Pen & Paper - Spielsysteme > Systemübergreifende Themen
[Vergleich] Mittelerde-Rollenspiele
Vanis:
Kurz mal meine 2 Cent zu Mers:
Zwei Millionen Verlaufte Exemplare? Woher hast du die Zahl? Ich denke, die Auflage bewegt sich eher irgendwo im 10.000er-Bereich, zumindest nannte mir das mal einer, der die Autoren des Spiels ganz gut kennt. Kann da bei Interesse nochmal nachhören.
Mers und das Gleichgewicht der Völker, das ist schon eine seltsame Sache. Klar kann man sagen, dass Elben da was die besonderen Fähigkeiten angeht, besser abschneiden. Es sind die besten Magier und Animisten. Nur hat man dann bei den Kampffertigkeiten unglaublich bei denen gekürzt. Noldor, die ganze Kriege gegen Morgoth geführt haben, sind die mit schlechtesten Kämpfer des Systems. Ich führe das darauf zurück, dass man eben doch eine gewisse Balance zwischen den Völkern herstellen wollte.
Zum Herr der Ringe Rollenspiel von Decipher:
Es hat richtig gute Ansätze. Im Grundbuch bekommt man eine Beschreibung der Welt. Die Regeln hatten mich damals überzeugt. Nach jahrelangem Spielen musste ich aber feststellen, dass das System ziemlich schnell in sich zusammenfällt. Soll heißen, die Charaktere werden so schnell, so gut, dass sie es mit fast jedem aufnehmen können. Schön fand ich die Magieregeln. Wobei da Magier ganz schnell in die Richtung Gandalf gehen, was ich seltsam fand.
Achamanian:
--- Zitat von: Terrorbeagle am 11.03.2012 | 21:38 ---Balancing im Allgemeinen ist ein spannendes Thema und sicher diskussionswert, keine Frage, führt aber in diesem Kontext etwas sehr weit von der Materie weg. Im spezifischen Kontext eines Mittelerde-Rollenspiels ist es hingegen so, dass gerade die Kulturen und Völker gemäß der Vorgabe eben nicht auf einer Ebene stehen, und dementsprechend die Frage ob und wie dies umgesetzt wird dann für die Frage, wie gut das System eben Mittelerde abbildet eben relevant ist.
--- Ende Zitat ---
Ich halte das ehrlich gesagt für einen Irrtum über Mittelerde. An den Vorlagen lässt sich diese klare Hierarchie auf den für's Spiel relevanten Ebenen nicht wiederfinden. In Silmarillion und Unfinished Tales/Children of Hurin sind menschliche und elbische Helden moralisch und im Kampf tendenziell gleichwertig (wie schon im Thread zu DER würde ich da wirklich noch mal die Lektüre von letztgenanntem Buch empfehlen).
Im Hobbit und LotR tritt sogar noch deutlicher hervor, dass Balancing (zumindest der Kampfwerte) der Welt eigentlich sehr angemessen ist: Einige der größten Kampf-Heldentaten werden von Hobbits begangen (Bilbo gegen den Spinnen von Düsterwald, Sam gegen Shelob, Merry gegen den Hexenkönig von Angmar, Pippin, der in der Endschlacht im Alleingang mit einem Schlag einen Troll tötet!). Natürlich wird es immer so beschrieben, dass die Hobbits mit Mut, Glück und Geschicklichkeit ihre Siege erringen und nicht mit roher Kraft - aber genau das kann ja ein RSP-Regelwerk wiederspiegeln (und tut es, um mal vorzugreifen, im Falle von DER auch).
Natürlich agieren die Hobbits im LoTR kaum als Kämpfer in den Schlachten und werden auch nicht als solche betrachtet - sie sind ja auch im Gegensatz zu Aragorn, Boromor, Gimli und Legolas keine mehr oder weniger "berufsmäßigen" Kämpfer. Trotzdem zeigt sich gerade in LotR ja, dass die Hobbits, wenn es dann hart auf hart kommt, doch so einiges reißen - also wäre es, will man der Vorlage treu bleiben, ziemlich unlogisch, ihnen schlechtere Ausgangsbedingungen mitzugeben.
Und die totale Überlegenheit der Elben ist wie gesagt eigentlich bei keinem Tolkien-Werk so direkt zu erkennen, im Hobbit und in LotR schon gar nicht. Es ist Isildur, der Sauron den Finger abschlägt, kein Elbenkrieger. Zumindest die Sindar haben offensichtlich auch kein großartiges magisches Gespür, sonst hätte ihnen Bilbo nicht so auf der Nase herumtanzen kann. Und wie gesagt: Zahlreiche Sindar fallen in der Schlacht der fünf Heere gegen die Orks, und sie werden dort (im Gegensatz zu den Zwergen und zu Beorn) nie als die Partei hervorgehoben, die groß was reißt, sie kämpfen einfach nur mit.
Die größe der Heldentaten ist bei Tolkien in meinen Augen ziemlich eindeutig an die Zeitalter geknüpft: Im ersten werden die größten vollbracht, da kann selbst ein Menschenkrieger gegen Morgoth persönlich anstinken. Im zweiten geht immer noch einiges, auch ein Mensch kann da Sauron im Kampf besiegen. Im dritten ist die Zeit der wirklich großen Taten auf dem Schlachtfeld einfach vorbei, für Menschen und Elben ebenso wie für Zwerge und Hobbits. Bei einem im dritten Zeitalter angesiedelten Spiel ist es deshalb der Vorlage absolut angemessen, Menschen, Zwerge, Hobbits und Elben (mit Ausnahme der wirklich alten) zu balancen.
Schließlich: Wir wollen nicht Bullbeißer Tuck vergessen, der einen Orkkönig köpfte, sodass sein Kopf in einen Hasenbau flog, und damit nebenbei das Golfspiel erfand!
Terrorbeagle:
Ich meine, du reduzierst die Balancing-Frage zu sehr auf das sehr enge Feld des Kampfes. Und ja, wenn es nur darum geht, Dinge zu zerstören und Leute zu töten, sind die Elben nicht weiter herausragend, zu Mindest im Vergleich zu den Hohen Menschen/Dúnedain oder den Zwergen. Nur ist Kampf meines Erachtens zwar ein wichtiger Punkt, aber nicht der einzige, und vor allem nicht der, in dem die Elben besonders auffällig sind. Generell scheinen sie besser dfarin u sein, etwas tz erschaffen als etwas niederzureißen; es wird so z.B. immer wieder betont wie herausragend so ziemlich alle Aspekte der elbischen Handwerkskunst seien, von profanem Bäckerwesen bis hin zur Mithtril-Verarbeitung. Worin sie ebenfalls übermenschlich sind, sind so Sachen wie der Gesichtssinn (Aragorn: "Seht mal, eine Staubwolke am Horrizont". Legolas:" Ja, das sind Reiter, 14 Stück um genau zu sein, sie führen 2 weitere Pferde mit sich, sieben haben Bärte und einer sehr ausgeprägte Aknenarben". Ich paraphrasiere.), auch und gerade bei Dunkelheit, eine unnachahmliche Leichtfüßigkeit und Körperbeherrschung (Am Caradras muß Boromir den restlichen Gefährten einen Weg durch den hüfthohen Schnee bahnen... Legolas läuft schlicht über die Schneedecke) oder um die [Übersetzung der] Worte Tolkiens selbst zu bemühen: [Legolas ist]"(...) gross wie ein junger Baum, schlank, sehr stark, fähig einen grossen Kriegsbogen zu zücken und einen Nazgul abzuschiessen, versehen mit immenser Lebenskraft der elbischen Körper, so hart und schwer zu verletzen, daß er nur mit leichten Schuhen über Felsen oder Schnee ging, der unermüdlichste von allen Gefährten"; Elben sehen so gut aus, dass relativ regelmäßig als Vergleich herhalten, wenn es darum geht, dass jemand attraktiv ist ("fair as an Elven maiden") und muß der lächerlich offensichtliche Zusammenhang aus faktischer Unsterblichkeit und lebenslangem Lernen noch extra erwähnt werden?
Geht man nach der Vorlage der Tolkienschen Texte, ist jede Behauptung, dass die Elben eben nicht in weiten Teilen übermenschlich seien, irgendwo im weiten Feld zwischen Wunschdenken, Hatedom oder Unwissenheit angesiedelt ist; die üblichen EDO-Fantasy Elfen sind relativ maue Abziehbilder der tolkienschen Version, die diesem "Original" eben nicht gerecht werden.
Nur um das noch mal klar zu machen: Ich bin kein Elfenfanboy oder dergleichen, der hier seine persönliche Favoriten pushen will; eher im Gegenteil. Worauf ich hingegen achte, ist die quellengetreue und thematisch angemessene Umsetzung des Stoffes, und in diesem Zusammenhang ist jedwede Behauptung, die im Widerspruch zu den Ausgangstexten stehen, eben keine an sich respektwürdige abweichende Meinung, sondern schlicht und ergreifend faktisch falsch. Entgegen des allgemeinen Volksglauben wird eine Falschaussage auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Schaut euch den Text an. Schaut euch an, wie Elfen, speziell Legolas der nun mal immer wieder sehr im Spotlight steht, beschrieben wird. Ich kann mich nur wiederholen: Wenn man den Text des Herren der Ringe zu Grunde legt, ist die Behauptung, der Elb (an sich) sei nicht in Teilen übermenschlich meines Erachtens schlicht und ergreifend völlig unhaltbar. Weitgehend kontrafaktisch.
Darüber hinaus: Der Witz beim Herrn der Ringe ist ja eben, dass diese augenscheinliche und offensichtliche Ungleichheit eben entscheidend ist; die grpßen Heldenfiguren der wiedergekehrte König und so - sind wenig mehr als ein Ablenkungsmanöver im großen Plan, damit zwei pelzfüßige Butterkugeln letztendlich triumphieren können. Dieser Triumph der pelzfüßigen Butterkugeln ist aber gerade deshalb so heroisch und herausragend, weil die Figuren eben gerade nicht heroisch veranlagt sind. Die Halblinge sind Allerweltsfiguren, der sprichwörtliche kleine Mann. Sie sind konsequent völlig mit der Situation in der sie sich befinden eigentlich überfordert - und, das ist der springende Punkt - sie nehmen diese enorme Herausforderung an und dadurch wachsen sie daran auch (sogar wortwörtlich; bei Merry und Pippin geht der charakterliche Wachstum mit körperlichem Wachstum einher) und die Diskrepanz zwischen den kleinen, schwachen, verletzlichen und oft elenden Hauptfiguren und der quasi nicht bewältigbaren Aufgabe ist nun mal wesentlich prägnanter und wirkungsmächtiger als ein Achilles oder Herakles an der Stelle gewirkt hätte. Durch eine künstliche Überhöhung der eigentlichen Protagonisten Sam und Frodo, Merry und Pippin, wird das, was sie erreicht haben, letztendlich geschmälert, was dann in der Konsequenz bedeutet, dass die Charaktere dadurch eben nicht an Bedeutung und Nimbus gewinnen, sondern einbüßen.
Vanis:
--- Zitat von: Terrorbeagle am 12.03.2012 | 11:28 ---[...] und muß der lächerlich offensichtliche Zusammenhang aus faktischer Unsterblichkeit und lebenslangem Lernen noch extra erwähnt werden?
--- Ende Zitat ---
Das ist ein interessanter Punkt, der mich auch lange beschäftigt hat. Aufs Rollenspiel bezogen muss man hier klar sagen, dass alle Charaktere irgendwo Anfänger sind. Daher haben Elben zu Spielbeginn erstmal nichts von ihrer Unsterblichkeit. Dann muss man aber auch sehen, wie sie mit ihrer Unsterblichkeit umgehen. So wie ich die Quellen interpretiere, schaffen es nur wenige Elben im Dritten Zeitalter, überhaupt etwas mit dieser Langlebigkeit anzufangen. Sie leben zurückgezogen, bewachen ihre Heimat. Anders als Menschen lernen sie anscheinend nicht sehr schnell, sondern leben im EInklang mit der Natur. Die wenigsten scheinen überhaupt ein Streben nach Macht zu besitzen.
LöwenHerz:
--- Zitat von: Athair am 11.03.2012 | 23:14 ---Was mich allerdings stört (und für mich den Faden durchaus abwertet) ist deine Apologie, terrorbeagle, wider
die kritischen Bemerkungen von Feuersänger. Seine Anmerkungen sind für mich durchaus richtig, entstammen
aber einem anderen Blickwinkel, der, wie mir scheint, für dich nicht so ganz nachvollziehbar ist.
Jedenfalls: Diese "ich-hab-aber-doch-Recht"-Haltung von jemandem, der gerade eine Spielerezension geschrieben hat,
geht mir auf den Keks. Vor allem, weil sich daraus ergebende Diskussionen gerne mal Rezensionsstränge im Vorbeigehen zerschießen. (Hab ich leider schon öfter beobachten müssen.)
--- Ende Zitat ---
Siehste... und ich finde es klasse, dass Terrorbeagle seine Position argumentativ untermauert. Von dieser "recht-haben-Haltung" lese ich weniger. Zumal ich ihm diesen Unterton nicht unterstellen mag ;)
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