Um beim Beispiel zu bleiben: Mein Charakter tritt in den Kampf mit dem (beliebigen) Gegner im vollen Wissen ein, dass ihn dass, das Leben kosten kann. Natürlich wünsche ich mir als Spieler zu überleben, aber erst das Wissen darum, dass das Überleben meines Charakters nicht garantiert ist, macht den Kampf zu einer spannenden Erfahrung mit ungewissem Ausgang.
Tja, und jetzt kann es zwei Gründe geben, weshalb du stirbst:
1) Du hast falsche taktische Entscheidungen getroffen.
2) Du stirbst durch Zufall. (Entweder weil du schlecht gewürfelt hast, oder weil der SL einen schlechten Tag hatte.)
Wenn ich nun davon ausgehen kann, dass der SL im Zweifelsfall die Würfel drehen wird, um das Überleben meines Charakters sicherzustellen, entfällt für mich die Hauptmotivation, den Kampf überhaupt zu wagen.
Kannst du aber nicht!
Du kannst die Entscheidung des SL genau so wenig vorhersehen, wie das Ergebnis des Würfels.
Du kannst im voraus nicht wissen, ob der Würfel zu deinen Gunsten oder zu deinen Ungunsten fällt. Und du kannst im Voraus nicht wissen, ob der SL zu deinen Gunsten oder zu deinen Ungunsten entscheidet.
beides ist eine BlackBox für dich. Beides ist für dich ein Zufallselement.
Ein SL, der immer zu deinen Gunsten entscheidet, ist genau das gleiche, wie ein Würfel, der immer 1 würfelt. (Bei einem System, wo einen gut sind.)
Und klar: Ein Würfel, der immer 1en würfelt, ist genau so wenig Zufallselement, wie ein SL, der immer zu deinen Gunsten entscheidet.
Aber ein Würfel, der mal gut und mal schlecht würfelt, ist genau so ein Zufallselement, wie ein SL, der mal gut und mal schlecht entscheidet.
BTW:
Aber es ging eigentlich auch nicht darum, ob der SL oder der Würfel jetzt Spaß macht, sondern darum, ob er deine Entscheidung entwertet. Das sind zwei verschiedene Sachen.
Wenn das Ergebnis sowie so schon feststeht, kann der SL das auch einfach erzählen, dann können wir uns die Würfeleien sparen.
Wenn die Entscheidung des Würfels sowieso schon feststeht, dann können wir uns das erzählen doch sparen.
Fest steht doch: Du hast im Voraus keine Ahnung, wie sich der Würfel entscheidet. Und du hast im Voraus keine Ahnung, wie sich der SL entscheidet. Beides ist für dich eine unbekannte Zufallsvariable.
Ich bin ja der Meinung, Zufall entwertet sowieso die Entscheidungen des Spielers. (Sieht man ganz deutlich bei "Mensch ärgere dich nicht", wo der Würfel so mächtig ist, dass die Entscheidungen des Spielers unwichtig sind.)
Wenn man will, dass Entscheidungen der Spieler wichtig sind, dann sollte man ein Spiel mit wenig Zufall (z.B. Schach oder Go) spielen.
Aufs Rollenspiel übertragen bedeutet das also, dass man ein RPG spielen sollte, wo wenig gewürfelt wird und sehr viel stattdessen von den taktischen Entscheidungen des Spielers abhängt.
Aber nochmal: Ob jetzt der Würfel einen Strich durch deine Rechnung macht, oder ob der SL einen Strich durch deine Rechnung macht, ist egal: Beides entwertet deine taktische Entscheidung gleichermaßen.
Letzten Endes ist das ganz einfach: Wenn ich in einen Kampf gehe, dann will ich auf keinen Fall vom SL vor einem möglicherweise negativen Ausgang beschützt werden.
Und wenn ich in einen Kampf gehe, dann möchte ich in keinem Fall vom Würfel vor einem möglicherweise negativen Ausgang beschützt werden.
Kein Unterschied zwischen SL und Würfel.
Das geschieht ja hier gerade eben nicht. Solange der SL kein Arsch ist, ist die Überlebenschance meines Charakters wesentlich höher, wenn ich sie in seine Hände lege, als wenn ich das den Würfel entscheiden lasse.
Wieso?
Vielleicht ist die Überlebenswahrscheinlichkeit nur bei den Würfeln nur 0,000000001%. Und der SL besitzt genug Empathie, um zu wissen, dass dir diese Wahrscheinlichkeit zu niedrig ist. - Also erhöht er die Wahrscheinlichkeit, dass dein Char sterben kann an, damit du etwas mehr Spannung hast.
Oder vielleicht ist der SL auch vollkommen unparteiisch und denkt sich einfach die Zahlen aus, die ihm als erstes in den Sinn kommen.
Wenn er einmal den Würfel dreht, um mein Überleben zu sichern, wird er das auch ein zweites und ein drittes Mal tun.
Was macht dich da so sicher?
Vielleicht macht er das beim nächsten mal nicht. - Oder vielleicht dreht er einen Wurf sogar so, dass du extra in Schwierigkeiten kommst.
Du kannst die Entscheidung des SLs genau so wenig voraussehen, wie das Ergebnis des Würfels.
Und schon wird eine Spirale in Gang gesetzt, bei der meine Entscheidungen keine Rolle mehr spielen, weil der grundlegende Ausgang eh schon feststeht.
Das hat NICHTS mit dem SL zu tun, sondern mit dem Gewicht des Zufallselementes.
Das Ergebnis steht auch bei Würfelergebnissen bereits vorher fest. - Du kennst das Ergebnis nur noch nicht.
Aber theoretisch könnte jemand ja alle Würfelwürfe ja schon im Voraus würfeln und sie verdeckt notieren. Er zeigt das Ergebnis erst dann, sobald es relevant ist. Dann weiß der Würfler, wie der Kampf ausgeht, aber die anderen wissen es nicht.
Die Frage, wie relevant die eigenen Entscheidungen sind, hat NICHTS mit
"SL oder Würfel" zu tun! Beides sind Zufallselemente! Die Frage, wie relevant die eigenen Entscheidungen sind, hat was mit
"Zufallselemente: Ja oder Nein?" zu tun. Denn je weniger Zufallselemente im Spiel sind, desto relevanter werden die eigenen Entscheidungen. (Dabei ist es vollkommen irrelevant, ob die Zufallselemente in Form eines Würfels oder in Form eines SLs vorliegen. Beides negiert gleichermaßen die eigenen Entscheidungen.)