Autor Thema: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?  (Gelesen 13667 mal)

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Offline Teylen

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #75 am: 23.04.2013 | 14:25 »
Ich halte es für ziemlich gewagt zu behaupten die Designentscheidungen seien objektiv schlecht.
Schließlich ist die Wertung doch rein auf deine persönliche Vorliebe zurück zu führen.

Jemand anderes bevorzugt es vielleicht wenn er hunderte von Zaubern hat.
Ihm könnte gefallen das er sich in die stillen Kammer zur Charakter-Erschaffung begeben kann.
Das Charakterverbesserungen über einen Baum gänzlich neues hervorbringt.
Das seinen Charakter sehr kleinschrittig entwickeln bzw. differenzieren kann.
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Offline Galatea

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #76 am: 23.04.2013 | 14:25 »
Sünde #1 – Exponentielle Kosten/linearer Kompetenzanstieg: Das ist schon im grobschrittigen Rollenspiel nervig genug, aber in kleinschrittigen Rollenspielen ist das einfach untragbar. Zumal dadurch auch der „spürbare Kompetenzzuwachs“ ausgehebelt wird (wenn ich z.B. 25 Spielsitzungen warten muss, um „Wildnisleben“ von 12 auf 13 zu steigern, merke ich keine Charakterverbesserung). Geht gar nicht. DSA ist einer der schlimmsten Sünder in dieser Kategorie, BRP hat exponentielle Zufalls-Verbesserung (die Chancen eine Verbesserung zu erwürfeln werden exponentiell schlechter) und Traveller hat im wesentlichen auch exponentielle Kosten (nur das dort halt Zeit, statt Erfahrungspunkten, als Verbesserungsressource verwendet wird – dort ist es aber noch harmlos im Vergleich zu BRP/DAS, weil Traveller etwas grobschrittiger ist und man wenigstens etwas dafür bekommt).
Beziehst du dich jetzt hier darauf, dass die Punktkosten für hohe Fertigkeiten zu extrem steigen (also dass die Kurve zu steil ist) oder ganz allgemein dass hohe Fertigkeiten mehr Punkte kosten? Weil letzteres finde ich es schon wichtig, sonst züchtet man nur noch Superspezialisten.

Bei DnD kommt ja noch das Problem des Stufenaufstiegs dazu, da muss man im späteren Verlauf erstmal zehn Abende spielen um überhaupt mal irgendetwas steigern zu können - spontanes lernen akut wichtiger Fähigkeiten unmöglich (gut das ist bei D&D dank der betonierten Charakterklassen eh kaum möglich). Sowas finde ich furchtbar.
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Offline Blechpirat

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #77 am: 23.04.2013 | 14:25 »
@alexandro + darauf folgende: Das geht am Thema vorbei. Die Schwächen von detaillierten Systemen diskutiere bitte anderswo. Es geht ausdrücklich um ihre Stärken.

alexandro

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #78 am: 23.04.2013 | 14:51 »
Beziehst du dich jetzt hier darauf, dass die Punktkosten für hohe Fertigkeiten zu extrem steigen (also dass die Kurve zu steil ist) oder ganz allgemein dass hohe Fertigkeiten mehr Punkte kosten? Weil letzteres finde ich es schon wichtig, sonst züchtet man nur noch Superspezialisten.

Je steiler die Kostenkurve ist, desto höher ist die Gefahr von Spezialisten-Charakteren (weil die Spieler einfach keine Punkte übrig haben, um etwas anderes zu steigern) - die Spieler welche alle ihre Punkte in eine Spezial-Fertigkeit blasen, erreichen schneller das "Plateau", während Spieler die ihre Punkte gleichmäßig verteilen oft feststellen müssen, dass die Kampagne eher vorbei ist, bevor sie die wirklich coolen Kräfte nehmen können. Ich sehe das gerade sehr deutlich bei L5R (und vorher bei 7te See) - wer dort überhaupt mal auf Stufe 4 in seiner Schule aufsteigen will, der hat keine andere Wahl, als zu min-maxen.

EDIT: (sieht Post von Blechpirat) OK, bin ja schon still.
« Letzte Änderung: 23.04.2013 | 15:01 von alexandro »

Luxferre

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #79 am: 23.04.2013 | 15:11 »
Statt dem einem, regeltechnisch immer gleichem Schlag eben den Schlag der die Deckung senkt und den Schlag der zurückdrängt oder die Finte die den Gegner in die Falle lockt.

Derartige Aktionsmöglichkeiten zu haben ermutigt Spieler ihre Aktionen detaillierter zu beschreiben, gibt ihnen auch Inspirationsansätze was überhaupt möglich wäre. Und dem Spielleiter Hilfestellung bei der Festlegung des Ergebnisses.

Auch in einem System in dem diese Aktionen nicht explizit festgelegt sind kann man natürlich jeden Schlag so beschreiben. Doch dann fehlt die Relevanz, denn mechanisch wird das Ergebniss trotzdem immer gleich aussehen - oder muss mit dem Spielleiter zeitaufwändig verhandelt werden.

Ideal finde ich, dass einem erreichten Endwert auf einer Liste/Tabelle ein Ergebnis zugeordnet werden kann. Der SL oder Spieler schmückt es dann aus.
Bsp.:

48 Schaden, 2 rd stun, 3 Blutung/rd

Der SL ist also in der Lage, die Aktion zuzuordnen, eine Trefferregion zu wählen und plausibel in den Kampfstil des Angreifers zu weben. Wenn man da etwas Herzblut investiert, scheun die Spieler nicht schlecht, wenn sie die Auswirkungen ihres Tuns mal farbig vorgestellt bekommen.

Offline Arldwulf

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #80 am: 23.04.2013 | 15:22 »
Mag ich eigentlich nicht so, denn ich will ja (als Spielleiter) die Spieler dazu bringen ihre Charaktere zu beschreiben, und das nicht selbst tun.

Ausserdem halte ich es psychologisch für besser eine Aktion tatsächlich selbst anzustoßen. Also selbst zu sagen: "Ich mach eine Finte damit er seine Deckung senkt!" anstatt nachträglich zu sagen: "hey das war ein gutes Ergebniss, du hast eine Finte gemacht und er senkt seine Deckung!"

Offline Teylen

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #81 am: 23.04.2013 | 18:18 »
Ich mag an komplexen und detailreichen Systemen unterschiedliche Aspekte.

Da wäre zunächst das Charakterblatt.
Wenn es recht viele Werte gibt, beschreiben diese Werte den Charakter in gewissen Bereichen.
Sowohl hinsichtlich der Fähigkeiten die eher beherrscht, als auch die Fähigkeiten wo Entwicklungsraum besteht.
Sowie in welchem Ausmaß er den Wert besitzt.
Das heißt das Charakterblatt als solches bietet bereits umfassende Informationen und erzeugt eine gewisse Vorstellung davon was der Charakter kann. In den Grundzügen sogar ohne das man das System kennt.

Man kann den Charakter darüber differenzieren.
Das heißt man kann einen Charakter schaffen der, obwohl er die Kernkompetenz mit einem anderen teilt, deutlich von diesem zu unterscheiden ist, so das - zumindest bei mir - automatisch ein Interesse dahingehend entsteht wie diese Charaktere miteinander interagieren.
Wenn der Charakter dem anderen auf dem Papier fast exakt gleicht weicht mein Interesse eher der Sorge darum das das Gebiet des Charakter besetzt ist. Unabhängig davon wer welche Rolle einnimmt. Darüber bietet es den Vorteil das man bei der Schaffung eines neuen Charakter einen ähnlichen Schwerpunkt wählen kann ohne das Gefühl eines Doppelgänger zu entwickeln.

Man kann den Charakter besser mit anderen Charaktere vergleichen.
Es gibt viele Vergleichspunkte, man findet Gemeinsamkeiten, man findet und sieht einen unterschiedliche Fokus bzw. Stärken und Schwächen. Abgesehen von dem Unterhaltungswert des Vergleichs an sich, der kompetitive sein kann aber nicht muss, bietet es die Möglichkeit darauf einzugehen sowie Stolperfallen zu erkennen.

Die Beschreibung des Charakters ist eindeutig.
Es ist in der Regel keine Ansammlung von Phrasen, von ausgedachten Worten oder ähnlich vagen Dingen die einer Interpretation bedürfen und je nach Kontext missverstanden werden können oder überraschende Effekte haben.

Dann wäre da die Erschaffung des Charakters.

Meines Empfinden nach fällt es mir leichter konkrete punkte zu vergeben als allgemeine Schlagworte oder Sätze zu erfinden.

Es vermittelt auch ein gesteigertes Gefühl der Sicherheit. Man hat was man angekringelt hat. Fertig. Man wird nicht überrascht weil man es nicht perfekt formuliert hat. Auch kann man ggf. mit einem detaillierten und komplexen System besser vorgefertigte SCs machen. Einfach weil der Spieler in Spe mehr Informationen erhält.

Man hat die Möglichkeit alleine einen Charakter zu bauen, der theorethisch spielbar wäre und sich in einem abgesicherten Rahmen bewegt.

Ein komplexes System wie bspw. ein Lifepath-System oder eine Zufallserschaffung, abgeleitete Werte, mag in der Konzipierung eine Herausforderung an den Designer sein, aber mir als Spieler nimmt es Arbeit ab. Es ist ein bisschen wie ein vorgefertigter Charakter ohne einen SL zu bemühen und jenachdem mit eigenen Einflüßen.

Es ist tendentiell offen ob man einen Spezialisten baut, einen Allrounder oder sonst etwas.

Nun und jenach System weckt es einen eigenen Spieltrieb.

Dann wäre da die Entwicklung des Charakters.

Also zunächst mal kann man im Spiel die Punkte und ihre Auswirkungen beobachten, finde ich irgendwo toll. ^^;

Daneben, also ich brauche zwar mitunter furchtbar lange bis ich mich zum steigern entschlossen habe, aber die XP Vergabe ist da meistens wie der Einkauf in einem Süßigkeiten Laden. Es gibt eine Menge Sachen auf die man sich freuen kann, ein paar Sachen die man nicht will, nun und teilweise ganze Erweiterungen des Erlebnis wenn man sich durch so einen Baum hoch kauft,.
Man kann dem Char beim wachsen zu sehen, wie er sich verändert, wie er sich verändern könnte und danach die neuen Gimmicks ausprobieren, ... nu oder wenn es nur von 22 auf 23 auf einer 100ter Skala war sich ein bisschen sicherer fühlen. So eine Idee.
Je nach XP Umfang kann man auch seinen Char mit Glöckchen behängen, die vielleicht weitesgehend nutzlos sind, die man aber total stylish findet.

Bei der Regelanwendung hängt es davon ab.
Komplex und detailliert gerne, aber nicht (zu) kompliziert.

Es bietet wieder den Vorteil das es eine Situation mitunter deutlich bzw. plastisch beschreibt. Also Angriff-Manöver, Finte-Manöver, Verteidigung-Manöver etc.

Man kann sich rein auf spielerischer Ebene angemessen geistig gefordert fühlen.

Ansonsten kann es auch eine ästhetische Komponente haben, also das man zum Beispiel Kartenspiele mag, nun oder das zählen von Paschen. Sowas halt.
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Offline Slayn

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #82 am: 17.10.2013 | 12:10 »
Sorry, wenn ich dieses Thema nach knapp 6 Monaten hochhole, ich bin nur gerade eben in Folge einer "Weiche Regeln" Diskussion darauf gestoßen.

Ich bin mit dem SIM/Exploration Bereich zum Rollenspiel sozialisiert worden, komme selbst aus der technischen Ecke, daher haben Zahlen für mich eine wichtige Bedeutung, wenn es um die Wahrnehmung der Spielwelt als Realität geht.

Komplexes System ist nicht gleich komplexes System. Für mich ist bei einem komplexen System der Bezug zur Spielwelt und der Realität dieser Spielwelt wichtig. SaWo oder PF mögen komplexe Systeme sein, die Regelwerke sind aber selbstreferenzierend und nehmen sich daher selbst als Bezugspunkt, nicht die Spielwelt. Hat Vermi zwar schon erwähnt, ich unterstreiche das nur nochmal.

Wenn ich also die Bezugspunkte System - Spielwelt - Regelanwendung kenne, dann erlaubt mir das eine Sache, nämlich ähnlich wie im "richtigen Leben" mögliche Handlungen und deren Ausgang abschätzen, ich kann also so Entscheiden und Handeln, wie es "eine echte Person" in dieser Situation machen würde.

Wird mir also eine Szene oder ein Szenario beschrieben, breche ich das im Kopf runter in Handlungen, diese verknüpfe ich wiederum mit Subsystemen und Zahlen, was mir das Einschätzen dieser Situation erlaubt. Das wird dann besonders wichtig, wenn die Realität der Spielwelt von unserer Realität stark abweicht, z.B. durch Genre-Vorgaben. Durch dieses Aus- und Umrechnen kann ich diese fremde Realität "Erfahren" und die gleichen "Intuitiven" Entscheidungen treffen, die der Charakter in der Situation treffen würde.

Auf meinem Charakterblatt muss also dann alles stehen, was mir den Bezug zu dieser Spielwelt gestattet und es muss auch so formuliert sein und ein Format besitzen, das es mir den sofortigen Zugang zu den genannten Bezugspunkten System - Spielwelt - Regelanwendung erlaubt. Ob der Charakter nun "besser" wird, im sinne von "mächtiger", ist mir dabei erst mal egal, nicht egal ist mir aber ob er "kompetenter" wird in dem was er tut, wenn er es tut.
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Offline Blechpirat

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #83 am: 17.10.2013 | 12:22 »
 :)

alexandro

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #84 am: 17.10.2013 | 15:07 »
Nachvollziehbar, auch wenn
SaWo oder PF mögen komplexe Systeme sein, die Regelwerke sind aber selbstreferenzierend und nehmen sich daher selbst als Bezugspunkt, nicht die Spielwelt. H

schlichtweg falsch (oder besser: FALSCH) ist. Diese Spiele haben genauso viel oder wenig Bezug zur Spielwelt, wie andere Systeme.

Auch denke ich nicht, dass zwischen Komplexität und Spielweltbezug notwendigerweise ein Zusammenhang bestehen muss (das beste Beispiel wäre CoC - ein unkomplexes System, welches aber zu einem hohen Grad die Identifikation mit dem Charakter forciert).
« Letzte Änderung: 17.10.2013 | 15:21 von alexandro »

Offline Slayn

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #85 am: 17.10.2013 | 15:21 »
Alexandro, ich hatte extra dazu geschrieben, das ich das ganze aus einer SIM-Sozialisierung heraus betrachte.

Die Frage die sich hier stellt, somit auch der Bogen zur Kleinteiligkeit, liegt daran, an welcher Stelle dieser Betrachtungsweise die Regeln und die Spielobjekte miteinander verknüpft sind. (Aka Subsysteme). SaWo ist ein komplexes System, das aber in sich geschlossen ist, d.h. du findest alle Handlungsabläufe aus seinem Regelkern herausgehend und referenzierst alle Handlungen oder Objekte an diesem Regelkern.

Ich meine hingegen Systeme wie Traveller, bei denen die Regeln nicht oder nur bedingt mit der einzelnen Handlung und/oder dem einzelnen Objekt verknüpft sind und nur für und mit diesem existieren. Jedes Objekt oder jede potentielle Handlung bringt ihre Handlungsanweisung als Subsystem mit herein und lässt sich als solches abhandeln.
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alexandro

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #86 am: 17.10.2013 | 15:37 »
Zitat
SaWo ist ein komplexes System, das aber in sich geschlossen ist, d.h. du findest alle Handlungsabläufe aus seinem Regelkern herausgehend und referenzierst alle Handlungen oder Objekte an diesem Regelkern.

Alle Regelanwendungen ergeben sich aus der Spielwelt. Sonst könnte ich ja z.B. eine Unterstützende Probe auf Kämpfen mit einem Rücksichtslosen Angriff kombinieren, um meinem Partner zu helfen einen gezielten Angriff zu machen. DAS wäre eine nach dem Regelkern mögliche Handlung, welche aber nichts in der Spielwelt referenziert. Daher ist sie nicht möglich.

Nicht umsonst kommt bei vielen Konvertierungen die Frage auf, wie die Regeln eine bestimmte Spielweltbeschaffenheit abbilden können. Eleganz (einheitliche Mechanismen) und Abstraktheit sind nicht dasselbe!

Zitat
Ich meine hingegen Systeme wie Traveller, bei denen die Regeln nicht oder nur bedingt mit der einzelnen Handlung und/oder dem einzelnen Objekt verknüpft sind und nur für und mit diesem existieren. Jedes Objekt oder jede potentielle Handlung bringt ihre Handlungsanweisung als Subsystem mit herein und lässt sich als solches abhandeln.

Nein. Das beste Beispiel ist das Karrieren-System: das kann man einfach durchwürfeln, um die Werte seines Charakters zu generieren, ohne sich auch nur ein einziges Mal mit dem zu den einzigen Schritten gehörenden Fluff zu befassen.

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #87 am: 17.10.2013 | 20:46 »
schöner Thread, gute Posts.

Kleinschrittigkeit resultiert in potentiell höherer Spieltiefe durch mehr gut verzahnte Spielbreite.

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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #88 am: 27.10.2013 | 07:55 »
Mein Senf zu komplexen Systemen:

Charakterentwicklung: Komplexität in der Entwicklung ist mir weniger ein Anliegen, in der Erschaffung schon. Ich möchte die Kompetenzen meines Charakters von den anderen abgrenzen können, ein Alleinstellungsmerkmal haben. Wenn ich bei der - hoffentlich - gemeinsamen Erschaffung der Charaktere sehe, wo die Reise der anderen hingeht, tu ich mir leichter, meine Nische zu finden. Später erleichtern mir komplexe Regeln, das Alleinstellungsmerkmal zu halten bzw. ggf. ein neues zu finden, aber das ist zweitrangig.

Magie: Von komplexer Magie erwarte ich mir das selbe wie in Punkt 1: Abgrenzung. Ein "Ach, du kannst auch Magic Missle?" verdirbt mir im Spiel als Magier den Spaß. (Ars ist hier für mich ein Beispiel, wie es nicht geht. Ich hab meinen Magier in Rente geschickt, weil ich hier zwar toll erschaffen/steigern konnte, und zig Subsysteme für z.B. das Labor hatte, aber im Spiel jedes mal überfordert war, rauszufinden, ob ein Spruch überhaupt schaffbar ist, weil da so viele Rädchen zur Spielzeit erst bestimmen, ob man beim Gegner durchkommt oder einen Effekt (spontan) erreichen kann. Dann waren nicht selten andere Spieler mit komplett anders gestrickten Charakteren in Situationen besser, die ich eigentlich als mein Rampenlicht angesehen hätte.)

Regelanwendung: Das variiert nach Tagesstimmung. Manchmal mag ich es, die kreative Hirnhelfte abzuschalten und Basis-Regeln & Würfel das Kampfgeschehen a la Bier&Prezel bestimmen zu lassen. Manchmal möchte ich aber auch über den Tisch auf die Treppe und weiter auf den Kronleuchter springen und den dann auf den Gegner fallen lassen, und bin froh, wenn ich vorher weiß, ob ich da wg. unkreativem SL jetzt 3 Proben benötige, die vmtl. nicht alle gelingen, oder ob es da was gibt, auf das ich mich berufen kann. Auch hier ist vor allem der Kampf was für Regeln spannend ist, bei Sozialem oder Investigatiem hinkt dann das immer irgendwie.

Grundsätzlich seh ich die Frage komplex oder nicht bisserl wie Klavierspielen. Den einen fällt es leichter, ein Stück vom Notenblatt spielen und differenzieren sich dadurch, wie sie was betonen. Den anderen sind die Noten egal und jazzen was das Zeug hält.
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Re: Was gibt euch das kleinschrittige an komplexen Systemen?
« Antwort #89 am: 27.10.2013 | 22:43 »
Grundsätzlich seh ich die Frage komplex oder nicht bisserl wie Klavierspielen. Den einen fällt es leichter, ein Stück vom Notenblatt spielen und differenzieren sich dadurch, wie sie was betonen. Den anderen sind die Noten egal und jazzen was das Zeug hält.

Sehr schöne Analogie. Die muss ich mir merken.