Sagt wie steht ihr eigendlich zu dem Problem der "Detailüberlastung" in Aventurien?
Ich spiele ja in einer Runde DSA mit, aber ich persönlich würde mich als SL davon behindert sehen, das alles so stark ausformalisiert ist, sowohl geographisch als auch politisch und kulturell, so das ich nicht wüsste, wie ich etwas wirklich Spannendes in eine Welt bringe, die mir soviele Barrieren in den Weg stellt, und wo mir bei jedem Bruch mit dem Setting die Spieler, die sich besser mit DSA auskennen als ich, in den Nacken springen würden?
Ich bin seit langer Zeit nur noch als SL für diverse DSA-Runden tätig, und ich fühle mich vom Detailreichtum des Settings nicht im Mindesten behindert, sondern eher unterstützt. Mangelt es mir an Ideen, schaue ich einfach in einen Regionalband und finde in den Rubriken "Mysteria et Arcana", "Meisterpersonen der Region" und "Land und Leute" auf Anhieb Material für Spielszenen, Abenteuerszenarien und interessante Nichtspieler-Charaktere.
Erst kürzlich habe ich begonnen, eine Reihe von Abenteuern und Minikampagnen in den Streitenden Königreichen zu leiten. Ich fand auf Anhieb über ein Dutzend offizielle Abenteuer und Szenarien, die in besagten Gegenden spielen. Sie waren sogar mit wenig Aufwand derart miteinander zu verknüpfen, dass sie sich zu einer Rundreise durch Nostergast aneinanderreihen ließen. Und es blieb immer noch Platz genug für Nebenplots und "Wegesrandabenteuer" zwischendurch. Das allein ist genug Spielmaterial für ein ganzes Jahr.
Demnächst kommt meine Gruppe auf dem Ingval nach Joborn geschippert. In "Unter dem Westwind" ist Joborn eine der wenigen Städte, die nicht mit Stadtplan und allen Details ausgestaltet ist. Kurz den Stadtnamen im Internet gegoogelt und eine ganze Website gefunden, die sich ausschließlich mit der Stadt und Freiherrenschaft Joborn befasst. Genug Infos, um die Stadt zum Abenteuerschauplatz zu machen, obwohl sie nur als Wegstation gedacht war.
Klar kann es mal sein, dass ich als SL etwas im Spiel schildere, was so offiziell nicht stimmt - aber wenn es jemand aus der Gruppe besser weiß, bin ich immer dankbar dafür, wenn er/sie mir mit Zusatzinfos zur Seite steht oder mal kurz selbst den Part des Erzählers übernimmt.
Als Spieler war ich einmal in einer Runde unterwegs, in der wir einen äußerst schlechten Meister hatten. Nicht nur war er mittendrin in seiner sadistischen Phase, sondern auch gnadenloser Verfechter der Regel "Der Meister hat immer Recht", und das, obwohl er von Aventurien keine Ahnung hatte. Als Fan des Herzogtums Weiden blutete mir das Herz, als er uns die Stadt Trallop im Jahre 1020 BF als leicht befestigten, kleinen Außenposten am Rande der Zivilisation schilderte. Ausgerechnet Trallop, die wahrscheinlich am schwersten befestigte Großstadt des Reiches!
Wenig später wurde mein Zwergensöldner aber sowieso in Abwesenheit seines Spielers von einem Ork erschlagen, weil die "Helden" es gewagt hatten, trotz deutlicher Warnung von seiten der NSCs ("geht nicht durchs Nebelmoor, dort gibt es Ork-Wegelagerer!") den Knüppeldammpfad durchs Nebelmoor zu beschreiten, um so schnell wie möglich nach Donnerbach zu kommen, wo das Abenteuer weiterzugehen schien (Hinweise darauf, was wir überhaupt tun sollten, suchten wir im Abenteuerverlauf vergebens).
Ich war, ehrlich gesagt, sogar ein wenig dankbar dafür.
Ich finde nicht, dass Aventurien mit Details "überfrachtet" ist. Es ist reich an Details, und das macht seinen besonderen Reiz aus. Wer in einem Setting spielen will, das ihm mehr Freiheiten bei der Ausgestaltung bietet, kann seine Helden in eine Nebenwelt (Globule, Feentor, Limbusreise) schicken, oder gleich ein anderes System mit einem anderen Setting bespielen (ich bin bspw. recht begeistert von den Forgotten Realms, oder zumindest dem, was man auch aus den PC-Spielen bisher so davon kennt).