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Fairneß oder Realität
Catweazle:
Bei Talislanta steht gleich in den Regeln drin, dass die Charakterklassen NICHT ausbalanciert sind. Manche sind eben stärker und andere schwächer. Wenn man das weiß, kann man damit leben.
Es kommt imho einfach wieder auf die Kampagne / die Spieler an. Realistisch ist gut, wenn man den Char richtig ausspielen will und spannendes erleben will, ausgewogen ist gut, wenn in der Gruppe Konkurrenzdenken herrscht und/oder Powergaming angesagt ist.
BEIDES hat seine Existenzberechtigung. Meine Meinung.
Alrik aus Beilunk:
Ausgewogen ist gut weil es "Sinnlose" Charaktere verhindert.
Nehmen wir doch mal einen realistischen Bauern.
Im Gegensatz zu allen anderen Charakteren kann er nicht kämpfen, nicht zaubern, hat keine besonderen Fähigkeiten.
Jetz nehmen wir noch ein Würfelsystem zur generierung das jeden Spieler der schlechte Attribute würfelt dazu zwingt einen Bauern zu spielen.
Wie soll man so einen Charakter rollengerecht spielen ?
Bei einem Ausgewogenen System kann ein Bauer etwas besonderes haben das die andere Charakter nicht leisten können da sie durch ihre Fertigkeiten oder Zauberei schon etwas besonderes sind.
Ausgewogenheit ist IMHO einfach die Tatsache das jeder Spieler einen Charakter hat der rollengerecht gespielt sinnvoll zum Abenteuer beitragen kann.
Gast:
Das DSA4 System ist ein ausgewogenes System, aber eben kein realistisches. Was mich daran ärgert ist eben daß ein Adeliger viele Punkte kostet. Das ist Unsinn. Einen Adeligen zu spielen müßte vom realistischen Ansatz her Punkte bringen...
Genau, nehmen wir doch mal einen realistischen Bauern, Alrik.
Er kann weder Lesen noch Schreiben, kann höchstens die Grundbegriffe des Zählens und Rechnens, hat Schwerter in seinem Leben vielleicht sogar schonmal gesehen und weiß daß es in einem halben Tagesmarsch Entfernung eine Stadt gibt, in der einmal in der Woche Markttag ist. Schulen gibt es nicht, Bücher sind astronomisch teuer. Vielleicht hat der Pastor unten im Dorf sogar eine Bibel... an eine langen Kette, weil die Bibel mehrere Kühe Wert ist.
Das Leben besteht aus Arbeit auf dem Feld im Frühjahr beim bestellen der Felder (Mit Holzpflug hinter einem Pferd und mit dem Aussäen per Hand), im Sommer beim Ernten... und beim reparieren von Werkzeug, Gefährten und Gebäuden. Die Tiere müssen versorgt werden und der Küchenkräutergarten braucht auch Zuwendung.
Es ist ein einfaches Leben... Ein hartes, aber einfaches Leben. Das Leben besteht aus Arbeit... aus Brot und Wasser, selten Schlachtgut, ab und an einen guten Selbstgebrannten... Aus Brombeerwein, Gesang und Tanz auf Dorffesten oder Schlachtfesten... und aus der großen Liebe der Männer im Dorf für die Frauen aus dem Dorf.
Man wurde im Dorf geboren, wuchs dort auf, lebte im Dorf, heiratete, bekam Kinder, gründete vielleicht sogar einen eigenen Hof... wenn man nicht den des Vaters, des "Bauers" ("Bauer" zu sein bedeutete einen Hof zu haben... Unter den Gemeinen ein angesehener Mensch!), und starb dort.
Ein Adeliger allerdings... Bekam Lehrer die ihn in der Schrift unterwiesen, in Französisch und Latein. Er wurde in höfischen Tänzen geschult, in der Kunst der Diplomatie, in höfischen Umgangsformen und in der Heraldik. Er wurde im Fechten und im Reiten geschult, vielleicht sogar in der Kunst des Bogenschießens.
Es sind Welten, die dazwischenliegen. Welten!
Daher sage ich:
DSA4 hat ein "Faires" System, aber kein "Realistisches" und ist deshalb für uns ein Beispiel wie es NICHT gemacht werden sollte.
L.
Xiang:
Ich denke man muss genau überlegen, was ein "faires" System zur Charaktererschaffung überhaupt sein soll.
Durch die Vergabe von Punkten kann man erzielen, dass die Summe der Fähigkeiten bei allen SCs gleich ist. Die Verteilung ist aber unterschiedlich und so kann der eine gut Kämpfen, der andere gut Reden und noch ein anderer Zaubern. Die entscheidende Frage für ein "faires" Spiel ist aber doch: Wer kann seine Fähigkeiten wie oft einsetzen? Wenn es zu keinem Kampf kommt, ist der Kämpfer arm dran. Wenn nicht verhandelt wird, guckt der Redner in die Röhre.
Worum es IMHO beim RSP gehen sollte, ist das jeder Spieler einen Charakter hat, der ihm Spaß macht, den er gerne spielt. Der SL muss dann dafür sorgen, dass die Fähigkeiten des SC auch benötigt werden. Dann kommen weder Kämpfer noch Redner zu kurz. Wie "stark" die SCs dabei sind, spielt keine Roll: Mag der eine 200 Punkte ausgegeben haben und jetzt eine guter Bogenschütze, Schwertkämpfer, Ringer, Armdrücker, Messerkämpfer, Stockkämper etc. sein, der andere hat 20 Punkte ausgegeben und kann gut Verhandeln, sonst nichts. Wenn im Abenteuer eine Verhandlung und ein Kampf vorkommen, werden beide Spieler zufrieden sein!
Damit solch ein faires Spiel möglich sein kann, ist also nicht die Stärke der SCs wichtig. Entscheident ist, dass jeder SC sein Spezialgebiete hat, einen oder mehrere Bereiche, die er besser kann als die anderen SCs. Diese Ausgewogenheit zwischen den SCs ist wichtig und entscheident für ein faires Spiel.
Nochmal ein Beispiel dazu: Da hat ein Charakter "Jack" super viel Punkte ausgegeben und ist in allen Sachen gut. Nun gibt es aber für jeden Bereich einen anderen Charakter, der eigentlich nix kann, aber diese eine Sache super und damit besser als Jack. Wer wird seinen SC so spielen können, wie er es sich gedacht hatte?
Doch wie kann man dies umsetzen?
Mein Ansatz geht dahin, dass sich jeder SC durch eine kleine Liste von Kompetenzen definiert. Das können 2 oder 10 sein. Diese kleine Anzahl ist vom SL gut zu überblicken. Er kann sofort erkennen, was dem Spieler bei dessem SC wichtig ist und kann Konflikte zwischen den SCs (gleiche Kompetenzen) erkennen und entgegenwirken "Du, der Thomas will auch schon einen guten Schwertkämpfer spielen, ist das ok für euch beide?". Manchmal kann ein bewusstes Kompetenzengerangel ja auch spaßig sein "nein, ICH entschärfe die Bombe".
Die restlichen Charakterwerte sind dann eher unwichtig und können IMHO schon von 10 Grundfähigkeiten (Kampf, Sozial, Fahren, Technik, Wissen...) komplett abgedeckt werden.
Was meint ihr dazu?
Bad Horse:
Ich finde faire Charaktererschaffungssysteme eigentlich gar nicht so schlecht - es geht einfach darum, daß eine Gruppe mit Charaktern auf ungefähr demselben Kompetenzlevel anfängt. Gerade bei Systemen wie DSA, wo ein Anfangscharakter ja wirklich noch einigermaßen jung und unerfahren ist, finde ich das auch in Ordnung.
Hier sollte man die In- und Out-play-Ebenen trennen. Auf der Out-play-Ebene macht es durchaus Sinn, wenn nicht alle Charaktere sich den Vorteil "Adlig" und "Reich" leisten können, sondern wenn die Spieler sich in ihren Wünschen ein bißchen an den Machtlevel der Gruppe anpassen müssen. Wie man das nun genau regelt, hängt vom System ab - meistens muß man für Vorteile Punkte ausgeben, was ich auch sinnvoll finde. Ein Adliger kann in sozialen Situation immer glänzen - auch wenn er nur grunzt, er ist adlig, und manche NSCs werden gar nicht mit einem Gemeinen reden. Der Bauer mit dem Kuhdung an den Schuhen ist dagegen vielleicht superkräftig und hat viel Potential - jeder der beiden Spieler steht in gewissen Situationen im Vordergrund und hat einen wichtigen Charakter.
In-play-Begründungen haben bei der Logik eines solchen Systems keinen Platz. Nur weil der eine Bauer (der nun mal ein SC ist) viel Potential hat, müssen es alle anderen noch lange nicht haben. Nur weil der Spieler-Adlige vielleicht ein bißchen schwach auf der Brust ist, sind nicht alle Adligen schwach. Es geht bei den Erschaffungssystemen ja nicht darum, eine Welt realistisch abzubilden (siehe den Wundbrand-Einwurf weiter vorne), sondern eine Plattform zu bieten, von der aus man sich einen sinnvollen Charakter bauen kann. Der kann dann vielleicht nicht alles, was man gerne hätte, aber dann hat man wenigstens ein Ziel, wo der Charakter sich mal hinentwickeln soll.
Wenn man unbedingt mit dem adligen Meisterfechter, der Charisma aus allen Poren schwitzt, anfangen will, dann muß man vielleicht auf einer höheren Stufe anfangen oder ein System wählen, bei dem so kompetente Chars auch ohne Abzüge möglich sind.
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