Autor Thema: Abgründe des Menschseins  (Gelesen 30378 mal)

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Offline Arkam

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #75 am: 2.04.2008 | 23:04 »
Hallo zusammen,

meine Erfahrungen mit grenzwertigen Themen sind abwechslungsreich.

Angefangen hat das ganze mit Sex in der Spannweite vom Geschlechtsverkehr bis zur Orgie. Die Runde bestand aus Jungen mitten in der Pubertät.Da war aus meiner heutigen Sicht der Wunsch der Vater des Gedanken.

Dann habe ich für DSA ein KZ Abenteuer geschrieben. Das habe ich getan weil ich ein Buch über Ausschwitz gelesen habe und das Thema das mich emotional aufgewühlt hat in irgendeiner Form bearbeiten wollte.
Da ich diesen Hintergrund meinen Spielern nicht mitgeliefert habe und das System eher das heroische Spiel unterstützte ging dieser Versuch gründlich daneben.

Dann kam das Thema Vergewaltigung auf. Es ging dabei weniger um Sex oder das Ausleben von Phantasien sondern darum ein Element zwischen Charaktertod und streich dir noch ein paar Lebenspunkte ab die du leicht wieder bekommst einzuführen das den Spieler dazu motiviert mit seinem Charakter zu leiden und aktiv gegen dieses Charakterschicksal anzukämpfen.
Eine Mitspielerin damals einfach gesagt hat wenn das Thema im Abenteuer vorkäme wäre sie draußen damit war dann das Thema erledigt.
Nachdem eine Mitspielerin fast vergewaltigt worden wäre und in verschiedenen Diskussionen immer wieder klar wurde das sexuelle Gewalt doch verbreiteter ist als ich vermutet hätte würde ich das Thema in Runden mit Mitspielerinnen wahrscheinlich außen vor lassen.
Das hat nichts mit Selbstzensur zu tun aber ich spiele inzwischen in wechselnden Runden und auch mit Leuten die ich nicht gut kenne da will ich keine Wunden aufreißen und das eventuell dann noch nicht Mal merken.

Dann kam wieder Mal Cyberpunk 2020 und mit der Absicht die Spieler auch emotional zu fesseln und nicht einfach nur das übliche meine Cyberware sorgt dafür das ich ganz viele Böse töten kann und es selbst überlebe Stimmung aufkommen zu lassen. Das Thema waren Snufferpornos die mit Kindern gedreht wurden. Die NPCs umfaßten vom Pädophilen Kriminellen, über den betroffenen Vater der Rache wollte bis zur eiskalten Konzernführung alle Klischees. Die Spieler wußten was das Thema sein würde und wenigstens einer mußte dann doch wenigstens kurz überlegen ob er mitmachen wollte.
Das hat dazu geführt das das Spiel sehr auf der Metaebene blieb und  häufiger weniger die Charaktere als vielmehr die Diskussionen unter den Spielern eine Rolle spielten.
Bei den Spielern habe ich vom skrupellosen ausspielen, über Streß weil die Charakterrolle Konzernerin, nach Klische ohne Emotionen und gewinnorientiert eben die Emotionen des Spielers aufgriff bis zur Distanzierung alles erlebt.

Nach diesen Erfahrungen halte ich Rollenspiel eigentlich für das falsche Medium um etwas über die Einstellungen meiner Freunde zu verschiedenen Themen heraus zu finden. Da versuche ich lieber eine Diskussion anzuregen oder versuche über entsprechende Materialien etwa im Internet per E-Mail, also schriftlich eine Diskussion anzustoßen.
Im Rollenspiel gibt es in den Runden in denen ich mitspiele eigentlich immer ein gewisses Grundrauschen was grenzwertige Themen angeht. Aber es reicht eben zu bemerken das politische Gegner in Lager verbracht werden, die chirugischen Instrumente im Gefängniss frische Blutspuren tragen oder das das Straßenkind vor dem männlichen Abenteurer zurückschreckt. Näher werden solche Themen bei uns eigentlich nicht mehr angesprochen.

Eine kleine Ausnahme gilt für Sexualität in jeder Form. Da gibt es in unserer Runde eine Fraktion die sich des Themas immer weider aber eher auf dem Niveau Gute Zeiten / Schlechte Zeiten oder Sex and the City annimmt.

Gruß Jochen
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #76 am: 2.04.2008 | 23:08 »
Du findest die Gründe, aus denen jemand handelt, nicht wichtig bei der Beurteilung des Handelns?
Stop! Sofort!
Es geht hier nur ums Rollenspielen, ich finde die Gründe warum jemand das spielt was er spielt nicht wichtig!
Ja, das ist so.
Wenn du meinen gesamten Beitrag liest, verstehst du mich vielleicht besser. -
Ich lese die Biträge immer ganz und habe dich schon verstanden. Dir ist es wichtig ob jemand im Rollenspiel Vergewaltigt weil er das eigentlich gerne machen würde, oder ob er das macht, weil er erfahren möchte wie so eine Situation entsteht oder sich anfühlt.
Ich finde das ist nicht so wichtig (Im Berecih des Rollenspielens!!!). Selbst wenn er das aus persönlicher Lustbefriedigung macht. Solange er das mit Leuten durchspielt die damit einverstanden sind, und er es eben nicht in der Realität macht ist mir das egal, und da sind wir shcon beim "wie".

Anbei würde mich interessieren, warum du das "Wie" wichtig findest.
Das "wie" ist für mich viel wichtiger, weil es bei solchen Grenzthemen sehr schnell passiert, das man seine Mitspieler verletzt, oder in die Enge treibt, oder allgemein in Situationen bringt in die sie nciht geraten wollten. Selsbt wenn sie zugestimmt haben ein Grenzwertiges Thema im Spiel zu verwenden kann es schnell zu Momenten kommen mit denen sie nicht gerechnet haben. Da ist es wichtig, das die Mitspieler sowas mitbekommen, oder mindestens vorher ganz ganz klare Richtlinien festlegen. Im SM soll es ja sowas wie ein codiertes "STOP" Wort geben...

Deshalb, weil im "wie" viel ehr schief gehen kann, als im "warum" deshalb ist mir das "wie" wichtiger.
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Offline Gaukelmeister

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #77 am: 2.04.2008 | 23:16 »
Eigentlich sind imho die, die sagen "ich versteh genau, warum der das tut", ohne ihn selbst dazu befragt zu haben das Problem.
Und ich selbst hab mich schon zu oft geirrt, als daß ich urteilen möchte, ohne die Gegenseite dazu gehört zu haben.

Ah, da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt. Natürlich ist es häufig wichtig zu wissen, was die Leute selbst über ihre Gründe sagen. Aber wenn ich diese Selbsteinschätzungen kenne und mit meinen Beobachtungen abgleiche, dann kann ich auch - einigermaßen fundiert - urteilen und muss nicht sagen: "Hey, ich kann andere Menschen niemals verstehen."

Ansonsten bin ich auch der Meinung, dass wir häufig ohne explizite Rückversicherung gut einschätzen können, warum jemand das tut, was er tut. Ich erzähle dir von einer coolen Band und du kaufst dir die CD - muss man da wirklich sagen: "Hey, ich habe nicht den blassesten Schimmer, warum der die CD jetzt kauft"? Oder jemand bekommt die Nachricht, dass er Großvater wird und öffnet eine Flasche Schampus - klingt total nachvollziehbar. Oder (letztes Beispiel): Du schreibst, dass du nicht glaubst, dass wir häufig richtig liegen, wenn wir anderer Leute Motive einschätzen. - Ich bin mir fast 100% sicher, warum du das schreibst: du gehst davon aus, dass dies eine relevante Info ist und du glaubst tatsächlich, dass es sich so verhält. (Ich kann man selbstverständlich täuschen - vielleicht übst du nur tippen, aber das ist extrem unwahrscheinlich.)

Unser Alltag ist voll mit Beispielen, wo wir ziemlich nah an der Wahrheit liegen.

EDIT:
@ Thalamus
Wenn jemand im Rollenspiel foltert, weil er es gerne in der Realität tun würde, dann heißt dies, dass diese Person gerne in der Realität foltern würde. Und jemand, der gerne foltern würde, hat einen schlechten Charakter - altmodisch gesprochen: er ist böse. Und das ist nicht gut  ;)
« Letzte Änderung: 2.04.2008 | 23:20 von Gaukelmeister »
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #78 am: 2.04.2008 | 23:23 »
Ich finde das ist nicht so wichtig (Im Berecih des Rollenspielens!!!). Selbst wenn er das aus persönlicher Lustbefriedigung macht.
Das finde ich schon extrem seltsam. Warum machst du ausgerechnet da eine Unterscheidung zwischen Rollenspiel und nicht-Rollenspiel? Und wenn sich jemand gerne Filme ansieht, oder Bücher schreibt in denen reale unmoralische Ansichten vertreten werden ist das eventuell verdammenswert, aber im Rollenspiel nicht, oder wie??

Und @ Gaukelmeister
Ansonsten bin ich auch der Meinung, dass wir häufig ohne explizite Rückversicherung gut einschätzen können, warum jemand das tut, was er tut.
...
Unser Alltag ist voll mit Beispielen, wo wir ziemlich nah an der Wahrheit liegen.
Aber ist nicht unser Alltag auch völlig voll davon dass man die einfachsten Dinge nicht versteht die jemand anderer meint? Wir brauchen uns nur hier auf dem Board umsehen ;D
Und dann kommt eben noch der sehr häufige Fall in dem Gründe und Motive nicht wirklich klar oder durchdacht sind. Ich weiß bis heute z.B. nicht wirklich warum meine Spieler damals bestimmte Vergewaltigungsszenen toll fanden und andere nicht, und ich denke sie haben so oder so eher impulsiv als reflektiert gehandelt, ist das schlimm oder nicht?
Ist die Antwort auf die Frage warum jemand bei einer Vergewaltigung im Film oder im Buch hinsieht ganz offensichtlich, oder hintergründig und komplex?

Eulenspiegel

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #79 am: 2.04.2008 | 23:30 »
Wenn jemand im Rollenspiel foltert, weil er es gerne in der Realität tun würde, dann heißt dies, dass diese Person gerne in der Realität foltern würde.
Wieso? Selbst wenn die Person gerne in der Realität Bondage-SM betreibt und dort Folterspielchen vorkommen, ist daran doch nichts verwerfliches, solange es in beiderseitigen Einverständnis passiert.
Schlecht wird man nur, wenn man bereit ist, jemand anderen zu Schaden, während man seine Gefühle auslebt.

Als Beispiel: Jemand spielt gerne Counter-Strike oder betreibt im Rollenspiel gerne Hack'n'Slay. Es macht ihm Spaß, Leute aus dem Hinterhalt mit einem Sniper abzuschießen. Es macht ihm so großen Spaß, dass er auch anfängt Shadowrun-LARP und Paintball zu spielen. Trotzdem ist daran nichts Schlechtes. Auch wenn er jetzt anfängt, in einen Schützenverein zu gehen und auf Pappkameraden zu schießen, ist das nicht schlecht.

Erst, wenn er seinen Spaß so hoch ansetzt, dass er bereit ist, auf echte Menschen zu schießen, wird das schlecht.

Offline Gaukelmeister

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #80 am: 2.04.2008 | 23:31 »
Aber ist nicht unser Alltag auch völlig voll davon dass man die einfachsten Dinge nicht versteht die jemand anderer meint?

Naja, das kommt vor. Aber ich habe den Eindruck, dass dies total übertrieben wird, weil Probleme immer stärker ins Auge fallen.

Und dann kommt eben noch der sehr häufige Fall in dem Gründe und Motive nicht wirklich klar oder durchdacht sind.

Das stimmt natürlich. Deswegen sollten wir auch aufpassen, auf welcher Grundlage wir das Handeln anderer einschätzen. Manchmal wird man auch nach gründlicher "Recherche" ratlos bleiben - auch mit Blick auf uns selbst. (allmählich drifte ich OT)

EDIT:
@ Eulenspiegel
Man könnte tatsächlich diskutieren, ob wir andere Menschen für ihr Denken und Fühlen schätzen, bewundern, verachten, tadeln etc. sollten. De facto tun wir das ständig - und ich finde, wir tun dies mit gutem Grund. Du siehst das anders?
« Letzte Änderung: 2.04.2008 | 23:36 von Gaukelmeister »
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #81 am: 2.04.2008 | 23:35 »
Naja, was das Thema hier "eigentlich" ist wird uns Fredi nicht verraten, so lange wir ihn ganz gut unterhalten ;)
Ich glaube aber wir sind da noch ziemlich nah dran.

EDIT: Wenn man vom Fredi spricht...  >;D

Offline Fredi der Elch

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #82 am: 2.04.2008 | 23:35 »
So, jetzt will ich doch mal nachlegen.

1. Ich bin so cool wie Shakespeare.
Wie Jasper ja so schön sagte: Ich bin Künschtler! ;) Aber davon abgesehen: Shakespeare ist besser, was die Spannungsbögen angeht, die Akt-Struktur, die Dialoge, die Sprache im Allgemeinen... ja, vermutlich in allem, was das Handwerk angeht. Aber die Themen, Leute, die Themen! Da kann ich mithalten. Macbeth: Eifersucht, Macht, Gewalt, Mord. Hamlet: Liebe, Verrat, Mord und Totschlag. Romeo und Julia: Liebe, Verlangen, Feindschaft, Tragik, Selbstmord. Was ihr wollt: Lust, Liebe, Gewalt, noch mehr Lust. ;) Kurz: Shakespeare ist Sex and Crime des 16.-17. Jahrhunderts. Er greift wichtige menschliche Themen auf und behandelt sie. Und genau das mache ich auch. Also: ich bin doch so gut wie Shakespeare. Und ihr Abenteuerrollenspieler kommt gerade mal an Tolkien ran, ihr Looser. ;D

2. Mir ist das Warum auch egal.
Das wie ist wichtig, das warum garnicht (IMHO)
Jetzt ist es passiert: ich muss Thalamus zustimmen. Vermutlich friert gerade die Hölle zu... ;D

Jetzt stellen wir uns vor, jemand beschreibt eine Vergewaltigungsszene im Rollenspiel.
Zuerst zum "Warum":
Fall 1: Er will sich damit künstlerisch/ästhetisch auseinandersetzen und daran persönlich wachsen. Alles gut, oder? (denke ich zumindest)
Fall 2: Er findet das einfach geil. Ihm geht richtig einer ab. Tja, was soll ich sagen... So what? Ich sehe keinen Grund für eine moralische Verurteilung.

Jetzt zum "Wie" (und zwar unabhängig vom "Warum"):
Fall 1: Der Typ spielt mit einer Gruppe von Leuten, die damit einverstanden sind. Er tut keinem weh, verärgert niemanden und es ekelt sich auch keiner zu tode. Die eventuelle Beule in seiner Hose macht keinem was aus. Evtl. gefällt es den anderen  sogar. Alles gut, oder?
Fall 2: Er verletzt jemanden. Das Ganze ist jemandem zu viel, er macht es, obwohl es vorher ausgeschlossen wurde, er hört nicht auf, obwohl jemand das wünscht. Das ist ein Problem und deutlich zu kritisieren.

Kurz: Wir leben in einer sehr freiheitlichen Gesellschaft. Die Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo er andere (evtl. auch sich selber) verletzt. Tut er das nicht, ist alles in Ordnung. Und das hängt (im Rollenspiel) sehr stark am "Wie" und sehr wenig am "Warum".

3. "Abstoßend".
Es gibt zwei Formen, die im ersten Post angesprochenen Themen "geschmacklos" zu finden. Eine ist aus meiner Sicht in Ordnung, eine nicht.
a) "Geschmacklios" bezeichnet: gefällt mir nicht, finde ich eklig, mag ich nieeeee machen. Nie. Das ist in Ordnung, weil es ein persönliches Geschmacksurteil ist.
b) "Geschmacklos" heißt: gefällt mir nicht und deswegen bist du krank, ein Schwein und allgemein ein schlechter Mensch. Das ist alles andere als in Ordnung.

Einen Menschen auf Grund seiner Phantasien (und nichts anderes ist es, etwas im Rollenspiel auszuspielen) zu verurteilen ist Unsinn. Tatsächlich lernen wir etwas über eine Person, wenn sie von Vergewaltigungsphantasien anmachen lässt: nämlich, dass sie sich von Vergewaltigungsphantasien anmachen lässt. Und keinen Deut mehr.

Dasselbe gibt übrigens, wenn jemand diese Phantasien mit jemandem einvernehmlich (!) auslebt. Was lerne ich daraus? Jo, das macht dem Spaß. Nichts weiter. Das kann ich eklig finden. Das muss ich nicht nachmachen wollen. Aber ihn deswegen zu verurteilen ist doch hirnrissig. Da müsste ich ja auch jemanden verurteilen, der Spinnen isst (oder Vampire Live spielt... ;) ). Das finde ich auch eklig und möchte es nicht unbedingt nachmachen. Aber das macht den anderen doch nicht zu einem schlechten Menschen.

Und auch hier ist das "Wie" wichtig: Phantasie - ok. Einvernehmlich - ok. Echte Vergewaltigung - whoa, ganz große Scheiße! Und das "Warum" ist mir ziemlich egal. Ob aus Geilheit oder Ästhetik: Phantasie bleibt Phantasie und Realität bleibt Realität. Und danach beurteile ich.

4. Funzt das?
Was mich nun wirklich interessiert: Klappt so etwas mit Spielen wie PTA?
Kurz und knapp: ja, klappt mit PtA sehr gut. Vermutlich auch mit anderen Spielen, aber PtA geht da wirklich gut.

5. Jasper hat mich durchschaut.
Wie abgestumpft und verkommen muss man eintlich sein, hömma, dass einem nix mehr Spaß macht als Kinder vergewaltigen und Leichen schänden? Du tust doch nur so, als ginge es dir um ganz wichtige Behandlung - eigentlich findest du´s doch geil, gibs zu. Du kranke Sau.
Verdammt, ich bin ertappt. Eigentlich stehe ich nur unglaublich auf Speiseröhrenvergewaltigung. Mann, macht mich das scharf!! ;D :gasmaskerly:
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Zitat von: 1of3
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Offline Falcon

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #83 am: 2.04.2008 | 23:40 »
Hendrik schrieb:
Zitat
Ist es. Nur ist das "im Gegensatz zu Euch" nur in deiner Interpretation vorhanden. Laß den Passus weg, und es heißt "ich spiele mit Elementen, die man aus der Weltliteratur kennt". In meiner Interpretation füge ich den Passus "und wieso ist es im Rollenspiel plötzlich verdammenswert" hinzu.

Jetzt kann man natürlich streiten, wer näher an dem ist, was Fredi sagen wollte. Ich sage: Ich Grin
Daher meine Rede. Fredi ist Schuld wenn er sich nicht klar ausdrückt  ;D. Es zählt immer nur das was ankommt. Für jeden Einzelnen ;)

Wenn er sagen wollte, "ich spiele mit Emotionselementen, die man aus dem Rollenspiel kennt", dann soll Fredi das bitte tun. Und so kann man sicher auch nachvollziehen wieso ich die ganze Sache ziemlich leer finde.
Er hat aber etwas ausserhalb von RPG gewählt. Da frag ich mich automatisch natürlich, wieso?

Ich kann aber auch gut nachvollziehen das du "wieso verdammenswert?" daraus gelesen hast.

aber das Thema dreht sich ja ohnehin wieder nur um "Wie weit darf ich gehen?". Das ist wieder die alte Leier. Emotionen im klassischen RPG zu fördern fände ich interressanter.
« Letzte Änderung: 2.04.2008 | 23:59 von Falcon »
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Offline Skyrock

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #84 am: 2.04.2008 | 23:47 »
Also: ich bin doch so gut wie Shakespeare. Und ihr Abenteuerrollenspieler kommt gerade mal an Tolkien ran, ihr Looser. ;D
Tolkien ist doch voll der Stimmungsspieler.
Wenn schon phantastische Trivialliteratur, dann ARS = R.E. Howard. (Der übrigens auch viel Blut und willige Weibchen in seine Prosa einstreut ;D)

Kurz: Wir leben in einer sehr freiheitlichen Gesellschaft. Die Freiheit des Einzelnen hört da auf, wo er andere (evtl. auch sich selber) verletzt. Tut er das nicht, ist alles in Ordnung. Und das hängt (im Rollenspiel) sehr stark am "Wie" und sehr wenig am "Warum".
Ich stimme insofern zu dass es toleriert werden muss - es darf eben kein Grund sein die Fackel-und-Heugabel-Saison zu eröffnen.
Aber akzeptiert werden muss es nicht - man darf sich sehr wohl dagegen äußern und seine Abscheu zum Ausdruck bringen. Genauso wie ich etwa Flachpfeifen wie Günther Oettinger oder Oskar Lafontaine toleriere, aber dennoch menschlich und politisch zum Kotzen finde und das auch öffentlich sage.

Das gilt umso mehr wenn jemand aus dem stillen Kämmerchen kommt und es an einem Ort vorstellt wo diskutiert werden kann. "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß."


Ansonsten stimme ich deinem Post zu.
Erstaunlich für den spießigen, engstirnigen und bestimmt jeden Sonntag seinen Schrebergarten pflegenden Aufhänger des Threads, huh? ;)
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Ein freier Mensch muss es ertragen können, dass seine Mitmenschen anders handeln und anders leben, als er es für richtig hält, und muss es sich abgewöhnen, sobald ihm etwas nicht gefällt, nach der Polizei zu rufen.
- Ludwig von Mises

Offline Gaukelmeister

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #85 am: 2.04.2008 | 23:53 »
Fall 1: Er will sich damit künstlerisch/ästhetisch auseinandersetzen und daran persönlich wachsen. Alles gut, oder? (denke ich zumindest)

Da Fall 2 interessanter ist, will ich hier nur kurz widersprechen: das Einnehmen einer ästhetischen Haltung zeugt möglicherweise von einer eingeschränkten moralischen Sensibilität, vielleicht auch von moralischer Indifferenz. (@ Hendrik: das ist ja unter anderem die Kritik an Jünger - die Schrecken des Krieges nicht als solche präsent zu halten, sondern bloß ästhetisch einzufangen könnte moralisch unangemessen sein)

Fall 2: Er findet das einfach geil. Ihm geht richtig einer ab. Tja, was soll ich sagen... So what? Ich sehe keinen Grund für eine moralische Verurteilung.

Du verurteilst dann also nur Handlungen. Da kann man sicher Gründe für vorbringen. Ich finde allerdings, dass es durchaus legitim ist, den Charakter von Menschen zu kritisieren. Dr. Boomslang hatte, wenn ich ihn recht verstanden habe, bereits in diese Richtung gewiesen. Und so abstrus ist der Gedanke ja auch gar nicht: wenn mir jemand erzählt, dass er gerne kleine Kinder ficken oder Juden vergasen möchte, davon aber aufgrund der bestehenden Gesetzeslage absieht, dann sage ich nicht einfach "So what? - Solange er das nicht tut, ist er doch ein echt dufter Typ."
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Offline Fredi der Elch

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #86 am: 3.04.2008 | 00:06 »
Jetzt muss ich noch einen nachlegen, den ich eben vergessen habe:

Wenn jemand im Rollenspiel foltert, weil er es gerne in der Realität tun würde, dann heißt dies, dass diese Person gerne in der Realität foltern würde. Und jemand, der gerne foltern würde, hat einen schlechten Charakter - altmodisch gesprochen: er ist böse. Und das ist nicht gut  ;)
Dem stimme ich absolut zu. Nur dass man in der Realität an die Information nie rankommen wird. Wie willst du jemals erfahren, ob er im Rollenspiel foltert, weil er das gerne in der Realität machen würde? Wann kann ich das aus seinem Verhalten ableiten? Wenn er foltern ausspielt? Nein. Wenn er Spaß daran hat, foltern auszuspielen? Nein. Tja, schwierig. Es geht eigentlich nur, wenn ich ihn direkt frage, ob er das gerne mal in echt machen würde (ok, oder wenn er es wirklich in der Realität macht. Aber dann ist die Handlung wohl das Problem, oder? ;) ) und er dann ja sagt. Wenn dir also jemand erzählt, dass er gerne kleine Kinder ficken oder Juden vergasen möchte, dann kriegst du die Information und dann ist er ein Schwein. Aufgrund eines Spiels oder eines Spielberichts wird das nie gehen.

Zum Punkt "Gedanken bewerten":
Man könnte tatsächlich diskutieren, ob wir andere Menschen für ihr Denken und Fühlen schätzen, bewundern, verachten, tadeln etc. sollten. De facto tun wir das ständig - und ich finde, wir tun dies mit gutem Grund.
Richtig. Und der gute Grund ist: weil Denken und Fühlen oft ein guter Prädiktor für späteres Verhalten ist. Ich verachte jemanden für gewalttätige Gedanken, weil ich glaube, dass es mit gewalttätigen Taten einhergeht. Für mich ist die einzige Legitimation, jemanden für seine Gedanken zu verurteilen, wenn ich mir ziemlich sicher sein kann, dass sie zu verurteilenswerten Taten (oder dem ernsthaften Versuch solcher Taten) führen werden.

Das Problem entsteht dann: Ich verurteile jemanden für Gedanken, die höchstwahrscheinlich nicht zu den entsprechenden Taten führen werden. Dann verurteile ich zu Unrecht und bin dafür (sofern es zu Taten führt, wie z.B. denjenigen schlecht zu behandeln oder im Internet Scheiß über ihn zu posten) selber zu verurteilen. Beispiel: jeder kennt den Gedanken, mal einer ungeliebten Person eine reinzuhauen. Jemanden mal richtig zu vermöbeln. Vielleicht auch jemanden zu töten, den man hasst. Viele Mütter haben den Gedanken, ihr Kind zu verletzen, nur damit es endlich mit dem Schreien aufhört. Sind wir deswegen alle schreckliche Menschen? Nein, natürlich nicht, denn in 99,99% (oder mehr) aller Fälle sind solche Gedanken völlig ohne Folgen und ganz normal. Probleme gibt es eher, wenn man die Gedanken zu ernst nimmt. Denn das gibt dann eine feine Zwangsstörung und daran kann man viel Spaß haben...


EDIT:
das Einnehmen einer ästhetischen Haltung zeugt möglicherweise von einer eingeschränkten moralischen Sensibilität, vielleicht auch von moralischer Indifferenz.
Ist ja interessant, aus was du alles Schlüsse über den "Charakter" einer Person ziehst. Hast du denn da eine empirische Grundlage für? Oder wollen wir beide das nicht lieber psychologischen Diagnostikern überlassen? ;)
« Letzte Änderung: 3.04.2008 | 00:11 von Fredi der Elch »
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Offline Thalamus Grondak

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #87 am: 3.04.2008 | 00:08 »
Das finde ich schon extrem seltsam. Warum machst du ausgerechnet da eine Unterscheidung zwischen Rollenspiel und nicht-Rollenspiel? Und wenn sich jemand gerne Filme ansieht, oder Bücher schreibt in denen reale unmoralische Ansichten vertreten werden ist das eventuell verdammenswert, aber im Rollenspiel nicht, oder wie??
Nein, natürlich nicht, ich habe mich schlecht ausgedrückt.
Es ist mir allgemein bei Phantasiehandlungen egal warum jemand das macht. Die Begründung wird erst dann relevant, wenn etwas einen anderen verletzt hat oder das vor hat.
Wenn ein man seine Frau schlägt weil sie ihn Betrogen hat, ist das was anderes (für mich) als wenn er das tut, weil das Essen kalt war. Beides ist Scheiße, aber sind verschiedene Qualitäten von Scheiße.
Wenn jemand jemanden Einsperrt weil er ihn leiden sehen will, ist das was anderes als wenn jeman jemanden einsperrt, weil der eingesperrte ein Verbrecher ist und verurteilt wurde.
Wenn das alles in Büchern oder Filmen oder im einvernehmlichen Rollensiel passiert ist das Warum völlig unerheblich (vieleicht nicht für einen Psychologen, aber das bin ich nicht und deshalb ist es für mich nciht wichtig).
Aber Fredi hat das viel besser erklärt....
(Ich spüre auch schon so ein leichtes frösteln ;) )

Ich will mich natürlich nicht davon freisprechen, das ich, wenn ich das wahre "warum" erfahre eine Bewertung vornehme, dagegen kann sich wohl kaum jemand wehren. Aber die bewertung des Rollenspiels ändert sich dadurch nicht.
Ich werde auch nie verstehen warum Leute z.B. Bücher wie "Battlefield Earth" nur aus dem Grund ablehnen, weil sie nicht mit der Ideologie von Ron Hubbard übereinstimmen. Wenn man begründet, das man diesen Mann nicht Finanziell unterstützen wollte ist das eine Sache, aber wenn man sagt ich lese dieses Buch nur aus dem Grund nicht, weil der der es geschrieben hat böse ist, dann kann ich das nicht verstehen.
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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #88 am: 3.04.2008 | 00:08 »
Zitat
Und auch das stimmt. Aber auch hier ist ein Sclüsselwort gefallen: "Fragen". Bevor ich jemanden als abartig tituliere, versuche ich doch zuerst mal rauszufinden, was seine Intention war.
Ich finde nicht, dass es da jetzt einen großen Unterschied macht, ob man da nun ein echtes Problem hat, seine Machtfantasien ausspielen möchte oder fühlen möchte, wie es sich anfühlt. Zumindest in der Außenwahrnehmung. Der eigentlich interessante Punkt dabei ist doch anscheinend, dass es gewissen Leuten eben nicht ausreicht, solche Dinge im stillen Kämmerlein zu spielen, sondern sich damit auch noch Inszenieren müssen.

Und stimmt, da muss man sich fragen, "warum"? Aber das betrifft nicht nur Indie-SnuffPorn-Spieler, sondern ist ein allgemeines Problem unseres Hobbies.

Offline Gaukelmeister

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #89 am: 3.04.2008 | 00:20 »
@ Fredi
Entschuldige bitte, wenn ich jetzt nur noch einen Einwand vorbringe, mich aber ansonsten nicht mit deinen Argumenten auseinander setze (vielleicht finde ich ja nach einer guten Nachtruhe die Kraft dazu).

Du weist darauf hin, dass wir alle manchmal abgründige Impulse haben. Daraus schließt du, dass wir konsequenter Weise so ziemlich jeden - uns selbst eingeschlossen - verurteilen müssten. (EDIT: ...verurteilen müssten, wenn ich denn Recht hätte, was ich ja deiner Meinung nach nicht habe ... - Stimmt nicht  :)

Erstens muss man Impulse mMn von stabilen, lange Zeiträume überdauernden Wünschen unterscheiden.

Wichtig ist zweitens, wie jemand die entsprechenden Handlungen bewertet. Eine Mutter, die es richtig findet, ihr Kind an die Wand zu klatschen, dies dann aber nicht tut, weil sie keine Lust hat, die Blutflecken von der Wand zu wischen, muss von einer Mutter unterschieden werden, die das An-die-Wand-Klatschen des eigenen Kindes für moralisch nicht akzeptabel hält.
« Letzte Änderung: 3.04.2008 | 00:24 von Gaukelmeister »
Who is Who  Enthüllungen, Halbwahrheiten und Eitelkeiten - der Mensch hinter der Maske

Offline Fredi der Elch

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #90 am: 3.04.2008 | 00:36 »
Erstens muss man Impulse mMn von stabilen, lange Zeiträume überdauernden Wünschen unterscheiden.

Wichtig ist zweitens, wie jemand die entsprechenden Handlungen bewertet.
Das ist vollkommen richtig. Aber warum sind die beiden Faktoren wichtig? Nur, weil sie auf unterschiedliche Handlungsrelevanz der Gedanken hindeuten.

Kurze Impulse werden vermutlich seltener in Taten umgesetzt als direkte, auf die Realität bezogene Wünsche. "Mensch, die würde ich jetzt gerne ficken" ist was anderes als langandauerndes "Ich werde sie vergewaltigen. Ich habe sogar schon einen Plan. Ich warte nur auf den Moment...". Ersteres ist sehr handlungsfern, zweiteres bedenklich nah an der Ausführung.

Bewertung ist auch wichtig. Jemand, der die Tat in Ordnung findet und nur vor den Konsequenzen (Strafe, Blut wegwischen) zurückschreckt, wird die Tat eher ausführen (nämlich, wenn er keine Konsequenzen befürchtet) als jemand der die Tat selber als verwerflich betrachtet.

Kurz: es kommt ausschließlich auf die Handlungsrelevanz der Gedanken an. Ich kann jemanden verurteilen, wenn seine Gedanken derart sind, dass ich mit hinreichender Sicherheit eine verwerfliche Tat nicht mehr ausschließen kann. Ist das nicht der Fall, ist eine Verurteilung auf Grund der Gedanken selbst verwerflich (wenn entsprechende Handlungen folgen).

Um wieder zum Rollenspielen zu kommen: Allein auf Grund von Phantasien in Spielsitzungen oder Spielberichten werden wir nie mit ausreichender Sicherheit verwerfliche Handlungen vorhersagen können. Dazu reicht die Information einfach nicht aus. Also ist eine Verurteilung aufgrund dieser Gedanken im Besten Fall irrelevant und vorschnell, im Schlechtesten Fall schädlich.

Und was Vorhersage von Verhalten auf Grund von Dingen außerhalb des Rollenspiels angeht... Das würde ich doch lieber den Psychologen überlassen. ;)
« Letzte Änderung: 3.04.2008 | 00:42 von Fredi der Elch »
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Zitat von: 1of3
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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #91 am: 3.04.2008 | 00:55 »
Na, ich denke, wir sind verdächtig nah an allgemeinem Konsens.

Was das von der Schrebergarten-Fraktion geforderte Anprangern von öffentlich kundgetanen Geschmacklosigkeiten angeht, so sehe ich die Notwendigkeit nicht, aber wer’s braucht, dem bleibt’s meinethalben unbenommen, solange Beleidigung und Verleumdung aus dem Spiel bleibt, denn genau das sind die Grenzen der freien Meinungsäußerung. Voraussetzung ist aber zunächst ein korrektes Erfassen der Situation, ohne voreilige Schlüsse, Unterstellungen und Verallgemeinerungen. Das war doch bei der unseligen Poison’d-Debatte das wirkliche Problem.

Ich persönlich finde es total überflüssig, sich über den schlechten Geschmack andere Runden aufzuregen (ich wüsste da schon ein paar…) Bei Filmen und Büchern tu ich das auch, sogar vehement, aber da bin ich ja auch Teil des Publikums: Als Zuschauer bzw. Leser. Bei einer fremden Rollenspielrunde bin ich aber nicht Teil des Publikums (das sind nämlich nur die Mitspieler), ich bin bloß ein interessierter Außenstehender, der gerade rapide das Interesse verliert. Kein Grund, unhöflich zu werden.
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Offline Dr.Boomslang

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #92 am: 3.04.2008 | 01:44 »
Und was Vorhersage von Verhalten auf Grund von Dingen außerhalb des Rollenspiels angeht... Das würde ich doch lieber den Psychologen überlassen. ;)
Also ich würde das nur unter Protest einem Psychologen überlassen ;D
Da bin ich wieder ganz bei Gaukelmeister wenn er sagt, dass wir doch im wesentlichen andere Menschen ganz gut einschätzen können. Entscheident für die Beziehung zu einem Menschen ist ja auch was man selber über seine Haltung denkt und nicht nur was er dann tatsächlich im Stande ist zu tun.
Richtig ist dass wir im (Ver-)Urteilen oft vorschnell sind, was aber eben nicht heißt das man es gar nicht machen sollte.

Wir sind uns auch was die moralische Praxis angeht sicher alle recht einig. Natürlich kommt es auf die Handlungen und bei Gedanken und Geisteshaltungen auf die Nähe zu Handlungen an. In der Praxis einer Rollenspielrunde ist das "Wie" des Ausspielens von Themen auch in den überwiegend meisten Fällen der entscheidende. So weit so gut.

Trotzdem hält mich das nicht davon ab mich für das "warum" zu interessieren und dem auch eine Bedeutung beizumessen, und ich finde das sollte man auch.
Dabei muss man natürlich das beachten was Vermi die ganze Zeit schon sagte: Man muss differenziert genug vorgehen. Warum hat keine einfache Antwort und wenn man diese Frage wirklich beantworten möchte muss man so lange nachsehen bis man eine ausreichende Antwort hat.
Wenn sich jemand für eine Vergewaltigung interessiert weil es was mit Sex und Gewalt zu tun hat, dann mag das etwas plump sein, oder ein einfacher Impuls, das wäre aber für mich nicht im geringsten verwerflich, sondern völlig nachvollziehbar. Wenn jemandem bei Filmen ala Hostel oder Spielen wie Manhunt im ersten Moment nichts weiter als nur "geil" einfällt, wäre das schon ein Grund für mich diese Person komisch zu finden.

Auf das Warum kann es viele sehr verschiedene Antworten geben. Bei bestimmten Motiven muss man vielleicht sagen: "Du passt als Person nicht in die Runde" oder "Du solltest mal zur Therapie gehen" oder aber "Wir sind zwar Freunde aber ich glaub wir müssen dich einweisen" oder einfach nur "Bis zur nächsten Speiseröhrenvergewaltigung". All das ist möglich.
Was ich aus meiner Sicht nicht wirklich möglich finde ist das Warum auszublenden, weil wir damit auf die Ebene des "jeder für sich" und "alles ist erlaubt" zurück gehen und das wäre mir bei mir nahe stehenden Leuten (mit denen ich z.B. solche Themen bespiele) zu wenig.

Offline Caralywhynn

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #93 am: 3.04.2008 | 01:47 »
*Sich durch die Posts gekämpft hat und trotzdem noch ihren Senf dazu abgegen muss... :D *

Also was mir bei den meisten Beiträgen (so ab Seite 2 in etwa) ein bisschen fehlt ist die konkrete Ansage, warum ihr persönlich es befürwortet oder ablehnt . Es wird irgendwie fast immer in der dritten Peron von "man" "jemand" "er/sie" geredet. Aber was ist mit euch persönlich?
Schafft ihr durch diese Formulierungen eine gewisse Distanz zu Fredis Thematik - und wenn ja, warum?



Ich bin Erzählspieler. Ich möchte interessante Geschichten erzählen. Aber mehr noch, ich möchte alle Facetten des Menschseins beleuchten. Und dabei möchte ich nicht bei "Abenteuern" Schluss machen. Die sind eine mögliche Art von Geschichten, aber eben nicht alles.
Ja.

Ich kann durch das Ausloten von moralischen / menschlichen Abgründen mehr über mich lernen.

Rollenspiel an sich betreiben kleine Kinder bereits ab ca. dem dritten Lebensjahr, was ein ganz normaler und wichtiger Entwicklungs- und Sozialisierungsprozess ist und dazu dient, in gespielten oder erzählten Situationen "kontrolliert" Beziehungen und Grenzen auszuloten, zu überschreiten und Alternativreaktionen zu konventionellen Reaktionen auf die Situationsstimulanz auszutesten.

Bei den von Fredi angesprochenen Abgründen im Rollenspiel passiert genau das - nur halt nicht auf der mental entwickelten Ebene von (Klein)Kindern, sondern auf einer Ebene, die meinem Erfahrungensschatz und Wissensstand, sowie auf meiner weiterentwickelten Sozialisierung aufbaut.
Warum sollte ich mir also diese jahrelang eingeübte praktische Möglichkeit nehmen, Grenzen auszuloten, Erfahrungen mental kontrollierbar sozusagen zu simmulieren?
Der einzige Grund für mich ist der, dass ich mich  auf diese ganz bestimmte Thematik gerade nicht einlassen kann ->aber dann lass ich es für mich persönlich.
Wie kann ich gewisse Denk-/Handlungsprozesse auch nur annähernd verstehen, wenn ich mich nicht in Gedanken damit auseinandersetze. Macht sicherlich jeder hier.
Und Rollenspiel ist da EINE praktikable Möglichkeit, dies auch in einer Gruppe Gleichgesinnter tun zu können.
Es ist halt ein Spiel mit Rollen.
Ein System bietet den äußeren Rahmen/die äußeren Grenzen, der GruppenKonsens bietet die Möglichkeit inhaltlicher/thematischer Grenzen.  UNd diese Grenzen bieten mir persönlich die Sicherheit der Distanz (die ja schon mehrfach angesprochen wurde) und lassen mir dadurch überhaupt erst den Freiraum diese Abgründe zu simmulieren.

Ich selber weiß oft nicht einmal, wo genau/konkret meine Grenzen sind, aber durch (überspitzt gesagt) das Simmulieren von Abgründen im Rollenspiel kann ich für mich eine Menge über meine Grenzen lernen. - Einfach dadurch, wie ich für mich zu einer Entscheidungsfindung gelange, was das Agieren meines Chars, also meiner Rolle angeht...

Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen Angst davor haben, überhaupt in irgendeiner Form an ihre Grenzen zu stoßen. Das ist nicht böse oder abwertend gemeint, es ist halt nur ein Eindruck. Denn die Frage die sich mir stellt, wenn ich ebenjene Grenze erreicht habe, ist diejenige nach dem "Was ist dahinter"? Und das kann beängstigend oder aufregend sein - je nachdem, aus welchem Blickwinkel ich es betrachte.

...


« Letzte Änderung: 3.04.2008 | 01:52 von Caralywhynn »
... HÄ? ... wie jetzt?

Und dann nahm ich das Schleif und machte das Schneid.
Und ich sah, dass es gut war.


Zitat von: Laurie
"Rollenspiel ist wie Barbiespielen ohne Barbies!"

Eulenspiegel

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #94 am: 3.04.2008 | 01:48 »
Man könnte tatsächlich diskutieren, ob wir andere Menschen für ihr Denken und Fühlen schätzen, bewundern, verachten, tadeln etc. sollten. De facto tun wir das ständig - und ich finde, wir tun dies mit gutem Grund. Du siehst das anders?
Ich sehe es so:
Man muss die Gefühlswelt in mehrere Komponenten aufspalten:
1) Die Emotionen: Was macht mir Spaß, was macht mir keinen Spaß?
2) Die Moral/Ethik/Gewissen: Was empfinde ich als richtig? Was empfinde ich als falsch?
3) Die Selbstbeherrschung: Wenn Emotionen und Gewissen im Widerspruch stehen, wie entscheide ich mich? Wenn eine langfristige Emotion (ich will ein gutes Abitur) mit einer kurzfristigen Emotion (ich will heute Abend feiern und mich besaufen gehen, obwohl morgen eine Klausur ist) stattfindet, wie entscheide ich mich?

Diese drei Bereiche der Gefühlswelt sollte man unterscheiden.
Und da bin ich folgender Meinung:
Was jemand für Emotionen hat oder nicht ist weder gut noch schlecht. Ich kann sagen, dass einige Emotionen hilfreich sind und ich ihn darum beneide. Oder andere Emotionen sind weniger hilfreich und behindern ihn bloß. (Was man in medizinischer Hinsicht auch als krank bezeichnet. Jedoch ist das medizinische Wort "krank" auf keinen Fall mit dem umgangssprachlichen Wort "krank" zu verwechseln.)

Zum Bereich Moral: Da kann ich sagen: "Ich habe die gleiche Ethik wie er oder ich habe eine andere Ethik." Und ich kann sagen: "Er hat übers eine Ethik reflektiert." bzw. "Er hat nicht darüber reflektiert."

Und zum Bereich Selbstbeherrschung: Ein Mensch, der Lust auf Vergewaltigungen hat, diesen Trieb aber unterdrückt, hat imho mehr Respekt verdient als ein Kerl, der auf willige Frauen steht und diesen Drang hemmungslos auslebt.
Denn die erste Person zeigt Selbstbeherrschung (die er auch dringend benötigt), während der zweite Mensch keine Selbstbeherrschung zeigt (die er in diesem Zusammenhang ja auch nicht benötigt. Vielleicht besitzt er Selbstbeherrschung, vielleicht auch nicht. Das weiß man nicht.)

So, nun zu meiner Einschätzung von Personen:
Ich verachte Leute, mit wenig Selbstbeherrschung oder Leute, die nicht über ihre Moral reflektieren. Gleichzeitig finde ich Leute mit einer mir entgegengesetzten Moral (z.B. Nazis oder Terroristen) unsympathisch und würde diese Leute in die Kategorie "böse" stecken. (Jetzt mal ganz platt ausgedrückt.)
Aber wenn es um die Frage geht, was für Vorlieben jemand hat, dann würde ich ihn nicht dafür verurteilen. Eher würde ich manche Menschen bemitleiden, weil sie eine Vorliebe haben, diese aber nicht in der Realität ausleben können, da sie dadurch anderen Leuten Schaden würden. (Aber dies würde bei mir wiegesagt keine Antipathie auslösen. Eher eine Mischung aus Mitleid, weil diese Leute ihre Emotionen nicht ausleben können, und eine Spur von Bewunderung, weil sie ihre Emotionen unter Kontrolle haben und diese nicht wild ausleben.)

Eine Mutter, die es richtig findet, ihr Kind an die Wand zu klatschen, dies dann aber nicht tut, weil sie keine Lust hat, die Blutflecken von der Wand zu wischen, muss von einer Mutter unterschieden werden, die das An-die-Wand-Klatschen des eigenen Kindes für moralisch nicht akzeptabel hält.
Und diese beiden müssen wiederum von der Mutter unterschieden werden, die mal so richtig Lust hätte, ihr Kind an die Wand zu klatschen, dies aber nicht tut, weil sie ihr Kind liebt und es für unmoralisch hält. (Es in ihren Phantasien, wo niemand zu Schaden kommt, aber dennoch gerne tut.)

Ebenso gibt es ja auch mehrere Arten von Menschen:
a) Menschen, die keine Lust haben, echte Menschen umzubringen. (Und wahrscheinlich auch Hack'n'Slay im RPG langweilig finden.)
b) Leute, die Lust hätten, andere Menschen umzubringen, dies aber aus moralischer Gründen nicht tun.
c) Leute, die Lust hätten, andere Menschen umzubringen, dies aber nicht tun, weil sie keine Lust auf Gefängnis haben.
d) Leute die Lust haben, andere Menschen umzubringen und dies dann auch tun. (z.B. Amoklauf)

Und auch hier halte ich a) und b) für moralisch gleich "gut".

killedcat

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #95 am: 3.04.2008 | 08:46 »
Ebenso gibt es ja auch mehrere Arten von Menschen:
a) Menschen, die keine Lust haben, echte Menschen umzubringen. (Und wahrscheinlich auch Hack'n'Slay im RPG langweilig finden.)
b) Leute, die Lust hätten, andere Menschen umzubringen, dies aber aus moralischer Gründen nicht tun.
c) Leute, die Lust hätten, andere Menschen umzubringen, dies aber nicht tun, weil sie keine Lust auf Gefängnis haben.
d) Leute die Lust haben, andere Menschen umzubringen und dies dann auch tun. (z.B. Amoklauf)

Und auch hier halte ich a) und b) für moralisch gleich "gut".
Mhm. Wie unterscheidest du aber b) und c)?

Klar ist: jeder hat seine Dämonen in sich. Seine Abgründe. Wichtig sind nicht die Dämonen, sondern wie der Mensch mit ihnen umgeht. Sie zu unterdrücken ist eine Lösung. Auslöser zu meiden eine weitere. Das Rollenspiel zu gebrauchen um sie auszuleben eine andere.

Für mich ist das Ausleben im Rollenspiel als Ersatz für echte Unmoralität per se kein künstlerischer Akt. Bestenfalls ein Hilferuf. Insofern mache ich tatsächlich einen Unterschied im "Warum". Wer das Rollenspiel zur Befriedigung seiner Unmoralität betreibt, und dabei Vergnügen empfindet, der widert mich tatsächlich an. Wer dies tut um die Grenzen seiner Moralität auszuloten oder um ein künstlerisch anspruchsvolles Gesamtwerk zu schaffen, der tut das gleiche, aber aus anderen Beweggründen, mit denen ich weniger Probleme habe. Tatsächlich sind es eben die Beweggründe, die die Moralität oder den Mangel derselben ausmachen.

Hier ist die Krux von det janze: ich kenne die tatsächlichen Beweggründe aber nicht. Da ich aber nicht in die Köpfe von Menschen hineinsehen kann werde ich mich hüten diese Personen zu verurteilen. Wenn ich den Eindruck habe, dass hier nur Ersatzbefriedigung geschaffen wird, dann wird mir das ganze unangenehm und ich werde sicher nicht mitspielen.

Wie oben geschrieben bin ich als Rollenspieler aber nicht nur Konsument, sondern in irgendeiner Form Mittäter. Das heißt, diese Grenzen zu überwinden erfordert ein Motiv von jedem Einzelnen Spieler, dies zu tun. Sind wir einmal ehrlich: wie viele Spieler haben denn den künstlerischen Anspruch das Gefühl z.B. eines Kindesmissbrauchs zu erleben? Wenn der Spielleiter das Thema Kindesmissbrauch angehen möchte, und die Spieler eben solche spielen sollte, dann gibt es nicht viele Gründe dies zu tun. Und manche davon sind imho unmoralisch.

Es mag Runden geben, die Tabus übertreten, um eine künstlerisch wertvolle Geschichte zu erzählen. Manche suchen aber vielleicht nur ihre Abgründe auf, weil sie feststellen, dass sie Spaß daran haben. Der Vorteil ist: da diese Geschichten selten erzählt werden, sind sie meist unverbrauchter als das Xte "Rette die Prinzessin / Welt". Es ist sicher ein neues und spannendes Erlebnis: Tabubruch, neues Erlebnis, eigene Dämonen und Grenzen ausloten, etc. Gewürzt mit dem Verruchten und dem Büchse-der-Pandora-Thrill. Funktioniert schon ganz billig in Kino, TV und sogar Buch: sympathisiere ich jetzt etwa mit Hannibal Lecter? Tatsächlich ist der Gang zu den Extremen der Menschlichen Seele aber per se nur ein ganz billiges Stilmittel, imho.

Wer's braucht, soll's tun. Aber aus den o.g. Gründen hat er in den meisten Fällen weder mein Verständnis noch meine gute Meinung, wenn es nur um das Prinzip Unmoralität geht. Soll er lieber eine spannende Geschichte erfinden und erzählen und dabei so viel Unmoralität einbauen, wie die Geschichte braucht. Und nicht Unmoralität als Prinzip wählen, und eine Geschichte darum herum bauen. Davon halte ich eben einfach nichts.

Offline Lord Verminaard

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #96 am: 3.04.2008 | 09:54 »
@ Eulenspiegel:

Zitat
Gleichzeitig finde ich Leute mit einer mir entgegengesetzten Moral (z.B. Nazis oder Terroristen) unsympathisch und würde diese Leute in die Kategorie "böse" stecken. (Jetzt mal ganz platt ausgedrückt.)

Wenn Immanuel Kant das so platt ausdrücken darf, darfst du das auch. ;)

Im übrigen Zustimmung.
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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #97 am: 3.04.2008 | 10:13 »
Ich persönlich finde es total überflüssig, sich über den schlechten Geschmack andere Runden aufzuregen (ich wüsste da schon ein paar…) Bei Filmen und Büchern tu ich das auch, sogar vehement, aber da bin ich ja auch Teil des Publikums: Als Zuschauer bzw. Leser. Bei einer fremden Rollenspielrunde bin ich aber nicht Teil des Publikums (das sind nämlich nur die Mitspieler), ich bin bloß ein interessierter Außenstehender, der gerade rapide das Interesse verliert. Kein Grund, unhöflich zu werden.
Also das sehe ich anders. Sobald die Runde mit ihrer Spielweise an die Öffentlichkeit geht ist die Öffentlichkeit Teilnehmer.
Ich unterstelle Menschen die mit solchen Themen an die Öffentlichkeit geht auch eine gewisse Exhibitionistische Intention.
Und da sage ich wer den Ruhm will, der muss auch den Spott ertragen.
Also Speiseröhren dehnen, aber rumheulen wenn einer sich drüber mokiert, passt für mich nicht zusammen.

Also was mir bei den meisten Beiträgen (so ab Seite 2 in etwa) ein bisschen fehlt ist die konkrete Ansage, warum ihr persönlich es befürwortet oder ablehnt .
Also ich mache das im Rollenspiel garnicht, weil mir dafür die richtigen Mitspieler fehlen.
Ich beschäftige mich aber auch nicht mit menschlichen Abgründen, um meine eigenen Grenzen auszutesten. Die kenne ich sehr genau. Da bin ich eher Lusche, ich verabscheue reale Gewalt und Unterdrückung schon in seinen Ansätzen.
Ich beschäftige mich damit weil ich tatsächlich die Situation nachempfinden will.
Da interessiere ich mich auch wenig für den ganzen Sexkram. Da kann man in jedem 08/15 Porno mehr "erleben" als man in einem Rollenspiel nachstellen kann. Ne Vergewaltigung ist mir da einfach zu primitiv, obeflächlich und Pupertär.
Mich interessieren da eher echte Menschliche Abgründe und die ergeben sich nicht aus einzelnen Provakanten Handlungen sondern aus einem ganzen Lebensstil.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #98 am: 3.04.2008 | 10:35 »
Ach lasst uns doch mal weg von diesem dämlichen Speiseröhrenbeispiel, das sowieso die wenigsten hier selbst gelesen haben. Das Problem bei der Speiseröhre war nicht, dass die Leute die Speiseröhre eklig fanden (finde ich ja auch), sondern dass die Reaktion in etwa wie folgt ausfiel:

„Ihr seid ja total krank, solche ekelhaften Leute wie ihr haben in unserem Hobby nichts zu suchen, und dieses Spiel was ihr gespielt habt ist auch total krank, das ist ja ein Snuff-Pädo-Porno-Generator, und der Autor ist ein krankes Arschloch das sich an so was aufgeilt.“

(Wobei die vorhandenen Informationen in Wirklichkeit keinerlei Rückschluss auf das Spiel oder den Autor zuließen und auch nicht darauf, wie während des Spiels die Reaktion der Beteiligten auf die Speiseröhre ausfiel.)
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Eulenspiegel

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Re: Abgründe des Menschseins
« Antwort #99 am: 3.04.2008 | 10:36 »
Mhm. Wie unterscheidest du aber b) und c)?
Die einen bringen niemanden um, weil es unmoralisch ist. Sie haben eine Moral, die mit meiner konform geht.
Die anderen bringen aus egoistischen Gründen niemanden um. Ihre Moral geht mit meiner nicht konform.

Zitat
Wer das Rollenspiel zur Befriedigung seiner Unmoralität betreibt, und dabei Vergnügen empfindet, der widert mich tatsächlich an. Wer dies tut um die Grenzen seiner Moralität auszuloten oder um ein künstlerisch anspruchsvolles Gesamtwerk zu schaffen, der tut das gleiche, aber aus anderen Beweggründen, mit denen ich weniger Probleme habe.
Was verstehst du unter unmoralisch? Ist Bondage-SM jetzt unmoralisch, weil man bei SM ja theoretisch jemanden Schaden zufügt?

Ansonsten ist Ekel natürlich auch eine Emotion. Und genau so wenig, wie ich die eine Person wegen ihrer sexuellen Vorlieben verurteile, so verurteile ich dich wegen deiner Ekel-Gefühle dieser Person gegenüber.
Man sollte halt bloß darauf achten, dass man diese Gefühle zur Not unter Kontrolle hat.

Und man sollte nicht den Fehler machen und den Trugschluss folgen: Nur weil etwas eklig ist, ist es unmoralisch.
Solange man eine Handlung für eklig befindet (zum Beispiel Lustbefriedigung durch Rollenspiel), ist das eine Emotion und vollkommen zu tolerieren.
Sobald man aber eine Handlung als unmoralisch abstempelt, ist das ein Ausdruck der eigenen Ethik. Und hier würde ich dann eine Person kritisieren, da es nicht mit meiner Ethik übereinstimmt, wenn man anderen Menschen vorschreiben will, was für Emotionen sie haben sollen.

Zitat
Wenn ich den Eindruck habe, dass hier nur Ersatzbefriedigung geschaffen wird, dann wird mir das ganze unangenehm und ich werde sicher nicht mitspielen.
Das ist ja vollkommen nachvollziehbar. Wenn ich zum Beispiel in einer Gruppe bin, in der nur Hack'n'Slay betrieben wird, dann würde mir das auch unangenehm werden und ich würde nicht mehr mitspielen. (Ein bisschen Gemetzel ist ja noch in Ordnung. Aber bitte nicht den gesamten Spielabend über.)

Wichtig ist hierbei aber, dass man sich selber klarmacht, dass man nicht mitspielt, weil die Person unsympathisch ist und nicht, weil die Person schlecht ist.
Aber zu sagen: "Du bist mir als Mensch unsympathisch und ich spiele nur mit Leuten, die mir sympathisch sind." ist natürlich völlig legitim. (Solange man der Person nicht vorwirft, schlecht zu sein, nur weil man sie unsympathisch findet.)

Zitat
Wenn der Spielleiter das Thema Kindesmissbrauch angehen möchte, und die Spieler eben solche spielen sollte, dann gibt es nicht viele Gründe dies zu tun. Und manche davon sind imho unmoralisch.
Warum ist es unmoralisch etwas spielen zu wollen?
Das ist weder nach Kant noch im Utilitarismus unmoralisch. (Höchstens in deontologischen Ethiken gelten unzüchtige Gedanken bereits als unmoralisch.)