Autor Thema: Wie Settings funktionieren  (Gelesen 6788 mal)

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Wie Settings funktionieren
« am: 13.05.2015 | 10:39 »
Settings, ich meine also "offizielle" Spielwelten, die dann von Spielgruppen benutzt werden, gibts natürlich in ganz verschiedenen Geschmacksrichtungen. Sie sind aber zunächst mal alle eines: Text, der die Ideen der Autoren an das Publikum vermittelt.

Settings bestehen also aus Aussagen über die Spielwelt.


Strukturaussagen:

Strukturaussagen geben allgemein gehaltene Informtionen über Abläufe und Muster in der Spielwelt. Strukturaussagen dienen damit als Leitlinie zum Erstellen eigener Inhalte.

Beispiele: Eine typische Vampirstadt wird von einem Fürsten regiert. Eine typische Kolonie ist meist mehrere hundert Jahre isoliert, bevor eine Wurmlochverbindung etabliert wird.


Kanonische Aussagen:

Kanonische Aussagen geben eine fixe Liste von gleichartigen Objekten an. Sie erlauben es aus diesen Objekten für das Spiel auszuwählen.

Beispiele: Es gibt 22 Staaten auf der Welt, nämlich...; Die neun Traditionen sind...;


Exempel:


Exempel führen Setting-Elemente beispielhaft vor. Sie erlauben es das Exempel direkt zu benutzen, zu modifizieren oder zu verwerfen.

Beispiele: Die Göttin der Ewigkeit könnte als neunjähriges Mädchen namens Rook Catchfly erscheinen, das am liebsten erwachsen wäre (geht aber nicht) und die Stärke von 10 Grizzlybären hat; Das Nentir-Tal liegt am Rand eines zerfallenen Imperiums.


"Klimatische" Aussagen:

Klimatische Aussagen geben an, dass in bestimmten Regionen des Settings, bestimmte Settingelemente auffälliger oder wahrscheinlicher sind.

Beispiele: In bergigen Regionen findet man rote Drachen, Yrthaks, Orks und Zwerge; In Karnath ist das Klima rau, die Leute unfreundlich und Untote werden vom Militär eingesetzt.


These: Dies sind die vier brauchbaren Typen von Setting-Aussagen. Ein Setting ist brauchbar, wenn es den passenden Aussagentyp an der passenden Stelle verwendet.


Online 1of3

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #1 am: 14.05.2015 | 10:55 »
Wann geht es denn schief?

Klimatische Aussagen über ansonsten  irrelevante Inhalte. Viel benutzt sind hier Kalender, Maßeinheiten, Essgewohnheiten oder sonstiges Zeug, das zweifellos abhänging von genauen Spielorten vorliegt, aber nicht per se relevanter Spielinhalt ist. Die Information wird daher regelmäßig ignoriert.

Natürlich können Informationen über meinetwegen Kalender interessant sein. Wenn man Cadwallon spielt, ist der Kalender hoch relevant, weil die SCs tragende Rollen bei den darin vermerkten Ereignissen spielen. Das ist dann aber eine Strukturaussage: Was tut ihr, wenn Präsentation beim Grafen ansteht?

Hier liegt eine zentrale Fehleinschätzung bei den Autoren vor: Nur dass die Hochelfen in den schnackpuckschen Tiefebenen sicherlich irgendwie Zeit messen, sorgt nicht dafür, dass das für das Spiel relevant ist. Im Gegenteil. Die Offensichtlichkeit, dass die wohl irgendwie Zeit messen werden, macht die Information wertlos.

Es folgt: Die Dinge, die mit klimatischen Aussagen verortet und verbunden und arrangiert werden, müssen schon für sich ansprechend sein.



Mangelnde Strukturaussagen. "In der Kung-Fu-Welt gibt es noch viele weitere kleine Clans, Sekten und Geheimbünde. Hier sind 7." Hier werden keine Strukturaussagen geliefert, sondern Exempel. Die sind aber unpraktisch, denn die Leserschaft wird so nicht in die Lage versetzt selbst diese vielen weiteren kleinen Gruppierungen zu produzieren. Die Exempel werden so zu einer Art Pseudo-Kanon, den sie aber gar nicht bilden sollen. Möglichkeit das zu retten ist noch, so viele Beispiele zu geben, dass niemand in die Bedrouille kommt, weitere haben zu wollen. Dann hat man ein Monster Manual.



Detaillierte Karten. Landkarten sind per se kanonische Information. Man ist irgendwo auf der Karte. Wenn die mit Karte verbundenen Informationen zu detailliert sind, kann man auf einmal nicht kreativ damit agieren. Dann ruft es nach "weißen Flecken". Die optimale Verwendungsweise für Karten ist sie zum Aufhänger für klimatische Information zu machen. Du bist irgendwo auf der Karte und das bedeutet, dass gewisse Settingelemente häufiger auftreten werden. Hier ist es völlig hinreichend, wenn man ein paar Dutzend Regions- oder Landesnamen hat, die mit entsprechenden klimatischen Informationen versehen sind. Alles andere wird die Spielgruppe selbst erledigen, indem sie spielt.

Online Blechpirat

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #2 am: 15.05.2015 | 10:25 »
Spannende Gedanken! Denn während die Regeln in letzter Zeit deutlich professioneller und durchdachter auf mich wirken, sind Settings immernoch "Glückssache", bei der höchstens die Gefälligkeit des Schreibstils gemessen wird. Du leistest hier etwas wichtiges!

Hast du (vermutlich schon, so wie ich dich einschätze) mal geprüft, ob es zum Worldbuilding nutzbare Literatur gibt?

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #3 am: 15.05.2015 | 10:40 »
Spannende Gedanken! Denn während die Regeln in letzter Zeit deutlich professioneller und durchdachter auf mich wirken, sind Settings immernoch "Glückssache", bei der höchstens die Gefälligkeit des Schreibstils gemessen wird. Du leistest hier etwas wichtiges!

Danke. Was ich hier umsetze, ist das Ergebnis eines Gedankens, den ich vor Jahren mal in einer Examensarbeit gelesen habe. Da gings um Rollenspiele und der Autor erklärte, dass es zwei Arten von Regeln gebe: Die Dinge, die wir Mechanismen nennen, und die Dinge, die wir Setting nennen. Er sprach von prozeduralen und diegetischen Regeln.

Wenn Setting aber Regel ist, kann ich sie so verstehen, wie wir alle Regeln verstehen: Nicht als Spielweltphysik oder so etwas, sondern als Anweisungen an die Spielrunde. Wenn das so ist, lassen sich vielleicht die Arten von Anweisung klassifizieren.


Zitat
Hast du (vermutlich schon, so wie ich dich einschätze) mal geprüft, ob es zum Worldbuilding nutzbare Literatur gibt?

Leider nein. Ich komme nicht aus der klassischen Worldbuilding-Ecke. Ich bin sicher, es gibt hier im Forum Leute, die da große Kenntnis haben.

Offline Oberkampf

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #4 am: 15.05.2015 | 10:46 »
Wann geht es denn schief?

Klimatische Aussagen über ansonsten  irrelevante Inhalte. Viel benutzt sind hier Kalender, Maßeinheiten, Essgewohnheiten oder sonstiges Zeug, das zweifellos abhänging von genauen Spielorten vorliegt, aber nicht per se relevanter Spielinhalt ist. Die Information wird daher regelmäßig ignoriert.


Ich würde die Nützlichkeit von klimatischen Aussagen über irrelevante Inhalte nicht ganz so schnell verwerfen. Sowas wie Essgewohnheiten, übliche Kleidung, Architektur, Import- bzw. Exportwaren der Region etc. sind Farbtupfer, die gelegentlich von Spielern angefordert werden, um "im Setting anzukommen". Wenn Settingmaterial eine Liste mit passenden Antworten liefert, erfüllt es seinen Zweck, Vorbereitungszeit zu verkürzen und den Kopf von weniger relevanten Fragen zu befreien. Problematisch wird es allerdings dann, wenn die Anzahl solcher Aussagen überdimensional wird.
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Offline K!aus

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #6 am: 15.05.2015 | 12:30 »
Ich hatte auch schon ofter über Settingbeschreibungen nachgedacht und dabei für mich folgende Probleme aufgedeckt.

Das Machtniveau
Damit meine ich, dass Beschreibungen sehr oft ganz oben in einer Hierarchie beginnen, z.B. der König eines Landes mit seinem Hofmagier in einem Fantasy Setting oder der Vorstand eines Konzerns. Dies liest sich meist ganz nett, halte ich allerdings sehr oft sehr schnell für relativ irrelevant, da die Spieler i.d.R. nicht bei diesem Niveau starten. Kurz: Warum benötige ich Informationen von Leuten, die so schnell nicht in einer Beziehung zu den Charakteren stehen?

Der Bezug zu den Regeln
Was mir oft aus ganz pragmatischer Sicht fehlt sind die Spielwerte zu den Beschreibungen: Da ist also der Düsterwald, von allen gefürchtet wegen der finsteren Gestalten, dir dort hausen. Also schaue ich als SL auf die Spielwerte der Charaktere und frage mich dann: Ja was für Werte haben denn dann die Monster? Oder der private Sicherheitsdienst, der in einem Cyberpunk Szenario das Konzerngelände bewacht oder die Spielwerte, um Schlösser oder Netzwerke zu hacken.

Natürlich lasse ich mir das Argument gefallen, dass dies von dem Stil der Gruppe abhängt und auf welchem Powerlevel sie spielen, um etwas als schwer / leicht zu empfinden - schon klar. Aber ich hätte gerne Eckpunkte an denen ich mich orientieren kann. Wenn es heißt, dass ein Charaktere mit einem Wert von 2 der Durchschnitt ist, dann haben die Monster im Düsterwald Werte von 3. D.h. wenn die Charaktere als Bauern starten, dann merken sie, warum die lokale Bevölkerung einen Bogen um den Wald macht. Wenn sie aber besser sind (aufgestiegen oder höher gestartet), dann können sie den Düsterwald bereinigen.

So nüchtern es auch klingt, diese oft nicht vorhandene Möglichkeit die Beschreibung ganz pragmatisch am Spieltisch einordnen zu können, versaut mir oft den Nutzen einer Settingbeschreibung. Denn wenn ich anfangen muss, mich mit meinen Spielern einfach selbst darauf zu einigen, dann kann ich mir auch das Setting sparen.

Die Verflechtung bzw. Konsequenzen
Ebenfalls anstrengend sind Beschreibungen im Setting, die eine gewisse Bedrohung aufbauen, mich dann aber im Regen stehen lassen diese auszupielen. Da muss ich z.B. lesen, dass in einem Stadtteil von Gardisten (Fantasy) oder Security (NearFuture) für Ordnung gehalten wird und dieser als sicher gilt. Wenn ich Glück habe, dann sind wie zuvor bemerkt immerhin Spielwerte für diese 'Wächter' vorhanden.
Und dann? Die Charaktere rufen also die Sicherheit durch ihre Handlungen auf den Plan ... und jetzt? Wird ihr Handeln als Verbrechen wahrgenommen? Müssen sie eine Strafe zahlen oder kommen in den Bau? Da steht man dann wieder als SL und muss das richtige Maß finden. Natürlich kann ich das wieder mit meiner Gruppe besprechen, was diese als spannend und interessant empfinden - aber dann kann ich mir wiederum das Setting sparen.

Viele Grüße,
  Klaus.
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Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

Online Blechpirat

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #7 am: 15.05.2015 | 13:31 »
Vermutlich muss man auch noch mal aus der Usersicht an das Thema herangehen - was braucht der Nutzer? Dazu muss sich der Settingersteller im klaren darüber sein, welche Abenteuer in seinem Setting erlebt werden können.

Bei D&D geht es um Murderhobos, also brauche ich Monster und ihre Verteilungswerte; Ort mit Schätzen; etwas Infrastruktur - nicht nötig sind genaue Bevölkerungszahlen von Städten, hunderte von Nationen, genaue Karten, feudale Titel und genaue Anreden für Herzoge und Kaiser.

Problematischer ist es bei Settings, die zum Detektivspiel einladen sollen (Private Eye z.B.) - hier kann potenziell fast alles wichtig sein: Der Täter gab sich als Butler aus - konnte aber nicht mal einen Lord korrekt ansprechen! Das hat ihn sofort verdächtig gemacht.

Als Stichwort an mich: Die Macht des Klischees. Was schon das Klischee aussagt, muss ich nicht nochmal erzählen.

Online 1of3

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #8 am: 15.05.2015 | 19:54 »
Was du hier zu Private Eye sagst, ist ein Umstand den ich hochgradig problematisch finde. Hier wird Setting quasi benutzt, um ein Geheimnis vor aller Augen zu verstecken. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder jemand kennt den Code, dann ist gut. Oder aber man kennt ihn nicht, dann wird es nicht funktionieren.

Ich halte das für dysfunktional. Es ist dann eine Regel, über die man nicht reden darf.

Das ist höchstens zulässig, wenn Setting entdeckt werden soll. Genauso wie man nicht notwendig vor dem Spiel  erklären muss, was ein Soak-Wurf ist, muss man nicht vorher sagen, was Tremere sind.

Wenn aber die Lösung nur zugänglich ist, wenn man sich mit Tremeren und Soak-Wurf auskennt, dann muss das auch vorher kommuniziert werden.

Wenn aber das Fehlverhalten deines Butlers sowieso transparent gemacht werden muss, muss es nicht vor diesem Zeitpunkt  feststehen. Es genügt dann zu sagen: "Der Butler hätte an dieser Stelle 'Durchbohnt' sagen müssen. Hier stimmt was nicht."
« Letzte Änderung: 15.05.2015 | 20:33 von 1of3 »

alexandro

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #9 am: 15.05.2015 | 20:24 »
Was du hier zu Private Exemplar sagst, ist ein Umstand den ich hochgradig problematisch finde. Hier wird Setting quasi benutzt, um ein Geheimnis vor aller Augen zu verstecken. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder jemand kennt den Code, dann ist gut. Oder aber man kennt ihn nicht, dann wird es nicht funktionieren.

Kommt drauf an, was passiert, wenn der Code nicht bemerkt wird. In dem Beispiel wäre es wohl eine zusätzliche Info, aber das Spiel ginge auch weiter, wenn der Fehler des Butlers nicht bemerkt wird.

War es der einzige Hinweis, dann ist das allerdings doof (wie so oft bei "Flaschenhälsen" im Abenteuer).
« Letzte Änderung: 15.05.2015 | 20:56 von alexandro »

Offline Grimtooth's Little Sister

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #10 am: 15.05.2015 | 20:38 »

Bei D&D geht es um Murderhobos, also brauche ich Monster und ihre Verteilungswerte; Ort mit Schätzen; etwas Infrastruktur - nicht nötig sind genaue Bevölkerungszahlen von Städten, hunderte von Nationen, genaue Karten, feudale Titel und genaue Anreden für Herzoge und Kaiser.


Btte was?? Grade die Informationen über Städte und Nationen will ich haben. Mit so genauen Karten wie möglich. Mit den Infos für Kultur inklusive Anreden etc. Also im Grunde je mehr Fluff desto besser.

Monsterwerte und so Nebenbeigedöns wie Schätze kann ich zu jeder Zeit selbst erstellen.
Fliegen bei einem Scientologen im Schampusglas - wenn Insekten in Sekten in Sekt enden.

"Fallschirmspringen ist in SR 4 von Konstitution abhängig. Könnte dazu jemand der sich mit Fallschirmspringen auskennt was sagen insbesondere welches Attribute er dafür für das Passende halten würde ? So im Realen Rahmen ."-Supersöldner
"Ich wäre ja bei CHA. Fallschirm springen nutzt ja nix, wenn man nicht gut dabei aussieht..." -Flamebeard

Offline Arkam

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #11 am: 15.05.2015 | 22:28 »
Hallo zusammen,

Settings bestehen also aus Aussagen über die Spielwelt.

Strukturaussagen:

Kanonische Aussagen:

Exempel:

"Klimatische" Aussagen:

These: Dies sind die vier brauchbaren Typen von Setting-Aussagen. Ein Setting ist brauchbar, wenn es den passenden Aussagentyp an der passenden Stelle verwendet.

Ich halte diese These nicht für haltbar. Denn die Bedürfnisse des einzelnen Nutzers an ein Setting sind verschieden.
Wenn ich ein Setting als Unterhaltung lese kann ich auf Exempel verzichten denn ich will ja das Setting nicht nutzen. Dann brauche ich auch keine Konstruktionsmöglichkeiten.
Je kanonischer ich ein Setting nutzen möchte je mehr entsprechende Angaben und Struktur Angaben brauche ich. Exempel verlieren an Wert da ich ja dem Kanon folgen will und nur Wenig oder gar Nichts anpassen oder hinzufügen will.
Nutze ich ein Setting nur als Steinbruch sind wohl gewisse  Strukturen, etwa eine geographische Karte, interessant. Exempel können interessant sein wenn mir die Struktur des Spiels gefällt.

Wichtiger für ein gelungenes Setting ist da alle vier Teilbereiche Ergebnisse liefern die zueinander passen. Wenn die Struktur also sagt eine Kolonie bleibt mehrere 100 Jahre isoliert so sollte das auch bei den Exempeln heraus kommen. Das Setting sollte zu einzelnen Kolonien auch die passenden kanonischen Angaben liefern und die klimatischen Angaben zur Kolonie sollte auch wiedergeben ob man eine Verbindung zum Mutterplanet hat oder auf einheimische Ressourcen, etwa Nutztiere, angewiesen ist.
Hinzu kommt das ich Settings verschieden nutzen kann.
Wenn Aventurien und DSA etwa das Schlagwort fantastischer Realismus ins Spiel bringt erwarte ich einen detaillierten Kanon, denn ich ja auch bekomme aber auch Exempel mit denen ich im Kanon arbeiten kann. Die ich nach meinen Erfahrungen mit DSA 3 und dem was ich von DSA 4 gelesen habe ja eher nicht bekomme.
Wenn Dungeonslayer mir für die Welt Caera als Information liefert das diese Welt dazu gedacht ist möglichst viele interessante Abenteuerorte in kurzer Abfolge anzubieten erwarte ich einen groben Kanon, viele Exempel um diesen groben Kanon nach meinen Wünschen anpassen zu können und klimatische Aussagen um schnell in einem gegebenen Ort improvisieren zu können.

Aus meiner Sicht ist für ein Setting auch wichtig das es möglichst vollständig ist. Wenn ich etwa bei einem Cyberpunk Setting eine harte düstere Welt beschreibe innerhalb der die Charaktere häufig auf der falschen Seite des Gesetzes sind dann muss das Setting auch Fragen beantworten die dieses spezifische Leben mit sich bringt. Einer unserer Cyperpunk 2020 Spielleiter ist etwa ziemlich ins schleudern gekommen als Fragen nach Geldwäsche, kosmetischen Operationen nach der Aufgabe, falschen Papieren und anderen Elementen kamen die für einen Menschen der von der Gesellschaft als bestenfalls kriminell und schlimmsten Fall als Terrorist gesehen wird.
Auch Teilbereiche des Settings sollten entsprechend vollständig sein. Bei einem Gebäude in Shadowrun erwarte ich also auch Angaben zur Matrix (Internet) Sicherheit, zur magischen Abwehr und natürlich auch die vollständigen Werte, also inklusive Cyberware oder magischer Verbesserung der Wachleute. Je mehr Optionen ein Setting und das verwendete Regelwerk bieten umso mehr Aufwand erfordert ein solches Setting.

Gruß Jochen
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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #12 am: 16.05.2015 | 10:45 »
Ich halte diese These nicht für haltbar. Denn die Bedürfnisse des einzelnen Nutzers an ein Setting sind verschieden.
Wenn ich ein Setting als Unterhaltung lese kann ich auf Exempel verzichten denn ich will ja das Setting nicht nutzen. Dann brauche ich auch keine Konstruktionsmöglichkeiten.

Also da wir hier Rollenspieltheorie machen, dürfen wir schon annehmen, dass das Setting zum spielen ist, nicht zum lesen. Man kann den Text natürlich auch als philosophischen Essay, politisches Manifest, historische Quelle oder Kochbuch verwenden, aber solche Zweitnutzung muss uns hier nicht kümmern.

Interessanter ist der Einwand, dass einzelne vielleicht unterschiedliche Dinge mit dem Setting machen wollen. Das kann durchaus so sein. Tatsächlich dürften wahrscheinlich keine zwei Gruppen genau gleich spielen. Das ist aber erst einmal egal. Der Text wird notwendig für ein ideales Publikum geschrieben. Ob wir zur Bildung dieses idealen Publikums nun durch Umfragen, Marktbeobachtungen oder kraft übersinnlicher Eingebung kommen, ist auch egal. Es ist notwendig, dass der Text ein vorgedachtes Publikum hat, sonst könnte man ihn nicht schreiben.

Wir wollen also ein Text produzieren, der zum Rollenspielsetting taugt für ein Publikum, an dessen Existenz wir glauben. - Welche strukturellen Merkmale machen unseren Text jetzt geeignet zum Rollenspielsetting?

Ich sage: Ein Setting ist Regel. Es besteht also in Handlungsaufforderungen an die Spielrunde.


Zitat
Wichtiger für ein gelungenes Setting ist da alle vier Teilbereiche Ergebnisse liefern die zueinander passen. Wenn die Struktur also sagt eine Kolonie bleibt mehrere 100 Jahre isoliert so sollte das auch bei den Exempeln heraus kommen. Das Setting sollte zu einzelnen Kolonien auch die passenden kanonischen Angaben liefern und die klimatischen Angaben zur Kolonie sollte auch wiedergeben ob man eine Verbindung zum Mutterplanet hat oder auf einheimische Ressourcen, etwa Nutztiere, angewiesen ist.

Das sich gegebenen Informationen nicht widersprechen sollten, ist zweifelsfrei richtig. Falsch ist, dass alle Aussagentypen bezüglich des gleichen Gegenstands Verwendung finden müssen. Im Gegenteil.

- Die frühen Kolonien wurden von den vier großen interstellaren Konzernen gegründet. - Sucht euch für eure Kolonie einen aus. (Kanonisch)
- Bevor dann die Wurmlochtechnik verbreitet ist und die Kolonien angeschlossen werden, vergehen in den meisten Fällen einige Jahrhunderte. - Überlegt euch, was in dieser Zeit passiert. (Struktur) Einige Anregungen findet ihr auf Seite XX. (Exempel)

Man kann das auch noch weiter modifizieren. Etwa mit einem Schreibgespräch, welches die Diskussion über die Präkontaktphase lenkt. Man könnte auch Zufallstabellen einbauen.

Eine gegebene Spielgruppe kann das natürlich ganz anders handhaben. Dann hat sie Hausregeln eingführt. Kein Problem, denn die Rollenspielpolizei ist chronisch überlastet.

Zitat
Aus meiner Sicht ist für ein Setting auch wichtig das es möglichst vollständig ist. Wenn ich etwa bei einem Cyberpunk Setting eine harte düstere Welt beschreibe innerhalb der die Charaktere häufig auf der falschen Seite des Gesetzes sind dann muss das Setting auch Fragen beantworten die dieses spezifische Leben mit sich bringt.

Richtig. Das siehst du an dem Beispiel, das ich gerade gegeben habe. Sich einen von vier Konzernen aussuchen werden die meisten Leute schon hinkriegen. Sich einfach mal so zu überlegen, was dann passiert, könnte schwierig sein. Das muss man dann irgendwie aufbrechen, zerlegen und steuern. Das Kriterium würde ich nicht Vollständigkeit nennen, eher Klarheit oder Transparenz. Der vorgedachten Spielgruppe muss eben an jeder Stelle klar sein, was sie jetzt zu tun hat.

Im Großen und Ganzen scheinst du mir also schon den selben Eindruck zu haben wie ich.

Online 1of3

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #13 am: 16.05.2015 | 12:41 »
Angesichts des Feedbacks versuche ich einmal eine weitere These.

These 2: Brauchbare Rollenspielsettings verwenden jene vier Aussagetypen in transparenter Weise und in Abstimmung mit den übrigen Regeln des Spiels.

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #14 am: 16.05.2015 | 13:20 »
Ich habe da noch ein paar Verständnisprobleme. Fangen wir aber erstmal mit etwas Grundlegenden an:

Woran erkennst Du dass ein Setting schief läuft? Wie sieht für Dich die Situation, dass ein Setting auf Grund der Settingbeschreibungen fehl gelaufen ist? Die Erklärung bitte ohne Rückgriff auf Deine hier neu etablierten Ausdrücke.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
Gewinn.

Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Eulenspiegel

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #15 am: 16.05.2015 | 14:03 »
Mal meine Überlegungen dazu:
Man muss unterscheiden zwischen Setting und Settingbeschreibung. - Genau so wie es Systeme gibt, wo die Regeln super sind, das Regelwerk aber extrem übel geschrieben ist. (Super Regelwerk, aber schlechte Regelbeschreibung.)

Settings existieren auch fernab von irgendwelchen Beschreibungen:
- Wilder Westen
- Piraten in der Karibik / zur Zeit der Deutschen Hanse.
- 2. Weltkrieg
- Gegenwart

Alles Settings, wo man quasi nichts beschreiben muss, die aber dennoch sehr dicht und faszinierend sein können.

Und dann gibt es auch noch Settings, die nicht für den Rollenspielmarkt entwickelt wurden, die aber so großen Anklang fanden, dass sie im Rollenspielbereich verwendet wurden. (Beispiel: Herr der Ringe, Game of Thrones)

Wenn ich mir die Bücher "Herr der Ringe" von Tolkien bzw. "Game of Thrones" von George Martin unter der Maßgabe durchlese, dass ich sie als Setting für ein RPG verwenden möchte, dann sind die Bücher extrem schlecht designt.
Wenn ich mir die Bücher aber unter der Maßgabe durchlese, eine spannende Geschichte zu erleben, dann sind die Bücher hervorragend geschrieben. - Und anschließend habe ich (quasi nebenbei) trotzdem ein perfektes Setting für meine RPG-Gruppe.

Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #16 am: 16.05.2015 | 14:17 »
Ich bin mir nicht sicher, ob man GRW/vorgegebenes Setting von SL/Spielern/Gruppe und bereits investierter Spielzeit trennen darf.

EDIT: Ich bin nach einigem Nachdenken mir ganz sicher, das man es nicht darf.

Ich würde eher sagen, es sieht so aus:

Man stelle sich mehrere Kreise vor, die sich überschneiden, sagen wir "Gruppe", "Crunch" und "Fluff".

"Setting" ist das, wo sich die drei Kreise überschneiden. Je größer der gemeinsame Bereich, desto besser "funktioniert" das Setting.

Jeder dieser Kreise lässt sich auf mehrere Untergruppen / Fragestellungen runterbrechen:

Gruppe:
Durchschnittsalter
Bildungsgrad (insbes. hinsichtlich der in Fluff und Crunch besprochenen Themen)
SL - Stil (Wenn es einen gibt).
Spielstil
SL - Ziele
Spielerziele
Charakterziele
Für das Spiel verwendete Hilfsmittel
Umgebung, in der Gespielt wird
Persönliche RSP-Erfahrungen
Dauer der laufenden Kampagne
In die Ausgestaltung der Szenarien verwendete Zeit
usw.

Crunch
Umfang der Charaktererschaffung
Art der Charaktererschaffung
Belohnungsmechanismen
Tödlichkeit
Zufallsaspekte
Ansichten des Autors

Fluff
Ähnlichkeit mit dem Genre
Fremdartigkeit
Genre
Backstory
Organisationen
Anta - und Protagonisten
Ansichten des Autors

All das führt wiederrum zu gegenseitigen Beeinflussungen.

« Letzte Änderung: 16.05.2015 | 15:49 von Der Oger »
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #17 am: 16.05.2015 | 15:46 »
Ich habe da noch ein paar Verständnisprobleme. Fangen wir aber erstmal mit etwas Grundlegenden an:

Woran erkennst Du dass ein Setting schief läuft?

- Keine klar definierte Stelle für die Eigentätigkeit der Spielrunde. (Stelle an dieser Stelle bitte nicht örtlich verstehen. :))
- Zu kompliziert, um schnell anzufangen.
- Von einer unstrukturierten Detailfülle, dass es schwierig wird sich in der Runde auf einen gemeinsamen Erwartungshorizont zu einigen. Das entspricht im Grunde dem Problem mit "anonymen" Regeln.


@Eulenspiegel: Nicht per se falsch. Hier aber wohl nicht Gegenstand, vergleiche den ersten Satz: "Ich meine also "offizielle" Spielwelten, die dann von Spielgruppen benutzt werden." Es geht also von Dingen, welche die Autoren an die Spielgruppe kommunizieren. Wenn du meinst, das heiße eher "Settingbeschreibung", kannst du auch gern dies sagen.

Offline blut_und_glas

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #18 am: 16.05.2015 | 16:46 »
Damit grenzt du jetzt aber die Frage der Funktion(alität) darauf ein, wie schnell (und leicht) die Ideen aufgenommen werden, besonders deutlich an deinem zweiten Beispiel für Dysfunktionalität, das "schnelles Anfangen" als klares Ziel ausweist.

Was wäre dann aber beispielsweise mit Settings, bei deren Erstellung ein möglichst rascher Einstieg aber gar nicht zum Kriterium gemacht wurde? Sind die per definitionem dysfunktional? Sollen sie hier explizit ausgeklammert werden?

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #19 am: 16.05.2015 | 17:55 »
Damit grenzt du jetzt aber die Frage der Funktion(alität) darauf ein, wie schnell (und leicht) die Ideen aufgenommen werden, besonders deutlich an deinem zweiten Beispiel für Dysfunktionalität, das "schnelles Anfangen" als klares Ziel ausweist.

Was wäre dann aber beispielsweise mit Settings, bei deren Erstellung ein möglichst rascher Einstieg aber gar nicht zum Kriterium gemacht wurde? Sind die per definitionem dysfunktional? Sollen sie hier explizit ausgeklammert werden?
Ich würde jetzt mal das Problem dabei verorten, dass zu viele Aussagen kanonisch oder exemplarisch sind, die eigentlich aus den anderen Bereichen befüllt werden sollten. Das ist dann, wie 1of3 schon sagte, ein Missverständnis der Autoren, die glauben, dass ein Setting vor allem möglichst detailliert gefüllt werden muss mit Dingen, die gar nicht per se spielrelevant sind.

Natürlich kann man einschränkend sagen: Sobald ich mit einem Setting eine bestimmte Art von Spiel betreiben soll, sind die brauchbaren Informationen ganz anders aufgestellt und ganz anders spielrelevant, als wenn ich das Setting anders bespielen will. Da müsste man schauen, wie sich die Handlungsaufforderung der Regel hier niederschlägt. Ein Setting wie "Legends of the 5 Rings" scheint viel kanonisch regeln zu müssen; aber auch da wäre die Frage, ob dem tatsächlich immer so sein muss oder ob da eine strukturelle Aussage nicht eigentlich die Zugänglichkeit eines Settings erleichtern würde.*

*Kann ich nur dem Hörensagen nach beurteilen, aber offenbar lässt sich L5R nur "richtig" spielen, wenn man sich eh schon mit dem Themenkomplexen Samurai und japanische Sitten und Vorstellungen befasst hat. Demnach "müssen" auch die Sitten kanonisch vorgegeben sein und können nicht strukturell oder klimatisch wiedergegeben werden, weil sonst das Spiel nicht wie intendiert funktionieren würde. Andererseits könnte man Tabus, Ver- und Gebote auch offen gestalten bzw. der Ausschmückung einer Gruppe überlassen.
Meine itch.io-Seite | Guild of Gnomes, ein Hack von Lasers & Feelings (bisher nur auf englisch verfügbar) | Böser Mond, du stehst so stille, ein Szenario für Warhammer Fantasy RPG 3rd | DURF (Deutsche Ausgabe), ein knackiges, regelleichtes Dungeon-Fantasy-Rollenspiel

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #20 am: 16.05.2015 | 18:07 »
Was wäre dann aber beispielsweise mit Settings, bei deren Erstellung ein möglichst rascher Einstieg aber gar nicht zum Kriterium gemacht wurde? Sind die per definitionem dysfunktional? Sollen sie hier explizit ausgeklammert werden?

Ich möchte ein Spiel sehen, worin steht: "Fang bloß nicht zügig an zu spielen." Zweifellos kann man Spiel auf verschiedenen Niveaus betreiben; ebenso wie ich vielleicht die einfachen oder erweiterten Kampfregeln nutzen kann, kann ich entsprechend das Setting mehr oder weniger ausschöpfen. Es sollte aber wohl doch ermöglichen, relativ schmerzfrei anzufangen. Das zu gewährleisten, gibt es ja mannig Möglichkeiten, z.B. mit Exempeln wie Startregion, Start-Abenteuer usw.

Offline blut_und_glas

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #21 am: 16.05.2015 | 21:04 »
Ein Setting wie "Legends of the 5 Rings" scheint viel kanonisch regeln zu müssen; aber auch da wäre die Frage, ob dem tatsächlich immer so sein muss oder ob da eine strukturelle Aussage nicht eigentlich die Zugänglichkeit eines Settings erleichtern würde.*

*Kann ich nur dem Hörensagen nach beurteilen, aber offenbar lässt sich L5R nur "richtig" spielen, wenn man sich eh schon mit dem Themenkomplexen Samurai und japanische Sitten und Vorstellungen befasst hat. Demnach "müssen" auch die Sitten kanonisch vorgegeben sein und können nicht strukturell oder klimatisch wiedergegeben werden, weil sonst das Spiel nicht wie intendiert funktionieren würde. Andererseits könnte man Tabus, Ver- und Gebote auch offen gestalten bzw. der Ausschmückung einer Gruppe überlassen.

Die Frage ist dann aber, ob du mit dieser Änderung nicht auch ein anderes Spiel(erlebnis) anstösst. Muss sich die Intention an dieser Stelle nicht mitverändern?

Hätten die Settings (Spiele) noch mehr als oberflächliche Gemeinsamkeiten?

(Vergleiche auch Eulenspiegels Einwurf - wenn wir uns dort einmal kurz exemplarisch den 2. Weltkrieg herausgreifen, dann stellen wir auch schnell fest, dass zwei Spiele mit nominell "gleichem" "Setting" sich über dessen konkrete Umsetzung/Ausgestaltung/... massiv unterscheiden - zumindest ich würde GURPS WWII und Nightwitches nämlich nicht gar so leichtfertig in einen gemeinsamen Topf stecken, ganz uneingedenk der "harten" Regeln, nur basierend auf dem, was hier im Thread meines Verständnisses nach bisher als "Setting" bezeichnet wurde.)

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Offline Arkam

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #22 am: 14.08.2015 | 12:57 »
Hallo zusammen,

nachdem ich jetzt mindestens 2 Monate um den Thread herumgeschlichen bin und der Thread Ersteller sich bisher nicht wieder geäußert hat versuche ich mich noch Mal an einer Interpretation.
Ich glaube das große Missverständnis, das ich auch hatte, ist das Setting im Sinne des Textes nur als Weltbeschreibung zu sehen. Stattdessen sollte man, wie von 1o3 in einem späteren Posting ja auch angedeutet das Setting als Regelsatz sehen.
So könnte man dann erklären das es ja Welten gibt die ihren Geschmack ändern wenn man sie mit anderen Regeln bespielt. Denn bei Übertragen würden sich eben auch die Setting Regeln ändern.
Ich versuche Mal 1o3 grundlegende Aussagen als Regeln zu interpretieren und versuche zu erklären warum ein Setting wie der Zweite Weltkrieg ganz verschieden ausgeformt werden kann.

Strukturaussagen:

Strukturaussagen geben allgemein gehaltene Inform(a)tionen über Abläufe und Muster in der Spielwelt. Strukturaussagen dienen damit als Leitlinie zum Erstellen eigener Inhalte.

Beispiele: Eine typische Vampirstadt wird von einem Fürsten regiert. Eine typische Kolonie ist meist mehrere hundert Jahre isoliert, bevor eine Wurmlochverbindung etabliert wird.

Strukturregeln geben einem eine Vorstellung davon wovon das Spiel handeln soll. Je nachdem ob ich Regeln für den Aufbau militärischer Einheiten, eines Geheimdienstes oder eines okkulten Zirkels vorfinde wecke ich auch unterschiedliche Erwartungen.
Gerade hier kann ich Einiges falsch machen. Auf der einen Seite gibt es da die sachliche Ebene. Mein Konstrukt weicht also von der Vorstellung die mein Clientel über das Konstrukt ab ohne eine Begründung, etwa Sachwissen, zu geben oder ein interessantes Element als Ausgleich zu bieten.
Auch die Masse der geforderten Struktur kann unterschiedlich sein. Wo dem einen vielleicht die reine Struktur einer militärischen Einheit reicht, braucht der andere noch Aussagen zu kulturspezifischen Dingen wie etwa Feiertagen und religiöser Begleitung während ein Anderer Details über die Verpflegung oder die Verwaltung benötigt.

Kanonische Aussagen:

Kanonische Aussagen geben eine fixe Liste von gleichartigen Objekten an. Sie erlauben es aus diesen Objekten für das Spiel auszuwählen.
Beispiele: Es gibt 22 Staaten auf der Welt, nämlich...; Die neun Traditionen sind...;

Hier werden gerne zwei Fehler gemacht. Der erste ist das der Kanon nicht in die nicht Setting Regeln des Spiels überführt werden. Was nutt mir etwa eine ausführliche Waffenliste aus dem Zweiten Weltkrieg wenn es nach den Spiel Spielregeln entweder eine optimale Waffe oder eigentlich nur bedeutungslose Unterschiede gibt.
Der zweite ist das nicht aufgezeigt wird wie man den Kanon in das Spiel überführen kann. Was nutzen mir etwa ausführliche Schlachtbeschreibungen oder die Beschreibung einer U-Boot Besatzung wenn das System keine Schlachten vorsieht und keine Regeln für U - Boote hat.

Exempel:[/b]

Exempel führen Setting-Elemente beispielhaft vor. Sie erlauben es das Exempel direkt zu benutzen, zu modifizieren oder zu verwerfen.

Beispiele: Die Göttin der Ewigkeit könnte als neunjähriges Mädchen namens Rook Catchfly erscheinen, das am liebsten erwachsen wäre (geht aber nicht) und die Stärke von 10 Grizzlybären hat; Das Nentir-Tal liegt am Rand eines zerfallenen Imperiums.


"Klimatische" Aussagen:

Klimatische Aussagen geben an, dass in bestimmten Regionen des Settings, bestimmte Settingelemente auffälliger oder wahrscheinlicher sind.

Beispiele: In bergigen Regionen findet man rote Drachen, Yrthaks, Orks und Zwerge; In Karnath ist das Klima rau, die Leute unfreundlich und Untote werden vom Militär eingesetzt.

Exempel und klimatische Regeln stellen für mich eigentlich die klassische Setting Beschreibung da. Das sind für mich auch keine Regeln. Von da aus kann ich nichts dazu sagen.

Gruß Jochen
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Online 1of3

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Re: Wie Settings funktionieren
« Antwort #23 am: 14.08.2015 | 20:20 »
Ich glaube das große Missverständnis, das ich auch hatte, ist das Setting im Sinne des Textes nur als Weltbeschreibung zu sehen. Stattdessen sollte man, wie von 1o3 in einem späteren Posting ja auch angedeutet das Setting als Regelsatz sehen.
So könnte man dann erklären das es ja Welten gibt die ihren Geschmack ändern wenn man sie mit anderen Regeln bespielt. Denn bei Übertragen würden sich eben auch die Setting Regeln ändern.

Ich glaube, du hast mich ursprünglich durchaus richtig verstanden. Ich behaupte: Alles, was man zwischen den zwei Buchdeckeln (oder unter dem Dateinamen) eines Rollenspiels findet und was für das Spiel relevant ist, sind notwendig Regeln, denn die für ein beliebiges Spiel notwendigen Informationen sind eben gerade seine Regeln.

Also ist auch, das was man Setting nennt Regel. Und dann kann ich es nach den gleichen Maßstäben beurteilen, die ich auch für andere Arten von Regeln anwende, beispielsweise Währungsströme, Crunchy Bits oder Erzählrechte etc.


Zitat
Strukturregeln geben einem eine Vorstellung davon wovon das Spiel handeln soll.

Kommt drauf an. Ich würde hier zwischen Form und Zweck trennen. Strukturregeln kann ich benutzen, um anzuzeigen, wovon das Spiel handeln soll. Ich kann sie auch für andere Sachen verwenden oder den Zweck mit anderen Settingaussagen behandeln. Ich meine also bei all den vier Typen, die im Eingangsbeitrag aufgeführt habe, vornehmlich die Form.

Strukturregeln sind alle Aussagen über die Setting, in welche ich problemlos das Wort "üblicher Weise" einfügen kann. Bei den Elfen gibt es (üblicher Weise) nur in Kriegszeiten einen gewählten Anführer. Das bedeutet nicht, dass sich das Spiel um Politik bei Elfen drehen muss. Aber immer wenn Politik bei Elfen vorkommt, muss ich mich zu dieser Aussage verhalten. Entweder es ist so, wie es typischer Weise ist oder beim vorliegenden Elfenstamm ist es anders. Und wenn es denn anders ist, fragen wir uns warum, denn wir wissen ja, wie es üblicher Weise ist.

In diesem Sich-Verhalten-Müssen liegt der Aufforderungscharakter und damit die Regelhaftigkeit von Strukturaussagen. Tatsächlich dürften die allermeisten Dinge, die unter Setting firmieren solche Strukturaussagen sein.

Entsprechend sind kanonische Aussagen Regeln, weil sie fordern: "Wann immer du auf eine Instanz der hier beschriebenen Objekte stößt, SUCH DIR EINS AUS DIESER LISTE AUS!"

Exempel sagen: "Wann immer du eins der hier gemeinten Objekte nutzen willst, kannst du eins von diesen hier nehmen oder sie modifzieren oder dir selbst was ausdenken oder so..." Ich kenne nur ganz wenige Spiele, die großflächig Exempel darstellen, um ihr Setting darzustellen. D&D vielleicht, wenn man nur mit PHB, DMG und MM spielt. Nobilis ganz bestimmt, deshalb hab ich das oben zitiert.

Klimatische Aussagen sind: "Wenn du dich bei jener Art von Objekten bereits für jene Ausprägung entschieden hast, dann überleg mal ob du auch diese Objekte hier haben willst." Wenn es bei Strukturaussagen um "üblicher Weise" geht, ist das Stichwort bei klimatischen Aussagen "häufig auch". Aussagen, die theoretisch eine solche Form haben, gibts tatsächlich ziemlich häufig. Schon gewusst? In den Witwenlanden bei Agone fangen Vögel beim Fliegen häufig Feuer und fallen zu Boden. Das Problem ist dabei, dass solche Häufig-Auch-Aussagen häufig ins Leere laufen, weil die Objekte, die nach Wahl der vorrangigen Objekte vorgeschlagen werden, leidlich irrelevant sind.
« Letzte Änderung: 14.08.2015 | 20:22 von 1of3 »