch das Feuer, greift nach dem Stein und hält ihn auf einmal in der Hand. Ein triumphierendes Grinsen stiehlt sich auf Magnus Gesicht... und dann geht auf einmal alles blitzschnell: Die Flammen, die die kleine Säule immer noch umringen, lodern bis zur Decke auf, fallen aber dann fast ebenso schnell in sich zusammen und verlöschen. Aus Richtung der Flügeltür - die hatten wir ja ganz vergessen! - ist lautstarkes Stöhnen zu vernehmen, dann zieht eine düstere Staubwolke quer durch den Raum, und im gleichen Augenblick lodert auch der Flammenwall rings um den Thron bis zur Decke, doch dann schiesst diese gewaltige Flammenwand in alle Richtungen gleichzeitig - und das heisst auch: geradewegs auf zu! Ich kann mich gerade noch zur Seite wenden und höre das Zischen, als die Flammen mein Haar ansengen, Monalon dagegen hat nicht so viel Glück: Ich sehe, wie Haare und Augenbrauen kurz auflodern und dann als Ascheregen zu Boden fallen, gewaltige Freuertropfen wirbeln durch die Luft, Mutter Ursula schafft es gerade noch, in einen der Seitenräume zu springen - für ihr Alter ganz schön flott! Nur Magnus, der den Kristall immer noch umklammert, bleibt völlig unversehrt. Wie an einer Fensterscheibe scheinen die Flammen an ihm abzuperlen! Kaum ist die Flammenwand und der Ascheregen verebbt, als sich jetzt mit triumphierendem Lachen Torgoch von seinem Thron erhebt. Er stösst einen kehligen Schrei aus, seine Augen leuchten jetzt wie glühendes Eisen, er stapft geradewegs auf Magnus zu, ballt beide Klauen zur Faust und reckt sie dem Sigmarpriester entgegen.
Fortsetzung folgt!
Friedie:
noch Daubentag, der 14. Vorgeheim
Mit einem Male erstarrt Magnus zur Salzsäule, gleichzeitig fällt Torgoch wie ein nasser Sack in sich zusammen. Ist das etwa die Macht des Feuerkristalls? Oder waren die einhundert Jahre, die Torgoch augenscheinlich in diesem Thronsessel verbracht hat, doch zu viel für ihn, so dass er jetzt eingerostet ist und sich deshalb nicht mehr auf den Beinen halten kann? Auf jeden Fall ist es jetzt Zeit, die Situation auszunutzen und ihm endgültig den Garaus zu machen. So ziehe ich mein Schwert und gehe auf ihn los. Doch als ich mit aller Kraft nach ihm schlage, pralle ich an einer unsichtbaren Wand ab und werde weit zurückgeschleudert. Während ich noch versuche, wieder auf die Beine zu kommen, manifestiert sich über Torgochs Körper ein Schwert aus dem Nichts - und die Spitze dieses Schwertes dreht sich langsam in meine Richtung. Oh, oh ...was für ein Werk des Chaos ist das nun wieder? Und da rast das Schwert auch schon auf mich zu. Es gelingt mir, die Klinge zur Seite zu schlagen, bevor sie mich erreicht, doch dann beginnt das herrenlose Schwert aus eigener Kraft zu fechten - und das mit beachtlichem Geschick! Ich versuche nach Kräften, dagegen zu halten, doch wie bekämpft man einen unsichtbaren Gegner - oder besser einen, der gar nicht vorhanden scheint? So trifft mich dann auch schon bald ein Schlag in die Seite ...der zwar schmerzt, aber durch mein elfisches Kettenhemd abgeschwächt wird - den Göttern und Toral sei Dank! Aber ich sollte jetzt besser vorsichtiger vorgehen! Mit einem mächtigen Hieb gelingt es mir, das Schwert weit von mir zu 'stossen'. Lange werde ich das aber sicher nicht mehr durchhalten! Aus den Augenwinkeln erkenne ich jetzt, dass rings um Magnus ein merkwürdiges Leuchten aufglimmt, das stärker und stärker zu werden scheint. Als das herrenlose Schwert dann wieder Anstalten macht, sich mir zu nähern, vollführt Mutter Ursula plötzlich eine ruckartige Bewegung mit den Armen, worauf Magnus und Torgoch gleichermassen wie von Geisterhand ein Stück weit in Richtung des Thrones gedrängt werden, fast als hätte irgendetwas ihnen einen heftigen Stoss versetzt. Das Schwert erstarrt in der Bewegung und hängt nun zwei Schritte vor mir reglos in der Luft. Hat Mutter Ursula, was auch immer sie da gemacht haben mag, diese Waffe etwa zumindest teilweise aus Torgochs Einflussbereich getrieben? Vielleicht ist das hier meine einzige Chance! Ein Satz nach vorne, dann schlage ich mit aller Kraft auf das Schwert ein, das mit lautem Klirren in unzählige Einzelteile zerspringt ...die jetzt pfeifend in alle Richtungen durch den Raum geschleudert werden.
Von der einen Seite höre ich leise Mutter Ursula stöhnen, gleichzeitig sehe ich aus dem Augenwinkel, wie Magnus sich plötzlich einfach auf den Boden setzt und die Hand auf den Bauch presst; zwischen seinen Fingern rinnt Blut hervor. Das ist zwar nicht gerade schön zu wissen, aber hatte ich denn eine andere Wahl? Doch ich komme gar nicht dazu, mir weitere Gedanken über mein Handeln zu machen, geschweige denn nach den Beiden zu sehen, denn langsam erhebt sich jetzt Torgoch erneut zu seiner vollen Grösse! Ich denke nur noch: 'Auf ihn!', stürze in seine Richtung und führe einen gezielten Schwertstreich gegen seinen Kopf. Gerade sehe ich noch, wie sein Schädel aufplatzt und etwas daraus hervor spritzt, doch dann erstarre ich plötzlich und kann keinen Muskel mehr rühren. Aus seinen glühendroten Augen blickt mich Torgoch finster und drohend an, und dann rast aus seinem Leib so etwas wie ein weisser Blitz geradewegs auf mich zu. Was passiert gerade mit mir? Ein ganz sonderbares Gefühl macht sich in mir breit! Ich sehe noch, wie Mutter Ursula auf eine Handbewegung Torgochs hin zu Boden sinkt, und dann bin ich auf einmal nicht mehr Herr meiner Sinne - was mir aber erst viel später klar werden soll. Mit einem Mal verspüre ich ein unstillbares Verlangen, nur noch zu töten! Diesen Magnus vielleicht, den aufgeblasenen Sigmarianer. Oder diese falsche Hexe Monalon, deren Verhalten mich erst monatelang gestört hat, und dann kehrt sie eigens aus Morrs Reich zurück, nur um mich noch weiter zu quälen! Unglaubliche Wut steigt in mir auf. Ganz langsam drehe ich mich um. Da ist Monalon, die sich gerade über Mutter Ursula beugt - aber die kann warten. Denn Magnus, dieser Kerl, der glaubt, mich einfach gegen meinen Willen aus meiner Heimat verschleppen zu können, erhebt sich gerade wieder. So stürze ich mich auf ihn und stosse mein Schwert in Richtung seines Kopfes. Doch kurz bevor mein Schlag sein Ziel erreichen kann, wird mir das Schwert plötzlich aus der Hand gerissen. Und dann sehe ich nur noch ein grosses, goldenes 'Etwas' auf mich zu kommen.
Irgendjemand packt mich und hebt mich vom Boden auf ...und das ist der Moment, in dem ich wieder zu Bewusstsein komme. Ich schlage die Augen auf, oder ich versuche es zumindest, denn sofort merke ich, dass ich nur mit meinem linken Auge überhaupt etwas erkennen kann. Der Steinboden, auf den ich hinab starre, scheint sich zu bewegen, zu schlingern wie das Deck der guten alten Beribeli. Mir wird leicht schwindelig, aber das liegt nicht nur am wilden Tanz der Bodenplatten, sondern auch daran, dass meine rechte Gesichtshälfte einfach unsagbar schmerzt. Zudem habe ich das Gefühl, dass sie mindestens einen Fuss von der Stelle entfernt sein muss, wo sie normalerweise hingehört.
Langsam beginne ich zu begreifen, dass es tatsächlich doch nicht der Boden ist, der sich unter mir bewegt, nein, ich bin es selbst, denn einer meiner Reisegefährten trägt mich: Magnus von Moosfels, der treue Sigmarianer. „Was ist mit Torgoch ?“, bringe ich - erschreckend undeutlich - heraus. „Der ist Staub!“, höre ich neben mir Monalons Stimme. Plötzlich ertönt ein lautes, unheilvolles Grollen. „Alle raus hier, der Stollen stürzt ein!“. Das klang nach Mutter Ursula! Wenn ich mich nicht täusche, sind wir also tatsächlich alle noch beisammen und weilen noch unter den Lebenden ... noch! So schleppt Magnus mich auf den Altar zu, der im Nebenraum unter Wasser nur undeutlich zu erkennen ist, doch tatsächlich lodert auf ihm immer noch diese blaue Flamme wie vorhin im Steinkreis - aber diese Flamme brennt unter Wasser! Hat hier etwa doch das Chaos seine verderbten Finger im Spiel? Aber die Flamme scheint uns allen die einzige Fluchtmöglichkeit. Unvermittelt wird mein Kopf unter Wasser gedrückt - warum hat mich eigentlich niemand gewarnt? -, ich sehe das blaue Licht näher kommen, und dann atme ich wieder die saubere, frische Luft eines klaren Sommertages.
„Kannst Du stehen?“ - „Ich glaube schon...", beantworte ich, immer noch ein wenig kraftlos, Magnus' Frage; daraufhin stellt er mich wieder auf die Füsse. Als ich mich umblicke, begreife ich, dass wir uns wieder auf dem Altar im alten Steinkreis befinden. Aber es hat sich doch etwas verändert: Das gesamte Gelände bis zum Waldrand hinüber ist von zahllosen Knochen schier übersät. Mutter Ursula atmet tief durch: „Wenn mein Sohn Wolfgang nicht so schüchtern wär', dann könnte ich diese Geschichte noch meinen Enkeln erzählen!“
„Was ist eigentlich genau passiert, Magnus?", versuche ich, gegen meine Verwirrung anzukämpfen. "Ich weiss nur noch, dass ... dass ich Dich angegriffen habe?!" Mir krampft sich der Magen zusammen. "Das tut mir wirklich leid, ich muss von Sinnen gewesen sein.“ - „Ist schon gut Sigurd, mir ist wohl zumindest eine Zeitlang das gleiche widerfahren ...da habe ich Monalon angegriffen. Torgoch hat von uns Besitz ergriffen und ohne sie ..." - mit einem schiefen Grinsen deutet er auf Mutter Ursula - "...und der Hilfe der Götter selbst wären wir dort niemals heil wieder heraus gekommen." Dann blitzen seine Augen auf. "Aber ...hast Du das gesehen? Wie sich der Hammer Sigmars in meiner Hand manifestiert hat? Das war unglaublich!“ - „Gesehen kaum, aber dafür gespürt..." Und zwar vor allem auf meiner rechten Gesichtshälfte! Andererseits muss ich mir jetzt wohl eingestehen, dass Sigmar gewiss auch über mein Schicksal gewacht und Ghal-Maraz nicht mit aller Macht zum Einsatz gebracht hat, denn dann wäre ich jetzt ganz gewiss schon längst in Morrs Reich eingegangen. „Und der Stein?“, fällt mir plötzlich der Sinn dieses ganzen Unterfangens wieder ein. „Den haben wir!“, grinst Magnus mich an - so verhält der sich doch sonst nie! Sigmars Hammer geführt zu haben, muss ihn wirklich über alle Maßen entzückt haben. Wolfgang hätte vermutlich jetzt zum Wort 'entrückt' gegriffen... Aber letztendlich haben wir es also tatsächlich geschafft: Torgoch hat wohl seine gerechte Strafe erhalten, wir alle haben überlebt ...und der Stein ist unser!
Als wir dann schliesslich wieder aufbrechen wollen - Mutter Ursula muss doch mehr durchgemacht haben, als ich bislang gedacht hatte: Ohne Monalons Hilfe könnte sie nicht einmal mehr stehen! -, sehen wir schon von weitem, dass die Elfen mit ihren Booten noch immer am Ufer auf uns warten. Und so machen wir uns auf den Weg, steigen von Altar hinunter, durchqueren den Steinkreis und gehen dem Jetzin entgegen. Erst jetzt fällt mir auf, dass mir etwas wichtiges fehlt: „Mein Schwert! Wo ist mein Schwert?“. Magnus zuckt nur mit den Schultern. „Ich muss zurück und mein Schwert holen“, entfährt es mir, und ich wende mich schon um, da klopft mir Monalon auf die Schulter: „Hier, Sigurd.“ Mit einem schiefen Grinsen drückt sie es mir in die Hand. Ich bin recht erleichtert, dass ich nicht nochmal in diese sonderbaren Räume zurückkehren muss. Ich weiss nicht, was meine Gefährten davon gehalten hätten ...und es wäre wohl auch nicht sonderlich ratsam gewesen, denn just in diesem Moment ertönt lautes Grollen, und erneut beginnt der Boden, sich zu bewegen. Hört das denn nie auf?! „Zu den Booten!“, schreit Magnus, doch das hätte er sich auch sparen können: Gleichzeitig rennen wir allesamt los, fast als hätten unsere Beine einen eigenen Willen. Der Boden schlägt jetzt Wellen, immer wieder stolpern wir - es grenzt an ein Wunder, dass Monalon immer noch Mutter Ursula stützen kann! -, Unterholz wird aufgewühlt und aufgewirbelt, ganze Bäume zerbrechen wie trockenes Reisig. Endlich erreichen wir das Ufer, an dem uns die beiden Elfen mit weit aufgerissenen Augen empfangen. Was hier geschieht, scheint auch die Begriffe dieser doch so weisen Gestalten zu übersteigen: noch nie habe ich einen derartigen Gesichtsausdruck bei einem Elfen erlebt. Fast muss ich grinsen, doch das versagt mir meine geschundene Gesichtshälfte sofort. Hoffentlich weiss der Heiler der Elfen einen Rat! Noch einmal blicke ich zum Steinkreis hinüber: Er steht noch, doch einige der Steine erscheinen mir mit einem Mal deutlich windschief. Was für Kräfte sind dort unten am Werk?
Kaum bin ich an Bord, als Monalon unvermittelt wieder aussteigt und auf etwas am Ufer zustapft, was für mich aussieht wie eine kleine Birke. Was hat sie denn jetzt schon wieder entdeckt? „Können wir nicht zurück zum Dorf? Ich finde, wir hatten doch genug Abenteuer für heute, oder nicht? Ich habe das Gefühl, mir fällt gleich mein halbes Gesicht ab, ich kann fast nichts mehr sehen! Ich brauche dringend einen Heiler!“ Magnus nickt zwar verständnisvoll, doch dann blickt er noch einmal zu unserer Gefährtin hinüber und geht dann ebenfalls von Bord. Von Mutter Ursulas gutem Schnaps ist leider nichts mehr übrig, wie sie mir mit Bedauern in der Stimme berichtet. „Und wenn, dann würd' ich den jetzt sicher selbst 'runterkippen!“
Einige Dutzend Schritte vom Boot entfernt zieht Monalon inzwischen diese sonderbare 'Birke' aus dem Boden! Ist sie jetzt völlig verrückt geworden? Und dann fängt sie auch noch an, nach irgendetwas zu graben - und Magnus hilft ihr auch noch dabei. Ach, was soll's, geht es mir durch den Kopf, und so schleppe ich mich zu den Beiden hinüber. "Ach, geht ihr doch alle!“, ruft mit Mutter Ursula hinterher, und es klingt fast verzweifelt.
Als ich näher komme sehe ich, dass es keine Birke ist, die Monalons Neugier geweckt hat, sondern eine Art Standarte, mit einem adlerartigen Vogel auf der Spitze - sieht nach orkischer Arbeit aus, die gewiss schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Gerade macht sich Magnus mit seiner kleinen Axt an einer Holzkiste zu schaffen, die Monalon und er bereits freigelegt haben. Auf viel Widerstand trifft er dabei nicht: Die morsche Kiste fällt in sich zusammen, und zum Vorschein kommen eine Metallscheibe - nein wohl eher eine Art Teller, wie ich erkennen kann, als der Sigmarianer einige Erdklumpen davon abklopft -, ein paar Spangen und Münzen, und Monalon bringt dann noch zwei alte, vergilbte Pergamente zu Tage. Wieso findet die eigentlich immer alles was zu lesen ist? Wie dem auch sei: auf der Innenseite des Tellers ist irgendetwas in der Sprache der Zwerge eingeprägt, wohl eine Art Botschaft. Als Magnus den Teller schliesslich herumdreht, sehe ich auf der Unterseite eine Zeichnung eingeritzt, die aussieht, als hätten Orks sie verbrochen (damit dürfte das gute Stück wohl ziemlich wertlos geworden sein). Die Pergamente, so schildert Monalon, sind zwei weitere Botschaften von Orks: den einen hat in riesigen Lettern Torgoch unterschrieben, die andere stammt von Roglud, den wir ja schon als seinen 'Kriegsboss' und somit Untergebenen aus anderen Schriftstücken der jüngsten Zeit kennen. „Können wir das ganze Zeug nicht später untersuchen und uns mit diesen Botschaften einfach zu den Elfen aufmachen ? Ich würde doch ganz gerne zurück kommen, bevor ich überhaupt nichts mehr sehen kann." Ich hatte ja gedacht, nur mein rechtes Auge habe etwas abbekommen, aber allmählich schwillt mir das ganze Gesicht an - und dass es allmählich dunkel wird, macht es mir auch nicht gerade einfacher, noch irgendetwas zu erkennen. - „Unrecht hat Sigurd nicht“, stimmt mir Magnus erstaunlicherweise zu, und so machen wir uns kurz darauf tatsächlich auf den Rückweg.
Friedie:
Zurück im Dorf wendet sich Magnus sofort an Aeskúrion, der am Rande der Lichtung bereits auf uns wartet. "Wir brauchen dringend zwei Ärzte!“, ruft Magnus ihm schon von Weitem zu.„Teurer Magnus, Ihr wisst, dass wir nur über einen Heiler verfügen ... und unseren Neuzugang.“ „Dann schickt den Heiler zu Sigurd, der Neuzugang kann sich ja um mich kümmern“. Kurz darauf kommt der Elfenheiler herbei, den ich ja schon kenne - Erimayfin heisst er, endlich kann ich mir auch den Namen merken - und kurz darauf tritt Myralin auf Magnus zu. Kurz verzieht der Sigmarianer das Gesicht: er muss wohl in all der Aufregung ganz vergessen haben, wer denn dieser 'Neuzugang' eigentlich ist.
Erimayfin behandelt die Schwellungen in meinem Gesicht mit einer Tinktur aus Wiesenminze - genau so riecht das Zeug zumindest. Erstaunlicherweise tut es mir ausserordentlich gut, ich habe fast sofort das Gefühl, Schwellung und Schmerzen würden zurückgehen. „Habt Ihr noch andere Blessuren davongetragen?“, erkundigt sich der Heiler freundlich. Daraufhin weise ich noch auf den Schlag in die Seite hin, den ich irgendwann - wann eigentlich ? - abbekommen hatte, doch es stellt sich heraus, dass ausser einer ordentlichen Prellung dort nichts zu sehen ist. Alle Knochen scheinen noch heile. „Ja, ja, unsere Kettenhemden halten schon einiges aus“, grinst Erimayfin nur.
Ich hätte es nicht gedacht, aber nachdem mich der Heiler alleine gelassen hat, um mich noch ein wenig auszuruhen, geht es mir kurz darauf schon so viel besser, dass ich mich zum Lagerfeuer begebe. Monalon und Mutter Ursula sitzen schon bei einem Becher Birkenwein mit unserem Gastgeber Aeskúrion zusammen. „Bilde ich mir das ein, oder riecht das hier nach Minze?“, fragt Mutter Ursula, als ich mich neben sie setze, und schnuppert skeptisch an ihrem frisch aufgefüllten Becher... Nun ja, es gibt zweifellos Schlimmeres, und der Geschmack des Birkenweins überdeckt schon bald alle anderen Kräuter. Kurz darauf scheint auch Magnus' Behandlung abgeschlossen zu sein, doch aus irgendeinem Grund wirkt er überhaupt nicht entspannt. Ich sehe davon ab, mich nach Myralin zu erkundigen...
Das Abendessen wird serviert: Wieder einmal gibt es Wild, aber das stört mich nicht, denn gegen ein ordentlichen Stück Fleisch hatte ich noch nie etwas einzuwenden - schon gar nicht mit diesem sonderbaren, aber äusserst leckeren roten Waldbeerenmus, das hier dazu gereicht wird. Und ausserdem: nach den Erlebnissen im verderbten Land würde ich glaube ich eher ungerne einen Fisch aus diesem Fluss essen wollen...
Natürlich drehen sich alle Gespräche um die Ereignisse des Tages. Das Ende Torgochs spielt dabei eine grosse Rolle, aber so recht beteilige ich mich nicht an den Schilderungen, schliesslich müssen erst einmal Hunger und Durst gestillt werden, und ausserdem möchte ich manche von diesen Einzelheiten am liebsten einfach wieder vergessen. Doch als Magnus schliesslich den Feuerkristall aus seiner Tasche zieht und nicht ohne Stolz präsentiert, kommt ein wenig Unruhe in die bis dahin sehr harmonische Runde. Aeskúrion betrachtet den Stein, dann erhebt er sich: „Dieses magische Zwergenwerk ist hier nicht gern gesehen. Der Stein kann nicht viel länger hier verweilen.“
Kaum hat er wieder Platz genommen, entspinnt sich eine Diskussion, zu der anscheinend wirklich alle etwas beizutragen haben. So sehr die Behandlung Erimayfins auch geholfen haben mag, meine Kopfschmerzen werden in diesem Stimmengewirr wahrlich nicht besser, und so bin ich kaum in der Lage, all dem Für und Wider zu folgen.
Schliesslich versucht Mutter Ursula, Aeskúrion durch gutes Zureden ein wenig zu beruhigen, und dann fällt dem Elfen auch wieder ihr Gebot guter Gastfreundschaft ein: „Natürlich dürft ihr noch bleiben, so lange ihr Rast braucht. Niemand von Euch soll aus dieser Runde vertrieben sein! Aber habt ihr wenigstens ein Gefäss, in dem Ihr den Stein sicher verstauen könnt?“. Das müssen wir leider verneinen, doch auch Magnus müht sich jetzt nach Kräften, beruhigend auf die Elfen einzuwirken: „Der Stein ist bei uns gewiss sicher, schliesslich stehen wir unter Sigmars und Verenas Schutz.“. Nach einigem hin und her gewinnt Aeskúrion der Sache sogar noch etwas Positives ab: „Vielleicht könnte der Stein uns ja sogar dabei behilflich sein, endlich dem verderbten Land Herr zu werden oder es sogar zurück zu drängen, um so diesen Landstrich doch noch vor dem Untergang zu retten." - ein Gedanke, den auch Magnus recht begeistert aufnimmt. Danach wird es am Tisch wenigstens etwas ruhiger.
Aber was soll nun mit dem Feuerkristall passieren? Während man sich also nun dieser Frage widmet - und hier sind längst nicht mehr so viele verschiedene Meinungen zu hören wie noch gerade eben! -, beginnen einige der Elfen den Nachtisch zu servieren, und so widme ich vorerst meine ganze Aufmerksamkeit einem Kompott aus Waldfrüchten. Nur Monalons Ansicht höre ich noch klar und deutlich: „Der Stein muss unbedingt zurück ins Reich“, erklärt sie aus dem Brustton der Überzeugung, und so tippe ich kurz gegen meine Narbe auf der Stirn: „Da kann ich wohl schlecht hin... und Du schon mal überhaupt nicht!“ Nachdenklich legt Mutter Ursula die Stirn in Falten: „Nun ... mit der Hilfe Shallyas und Sigmars Segen, und dazu noch mit dem Einfluss, den Magnus geltend machen kann, und zu einem bescheidenen Teil ja auch ich, liesse sich da vielleicht doch etwas machen...“, gibt sie zu bedenken. Doch Magnus scheint die Vorstellung, zurück ins Reich zu reisen, nicht recht zu behagen, schliesslich war es ja sein ausdrücklicher Auftrag, dafür zu sorgen, dass ich ausser Landes komme. Dass er diesen Auftrag ordnungsgemäss erfüllt hat, scheint für ihn nicht zu rechtfertigen, gemeinsam mit mir die Grenze des Reiches erneut zu überqueren, aber dieses Mal eben in eine andere Richtung... Ob wohl alle Sigmarianer so schlecht beim Kartenspiel sind ?, schiesst es mir durch den Kopf. Doch letztlich ist auch Magnus bereit hinzunehmen, dass hier wohl ungleich wichtigere Dinge auf dem Spiel stehen, als nur das Urteil der Verbannung, das gegen einen einzelnen Barden verhängt wurde.
Gerade, als ich denke, jetzt könnte es endlich ein wenig ruhiger werden, schneidet Mutter Ursula ein neues Thema an. „Was war eigentlich in dieser Kiste?“ Magnus' Gesichtsausdruck verrät mir, dass er das wohl lieber erst einmal unter uns Reisegefährten besprochen hätte und nicht im Beisein der Elfen, aber so bleibt uns nicht anderes übrig, als diesen Teller und die beiden Schriftstücke hervor zu holen.
Zunächst einmal befassen wir uns mit dieser Zeichnung, die wohl Orks in die Rückseite des Tellers geritzt haben müssen. Zu erkennen ist ein Berg mit drei Gipfeln, den die Orks mit 'Draischbitzberk' bezeichnet haben. Na gut, das habe ich auch noch lesen können. Unterhalb des linken Gipfels erkennen wir einen kleinen Pfeil, der auf eine Höhle oder etwas Ähnliches zeigt: „Schlitz im Zwergschrain“. Da haben wir also eine recht genaue Ortsangabe eines Zwergen-Schreins in den Bergen - aber was mag dort verborgen sein ? Magnus, der im Gegensatz zu mir die Sprache der Zwerge nicht nur sprechen, sondern auch lesen kann, übersetzt darauf hin den Text auf der Vorderseite des Tellers:
„Überreicht von Rogni, Sohn des Mordin, Sohn des Vagnir, Sohn des Brogar aus der Feste Karak-Kadrin im zweitausendsiebenhundertundzweiundvierzigsten Jahre nach der Fertigstellung des grossen Torbogens von Caraz bei Carak, an der Gromblin unseres Clan mitgearbeitet hat. Dieser Teller, den er mit eigenen Händen fertig stellte, sei ein Geschenk an den grossen Schrein von Kadar Helgad zu Ehren Grungnis, dem Herren der Tiefen Welt, und Smednirs, dem Erzschmied, in Dankbarkeit für die vollendete Lehrzeit.“
Nun, dass die Zwerge Grungni verehren, habe ich ja in Middenheim mehr als einmal hören dürfen, ansonsten scheint das hier wirklich nicht mehr als eine Widmung zu sein. Vielleicht bergen diese Ork-Pergamente ja Interessanteres, und so mache ich mich daran, auch diese zu entziffern - mittlerweile bin ich darin ja schon recht geübt. Ich beginne mit Rogluds Botschaft:
„Torgoch is verückt geworden mit sein Stein wo rot is im Dunkeln, und der redet nur davon, die priester zu tot zu machn. Die jungs und ich ham ihn verlassn - die götter wern ihn noch holn!! un alle, wo zu ihm gehörn tun. So ham wir den verlassn. Wie wir gegangen sind ham wir dies zeugs von ihm mitgenommen - viel Glück dem, wer immer dat findet. Imma hatta vonnem andere Stein geredet aus der Zwergenhöhle hinterm Berg, un dat er den auch holn will, aber wir seine Karte aufm Teller mitgenomm. Wir sin Torgoch un seine Steine jetz echt satt! Sag den Göttern wir warns gar nich, 's war Torgoch, un wir ham ihn verlassn.
Roglud
Kriegsboss des Blutaxt-Bundes un seine Jungs“
Hmmm ... Dieser Roglud hatte sich mit seinen Leuten doch schon einmal dünne gemacht! Das hier scheint jedenfalls so etwas wie sein endgültiger 'Abschiedsbrief' zu sein.
Die andere Botschaft jedenfalls stammt wieder aus der Klaue des einst so mächtigen Torgoch selbst:
„Der Stein hat in dem Zwergenschrain da geleuchtet, weil da noch einer war. wünscht ich hätt dat gewusst, dann müsst nicht zurück gehen dafür, aba de Jungs sin alle wech gerannt. Dat wird den noch leid tun, wenn ich die prister fettich jemacht hab, sind se die nächstn wo dran sind. Muss jetz irgendwie den anern Stein holen gehen. Wenn ich zwei hab, dann kann mir keina mehr was!
Torgoch
Boss des Blutaxt Bundes
BOSS VON DER GANZEN WELT!“
Als ich fertig bin läuft mir eine Träne über die rechte Wange. Aber das hat überhaupt nichts mit Torgochs Schicksal zu tun: ...nein, mein rechtes Auge hat sich immer noch nicht recht beruhigt. Erst einmal noch etwas von Erimayfins Minz-Tinktur auftragen (oder was immer das in Wirklichkeit ist), dann sollte es mir bald wieder besser gehen.
Es sieht also ganz so aus, als gebe es hier ganz in der Nähe einen weiteren magischen Stein der Zwerge, der nur darauf wartet, gefunden zu werden. Nun, zwei Steine sind sicher besser als einer, aber 'gleich morgen aufzubrechen', wie Magnus gerade vorschlägt? Das muss jetzt doch wirklich nicht sein: „Magnus, wenn der Stein die letzten hundert Jahre dort gelegen hat, glaube ich nicht, dass uns ihn jemand in den nächsten paar Tagen vor der Nase wegschnappt.“ Glücklicherweise sieht der Sigmarianer das dann auch schnell ein, und so wird beschlossen, die durch Aeskúrion bereitwillig angebotene Gastfreundschaft der Elfen noch für zwei oder drei weitere Tage in Anspruch zu nehmen. Und dann werden wir versuchen, uns diesen zweiten Stein zu holen. Unterstützen soll uns dabei eine Eskorte Elfen, die uns, wie Aeskúrion verspricht, zumindest bis zum Fuss des dreigipfeligen Berges Geleitschutz geben soll. Seine Abneigung gegen magische Steine aus Zwergenhand - wie eben unseren Feuerkristall - in seinem Dorf scheint der Stammesfürst der Sidhé Fascoulinne dann doch recht schnell abgelegt zu haben. Also werden wird noch ein wenig unsere Wunden lecken - und versuchen, Mutter Ursula doch dazu zu bewegen, uns zu begleiten, so sehr sie sich im Augenblick auch dagegen sträuben mag. Aber ohne sie hätten wir im Kampf gegen Torgoch (oder das, was von ihm übrig geblieben war) gewiss nicht bestehen können. Nun, wir werden sehen.
Eine kleine Anmerkung am Rande: Sollte ich über den Titel meines Tagebuches vielleicht noch einmal überdenken? Tiléa scheint ja nach den jüngsten Ereignissen eher in weite Ferne zu rücken. Nun ... ich glaube, lasse es erstmal so, wie es ist. Wer weiss, vielleicht werde ich irgendwann doch noch weiter in den Süden reisen!
Fortsetzung folgt!
Friedie:
Markttag, der 15. Vorgeheim
Es folgt ein sehr geruhsamer und vor allem erholsamer Tag für mich - nach den Strapazen der letzten Zeit tut das so richtig gut. Das letzte Mal, dass ich so richtig ausspannen konnte, war wohl damals in Delbertz, und das ist ja jetzt immerhin auch schon über drei Mannsliebe her. Ich muss dringend mal wieder Marion schreiben - hoffentlich hat sie meine bisherigen Briefe erhalten. Ein wenig Sehnsucht erwecken diese Gedanken schon bei mir, aber immerhin geht es ja - so sich unsere Pläne und Absichten erfüllen - bald wieder Richtung Norden und zurück in Richtung Reich. Tilèa kann ja ruhig noch etwas warten.
Irgendwann am Vormittag sucht mich Erimayfin auf. Der freundliche Elfenheiler behandelt meine Verletzungen mit beachtlicher Sorgfalt, so dass es mir schon bald deutlich besser geht. Gut genug jedenfalls, um wieder am geselligen Leben im Lager teilzunehmen. So treffe ich wieder die elfischen Barden, mit denen ich ja schon kürzlich musizierte, und wir tauschen uns noch ein wenig aus. Die machen aber auch eine interessante Musik! „Morgen Abend findet ein kleines Fest hier im Lager statt, wir feiern den Jahrestag unserer Ankunft hier. Die Sidhé Fascoulinne leben mittlerweile fünfhundert Jahre hier!“, berichtet ein Neuer unter meinen Mitspielern, ein sehr junger Bursche namens Rínthar - ein erstaunlich redseliger Kerl, wie ich schon sehr bald bemerke. Die magischen Steine scheinen ihn sehr zu interessieren. Er möchte wissen, welche Macht sie wohl hätten und was wir mit ihnen denn nun vorhätten. Dieser Bursche scheint aus einem ganz anderen Holze geschnitzt als etwa der doch eher reservierte Aeskúrion. Interessant ist aber auch Rínthars Musikinstrument: eine Flöte mir völlig unbekannter Bauart, die sehr beruhigende und nach gerade melancholische Töne von sich gibt. Da ich dem 'Jungen' (der wahrscheinlich wieder einmal sehr viel älter ist als ich; ich frage ihn wohl lieber nicht nach seinem wirklichen Alter, aber er sieht aus, als sei er noch nicht einmal zwanzig) über die Steine nicht viel berichten kann - Magie in gleich welcher Form ist ja nun einmal meine Stärke nicht -, versuche ich ihn von seiner Neugier etwas abzulenken, indem ich ihn über seine Musik befrage. Diese 'Nai', wie er sie bezeichnet, sei ein noch ziemlich neuartiges Instrument und käme ursprünglich aus Ländern, die noch weit südwestlich von Bretonnia lägen. Dort habe er sein Instrument auch vor kurzem erstanden. Ich muss zugeben, ich habe großen Respekt, wie gut er nach offenbar so kurzer Zeit schon damit umzugehen versteht. Andererseits: Was bedeutet bei Elfen 'vor kurzem'? 50 Jahre?
Kurz nach dem Abendessen ruft Monalon Magnus und mich zu sich; sie scheint uns irgendetwas Wichtiges zeigen zu wollen, anders kann ich das Leuchten in ihren Augen und ihre Aufregung jedenfalls nicht deuten: „Magnus, schlag doch einmal Sigurd!“ Fassungslos starrt der Sigmarpriester sie an: „Warum sollte ich das denn bitte tun?“ „Frag nicht, tue es einfach!“, gibt Monalon zurück. „Ich denke gar nicht daran! Sigurd hat mir doch überhaupt nichts getan!“ So geht es eine Weile hin und her, und dann, als ihre Überredungskünste bei Magnus nicht zu fruchten scheinen, versucht Monalon nun, mich zu überreden, auf Magnus einzuschlagen! „Bei Morr, dass werde ich ganz gewiss nicht tun! Wer weiß, was der Kerl dann mit mir anstellt - aber jetzt mal im Ernst, Mona: Warum willst Du, dass wir uns hier gegenseitig verprügeln?“ Endlich erklärt uns Monalon, einen neuen Verteidigungszauber eingeübt zu haben; und den wolle sie jetzt gerne testen. Zugegebenermaßen sind Magnus und ich auch nach dieser Erklärung nicht bereit, hier als Versuchstäter und -opfer zu dienen, und so zieht die Magierin etwas enttäuscht ab. Vielleicht findet sie ja unter den Elfen ein paar Freiwillige für ihr Experiment.
Die Grundidee Monalons, nämlich in der freien Zeit die wir haben, ein paar neue Fähigkeiten einzuüben oder alte zu verbessern, ist aber tatsächlich nicht schlecht, da sind Magnus und ich uns schnell einig. Und so verständigen wir uns darauf, in Zukunft den Schwertkampf gemeinsam zu üben. Bei dem kampferprobten Sigmarianer kann ich gewiss einiges lernen, denn gerade mit dem Schwert ist er ja ein wahrer Meister; und im Umkehrzug kann er sich im gemeinsamen Training mit dem Bogen doch wohl das eine oder andere von mir abschauen. Da ich mich allerdings augenblicklich wirklich nicht in der Lage sehe zu kämpfen - und sei es auch nur zur Übung -, zeigt mir Magnus erst einmal ein paar nützliche Fingergesten, mit denen man sich in brenzligen Situationen und bei Kämpfen schnell und ohne Worte verständigen kann. Gar nicht so einfach, das alles so schnell zu behalten, und so bitte ich Magnus recht bald einzuhalten - ein geduldiger Lehrer ist er jedenfalls nicht - und schlage stattdessen vor, sich langsam zur Ruhe zu begeben, denn die Sonne ist schon lange hinter den westlichen Bergen verschwunden.
Friedie:
Backtag, der 16. Vorgeheim
Ein weiterer Tag der Ruhe im Lager der Elfen bricht an. Beim Morgenmahl teilt uns Mutter Ursula mit, sie habe beschlossen, doch hier zu bleiben, wenn wir uns auf die Suche nach dem zweiten Stein machen: „Wirklich, Kinder, für so eine Kletterei bin ich dann doch zu alt! Ich werde hier im Lager auf Euch warten.“ „Aber was geschieht nun mit dem Feuerkristall? Nehmen wir den mit oder lassen wir ihn besser hier in deiner Obhut?“, werfe ich in die Runde - und schon geraten Monalon und Magnus ein wenig aneinander. Monalon scheint dem Sigmarianer nicht recht zu vertrauen - zumindest was den Umgang mit diesem Stein angeht. Ob das wohl damit zu tun hat, dass er sie in den Katakomben angegriffen hat? Wie dem auch sei: Magnus beharrt auf seiner Meinung, wir sollten den Stein mitnehmen, und dieser Meinung schließe ich mich an: „Laut Torgochs Botschaft hat der Feuerkristall in der Höhle geleuchtet, und das lässt wohl darauf schließen, dass es dort einen zweiten Stein gibt. Insofern werden wir den Feuerkristall vielleicht sogar brauchen, um den anderen Stein überhaupt zu finden.“ Erstaunlicherweise leuchtet das allen ein (was ist los? Seit wann hören die mir überhaupt zu?), und so wird schließlich beschlossen, dass Magnus und ich uns dabei abwechseln sollen, den Stein zu tragen. Ihn an Monalon zu übergeben, scheint allen nicht recht ratsam zu sein: Bei einen Magierin, die derartiges Geschick mit Feuerzaubern hat, könnte das wohl für böse Überraschungen sorgen - und zu was dieser Stein fähig ist, hat man an Torgoch, der schließlich zuvor wohl nur ein einfacher Ork war, doch allzu deutlich gesehen.
Doch wie kommen wir nun am besten zu diesem Berg mit den drei Gipfeln? Nach kurzer Beratung ist die Route geplant, denn hier gibt es eigentlich nur eine einzige Lösung, die man als vernünftig ansehen kann. Das verderbte Land möchten Magnus und ich wahrlich nicht noch einmal durchqueren müssen, und so bleibt nur noch die Route von hier über den Fluss nach Westen bis zur Handelsstrasse. Der werden wir dann in Richtung Norden folgen und dann, etwa in der Höhe des 'Tuams', nach Osten abbiegen, den Fluss ein zweites Mal überqueren und den Weg Richtung Berg einschlagen. Aber wie den Fluss überqueren? Gut, hier im Elfenland ist das ja nun kein Problem, es gibt genügend Boote, und ganz in der Nähe hat der Jetzin auch eine Furt. Aber im Norden ist der Fluss ja nun einmal eher ein recht breiter Gebirgsbach: viel tiefer und reißender; mit einer Furt ist da nicht zu rechnen, und auf dem Weg hierher haben wir auch keine gesehen. Und dass wir diesen freundlichen Ent wieder treffen werden, ist ja auch keineswegs gesichert: „Bauen wir doch vor Ort ein Floß! Ihr Elfen kennt Euch doch damit sicher aus, oder?“. Esgaroth, scheinbar einer der engsten Vertrauten Aeskúrions, bejaht meine Frage: „Das dürfte keine Schwierigkeit darstellen. Sorgt euch nicht, wir werden Euch sicher bis zum Eingang dieses Zwergen-Schreins bringen.“
Den Rest des Tages verbringen wir damit, uns weiter zu erholen, aber zugleich machen wir uns auch daran, Ausrüstung und Proviant für unsere Unternehmung zusammenzutragen. Und wieder sind uns die freundlichen Elfen äußerst behilflich. Sie bieten uns reichlich getrocknetes Dörrfleisch an, wohlschmeckendes Brot aus einem Kräuterteig und getrocknete Waldfrüchte. Natürlich nehmen wir auch reichlich frisches Quellwasser mit - von der Handelsstraße bis zum Jetzin hinunter ist es doch recht weit - , und als wir darauf hinweisen, dass uns Fackeln und Seile besonders wichtig sind (Seile kann man im Gebirge immer gebrauchen, und wer weiß, ob wir nicht durch irgendwelche düsteren Felsspalten klettern müssen – und außerdem wollen wir ja früher oder später auch in einen Zwergenschrein, und wie es dort um das Licht bestellt ist, wissen wir schließlich auch nicht), werden wir auch damit reichlich versorgt. Unseren Wagen wollen wir im Lager lassen und lieber auf Pferdes Rücken reisen - abseits der Pass-Straßen hat das mit unserem Gefährt im Gebirge ja auch wenig Sinn.
Am Abend findet dann die angekündigte Feier der Elfen statt, und ich muss zugeben: im Feiern stehen sie den Zwergen Middenheims in Nichts nach! Nach mehrstündigem Musizieren tun mir Finger und Stimmbänder weh, und der in Strömen geflossene Birkenwein trägt sicherlich zu meiner ansetzenden Müdigkeit bei. So verabschiede ich mich von den Elfen-Musikern und mache Anstalten, mich zur Ruhe zu begeben. Bevor ich aber meine Hütte betrete übergibt mir Magnus noch den Feuerkristall: „Heute hast du über den Stein zu wachen, Sigurd!“
Obwohl ich eigentlich ja hundemüde bin, kann ich doch nicht sofort einschlafen, und so sehe ich mir noch einmal den Feuerkristall an. Mir fällt auf, dass ich mich bislang noch überhaupt nicht damit befasst habe! Gut, die Zeichen, die in die Spitze eingeritzt sind, hatte ich mir wohl schon einmal angesehen, aber das war auch immer nur oberflächlich. Erst jetzt fällt mir auf, wie schwer der Stein doch in meiner Hand wiegt. Wird er schwerer? Wärme steigt in mir auf, immer weiter kreisen meine Gedanken um Feuer. Angst davor habe ich nicht, nein, wirklich überhaupt nicht. Ich sehe mich selbst, wie ich unbeschadet durch einen lichterloh brennenden Wald wandele, mühelos. Und Monalons kleine Spielchen mit dem Feuer, ihre kleinen Zaubereien, Lichtzauber und Feuerbällchen? Wie lächerlich! Nichts könnten die mir anhaben! ... Was mache ich da eigentlich? Erschrocken lasse ich den Stein aus der Hand fallen, er kullert über den Boden. Das ist wahrlich kein Spielzeug, geht es mir durch den Kopf, und so packe ich dieses Unding in meine Tasche. Und dann kann ich endlich auch in Morrs Arme sinken, denn uns allen steht ein anstrengender Tag bevor.
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