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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 14:54

Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 14:54
Praktisch alle Kampfsysteme, die ich kenne lösen nur extrem grob auf oder haben gar keine Regeln zur Kampfmoral.
Deshalb ist für mich eine Debatte über perfekten Kampf in konkret existierenden Regelsystemen fast lächerlich, weil das Thema eigentlich DAS Thema im Kampf ist, welches ein extrem großes (wenn nicht oft das größte) Entscheidungsgewicht hat.
Oder kennt jemand ein System, wo es vergleichbar zur technischen Waffenanwendung ähnlich detaillierte Regeln gibt, wie die Kampfmoral auf die Kampfhandlungen Einfluss nimmt.
Also nicht nur die Unterscheidung in "darf oder darf nicht angreifen" (wie z.B. Cuddelhu und Konsorten) sondern eine genauere Regelung von Handlungsoptionen aufgrund psychologischer bzw. führungstechnischer Effekte. Und damit meine ich anständige Regeln wie in diversen Cosims  (z.B. ASL) oder Tabletops, und nicht irgendwelche lustigen Zufallstabellen (wie z.B. in Warhammer oder Space Gothic).
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Waldgeist am 7.12.2011 | 15:00
Für mich ist Kampfmoral etwas, dass nicht durch Regeln abgedeckt werden muss. Jeder Beteiligte sollte selbst entscheiden, worum es ihm in einem Kampf geht und wie weit er gehen will. Wenn das Kampfsystem mit entsprechenden gesundheitlichen Konsequenzen und das Setting mit entsprechenden solzialen Folgen daherkommt, sowie der Charakter ordentliche Motivationen besitzt, reicht mir das vollkommen, um zu entscheiden, ob ich in den Kampf ziehe/mich ihm stelle, mich ergebe/zurückziehe/um Gnade winsel, eher aggressiv oder eher defensiv kämpfe, etc. Diese Entscheidung will ich nicht verregelt sehen.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 7.12.2011 | 16:14
Was die Kampfmoral angeht sind die wichtigsten Fragen IMHO ohnehin die nach den "Einschränkungen" bzw. "Grenzen" und "Schwächen" von Charakteren - diese Dinge gehen den Kampfregeln noch voraus und werden ja heute bei mehreren Systemen (wie auch GURPS schon seit langem) über Nachteile geregelt.
- Kann der Charakter vielleicht aus religiösen Gründen generell nicht töten? Hat er große Probleme das Risiko einzugehen einen Unschuldigen zu verletzen?
- Gibt es Traumata o.ä. die häufig so etwas wie eine Schockstarre auslösen, wenn er emotional von der plötzlich aufkommenden Gewalt überwältigt wird?
- Hat er/sie vielleicht besondere Angst vor bestimmten Kreaturen oder kann schon den Anblick einer blutigen Klinge nicht verkraften?
- Ist der Charakter vielleicht generell feige und rennt bei Gefahr lieber davon als seinen Kameraden zu helfen?
- Oder sucht er im Gegenteil stets die extremsten Gefahren, ist vielleicht sogar lebensmüde...?
- usw. usf.

- Bei bestimmten Situationen geben viele Systeme außerdem etwas wie Willenskraftproben/Fright Checks an die Hand, beispielsweise kommen die Chars nichts ahnend um eine Ecke und überraschend taucht plötzlich vor ihnen eine übel entstellte, kopflose aber aufrecht gehende Leiche auf und attackiert sie mit einer Axt. Typischerweise klar, dass dann ein Check gerechtfertigt ist, ob der ein oder andere das Weite sucht, wenn sie das nicht schon so machen... ;)

Grundsätzlich sehe ich das aber auch so wie Waldgeist, es sollte nicht soviel geregelt werden, dass es die Spielerfreiheit begrenzt! Die Regeln sollten IMHO quasi nur nochmal eine "Bekräftigung" der jeweiligen Charakterzüge darstellen, der Spieler sollte dann natürlich selbst entscheiden können, ob er "dagegen ankämpft", sowieso 'freiwillig' seinen Schwächen nachgibt oder vielleicht irgendeine ganz andere Kompensationshandlung versuchen möchte...


Für ein RPG, nicht ein Wargame(!), scheint es mir dagegen überhaupt nicht sinnvoll, zu argumentieren, dass der SC z.B. zwingend wegrennen müsste, weil er jetzt auf einmal statt von zwei nun gleich von vier Orks angegriffen wird! Die Entscheidung über das Risiko sollte IMHO schon der Spieler selbst treffen, zumal das ja auch vom Setting abhängt (z.B. dirty&bloody oder heroisch) etc.

edit PS: In der Tat können können solche Regeln für NSCs durchaus sinnvoll sein, aber meist fällt der SL ja sowieso selbst eine dramaturgische oder dem Gegnertyp angemessene (psychologische) Entscheidung über deren allgemeine "Taktik", insofern ist eine Verregelung nicht wirklich nötig IMHO.

Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 7.12.2011 | 16:18
Selbst wenn man die Spieler als Helden ausnimmt, wären NSCs und Gegner sicher leicht über solche Regeln abzudecken.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 7.12.2011 | 17:37
Wenn ich euch richtig verstehe, dann löst ein "perfektes" Kampfsystem also alle Handlungen auf einem gleichen AUflösungsniveau auf?

Das ist für mich ein Kriterium für ein gutes Kampfsystem, ja.

Daher benötigt ein wirklich gutes KAmpfsystem die Option indiwiduell 'heranzuzoomen' und lokal unterschiedliche Detailgrade aufzulösen.

Das kann jedes in allen Bereichen detaillierte Kampfsystem, nämlich durch Vereinfachung an den jeweils gewünschten Stellen.

Problematisch wird es dann, wenn irgendwo ein anderen Bereichen vergleichbarer Detailgrad gefordert wird, den das System aber genau an dieser Stelle nicht liefern kann.


Praktisch alle Kampfsysteme, die ich kenne lösen nur extrem grob auf oder haben gar keine Regeln zur Kampfmoral.
Deshalb ist für mich eine Debatte über perfekten Kampf in konkret existierenden Regelsystemen fast lächerlich, weil das Thema eigentlich DAS Thema im Kampf ist, welches ein extrem großes (wenn nicht oft das größte) Entscheidungsgewicht hat.

"Kampfmoral" ist ein sehr weit gefasster Begriff.

Wenn man das entsprechend aufschlüsselt, finden sich einigermaßen brauchbare Regelungen in vielen Systemen.

Wie schon angeklungen, wird das oft eine Ebene höher als Nachteil o.Ä. verwurstet und zum Teil über Furchtwürfe etc. abgehandelt.

Der default ist i.d.R. der, dass Spielercharaktere eine sehr hohe Kampfmoral haben und eine abweichende Darstellung in der Hand des Spielers liegt - in Sachen Spielspaß über alle Spielstile mMn die sinnvollste Variante.

Also nicht nur die Unterscheidung in "darf oder darf nicht angreifen" (wie z.B. Cuddelhu und Konsorten) sondern eine genauere Regelung von Handlungsoptionen aufgrund psychologischer bzw. führungstechnischer Effekte.

Ich halte eine Unterteilung auf der individuellen Ebene, die über "darf handeln, darf nicht handeln, flieht" hinausgeht, für nicht sinnvoll.
Das bildet das Ganze mMn ausreichend ab. 

Was die geforderte Liste von Handlungsoptionen angeht - da bewegt man sich ganz schnell vom Thema Kampfmoral weg und kommt zu Geschichten wie Tunnelblick/Task fixation und Zurückfallen auf automatisierte Handlungsweisen etc. pp..

Auch hier ist der mMn sinnvoll gestaltete default der, dass zunächst alle Beteiligten viel Übersicht und Wahlfreiheit haben und Abweichungen gesondert umgesetzt werden (können).

Letzteres kann im Prinzip jedes System leisten, nur ist der Aufwand viel zu groß, um sich unterm Strich für den zweifelhaften Gewinn einer verbindlichen Regelung solcher auch IRL recht schwammiger Sachen die eigene Wahlfreiheit und damit für viele Spieler verbunden auch den Spielspaß einzuschränken.

Hier muss mMn ein gruppenweiter Konsens bestehen, wie das Ganze dargestellt werden soll, und in dem Moment braucht es keine gesonderten Regeln mehr.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 19:49
YY, ich habe das Thema Kampfmoral aufgebracht, weil einige hier sich über das Detaillierungsgefälle in vielen
Spielen unterhalten haben. Aber hier scheint das Argument plötzlich keine Gültigkeit mehr zu haben.

Die Ansätze, die aus Spielen aufgeführt wurden (z.B. Vor- und Nachteile usw.) treffen auch gar nicht die Dimension,
von der ich gesprochen habe. Es geht mir nicht um spezielle Situationen, wo jemand pfeifend um die Hausecke läuft
und plötzlich dem leibhaftigen Nurgle gegenübersteht, sondern um die ganz normale Auseinandersetzung, wo Kampfmoral
ebenso eine Rolle spielt, weil sie praktisch immer eine Rolle spielt, sobald die Situation für eine Seite entgleist (und das
ist irgendwann in einer Kampfsituation immer so, wenn nicht eine plötzliche Kampfunfähigkeit auftaucht).

Die Antworten auf die Frage (vor allem von Dir und Waldgeist) sind natürlich auch bezeichnend. Natürlich leidet der
Spielspaß drunter, wenn jemand etwas nicht machen kann, aber mei, das ist doch bei jedem misslungenen Würfelwurf
so. Warum sehen sich die Spieler gerade durch Einschränkung der charakterlichen Kampfeswut so in ihrer Entscheidungsunnabhängigkeit beeinträchtigt?
Ich kann es sagen. Es hat etwas mit der ursprünglichen Menschwerdung durch das "sich Umdrehen und werfen" (Sloterdijk) zu tun, aber ich hätte das Thema nicht angesprochen, wenn nicht zwei Argumente dagegen sprechen würden:

1. Meine Erfahrung:
Als einigermaßen erfahrener Spielleiter weiß ich, dass die Kampfentscheidungen mit Abstand der meisten Spieler
beim Kampf so abseits realer Kampfmechanismen liegen wie sonst kaum etwas. Die momentane Situation des Kämpfenden wird im Gegensatz zur Realität z.B. normalerweise immer Agressiver, je schlimmer die Situation zu den eigenen Ungunsten steht. Viele Kampfregeln betrachten das "sich vom Gegner lösen" auch ziemlich stiefmütterlich, weil es nicht so wirklich vorgesehen ist. Vorgesehen ist, dass sich heldenhafte und versteckt überlegene Charaktere gegen strohdumme Draufhaumonster in den Kampf werfen, bis das Monster tot am Boden liegt. Abweichungen von diesem Programm sind weder von Spielern, noch von SLs noch von Regeldesignern so richtig erwünscht, allenfalls geduldet (Ausnahmen bestätigen die Regel ;) ).
Regelsysteme wo es um dynamische Konflikte auf Augenhöhe und nicht ums monotone siegen geht sind meiner Erfahrung nach eher selten.
Rollenspieler (und damit meine ich auch die NSCs des SL) handeln meistens überhaupt nicht so, wie es eigentlich von
simulativem Kampf erwartet werden würde, was mich zum 2. Punkt bringt:

2. Der Simulationsanspruch:
Es soll ja tatsächlich Leute geben, denen die exakte Simulation von Kampf (und zwar dann bitte auf jeder Ebene gleich tief) außerordentlich wichtig ist (z.B. Luftabdrücken vs. Blutabdrücken). YY, du hast ja weiter oben eine konsistente Kampregelung gefordert.
Dann würde ich aber auch erwarten, dass Kampfmoral ein Thema ist, das in dieser Tiefe verregelt ist. Aber hier scheiden
sich plötzlich die Geister. Wo bleibt denn dann der konsequente Anspruch?
Aber sei's drum, ob du persönlich Simulationist bist oder nicht, es soll sie da draußen ja geben, bzw. es soll Spiele geben, die als simulationistisch bezeichnet werden. Vor allem dort vermisse ich die taktische Tiefe in diesem Teilaspekt des Kampfes.

Das ganze ist insofern ein ganz sensibles Thema bei Rollenspielern, weil viele den Tod des Charakters dem Ausspielen einer persönlichen kämpferischen Unterlegenheit vorziehen. Bevor sie eingestehen müssen, dass sie "nicht Recht hatten", verlassen sie lieber den Tisch bzw. das Spiel. Zumindest habe ich den starken Eindruck, dass es eine ganze Menge Spieler da draußen gibt, die weit davon entfernt sind, das Verlieren im Spiel kompensieren zu können bzw. es gibt ja eine ganze Menge von Spielern (da will ich mich nicht ausschließen), die das Hobby Rollenspiel unter anderem (!) betreiben, um etwas zu kompensieren. Und deshalb ist das Kämpfe Verlieren auch so unerwünscht.

Der perfekte Kampf bedient mehr oder weniger das, was der jeweilige Spieler kompensieren möchte. Nur so eine Theorie.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 7.12.2011 | 20:04
Naja, ich nehm mal D&D. Da ist es vom Genre her nicht vorgesehen, das Spieler aus was anderem als taktischen Gründen flüchten. Schau dir nur mal die Bilder an. Wenn mein Uberkrieger hier auf Moral würfeln müsste, käm ich mir verarscht vor.

Bei Cthulhu gibt es keine Kampfmoral. Der Spieler flüchtet oft und gern aus eigener Entscheidung. Kampfmoral einubauen, wäre sogar schlecht, weil es IMHO den grusel erhöht wenn mna aus eigener Entscheidung flüchtet.

Bei GURPS sollte es auf jeden Fall Kampfmoral detailiert geben, das finde ich auch. 
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: xergazz am 7.12.2011 | 20:30
In genau welchen Situationen ist es denn sinnvoll, dem Spieler zu vermitteln, dass der Held seiner Vorstellung ne Memme ist? Mal ganz davon abgesehen, dass jetzt alle NAR Spieler sich die Haare ausreißen, wenn sie hören, dass Spieler- und damit Plotentscheidungen zugunsten einer Simulation von Moral weggeregelt werden. Aber das ist wie du bereits angedeutet hast geschmackssache. Vielleicht gibt es ja Spielleiter da draussen, die diese Regeln sehr begrüßen würden, damit die Helden nicht ständig die kewlen NPC's plattmachen.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 21:19
Stimmt xergazz, Vielleicht ist es ja so, dass selbst die eingefleischten Simulationisten insgeheim doch auch kleine Narrativisten sind, wenn es um ihre uneingeschränkte Kampfwut geht.
Vielleicht weil Rollenpiel von manchen ein Stück weit gemacht wird, um die eigene Agression zu kanalisieren?
Das würde auch erklären, warum da draußen so viele Rollenspiele rumdümpeln, deren Kampfregeln im Detailgrad alles
andere ihrer Regelkapitel in den Schatten stellen und das gesamte Setting so aufgebaut ist, dass die Spieler von einem
Kampf in den nächsten stolpern.

Das ist keine Kritik. Jeder soll machen was er will.
Was ich allerdings anmerken will, ist dass vielleicht eine ganze Menge Leute genau das nicht wollen (weil sie es nicht brauchen) und einerseits die Rollenspielindustrie damit vielleicht ganze Zielgruppen von potenziellen Kunden gar nicht im Blickpunkt hat und weil andererseits in den kampf-fokusierten Spielen auch eine ganze Menge von anderen Plotmöglichkeiten verschenkt werden, an denen vielleicht auch die bestehenden Zielgruppen (mehr) Spaß haben könnten.

Meine Theorie bzgl. des wahren Kämpfers ist ja immer noch, dass er sich vor allem immer dann als wahrer Kämpfer fühlt, wenn der Konflikt nicht durch Kampf gewonnen wird. Das ist zumindest meine intensive Langzeitbeobachtung bei Kämpfern in der Realität und entspricht meinen Beobachtungen der letzten Jahre im Rollenspiel. Der wahre Kämpfer ist es erst dann, wenn es bei allen Anwesenden außer Frage steht, dass er es ist. Das Heldenbild wird in dem Moment immer wieder zerstört, wenn ein Dummbatz hinter der Kiste vorspringt und es nicht anerkennt (egal wie chancenlos er sein mag). Und es stellt sich auch nicht so wirklich ein, wenn er tot am Boden liegt (vor allem wenn er weitgehend chancenlos war). Der armselige Ersatz für das Gefühl sind dann ein paar billige EPs. Das macht den wahren Kämpfer genauso wenig glücklich wie die Blondine vom Shopping. Es ist immer nur eine Ersatzbefriedigung.
Die ganz harten Haudraufs wollen eigentlich gar nicht immer drauf hauen, wenn das Gefühl des wahren Kämpfers wirklich erreicht wird. Aber diese Dimension, die noch geiler ist, wird von SLs gar nie abgebildet. Das liegt teilweise an den Regeldefiziten, von denen ich gesprochen habe, aber vor allem, dass sie meistens die Ursache des Gefühls nicht kennen. Ich würde meine neue Art der Spielleitung als größten Durchbruch für mich selbst bezeichnen, seit ich Rollenspiele leite. Vor allem deshalb, weil die Hardcore-Slayer in meinem spielerischen Umkreis vom Gefühl des wahren Kämpfers immer wieder deutlich mehr beeindruckt sind als vom absoluten Sieg durch Totschlag.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 7.12.2011 | 21:22
Erinnert mich an das Konzept des Shojo Spielstils in BESM 3rd Edition. Da ist ein kleiner Artikel drin, der deinen Punkt schön verdeutlicht. 
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: xergazz am 7.12.2011 | 21:41
Mal ganz unabhängig von den Law'schen Idealen bin ich da voll deiner Meinung. Leider ist es so, dass dem Kampf in den meisten Systemen eine größere Bedeutung zukommt als anderen Teilen der Geschichte. Dabei will sicherlich keiner die Stricken-Probe bis in den Exzess ausgewürfelt und -gespielt haben. Das Ziel sollte eher sein, den anderen Konflikten eine ebenbürtige Gewichtung zu geben. Sprich: den moralischen Konflikten des Helden, der entwicklung seiner Ideale, seines gesellschaftlichen Ranges, soziale Konflikte oder einfach die Abbildung eines Wettstreits zwischen zwei Rivalen.

Was ich allerdings nicht verstehe ist, wie die Moralregeln dabei helfen sollen. Da sie den Spieler in seinen Handlungen eher einschränken, anstatt ihm Werkzeuge an die Hand zu geben, einen Konflikt dramatisch oder spannend aufzubauen. Sie überladen doch eher noch einen Teil des Systems (nämlich den Kampf) mit noch mehr Sonderregeln.

Deine vorgeschlagene Vertiefung von Moral im Kampf und deine Kritik an der Dominanz des Kampfes sind für mich zwei verschiedene paar Schuhe. Aber vielleicht hab ich dich auch falsch verstanden und du verfolgst an dieser Stelle gar keine Argumentationskette. In dem Falle: Nevermind
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Taschenschieber am 7.12.2011 | 21:51
Kämpfe sind nun mal im besten Falle spannend, actionreich und wirklich plotrelevant (wenn du stirbst, isses aus). Daher erfreuen sie sich auch so großer Beliebtheit und nehmen einen so großen Raum in vielen RPGs ein.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 22:15
Deine vorgeschlagene Vertiefung von Moral im Kampf und deine Kritik an der Dominanz des Kampfes sind für mich zwei verschiedene paar Schuhe. Aber vielleicht hab ich dich auch falsch verstanden und du verfolgst an dieser Stelle gar keine Argumentationskette. In dem Falle: Nevermind

Die Kampfmoral sorgt insofern für weniger Dominanz, als dass Kämpfe nicht immer bis zum Tod ausgefochten werden (von beiden Seiten nicht) und es nach dem Kampf überhaupt noch eine soziale Auseinandersetzung geben kann. Und sie sorgt vielleicht auch dafür, dass er erst gar nicht gestartet wird. Beides sorgt etwas für eine Verlagerung weg vom Kampf und hin zum Sozialen.
Der andere große Punkt beim Kampf für mich, den ich weiter vorne im Thema schon erwähnt habe, ist die regeltechnische Möglichkeit einer echten Bedrohungssituation. Und das ist der Punkt, der den wahren Kämpfer betrifft. Er stellt selbst eine Bedrohung dar, die wahrgenommen werden will.

Und du hast schon Recht, das muss nicht unbedingt geregelt sein. Eigentlich kann man das als SL (und Spieler) auch einfach so machen. Aber wenn es handfeste Regeln dafür gibt, dann ist es auf jeden Fall Teil der Settingmöglichkeiten und auf dem Radar des SL (und eventuell der Spieler).
Man darf nicht vergessen, dass Spielregeln so etwas wie eine Hilfe für den SL darstellen, mit denen er ohne weiteres Vorwissen den Spielern eine bestimmte Spielerfahrung vermitteln kann oder soll. Das gilt ausnahmslos für alle Spielregeln.

Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 7.12.2011 | 22:43
Praktisch alle Kampfsysteme, die ich kenne lösen nur extrem grob auf oder haben gar keine Regeln zur Kampfmoral.
Deshalb ist für mich eine Debatte über perfekten Kampf in konkret existierenden Regelsystemen fast lächerlich, weil das Thema eigentlich DAS Thema im Kampf ist, welches ein extrem großes (wenn nicht oft das größte) Entscheidungsgewicht hat.

Ist im RPG in den allermeisten Fällen bedeutungslos, weil die Entscheidung über den Willen ihrer Charaktere bei den Spielern liegt - sie entscheiden, ob der PC ein harter Veteran oder ein Feigling ist, wann er Panik bekommt und fliehen oder aus Wut seine Angst überwindet; ...und das sollte man Ihnen auch besser nicht nehmen; dito der SL für die paar beteiligten NSCs.
Ausnahmen sind natürlich Massengefechte, ...aber dafür haben die meisten RPGs doch durchaus Moralregeln.
 
Zudem halte ich es für schlict unpraktikabel, die ganze Breite von charakterlichen Optionen auf Werte abzubilden: Jeder Spieler kann seinem PC jede Psychose zuweisen, die dann regelgetreu quantifiziert werden müßte, ohne im Vorfeld wirklich von einem Spieler zum sL rübergebracht worden zu sein.
Z.B. Dein Beispiel vom bei schlechteren Chancen verbisseneren Kämpfe ist schlicht die Folge eines cholerischen Themperaments, je angepisster und frustrierter man ist, je meher Schmerzen man hat, desto größer wird das Verlangen, nervenden Mitmenschen wehzutun...

 
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 7.12.2011 | 23:10
Ist im RPG in den allermeisten Fällen bedeutungslos, weil die Entscheidung über den Willen ihrer Charaktere bei den Spielern liegt ...

Eigentlich seltsam, gibt es denn nicht eine ganze Reihe von populären Rollenspielen, bei denen Willenskraft (manchmal auch Mut genannt) eine Haupteigenschaft ist und sogar ausgewürfelt wird?

Und: Jeder Spieler sieht ein, dass er den Berg nicht hochkommt oder die Tür nicht aufgeht, wenn er seinen Wurf versiebt. Wieviel ist bei diesen Dingen der Wille des Charakters wert? Es geht bei der mangelnden Akzeptanz einer Einschränkung der Kampfmoral doch nicht um den Willen des Charakters, sondern tatsächlich um den auf den Charakter transportierten Willen des Spielers.

Z.B. Dein Beispiel vom bei schlechteren Chancen verbisseneren Kämpfe ist schlicht die Folge eines cholerischen Themperaments, je angepisster und frustrierter man ist, je meher Schmerzen man hat, desto größer wird das Verlangen, nervenden Mitmenschen wehzutun...

Die Spieler und auch Spielleiter (!), die sich in solchen Kampfsituationen festbeißen sind im RL aber tatsächlich alles andere als Choleriker.
Ich vermute, es liegt einfach daran, dass man sich in solche Kampfsituationen einerseits aus dem Mangel an eigener Erfahrungen und andererseits mit dem Mund voller Chips am Wohnzimmertisch einfach nicht so richtig reindenken kann (und auch vielleicht nicht will).
Aber ich betone es nochmal, das ist definitiv ein rein simulativer Ansatz. Das mag auf die meisten sowieso gar nicht zutreffen.

Die für mich aber außerordentlich wichtige Frage: Ist dieser Effekt der ungebremsten Gewalttätigkeit tatsächlich so ein hohes rollenspielerisches Gut, dass seine Freiheit unbedingt bewahrt werden muss?
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: xergazz am 7.12.2011 | 23:55
Vielleicht bestärken Regeln dieser Art aufgrund ihres Realismusanspruchs ja auch die Gewalttätigkeit innerhalb der Vorstellung der Spieler. Ich kann mir vorstellen, dass das bei Vielen ein Grund dagegen sein kann. Die Meisten wollen nunmal unterhalten werden. Da ist ein Popcorn-Kampf einfach geschmeidiger als das wahre Gesicht des Krieges.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 7.12.2011 | 23:57
Natürlich leidet der Spielspaß drunter, wenn jemand etwas nicht machen kann, aber mei, das ist doch bei jedem misslungenen Würfelwurf so.
Warum sehen sich die Spieler gerade durch Einschränkung der charakterlichen Kampfeswut so in ihrer Entscheidungsunnabhängigkeit beeinträchtigt?

Weil es auf der mentalen Ebene einen sehr großen Schnittbereich zwischen Spieler und SC gibt, während das auf physischer Ebene nicht der Fall ist.

Deswegen besteht zumindest gefühlt ein ziemlich großer Unterschied, ob ein SC verletzt ist und davon Einschränkungen hat, oder ob er etwas (psychisch bedingt) nicht will oder nicht kann, während der Spieler das sehr wohl will.

Viele Kampfregeln betrachten das "sich vom Gegner lösen" auch ziemlich stiefmütterlich, weil es nicht so wirklich vorgesehen ist. Vorgesehen ist, dass sich heldenhafte und versteckt überlegene Charaktere gegen strohdumme Draufhaumonster in den Kampf werfen, bis das Monster tot am Boden liegt.
In solchen Systemen bzw. bei solchen Zielsetzungen haben Regelungen zur Kampfmoral auch keinerlei Existenzberechtigung, weil sie der Intention des Ganzen entgegen laufen.


Regelsysteme wo es um dynamische Konflikte auf Augenhöhe und nicht ums monotone siegen geht sind meiner Erfahrung nach eher selten.

Das ist mir allerdings der deutlich liebere Ansatz, und ich setze Aspekte davon auch in Systemen um, die eigentlich eher in die Sparte der "Monoton-Sieger" gehören.

Und man merkt mMn durchaus, dass bei diesem Spielansatz auf einmal Fragestellungen für die Spieler wichtig werden, die vorher keine Rolle spielten und die auch zum Thema Kampfmoral gehören.

Z.B. ob es ein bestimmter Konflikt überhaupt wert ist, deswegen ernsthaft zu kämpfen, oder mit welchem Gewaltlevel das Ganze angegangen wird.
Und natürlich die Frage, ob es die momentane Situation rein taktisch überhaupt sinnvoll erscheinen lässt, (weiter) zu kämpfen, oder ob man nicht lieber mal zurück steckt...


YY, du hast ja weiter oben eine konsistente Kampregelung gefordert.
Dann würde ich aber auch erwarten, dass Kampfmoral ein Thema ist, das in dieser Tiefe verregelt ist. Aber hier scheiden
sich plötzlich die Geister. Wo bleibt denn dann der konsequente Anspruch?

Vielleicht ist es weiter oben nicht klar geworden.
Zumindest für GURPS gilt:

Es gibt dort Optionen, das Ganze regelseitig abzubilden.
Das Regelwerk liefert einem z.B. alles, um einen individuellen (N)SC zu einem Feigling, zu einem Berserker, einem zögerlichen Kämpfer uvm. zu machen, und das durchaus mit klaren und eindeutigen Regelungen, denen sich der Spieler dann auch ebenso zu unterwerfen hat wie etwa den Wundregeln.
Das kann so weit gehen, dass einem Spieler auch die Entscheidung darüber, ob ein Kampf überhaupt geführt wird oder nicht, aus der Hand genommen wird.

Auch abseits der individuellen Gestaltung kann man mit fear checks u.Ä. in diese Richtung ziemlich viel machen.

Aber das ist eben in dieser ausgeprägten Form optional und nicht verbindlich für alle Spielstile als Teil des Regelkerns festgelegt.

Das ganze ist insofern ein ganz sensibles Thema bei Rollenspielern, weil viele den Tod des Charakters dem Ausspielen einer persönlichen kämpferischen Unterlegenheit vorziehen. Bevor sie eingestehen müssen, dass sie "nicht Recht hatten", verlassen sie lieber den Tisch bzw. das Spiel. Zumindest habe ich den starken Eindruck, dass es eine ganze Menge Spieler da draußen gibt, die weit davon entfernt sind, das Verlieren im Spiel kompensieren zu können bzw. es gibt ja eine ganze Menge von Spielern (da will ich mich nicht ausschließen), die das Hobby Rollenspiel unter anderem (!) betreiben, um etwas zu kompensieren. Und deshalb ist das Kämpfe Verlieren auch so unerwünscht.
Ich hab das einfach mal im Block zitiert, obwohl es eigentlich weiter oben schon mit zu einigen Stellen gehört hätte.

Jedenfalls ist da durchaus was dran, und ich stelle fest:
Für vieles, was ich so leite, brauche ich Spieler, die verlieren können.

Das werde ich mal im Hinterkopf behalten...
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 8.12.2011 | 00:33
Für vieles, was ich so leite, brauche ich Spieler, die verlieren können.

Mir geht das auch so. Inzwischen kläre ich das gerne vorher mit den Leuten ab (Spiel für große Jungs?).
Um letztendliche Siege zu echten Siegen zu machen, ist es manchmal zuerst nötig zu verlieren (bzw. nicht zu gewinnen).
Letztenendes will ich ja als SL schon auch, dass die Spieler am Ende als die tollen Hechte dastehen, aber wenn man alle Register der Dramatik ziehen will, kann der Weg dahin nicht ohne Verluste oder Niederlagen gehen. Es ist aber manchmal nicht so leicht, Spieler zu finden, die das so verinnerlicht haben, dass sie es auch noch in der Kampfsequenz wissen.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: scrandy am 8.12.2011 | 00:49
@ Das Nichts
Also wir hatten das Thema ja schon mal auf der RPC dieses Jahr. Und ich bin der Meinung, dass ich Kampfmoral mit meinen neuen Statusregeln aus Mystix abbilden kann (damals gab es die noch nicht), vorausgesetzt die Spieler wollen sowas bespielen. Denn da Mystix ja recht Regelarm ist setzt es voraus, dass der SL und die Spieler Ahnung vom Kämpfen haben und so etwas wie deine "Kämpferausstrahlung" bespielen wollen. Insofern erfüllt es natürlich nicht die Vorgabe des hart geregelten Simulationismus. Aber ich versuchs trotzdem mal kurz zu erklären:

(Im Spoiler-Block, falls es die anderen nicht interessiert)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 8.12.2011 | 00:57
..., sondern um die ganz normale Auseinandersetzung, wo Kampfmoral ebenso eine Rolle spielt, weil sie praktisch immer eine Rolle spielt, sobald die Situation für eine Seite entgleist (und das  ist irgendwann in einer Kampfsituation immer so, wenn nicht eine plötzliche Kampfunfähigkeit auftaucht).  .[...] Als einigermaßen erfahrener Spielleiter weiß ich, dass die Kampfentscheidungen mit Abstand der meisten Spieler beim Kampf so abseits realer Kampfmechanismen liegen wie sonst kaum etwas.

Ich sehe worauf Du hinaus willst und das Anliegen ist sicherlich auch prinzipiell berechtigt - abgesehen davon, dass es in der Tat sehr viele Kampagnenstile und Spielertypen gibt, die solchen "harten psychologischen Realismus" gar nicht möchten. Spielspaß für alle und Wahrung der gewollten Handlungsfreiheit sollte IMHO immer Vorrang haben.
Bei mir wäre es so, dass es ein paar Settings gibt, wo ich sowas gut finde, das sind Settings, wo generell ein hartes und realitätsnahes Feeling mit hohem Gefahrenfaktor für die SCs vorherrscht. Ganz entscheidend ist aus meiner Sicht dabei jedenfalls, dass die <ganze Gruppe> so etwas möchte, weil es sonst einigen den Spielspaß verdirbt und deren Standpunkt ist mindesten genau so berechtigt wie der andere, der in gewissem Sinne ja sogar der "Standard" in der RPG-Szene ist. Beispielsweise in normalen Fantasy-Runden würde ich sowas auch nicht haben wollen, weil es dann auch die "Lockerheit" oder ein wenig das Heroische des Spielgefühls beeinflusst und man ja i.d.R. auch nicht ständig "hard&dirty" spielt.


Generell scheint mir die beste Lösung für Dein Anliegen aber abseits der Regeln zu liegen, nämlich im Rollenspielverhalten selbst und damit in einem Gespräch mit den betroffenen Spielern! Erstmal sollte man sicher stellen, dass die Spieler diesen Stil überhaupt gut finden ;) Dann fordere solch ein Verhalten als gutes Rollenspiel und belohne es mit Punkten...
Aus meiner Erfahrung einer "harten" Kampagne mit GURPS-Regeln, also wo ich mal bewusst ziemlich simulativ gespielt habe und auch vorher mit den Spielern besprochen habe, dass es für ihre SCs eine härtere Herausforderung wird als normal, kann ich übrigens sagen, dass die Spieler sich zum Großteil auch von ganz allein (aus meiner Sicht) psychologisch ziemlich plausibel/realistisch verhalten haben!
Das liegt sicherlich v.a. daran, dass man bei GURPS auch recht schnell mal durch einen einzelnen Treffer eines NPCs eine Bein- oder Arm-Verkrüppelung bekommt und der Kampf dann leicht verloren ist... Also echte Konsequenzen! ...und der Char muss stark hoffen, dass zeitnah gute Heilmöglichkeiten verfügbar sind :p Allein als diese Folgen bewusst wurden, ist das Spielverhalten auch dem Gefahrenniveau angemessener geworden...

Einige Regelaspekte für solche Situation fände ich als <Option> für harte Settings ganz interessant, also im Prinzip ein häufigeres Einfordern von Willenskraftwürfen in bestimmten Situationen. Bspw. ein Willenswurf um Abzüge zu verhindern, etwa: "Sein massiver, hasserfüllter Angriff ist so überwältigend, dass Du echt an die Grenzen gebracht wirst, um nicht in Panik zu geraten!" Folge: Willenskraftwurf schaffen, ansonsten gibt es einen Abzug auf die Parade.... Sowas in der Art... Finde ich auf jeden Fall spannend, aber ist IMHO nur etwas für manche harten Settings und nur wenn die Spieler sowas auch wollen!  :d   ...zudem gibt es hier ganz offensichtlich extrem wenig Nachfrage auf dem RPG-Markt...?

Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 8.12.2011 | 01:26
OldSam, Du bringst mich auf eine Idee, denn der Ruf nach Moralregeln muss ja nicht nur grim & gritty und negativ sein.
In heldenhaften Settings kann es ja auch einen Moraleffekt geben, aber einen der eher positiv ist. Motto: Heldenmut steckt an!
Sowas hab ich aber auch noch nicht wirklich gesehen.
Eine "Heldengruppe" kann ja eigentlich mehr oder weniger eine richtige Kampfgruppe sein. Die gesamte Kampfführungssache wird aber in den Regeln, die ich so kenne, sträflich vernachlässigt. Effekte von befreundeten Erfolgen (oder Misserfolgen) sind meines Erachtens nicht im Zentrum der Beachtung. In der Realität sind sie allerdings sehr einflussreich.
Und wenn es sowohl Vor- als auch Nachteile gibt, dann wird auch den Gamisten das Spiel nicht versalzen sondern bereichert.

Ich führe diese Sachen übrigens nicht nur an, um mein persönliches Spiel zu verbessern (das natürlich auch), sondern vor allem aus der Sicht des Gamedesigners. Mein Anliegen ist nicht meine eigene Spielrunde, sondern neue, gute Spiele für alle.
Und deshalb geht es mir auch nicht um irgendeine Lösung, sondern um knallharte Regeln, die in einem Buch stehen und einer Gruppe hilfreich sind, um die Rollenspielerfahrung am Tisch vielschichtiger und interessanter zu machen.

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Scrandy, danke für die Ausführung. Ich glaube wir müssen uns mal wieder auf einem Con weiterunterhalten. 8)
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Benjamin am 8.12.2011 | 08:21
Moral gab es hier in den alten Versionen für Monster, die Spieler sollten schon immer selbst entscheiden dürfen, wann sie das Weite suchen.

Den Effekt eines kritischen Treffers oder eines Misserfolgs siehst Du in den Gesichtern Deiner Spieler, was brauchst Du da denn noch!?

Wenn das verregelt wird, führt das zu Genre-Konventionen, denn sicher muss das dann für Superheldencomics anders aussehen als für ... etc.
Letztendlich schränkt man damit die Spieler ein. Denn was ist denn der Umkehschluss? Darf ein Krieger sich dann nur noch aus dem Kampf zurückhalten, wenn er seine Moral versemmelt?

Den Vergleich von Moral und Fertigkeitsproben halte ich hier für unangebracht, denn der Willen eines Charakters, eine Wand zu erklimmen, ist durch seine Fertigkeit nicht eingeschränkt. Allenfalls die Durchführung klappt nicht, aber das gilt dann auch für den Angriff. Wer seinen Magier gegen den Orkhäuptling kämpfen lassen möchte, kann das jederzeit tun.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Waldgeist am 8.12.2011 | 08:29
OldSam, Du bringst mich auf eine Idee, denn der Ruf nach Moralregeln muss ja nicht nur grim & gritty und negativ sein.
In heldenhaften Settings kann es ja auch einen Moraleffekt geben, aber einen der eher positiv ist. Motto: Heldenmut steckt an!
Sowas hab ich aber auch noch nicht wirklich gesehen.

"Moralregeln", die mich nicht (absolut) zu Handlungen zwingen, sondern Boni oder Mali gewähren, könnten durchaus für das eine oder andere Setting interessant sein. (Ich meine bei HeroQuest 2.0 etwas in die Richtung gesehen zu haben, bin mir aber nicht sicher.) Wenn solch ein System entsprechend optional aufgebaut wäre, könnte man es weglassen, auf grim & gritty oder auf heroisch (und auf Abstufungen dazwischen) einstellen.

@Das Nichts: Wie könnte so ein System aussehen?

Wäre es nicht langsam sinnvoll, das Kampfmoral-Thema auszulagern?
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 8.12.2011 | 09:08

Und: Jeder Spieler sieht ein, dass er den Berg nicht hochkommt oder die Tür nicht aufgeht, wenn er seinen Wurf versiebt.

Ist das so? Bei mir passiert da imemr was ganz anderes: die spieler maulen, wollen verpatzte Proben nochmal versuchen, weil es ja "nicht realistisch" ist, dass man bei solchen Sachen scheitern kann etc. Und das, obwohl ich schon alle möglichen Tricks aus dem Hut ziehe (Stakes vereinbaren und so), um sowas zu unterbinden. Nichts ist in meinen Augen ärgerlicher als verpatzte Proben außerhalb einer klar verregelten Situaton (wie einem Kampf).

Kampfmoral:

Das Nichts hat da einen guten Punkt angebracht, der aber eigentlich viel weiter führt: die meisten Rollenspiele funktionieren nach dem Prinzip, das körperliche Angelegenheiten detailliert geregelt sind und gewürfelt werden, während psychische Angelegenheiten der SCs trotz einiger Alibiattribute meistens den Spielern überlassen bleiben. Soll ja auch so sein, schließlich handelt es sich um Fantasyspiele und keine Realitätssimulation.

Deswegen halte ich Moralregeln im Kampf (auf der Scharmützelebene, nicht bei Schlachtszenen) auch nur für bedingt nötig. Aber einige Möglichkeiten gibt es trotzdem. Fate z.B. bildet auch innere Zustände der (N-)SCs ab, und da wiegen Moralverluste schwer. Warhammer 3 hat da auch interessante Mechanismen (Stress, kurzzeitige Insanities, die Charaktere nicht unspielbar machen).

Eine ganz einfache Möglichkeit in Systemen mit Trefferpunkten wäre es z.B., die Trefferpunkte als "Kampfmoral" zu definieren. Wenn die HP auf Null sinken, ist der Gegner besiegt - wie das dann aussieht, bleibt der Beschreibung des Spielers oder SLs überlassen. Das würde auch mal die blöde Frage klären, warum Tiere (Söldner usw.) nicht abhauen, wenn sie über die Hälfte ihrer HP verloren haben: weil ihre Kampfmoral noch nicht gebrochen ist, was etwas ganz anderes ist als ihre Gesundheit!
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 8.12.2011 | 09:17
So etwas gibt es doch bestimmt schon. Kommt mir jedenfalls bekannt vor, mit dem TP=Kampfmoral...
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 8.12.2011 | 09:20
So etwas gibt es doch bestimmt schon. Kommt mir jedenfalls bekannt vor, mit dem TP=Kampfmoral...

Klar, gibts sicher schon  ;D
Bloß fällt mir kein P&P RSP ein, das es so umsetzt. Ich hab die Idee von Herr der Ringe Online, aber irgendwer weiß bestimmt, welche P&P-RSPs das so anstellen.
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 8.12.2011 | 09:51
Eigentlich seltsam, gibt es denn nicht eine ganze Reihe von populären Rollenspielen, bei denen Willenskraft (manchmal auch Mut genannt) eine Haupteigenschaft ist und sogar ausgewürfelt wird?

Jup, aber als Attribut, das in alltägliche Andlungen einfließt (wie lange kann man über, bevor es einem zu blöd wird) oder für metaphysische Ereignisse (Gedankenkontrolle, Zauberresistenz, etc.) - nicht für nachvollziehbare Entscheidungen (Krampf oder Kampf).
Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen als Krücken (z.B. die Versuchungsregeln in Midgard), die man heranziehen kann, wenn sich alle Beteiligten einig sind, daß sie es nicht mit Ausspielen oder gesundem Menschenverstand regeln können (die Top-Hetäre versucht Deinem Char zu verführen und / oder Informationen zu entlocken, was ruscht Dir denn so raus?); aber selbst die werden eher selten für boolsche Entscheidungen genutzt ([Beschreibung - Intro - "gehst Du mit Ihr für ein Stündchen auf Dein Zimmer oder observierst Du den Eingang der anderen Suite auch noch den Rest der Nacht?") .

Zitat
Und: Jeder Spieler sieht ein, dass er den Berg nicht hochkommt oder die Tür nicht aufgeht, wenn er seinen Wurf versiebt. Wieviel ist bei diesen Dingen der Wille des Charakters wert? Es geht bei der mangelnden Akzeptanz einer Einschränkung der Kampfmoral doch nicht um den Willen des Charakters, sondern tatsächlich um den auf den Charakter transportierten Willen des Spielers.

Ich kann in beiden Fällen abschätzen, wie aufwendig und riskant die Aktion ist und was der erwartet Gewinn ist (ebenso mein Char), also kann ich anhand von meiner Vorstellung seiner Psyche einschätzten, ob er dazu bereit ist oder nicht - meine Entscheidung, aber anhand von bekannten Startbedingungen; ich kann nicht den Erfolg einer einzelnen Handlung schlüssig herleiten, also muß ich würfeln, ob er die Steilwand hochkommt oder es schafft, den Gegner zu entwaffenen.
Ich habe mir die Persönlichkeit des Chars selber ausgedacht, also habe ich hier völlige Kontrolle über seine Position und seine Möglichkeiten, aber das Schloß, die Wand, daß Wetter, den Gegner hat der SL ausgebröselt, und über deen Aktionen und 'Kompetenzen' kann ich nur Vermutungen anstellen.

Zitat

Die Spieler und auch Spielleiter (!), die sich in solchen Kampfsituationen festbeißen sind im RL aber tatsächlich alles andere als Choleriker.

Sorry, da bezog ich mich auf Realitas, nicht den Spieltisch - Mißverständnis.

Zitat
Ich vermute, es liegt einfach daran, dass man sich in solche Kampfsituationen einerseits aus dem Mangel an eigener Erfahrungen und andererseits mit dem Mund voller Chips am Wohnzimmertisch einfach nicht so richtig reindenken kann (und auch vielleicht nicht will).

Jaein - ich glaube nicht, daß man das muß: man kann sich auf die Annahme eines freien Willens und einer Grundintelligenz des Charakters zurückziehen und auf den bekannten Charakterzügen basierend eine Entscheidung treffen, wie dieser wohl agieren würde.
Bzw. frei interpolieren und dabei die gewünschte Entwicklung der Ereignisse vorantreiben.
In beiden Fällen sehe ich im Allgemeinen keinen Vorteil in "Moralwürfen".
(Ist was anders in exotischen Einzelsituationen oderspezifischen Vor- und Nachteilen, die hier schon jemand genannt hat: Zombies in der Nacht, Blutdurst, Drogen, Kampfstarre, geistige Beeinflussung, etc.)

Zitat
Aber ich betone es nochmal, das ist definitiv ein rein simulativer Ansatz. Das mag auf die meisten sowieso gar nicht zutreffen.

Ich halte es auch simulatorisch für überflüssig im Rahmen normaler Ereignisse menschähnlicher Charaktere - das zu managen traue ich der Simulationsmaschine zwischen den Ohren der meisten Speiler noch zu.

Zitat
Die für mich aber außerordentlich wichtige Frage: Ist dieser Effekt der ungebremsten Gewalttätigkeit tatsächlich so ein hohes rollenspielerisches Gut, dass seine Freiheit unbedingt bewahrt werden muss?

Ich sehe auch gar nicht, wo der Zusammenhang besteht.
Ich kenne da viele Charaktere, wie weniger aggressiv sind als ihre Spieler im echten Leben.

Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 8.12.2011 | 10:20
Klar, gibts sicher schon  ;D
Bloß fällt mir kein P&P RSP ein, das es so umsetzt. Ich hab die Idee von Herr der Ringe Online, aber irgendwer weiß bestimmt, welche P&P-RSPs das so anstellen.


Ha! Daher kannte ich das auch!  :D
Titel: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 8.12.2011 | 15:08
Ha! Daher kannte ich das auch!  :D

Wahrscheinlich werde ich diesen Ansatz benutzen, um bei D&D4 die Kampfsituationen zu beschreiben. Dann werden auch die nichtmagischen heilfähigkeiten des Warlord ein bisschen deutlicher (der mich ja irgendwie an den Hauptmann bei LOTRO erinnert).
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Hector am 9.12.2011 | 14:16
Wenn es darum geht, ein funktionierendes und gleichsam zu Rollenspiel animierendes Moralsystem zu entwickeln, das sowohl für NSC als auch für SC gilt, braucht man zunächst einen Wert, der die Kampfmoral abbildet. Könnte sich "Mumm" (vgl. SW), "Tapferkeit", "Schneid" oder wie auch immer nennen. Und in einem guten Baukastensystem entscheidet der Spieler darüber, wie viel ihm ein mutiger Charakter wert ist.

Als nächstes benötigt man Schalter, die eine Moralprobe erforderlich machen. Hier liefern ja viele Systeme bereits einiges (Midgard, Rolemaster, Warhammer 40K, altes SG... wo waren da eigentlich "lustige" Moraltabellen, TW?). Beliebt sind Sachen wie "x% der eigenen Partei werden kampfunfähig", "Anführer wird verletzt/fällt", "überraschender Artilleriebeschuss", etc.

Nun folgt die Umsetzung. Für die gegnerischen NSC sollte es klar strukturierte Regeln geben, wann sie wie reagieren, schon allein, um den SL zu entlasten und zu verhindern, dass er seine Objektivität verliert. Dabei könnte deren Mut/Fanatismus, Boni durch gute oder Mali durch schlechte Anführer, die Motivation (greifen sie selbst an? Verteidigen sie ihre Familien) und die Situation (schon in der Unterzahl? schlechter ausgerüstet?) berücksichtigt werden. Für die SC hingegen sollte es im Anschluss an die Mut-Probe auf eine Ansprache durch den SL hinauslaufen, der hier meiner Meinung nach besonders gefordert ist. Hier mal ein Beispiel aus zwei Blickwinkeln:

Möglichkeit 1: Diktatur des Würfels
SL: "Harry, euer Sergeant kippt gerade aus den Latschen. Mach mal eine Schneid-Probe."
Harry: "Okay... (würfelt)... vergeigt, Mist."
SL: "Dann wirf 1W20 auf Moraltabelle 2. +2 weil Euer Anführer gefallen ist."
Harry: "15. Das heißt, dass mein Corporal Stoner jetzt rennt, bis er irgendwo Deckung findet, richtig?"
SL: "Stümmt. Also renn mal schön. Volle Bewegungsweite, bitte, hier ist kein Cover in Sicht."

Möglichkeit 2: Spielleiter suggeriert
SL: "Der Rebell landet einen schweren Kopftreffer und zieht Eurem Sergeant seinen Säbel quer übers Gesicht. Der Sarge fällt schreiend zu Boden, die Hände vor die grässliche Wunde geschlagen. Zeig mal, wie Du das wegsteckst."
Harry: (schluckt schon bei der Beschreibung) "Oh Mann... (würfelt) vergeigt!"
SL: "Dir wird klar, dass Eure Chancen, diesen Kampf zu gewinnen, soeben drastisch gesunken sind. Ohne den Sarge läuft alles aus dem Ruder. Der Feind gewinnt die Überhand. Was tust Du?"
Harry: "Shit. ich gebe das taktische Zeichen für geordneten Rückzug und hoffe, dass der Rest der Squad meine Befehlsgewalt anerkennt."
SL: "Okay, dann mal eine Willenskraft-Probe, wie Du das von der Ausstrahlung her rüberbringst..."

Mein Fazit: Moralproben sollten an regeltechnisch fixierten Stellen mit für gegnerische NSC regeltechnisch fixierten Folgen erforderlich werden. Die Konsequenzen für Spielercharaktere sollten die Spieler selbst ziehen. Die Regeln sollten ihnen allerdings Anhaltspunkte liefern, ob sie die Nerven verlieren bzw. Angst bekommen oder nicht. Nur das Ausschmücken und die eigentlichen Reaktionen sollten immer beim jeweiligen Spieler bleiben. Ein guter Spielleiter sollte allerdings versuchen, durch entsprechend drastische Beschreibungen auf eine realistische Reaktion hinzuwirken.

Von Spielen ohne Moralsystem halte ich gar nichts. Bin da zu sehr Tabletop-geprägt. Ich finde es stinklangweilig, wenn Kämpfe immer nur übers Kloppen gelöst werden. Bei einem anständigen Tabletop oder Cosim ist die Kampfmoral oft wichtiger als die physische Kampfkraft, und das sollte auch ein gutes Kampfsystem im Rollenspiel abbilden.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Waldgeist am 9.12.2011 | 14:34
Möglichkeit 2: Spielleiter suggeriert
SL: "Der Rebell landet einen schweren Kopftreffer und zieht Eurem Sergeant seinen Säbel quer übers Gesicht. Der Sarge fällt schreiend zu Boden, die Hände vor die grässliche Wunde geschlagen. Zeig mal, wie Du das wegsteckst."
Harry: (schluckt schon bei der Beschreibung) "Oh Mann... (würfelt) vergeigt!"
SL: "Dir wird klar, dass Eure Chancen, diesen Kampf zu gewinnen, soeben drastisch gesunken sind. Ohne den Sarge läuft alles aus dem Ruder. Der Feind gewinnt die Überhand. Was tust Du?"
Harry: "Shit. ich gebe das taktische Zeichen für geordneten Rückzug und hoffe, dass der Rest der Squad meine Befehlsgewalt anerkennt."
SL: "Okay, dann mal eine Willenskraft-Probe, wie Du das von der Ausstrahlung her rüberbringst..."


Diese Variante gefällt mir!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 9.12.2011 | 15:02

Diese Variante gefällt mir!
Ich frage mich, was da überhaupt der Moral-Wurf soll. Er hat ja genau gar keinen Effekt, und die Situation wäre auch keine andere, wenn der Spieler den Wurf geschafft hätte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Hector am 9.12.2011 | 15:08
Ich frage mich, was da überhaupt der Moral-Wurf soll. Er hat ja genau gar keinen Effekt, und die Situation wäre auch keine andere, wenn der Spieler den Wurf geschafft hätte.

Er ist eine grobe Richtlinie für den SL, wie er weiter zu beschreiben hat:

Möglichkeit 2a: Spielleiter suggeriert
SL: "Der Rebell landet einen schweren Kopftreffer und zieht Eurem Sergeant seinen Säbel quer übers Gesicht. Der Sarge fällt schreiend zu Boden, die Hände vor die grässliche Wunde geschlagen. Zeig mal, wie Du das wegsteckst."
Harry: (schluckt schon bei der Beschreibung) "Oh Mann... (würfelt) aber klappt prima!"
SL: "Der Verlust des Sarge ist schwerwiegend, aber der Kampf ist noch nicht verloren. Nun musst Du an seine Stelle treten. Es liegt an Dir, den Männern neuen Mut zu machen. Was tust Du?"
Harry: "Kurze Peilung der Lage. Sie sind 7, wir sind 5. Aber solange meine Jungs halten, ist Rückzug keine Option für mich. Ich befehle, weiter anzugreifen."
SL: "Okay, dann mal eine Willenskraft-Probe, wie Du das von der Ausstrahlung her rüberbringst..."

Edit: Zumindest für mich als Spieler wäre es auch ein Unterschied, ob mein Charakter seine Mutprobe gerade kläglich vergeigt oder lässig bestanden hat. Für Dich nicht?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 9.12.2011 | 15:41
Würfelergebnis als Anregung, wie man weiterspielen soll, klar, sehe ich ein. Ich würde das nur konzeptionell vom SL entkoppeln.

SL: "Der Rebell landet einen schweren Kopftreffer und zieht Eurem Sergeant seinen Säbel quer übers Gesicht. Der Sarge fällt schreiend zu Boden, die Hände vor die grässliche Wunde geschlagen. Zeig mal, wie Du das wegsteckst."

Und dann eben:

Harry: (schluckt schon bei der Beschreibung) "Oh Mann... (würfelt) aber klappt prima!"
Harry: "Ach was, so kritisch ist das nicht, wir sind immer noch in der Überzahl! Männer zu mir! Attacke! Für König und Vaterland!"

oder:

Harry: (schluckt schon bei der Beschreibung) "Oh Mann... (würfelt) vergeigt!"
Harry: "Scheiße! Scheiße! Scheiße! Die machen uns fertig! Ich gebe das taktische Zeichen für geordneten Rückzug und hoffe, dass der Rest meine Befehlsgewalt anerkennt."
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Waldgeist am 9.12.2011 | 16:02
Ich würde das nur konzeptionell vom SL entkoppeln.

Auch gut. Passt für mich.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Hector am 9.12.2011 | 16:10
Okay... gar keine Frage. Das ist dann halt davon abhängig, wie das jeweilige System die Kompetenzen an der erzählerischen Realität verteilt. Wobei ich bei unerfahrenen Spielern immer eine gewisse Suggestion durch den Spielleiter empfehlen würde, damit die Spieler sich mehr auf ihre Rolle konzentrieren können und nicht über die Konsequenzen auf die Umwelt den Kopf zerbrechen müssen.

Wichtig ist halt, dass es für die Spieler keine bindende Tabelle geben sollte, in der steht, wie sie exakt reagieren und wie viele Meter sie jetzt rennen müssen, wenn der Kampf nicht so gut läuft. Da könnte z.B. stehen:

"(...) In den oben beschriebenen Situationen muss jeder Spielercharakter eine Probe auf den Mut bestehen. Misslingt diese, so zeigt das dem Spieler, dass sein Charakter Angst bekommt oder sogar, bei einem besonders schlechten Ergebnis, die Nerven verliert. Die angemessene Reaktion zu zeigen, obliegt dem Spieler." Und wenn er das Ergebnis ignoriert, gibt es halt keinen Bennie. Oder keine Fanmail, was auch immer.

Man kann sich natürlich überlegen, ob eine vergeigte/kritisch vergeigte Mutprobe auch Konsequenzen auf den Kampfwert von Spielern nach sich ziehen sollte. Das wäre wohl angemessen, und es würde auch dafür sorgen, dass der betreffende Spieler zusätzlich motiviert wird, die Waffen zu strecken. Wenn man in einem W20-System auf einmal -4 auf alle Angriffswürfe bekommt, bis man sich zurückzieht, denkt man zweimal drüber nach, ob man den Kampf trotzdem durchzieht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 9.12.2011 | 16:15
Mein Fazit: Moralproben sollten an regeltechnisch fixierten Stellen mit für gegnerische NSC regeltechnisch fixierten Folgen erforderlich werden. Die Konsequenzen für Spielercharaktere sollten die Spieler selbst ziehen. Die Regeln sollten ihnen allerdings Anhaltspunkte liefern, ob sie die Nerven verlieren bzw. Angst bekommen oder nicht. Nur das Ausschmücken und die eigentlichen Reaktionen sollten immer beim jeweiligen Spieler bleiben. Ein guter Spielleiter sollte allerdings versuchen, durch entsprechend drastische Beschreibungen auf eine realistische Reaktion hinzuwirken.
Zustimmung, das wäre für mich eigentlich das Normale!
In dieser Art mache ich das in entsprechenden Settings sowieso meistens, dass ich versuche durch entsprechende dramaturgische Beschreibungen dem Spieler nochmal einen "Hinweis" zu geben, also quasi der Wink mit dem Zaunpfahl.
Wenn man z.B. explizit bedrohlich mit blutigen Details beschreibt wie sich die geifernde Zombiehorde nähert und sie grad über die zwei Leiche der befreundeten NSCs hinwegsteigen, sollte das beim SC schon anders ankommen, als "Es kommen 10 Zombies auf Dich zu." Wenn der Spieler hingegen beschließt das implizite Signal der SL-Beschreibung anders zu interpretieren und mit "Charge!!" losstürmt, ist das seine eigene Entscheidung, es sollte aber schon so sein, dass das System von der Wahrscheinlichkeit dann auch Resultate liefert, welche der SL-Beschreibung entsprechen...
Harte Verregelungen von Moral können interessant sein, wenn es für das Setting günstig ist und die Leute dazu neigen, Gefahren auf die leichte Schulter zu nehmen, das aber nicht dem Kampagnenstil entsprechen soll. Hat man Spieler, die ihre Chars gut ausspielen, ist es aber sowieso meist eher unnötig und teil sogar störend...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Deep One am 9.12.2011 | 16:19
Um bei dem Beispiel mit dem Sergeant zu bleiben, macht es da nicht mehr Sinn, +2 auf Trefferwürfe zu geben, solange der dabei ist? - Jo gut, und wenn die +2 wech sind, können die Spieler sich ja überlegen, ob sie es trotzdem noch schaffen. Scheint mir vernünftiger zu sein als eine gar schröckliche Beschreibung, die den Heldenmut ja geradezu herausfordert, oder eine LOLMoralversagen-Tabelle.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 9.12.2011 | 17:07
Um bei dem Beispiel mit dem Sergeant zu bleiben, macht es da nicht mehr Sinn, +2 auf Trefferwürfe zu geben, solange der dabei ist?

A propos "perfektes Kampfsystem": Savage Worlds hat ja genau das: Anführer mit Anführer-Talenten, die genau solche Dinge abbilden - und (je nach Setting) Moralwürfe mit harten Regelkonsequenzen, die dem Spieler aber nicht diktieren, wie er seine Figur zu führen hat.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 9.12.2011 | 18:08
A propos "perfektes Kampfsystem": Savage Worlds hat ja genau das: Anführer mit Anführer-Talenten, die genau solche Dinge abbilden - und (je nach Setting) Moralwürfe mit harten Regelkonsequenzen, die dem Spieler aber nicht diktieren, wie er seine Figur zu führen hat.

Ein Shaken-Resultat kann auch jederzeit Moral-Color haben. Bei Furcht und Test of Will ist das ja sogar Default.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Ein am 9.12.2011 | 19:40
Wenn man Hitpoints abstrakt betrachtet, dann hat man damit bereits Kampfmoral eingebaut. Die Spieler erkennen das auch intuitiv und flüchten, wenn ihre HP zu niedrig werden und keine "Heilung" mehr zur Verfügung steht. Die, die nicht flüchten, simulieren dagegen wunderbar, dass manche Leute unter Beschuss durchdrehen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Bad Horse am 9.12.2011 | 19:57
Bei Unknown Armies gibt es ein System zum Umgang mit traumatischen und angsteinflössenden Ereignissen: Erstmal gibt es fünf verschiedene Kategorien (Gewalt, Übernatürliches, etc.). Wenn man mit einer entsprechenden Situation konfrontiert wird, muss man würfeln: Hat man es geschafft, behält man die Kontrolle und härtet ab, wenn nicht, dann hat man drei Optionen: Fliehen, sich in die Ecke kauern und wimmern oder durchdrehen und blindwütig angreifen.
Das Schöne daran ist, dass man nur in Situationen würfeln muss, gegen die man nicht abgehärtet ist - wenn das erste Mal auf einen geschossen wird, ist das echt schlimm und fies, aber nach dem 10. Mal hat man dann schon eine gewisse Routine entwickelt - oder ist ein völliges geistiges Wrack.

Finde ich eigentlich ein ganz gutes System.  :)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 00:55
Wenn es darum geht, ein funktionierendes und gleichsam zu Rollenspiel animierendes Moralsystem zu entwickeln, das sowohl für NSC als auch für SC gilt, braucht man zunächst einen Wert, der die Kampfmoral abbildet. Könnte sich "Mumm" (vgl. SW), "Tapferkeit", "Schneid" oder wie auch immer nennen. Und in einem guten Baukastensystem entscheidet der Spieler darüber, wie viel ihm ein mutiger Charakter wert ist.

Was ist mit Attributen wie Fatalismus, positivem Denken, Ehre, Vernunft, etc. die alle positiv oder negativ auf die Kampfbereitschaft auswirken?
Was mit der Frage ob der Char hinter seiner Fraktion steht, oder nur aus Angst vor dem Exekutionkommando mittut?
Macht es keinen Unterschied, ob er die Feste verteidigt, in dem sich seine Famile versteckt, oder nur auf einer Kampagne in der Fremde ist.
Haßt er diese Art Gegner aus irgendwelchen Gründen oder sympathisiert er eher mit ihnen?
Hängt er an seinem Leben, ist er feige oder wagemutig, blutrünstig oder lebensmüde?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 10.12.2011 | 03:15
Schluss-edit am Anfang: ohje, ist das lang geworden, denn ich hab versucht sehr sorgfältig zu formulieren. Ich hoffe das liest überhaupt jemand. Aber es enthält ein sehr konkretes Beispiel, wie ich mir gute (bzw. perfekte) Moralregeln generell vorstelle.

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altes SG... wo waren da eigentlich "lustige" Moraltabellen, TW?

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Es geht mir aber nicht um lustig oder nicht lustig, sondern um den regeltechnischen Ansatz der Lösung.
Es gibt meiner Meinung nach nicht nur die beiden von dir dargestellten extremen Möglichkeit "Diktat des Würfels" (total vorschreibend) und "Spielleiter suggeriert" (frei interpretierbar).

Mir schweben Regeln vor, die den Moralwürfen definitive Konsequenzen zuordnet, aber trotzdem nicht gleich entmündigende Vorschriften machen, an welchem Rockzipfel sich der Charakter jetzt "kreischend festklammern" muss (SG S.130 Erstauflage).
Vielmehr fände ich generelle Handlungsrichtlinien besser wie z.B.

für Nahkampf:
- Darf nicht nachsetzen.
- Darf nicht angreifen.
- Muss sich zurückziehen.
- Muss fliehen.

für Fernkampf:
- Darf nicht vorrücken.
- Darf nicht angreifen.
- Duckt sich.
- Muss fliehen.

Diese paar Zeilen sind keine fertige Regelentwicklung sondern nur eine Skizze von Möglichkeiten, die mir im Moment eingefallen sind, weil ich solche Dinge aus Nichtrollenspielen kenne.

Wenn sich jemand slapstickmäßig wärend des Duckt sich an irgend jemandes Rockzipfel festkrallt, dann honoriere ich das je nach Qualität des Vortrages durchaus als gutes Rollenspiel, aber genauso gut kann ein anderer Charakter derweil nur "Game over man! game over!" Rufen, der nächste fängt vor Angst an zu beten, zu singen, munitioniert auf oder zieht sich geduckt zurück (was alles eine legale Option von "duckt sich" wäre, aber eben keine Vorschrift).
Es geht mir nicht um das konkrete Vorschreiben einer erzählerischen Performance (das ist ja das Kreative am Rollenspiel, das jedem selbst überlassen bleiben sollte.), sondern es geht mir um simulativ relevante Rahmenbedingungen, innerhalb derer jemand in seinem Spielstil entsprechender Weise aktiv werden kann, ohne wortwörtlich bevormundet zu werden.

Beispiel:
Spielercharakter Sir Henry stapft seit fast 2 Tagen alleine durch den Schnee und wird von einem hungrigen Rudel von 20 Goblins angegriffen. Eine echte Gefahr - und selbst im Falle eines Sieges durch kompletten Totschlag aller Goblins eine zusätzliche Schwächung, die ihn vielleicht an seiner viel wichtigeren Aufgabe hindern könnte.
Der Ritter pariert in der ersten Kampfrunde mit dem Schild, gibt dem Anführer der Grünhäute mit dem Streithammer eins auf die Schnauze und dieser versiebt wegen des LP-Verlustes am Kopf von mehr als 30% seinen Moralwurf um 20 (Die Angst ist plötzlich größer als der Hunger), was laut Tabelle erst mal in einem "Darf nicht angreifen" mündet. Der SL beschreibt: "Dieser schreit vor Schmerzen und verhält sich abwartend" (Er muss die Schmerzen erst runterschlucken und Mut für einen erneuten Angriff sammeln. Ein zweiter Moraltest am Ende der nächsten Runde könnte das ermöglichen.). Die Goblingruppe legt ebenfalls einen schlechten Moraltest hin (wegen Anführer verletzt und pinned). "Die anderen folgen dem Beispiel des Anführers und haben offenbar erst mal Respekt."
Sir Henry ergreift die Initiative und setzt in der Abwarterunde der Goblins seine Fertigkeit "Furcht einflößen" ein. Er schreit den Anführer an und droht erfolgreich mit der Waffe, ohne ihn anzugreifen (denn dann könnte der Goblin sich wehren und ihn eventuell treffen). Die Moral des Goblinanführers sinkt um einen weiteren Level auf "Muss sich zurückziehen."
Sir Henry nutzt die Gunst der Stunde und flieht in eine nahe Anhöhe, wo er sich besser gegen die kleinen Grünhäuter wehren kann, falls sie tatsächlich zurückkehren.
Der SL würfelt für die Goblins noch einmal Moral, um zu ermitteln, was mit ihnen sein wird. Der Anführer schafft den Wurf und überzeugt seine Horde, in der Nacht noch einmal zu dem silbern angezogenen Mann zurückzukehren, der in ihr Gebiet eingedrungen ist ...

Das Beispiel soll zeigen, wie eine regeltechnische Vorgabe mit individueller Beschreibung einhergehen kann. Das ist eigentlich kein Hexenwerk und deshalb wundert es mich, dass es so etwas durchaus in Cosims und Tabletops, aber in Rollenspielen nicht in solcher Form gibt.
Ich möchte nochmal explizit darauf hinweisen, dass das Beispiel über die von Großkomptur beschriebene zweite Möglichkeit hinausgeht, weil sie keinen Zweifel über die generellen taktischen Möglichkeiten lässt, aber trotzdem nicht vorschreibt wie in der von ihm beschriebenen ersten Möglichkeit.

Und um nochmal den Bogen zurückzuschlagen zum sozialen Spiel:
Wenn man Gegner vor sich hat, mit denen man reden könnte, dann ermöglichen solche Zwischenrunden im Kampf wo ein Aggressor sich passiv verhalten muss, dass aus dem Kampf wieder eine Verhandlung oder ähnliches werden kann.
Ich finde solche Ansätze eigentlich keine Gängelung oder Einschneidung von Spielerwillen, sondern ziemlich bereichernd fürs Rollenspiel. Und zwar aus dem Grund, weil daraus viele Möglichkeiten für vielschichtigere Probleme bzw. Konflikte entstehen, die viel besser kämpferische und soziale Interaktion miteinander verbinden, wenn man das will.

Und noch eine Frage am Schluss (eventuell an Pyromancer oder tartex):
Wäre das obige Beispiel auch mit Savage Worlds möglich?
Wenn ja, dann muss ich mir das wohl doch mal ansehen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Hector am 10.12.2011 | 06:55
Das ist ein Ansatz, der mich an Warhammer 40K 1st und 2nd Edition erinnert, und ich meine das durchaus positiv. Da gab es ja auch pinned, shaken, panik, rout. Im Übrigen finde ich nicht, dass das einer milden Suggestion durch den Spielleiter widerspricht. Und wie bereits weiter oben gesagt, Ziel sollte es ja sein, dass ein mündiger Spieler ein lockeres Anweisungsgerüst durch eigene Interpretation mit Leben füllt (wie überall im Rollenspiel).

TW, was hältst Du eigentlich konkret von "harten" Konsequenzen, i.e. Abzügen auf Kampfwerte, um verfallende Moral darzustellen? Ganz unabhängig von konkreten Anweisungen? "Muss fliehen" ist mir z.B. nach meiner aktuellen Einstellung zum Rollenspiel (nagel mich jetzt bitte nicht auf meine SG-Tabellen fest, die sind großteils echt zu brachial ;) ) zu restriktiv. Ich bin da wirklich mehr für größeren Interpretationsspielraum wie "Misserfolg: Dein Charakter beginnt, die Nerven zu verlieren (wie auch immer der Spieler das darstellen will). Du hast für den Rest des Kampfes oder bis zu einer Steigerung bei Deiner nächsten Mummprobe -2 auf alle Angriffe".

Was mir bei SW übrigens sehr gut gefällt, sind die Möglichkeiten der psychologischen Kriegsführung durch "Einschüchtern". Passt gut zum Sir Henry-Beispiel.

@ Naldantis: Sowas kannst Du m.E. nicht regeltechnisch abbilden, ohne Dein Regelwerk zu einem Rulemonster zu machen. Das kann man allenfalls dem Spieler in einem Beitext zur Charaktererschaffung und zur Beschreibung des Talents/der Fertigkeit "Mut" nahelegen. Denn das sind ja schließlich genau die rollenspielerischen Überlegungen, die in die Entscheidung, ob ich weiterkämpfe, abwarte oder fliehe mit einfließen sollten.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Benjamin am 10.12.2011 | 07:49
Wenn man Hitpoints abstrakt betrachtet, dann hat man damit bereits Kampfmoral eingebaut. Die Spieler erkennen das auch intuitiv und flüchten, wenn ihre HP zu niedrig werden und keine "Heilung" mehr zur Verfügung steht. Die, die nicht flüchten, simulieren dagegen wunderbar, dass manche Leute unter Beschuss durchdrehen.
Und der Spieler kann selbst entscheiden, wie er seinen Charakter spielen möchte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: pharyon am 10.12.2011 | 08:26
Wenn man "feste" Effekte von Kampfmoral mit weitgehender Entscheidungsfreiheit der Spieler haben möchte, kann man das ja durchaus über Boni/Mali einbringen. Wurde schonmal gesagt, aber ich finde, der Punkt ist zuletzt etwas untergegangen.

Beispiel:
Moral
fanatisch: Angriffs- und Verteidigungswürfe +2
entschlossen: Angriffs- und Verteidigungswürfe +1
standhaft: keine Veränderungen
geschwächt: Angriffs- oder Verteidigungswürfe -2 (ängstlich oder wütend)
katastrophal: Angriffs- oder Verteidigungswürfe -4 (panisch oder ausrastend)

So in der Art.

Aber die oben genannten Beispiele finde ich persönlich auch sehr schön, besonders das "Sir Henry"-Beispiel.

Grüße, p^^
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 10.12.2011 | 09:07
Zur SW-Frage:

Der Ritter pariert in der ersten Kampfrunde mit dem Schild, gibt dem Anführer der Grünhäute mit dem Streithammer eins auf die Schnauze und dieser versiebt wegen des LP-Verlustes am Kopf von mehr als 30% seinen Moralwurf um 20 (Die Angst ist plötzlich größer als der Hunger), was laut Tabelle erst mal in einem "Darf nicht angreifen" mündet. Der SL beschreibt: "Dieser schreit vor Schmerzen und verhält sich abwartend" (Er muss die Schmerzen erst runterschlucken und Mut für einen erneuten Angriff sammeln. Ein zweiter Moraltest am Ende der nächsten Runde könnte das ermöglichen.).
Das ist bei SW ein festverdrahtetes Ergebnis, wenn man Schaden nimmt. Man ist "angeschlagen", was man auch als "moralisch angeschlagen" interpretieren kann. Da kann man außer sich bewegen gar nichts machen, bevor einem nicht ein Willenskraftwurf gelingt. Es gibt Anführer-Talente, die Untergebenen Boni auf genau diesen Wurf gewähren (und natürlich auch Talente, damit man selbst Boni bekommt).

Zitat
Die Goblingruppe legt ebenfalls einen schlechten Moraltest hin (wegen Anführer verletzt und pinned). "Die anderen folgen dem Beispiel des Anführers und haben offenbar erst mal Respekt."
Das könnte je nach Setting auch ein "Angeschlagen durch nicht geschafften Mumm-Wurf" sein.

Zitat
Sir Henry ergreift die Initiative und setzt in der Abwarterunde der Goblins seine Fertigkeit "Furcht einflößen" ein. Er schreit den Anführer an und droht erfolgreich mit der Waffe, ohne ihn anzugreifen (denn dann könnte der Goblin sich wehren und ihn eventuell treffen).

SW-Standard: Einschüchtern-Wurf gegen die Willenskraft des Anführers. Gibt bei gelingen einen Bonus auf die nächste Aktion gegen das Ziel und kann es zusätzlich angeschlagen machen.
Wenn Sir Henry also diese Runde gut einschüchtert und nächste Runde angreifen will, dann klappt das besser. D.h. die Einschüchterung hat regeltechnisch einen bedrohenden Effekt, ohne die Handlung des Charakters vorzuschreiben.

Zitat
Der SL würfelt für die Goblins noch einmal Moral, um zu ermitteln, was mit ihnen sein wird. Der Anführer schafft den Wurf und überzeugt seine Horde, in der Nacht noch einmal zu dem silbern angezogenen Mann zurückzukehren, der in ihr Gebiet eingedrungen ist ...
Das wäre jetzt wieder Setting-Abhängig.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Belchion am 10.12.2011 | 09:42
Viele Kampfregeln betrachten das "sich vom Gegner lösen" auch ziemlich stiefmütterlich, weil es nicht so wirklich vorgesehen ist.
Sie betrachten es nicht nur stiefmütterlich, teilweise wird es sogar bestraft. Ich glaube, das wäre die wichtigste Änderungen: Der Rückzug muss auch eine regeltechnisch sinnvolle Aktion sein. Spezielle Regeln für Kampfmoral wären demgegenüber zweitrangig.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Benjamin am 10.12.2011 | 11:59
Wer wegläuft, kriegt ein Schwert in den Rücken, was ist daran stiefmütterlich? Ich finde, in D&D wird es den Charakteren sogar recht leicht gemacht.

Oder gehts um "Balancing"?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vigilluminatus am 10.12.2011 | 12:42
In Fantasy Craft (D&D-Enkel) gibt's Moral als optionales System, bin mir aber nicht sicher, ob das Spielern gefallen würde:

Man - Spieler UND Gegner - würfelt bei Überzahl/Übermacht der Gegner oder zunehmender Kampfunfähigkeit von Verbündeten auf eigener Seite immer höhere Entschlossenheit-Checks. Wenn man die versemmelt, kommt's drauf an, um wie viel, Konsequenzen reichen von "Zögern" (man kann in dieser Runde nicht direkt angreifen), "Taktischer Rückzug" (man muss sich von Gegnern wegbewegen, bis man Deckung findet oder flieht), "Flucht" und schlimmstenfalls "Aufgeben" (Waffen niederlegen und ergeben). Bin mir nicht sicher, ob Spieler das mögen, wenn ihr Chara sich bei extremem Würfelpech tatsächlich seinem Feind zu Füßen wirft und um Gnade winselt - auch wenn das ev. vor einem TPK bewahren würde und Spieler und Bossgegner ein schlechtes Ergebnis durch Ausgeben der Heldenwährung Action Dice verhindern können. Außerdem kann es so sein, dass sich tatsächlich ein überbleibender Gegner ergibt und ein Verhör den Abschluss des Kampfes bildet, nicht Metzeln bis zum Tod.

Wenn man fehlende Kampfmoral = Angst setzt, ist es ein recht realistisches System, aber halt auch ein endgültigeres als pharyons Bonus/Malus-System. Wobei ich auch sagen würde, wenn jemand schon panisch ist, dann flieht er oder gibt auf - und wer fanatisch ist, achtet eher weniger auf seine Verteidigung, wer ängstlich ist, dafür mehr. Wenn Boni/Mali, dann vielleicht "gute Kampfmoral = höherer Angriff, leicht geringere Verteidigung (unvorsichtig), schlechte Kampfmoral = niedrigerer Angriff, leicht höhere Verteidigung (vorsichtig Gegner abwägen)" - das wäre recht dynamisch, wenn sich die Moral im Kampf ändern würde, mal sinkt, wenn man Treffer einsteckt, und dann wieder steigt, wenn keine mehr durchkommen. Kompliziert halt auch.

Was mir noch fehlen würde, wären Werte, die ein Gegner bekommt, wenn er laut Moralsystem fliehen würde, aber von seinen "Verbündeten" durch Gewalt zum Weiterkämpfen gezwungen wird. Wobei ich ihm zumindest in FC dann einfach ein, zwei Ränge "Shaken" geben würde, -2 auf Attacken/Rang.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Belchion am 10.12.2011 | 13:29
Wer wegläuft, kriegt ein Schwert in den Rücken, was ist daran stiefmütterlich?
Wenn ich will, dass die Charaktere fliehen, dann sollte ich keine Sonderregeln einbauen, die die Flucht erschweren.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 13:37

@ Naldantis: Sowas kannst Du m.E. nicht regeltechnisch abbilden, ohne Dein Regelwerk zu einem Rulemonster zu machen. Das kann man allenfalls dem Spieler in einem Beitext zur Charaktererschaffung und zur Beschreibung des Talents/der Fertigkeit "Mut" nahelegen. Denn das sind ja schließlich genau die rollenspielerischen Überlegungen, die in die Entscheidung, ob ich weiterkämpfe, abwarte oder fliehe mit einfließen sollten.

Richtig - oder vielmehr nicht das Regelwerk, sondern den Charakterzettel.
Dazu kommt dann noch die Tageslaune und die momentane Stimmung.

Das Dumme ist nur, daß dieses die dominierenden Aspekte dabei sind (vielleicht abgesehen von der Diziplin von Eliteeinheiten).

Darum sollte man es IMHO einfach lassen und dem Spieler soweit vertrauen, das er den Char schon konsistent und folgerichtig handeln läßt...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 10.12.2011 | 13:44
Wenn ich will, dass die Charaktere fliehen, dann sollte ich keine Sonderregeln einbauen, die die Flucht erschweren.

Meinst du sowas wie Attacks of Opportunity? Zwiespältige Sache, denn die AoOs in den verschiedenen post-3.0-Systemen (nicht nur bei D&D) sind ja geradezu dazu gedacht, die fiesen gegnerischen Nahkämpfer von den eigenen Zauberern fernzuhalten.

Ansonsten generelle Zustimmung. Ich halte es ebenfalls für sinnvoll, Flucht und Rückzug mal als ernstzunehmende Optionen in ein Regelwerk einzubauen. (FATE finde ich dabei mit den Konzessionen klasse.) Das würde sich vielleicht auch positiv in Abenteuern auswirken, wenn nicht mehr davon ausgegangen werden muss, dass die SCs gewinnen oder 'draufgehen/sich ergeben, sondern eine weitere Alternative
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 10.12.2011 | 13:49
Wenn ich will, dass die Charaktere fliehen, dann sollte ich keine Sonderregeln einbauen, die die Flucht erschweren.

Flucht im Kampf ist halt generell gefährlich. Nicht umsonst war es früher bei Schlachten so, dass die meisten Gefallenen nicht im Kampf Mann gegen Mann getötet wurden, sondern auf der Flucht hinterrücks erschlagen wurden. Da braucht man dann eben Kameraden, die den Rückzug decken, oder man muss sonst irgendwie den Gegner davon abhalten, einen umzubringen, wenn man ihm den Rücken zudreht. Und auch hier punktet SW: Man kann jederzeit fliehen, und kriegt dann halt das Schwert in den Rücken. Oder man wartet, bis der Gegner abgelenkt ist, um seine Balance kämpft, sich auf die Verteidigung konzentriert etc. und flieht dann. Das erhöht die Überlebenschancen ungemein. ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 13:50
Wenn ich will, dass die Charaktere fliehen, dann sollte ich keine Sonderregeln einbauen, die die Flucht erschweren.

Ich finde es bedenklich, elementare Logik und 'Realismus' so leichtfertig obskuren Ambientewünschen unterzuordnen...
...die Leute fliehen schon (oder wechseln die Position schnell), und nehmen ein offensichtliches Risiko dafür in Kauf, wenn es sinnvoll ist.
(Es soll die Flucht ja auch nicht zum en vogue Stilmittel werden, sondenr ein normales taktische Manöver bleiben, das manchmal eben nötig ist.)
  

 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Hector am 10.12.2011 | 14:19
Flucht im Kampf ist halt generell gefährlich. Nicht umsonst war es früher bei Schlachten so, dass die meisten Gefallenen nicht im Kampf Mann gegen Mann getötet wurden, sondern auf der Flucht hinterrücks erschlagen wurden. Da braucht man dann eben Kameraden, die den Rückzug decken, oder man muss sonst irgendwie den Gegner davon abhalten, einen umzubringen, wenn man ihm den Rücken zudreht. Und auch hier punktet SW: Man kann jederzeit fliehen, und kriegt dann halt das Schwert in den Rücken. Oder man wartet, bis der Gegner abgelenkt ist, um seine Balance kämpft, sich auf die Verteidigung konzentriert etc. und flieht dann. Das erhöht die Überlebenschancen ungemein. ;)

Es gibt doch bei SW sogar ein eignes Talent (Rückzug/Taktischer Rückzug), das man wählen kann, damit man sich ungestraft aus dem Kampf lösen kann. Ist sogar ausbaufähig (Grundstufe kann nur ein Gegner nicht angreifen, später kann keiner angreifen, wenn man seinen Wurf schafft). Für eher feige/passive Charaktere und ZAK-Töter geradezu ein Muss! ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 10.12.2011 | 16:17
Ich finde es bedenklich, elementare Logik und 'Realismus' so leichtfertig obskuren Ambientewünschen unterzuordnen...

In Rollenspielkampfsystemen ist soviel stark abstrahiert, dass ein Realismusanspruch an einer bestimmten Stelle eigentlich bei genauer Betrachtung immer elementar unlogisch ist.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 10.12.2011 | 16:30
In Rollenspielkampfsystemen ist soviel stark abstrahiert, dass ein Realismusanspruch an einer bestimmten Stelle eigentlich bei genauer Betrachtung immer elementar unlogisch ist.
Das sollte man dann aber doch den Beteiligten udn der Einzelfallprüfung überlassen.

Zum Thema Moral und Flucht:
Wenn jemand hoffnungslos unterlegen ist und flüchtet und der Überlegene einen Groll hegt, geht es eben oft böse aus. Wenn aber der Flüchtende potentiell noch einen Rest gefährlich ist, das Kampfziel mit der Flucht aber erreicht ist (und kein noch größerer Ärger durch Unterlassung droht)- wäre dann nicht auch ein Moralwurf für den Verfolger fällig, ob er sich jetzt wirklich noch weiter prügeln will oder lieber verschnauft oder plündert oder Wunden verbindet?

Ein Problem mit flüchten lassen sehe ich neben dem verbissenen Ego vieler Spieler auch in der Gewohnheit mancher Spielleiter jedes lose Ende den Spielern dann später mal als Schlinge um den Hals zu legen. Jeder Strauchdieb, der sich übernommen hat, muss sich ja rächen... . 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 10.12.2011 | 16:43
Ich finde es bedenklich, elementare Logik und 'Realismus' so leichtfertig obskuren Ambientewünschen unterzuordnen...

Viele Systeme erschweren die Flucht derart stark (und in oftmals völlig unplausibler Weise), dass sie keine Option mehr ist.

Da ist eher der Status quo unlogisch und unrealistisch, als dass man sich daran stören müsste, dass in jedem System alle Welt ungehindert voreinander weg rennt.

Flucht im Kampf ist halt generell gefährlich. Nicht umsonst war es früher bei Schlachten so, dass die meisten Gefallenen nicht im Kampf Mann gegen Mann getötet wurden, sondern auf der Flucht hinterrücks erschlagen wurden. Da braucht man dann eben Kameraden, die den Rückzug decken, oder man muss sonst irgendwie den Gegner davon abhalten, einen umzubringen, wenn man ihm den Rücken zudreht.

Flucht in einem Gefecht zwischen geschlossenen Einheiten und Flucht bei Kämpfen kleiner Gruppen oder Einzelpersonen sind allerdings zwei Paar Schuhe.

Zumindest kurzfristig kann man sich bei Letzterem eigentlich recht leicht lösen (auch ohne dass der Gegner in besonderer Weise - also über den "normalen" Kampfverlauf hinaus - abgelenkt oder gestört wäre).

Da ist die freie Attacke mMn völlig fehl am Platz, auch in SW.
Der künstliche Zustand "im Nahkampf", den viele Systeme im selben Kontext nutzen, tut dann sein Übriges.

Ob man auf der Flucht hinterrücks niedergemacht wird, sollte sich eigentlich aus den normalen Bewegungsregeln und dem Umstand ergeben, dass nur noch der Gegner angreift.

AoO und ähnliche Konstrukte braucht es dafür nicht.


Ein Problem mit flüchten lassen sehe ich neben dem verbissenen Ego vieler Spieler auch in der Gewohnheit mancher Spielleiter jedes lose Ende den Spielern dann später mal als Schlinge um den Hals zu legen. Jeder Strauchdieb, der sich übernommen hat, muss sich ja rächen... . 

Oh ja.
Das sollte man sich als Spielleiter abgewöhnen und auch als Spieler ab und zu mal aufm Teppich bleiben.
Aber die meisten SCs sind ja Rachsüchtige mit Elefantengedächtnis  ;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 19:14
In Rollenspielkampfsystemen ist soviel stark abstrahiert, dass ein Realismusanspruch an einer bestimmten Stelle eigentlich bei genauer Betrachtung immer elementar unlogisch ist.

...aber so triviale Dingen wie, daß man beim Umdrehen und Weglaufen sich eine Blöße gibt und der Gegner nochmal reinkellt, sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen - zumal die Spieler die ersten sind die es frustriert, wenn der schon fast tote Gegner sich so immer wieder entzieht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 19:23
Zum Thema Moral und Flucht:
Wenn jemand hoffnungslos unterlegen ist und flüchtet und der Überlegene einen Groll hegt, geht es eben oft böse aus. Wenn aber der Flüchtende potentiell noch einen Rest gefährlich ist, das Kampfziel mit der Flucht aber erreicht ist (und kein noch größerer Ärger durch Unterlassung droht)- wäre dann nicht auch ein Moralwurf für den Verfolger fällig, ob er sich jetzt wirklich noch weiter prügeln will oder lieber verschnauft oder plündert oder Wunden verbindet?

Wieso denn Verfolger?
Der aktuelle Gegner nutzt, daß der Flüchtige sowohl seine Deckung senken muß als auch keine Konter mehr androhnen kann, und führt einen oder zwei Schläge in den Rücken aus - das kostet ihn gar nix, weder Position (er selbst muß sich ja nicht bewegen) noch Zeit (denn solange der Flüchtige sich nochmal umdrehen kann, kann auch er sich weder neuen Zielen zuwenden, noch seine Defensive für die erste Hilfe senken.)

Zitat
   
Ein Problem mit flüchten lassen sehe ich neben dem verbissenen Ego vieler Spieler auch in der Gewohnheit mancher Spielleiter jedes lose Ende den Spielern dann später mal als Schlinge um den Hals zu legen. Jeder Strauchdieb, der sich übernommen hat, muss sich ja rächen... . 

Muß nicht, kann aber - und eine Leiche tut das eher selten.
Außerdem kamm man Flüchtige´nicht plündern - und man macht den Job ja in der Regel nicht aus Spaß, sondern für ein Einkommen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Edvard Elch am 10.12.2011 | 19:31
Wieso denn Verfolger?
Der aktuelle Gegner nutzt, daß der Flüchtige sowohl seine Deckung senken muß als auch keine Konter mehr androhnen kann, und führt einen oder zwei Schläge in den Rücken aus - das kostet ihn gar nix, weder Position (er selbst muß sich ja nicht bewegen) noch Zeit (denn solange der Flüchtige sich nochmal umdrehen kann, kann auch er sich weder neuen Zielen zuwenden, noch seine Defensive für die erste Hilfe senken.)

Wer sich in Waffenreichweite seines Gegners einfach umdreht und davonrennt, ist dumm oder panisch. Beim Rückzug behält man den Gegner im Auge und droht ihm Konter an, für den Fall, dass er einem nachsetzen sollte...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 10.12.2011 | 19:36
Wer sich in Waffenreichweite seines Gegners einfach umdreht und davonrennt, ist dumm oder panisch. Beim Rückzug behält man den Gegner im Auge und droht ihm Konter an, für den Fall, dass er einem nachsetzen sollte...

Dann ist man nicht bei einer Flucht, sondern bei einem taktischen Rückzug, der eine gewisse Manschaftsstärke oder Befestigung bedingt...
...es erlauben ja auch fast alle Systeme, sich während des Kampfe ein paar Schritte zu bewegen.
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 10.12.2011 | 20:10
Wer sich in Waffenreichweite seines Gegners einfach umdreht und davonrennt, ist dumm oder panisch. Beim Rückzug behält man den Gegner im Auge und droht ihm Konter an, für den Fall, dass er einem nachsetzen sollte...
In einem Kampf steht man die meiste Zeit nicht in Waffenreichweite des Gegners und hat selber die meite Zeit über den Gegner gar nicht in Reichweite. Das bildet kaum ein Regelwerk ab. Dabei ist die Suche der richtigen Kampfdistanz eins DER entscheidenden Kompetenzen des Kämpfers. Das lässt sich auch verregeln.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 10.12.2011 | 20:16
...aber so triviale Dingen wie, daß man beim Umdrehen und Weglaufen sich eine Blöße gibt und der Gegner nochmal reinkellt, sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen - zumal die Spieler die ersten sind die es frustriert, wenn der schon fast tote Gegner sich so immer wieder entzieht.

Ich kenne eigentlich kein aktuelles System, wo die Ausrichtung der Miniatur eine Rolle spielt. Oder täusche ich mich da?

Und Rückzug kann ja auch der langsame Rückzug nach hinten während des Nahkampfs sein - siehe Slide bei D&D4. Ich denke Umdrehen und Weglaufen in dieser extremen Form ist bei weitem nicht die einzige Art aus seinem Kampf zu kommen.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Bad Horse am 10.12.2011 | 22:59
Wenn der Gegner an dir dranbleibt, kannst du nicht einfach nach hinten laufen - der läuft dir einfach nach.

Bei Ars Magica gibt es verschiedene Reichweiten im Kampf - wenn man sich vom Gegner lösen will, muss man gegen ihn eine Initiative gewinnen (ansonsten, wenn sich beide über die Reichweite einig sind, wird die nur einmal gewürfelt) und kann sich dann aus seiner Reichweite ziehen. Wenn man einfach nur abhauen will, gibt es auf die Ini meines Wissens nach einen Bonus, aber wenn man die nicht gewinnt, kommt man auch nicht eben einfach mal weg.

Bei Dresden Files kann man - wenn man nicht mehr weiterkämpfen will und schon verletzt ist - verhandeln, ob der Gegner einen entkommen lässt. Das läuft allerdings auf der Metaebene ab ("Der lässt mich entkommen, aber ich lasse dabei das geheime Tagebuch fallen").
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 11.12.2011 | 00:15
TW, was hältst Du eigentlich konkret von "harten" Konsequenzen, i.e. Abzügen auf Kampfwerte, um verfallende Moral darzustellen? Ganz unabhängig von konkreten Anweisungen? "Muss fliehen" ist mir z.B. nach meiner aktuellen Einstellung zum Rollenspiel (nagel mich jetzt bitte nicht auf meine SG-Tabellen fest, die sind großteils echt zu brachial ;) ) zu restriktiv. Ich bin da wirklich mehr für größeren Interpretationsspielraum wie "Misserfolg: Dein Charakter beginnt, die Nerven zu verlieren (wie auch immer der Spieler das darstellen will). Du hast für den Rest des Kampfes oder bis zu einer Steigerung bei Deiner nächsten Mummprobe -2 auf alle Angriffe".

Ja, natürlich. Im Prinzip könnte ein "darf nicht angreifen" auch heißen "-90% auf Angriffe". Jeder Schritt dazwischen (-10%, -20%, usw) folgt dem gleichen Prinzip und ist beim Gamedesign wohl nur eine Frage der buchhalterischen Machbarkeit.

Wenn ich will, dass die Charaktere fliehen, dann sollte ich keine Sonderregeln einbauen, die die Flucht erschweren.
Wenn jemand einfach dumm wegläuft, ist das Schwert in den Rücken ja auch richtig. Wir machen das in unserer Trauma-Runde so, dass jemand, der die Initiative hat, sich lösen kann, ohne das Schwert abzubekommen.
Jemand, der sie nicht hat, kann trotzdem den harten Weg wählen.

Ansonsten hab ich von irgend einem historischen Taktiker das Zitat mitgenommen:
"Es gibt keinen geordneten Rückzug aus unterlegener Position."
Weiß nicht mehr von wem das war. Aber ich denke, dass es beim Zweikampf schon so etwas wie gewitzten Rückzug gibt, der dem Gegner eben nicht ermöglicht, nochmal zuzuschlagen.

... Dabei ist die Suche der richtigen Kampfdistanz eins DER entscheidenden Kompetenzen des Kämpfers. ...
Für diesen Satz kann man dir gar nicht genug Recht geben.
Ein mit mir befreundeter Kickboxweltmeister, meint das auch.
Im Prinzip bestehen ja 2,5 Minuten von einer 3-minütigen Boxrunde genau daraus.
Beim Fechten nicht anders.

@ Naldantis:
die einflussgebenden Dinge, die Du aufgezählt hast, finde ich allesamt spieltechnisch interessant und würde das auch begrüßen, wenn es Teil von Moralregeln wäre. Man kann solche unendlichen Listen von Faktoren ja auch aus den Kernregeln weg lassen und das dann stattdessen über Karten bzw. Vor- und Nachteillisten regeln. Sprich, es macht die Regeln nicht zum Monster, sondern ist erst dann Teil der Regeln, wenn jemand so eine Karte hat, bzw. es aus der Liste gewählt hat.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 11.12.2011 | 09:40
Es scheint die verbreiteten Regeln für Attacks of Opportunity in einigen Systemen haben sich bei mehreren Leuten durchaus auf die Vorstellung von Nahkämpfen ausgewirkt... =)

Aus einer gamistischen Perspektive finde ich solche Regelungen schon ganz nett und ich mag v.a. die szeneinternen Gags dazu, aber ein Bezug auf Kampfbeispiele (simulative/realistische Sicht) ist schon relativ weit hergeholt - wie bereits einige gesagt haben, liegt der Verwendungszweck dieser Regeln doch ohnehin eher darin bestimmte Spielintentionen zu unterstützen - wie etwa die Gegner möglichst nicht an den "Tanks" vorbeizulassen, Gegner sollen nicht noch abhauen können, ...  ;)

Es wurde ja schon der Punkt "Distanz" angesprochen, ich bin ebenfalls der Meinung, dass dieser bei einer realistischen Sichtweise ganz entscheidend ist, in Verbindung natürlich mit dem "Timing" - die meisten Kampfkünstler kennen Formeln wie "Distance, Timing, Balance" - wobei die Balance im RPG i.d.R. sowieso nur sehr abstrakt dabei ist. Oft genug wird nicht mal bei der "Waffen"-Reichweite vernünftig differenziert was schon mal wenig Sinn ergibt, naja egal.

Jedenfalls ein simples Experiment: Zwei Leute stehen sich gegenüber mit einer Distanz von einem Schritt dazwischen, ca. 1m, jedenfalls etwas mehr als Arm-/Beinlänge. Für alle Kampfkünstler/Kampfsportler eine typische, sehr bekannte Nahkampfentfernung, wenn es noch nicht um Grappling geht o.ä., ist auch relativ "duellmäßig",* wer angreift muss sich logischerweise zunächst ein kleines Stück bewegen, um dann sofort schlagen oder treten zu können. Bspw. mit einem Schwert ist es prinzipiell das gleiche Spiel, nur würde hier die Distanz noch um die Waffenlänge vergrößert (selbstverständlich kommen generell verschiedene Distanzen zum tragen, das ist "nur" eine der wichtigsten Ausgangssituationen).
Zur Situation: Einer ist Angreifer und einer Verteidiger, dann mit etwas Bewegung hin und her und dem Austausch einiger Angriffs/Konter-Schläge/Tritte und ohne vorher den Moment abzusprechen, rennt der Verteidiger plötzlich davon. Um eine Regelung wie AoO simulativ zu rechtfertigen, hätte man nun erwarten müssen, dass er locker in 80% der Fällen dabei kräftig einen mitkriegt ;)
Einige mögliche Gründe warum das wahrlich nicht so ist: Der Angreifer kann das Manöver wahrscheinlich nicht voraussehen bzw. kennt zumindest nicht den Zeitpunkt und achtet selbst auf seine Deckung, der Fliehende dreht sich nicht um 180° (seitliche Kampfstände bzw. einfach einen Bogen laufen), die Gefechtsdistanzen sind eben meistens nicht so, dass man nur einmal den Arm bewegen müsste - die genaue Position des Gegners ist nicht einen Schritt voraus bekannt, vielleicht hat der Fliehende einen guten Moment abgewartet - das Angreifer-Gleichgewicht könnte grad mal einen kurzen Augenblick nach hinten verlagert sein etc. Solche Details können bei "Kampfrunden" über mehrere Sekunden (IRL eine sehr lange Zeit!) mechanisch sowieso kaum berücksichtigt werden, insofern wird bei AoO entsprechend auf sehr abstrakter Ebene rumgebastelt.

Ganz klar ist aber natürlich, dass ein schwer verwundeter Gegner, der fliehen will, sehr wahrscheinlich zum leichten Opfer wird, wenn der Angreifer es zu Ende bringen will, hier ist der unmittelbar folgende Rückentreffer ja quasi vorprogrammiert. Darum sollte es in der Tat schon aus den Bewegungs-Regeln selbst hervorgehen, dass der halb tot geschlagene Straßenräuber nicht einfach wegrennen kann wie ein junger Gott nur weil er im "frischen" Zustand genau so oder vielleicht sogar einen Tick schneller ist als mein Char... ;)

*Ein volles Schlachtfeld bringt natürlich nochmal viele andere Probleme mit sich, völlig klar, ist aber nen zusätzlicher Faktor. Oft genug werden dann ja die Verletzten auch am Boden erschlagen, z.B. war der "Fluchtversuch" dann nur noch ein Verzweiflungsakt nachdem sie gestürzt sind und/oder die Waffe verloren haben o.ä.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 12.12.2011 | 04:23
Im Trauma-Rollenspiel ist es z.B. so, dass es eine Beschleunigung von 3 Runden für Menschen gibt. Wenn jemand anfängt zu sprinten, dann ist er in der 1. Runde 1/3, in der 2. Runde 2/3 und erst in der 3. Runde maximal schnell. Ist bei Sprintern auch so. Gut die erste Hälfte eines 100m-Laufs ist Beschleunigungsphase.
D.h. in der ersten Runde rennt der Fliehende mit 1/3 Bewegungsweite weg (der Nachsetzende kann höchstens einen 1-2m Follow-up machen). Der Fliehende rennt in der nächsten Runde aber mit 2/3, während der Nachsetzende erst mit 1/3 nachsetzt. Wenn der Nachsetzende die Ini gewinnt, dann kann er ihm vielleicht noch einen Arschtritt verpassen, wenn nicht, ist der Fliehende erst mal weg, weil kaum ein Mensch mit 1/3 seiner Bewegung so schnell ist wie ein anderer mit 2/3. Wenn der Nachsetzende dann die höhere Endgeschwindigkeit hat (oder die größere Ausdauer), dann kann er den Fliehenden nach einer gewissen Zeit doch wieder einholen.
Diese Beschleunigungsregel ist zwar etwas komplizierter, aber sie bildet Bewegung für ein simulatives Spiel recht gut ab.

Und dann gibt es noch den enorm coolen Trick, dem Nachsetzenden auf den Führungsfuß zu stehen, wärend man anfängt zu sprinten. Ist im Boxen strengstens verboten, weil das definitiv machbar ist. Wenn das klappt gibt es auch kein Follow-up und der Fliehende hat so etwas wie einen Startblock mit dem er sehr gut weg kommt. Aber solche Tricks in Regeln zu packen (es gibt ja derer viele) würde ein Monster-Spiel erschaffen, das niemand mehr wirklich spielen will.

Allerdings hat das jetzt gerade nichts mehr mit dem Thema Kampfmoral zu tun gehabt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 12.12.2011 | 09:46
Wenn der Nachsetzende dann die höhere Endgeschwindigkeit hat (oder die größere Ausdauer), dann kann er den Fliehenden nach einer gewissen Zeit doch wieder einholen.
Diese Beschleunigungsregel ist zwar etwas komplizierter, aber sie bildet Bewegung für ein simulatives Spiel recht gut ab.

Und dann gibt es noch den enorm coolen Trick, dem Nachsetzenden auf den Führungsfuß zu stehen, wärend man anfängt zu sprinten. Ist im Boxen strengstens verboten, weil das definitiv machbar ist. Wenn das klappt gibt es auch kein Follow-up und der Fliehende hat so etwas wie einen Startblock mit dem er sehr gut weg kommt. Aber solche Tricks in Regeln zu packen (es gibt ja derer viele) würde ein Monster-Spiel erschaffen, das niemand mehr wirklich spielen will.

Warum seit Ihr immer schon beim Laufen?
Wer sich zum RENNEN umwendet kriegt ins Kreuz, ohne das sich der andere mehr als einen Ausfallschritt bewegen muß, weil er seine Position von parade-/konterbereit zu schneller Bewegung ändern muß.
Ob er bei der weiteren Flucht verfiolgt wird, eine Wurfaxt in den Rücken bekommt, durch das von Artillerie oder Schützen kontrollierte Gebiet muß, der die Infanteriestellung schon lange umgangenen Kavellerie in den Weg läuft, schlicht erschöpft und belastet über unsicheres Gelände stolpert und sich dabei auf die Fresse packt, nach der Flucht unbewaffnet vom Mob oder Troß aufgegriffen und erschalgen wird, etc. steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Ja, ich bin immer dafür, soplche Tricks für Charaktere erlernbar zu machen, die ihnen ein bessere Kampfperformance erlauben, aber ich möchte es als OPTION für die haben, die sich in dieser Rolle sehen, und halte es für viele Charaktere für deplaziert; wer keine Infanterie-/Nahkampferfahrung hat, sollte auch solche Finten nich beherrschen und wer seine Punkte lieber in anderes steckt, sollte in diesen Situationen dann auch mehr Probleme haben (gilt natürlich für BEIDE Seiten, nicht nur PCs).
Das ist zudem kein Frage der Moral: man kann als Feigling ja gerne nach dem ersten Blut fliehen und als tougher Kerl bis zum letzten Atemzug stehen, das hat nichts damit zu tun, wann denn nun der taktisch oder physikalisch kritische Moment zur Flucht ereicht ist.

 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 12.12.2011 | 09:54
Warum seit Ihr immer schon beim Laufen?
Wer sich zum RENNEN umwendet kriegt ins Kreuz, ohne das sich der andere mehr als einen Ausfallschritt bewegen muß, weil er seine Position von parade-/konterbereit zu schneller Bewegung ändern muß.
Ob er bei der weiteren Flucht verfiolgt wird, eine Wurfaxt in den Rücken bekommt, durch das von Artillerie oder Schützen kontrollierte Gebiet muß, der die Infanteriestellung schon lange umgangenen Kavellerie in den Weg läuft, schlicht erschöpft und belastet über unsicheres Gelände stolpert und sich dabei auf die Fresse packt, nach der Flucht unbewaffnet vom Mob oder Troß aufgegriffen und erschalgen wird, etc. steht noch auf einem ganz anderen Blatt.

Ja, ich bin immer dafür, soplche Tricks für Charaktere erlernbar zu machen, die ihnen ein bessere Kampfperformance erlauben, aber ich möchte es als OPTION für die haben, die sich in dieser Rolle sehen, und halte es für viele Charaktere für deplaziert; wer keine Infanterie-/Nahkampferfahrung hat, sollte auch solche Finten nich beherrschen und wer seine Punkte lieber in anderes steckt, sollte in diesen Situationen dann auch mehr Probleme haben (gilt natürlich für BEIDE Seiten, nicht nur PCs).
Das ist zudem kein Frage der Moral: man kann als Feigling ja gerne nach dem ersten Blut fliehen und als tougher Kerl bis zum letzten Atemzug stehen, das hat nichts damit zu tun, wann denn nun der taktisch oder physikalisch kritische Moment zur Flucht ereicht ist.

Also wäre es wie bei D&D nichts für Dich, wo man eine Aktion dafür ausgeben muss und keine weitere Option die Runde hat?

Ich finde es so recht elegant gelöst. Denn wenn  Flucht keine Option mehr darstellen kann, dann sollte man sich als SL auch nicht wundern, wenn die Spieler entsprechend an Kämpfe herangehen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 10:15
Aus einer gamistischen Perspektive finde ich solche Regelungen schon ganz nett und ich mag v.a. die szeneinternen Gags dazu, aber ein Bezug auf Kampfbeispiele (simulative/realistische Sicht) ist schon relativ weit hergeholt - wie bereits einige gesagt haben, liegt der Verwendungszweck dieser Regeln doch ohnehin eher darin bestimmte Spielintentionen zu unterstützen - wie etwa die Gegner möglichst nicht an den "Tanks" vorbeizulassen, Gegner sollen nicht noch abhauen können, ...  ;)

Genau das ist der Punkt: in dieser Diskussion wird meiner Ansicht nach zu oft die "Realität" bemüht, aber nicht jeder - und ich garantiert nicht - versteht Rollenspiel als eine Realitätssimulation. Kämpfe im Rollenspiel sind kein Training für reale Gefechte, sondern eine (wichtige, unterhaltsame) Form des Spiels. Die Forderung nach "realistischen" Kampfregeln ist meiner Ansicht nach kaum erfüllbar - genau wie jede andere Realismusanforderung auch. Eine regeltechnische Vereinfachung des Rückzuges im (Nah-)Kampf ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sich von diesen Realismusansprüchen verabschiedet (und ich gebe zu, dass ich das nicht in jedem RSP kann und u.a. deswegen kein Sci-Fi-RPG mag).

Leichtere Rückzugsregelungen in RSPs dienen vor allem dazu, Rückzug als spielerische Option interessant zu machen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 12.12.2011 | 10:51
Die Forderung nach "realistischen" Kampfregeln ist meiner Ansicht nach kaum erfüllbar - genau wie jede andere Realismusanforderung auch.
Und das halte ich für falsch.
Wenn du sagst, du magst keine realistischen Kämpfe beim RPG, ist das vollkommen legitim. Aber zu sagen, es sei nicht möglich, Kämpfe beim RPG realistisch zu regeln, liegst du falsch. (Als klassisches Gegenbeispiel sei hier Gurps genannt.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 11:15
Und das halte ich für falsch.
Wenn du sagst, du magst keine realistischen Kämpfe beim RPG, ist das vollkommen legitim. Aber zu sagen, es sei nicht möglich, Kämpfe beim RPG realistisch zu regeln, liegst du falsch. (Als klassisches Gegenbeispiel sei hier Gurps genannt.)

Ich glaube zwar, dass wir uns da nicht einigen werden, und ich kenne Gurps auch nicht, aber einige Punkte erschweren den Realismus im Kampf schon. In Settings mit Magie ist es zum Beispiel schon deswegen unmöglich, weil es in RL sehr wahrscheinlich keine Magie gibt. Aber selbst in "harten" realistischen Settings sind so viele Aspekte zu berücksichtigen, von Kleinigkeiten wie Materialbelastung bis hin zu wachsweichen Dingen wie eben Moral (die vielleicht eine eine entscheidende Rolle spielt), dass mir persönlich der Anspruch, eine realitätsgetreue Wiedergabe des Kampfgeschehens mit spielbaren (d.h. verhältnismäßig simplen) Regeln erzeugen zu wollen (und können) etwas utopisch vorkommt.

Aber du hast insofern Recht, als dass ich persönlich auch gar keinen Realismus im Rollenspiel will, selbst wenn es möglich wäre.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 12.12.2011 | 12:37
Warum seit Ihr immer schon beim Laufen?
Wer sich zum RENNEN umwendet kriegt ins Kreuz, ...

Wenn ich Dich nicht ganz falsch verstehe, klingt aus der vermeintlich faktischen Konsequenz "kriegt ins Kreuz", ja ein simulatives/realistisches Argument heraus, oder? Dann muss ich allerdings sagen, dass ich darüber etwas verwundert bin... ;)

Ich vermute also mal, dass Du mein kurz davor stehendes längeres Posting (http://tanelorn.net/index.php/topic,71878.msg1449060.html#msg1449060) mit dem "experimentellen Beispiel" zu dieser Frage nicht gelesen hast...?

Dabei ging es mir nämlich fast ausschließlich darum, halbwegs detailliert zu zeigen, warum aus einer realistischen/simulativen Perspektive (anhand entsprechender Erfahrungen aus der Kampfkunstwelt usw.) sehr abstrakte, gamistische Regelungen wie die Attacks of Opportunity keinen Sinn machen... Solche Geschichten sind im wesentlichen für das Spiel da, nicht für die Kampflogik.

Dementsprechend fand ich das Statement von Das Nichts auch genau passend, weil es IMHO tatsächlich darum gehen muss durch die Bewegungsregelungen eine gute Antwort auf die vermeintliche "AoO-Situation" zu finden, wenn man simulativ rangehen möchte, Gamismus darf ja genau so sein wie alles sonst, nur sollte man es nicht vermischen ;)

@Das Nichts: Die Regelung aus dem Trauma-Rollenspiel klingt ganz gut und das mit den Fuß finde ich nen cooles Feature, das erinnert mich an reale KK-Erfahrungen! =)  Bei GURPS4 z.B. gibt es eine Sprint-Beschleunigung, die erst eine Runde Laufen mit vollem Bewegungswert voraussetzt, zudem kann man nur mit starken Abzügen kämpfen, wenn man in der gleichen Sekunde schnell läuft (normal sonst nur Schritte). Und "AoO"-Merkwürdigkeiten hat man dann glücklicherweise auch gar nicht erst entstehen lassen, weil zudem durch die Verwundungsregeln gelöst ist, dass man sich schon ab einem "mittleren" Verwundungsniveau, nur höchstens halb so schnell bewegen kann.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 12.12.2011 | 14:28
Ich vermute, generalisierte, unumstößliche Rgelungen wie "Wer flieht kriegt was ins Kreuz." sind weder simulativ, noch gamistisch, noch narrativ interessant, noch entsprechen sie der Realität.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 12.12.2011 | 14:48
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Wenn man auf Chainmail zurückblickt, dann wird klar, dass der Einzelcharakter etwas sehr abstraktes ist.

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.

Come on, bestes Beispiel: Hit Points!!! Wo ist denn da der Realismus-Anspruch? Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 15:05

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.


Zu weiten Teilen teile ich deine Ansicht, aber genau bei der zitierten Stelle sehe ich einige Dinge ein wenig anders.

Dass Heldenrückzug bestraft wird, liegt mMn nicht alleine am Anspruch einer "Realitätssimulation", da fließt, glaube ich, auch der Anspruch einer genregetreuen Abbildung ("Genresimulation") mit ein: der Held zieht sich eben nicht zurück, weil Helden das nicht tun.

Nebenbei hat die AoO auch einige in meinen Augen sinnvolle ("gamistische") Spielbedeutungen. In D&D galt lange: Hit the Mage first! Um die feindlichen Kämpfer vom eigenen Magier fern zu halten, war die AoO absolut angebracht - vielleicht nicht durchdacht genug umgesetzt, aber dem erwünschten Spieleffekt völlig entgegenkommend.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 12.12.2011 | 15:14
Ok. Ich sage ja nicht, dass der Heldenrückzug nicht sinnvoll integriert werden kann.

Ich verwehre mich nur gegen das gMV-Argument hier im Thread.

Wie angeführt wurde, hat ja das "sticky"-Seinn durchaus einen guten Grund.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 12.12.2011 | 15:22
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Jopp, sehe ich auch so, das ist der typische unreflektierte Fall wenn das ursprüngliche Designziel des Spiels und das spätere Rumgebastel in verschiedene Richtungen gehen ;)

Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?

Naja, jetzt wirfst Du aber was durcheinander! ;)
Es geht ja nicht darum, dass eine Kritik an abstrakten Regelungen besteht! Das wäre auch unsinnig, weil kein RPG ohne solche auskommt, nur der Grad an Abstraktion ist unterschiedlich.
Niemand würde sagen, dass "Hit Points" als solche realistisch sind, genau so wenig wie andere Wundmechanismen, erstmal sind alles abstrakte System - das simulative Ziel wurde dann erreicht, wenn sie in ihrem <Effekt> halbwegs realitätsgetreu sind!

Um mal ein etwas lustiges Beispiel zu wagen: Ich könnte ja in einem realen Krankenhaus als Arzt hingehen und den verschiedenen schwer kranken Patienten auf Basis ihrer Konstitution und ihrer Verfassung "Hitpoints" zuweisen. Du hast nur noch 6 HP, weil Du gebrochene Rippen und leichtes Schädeltrauma hast usw. - derartiges könnte man sogar wissenschaftlich vertreten, wenn man seriöse Mechanismen zur Kategorisierung verwendet... - man sollte es nur nicht Hitpoints nennen :p
so it's no failure by design ;)

Dass Heldenrückzug bestraft wird, liegt mMn nicht alleine am Anspruch einer "Realitätssimulation", da fließt, glaube ich, auch der Anspruch einer genregetreuen Abbildung ("Genresimulation") mit ein: der Held zieht sich eben nicht zurück, weil Helden das nicht tun.

Nebenbei hat die AoO auch einige in meinen Augen sinnvolle ("gamistische") Spielbedeutungen. ...

Jopp, so ähnlich sehe ich das auch. Bzw. zum ersten Punkt kann ich sogar klar ergänzen, dass hier der Anspruch von Realität meist ziemlich daneben geht, weil Flucht "standardmäßig" verhältnismäßig relativ einfach ist! ( deswegen auch die 'wichtigste' Technik bei jedem Selbstverteidigungskurs ;) ) Es kommt also sehr auf die Umstände an, Verletzungen, Waffen, Rüstungen - d.h. Bewegungsmöglichkeiten - usw.  Für simulativen Anspruch muss das aus den sonstigen Regeln hervorgehen, was in dem Moment plausibel funktioniert.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 12.12.2011 | 15:30
so it's no failure by design ;)

Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 12.12.2011 | 15:32
Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.

Jo, das hast Du völlig recht, sowas kommt ja dann auch meistens aus der D&D-Ecke usw., in einer Vermischung von gamistischen und simulativen Ideen, das passt alles nicht so richtig konsistent... ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 15:34

Niemand würde sagen, dass "Hit Points" als solche realistisch sind, genau so wenig wie andere Wundmechanismen, erstmal sind alles abstrakte System - das simulative Ziel wurde dann erreicht, wenn sie in ihrem <Effekt> halbwegs realitätsgetreu sind!

Aber gerade bei Systemen mit Hit Points gibt es nicht selten eine Hit-Point-Zunahme, die von einer Betrachtung unter spielerischem Gesichtspunkt Sinn ergibt (man hat Punkte gemacht und will besser werden), aber unter dem Simulations/Realismusgesichtspunkt völlig daneben ist (ein Schwertstreich tötet nicht mehr). Natürlich gibt es einige Systeme mit simulatorischem Anspruch und einer HP-Systematik (Rolemaster, glaube ich, war sowas iirc). Da wird das dann durch kritische Treffer usw. ausgeglichen. Aber wann und wo und wie scharf der Abstraktionsgrad ist, ist oft völlig willkürlich. Nach meinem Eindruck haben die meisten Systeme bei den Sachen, die sie verregeln, gleichzeitig unterschiedliche Abstraktionsgrade.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 12.12.2011 | 15:44
Aber gerade bei Systemen mit Hit Points gibt es nicht selten eine Hit-Point-Zunahme, die von einer Betrachtung unter spielerischem Gesichtspunkt Sinn ergibt (man hat Punkte gemacht und will besser werden), aber unter dem Simulations/Realismusgesichtspunkt völlig daneben ist (ein Schwertstreich tötet nicht mehr).

Jopp, in der Tat, v.a. der starke Anstieg ist ein Problem wenn er so vorkommt... Das hab ich z.B. erst vor einer Weile bei Aborea entdeckt, was ich schon ziemlich unschön fand, obwohl ich es für Rollenspielneuanfänger ansonsten recht gut geeignet halte - erinnerte mich auch an old-school DSA:
"ok, Du kannst mich jetzt nur noch 5x mit dem Schwert treffen, bevor ich unter 10 LE bin..."  ~;D

Ein gutes Sim-System darf diesen Zirkus deswegen auch nicht mitmachen, GURPS z.B. erlaubt für normale Menschen nur sehr geringe Steigerungen der Hitpoints (quasi dann eine gewisse Zähigkeit) und es gibt v.a. Verwundungsregeln! Zudem basiert das generell auf der Masse, d.h. ein Char, der seine HP richtig steigern will, muss zwangsläufig über lange Zeit seine Körper-/Muskel-Masse sichtlich vergrößern (also auch höhere Stärke), was sich auch optisch und vom Gewicht klar zeigen wird. Auf realistische Weise - also ohne Fantasy-Addons - bleibt er in jedem Fall in Dimensionen dessen was für Menschen möglich ist. Am oberen Ende kann ein massiger, zäher "Barbar"  dann im Schnitt statt einem Torso-Schwerttreffer (ohne Organverletzung), eben zwei aushalten, bevor er schwer verwundet ist, das war's aber auch...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 12.12.2011 | 20:08
Eine regeltechnische Vereinfachung des Rückzuges im (Nah-)Kampf ergibt nur dann einen Sinn, wenn man sich von diesen Realismusansprüchen verabschiedet (und ich gebe zu, dass ich das nicht in jedem RSP kann und u.a. deswegen kein Sci-Fi-RPG mag).

Leichtere Rückzugsregelungen in RSPs dienen vor allem dazu, Rückzug als spielerische Option interessant zu machen.

Wie in einigen anderen Fällen auch ist es in Sachen AoO so, dass eine Vereinfachung mit dem Anspruch einer realistische(re)n Regelung zusammenfällt.
Von daher beißt sich da erst mal gar nichts.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 20:29
Wie in einigen anderen Fällen auch ist es in Sachen AoO so, dass eine Vereinfachung mit dem Anspruch einer realistische(re)n Regelung zusammenfällt.
Von daher beißt sich da erst mal gar nichts.


Gut, wenn sich in diesem speziellen Fall nichts beißt, ist das ja kein Problem. Wobei ich aber generell diesen ganzen Realismus-Anspruch eher für wenig hilfreich halte. An irgendeinem Punkt werden die Spielregeln mit dem "gesunden Menschenverstand" irgendeines Teilnehmers kollidieren und dann hat man die "Realismus-Debatte" an der Backe. Ein Spiel funktioniert für mich nach Spielregeln und ist keine Realitäts-Sim. In Gruppen, in denen ich länger/häufiger leite, sage ich das auch immer deutlich, um mir diese Welterklärungsgeschichten zu sparen. Auffällig ist dabei mMn, dass solche Realismus-Debatten meistens geführt werden, um Spielern (oft sogar demjenigen, der damit angefangen hat) Vorteile zu verschaffen - also verstecktes PE.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 12.12.2011 | 21:02
An irgendeinem Punkt werden die Spielregeln mit dem "gesunden Menschenverstand" irgendeines Teilnehmers kollidieren und dann hat man die "Realismus-Debatte" an der Backe.

Da gibt es mMn nur zwei Ausgangslagen.

A. Das System löst diesen Detailgrad gar nicht auf oder gibt die angedachten Änderungen aus anderen Gründen offensichtlich nicht her -> "Alder halts Maul"  ;D

B. Die Kritik ist berechtigt - dann muss man das Ganze aber auch durchziehen und sauber recherchieren und/oder experimentieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Regelung zaubern, die ins jeweilige System passt.

Da ist halt nichts mehr mit diffuser Meinung oder mal-gehört-haben, dann ist wissenschaftliches Arbeiten angesagt.

Auffällig ist dabei mMn, dass solche Realismus-Debatten meistens geführt werden, um Spielern (oft sogar demjenigen, der damit angefangen hat) Vorteile zu verschaffen - also verstecktes PE.

Siehe oben A.  ;)

"Ehrliche" Forderungen nach mehr Realismus sind je nach System und Genre durchaus ok und dann mache ich mir als SL auch gerne die Arbeit, um da was Brauchbares hinzukriegen, wenn die Gruppe es wünscht.

Aber wenn klar erkennbar kurzfristig Änderungen angestrebt werden, um Vorteile für eine konkret anliegende Situation rauszuschlagen...geh scheißen :P

Das hat mit GMV oder Realismusbestrebungen nur insofern zu tun, dass die als Vorwand herhalten müssen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 21:23


B. Die Kritik ist berechtigt - dann muss man das Ganze aber auch durchziehen und sauber recherchieren und/oder experimentieren und aus den gewonnenen Erkenntnissen eine Regelung zaubern, die ins jeweilige System passt.


Das mit der Recherche ist so ein Problem. Du kannst nachrechnen, mit welcher Geschwindigkeit ein fallendes Objekt ab einer gegebenen Höhe am Boden aufprallt, und welche Kraft beim Aufschlag wirkt. Aber ob jemand das überlebt oder nicht, oder wie hoch die Überlebenschance ist, ist dann doch im Spiel eine Bauchentscheidung. Weil im RL eben Leute von Fällen berichten können, in denen ein Bekannter eines Bekannten etc. einen Sturz aus 10 m auf nackten Beton ohne Kratzer und Gebrauchsspuren überlebt hat bzw. ein Freund eines Kollegen jemanden kennt, der nach fünf Fuß Fall nurnoch Matsch war. Und tatsächlich kann es für beide Seiten RL-Beispiele geben. Saubere Statistiken können vielleicht weiterhelfen, aber im Großen und Ganzen wäre mir das zu aufwändig. Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 12.12.2011 | 21:37
Die Diskussionen wird man sowieso haben, da jeder seinen eigenen "gesunden Menschenverstand" (bzw. auch Erafhrungs- oder Bildungsschatz) mitbringt.
Mit festgeschriebenen, ordentlichen Regeln gibt es aber eine gemeinsame Basis auf der alle mit gleichen (weil in den Speiregeln beschriebenen) Voraussetzungen aufbauen oder -wenn Interesse besteht- weiter diskutieren kann und nebenbei sollte eben auch drinstehen, wo aus spieltechnischen Gründen bewußt von der irdischen Realität abgewichen wird.
Damit sollte dann auch jedem klar sein, dass hier begründet Ende mit irdischer Physik/Biologie ... ist.

Und auch wenn es nie perfekt werden kann, kann man immer noch versuchen das was man hat ein Stück weit zu verbessern, was zumindest ein paar Leuten auch Spaß macht - oder wenigstens die gröbsten Schnitzer zu beseitigen welche noch mehr Leuten den Spaß verderben.

Die meisten Fälle wo im Spiel dann diskutiert wird ist aber doch nicht die Aufprallgeschwindigkeit etc sondern viel einfachere, gröbere handwerkliche Mängel aus Unachtsamkeit/ Faulheit/ Dummheit, wo jemand einen Gedanken nicht wirklich zu Ende gedacht hat oder nicht zu Ende denken wollte, weil es besser in den eigenen Kram passte oder Aufwand bedeutet hätte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 12.12.2011 | 21:44
Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.

Gerade mit Würfeln bekommt man die Spanne von "hat so gut wie nichts" bis "ist auf der Stelle tot" ziemlich gut (und spielbar) unter einen Hut, wenn der Würfelmodus einigermaßen geschickt gewählt ist und zum Schadenssystem passt.

Eine plausible und einigermaßen realistische Regelung muss (und sollte) kein deterministisches Tabellengewichse sein  ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 12.12.2011 | 21:59
Und auch wenn es nie perfekt werden kann, kann man immer noch versuchen das was man hat ein Stück weit zu verbessern, was zumindest ein paar Leuten auch Spaß macht - oder wenigstens die gröbsten Schnitzer zu beseitigen welche noch mehr Leuten den Spaß verderben.

Komplizierte Sache. Ich halte es für einfacher, zu akzeptieren, dass ein RPG ein Spiel ist, und dann Regeln nach ihrem Spieleffekt zu bewerten, als umgekehrt vom RPG eine realitätsgetreue Simulation zu erwarten, die auf jeden Fall einen Abstraktheitsgrad haben muss, der immer mal wieder "unrealistisch" ist. Kampfsysteme, die strikt zwischen Aktion und Bewegung unterscheiden (wie z.B. D&D), sind z.B. unrealistisch. Dicke HP-Polster wurden ja schon genannt - völlig unrealistisch. Ich glaube, die meisten "realistischen" Systeme wären sehr unattraktiv zu spielen, und könnten auch die meisten RSP-Genres nicht bedienen. Aus meiner Sicht würde man da nichts verbessern, sondern eher bis zur Unspielbarkeit verschlimmern, wenn man den Realismus-Anspruch an jedes System anlegt. Für einzelne Unterfälle mag das ja manchmal attraktiv sein, aber großes Kino ist einfach unrealistisch und nicht jeder will Harnmaster spielen.

(Wobei ich eine Menge Spieler kenne, die immer wieder etwas "mehr realistisches" spielen wollen. Dass dann die meisten ihrer Abenteuer noch langweiliger werden würden, scheint da niemanden zu stören.)

@YY:

Ok, das mit der Würfelspannbreite hat was. Aber auch über diese Spannweite kann man ewige Diskussionen führen, die vor allem dann am Spieltisch auftreten, wenn mal ein SC zu Tode gestürzt ist, und nicht dann, wenn mal ein Orc hinfällt.  ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 12.12.2011 | 22:11
Dabei ging es mir nämlich fast ausschließlich darum, halbwegs detailliert zu zeigen, warum aus einer realistischen/simulativen Perspektive (anhand entsprechender Erfahrungen aus der Kampfkunstwelt usw.) sehr abstrakte, gamistische Regelungen wie die Attacks of Opportunity keinen Sinn machen... Solche Geschichten sind im wesentlichen für das Spiel da, nicht für die Kampflogik.

wenn die fluchtbereite Position / Haltung keinen Nachteil hätte, würde man sie ja einfach den ganzen Kampf beigehalten...
...das klappt aber vermutlich nur bei Puppeteers.

Zitat
Dementsprechend fand ich das Statement von Das Nichts auch genau passend, weil es IMHO tatsächlich darum gehen muss durch die Bewegungsregelungen eine gute Antwort auf die vermeintliche "AoO-Situation" zu finden, wenn man simulativ rangehen möchte, Gamismus darf ja genau so sein wie alles sonst, nur sollte man es nicht vermischen ;)

Das ist nur VIIIIEEEEEELLLLL zu aufwendig!
Soviel interessiert sich kaum einer für die KAmpfdetails.
Leute, die sich sonst Null für Matrial Arts und Kriegshistorie interessieren, möchten wohl mal den Krieger spielen, der seine Freunde beschützt oder den Hit-and-Run-Guerillia, aber bitte ohne mit dem Zentimetermaß auf den nachgebauten Schlachtfeld rumrutschen zu müssen; man sagt an, wer zu wem Base-Contact sucht, und wer sich wo vorbeidrängeln möchte, und hat dann entweder die Skills, daß durchzuziehen, respektive zu verhindern, oder nicht - und trägt die Konsequenzen.
Das ist leicht zu handeln und realistisch genug für 90% der Spieler.

Wenn sich tatsächlich eine ganze Gruppe findet, die mehr möchten, dann sollten sie tatsächlich mit einer Kombination aus CoSim und Lost Worlds herangehen, keine Frage.

Zitat
Bei GURPS4 z.B. gibt es eine Sprint-Beschleunigung, die erst eine Runde Laufen mit vollem Bewegungswert voraussetzt, zudem kann man nur mit starken Abzügen kämpfen, wenn man in der gleichen Sekunde schnell läuft (normal sonst nur Schritte). Und "AoO"-Merkwürdigkeiten hat man dann glücklicherweise auch gar nicht erst entstehen lassen, weil zudem durch die Verwundungsregeln gelöst ist, dass man sich schon ab einem "mittleren" Verwundungsniveau, nur höchstens halb so schnell bewegen kann.

Aber es wäre natürlich zu aufwendig, denn diese Methode würde auch erfordern, alle anderen Aktionen sekundengenau abzurechnen, differenzierte Angriffsgeschwindigkeiten und Reichweiten für alle Waffen einzuführen, Stellungen und Haltungen, sowie Geländemerkmale mitzuhalten...
...ein Faß ohne Boden, zumal JEDER Spieler die Last häte, anstatt nur die, die solche speziellen Manöver ausführen wollen und sich dafür mal die Skills zugelegt haben.
 
Und in genau dieselbe Fall läuft man mit der Einbeziehung von Kampfmoral für Individuen:
korrekt bearbeitet ein träges Regelnmonstrum, drastisch reduziert auf 'Mut' oder 'Willenskraft' ist es handlebar, aber unrealistisch.
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 12.12.2011 | 22:18
Komplizierte Sache. Ich halte es für einfacher, zu akzeptieren, dass ein RPG ein Spiel ist, und dann Regeln nach ihrem Spieleffekt zu bewerten, als umgekehrt vom RPG eine realitätsgetreue Simulation zu erwarten, die auf jeden Fall einen Abstraktheitsgrad haben muss, der immer mal wieder "unrealistisch" ist.

Einfacher ja, aber da kommen ja Interesse und Herausforderung an dieser Sicht aufs Spiel her.
Das Ziel ist es die Grenze immer wieder ein Stück herauszuschieben, ohne dass das Modell an Fehlern oder Überlastung zusammenbricht. Das zu testen hat man dann die Versuchshamster  Spieler, die dafür mit einer besonders facettenreichen und ich nenns mal reaktionsfreudigen Umgebung zum Erkunden belohnt werden - so sie dieses Interesse teilen.

Aus solchen Elementen, seien es z.B. Moralregeln im Kampf oder Wirtschaftsregeln, ergeben sich dann ein Haufen neuer Komplikationen, Chancen und Risiken, welche im abstrakteren "Helden"-Spiel einfach weggebügelt werden und so schon quasi die Welt zu retten, weil alles darunter eh im funktionsfreien Fluff versunken ist und keine Interaktion aushält.
Solche Regeln haben Einfluss auf das Erlebnis und welche Situationen in welcher Form auftauchen und bereichern damit meines Erachtens das Spiel immens - wenn sie gut gemacht sind.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 12.12.2011 | 22:23
Das mit der Recherche ist so ein Problem. Du kannst nachrechnen, mit welcher Geschwindigkeit ein fallendes Objekt ab einer gegebenen Höhe am Boden aufprallt, und welche Kraft beim Aufschlag wirkt. Aber ob jemand das überlebt oder nicht, oder wie hoch die Überlebenschance ist, ist dann doch im Spiel eine Bauchentscheidung. Weil im RL eben Leute von Fällen berichten können, in denen ein Bekannter eines Bekannten etc. einen Sturz aus 10 m auf nackten Beton ohne Kratzer und Gebrauchsspuren überlebt hat bzw. ein Freund eines Kollegen jemanden kennt, der nach fünf Fuß Fall nurnoch Matsch war.
Also den Kerl möchte ich sehen, der nach 10 Meter Fall auf nackten Beton keinerlei Kratzer hat.

Sicherlich, mit viel Glück lässt sich ein Sturz aus 10 Meter Höhe überleben. - Aber dann hat man immernoch gebrochene Beine und muss auf den Krankenwagen warten.

Ein System, wo man aus 10 Meter Höhe fällt und ohne Probleme weiterlaufen kann, während man bei einem 1 Metersturz automatisch stirbt, bekommt von mir das Prädikat "unrealistisch".

Klar kann man als Nicht-Experte nicht sagen, wie hoch die Sterbewahrscheinlichkeit bei einem 10 Metersturz ist. Aber jeder Laie sollte wissen, dass diese höher ist als bei einem 1 Metersturz.

Zitat
Da akzeptiere ich lieber, dass man bei einem Sturz je 3m 1d10 Schaden kassiert, auch wenn das völlig "unrealistisch" ist.
Wenn eine Person ca. 10 Lebenspunkte hat, halte ich das sogar für verdammt realistisch.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Bad Horse am 12.12.2011 | 22:24
Etwas mehr Kampfmoral bitte, und nicht schon wieder eine Diskussion über Realismus im Rollenspiel. :)

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 12.12.2011 | 22:24
Ich vermute, generalisierte, unumstößliche Rgelungen wie "Wer flieht kriegt was ins Kreuz." sind weder simulativ, noch gamistisch, noch narrativ interessant, noch entsprechen sie der Realität.

Wie wäre es mit "simulationistischer Faustregel"?
Würde ich in meinen Runden eine detailierte Regelung wie von Dir vorgeschlagen einbringen, so würde es zu 90% auf genau diese Faustregel hinauslaufen, weil die Spieler den Moment verpennen würden sich mit der Reaktionszeit des Gegners verschätzen würden, vergessen hätten, daß sie knietief im Sumpf stehen, schlicht lahmer als der Feind wären und auch noch kürzere Waffen hätten und das dem Gros einfach zu aufwändig wäre und sie sich die betreffenen Regeln eh nicht merken könnten.
  
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 12.12.2011 | 22:36
Das Problem ist, dass kurz nach dem Einstieg ins Rollenspiel, generell die Realismusanspruch naiv gestellt wird. Deshalb hatten wir ja in den 80igern all diese Systeme, die simulationistische Ornamente an das OD&D-Gerüst angenagelt haben.

Wenn man auf Chainmail zurückblickt, dann wird klar, dass der Einzelcharakter etwas sehr abstraktes ist.

Die "Helden-Rückzug muss bestraft werden"-Regel ist ein simulationistisches Ornament an einem gamistischen Grundsystem, das meist nicht weiter hinterfragt wird, weil man es schon akzeptiert hat und sich Betriebsblindheit eingestellt hat, bevor man Realismus zu hinterfragen anfängt.

Come on, bestes Beispiel: Hit Points!!! Wo ist denn da der Realismus-Anspruch? Wie kann man mit Hit Points leben, aber sich gleichzeitig kein System vorstellen, wo Rückzug nicht bestraft wird?

Bei Chainmail als CoSim kommt die Erfahrung durch, daß der Bruch einer Front, die Flucht einer Einheit, in der Regel weit höhere Verluste zur Folge hat als entschlossenes Durchhalten.
(Und aufgrund dieser Herkunft sollte Chainmail an Ur-D&D auch Kampfmoral-Regeln vererbt haben...
...und siehe da, die gibt es.)

Stimme ich dir auch zu. Das Problem ist es, in einem Hit-Point-System zwingend Rückzugserschwerung zu fordern, weil sonst der Realismusanspruch zusammenbrechen würde.

Hu?
Warum das mehr als bei Wundsystemen?
Der einzige Faktor, der dort eine Rolle spiele, wäre doch wohl die Verfügbarkeit schneller (magischer) Heilung, oder?

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 12.12.2011 | 22:40
Bei CoSim erwarte ich auch Moralwerte und halte diese für sehr wichtig.

Aber ein CoSim ist kein RPG. Und ein RPG ist kein CoSim. Was für das eine Genre gut ist, kann für das andere Genre schlecht sein. Ich spiele sowohl CoSim als auch RPGs. Und bei CoSim freue ich mich über detaillierte Moralregeln. Beim RPG werden die entsprechenden Regeln aber ersatzlos gestrichen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 13.12.2011 | 00:08
wenn die fluchtbereite Position / Haltung keinen Nachteil hätte, würde man sie ja einfach den ganzen Kampf beigehalten...

Tut man doch - eine brauchbare Kampfhaltung erlaubt zeitnahe Bewegung in alle Richtungen,
und dann bleibt zur Flucht nur noch der Unterschied, ob ich bei einem Schritt zurück auf den Gegner ausgerichtet bleibe oder mich dabei halb drehe.
Mit dem nächsten Schritt ist die Drehung dann komplett.

Wie wäre es mit "simulationistischer Faustregel"?

Der einfachste simulationistische Ansatz wäre der, Bewegungen aus dem Nahkampf heraus einfach ohne weitere Regelung zu erlauben.

Wer den Fliehenden treffen will, muss ihm nachsetzen - das ergibt sich dann aus den regulären Bewegungs- und Kampfregeln, unabhängig davon, wie komplex die jeweils sind.

AoO sind kein simulationistisches Element.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 13.12.2011 | 00:17
wenn die fluchtbereite Position / Haltung keinen Nachteil hätte, würde man sie ja einfach den ganzen Kampf beigehalten...
Interessanter Ausdruck: "Die fluchtbereite Haltung", muss ich mir merken...   ;D
Und dass es keine relevanten Nachteile gibt, ist tatsächlich der Grund warum man die Flucht-Option (weitgehend) dauerhaft bestehen lässt, zumindest nach Möglichkeit (Situation usw.)

Das ist nur VIIIIEEEEEELLLLL zu aufwendig!
...
Aber es wäre natürlich zu aufwendig, denn diese Methode würde auch erfordern, alle anderen Aktionen sekundengenau abzurechnen, differenzierte Angriffsgeschwindigkeiten und Reichweiten für alle Waffen einzuführen, Stellungen und Haltungen, sowie Geländemerkmale mitzuhalten...
...ein Faß ohne Boden,

Ähh... ok, whatever... Wenn das nach Deinem Verständnis alles viel zu aufwendig ist, lass es halt.
Ich kenne aber zum Glück viele Spielrunden wo das ohne Probleme flüssig läuft, gerade kürzlich war ich z.B. auf einer GURPS-PvP-Con, da haben wir an einem WE diverse Kämpfe auf halbwegs realistischem Niveau gleich mehrfach mit mehreren Gruppen und für diverse Settings erfolgreich durchgezogen und hatten viel Spaß dabei und praktisch nichts an 'Buchhaltung' o.ä.  ;)


Und in genau dieselbe Fall läuft man mit der Einbeziehung von Kampfmoral für Individuen:
korrekt bearbeitet ein träges Regelnmonstrum, drastisch reduziert auf 'Mut' oder 'Willenskraft' ist es handlebar, aber unrealistisch.

So ein Pauschalargument sagt nix aus...
Auch den Realitätsgrad einer einzelnen "Moralprobe" kann man nicht so pauschal beurteilen. Wenn ich z.B. wesentliche Teile auf eine Willenskraftprobe reduziere, diese aber durch mehrere entscheidende Faktoren modifiziert wird (Boni/Mali) hätte ich schon wieder einen guten Grad an Simulation erreicht. Das Schöne ist nämlich: Man kann Komplexität auch durch angemessene Reduktion bewältigen, nicht nur durch irgendwelche komplizierten Rumbasteleien ;)

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 13.12.2011 | 01:17
Interessanter Ausdruck: "Die fluchtbereite Haltung", muss ich mir merken...   ;D
Und dass es keine relevanten Nachteile gibt, ist tatsächlich der Grund warum man die Flucht-Option (weitgehend) dauerhaft bestehen lässt, zumindest nach Möglichkeit (Situation usw.)
Ist dem so?
Also ich selber kenne Judo, Karate und Fechten. Und in keinem der Dreien ist es so, dass ich aus der Standardposition heraus einfach abhauen könnte:
Judo hält mich der Gegner am Arm und am Kragen fest.
Karate ist man dem Gegner zugewannt und eher darauf bedacht, nach links oder rechts auszuweichen. Man kann zwar auch schnell rückwärts laufen, aber der Gegner kann schneller vorwärts nachsetzen.
Fechten ist zwar darauf ausgelegt, nach hinten auszuweichen, aber dafür müsste man hier die Füße umstellen, wenn man plötzlich abhauen will (also um umzudrehen und vorwärts zu rennen).

Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, ohne Passierschlag abzuhauen. Aber so einfach, wie einige das hier darstellen, ist es beileibe nicht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 13.12.2011 | 01:45
Judo hält mich der Gegner am Arm und am Kragen fest.

Völlig richtig, aber Grappling/Close-Combat hatte ich anfangs schon mal ausgenommen, hätte ich vielleicht nochmal dazu sagen sollen - hier gibt's dann sowieso keine AoO, sondern das ist ne besondere Situation ;)

Karate ist man dem Gegner zugewannt und eher darauf bedacht, nach links oder rechts auszuweichen. Man kann zwar auch schnell rückwärts laufen, aber der Gegner kann schneller vorwärts nachsetzen.
Fechten ist zwar darauf ausgelegt, nach hinten auszuweichen, aber dafür müsste man hier die Füße umstellen, wenn man plötzlich abhauen will (also um umzudrehen und vorwärts zu rennen).

Jo, die Karate-Bewegungen sind mir ganz gut bekannt, Fechten nur ganz wenig, aber dafür bin ich ziemlich fit was einige Schwertkampfschulen angeht...
Zuletzt war das jetzt natürlich ein wenig zugespitzt, es sollte sicherlich nicht heissen, dass es "total einfach ist", aber es ging darum den grundsätzlichen Punkt klar zu machen, dass Flucht in der Tat generell relativ gut möglich ist - zumindest sofern der andere nicht schneller läuft  :P
Deine beiden letzten Beispiele sind zwar in sich richtig, aber sie nehmen quasi den falschen Blickwinkel ein, mehreres dazu hatte ich in dem einen längeren Posting aufgeführt, hier nochmal kurz 1-2 wesentliche Überlegungen dazu:
Entscheidend ist z.B., dass es ziemlich merkwürdig wäre, wenn der Flüchtende sich ernsthaft "einfach komplett um 180° rumdreht", IRL würde hoffentlich auch niemand hier so etwas versuchen, nur man nimmt bei RPG-Debatten leicht eine "Spielbrettperspektive" ein, da muss man sehr aufpassen ;) D.h. auch, dass nicht versucht wird rückwärts zu laufen, sondern bspw. bei seitlichen Ständen (wie auch oft im Karate) kann man - idealerweise nach einem kleinen vorbereitenden Stepping, einer Täuschung o.ä. - ganz leicht eine Achsdrehung vollziehen und losrennen. Desweiteren kann der Flüchtende leicht zur Seite wegtauchen und im Bogen nach hinten laufen u.ä.; ganz wichtig ist zudem der schlichte Faktor, dass der Gegner i.d.R. auf seinen eigenen  Schutz achtet und vom Timing her auf das Manöver nicht vorbereitet ist - d.h. an den "Lücken" wo man sonst versuchen könnte reinzugehen, kann man auch (prinzipiell) die Kurve kratzen...  - wie weit man kommt usw. hängt natürlich alles von diversen Faktoren ab.

--
PS:
Am Ende landen wir damit sogar wieder bei der Kampfmoral, weil schließlich viele Generationen von Pflanzenfressern primär durch die gut motivierte Flucht überlebt haben, gut das die Jäger nix von theoretischen AoO-Optionen wussten ^^
Ein ernsthafteres Detail dazu wäre eben der "Bonus" durch die Überlebensangst!
Wer komplett von Kopf bis Fuß nur noch auf Fliehen aus ist, hat hier einen klaren Vorteil z.B. gegenüber einem Söldner, der einfach den Kampf gewinnen will. Dieser gibt selten 120%, um Dich mit Hechtsprung noch zu erschlagen, bevor Du weggerannt bist... Sportwissenschaftlich würde man hier ja von den Gehirnarealen sprechen, die als Überlebensreserve zurückgehalten werden. RPG-technisch würde ich im Prinzip irgendwelche einzelnen Bonus-Punkte/Destiny-Points/Bennies o.ä. als eine ganz gute Repräsentation für dieses Phänomen sehen, sowas in der Art sollte ein Moralsystem IMHO jedenfalls berücksichtigen.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 13.12.2011 | 02:01
Ich würde sagen, man hat in einer 5-Sekündigen Kampfsequenz immer ein oder zwei
Momente, wo man abhauen kann, ohne dass der Gegner einen guten Schlag anbringen kann.
Zusätzlich gibt es Taktiken, wie man es wahrscheinlicher
machen kann (beliebig kombinierbar):
- Man wartet bis der Gegner in defensiver Haltung ist (Schwerpunkt auf dem hinteren Bein) ...
- Man steht ihm auf den Führungsfuß ...
- Man gibt ihm einen Sidekick/Backkick ...
- Man täuscht eine Attacke nur an ...
- Man wirft ihm etwas ins Gesicht ...
- Man verändert seine Kampfhaltung zur seitlichen (evtl. mit leichter Tendenz zur rückwärtigen) ...
... und gibt Gummi!

Erfolgreiches Abhauen setzt aber vorraus, dass man gerade flinker oder generell schneller als der
Gegner ist. Wenn man keine von beiden Qualitäten hat, ist es natürlich Essig.

Und wir dürfen nicht vergessen, dass Karate und Fechten Wettkampfsportarten sind, die ganz gezielt
darauf trainiert werden, dass Nichtkampf vermieden wird. Vor allem beim Fechten wäre ja ein Abwenden
vom Gegner ein Sicherheitsdebakel, das strengstens verboten ist und meines Wissens nach zur Disqualifizierung führt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 13.12.2011 | 02:36
Natürlich gibt es solche Taktiken. Aber
a) müssen diese Taktiken erstmal erlernt werden. (Das können im RPG dann entsprechende Feats oder Sonderfertigkeiten sein.)
b) müssen diese Taktiken, auch wenn man sie beherrscht, nicht immer funktionieren. (z.B. weil der Gegner diese auch kennt und darauf vorbereitet ist.) Sprich, ich halte es für angebracht, eine Probe zu würfeln, von der abhängt, ob das gelingt oder nicht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 13.12.2011 | 03:35
zu a) Nein! Ich finde nicht, dass jede Kleinigkeit immer mit Zusatzkosten verbunden sein muss. Sich vom Gegner zu lösen sollte Teil jeder echten Kampfausbildung sein (wie schon gesagt: nicht beim Sport). Man spezialisiert sich auch nicht auf sich vom Gegner lösen als besonders tolle Taktik. Das wäre in etwa, wie wenn du von einem Charakter mit Fertigkeit Boxen das Klammern als Zusatz verlangen würdest, das kann einfach jeder Boxer. Und mal ernsthaft: Welcher Spieler wollte denn sowas extra lernen?
zu b) Es war ja von vornherein gerade mein Standpunkt, dass bei so einer Aktion auf eine Regel zurückgegriffen werden sollte, die nicht immer ein "Wer flieht bekommt eins in den Rücken." erzeugt. Genauso soll es auch kein "Wer schneller ist, kommt immer weg." sein.

Außerdem hat ein Nachsetzen meistens auch eine moralbezogene Seite. Wer fliehende Truppen verfolgend niedermetzeln will, muss in manchen Tabletops auf Ungestümheit würfeln. (In einer Schlacht ist es gerade andersherum wie im RPG: da will man als General gewöhnlich nicht, dass die wertvolle Reiterei vorschnell mit der Plünderung des gegnerischen Trosses beginnt, während die eigentliche Schlacht noch gar nicht gewonnen ist.)
Aber beim Zweikampf hat das auch eine moralische Seite. Ist der Charakter tatsächlich einer, der jemanden hinterrücks erschlägt, weil er später vielleicht einen Nachteil von ihm haben könnte? Ich glaube die Genfer Konvention meint dazu: Nein!
Oder: Sind die typischen Kämpfe ums Wasserloch tatsächlich weiteren Kampf wert, wenn der Gegner doch schon flieht.
Ich will hier ja nicht von solchen Pratzen wie D&D und konsorten reden, denn da hat ja eine AoO gar nicht den Stellenwert wie in der Realität, denn in echten Kämpfen hat ein unparrierter Treffer auf die Rückseite ja meistens fatale Folgen.

Ich habe die tausendfache Erfahrung gemacht, dass Rollenspieler einen Feind niedermetzeln ohne mit der Wimper zu zucken, auch wenn es nicht sein müsste, weil sie daraus einen Nachteil im späteren Spiel befürchten (dadurch, dass sie nochmal gegen ihn kämpfen müssen oder er irgendwie andersweitig gegen sie arbeiten könnte).
Solche spieltaktischen Entscheidungen finde ich inzwischen widerlich. Als SL fange ich dann meistens an zu diskutieren, ob das tatsächlich die wirkliche Entscheidung sein soll, weil ich es für ziemlich dämlich halte, komplexe und möglichst realistische Rollenspielkampfplots völlig abseits des menschlichen zu führen, denn die Menschlichkeit ist es ja meistens um deretwillen gekämpft wird - vor allem wenn man dazu tendiert, seinen Charakter als Held zu bezeichnen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Quasimodo am 13.12.2011 | 03:59
Das müssen keine Talente sein:
AoO-Systeme haben normalerweise brauchbare möglichkeiten eingebaut relativ(und das ist wichtig NUR relativ) sicher abzuhauen
In den meisten fällen geht dafür halt alle Handlung einer oder mehrerer Runden drauf und sie funktionieren meist nur dann sicher wenn man einen(für seine Fluchtaktion) Geländevorteil hat
Und spieler eines nicht mögen dann das sie für eine "nichts bringende" aktion(in der nichtmal gewürfelt wird...von ihnen nichtmal gewürfelt wird) alle anderen Aktionen aufgeben müssen

Oder anderst angesetzt:
Alle beschrieben "optimalen" Fluchtgelegenheiten erfordern einen eher passiven auf den Gegner abgestimmten/abwartenden Ansatz
Sprich man verbrennt massig Handlung(saktionen) "nur" für diese Option
Warum"Nur"? Weil die Flucht der gefährlichste Moment im Kampf seit jeher war; zumindest in Schlachten von Fusssoldaten.
Das Argument mit den Fluchttieren und AoO:
Vieleicht war das ja nicht ernstgemeint aber Fluchttiere bauen ja darauf das der "Gegner" sprich die Löwin im Busch gar nicht in angriffsreichweite kommt!
Wenn doch dann nimmt man in kauf verwundbar zu sein(im vergleich zum "zum Kampf stellen" das den Angriff deutlich erschwert aber man selber eben trotzdem chancenlos ist)
Wenn alle Fluchttiere erst Links und Rechts eine Austeilen würden und dann abhauen könnten wir damit rechenen das die Räuber bei so "lammer" beute im Schnitt dreimal größer und langsamer währen als in der realität(und an Futtermangel wegen zu wenig überlebenden Beutetieren draufgehen)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 13.12.2011 | 06:15
Ist das mit den Optionennicht eher eine Frage der Kampfdynamik/Initiative zu dem Zeitpunkt. Wenn das noch in etwa eine Sache auf Augenhöhe ist - vielleicht will ja auch mal der Überlegene fliehen, weil er aus dem Augenwinkel sieht, dass seine Kumpels mit der gesuchten Beute schon abhauen - ist die Lücke durch eine Finte oder die Chance, dass das nur eine Finte sein könnte (das Nachsetzen würde dann ja auch nicht aus einer neutralen oder gar verteidigenden Position passieren sondern müßte erst erkennen udn dann umschalten), durchaus möglich.

Wenn der Gegner eh schon quasi nicht mehr paarieren muss, weil das Opfer unterlegen udn nur noch in der verteidigung ist (und mit Rüstung ggf. auch noch mögliche leichte Zufallstreffer keine große Abschreckungswirkung mehr haben) dann ist der Schlag in den Flüchtigen nur eine weitere Attacke in den eh schon meist zurückweichenden Gegner.

(und muss man zum Fuß auf Fuß Trick nicht schon sehr unüblich nah ran, insbesondere wenn beide Waffen tragen?)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 13.12.2011 | 09:11
Der Fuß-auf-Fuß-Trick ist was für waffenlosen Kampf. Mit Waffen größerer Reichweite funktioniert das bei einem Zweikampf wohl eher nicht - vielleicht auch, weil sonst der Fuß was abbekommt, sofern der Angreifer schnell genug ist.
Aber wir spinnen ja hier Flucht-Theorien über alle möglichen Nahkämpfe. Dazu gehören wohl auch Schlägereien.
Und das muss auch mit größeren Getümmeln funktionieren, wo durch Schubsen, Ausweichen, Zurückweichen oder Vorrücken jeder theoretisch mal überall, auch direkt vor nem Gegner, landen kann, egal was für Waffen durch die Luft schwirren.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 13.12.2011 | 09:30
Etwas mehr Kampfmoral bitte, und nicht schon wieder eine Diskussion über Realismus im Rollenspiel. :)
Es gibt ein Phänomen im echten leben, das sich Kommentkampf (http://de.wikipedia.org/wiki/Kommentkampf) nennt. Dabei geht es um Rangordnung. Kein Arsch kämpft gegen jemanden, der in der Hierarchie weit über ihm steht. Und wenn doch, ist der Arsch vermutlich durchgedreht und hat ohnehin keine Zukunft. Kämpfe finden meistens nur zwischen etwa Gleichrangingen statt. Wer eine Stufe unter dem anderen ist, kann versuchen, mit einem Kampferfolg gleichzuziehen oder den anderen zu verdrängen.

Kämpfe bis zur ernsthaften Verletzung oder gar bis zum Tod sind sehr selten, im gesamten Tierreich und auch beim Menschen. In der Regel stellt sich schnell klar, wer die Oberhand gewinnt und dann wird der Kampf beendet. Aber warum wird der Kampf beendet? Weil der Unterlegene sich freiwillig ergibt und der Überlege freiwillig Gnade walten lässt. Es gibt ein bisschen Gepose und ein paar Demutsgesten, um ganz klar die neue Rangordnung festzuhalten, aber der Wechsel zu dieser symbolischen Klarwerdung ist stets verbunden mit dem Ende des ernsthaften Kampfes. Da mag es noch einen Tritt für den Schwächeren geben, aber der ist schon nicht mehr als schadensstiftend gedacht, sondern soll in erster Linie symbolisch verdeutlichen, wer die Oberhand hat. In der Realität muss der Sieger kaum Rache fürchten, weil der Verlierer seine Unterlegenheit akzeptiert und gar nicht willens ist, die Demütigung wiederholt zu erleben. Rache gibt es erst, wenn aus dem Kommentkampf ein Kampf bis zum Tod wird.

Aus irgendeinem Grund geht dieser Mechanismus im Rollenspiel komplett verloren. Wenn gekämpft wird, dann immer bis zum Tod. Die Kampfregeln funktionieren so, dass der Kampf erst endet, wenn einer tot oder bewusstlos umkippt. Also wird es so gemacht. Und weil der Tod immer das Ziel ist, ist Rache tatsächlich zu befürchten. Dann sollte man auch wirklich konsequent sein. Es ergibt sich ein selbstverstärkender Mechanismus, jeden Konflikt mit dem Tod zu entscheiden. Man kann es episch finden, aber auch albern.

Es ist möglich, Regeln einzuführen, die Kämpfe zu Kommentkämpfen machen. Man lege eine Hierarchieleiste fest und ordne jedem Wesen, auch den SC, einen Wert zu. Beträgt der Abstand zwischen zwei Gegnern mindestens zwei Stufen, will der untere gar nicht kämpfen. Um es doch zu wollen, braucht er eine besondere Motivation. Sein General hat eine überaus ergreifende Kampfansprache gehalten, oder es geht um einen nahen Verwandten. Je größer der Hierarchieunterschied, desto mächtiger muss die besondere Motivation sein. Der Unterlegene versucht es noch am ehesten durch einen hinterhältigen Angriff, in der Hoffnung mit einem einzigen Schlag den Tod herbeizuführen. Der sofortige Tod ist seine einzige Chance zu gewinnen, aber jemand anderen zu töten - und auch noch jemanden, der über einem steht - bleibt in aller Regel nicht ohne Konsequenzen. Es handelt sich also um eine Verzweiflungstat, den allerletzten Ausweg. Ausweglosigkeit ist der Grund für Kämpfe auf den Tod.

Kennen sich zwei Gegner nicht, werden sie sich beschnuppern. Zuerst verbal, meist reicht das schon. Wenn nicht, beschnuppern sie sich im Kampf. Stellt sich ein klarer Unterschied heraus, ist die Sache geklärt und der Kampf kann beendet werden, selbstverständlich mit einer offenen Unterwerfung des Schwächeren. Gibt es keinen Unterschied, wird ersthafter gekämpft. Aber doch nicht bis zum Tod. Wer will schon sterben? Lieber ergeben.

Kämpfe auf den Tod gibt es doch eigentlich nur, wenn der Tod des Gegners schon vor dem Kampf beschlossene Sache ist, beispielsweise auf einem Rachefeldzug. Und selbst dann lässt sich der Rächer oft genug erweichen, wenn sein Opfer verletzt und winselnd auf dem Boden kriecht und um Gnade bettelt. Wir sind so programmiert, dass eine offene Unterwerfung zum Kampfende führt. Dagegen anzugehen bedarf eines starken Willensaktes.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 13.12.2011 | 09:36
zu a) Nein! Ich finde nicht, dass jede Kleinigkeit immer mit Zusatzkosten verbunden sein muss. Sich vom Gegner zu lösen sollte Teil jeder echten Kampfausbildung sein (wie schon gesagt: nicht beim Sport). Man spezialisiert sich auch nicht auf sich vom Gegner lösen als besonders tolle Taktik. Das wäre in etwa, wie wenn du von einem Charakter mit Fertigkeit Boxen das Klammern als Zusatz verlangen würdest, das kann einfach jeder Boxer. Und mal ernsthaft: Welcher Spieler wollte denn sowas extra lernen?

Och doch!
Weil wir als Spieler nämlich zwischen Nicht-Kombattanten, Miliz, professionellen Söldnern und berühmten Kriegern unterscheiden möchten!
Und auch wenn der Sportboxer das Klammer im Gym als Standard eingebläut bekommt, heißt es noch nicht das der Landsknecht das 'sicher aus dem Nahkampfen lösen' in jeder Waffengattung gegen jede andere auch automatisch beherrscht.
Und ich sehe nicht, das ich meinem Char mit Kampflähmung oder laut Hintergrund wohlbehütetem Aufwachsen aufeinmal das professionelle Überleben von Landschlachten zugestehen würde.

Zitat
Ich habe die tausendfache Erfahrung gemacht, dass Rollenspieler einen Feind niedermetzeln ohne mit der Wimper zu zucken, auch wenn es nicht sein müsste, weil sie daraus einen Nachteil im späteren Spiel befürchten (dadurch, dass sie nochmal gegen ihn kämpfen müssen oder er irgendwie andersweitig gegen sie arbeiten könnte).
Solche spieltaktischen Entscheidungen finde ich inzwischen widerlich. Als SL fange ich dann meistens an zu diskutieren, ob das tatsächlich die wirkliche Entscheidung sein soll, weil ich es für ziemlich dämlich halte, komplexe und möglichst realistische Rollenspielkampfplots völlig abseits des menschlichen zu führen, denn die Menschlichkeit ist es ja meistens um deretwillen gekämpft wird - vor allem wenn man dazu tendiert, seinen Charakter als Held zu bezeichnen.

Ich finde das zutiefst menschlich - ein Verhalten, daß eher aus Angst und Wut oder Kampfrausch geboren ist denn aus Planung und Überlegung.
Zudem ändert sich der Kontext im Krieg, wo systhematische Vergewaltigungen, Vernichtung des Nährstandes, Verbreitung von Krankheiten, Versklavung der Bevölkerung, Ermortung wehrfähiger Bürger, ethnische Säuberungen, etc. übliches Vorgehensweisen auch unter realen Menschen darstellen.
Wer bezeichnet seinen Char denn noch ernsthaft als 'Held' - das sind doch absolute Ausnahmekampagnen, etwas so häufig wie das Wachküssen von Prinzessinnen und das erhalten halber Königreiche für Handreichungen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 13.12.2011 | 09:52
Zuletzt war das jetzt natürlich ein wenig zugespitzt, es sollte sicherlich nicht heissen, dass es "total einfach ist", aber es ging darum den grundsätzlichen Punkt klar zu machen, dass Flucht in der Tat generell relativ gut möglich ist - zumindest sofern der andere nicht schneller läuft  :P

Entschuldigung, aber das halte ich für unglaubwürdig...
...mal abgesehen davon, daß man immer schneller vorwärts vorrücken kann als rückwärts zurückweichen, zumal auf unebenem, wechselnden Gelände, ...man steht in der Schlacht selten in hintersten Reihe, wenn man im Nahkampf Treffer kassiert!
Zudem: Die Geichtsverlagerung zum Abhauen ist der des nach Vorne drängens entgegengesetzt - aber letztere ist nötig um Wirkungstreffer gegen gerüstete Gegner zu erziehen, Schilde zur Seite zu Drängen oder Waffenblocke zu überwinden; verzichtet man darauf, bedroht man den anderen auch nicht mehr effektiv, und dieser kommt in die Offensive, was die eigenen Sicherheitslage nicht verbessert.
Dazu kommt dann noch, daß kaum je beide Kombattanten gleich schnell sind.
Die beste Chance für eine Flucht dürfte bestehen, wenn man sich durch die eigenen Reihen zurückfallen läßt, und der Gegner selbst in seiner eigenen Formation gebunden ist - aber das ist dann eigentlich nur ein taktischer Rückzug, keine Flucht, und bedingt daß die eigenen Fraktion nicht in deutlich unterlegener Position kämpft.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: pharyon am 13.12.2011 | 13:43
Könnten wir wieder zum Thema "Kampfmoral" kommen?

Wenn ihr ein "Kampfmoral"-System für euer Spiel akzeptieren würdet, hätte es dann eher eine positive Verstärkung durch Boni oder eher durch Mali bzw. Einschränkungen wie "keine ANgriffe" oder "nur defensive Manöver"?

Grüße, p^^
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 13.12.2011 | 15:42
Entschuldigung, aber das halte ich für unglaubwürdig...   ...man steht in der Schlacht selten in hintersten Reihe, ...

Ja, beim Aspekt Schlacht hast Du völlig recht, aber ich war auch anfangs schon darauf eingegangen, dass es um diese Situation bei meinen Argumenten nicht ging... ;)

--

Generell wegen AoO usw.:
Was verschiedene der zuletzt gekommenen Detailargumente angeht werden wir ja jetzt langsame wirklich viel zu offtopic und zu speziell, oder? Ich denke, dass sich das "produktive Diskussionspotential" auch im wesentlichen erschöpft hat, denn wer ernsthaft die Inhalte  auf Realismus überprüfen möchte - also über reine RPG-Theorie hinaus -  sollte zunächst mal allerallermindestens ein halbes Jahr eine gute Kampfkunst inkl. Waffengang betrieben haben, vorher bringt weitere "Fach-Debatte" da sowieso nichts! ;)

Es gibt ein Phänomen im echten leben, das sich Kommentkampf (http://de.wikipedia.org/wiki/Kommentkampf) nennt. Dabei geht es um Rangordnung. Kein Arsch kämpft gegen jemanden, der in der Hierarchie weit über ihm steht. ...

Finde ich nen guten Ansatz, danke für den Beitrag, sowas könnte sich sicherlich gut verwerten lassen, wenn jemand ein gutes Moralsystem entwickeln will :)

---

Generell was Moral angeht:
Ich habe den Eindruck, dass viele Argumente hier äusserst vorschnell Kampf im RPG pauschal mit Krieg und Schlacht gleichsetzen und dementsprechend gleich die totale Verrohung und moralische Entgleisung von Chars als völlig normal ansehen ;)

Bspw. normale Kämpfe wie sie meistens in Fantasy-Abenteuern vorkommen, würde eigentlich keiner im Militär als Schlacht bezeichnen, sowas könnte man z.B. Scharmützel nennen bzw. Geplänkel, wenn es um wiederholte Angriffe geht o.ä.
Der Punkt dabei ist jedenfalls aus meiner Sicht, dass kleine "Abenteurer-Gruppen" hier, insbesondere was die Moral angeht, nicht mit dem x. Fußsoldat im Regiment gleichgesetzt werden können. Man kämpft auch nicht in Reihen und kriegt von hinten einen Arschtritt vom kommandierenden Offizier bzw. risikiert bei Flucht gleich noch auf dem Weg als Deserteur erschlagen zu werden. Auch kann man sich nicht als  reiner Befehlsempfänger rechtfertigen, sondern trägt ganz unmittelbar "ohne Ausreden" selbst die Verantwortung für seine Handlungen...
Ich finde eine gute Art und Weise als SL auf unpassende/ungewollte Verrohungs-Effekte der Chars einzugehen ist die Reputation! GURPS z.B. verwendet ein Reaktionsschema bei NSCs, d.h. wenn die Spielergruppe etwa die Gewohnheit hat rücksichtslos jeden Staßenräuber auf der Flucht zu erschlagen, sollte sich das rumsprechen - bei Freund und Freund - und der SL würfelt, wie sie zu den SCs stehen...
Was habe ich denn (als NSC) von solchen Leuten zu halten? Und vielleicht war ein Räuber ein Neffe von mir, der in schlechtem Umgang geraten ist und vor kurzem seine Lehrstelle verloren hat o.ä. Als "Feind" weiss ich, dass ich solchen Leute gegenüber keine Gnade mehr zeige, da sie mir sonst bei 1. Gelegenheit die Kehle durchschneiden. Wichtig ist IMHO jedenfalls den Spielern irgendwie (subtil) Feedback zu geben, dass ihre Handlungen in der Spielwelt Konsequenzen haben...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 13.12.2011 | 16:07
Solche spieltaktischen Entscheidungen finde ich inzwischen widerlich. Als SL fange ich dann meistens an zu diskutieren, ob das tatsächlich die wirkliche Entscheidung sein soll, weil ich es für ziemlich dämlich halte, komplexe und möglichst realistische Rollenspielkampfplots völlig abseits des menschlichen zu führen, denn die Menschlichkeit ist es ja meistens um deretwillen gekämpft wird - vor allem wenn man dazu tendiert, seinen Charakter als Held zu bezeichnen.

Das Ganze beruht ja meistens auf Gegenseitigkeit...

Wenn sich die NSCs auch "normal"/menschlich verhalten, kommt das von alleine (wieder) in die Spur.

Und es hat natürlich den großen Vorteil, dass man allein schon über diese Entscheidungen NSCs in "normale" Gegner und fiese Schweine (tm) trennen kann.

Also: Mach weiter so, du hast Recht  :)

Es ist möglich, Regeln einzuführen, die Kämpfe zu Kommentkämpfen machen.

Aber bitte nicht pauschal für alle Kämpfe.

In einigen Kontexten kommt der Kommentkampf-Mechanismus kaum oder gar nicht zum Tragen, z.B. bei militärischen Auseinandersetzungen oder im kriminellen Zusammenhang.

Kommentkampf ist Sozialverhalten; wenn keine "brauchbare" soziale Verbindung zwischen den Kämpfenden besteht, kann es auch keinen Kommentkampf geben.


Ich für meinen Teil baue darauf, dass meine Spieler selbst merken, wann sie einen Kommentkampf vor sich haben und entsprechend handeln.
Klappt i.d.R. recht gut.


Wenn ihr ein "Kampfmoral"-System für euer Spiel akzeptieren würdet, hätte es dann eher eine positive Verstärkung durch Boni oder eher durch Mali bzw. Einschränkungen wie "keine ANgriffe" oder "nur defensive Manöver"?

Ich würde dazu tendieren, so wenig wie möglich Boni zu nutzen und fast nur mit Mali und Einschränkungen zu arbeiten.

Das bietet sich mMn deswegen an, weil die meisten Systeme ohne Kampfmoralsystem einfach annehmen, dass die Kontrahenten in diesem Zusammenhang auf voller Effektivität arbeiten.

Da braucht man nicht in zwei Richtungen zu arbeiten; z.B. ein guter Anführer kann "nur" helfen, die neu eingeführten Mali abzulegen.
Auf der anderen Seite gibt es Leute, die aus eigenem Antrieb auf "voller Leistung" arbeiten und denen (auch bemerkenswert gute) Führung keinen weiteren Vorteil in Sachen Kampfmoral bringt.
Insbesondere als kumulativen Bonus fähnde ich Führung daher eher nicht so elegant umgesetzt.


Also: entweder man setzt den Normalfall bzw. die Charakterwerte als volle Leistung und arbeitet mit Mali oder umgekehrt, d.h. mit per default werte- und handlungsmäßig eingeschränkten Leuten, die erst mal aus diversen Quellen Motivation zusammenkratzen müssen, um Boni und Optionen abzugrasen - Letzteres gefällt mir persönlich spielmechanisch allerdings nicht.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Deep One am 13.12.2011 | 17:59
Ich finde eine gute Art und Weise als SL auf unpassende/ungewollte Verrohungs-Effekte der Chars einzugehen ist die Reputation! GURPS z.B. verwendet ein Reaktionsschema bei NSCs, d.h. wenn die Spielergruppe etwa die Gewohnheit hat rücksichtslos jeden Staßenräuber auf der Flucht zu erschlagen, sollte sich das rumsprechen - bei Freund und Freund - und der SL würfelt, wie sie zu den SCs stehen...
Was habe ich denn (als NSC) von solchen Leuten zu halten? Und vielleicht war ein Räuber ein Neffe von mir, der in schlechtem Umgang geraten ist und vor kurzem seine Lehrstelle verloren hat o.ä. Als "Feind" weiss ich, dass ich solchen Leute gegenüber keine Gnade mehr zeige, da sie mir sonst bei 1. Gelegenheit die Kehle durchschneiden. Wichtig ist IMHO jedenfalls den Spielern irgendwie (subtil) Feedback zu geben, dass ihre Handlungen in der Spielwelt Konsequenzen haben...


Voll Sünde, der arme Jung' ... kriegen die SCs, wenn sie die Mordbuben von ihrem Elend erlöst haben, auch Bonus auf Reputation bei den vorherigen Opfern der Straßenräuber und deren Angehörigen, die von dem Raubgesindel überfallen, ihrer Existenz beraubt, vergewaltigt und/oder ermordet wurden?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 13.12.2011 | 19:21
kriegen die SCs, wenn sie die Mordbuben von ihrem Elend erlöst haben, auch Bonus auf Reputation bei den vorherigen Opfern der Straßenräuber und deren Angehörigen, die von dem Raubgesindel überfallen, ihrer Existenz beraubt, vergewaltigt und/oder ermordet wurden?

Das hast Du doch damit schon implizit selbst beantwortet... ;) Und letztlich kommt es natürlich immer darauf was für eine Art Setting/Kampagnenfeeling die Gruppe überhaupt spielen will (oft genug ja auch weitgehend ohne sowas wie Moralelemente) und wie der SL den Kontext einschätzt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Deep One am 13.12.2011 | 19:26
Das hast Du doch damit schon implizit selbst beantwortet... ;)

Das klingt ganz lustig, in der Kampagne würd' ich mittun. :)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 13.12.2011 | 20:41
Ich für meinen Teil baue darauf, dass meine Spieler selbst merken, wann sie einen Kommentkampf vor sich haben und entsprechend handeln.
Klappt i.d.R. recht gut.
Fantastisch. Es bedeutet, dass du intuitiv das Richtige tust. Wir tun offensichtlich nicht das Richtige. Kannst du das, was du tust, spezifizieren und in Regeln umsetzen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 13.12.2011 | 22:46
Kannst du das, was du tust, spezifizieren und in Regeln umsetzen?

"Spiel nicht mit Arschlöchern"?

 ~;D


Nein, im Ernst:

Ich bin mit Spielern gesegnet, die verinnerlicht haben, dass es unterschiedliche Formen von Gewalt gibt, mit denen man unterschiedlich umgehen sollte.

Wie Das Nichts versuche ich, meine NSCs in dieser Hinsicht möglichst plausibel handeln zu lassen (zumindest in den Systemen, wo das eine Rolle spielt).


Eine spielmechanische Form für das Ganze, die jeden Spieler zuverlässig dazu bringt, entsprechend zu handeln, müsste wohl auf der Metaebene ganz klar angeben, was für eine Kampf- bzw. Gewaltart man vor sich hat und wie die systemseitig gewünschte Reaktion (mit entsprechenden Belohnungs- und Strafmechanismen) aussehen soll.

Das kann über Reputation laufen, über eine erschwerte Katharsis/Traumaverarbeitung bei entsprechenden Verfehlungen und resultierender fehlender Unterstützung des sozialen Umfeldes uvm..

Mir wäre es z.Zt. den Aufwand nicht wert, weil meine Stammspieler es ohnehin machen.
Ich behaupte auch, dass Spieler, die an so einer Regelung überhaupt Interesse hätten, das auch ohne zumindest weitgehend umsetzen können.


Ansonsten kann man sich überlegen, meditations on violence (http://www.amazon.de/Meditations-Violence-Comparison-Martial-Training/dp/1594391181?tag=duckduckgo-d-20) und the dark side of man (http://www.amazon.de/Dark-Side-Man-Tracing-Violence/dp/0738203157/ref=sr_1_1?s=books-intl-de&ie=UTF8&qid=1323812601&sr=1-1) in die Pflichtlektüreliste für die Spieler aufzunehmen  ;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 14.12.2011 | 00:13
Es gibt ein Phänomen im echten leben, das sich Kommentkampf (http://de.wikipedia.org/wiki/Kommentkampf) nennt. Dabei geht es um Rangordnung. Kein Arsch kämpft gegen jemanden, der in der Hierarchie weit über ihm steht. n Willensaktes.

Im üblichen Abenteuersetting irrelevant!

Dieser Kommentkampf findet nämlich ausschließlich in der eigenen Gruppe (Gesellschaft, Sippe, Schicht) statt.
Nie im Krieg gegen andere Staate oder im Klassenkampf oder gegen andere Rassen; selbst die Wegelagerer sind im Prinzip Mitglieder einer anderen Gesellschafts(schicht), mit der sich die Abenteuerer in der Regel nicht mischten - sie befinden sich in einer ganz anderen Hierachie, so das die relative Position eh nicht zu vergleichen ist.
Ebenso der Mord an Kindern von abgesetzten Alphamännchen durch den neuen Boss, ..die haben noch keine Position in der Gesellschaft, kein Komment.

Ich finde eine gute Art und Weise als SL auf unpassende/ungewollte Verrohungs-Effekte der Chars einzugehen ist die Reputation! GURPS z.B. verwendet ein Reaktionsschema bei NSCs, d.h. wenn die Spielergruppe etwa die Gewohnheit hat rücksichtslos jeden Staßenräuber auf der Flucht zu erschlagen, sollte sich das rumsprechen - bei Freund und Freund - und der SL würfelt, wie sie zu den SCs stehen...

Naja, Orden von der Stadtverwaltung, Bonus beim Militär, Kopfgeld von den Händlern, Stein im Brett beim Establishment, auch die normalen Handwerker und Bauern, die schon mal belästigt wurden applaudieren; ...was will man mehr?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 14.12.2011 | 00:33
Ich gehe davon aus, dass man den Hierarchie-Begriff hier etwas weiter denken muss , dann kann man aus dem Kommentkampf-Konzept auch etwas rausziehen, wenn es "nur" um soziales geht, ist natürlich klar, dass es im RPG oft keine große Rolle spielt.

Aber gerade auch in der Tierwelt haben wir ja "Encounter"-Situationen!
Ein klassischer Kommentkampf wäre ja z.B. die mehr oder weniger zufällige Begegnung zwischen zwei männlichen Tieren einer Spezies, die in einen Dominanz-Konflikt geraten, bspw. wenn der "Neuling" das Revier streitig macht.

IMHO ist jedenfalls die interessante Parallele, dass sie sich dabei häufig nicht vorher kennen werden: D.h. wir haben prinzipiell eine vergleichbare Ausgangssituation, wenn beispielsweise eine Abenteurergruppe auf eine Brückenblockade durch unbekannte Wegzoll-Erpresser stößt oder etwas in der Art...

Jetzt begutachtet man sich erstmal, implizit wird durch Aussehen, vermeintliche Stärke, körpersprachliche und verbale Kommunikationsfaktoren etc. auf beiden Seiten ein bestimmter Status suggeriert. Verliert eine der Seiten deutlich, würde meiner Meinung nach wirklich sehr wahrscheinlich kein physischer Konflikt zustande kommen.
Wenn die Abenteurer sich bspw. einem Dutzend muskelbepackter Barbaren-Krieger mitsamt einem übellaunigen, kampferfahren wirkenden Anführer und einem gierig blickenden Schamanen mit Knochenstab gegenüber sehen, ist es recht wahrscheinlich, dass sie (nach diesem Modell) den Kommentkampf verloren haben und zähneknirschend die unverschämte Tributzahlung leisten oder sich verdrücken.
Und noch interessanter wäre es wohl, wenn die "Erpresser" scheinbar in offizieller Mission darstehen, aber taktisch unterlegen sind, z.B. zwei hochrangige und imposant wirkende Geweihte, die aber gegen die ganze Gruppe wahrscheinlich im Kampf verlieren würden...

Ist es andererseits so, dass dort z.B. 3 runtergekommene Goblins stehen oder die Abenteurer in Begleitung von einigen Gardisten mit hoch erhobenem königlichem Banner reisen, verlieren sehr wahrscheinlich die Erpresser und geben schon frühzeitig den Weg frei, um sich Ärger zu ersparen...

Entsprechende Regeln braucht man natürlich deswegen trotzdem nicht unbedingt, wenn die Spieler sowieso sinnvoll bzw. charaktergerecht agieren und alles stimmig ist, würde ich da auch eher nix künstlich verregeln ;)
Als Modell ist es aber interessant und könnte IMHO auch bei Bedarf passend angewendet werden.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 14.12.2011 | 01:10
Ja dafür braucht man keine Regeln. Gerade dann, wenn der Zollbeamte in königlichem Auftrag den Zoll eintreibt, aber den SCs militärisch unterlegen ist, würde ich das gar nicht regeltechnisch regeln wollen, sondern sehen, wie die SCs das lösen:
- Zähneknirschend wird der Zoll bezahlt.
- Der Zollbeamte wird lachend zur Seite geschoben und man passiert ohne zu zahlen.
- Der Zollbeamte wird erschlagen, damit es keine Zeugen gibt, und anschließend wird die Brücke überquert.

Alles drei halte ich für realistisch. Aber je nachdem, wie sich die SCs verhalten, sagt dies doch etwas über die SCs aus. Ich würde so eine Szene nicht einbauen, damit es einen Kampf gibt. Und auch nicht, um die SCs um ein paar Goldstücke zu erleichtern. Aber ich würde so eine Szene einbauen, damit die Spieler eine Aussage über ihre SCs treffen können.

Ansonsten gab es bei der Bundeswehr mal den Spruch:
"Ein toter Gegner weniger, reduziert den Feind um einen Mann. Ein schwerverletzter Gegner reduziert den Feind jedoch um drei Mann: Den Schwerverletzten und zwei, die sich um ihn kümmern."

Diese Taktik wurde auch im Vietnamkrieg gefahren, wo Scharfschützen den Gegner anschossen und dann darauf gewartet haben, dass der Trupp versuchte, den Verwundeten zu bergen. (Wird auch sehr gut in einer Szene von Full Metall Jacket thematisiert.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: SeelenJägerTee am 14.12.2011 | 02:00
Im üblichen Abenteuersetting irrelevant!

Dieser Kommentkampf findet nämlich ausschließlich in der eigenen Gruppe (Gesellschaft, Sippe, Schicht) statt.
[...] selbst die Wegelagerer sind im Prinzip Mitglieder einer anderen Gesellschafts(schicht), mit der sich die Abenteuerer in der Regel nicht mischten - sie befinden sich in einer ganz anderen Hierachie, so das die relative Position eh nicht zu vergleichen ist.
[...]
Finde ich gut, dass du gerade Wegelagerer erwähnst. Denn bei Wegelagerern kann man gleich zwei Sachen zum Thema Kampfmoral und zur Tötungshemmung nenne ich es mal deutlich machen.
1.
a) Wenn das Gesetz für Wegelagerei die Todesstrafe verhängt, dann werden Wegelagerer fast immer ihre Opfer töten, da sie auf jeden Fall gehängt werden. Gnade zu zeigen bringt keinen Vorteil es erhöht nur das Risiko erwischt zu werden.
b) Falls man für Wegelagerei aber nur mit 100 Peitschenhieben auf dem Marktplatz bestraft wird und dann in ein Forlorn-Hope-Kommando gesteckt wird oder zur Zwangsarbeit im Steinbruch verurteilt wird, dann werden Wegelagerer ihre Opfer vermutlich eher nicht töten.

2.
Falls 1. a) gilt, werden Wegelagerer nur angreifen wenn sie sich sicher sind, dass sie einen einfachen Sieg erringen können. 5 Wegelagerer werden sicherlich keine 5 SC mit Kettenpanzer, Schild und noch 3 Sekundärwaffen angreifen.
Deswegen sind Wegelagerer mMn die denkbar beschissenste Reisezufallsbegegnung. Wenn die Wegelagerer angreifen werden sie es aus dem Hinterhalt und mit tödlicher Effizienz tun oder es lassen. Das heißt das Ganze ist für die SC ziemlich binär wenn es zu einem Angriff kommt sind sie tot und ansonsten gibt es keinen Angriff.
Falls die SC diejenigen sind die die Wegelagerer zuerst entdecken, dann stellt sich die Frage "Umgehen oder alle töten?" denn die SC sollten sich ausrechnen können, dass die Wegelagerer bis zum Tod kämpfen werden und sich nicht einfach so ergeben. Da gäbe es aber wenigstens noch die Möglichkeit auf den Deal "Wir Wegelagerer lassen den Kampf bleiben und lassen euch ziehen weil wir hoffen uns schnell genug von hier Verpissen zu können bevor ihr dem Ritter gesagt habt wo unser Lager ist."

Falls 1.a) gilt bieten die Wegelagerer quasi an: "Gib uns dein Gold, da haben wir beide was von. Du behältst dein Leben und wir müssen dich nicht umbringen um an die Kohle zu kommen, das erspart uns den Galgen wenn man uns schnappt."
Zusätzlich kann man es auch bei gleichstarken Zielen versuchen, denn sowohl man als Wegelagerer als auch das Ziel wissen, dass es nicht bis zum Tod gehen MUSS.
Da würde das ganze dann auf einen Poker des "Wie weit denkst du sind wir bereit zu gehen?" hinauslaufen.
Und da könnte dann auch das Geschachere nach den genauen Preisen losgehen denn im Prinzip läuft es hier auf eine Gefahrenaufrechnung raus. Wenn die Opfer kämpferisch klar unterlegen sind, dann ist es ein "Wenn ihr still haltet während wir euch durchsuchen lassen wir euch am Leben." während es bei jemandem der Gegenwehr leisten kann schon ein "kommt mir nicht zu nahe aber ich Werf euch den Beutel zu" werden könnte und bei gleichem Stärkeverhältnis könnte man als Opfer mit Schneid es auch mit einem "Netter versuch. Aber ich würde Vorschlagen ihr geht wieder in die Wälder zurück, dann bin ich nicht gezwungen meine Armbrust zu benutzen und wir vergessen die ganze Geschichte einfach."
Das ganze kann dann natürlich auch mal eskalieren wenn eine oder beide Seiten es grob falsch einschätzen wie weit der Andere bereit ist zu gehen oder jemand was unüberlegtes tut.

Das alles spielt in die Kampfmoral mit rein. Das ist ja nicht nur wie stark sind wir und wie stark ist der Feind. Da stecken ja auch die Risiken und der erhoffte Preis mit drin. Deswegen ist Kampfmoral mMn viel zu Komplex, als dass man es irgendwie mit einem Wurf auf "Kampfmoral" abbilden könnte. Dieses ganzen Abwägungen und Bluffs für den Fall 2.a) sind ja schon mindestens genauso Komplex wie der eigentliche Kampf der losgeht falls da was in die Hose geht.
Wenn man sowas wirklich durchexerzieren will dann kann man das sehr gut über eine Reihe von Einschüchterungs- und Willenskraftwürfen machen. Und falls dann eine Partei ihren Einschüchternwurf versaut aber den Willenskraftwurf packt und bereit ist zu kämpfen obwohl ihre Gegenseite sichtlich unbeeindruckt von der eigenen Kraftdemonstration ist, tja dann gibt es eben Tote.

Nehmen wir mal an, die Räuber packen ihren Einschüchternwurf der SC versaut den Einschüchternwurf aber er gewinnt den Mut-/WK-test. Jetzt ist das doch erst richtig interessant für den Spieler denn jetzt steht man vor einer Entscheidung mit Konsequenzen.
Gibt man klein bei und zahlt um es nicht zu riskieren ODER kämpft man weil das Recht nicht vor dem Unrecht weichen muss.




Und diese ganzen militärischen Überlegungen sind in dem Maßstab auf dem SCs unterwegs sind völlig Banane. Denn wenn 4 SCs gegen 6 Goblins kämpfen, dann bindet ein verletzter Feind eben NICHT 2 weitere. Wer zu Boden geht muss so lange mit dem Verbluten warten bis der Kampf um ist oder er hat eben Pech gehabt. Andererseits wird sich hier realistisch gesehen auch keiner die Mühe mach einem Gegner einen Gnadenstoß zu geben wenn noch Feinde stehen.
Und Soldaten haben/hatten oft keinen persönlichen Hass gegen feindliche Soldaten bei SCs und ihren Feinden sieht das aber schon oft ganz anders aus wenn man sich nicht gerade durch den Dungeon haut um das Monster der Woche zu erledigen - aber dann sollte sich die Frage danach eh nicht stellen. Dann müsste man noch betrachten wie gut die SC noch in die soziale Struktur integriert sind und was für ein Verhalten die Gesellschaft von ihnen erwartet - wenn ein SC ein sozial integrierter Ritter ist, der drei Dörfer weiter ein Rittergut hat, eine Frau und nächsten Monat zu seinem Lehnsherren muss um Waffendienst auf der Burg zu leisten und die gesellschaftliche Norm für Ritter ist gnädig und edel zu sein, dann wird er wohl eher nicht einem wehrlosen Feind die Kehle durchschneiden - zumindest wenn es nicht dunkel ist (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/WhatYouAreInTheDark).

PS: Aaaarrrrrrrrgh ich wollt doch schon so lang im Bett sein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 14.12.2011 | 08:56
Ich behaupte auch, dass Spieler, die an so einer Regelung überhaupt Interesse hätten, das auch ohne zumindest weitgehend umsetzen können.
Ich behaupte das Gegenteil und bin selbst das Beispiel für meine Behauptung. Es ist oft genug so, dass man weiss, was man will, aber nicht weiss, wie man es hinbekommt. Die Erfahrung hat eigentlich jeder schon mal gemacht, z.B. wenn man eine kleine Geschichte schreibt und sie einfach nicht so gut werden will, wie man sich das vorstellt.

Ein Rollenspiel wird für mich erst dadurch wertvoll, dass es Werkzeuge liefert, die mich etwas machen lassen, was ich gern machen möchte, aber ohne diese Werkzeuge nicht hingekriegt hätte. Aber gut, das ist dann meine Baustelle als Designer. Danke dir für die Literaturhinweise. Eins der Bücher werde ich mir wohl wirklich besorgen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 14.12.2011 | 10:22
Im üblichen Abenteuersetting irrelevant!


In vielen Situationen schon. Klassische Fantasy, die Abenteurer reisen von A nach B/durchkämmen die Wildnis. Zufallsbegegnung ergibt: Goblinbande oder Wegelagerer. Jetzt spielt es durchaus eine Rolle, wie gefährlich die Abenteurer aussehen, wie weit ihr Ruhm bereits vorgedrungen ist, wieviel magisches Plig-Pling sie mit sich herumtragen, ob der gemeine Straßenräuber/Goblin sie belästigt, symbolisch passieren lässt oder sich feige verzieht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 14.12.2011 | 13:30
In vielen Situationen schon. Klassische Fantasy, die Abenteurer reisen von A nach B/durchkämmen die Wildnis. Zufallsbegegnung ergibt: Goblinbande oder Wegelagerer. Jetzt spielt es durchaus eine Rolle, wie gefährlich die Abenteurer aussehen, wie weit ihr Ruhm bereits vorgedrungen ist, wieviel magisches Plig-Pling sie mit sich herumtragen, ob der gemeine Straßenräuber/Goblin sie belästigt, symbolisch passieren lässt oder sich feige verzieht.

Goblinbande: i.d.R. paramilitärische Situation - verfeindeter Stamm / Überfall, keine Absicht auf Etablierung einer Hierarchie; die einen verteidigen ihr Gebiet, wollen Beute machen, die anderen verdrängen Konkurrenz um Ressourcen und wollen Beute machen -> Auftakt zu kriegerischen Handlung selbst bei Primaten; evtl. bleiben die Kampfhandlungen aufgrund der Einschätzung aus, daß sich das Risiko für die eine Seite nicht lohnt, aber selbst das ist eine Fluchthandlung, also auch eine militärische Option, weiterführende Handlungen können dann logischerweise bis zur dauerhafte Vertreibung oder Ausrottung des einen Stammes führen; historische Beispiele gibt unsere Geschichte genug her.
Räuber: ähnlich, nur hier hat keine der Seiten echte Territorialansprüche (mangels Abhängiger wie Familien), dafür ist ggf. auf die eine Seite ein Kopfgeld ausgesetzt, beide haben weiterhin das Interesse an Besitzübernahme, die eine zusätzlich daran, ihre Anwesenheit nicht publik werden zu lassen; auch hier gibt es keinen hierarchsichen Zusammenhang -> auch hier kann aus Gründen der Risikobewertung von Kampfhandlungen Abstand genommen werden, aber dann müßte trotzdem die Räubergruppe ihren Standort aufgeben.

Ich sehe hier keinen Zusammenhand zum Kommers, keinen Grund für 'Scheinkämpfe', außer bei der initialen Risikoabschätzung in Form des Bluffens.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 14.12.2011 | 13:43
Und diese ganzen militärischen Überlegungen sind in dem Maßstab auf dem SCs unterwegs sind völlig Banane. Denn wenn 4 SCs gegen 6 Goblins kämpfen, dann bindet ein verletzter Feind eben NICHT 2 weitere. Wer zu Boden geht muss so lange mit dem Verbluten warten bis der Kampf um ist oder er hat eben Pech gehabt. Andererseits wird sich hier realistisch gesehen auch keiner die Mühe mach einem Gegner einen Gnadenstoß zu geben wenn noch Feinde stehen.
Hast du denn schonmal RPGs gespielt, wo kampfunfähige SCs auch regeltechnisch Gefahr laufen zu verbluten, falls sie nicht versorgt werden? Bei D&D4 ist das zum Beispiel der Fall.

Und bei D&D4 habe ich es schon häufiger erlebt, dass, wenn ein SC kampfunfähig zu Boden geht, sich ein weiterer SC um den Verletzten kümmert, während der Kampf draußen noch weitergeht. Und das aus dem einfachen Grund, dass der kampfunfähige SC sonst tot sein könnte, bis der Kampf zu Ende ist.
Klar kümmert sich niemand um Verletzte, wenn der Kampf auf Messers Schneide steht und jeder einzelne SC gebraucht wird. Aber wenn man in einer leicht überlegenen Position ist, kümmerst sich ein SC durchaus um den anderen Verletzten. Und dass erhöht dann die Gewinnchancen der Gegner geringfügig oder gibt ihnen die Möglichkeit zu fliehen.

Zitat
Und Soldaten haben/hatten oft keinen persönlichen Hass gegen feindliche Soldaten bei SCs und ihren Feinden sieht das aber schon oft ganz anders aus wenn man sich nicht gerade durch den Dungeon haut um das Monster der Woche zu erledigen - aber dann sollte sich die Frage danach eh nicht stellen.
Also gerade in Militärsettings sind die SCs Soldaten.
Und wenn ich Urban Horror spiele, wo es sich bei den SCs um Polizisten oder Detektive handelt, dann haben sie häufig auch keinen persönlichen Hass gegen die Verbrecher.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 14.12.2011 | 14:35
Der Einwand, dass Kommentkämpfe nicht auf alle Konfliktsituationen übertragbar sind, ist berechtigt. Das geht aber schon aus meinem eigenen Beitrag hervor, der den Kommentkampf erstmals ins Spiel gebracht hat!

Auch für Zerstörungskämpfe gilt jedoch: verbissen bis zum Tod zu kämpfen ist nicht die Regel. Im Krieg gibt es mehr Gefangene als Getötete. Und auch im Tierreich gibt es sehr viele Konflikte, die sich nicht um eine gruppeninterne Hierarchie drehen und trotzdem selten tödlich enden. Löwen und Hyänen rauben einander z. B. mit Freude die Beute weg. Das sind keine Rangkämpfe, sondern Überlebenskämpfe, bei denen es um die eigene Nahrung und damit um die Existenz geht. Schwere Verletzungen sind dabei selten, tödliche Folgen noch seltener.

Warum? Weil der Kampf für beide Seiten Konsequenzen hat. Auch wenn der Löwe eine Hyäne killen kann, dabei wird er selber verletzt und das hindert ihn ein paar Wochen an der Jagd und das ist wirklich kacke. Der Schaden, den der Löwe bei sich riskiert, wiegt den Tod der Hyäne nicht auf. Und so kommt es, dass sich die schwächere Partei zurückzieht, ohne dass es zum tödlichen Kampf kommt. Sie kämpfen, aber der Tod des Feindes ist dabei nicht das Ziel und wird auch selten erreicht. Der Kampf wird durch Rückzug des Unterlegenen beendet, sobald sich die Unterlegenheit abzeichnet.

Das ist bei menschlichen Kämpfen auch nicht viel anders. Ein Grund, warum das in Rollenspielen nicht berücksichtigt wird, sind stark verkürzte Heilzyklen. Was kümmert es meinen Char, dass er 90% seiner Lebenspunkte verloren hat, wenn er sie am nächsten Tag komplett wiederhat. Die Verletzungen aus einem Kampf haben keine langfristigen Konsequenzen. Spielen wir durch, was passiert, wenn wir sie einführen. Eine schwerwiegende Verletzung wäre z.B. ein gebrochener Knochen. Wenn es das Bein ist, ist der Char wochenlang gelähmt. Und es dauert Monate, bis er wieder voll einsatzbereit ist. Hoppla. Unter solchen Umständen überlege ich mir zweimal, ob ein Kampf bis zum Ende wirklich nötig ist, selbst wenn ich in der überlegenen Position bin. Der Tod des Räubers ist mir nicht so viel wert, monatelang gefechtsunfähig zu sein. Etweder werfe ich einen Goldbeutel rüber. Oder ich kämpfe, aber auf Sparflamme. Soll heißen, ich stelle klar, wer den Kampf gewinnen würde, wenn wir ihn weiterführen. Der Räuber wird dann einen Rückzieher machen und ich werde ihn nicht unbedingt in die Enge treiben, um mit dem Tod eine endgültige Entscheidung herbeizuführen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 14.12.2011 | 19:27
Ich sehe hier keinen Zusammenhand zum Kommers, keinen Grund für 'Scheinkämpfe', außer bei der initialen Risikoabschätzung in Form des Bluffens.

Ich hatte dabei auch weniger den Akt der Hierarchiebildung als den Akt der Risikoabwägung im Blick. Insofern stimmt, ist kein Kommentkampf - der tritt beim RPG wohl tatsächlich eher selten in Erscheinung. Vielleicht sollte man das mal bei "politischen" Kampagnen einführen - in der Fantasy ginge das durchaus (Tuniere, Ehrenduelle usw.).


Das ist bei menschlichen Kämpfen auch nicht viel anders. Ein Grund, warum das in Rollenspielen nicht berücksichtigt wird, sind stark verkürzte Heilzyklen. Was kümmert es meinen Char, dass er 90% seiner Lebenspunkte verloren hat, wenn er sie am nächsten Tag komplett wiederhat. Die Verletzungen aus einem Kampf haben keine langfristigen Konsequenzen.

Sorry, wenn ich schon wieder damit anfange, aber das führt letztlich nur zu einem Realismus, der das Spiel untergräbt. Die Heilzyklen beim RPG sind deshalb so kurz, weil dadurch Kämpfe überhaupt erst spielrelevant werden können. Wenn man nicht nur "grim & gritty" mit ausgedehnten Hospitalszenen spielen will (was vollkommen ok ist, aber eben nicht das einzige Spiel), dann müssen Kämpfe eben weniger gefährlich und die Folgen weniger lange andauernd sein, als in der Realität erwartbar.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 14.12.2011 | 19:39
Ich hatte dabei auch weniger den Akt der Hierarchiebildung als den Akt der Risikoabwägung im Blick. Insofern stimmt, ist kein Kommentkampf - der tritt beim RPG wohl tatsächlich eher selten in Erscheinung. Vielleicht sollte man das mal bei "politischen" Kampagnen einführen - in der Fantasy ginge das durchaus (Tuniere, Ehrenduelle usw.).

Sorry, wenn ich schon wieder damit anfange, aber das führt letztlich nur zu einem Realismus, der das Spiel untergräbt. Die Heilzyklen beim RPG sind deshalb so kurz, weil dadurch Kämpfe überhaupt erst spielrelevant werden können. Wenn man nicht nur "grim & gritty" mit ausgedehnten Hospitalszenen spielen will (was vollkommen ok ist, aber eben nicht das einzige Spiel), dann müssen Kämpfe eben weniger gefährlich und die Folgen weniger lange andauernd sein, als in der Realität erwartbar.

Oder man passt sein Spiel/Charakterverhalten eben der Gefahrenlage an, wie es ja eigentlich auch Ziel der Regel dann sein sollte.
Play Rolemaster - play real  ~;D

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 14.12.2011 | 20:12
Oder man passt sein Spiel/Charakterverhalten eben der Gefahrenlage an, wie es ja eigentlich auch Ziel der Regel dann sein sollte.
Play Rolemaster - play real  ~;D

Da sehe ich die Gefahr, dass es zu noch mehr Kampfvermeidung, noch mehr Intrigenspiel, im schlimmsten Fall Tavernenrollenspiel kommen kann, weil man in Kämpfen eben auf die Mütze bekommt. Das wäre mein persönlicher Alptraum, aber ich kenne vielleicht zu viel Spieler, die jeder Gefahr aus dem Weg gehen wollen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 14.12.2011 | 20:25
dann müssen Kämpfe eben weniger gefährlich und die Folgen weniger lange andauernd sein, als in der Realität erwartbar.

Bemerkenswerterweise sind Kämpfe in vielen nicht an Realismus interessierten Rollenspielen gefährlicher in dem Sinne, dass man fast garantiert verletzt wird und bei einem "ordentlichen" Kampf wahrscheinlich ziemlich schwer - und dann muss man sich z.B. wieder über kurze Heilzeiten rausmogeln.


Das liegt an vielen Dingen, u.A. an den hohen Trefferquoten, den Schadensmechanismen und dem Fehlen einer relevanten Ausdauermechanik sowie von sog. Todesspiralen. 

Freilich ist das Meiste davon volle Absicht, weil die Kämpfe genau so laufen sollen, wie sie dann auch laufen.
Aber es gibt trotzdem eine ganze Anzahl spielbarer Kampfsysteme, die das von Beral genannte umsetzen/darstellen können, und die müssen noch nicht mal Realismus auf der Fahne stehen haben.

Das geht auch mit sehr abstrakten Systemen, die z.B. irgendeinen Eskalationsmechanismus verwenden, wo man ein Risiko eingehen muss, das zu den beabsichtigten Konsequenzen in einem angemessenen Verhältnis steht.



Leicht OT:
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Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 14.12.2011 | 21:07
Ich finde, dass sich Kampfmoral schon mit einem gefährlichen System von alleine einstellt. Dafür benötigen wir keine detaillierten Regeln und weitere (unnötige) Würfelwürfe oder Rechenansätze.
Das richtige System "erzieht" seine Spieler schon zu einer sinnvollen und plausiblen Kampfmoral, Identifikation mit dem Charakter vorausgesetzt.
Das kann man als SL übrigens hervorragend steuern. Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, die ersten Sessions darauf auszulegen, dass sich die werte Spielerschaft mit dem Charakter beginnt zu identifizieren, die Geschichten verwoben werden und die Spannung langsam im Spiel steigt.
Wenn dann der erste Kampf beginnt und sich die Spieler bewusst sind, dass der Kampf auch schnell zu ihren Ungunsten ausgehen kann, dann spürt man die wahre Kampfmoral am Tisch. Und das wäre mein Ziel als SL :)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 14.12.2011 | 23:43
Das ist ja nicht nur wie stark sind wir und wie stark ist der Feind. Da stecken ja auch die Risiken und der erhoffte Preis mit drin. Deswegen ist Kampfmoral mMn viel zu Komplex, als dass man es irgendwie mit einem Wurf auf "Kampfmoral" abbilden könnte.

Ich sehe da wenig bedarf für Moral oder Mut - es ist einfach eine ganz abstrakte Risikokalkulation...
 
Zitat
Und diese ganzen militärischen Überlegungen sind in dem Maßstab auf dem SCs unterwegs sind völlig Banane. Denn wenn 4 SCs gegen 6 Goblins kämpfen, dann bindet ein verletzter Feind eben NICHT 2 weitere. Wer zu Boden geht muss so lange mit dem Verbluten warten bis der Kampf um ist oder er hat eben Pech gehabt. Andererseits wird sich hier realistisch gesehen auch keiner die Mühe mach einem Gegner einen Gnadenstoß zu geben wenn noch Feinde stehen.

Eben oft doch!
Der Rückzug wird nicht nur durch 5 weitere Schlachtreihen hinter einem erschwert, sondern auch durch den eigenen zaubernden Magier und den Henchmen im Melee mit einem angeschlichenen Gegner.
Wenn jemand mit schwerer Blutung oder -5 HP umkippt, dann hat man halt nicht die Zeit zu warten, bis der Kampf entschieden ist.
Wilde Tiere und andere aus Hunger angreifende Geer, von Haß getriebene Gegner, etc. hacken eben gerne mal weiter auf den zu Boden gegangenen Gegner ein, statt sich um einen anderen zu kümmern.

Zitat
Und Soldaten haben/hatten oft keinen persönlichen Hass gegen feindliche Soldaten bei SCs und ihren Feinden sieht das aber schon oft ganz anders aus wenn man sich nicht gerade durch den Dungeon haut um das Monster der Woche zu erledigen - aber dann sollte sich die Frage danach eh nicht stellen.

Sehe ich genau andersherum.
gemeine Soldaten werden von ihren Vorgesetzten oder Regierungen gerne mit Lügen oder anderne Tricks zum Haß auf den Feind konditioniert; aber PCs eher selten - zum einen weil sie als Individuen eben keinen massenpsychologischen Effekten unterliegen, weil sie als heterogene Gruppe nur selten gemeinsame Erbfeinde haben, weil sie als weitgereiste und unabhänige Individuen nicht mehr den eingeschränkten Horizont und den anerzogenen Kadavergehorsam der gemeinen Bevölkerung teilen - überraschende Enthüllungen und legitime Wechsel der Loylität gehören doch bei ihnen zum Alltag.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 15.12.2011 | 00:04
Och doch!
Weil wir als Spieler nämlich zwischen Nicht-Kombattanten, Miliz, professionellen Söldnern und berühmten Kriegern unterscheiden möchten!
Aber diese Unterscheidung sieht man doch schon am Fertigkeitswert. Der kann ja auch für's Wegkommen aus eben
diesem Kampf gelten.

Ich finde, dass sich Kampfmoral schon mit einem gefährlichen System von alleine einstellt. Dafür benötigen wir keine detaillierten Regeln und weitere (unnötige) Würfelwürfe oder Rechenansätze.
Auf welcher Erfahrung behauptest du das? Ich hatte das am Anfang auch gehofft.
Ich spiele seit '89 mit einem EXTREM fiesen Kampfsystem (Trauma Universalrollenspiel und anderen z.B. RuneQuest, Aliens) mit dem zusätzlichen Vorsatz, NSCs in Kämpfen realistisch entscheiden zu lassen und versuche auch die Spieler dazu zu ermutigen. Es trifft nicht im geringsten meine Erfahrungen aus hunderten von Spielabenden mit dutzenden von Spielern, dass sich deine These bei mir auch nur annähernd bestätigen würde.
Deshalb habe ich das Thema ja überhaupt angeschnitten, weil ich immer sicherer zu dem Schluss komme, dass nur explizite harte Moralregeln tatsächlich auch zu vielschichtigeren und sozial realistischeren Kämpfen führen. In der Realität "zwingt" uns das Gesetz der Moral (Angst, Schmerz, Mutlosigkeit etc.) ja auch, obwohl wir dem Typ vor uns theoretisch gerne weiter aufs Maul geben würden.

@ Parhyon und BadHorse:
Ich verbitte mir die Hinweise darauf, zum Thema Kampfmoral zurückzukommen. Ich habe nicht darum gebeten meinen Diskurs zum Thema Kampfmoral aus dem Thema "perfekter Kampf" abzutrennen. Es ging mir nie um etwas anderes und es geht auch immer noch um den "perfekten Kampf". Und als (unfreiwilliger) Themenstarter kann ich mir das auch aussuchen. So! 8]

@ all
die Diskussion läuft hervorragend. Ich lese alles und habe schon wieder verdammt viele gute Ideen und Hinweise (z.B. Kommentkampf), ich habe nur nicht genügend Zeit im Moment, um auf alles was ich spannend finde, einzugehen.
Auf jeden Fall finde ich die Themenentwicklung sehr gut.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 15.12.2011 | 09:38
Auf welcher Erfahrung behauptest du das? Ich hatte das am Anfang auch gehofft.
Ich spiele seit '89 ...

Auf Basis meiner Erfahrung von Rollenspiel seit 1989 ;D

Ich spielte nun wirklich viele unterschiedliche Systeme in den letzten Jahren und habe festgestellt, dass meine Spieler nach vielen Jahren Highlevel, Highmagic und Co nun endlich geerdet angekommen sind.
Der krasse Bruch von (A)D&D, Pathfinder und vielen Eigenkreationen zu dunklen Grim-n-Gritty-Systemen hat ihnen und mir sehr gut getan. Kämpfe werden strategisch geplant oder taktisch spontan angegangen. Risiken abgewogen und zur Not auch mal vermieden.
Ich bin gespannt, wie das bei meiner späteren Eigenkreation auf Basis von Ubiquity weiter gehen wird.

Ein weiterer Gedanke zu dem Thema wäre, dass ich vermute, dass die Spieler nicht allein Schulkd an ihrem Verhalten sind.
Sind Spieler auch in harten, ehrlichen und dreckigen Systemen halbwegs ungeschoren davon gekommen, dann ist das ein ganz normaler Lerneffekt. Das lag bei uns erfahrungsgemäß an der langfristigen, auf Charaktere ausgelegten Kampagnenplanung. Der SL hat die SC zu Gunsten der Geschichte überleben lassen. Die Spieler werden dann geradezu konditioniert, ihre Grenzen auszutesten. Schließlich sind Grenzerfahrungen im Rollenspiel ohne weiteres möglich. In der Realität würde manch einer von suizidalen Tendenzen sprechen ;)

Das ist kein Vorwurf an Dich oder wenauchimmer. Aber vielleicht ein Punkt, den man in Betracht ziehen könnte.

Zitat
Auf jeden Fall finde ich die Themenentwicklung sehr gut.

dito  :d
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 15.12.2011 | 15:35
Das mit den Grenzen austesten sehe ich auch so.
Und da fühle ich mich durchaus angesprochen.
Aber ich weiß nicht, ob das mit den Grenzen testen aufhört, wenn man die Grenzen verschiebt.
Ich habe da wirklich viel probiert und es ist nie so gewesen, egal wie hart oder weich.
Aus der Erziehungswissenschaft weiß man jedenfalls, dass es nicht aufhört.

PS: Ich spiele nicht erst seit '89. Da habe ich nur erkannt, dass D&D scheiße ist und bin auf andere Systeme umgestiegen. ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 15.12.2011 | 17:03
Ich will nicht simulieren. Ich will erleben. Darum spiele ich Rollenspiel. Um ein Erlebnis zu bekommen. Wünsche ich Film-Noir-Erlebnisse, werden Kämpfe anders ausgelebt als bei Action-Rollenspielen. Meist will ich Action. Die Kampfmoral in Regeln fänd ich abtörnend und nicht nötig. Ich will das ausgespielt haben. Ich will, dass moralische (hier geht es ja nicht um Moral, sondern um Willensstärke) Entscheidungen von Spielern getroffen werden. Ich will, dass in Kämpfen Motivationen entscheiden. Ich will, dass der getroffene, harte Bulle, dessen Tochter entführt wurde, für sie bis zum letzten Bluttropfen kämpft, weil das die bessere Story macht. Ich will, dass der Ritter, der von der Miliz aufs Maul bekommt, sich nicht für einen Eintritt in die Stadt umbringen lässt, weil ein Würfelwurf das will. Es wäre das Gegenteil eines "perfekten" Kampfes für mich.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 15.12.2011 | 23:59
Ich finde, dass sich Kampfmoral schon mit einem gefährlichen System von alleine einstellt. Dafür benötigen wir keine detaillierten Regeln und weitere (unnötige) Würfelwürfe oder Rechenansätze.
Das richtige System "erzieht" seine Spieler schon zu einer sinnvollen und plausiblen Kampfmoral,

Da bin ich skeptisch - bei unserem RM-Runden waren die Kämpfe nicht 'moralischer' als die lockersten D&D-Konflikte, eher aggressiver und konsequenter, während bei letzteren oft lange noch versucht wurde, zu deeskalieren.

Zitat
Identifikation mit dem Charakter vorausgesetzt.

Ich weiß wirklich nicht, ob das krampfhafte Klammern am Leben wirklich so realistisch ist...
...die meisten Spieler haben doch ein weit angenehmeres Leben als jeder normale Bürger ihrer Spielwelt, keine echte Hoffnung auf einen Belohnung nach dem Tode, keine konsequente Erziehung zum Unterordnen ihrer Existenz unter eine größere Sache, etc.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 16.12.2011 | 00:08
Ich will nicht simulieren. Ich will erleben. ...
Was Du alles willst, sei Dir belassen, aber ohne Erlebnis findet niemals ein Spiel statt, auch kein simulatives.

Ich weiß wirklich nicht, ob das krampfhafte Klammern am Leben wirklich so realistisch ist...
...die meisten Spieler haben doch ein weit angenehmeres Leben als jeder normale Bürger ihrer Spielwelt, keine echte Hoffnung auf einen Belohnung nach dem Tode, keine konsequente Erziehung zum Unterordnen ihrer Existenz unter eine größere Sache, etc.
Kannst du erklären, was du damit meinst. Bist du der Meinung, dass Unterordnung unter eine Sache mächtiger ist als die Verwirklichung eigener Ideen? Ist das ein Abwägen welche gesellschaftliche Mentalität die bessere ist: die östliche oder die westliche - Gleichschaltung oder Individualismus?
Und: hat diese persönliche gesellschaftliche Einordnung wirklich so großes Gewicht gegen die (im Moment der Lebensgefahr ziemlich harte) genetische Programmierung, am Leben bleiben zu wollen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 16.12.2011 | 07:10
Da bin ich skeptisch - bei unserem RM-Runden waren die Kämpfe nicht 'moralischer' als die lockersten D&D-Konflikte, eher aggressiver und konsequenter, während bei letzteren oft lange noch versucht wurde, zu deeskalieren.

Tjoa, dann decken sich Deine und meine Erfahrungen eben nicht. Macht ja aber auch nicht ;)
Ich kenne nur die tritt-die-Tür Mentalität bei D&D und seinen Ablegern. Rolemaster erzieht seine Spieler zu reinen Würfelorgeien und der Hoffnung, den besseren Krit zuerst zu würfeln (daher auch kein gutes Gegenbeispiel).
Sieh Dir mal Midgard an, da hast Du wenig Ressourcen. Oder GEMINI, da bist Du nach zwei bis drei Treffern hinüber.

Zitat
Ich weiß wirklich nicht, ob das krampfhafte Klammern am Leben wirklich so realistisch ist...
...die meisten Spieler haben doch ein weit angenehmeres Leben als jeder normale Bürger ihrer Spielwelt, keine echte Hoffnung auf einen Belohnung nach dem Tode, keine konsequente Erziehung zum Unterordnen ihrer Existenz unter eine größere Sache, etc.

Suizidale Charaktere zu spielen ist Einstellungssache.
Den normalen Überlebenswillen und eine abnorme Risikobereitschaft vertragen sich nicht, das ist ja aber auch Rollenspiel. Um seine Grenzen auch bewusst zu überschreiten, spielt man diese Art Spiele doch auch. Nur muss das nicht gleich jedes Mal in Nahtoderfahrungen und andere krasse Exempel ausufern. Ich würde da weniger schwarz-weiß sehen. Ich persönlich mag diese radikalen Sichtweise nicht so gern.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 16.12.2011 | 10:18
killedcats Post ist insofern wichtig, als das erstmal festgestellt werden muss, was die Gruppe will.

Obwohl ich glaube, dass ein System/Regelwerk das Spielverhalten beeinflusst, kann man doch spielerische Vorlieben nicht leugnen. Im Moment leite ich ein System, bei dem Kämpfe schnell und taktisch gespielt werden können, ohne dass ein zu großes Risiko für die Charaktere besteht  - und einige Spieler versuchen trotzdem jeden Trick, um den Kämpfen aus dem Weg zu gehen, als würde ich ein Spiel mit ultrabrutalem Kampfsystem leiten. Umgekehrt kenne ich auch Spieler (mich selbst z.B.), denen könnte man ein extremes grim&gritty-System vorsetzen, und sie wollten dennoch jeden RSP-Abend bis zum Tod kämpfen.

Ich bezweifle nicht, dass eine Regelmechanik der Moral die Kämpfe im RPG realistischer machen würde, ebensowenig wie ich bezweifle, dass dadurch Spieler ein anderes Kampfverhalten an den Tag legen werden. Aber irgendwo muss man auch abklären, ob das von allen gewünscht wird. Tatsächlich würde ich behaupten, wer (als Spieler, nicht SL wohlgemerkt!) Moralregeln im Kampf will, der braucht sie eigentlich nicht - und wer sie nicht will, wird lange Zeit darüber am Tisch diskutieren, wenn sie Anwendung finden. (Ähnlich eigentlich wie Horrortabellen/Sanityverlust.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 16.12.2011 | 10:37
Das Geschmacksargument wiederholst du allein in diesem Thread nicht zum ersten mal. Es sei dir unbenommen, Realismus explizit nicht zu wollen. Vielen ist das aber wichtig. Mir zum Beispiel. Du kannst das natürlich pervers finden. Es bleibt trotzdem mein Geschmack. Mein Rollenspielerlebnis ist ruiniert, wenn mein Char zehn Dolchstöße in den Leib bekommen hat und unbeeindruckt weiterkämpft. Mein Erlebnis ist ebenfalls ruiniert, wenn alle Konflikte sofort auf der physischen Kampfebene landen und die Ebene der psychosozialen Konflikte nicht existent ist. 

Die zwite Sache ist: Etwas, was ich gerne im Spiel haben will, stellt sich überhaupt nicht automatisch ein. Gerade das, was ich will, braucht unbedingt Regeln! Die zentralen Regelmechanismen werden zum Magneten für Spielinhalte. Wenn ich nun das, was ich besonders will, gar nicht in Regeln packe und stattdessen Randelemente verregele, bin ich ganz schön bescheuert, weil ich damit den Spielfokus knsequent von meinen Präferenzen weglenke.

Mein persönliches Leid-Beispiel: Politisches Spiel. ICH WILL ES!!! Aber es klappt nicht. Automatismus? Pustekuchen!

Mach die meisten Regeln für das, was du am meisten willst. So simpel ist das.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 16.12.2011 | 11:12
@Beral:
Hinsichtlich des politischen Spiels bin ich ganz deiner Meinung, das klappt nicht ohne Regeln. Ohne Regeln kann man nur Ermittlungsabenteuer vor einer politischen Kulisse spielen.

Dass die zentralen Spielinhalte Regeln brauchen, sehe ich genauso. Dass Kampf ein zentraler Spielinhalt sein kann, bestreite ich keineswegs. Dass dir persönlich "Realismus" im RPG gefällt, ist nicht mein Problem. Und bei der Angelegenheit mit den psychosozialen Konflikten bin ich sogar ganz deiner Meinung, ich mag Spiele, die verbale Auseinandersetzungen verregeln (was viele RPGler für eine Todsünde halten).

Bei dieser Moralfrage ist meine Überlegung eher: Wenn ich eine Gruppe habe, die "realistisch" (grim&gritty) spielen will, dann wissen diese Spieler, dass sie ihre liebgewonnenen Charaktere verlieren werden, wenn sie bis zum bitteren Ende kämpfen, weil kein Meister sie durch göttliches Einwirken retten wird, und die Spielregeln statistisch in Kämpfen gegen das Überleben der Charaktere stehen. Bei Spielern, die das wissen und wollen, halte ich eine auf die SCs bezogene Moralregel erstmal für redundant. Sie müsste erst dann verwendet werden, wenn ein Spieler seine Charaktere regelmäßig verheizt - und dann würde sie nur für Unfrieden am Tisch sorgen, weil dieser Spieler in Wirklichkeit nicht "realistisch" (grim & gritty) sondern actionreich-pulpig spielen will.

Das ist etwas ganz anderes als die Notwendigkeit, Politik zwischen SCs, NSCs und Organisationen zu verregeln. Wenn man Politik spielen will, braucht man Politikregeln - genauso wie man Kampfregeln braucht, wenn man Kämpfe ausspielen will. Wie genau/"realistisch"/detailgetreu diese Politikregeln dann sind, ist wieder eine Diskussionsfrage.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 16.12.2011 | 13:11
Hinsichtlich des politischen Spiels bin ich ganz deiner Meinung, das klappt nicht ohne Regeln. Ohne Regeln kann man nur Ermittlungsabenteuer vor einer politischen Kulisse spielen.

Wären Regeln denn jetzt eine gewisse Abhängigkeit von Würfelwürfen? Oder auch einfach das Entscheiden anhand von Fakten (wasweißich, Vergabe von Punkten für erreichte Bestechungen und Co [wobei hier die Würfel auch wieder eine Rolle spielen...]).

Denn ich sehe Politik auch im Rollenspiel nicht notwendigerweise von Regeln abgebildet. Wenn man nachvollziehbar und logisch Argumente abwägt, vielleicht die settinginheränten Einflüsse einkalkuliert, dann kommt man doch prima ohne Regeln zu einem passenden Ergebnis.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 16.12.2011 | 16:47
Das Problem bei Politik & Intrige ist, dass es 1000 von Einflussfaktoren gibt, die man gar nicht alle beachten kann.

Ich würde es da so handhaben, dass die wesentlichen und interessanten Einflussfaktoren ausgespielt werden, während die langweiligen Einflussfaktoren dann abstrakt und regeltechnisch behandelt wird.

Ich finde jetzt den Thread nicht, aber jemand hatte das mal als "Auge des Orkans" beschrieben: Das Zentrum dessen, was mich interessiert, ist vollkommen windstill, d.h. ungeregelt. Aber alles, was das Zentrum umgibt und mit dem Zentrum interagiert wird verregelt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 16.12.2011 | 17:06
Ich finde jetzt den Thread nicht, aber jemand hatte das mal als "Auge des Orkans" beschrieben: Das Zentrum dessen, was mich interessiert, ist vollkommen windstill, d.h. ungeregelt. Aber alles, was das Zentrum umgibt und mit dem Zentrum interagiert wird verregelt.

Das würde ja auch wie die Faust aufs Auge passen zu der hier öfter geäußerten Meinung, dass Kampfmoral zwar wichtig, wenn nicht alles entscheidend ist, aber es keine Regeln dafür braucht, weil sie sich aus dem (geregelten) Rest ergibt.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 16.12.2011 | 18:44
Die meisten wollen doch keinen Realismus (*behaupt*). Wenn ich das will, muss mir der Spielleiter die Rübe abhacken oder zumindest mit einer Gabel in die Klöten stechen, wenn ich getroffen werde. Von wegen Realismus und so. Nein, die meisten wollen eine Geschichte erleben. Und wenn der Charakter nach der ersten Begegnung mit einer gegnerischen Armbrust das zeitliche segnet, wird keine Geschichte draus. Soviel zum Realismus. Was die leute wollen, ist, wie schon so oft angesprochen, hochgradig subjektiv. Deswegen ging es in diesem Thread ja zunächst darum, wie der perfekte Kampf für jeden einzelnen aussieht. Kampfmoral spielt hierbei einfach nicht für jeden eine Rolle, für manche die Hauptrolle. Das ist schon alles. Manche wollen das, manche nicht. Das gleiche gilt für Wundsysteme, Trefferpunkte, Consequences, Hitlocations, Schadenswürfe, aktive- und passive Parade, etc.pp.

Warum man sich jetzt von der ursprünglich interessanten Sammlung der Präferenzen eines subjektiv perfekten Kampfes auf eine Diskussion zur Kampfmoral einschränkt, erschließt sich mir nicht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 16.12.2011 | 20:36
@ Beral: Mich würde verdammt stark interessieren, wie du dir politischen Kampf vorstellst, bzw. welche Spielelemente für dich eine Rolle spielen sollten.

@ YY: Die Redewendung "wie die Faust aufs Auge" wird sowohl für "passt sehr gut" als auch für "passt überhaupt nicht" gebraucht (siehe Duden Band 11: Redewendungen). Ich hab sie deshalb aus meinem aktiven Sprachschatz gestrichen. Aber du meinst hier wohl, dass es passt, oder?
Ich weiß nicht was ich dazu sagen soll. Ich bin eigentlich nicht der Meinung, dass Dinge, die im Spiel zentrale Bedeutung haben, keine Regeln bekommen sollten. Die Theorie klingt vor allem nicht nach tauglicher Simulation.
Dass Kampf nicht mehr das wichtigste am Spiel sein sollte, finde ich ohnehin schon lange. Und dass Moral da wiederum das Wichtigste sein sollte, weiß ich auch nicht so recht. Vom Auge des Orkans, um das sich alles dreht, würde ich bei Moral also ohnehin nicht sprechen. Und das wiederum würde dann heißen, dass sie doch verregelt sein sollte?

Aber die Orkanauge-These gefällt mir aus einem einfachen anderen Grund auch gar nicht.
Im Prinzip finde ich, dass alles verregelt sein sollte, wo es mich während des Spiels reizt, einen Würfel zu werfen.
Das ist bei Moraltest definitiv der Fall, denn ich würde ungern einfach entscheiden, ob mein Charakter plötzlich zum eisernen Durchhaltekämpfer wird, oder doch eher eine alternative Lösung sucht. Ich lasse mich da lieber überraschen und reagiere entsprechend. Diese überaschenden Wendungen machen für mich auch vor allem den Spaß des Spielerlebnisses aus.

Die meisten wollen doch keinen Realismus (*behaupt*). Wenn ich das will, muss mir der Spielleiter die Rübe abhacken oder zumindest mit einer Gabel in die Klöten stechen, wenn ich getroffen werde.
Du verwechselst hier die Worte Realismus und Realität. Wenn man Realität will, muss einem der Meister in die Klöten stechen. Realismus ist nur eine künstlerische Umsetzung der Realität, die so erscheint wie die Realität. Realistische Bilder sind ja auch nicht 3-dimensional und riechen oder haben Töne. Realismus ist ein Abbild der Realität, welcher im Rahmen des Mediums (beim Rollenspiel sind das Erzählungen und Bilder - keine Gabeln) einen realen Eindruck entstehen lässt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 16.12.2011 | 20:42
Warum man sich jetzt von der ursprünglich interessanten Sammlung der Präferenzen eines subjektiv perfekten Kampfes auf eine Diskussion zur Kampfmoral einschränkt, erschließt sich mir nicht.
Vielleicht, weil es in diesem Thread hier um Kampfmoral geht. (Zum Topic schiel.)

Der Thread, den du meinst, ist wahrscheinlich der Ursprungsthread: Der "perfekte" Kampf (http://tanelorn.net/index.php/topic,71744.0.html).
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 16.12.2011 | 20:52
Dieses Thema ist nichts anderes als eine Fortführung von "Der perfekte Kampf".
Das andere Thema ist durch die Abspaltung (um die ich weder gebeten hatte und die auch nicht sinnvoll war) abgestorben.
Es ging mir ja nicht um Kampfmoral im hermetischen Sinne, sondern um den perfekten Kampf, der nur durch die Integrierung von Kampfmoral erreicht werden kann. Der Fokus der Diskussion liegt aber darauf, dass perfekter Kampf (oder besserer Kampf) erreicht wird. Meinetwegen auch ungeachtet der Moral.
Um mit anderen Leuten gut zu diskutieren, ist mir das Label nicht wichtig. Meinetwegen können wir das Thema auch in Kampftöpfern umbenennen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 16.12.2011 | 20:56
Vielleicht ist das alte Thema abgestorben, weil es langweilig war.

Fakt 1 ist: Laut Topic geht es in diesem Thread hier um Kampfmoral.
Fakt 2 ist: In diesem Thread wurde bisher hauptsächlich über Kampfmoral gesprochen.
Fakt 3 ist: In dem Thread, in dem es um den perfekten Kampf geht, ist es seit einiger Zeit sehr ruhig.
Fakt 4 ist: In diesem Thread hier wird auch recht wenig über den perfekten Kampf an sich gesprochen. (Ausnahme: Kampfmoral und politischer Kampf)

Ob das so von dir gewollt ist oder nicht, sei dahingestellt. Du kannst ja gerne versuchen, den alten Thread wiederzubeleben: Er ist nicht gesperrt und nach wie vor offen.

Aber falls du eine andere Theorie hast, die killedcats Frage beantwortet, nur her damit.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 16.12.2011 | 21:13
Du verwechselst hier die Worte Realismus und Realität. Wenn man Realität will, muss einem der Meister in die Klöten stechen. Realismus ist nur eine künstlerische Umsetzung der Realität, die so erscheint wie die Realität. Realistische Bilder sind ja auch nicht 3-dimensional und riechen oder haben Töne. Realismus ist ein Abbild der Realität, welcher im Rahmen des Mediums (beim Rollenspiel sind das Erzählungen und Bilder - keine Gabeln) einen realen Eindruck entstehen lässt.
Ohne echte Schmerzen keine künstliche Umsetzung der Realität, die so erscheit, wie die Realität.

Aber ich glaube auch, du verwechselst das Stilmittel der Übertreibung mit einer reinen Sachaussage.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 16.12.2011 | 22:27
@ Beral: Mich würde verdammt stark interessieren, wie du dir politischen Kampf vorstellst, bzw. welche Spielelemente für dich eine Rolle spielen sollten.
In der Politik sind exogene Ressourcen wichtig. Der Politiker als Individuum kann charmant und überzeugend und sonstwas sein, ohne Partner, Förderer, Kohle, gute Mitarbeiter usw. ist er nichts. Er ist also einerseits stark durch die äußeren Ressourcen, auf die er zugreifen kann, und andererseits abhängig von diesen äußeren Ressourcen, weil sie Gegenleistungen verlangen.

Rollenspiele bilden immer nur endogene Ressourcen ab. Fähigkeiten, Talente, persönliche Ausrüstung. Es gibt keine Abhängigkeitsverhältnisse und Beziehungsnetzwerke, sondern nur persönliche Übermacht. So kann man nie und nimmer Politik spielen. Politik bedeutet Kompromisse. Die typischen Rollenspielhelden machen aber keine Kompromisse. Sie haben auch keinen Grund dazu.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 16.12.2011 | 23:25

Im Prinzip finde ich, dass alles verregelt sein sollte, wo es mich während des Spiels reizt, einen Würfel zu werfen.
Das ist bei Moraltest definitiv der Fall, denn ich würde ungern einfach entscheiden, ob mein Charakter plötzlich zum eisernen Durchhaltekämpfer wird, oder doch eher eine alternative Lösung sucht. Ich lasse mich da lieber überraschen und reagiere entsprechend. Diese überaschenden Wendungen machen für mich auch vor allem den Spaß des Spielerlebnisses aus.

Hervorhebung von mir.

Würfelwürfe zur Erzeugung einer unvorhersehbaren oder überraschenden Wendung im Abenteuer. Das ist eine Sprache, die ich verstehe.  :d
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 16.12.2011 | 23:50
Kannst du erklären, was du damit meinst. Bist du der Meinung, dass Unterordnung unter eine Sache mächtiger ist als die Verwirklichung eigener Ideen?

Abhängig von Herkunft, Erziehung, Sozialisation und Situation, ja, durchaus.
Auch heute noch in asiatischen Gesellschaften oder abgeschlossenen Gruppen (Militär, Religionsgemeinschaften, etc.).
Dazu kommt, daß nicht jeder mal Leben hängt, weil es oft dröge voll Lästigkeiten, bedeutungslos oder schmerzerfüllt ist - nicht umsonst haben viele Religionen ein Selbstmord-Tabu, um die Leute im Jammertal bei der Stange zu halten.
Und man darf nicht vergessen, das viele auch heute noch blödsinnige Dinge im Hoffen auf die versprochene Belohnung im Nachleben tun.
 
Zitat
Ist das ein Abwägen welche gesellschaftliche Mentalität die bessere ist: die östliche oder die westliche - Gleichschaltung oder Individualismus?

Ich würde dem keine Wertung zuordnen, eines ist nicht besser als das andere, aber ebenso real.

Zitat
Und: hat diese persönliche gesellschaftliche Einordnung wirklich so großes Gewicht gegen die (im Moment der Lebensgefahr ziemlich harte) genetische Programmierung, am Leben bleiben zu wollen?

Jap - nicht bei jedem, aber durchaus immer wieder.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 17.12.2011 | 00:00
@ YY: Die Redewendung "wie die Faust aufs Auge" wird sowohl für "passt sehr gut" als auch für "passt überhaupt nicht" gebraucht (siehe Duden Band 11: Redewendungen). Ich hab sie deshalb aus meinem aktiven Sprachschatz gestrichen. Aber du meinst hier wohl, dass es passt, oder?

War mir nicht bekannt - in letzterer Verwendung ist mir das noch nie begegnet.

Also ja, ich habe gemeint, dass es passt.

Das kommt natürlich sehr darauf an, was man alles zum "Orkan" zählt, also wo man die Grenzen der Betrachtung zieht.
Wenn man immer das gesamte Regelwerk betrachtet, passt es wohl nicht mehr wirklich oft.

Aber die Orkanauge-These gefällt mir aus einem einfachen anderen Grund auch gar nicht.
Im Prinzip finde ich, dass alles verregelt sein sollte, wo es mich während des Spiels reizt, einen Würfel zu werfen.
Das ist bei Moraltest definitiv der Fall, denn ich würde ungern einfach entscheiden, ob mein Charakter plötzlich zum eisernen Durchhaltekämpfer wird, oder doch eher eine alternative Lösung sucht. Ich lasse mich da lieber überraschen und reagiere entsprechend.

Da bist du gefühlt wohl eher die Ausnahme.
Meiner Einschätzung nach werfen die meisten Spieler den Faktor Kampfmoral auf der Metaebene einfach mit regulären taktischen Entscheidungen zusammen und wollen da die Kontrolle nicht abgeben - daher ist für sie die ungeregelte Variante günstiger.

Aber ich glaube auch, du verwechselst das Stilmittel der Übertreibung mit einer reinen Sachaussage.

Ich weiß allerdings nicht, was du uns überhaupt damit sagen wolltest.

Rollenspiele bilden immer nur endogene Ressourcen ab. Fähigkeiten, Talente, persönliche Ausrüstung. Es gibt keine Abhängigkeitsverhältnisse und Beziehungsnetzwerke, sondern nur persönliche Übermacht.

Das stimmt so nicht.

Oftmals ist es eher rudimentär, aber Regeln für Kontakte, Alliierte, Gönner, Unterstützernetzwerke uvm. haben schon einige Systeme, deren Fokus nicht unbedingt darauf liegt.

Und mit Systemen wie FATE kann man das sicher analog zum Kampf mit Aspekten etc. pp. umsetzen.

Mal abgesehen von den Spielen, die da einen deutlichen Schwerpunkt drauf legen; da bin ich zwar nicht so firm, aber Cold City fiele mir da auf Anhieb ein.
Gibt sicher noch jede Menge mehr.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 17.12.2011 | 00:25
Rollenspiele bilden immer nur endogene Ressourcen ab. Fähigkeiten, Talente, persönliche Ausrüstung. Es gibt keine Abhängigkeitsverhältnisse und Beziehungsnetzwerke, sondern nur persönliche Übermacht. So kann man nie und nimmer Politik spielen. Politik bedeutet Kompromisse. Die typischen Rollenspielhelden machen aber keine Kompromisse. Sie haben auch keinen Grund dazu.

Komisch, bei WoD ist ein eigenes Attribut, in AD&D hatten wir immer endlose Ausrüstungs- und Besitzlisten, bei Shadowrun oder Cypberpunk die Connections, dito bei Traveller plus Schiffsstats, bei Ars Magica den Covenant und dessen Resourcen, usw....
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 17.12.2011 | 00:25
@ Naldantis:
Ich glaube Beral bezieht sich auf 95% des Rollenspiels da draußen (also D&D und DSA).
Aber auch Zahlmäßig sind die meisten anderen Spielsysteme eher auf ein "Wir machen die Welt im Alleingang nieder" fixiert.
Die Ausahmen, die Du aufgezählt hast sind natürlich richtig. Und ich finde diese Dinge auch gut. Sie sind nur zu selten und fast immer nur Nebensache.

@ YY:
Mal abgesehen von politischen Plots ist mir das auch schon mehrfach aufgefallen, dass Rollenspieler einfach davor zurückschrecken, fremde Leistung einzukaufen oder darauf zu vertrauen. Wenn es sich ergibt, schon, aber gezielt danach suchen und anleiern: Fehlanzeige.
Vielleicht liegt das daran, dass man unter Rollenspielern selten Selbstständige Unternehmer und Politiker findet.
Es ist einfach nicht auf dem Radar der Spieler, mit denen ich bisher gespielt habe, weil sie Angestellte sind und mehr gewöhnt, übertragene Weisungen persönlich auszuführen statt zu delegieren. Das ist aber nur so eine lockere Beobachtung.
Und das trifft auch dann zu, wenn Geldmittel und Arbeitskraft im Überfluss vorhanden wären UND zusätzlich die eigene Expertise fehlt!
Wahrscheinlich geht es eben um das eigene Erleben der Aktion. Wenn andere beauftragt werden, ist man vielleicht nicht mal dabei.

Wobei mich das zu meiner etwa drei Jahre dauernden SpaceMarine-Kampagne bringt.
Bald werden die SpaceMarines wohl den Rang des Sergeant erreicht haben und das Spiel (und vor allem der Kampf) wird auf eine höhere Ebene gehoben, weil dann jeder Spieler nicht mehr für sich alleine verantwortlich ist, sondern jeder ein Squad aus 5 Mann übertragen bekommt. Dann werden die Spieler gar nicht mehr ums Delegieren bzw. Befehlen bzw. Beauftragen anderer herumkommen. Ich bin schon außerordentlich gespannt darauf.

Und das bringt mich auch wieder zum perfekten Kampf: Es ist sicher auch die regeltechnisch virtuose Eingebundenheit des Zweikampfes in größere Schlachten, die den Kampf besser machen. Teil großer Ereignisse werden, ist für Spieler immer ein cooles Ding.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 17.12.2011 | 01:12
Mal abgesehen von politischen Plots ist mir das auch schon mehrfach aufgefallen, dass Rollenspieler einfach davor zurückschrecken, fremde Leistung einzukaufen oder darauf zu vertrauen.

Da sind meine Stammspieler glücklicherweise anders drauf.


Aber als ergänzende lockere Beobachtung meinerseits:
Daran sind zum großen Teil auch die SLs schuld.

Denn die gehen sehr zu meinem Ärger oft genug nach der Maxime vor:
Wenn man was an einen NSC abgibt, gehts entweder schief oder klappt gerade so mit Hängen und Würgen.

Dann ist ja klar, dass man nichts mehr abgibt...

Wenn meine Untergebenen nichts auf die Reihe kriegen, mache ich natürlich alles selbst.
Wenn die alles besser können, wäre ich blöd, Wichtiges nicht abzugeben.

Da finden viele SLs meiner Erfahrung nach das rechte Maß nicht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 17.12.2011 | 03:30
Ja, und du, hast du irgend eine spezielle Maxime, was eingekaufte Leistung angeht?
Ich hätte gesagt, es wird halt in etwa so, wie man dafür bezahlt  (je nach Würfelwurf halt besser oder schlechter).
Nach dem Motto: Wer Erdnüsse bezahlt, bekommt eben auch nur Affen.

Aber mal davon abgesehen, den Auftrag abzugeben. Man kann ja auch Leute als Helfer anheuern. Aber auch das passiert nicht.
Die halbe Galaxis ist hinter den Leuten her, auf dem Konto sind 13 Mrd. Credits und sie kommen nicht mal auf die Idee einen BodyGuard anzuheuern. Stattdessen werden für's Raumschiff Torpedos mit Nuklearsprengköpfen angeschafft!
Naja, solche Stories kann vermutlich jeder SL erzählen.
Oder im Fantasyrollenspiel mal jemanden bezahlen, der einen im Kampf unterstützt. Nein, sie müssen alles selbst erledigen. Ts!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 17.12.2011 | 08:41
+1 zu den Bedenken bezüglich der Loyalität und Erfolgschancen von NSCs.
Einmal die Spielleiter, die aus jedem Fitzelchen eine Komplikation oder "Herausforderung" machen müssen und die Spieler quasi sicher sein können einen Saboteur anzuheuern oder aber das der Spezialist ohne wenigstens den kleinen Schutz als SC im entscheidenden Moment verkackt oder umgelegt wird.

Z.B. ein unbekannter ShadowrunSL, der sich ganz clever fand und an einer ConTheke davon plauderte der Gruppe erst einen NSC-Decker aufgeschwatzt und diesen dann bei der ersten komplizierteren Aufgabe geröstet zu haben, weil er diesen ganzen "Matrixscheiß" sich nicht antun wollte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Benjamin am 17.12.2011 | 09:34
Meine Gruppe kauft immer erstmal Personal. In der zweiten Runde waren es schon mehr Söldner als SC.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 17.12.2011 | 11:22
Oftmals ist es eher rudimentär, aber Regeln für Kontakte, Alliierte, Gönner, Unterstützernetzwerke uvm. haben schon einige Systeme, deren Fokus nicht unbedingt darauf liegt.
Ich weiss. Das erzeugt aber keine Abhängigkeiten. Allein dieser Punkt ist zu viel des Mangels. Dazu kommt, dass solche Regeln im Umfang gering sind und weit entfernt von den Kernmechanismen liegen. So können sie im Spiel keine zentrale Rolle einnehmen.

Noch so ein wichtiger Aspekt im politischen Geschehen ist die Delegation von Aufgaben. Der Politiker organisiert seinen Stab und kämpft nicht irgendwo detailliert auf einer unteren Ebene. Die Delegation von Aufgaben ist eine hochinteressante Herausforderung, weil die Unterstellten allesamt ihre eigenen und konträren Interessen haben und die Führungskraft das ausbalancieren muss und gleichzeitig ja auch die eigene Position stärken und ausbauen will. Genug Potential für spannendes Spiel ist da.

Und im Rollenspiel? Alles ist auf die untere Ausführungsebene ausgerichtet. Aufgabendelegation und Untergebenenorganisation existieren praktisch nicht. Es gibt auch keine Regeln dafür. Umso interessanter, dass deine Gruppe(n) in diesem Punkt mal wieder anders sind. Aber lass dir gesagt sein, dass du damit eine Ausnahmeerscheinung bist. Und eine unerreichbare noch dazu, denn das, was bei euch offenbar selbstverständlich ist, bekomme ich nicht hin. Es scheitert schon daran, meinen Mitspielern (oder vielen Diskussionspartnern hier im T) überhaupt die Idee verständlich zu machen, geschweige denn einer praktischen Umsetzung nahe zu kommen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 17.12.2011 | 13:50
Ich weiß allerdings nicht, was du uns überhaupt damit sagen wolltest.
Dass Realität (und Realismus) per se nicht das ist, was am Spieltisch gewünscht ist. Niemand möchte so nah an den Schmerz ran, dass es weh tut. Seien es seelische oder körperliche Schmerzen. Das wäre die Konsequenz, wenn man den Realismus auf die Spitze triebe. Krieg ist im echten Leben nicht unterhaltsam, Mord ist es nicht und diejenigen, die wirklich um ihr Leben kämpfen müssen (Gruß an meinen Kumpel, der wieder nach Afghanistan muss), wollen, wenn Sie Kämpfe spielerisch erleben, sicher eine gewisse Distanz zu ihrem echten Erleben. Es mag Ausnahmen geben, über deren geistige Gesundheit kann man dann in einem anderen Thread diskutieren.

Wenn nun aber die Realität per se nicht das Gewünschte ist, dann ist eine andere Realität gewünscht -> eine Wunschrealität im Spiel. Und die differiert nun einmal von Spieler zu spieler. Ich denke also, dass man hier nicht einfach über Realismus reden kann, weil da einfach der gemeinsame Nenner nicht groß genug ist, dass alle das gleiche darunter verstehen. Man sollte über Wünsche und Bedürfnisse reden und die Methoden, diese umzusetzen. Und das habe ich darum herausgestellt, weil dem "Realismus" oben so eine große Bedeutung beigemessen wird.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Benjamin am 17.12.2011 | 15:14
Jau. Und wenn man den Charakter eines SC nicht verregelt, dann kann jeder Spieler jederzeit selbst entscheiden.  ;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 17.12.2011 | 16:26
Ja, und du, hast du irgend eine spezielle Maxime, was eingekaufte Leistung angeht?
Ich hätte gesagt, es wird halt in etwa so, wie man dafür bezahlt  (je nach Würfelwurf halt besser oder schlechter).

Bei tatsächlich eingekaufter Leistung gehe ich auch grob nach dem Preis und der Verfügbarkeit von kompetenten Leuten.

Es kommt aber bei uns viel öfter vor, dass NSCs fest für bestimmte Sachen eingeteilt sind.
Ob man auf die Einfluss hat oder nicht, ist dann noch mal was Anderes.

Zur Verdeutlichung:
In unserer Polizeirunde achte ich relativ stark darauf, dass die SCs keine "fachfremden" Aufgaben beackern.
Es ist z.B. schlicht nicht ihre Aufgabe, forensische Untersuchungen anzustellen (und sie können es auch nicht). Das machen die dafür zuständigen NSCs, und zwar immer die Selben. Denen kann man als SC nicht mehr zahlen, damit sie motivierter sind, oder sich andere suchen.

Bei solchen Konstellationen gehe ich davon aus, dass die NSCs ihren Job wenigstens angemessen beherrschen und Standardaufgaben kein Thema sind.
Gelegentlich mag es da mal eine Panne geben, und sicher fahren die auch mal einen Erfolg jenseits ihrer "Komfortzone" ein.


In unserer z.Zt. auf Eis liegenden Rogue-Trader-Runde war es so, dass den SCs ein großer NSC-Pool zur Verfügung stand, auf den sie großen Einfluss nehmen konnten.

So war es z.B. einem Spieler ein besonderes Bedürfnis, einen gut ausgebildeten und ausgerüsteten Kern an "Haustruppen" zu haben.
Dafür ist ingame richtig Zeit und Geld drauf gegangen - da gehe ich dann auch davon aus, dass das zum größten Teil fruchtet und die NSCs auch was taugen.


Ganz anders ist es natürlich, wenn es zur Geschichte gehört, die Spieler mit NSCs zu plagen, auf die sie angewiesen sind, die aber keine große Hilfe darstellen - etwa ein Nachschuboffizier, um den man nicht herumkommt und der einem ständig Knüppel zwischen die Beine wirft oder auch einfach nur inkompetent ist.

Niemand möchte so nah an den Schmerz ran, dass es weh tut. Seien es seelische oder körperliche Schmerzen. Das wäre die Konsequenz, wenn man den Realismus auf die Spitze triebe.

Du schmeißt Realismus und eigenes Erleben zusammen.

Am Spieltisch habe ich für meinen Teil immer genug Distanz, weil das Ganze über die Spielmechanik abgehandelt wird und eben nicht live nachvollzogen oder da sonst was veranstaltet wird, wie du das in Aussicht gestellt hast.

Ich denke also, dass man hier nicht einfach über Realismus reden kann, weil da einfach der gemeinsame Nenner nicht groß genug ist, dass alle das gleiche darunter verstehen. Man sollte über Wünsche und Bedürfnisse reden und die Methoden, diese umzusetzen. Und das habe ich darum herausgestellt, weil dem "Realismus" oben so eine große Bedeutung beigemessen wird.

A) Anscheinend gehört ein gewisses Maß an Realismus zu den Wünschen und Bedürfnissen einiger Spieler - und einen gemeinsamen Nenner finden muss man sowieso überall.
Ich wüsste nicht, warum Realismus da eine Sonderstellung haben sollte.

B) Stichwort "Wünsche und Bedürfnisse":
Es ist ein Unterschied, ob mit der Forderung nach Realismus gemeint ist
"Ich meine, das müsste so und so sein, und so will ich das umgesetzt sehen"
oder
"Ich will das hier möglichst authentisch/realistisch geregelt sehen, auch wenn mir die Auswirkungen vielleicht nicht passen oder noch nicht voll bewusst sind".

Unterschiedliche Ansichten gibt es auf Dauer nur bei ersterer Variante.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 17.12.2011 | 16:50
Vielleicht liegt das daran, dass man unter Rollenspielern selten Selbstständige Unternehmer und Politiker findet.
Vielleicht liegt es auch daran, dass das Rollenspiel die Literatur als Vorbild nimmt.

Und kennst du irgendein Belletristik-Buch oder einen Film, in dem der Protagonist nicht selber handelt sondern nur delegiert? Hier müsste man imho ansetzen: Gäbe es einen guten Roman, in dem der Protagonist nicht selber handelt sondern delegiert, würde in kürzester Zeit irgendjemand ein RPG zu diesem Roman erstellen. Aber da solche Romane fehlen, ist es wahrscheinlich auch schwer, ein RPG dazu zu schreiben. (Reign geht ja in diese Richtung.)

Zitat
Es ist einfach nicht auf dem Radar der Spieler, mit denen ich bisher gespielt habe, weil sie Angestellte sind und mehr gewöhnt, übertragene Weisungen persönlich auszuführen statt zu delegieren.
Ich habe da andere Erfahrung gemacht: Man will im RPG meistens etwas spielen, was man im RL nicht ist.

Und die Spieler haben zumindest in meinen Runden keinerlei Probleme, Connections um Gefallen zu bitten oder eine kleine Gruppe anzuführen, solange der Protagonist selber in erster Reihe mitkämpft. Leute dabei zu haben, die die SCs unterstützen, wird von vielen als sehr spannend empfunden.
Wenn die NSCs dagegen die ganze Arbeit machen und der SC nur im Hintergrund sitzt und die Fäden zieht, wird das als langweilig empfunden. Es fehlt einfach die Action.

Bzw. wenn man Offiziere in einer Militärkampagne spielt, dann artet das RPG sehr schnell zu einem Skirmish oder TableTop oder Cosim aus. Untergeben Soldaten? Ja, gerne, aber der eigene SC soll auch kämpfen und nicht nur von hinten delegieren.

Deine angegeben SpaceMarine Sergeanten sind daher kein Problem, da diese vor allem bei Warhammer auch in der ersten Reihe kämpfen. Und auch im RL sind Sergeants so weit unten in der Hierarchie, dass sie die Action noch persönlich erleben.

Zitat
Wahrscheinlich geht es eben um das eigene Erleben der Aktion. Wenn andere beauftragt werden, ist man vielleicht nicht mal dabei.
Richtig. Das ist meiner Meinung nach der hauptsächliche Knackpunkt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 18.12.2011 | 13:39
Du schmeißt Realismus und eigenes Erleben zusammen.
Nö.

Am Spieltisch habe ich für meinen Teil immer genug Distanz, weil das Ganze über die Spielmechanik abgehandelt wird und eben nicht live nachvollzogen oder da sonst was veranstaltet wird, wie du das in Aussicht gestellt hast.
Da sind wir wieder beim Vergewaltigung ausspielen oder nicht. Distanz kann mehr und weniger sein und wann persönliche Schmerzgrenzen überschritten werden ist hochgradig subjektiv, insbesondere wenn Realismus gefordert wird. "Was denn? So laufen Vergewaltigungen nunmal ab." ist durchaus ein Argument für den Realismus, aber eber keines für ein Spiel, das unterhalten soll.

A) Anscheinend gehört ein gewisses Maß an Realismus zu den Wünschen und Bedürfnissen einiger Spieler - und einen gemeinsamen Nenner finden muss man sowieso überall.
Ich wüsste nicht, warum Realismus da eine Sonderstellung haben sollte.
Weil Realismus hier - genau wie "Spaß" zu subjektiv ist (siehe unten)

B) Stichwort "Wünsche und Bedürfnisse":
Es ist ein Unterschied, ob mit der Forderung nach Realismus gemeint ist
"Ich meine, das müsste so und so sein, und so will ich das umgesetzt sehen"
oder
"Ich will das hier möglichst authentisch/realistisch geregelt sehen, auch wenn mir die Auswirkungen vielleicht nicht passen oder noch nicht voll bewusst sind".

Unterschiedliche Ansichten gibt es auf Dauer nur bei ersterer Variante.
Gegenbeispiel:
Spielleiter: "Ich will das möglichst authentisch haben und habe eine Erkrankungstabelle eingeführt. Jeder Spieler würfelt morgens, ob er eine Krankheit hat. Ups! Spieler1, du hast Durchfall. Übel. Eventuell bekackst du dich im Kampf und bekommst dann -10."

Ist realistisch. Ist nicht die Wunschrealität aller Spieler. Das ist ein Extrembeispiel. Genauso könnte ich schreiben "ich lasse Kampfmoralwürfe machen" oder "ich führe Trefferlocations ein".
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 18.12.2011 | 13:50
Spielleiter: "Ich will das möglichst authentisch haben und habe eine Erkrankungstabelle eingeführt. Jeder Spieler würfelt morgens, ob er eine Krankheit hat. Ups! Spieler1, du hast Durchfall. Übel. Eventuell bekackst du dich im Kampf und bekommst dann -10."

Ist realistisch.

Ok, vergiss es.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 18.12.2011 | 13:59
*Schulterzuck*
Du brauchst auf meine Argumente nicht eingehen, wenn du nicht möchtest. Fakt ist, So abstrus mein Beispiel auch ist, so deutlich zeigt es die Differenz zwischen Realität, Realismus und Wunschrealität eines Rollenspiels.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 18.12.2011 | 14:32
Mir zeigt es nur, dass wir beide so unterschiedliche Vorstellungen von Realismus haben, dass wir uns hier beliebig lang im Kreis drehen können, ohne hinterher auch nur zu wissen, was der andere genau meint.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 18.12.2011 | 15:39
*könnte ausflippen*
Das ist es doch, was ich die ganze Zeit sage!!! Für "Realismus" ist die Basis der gemeinsamen Vorstellungen zu klein!!!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 18.12.2011 | 15:57
Du redest von den unterschiedlichen Vorstellungen davon, was "realistisch" ist.

Ich rede davon, warum man überhaupt Realismus will und wie man das umzusetzen gedenkt.

Das sind zwei völlig verschiedene Ebenen.



 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 18.12.2011 | 16:20
Du redest von den unterschiedlichen Vorstellungen davon, was "realistisch" ist.

Ich rede davon, warum man überhaupt Realismus will und wie man das umzusetzen gedenkt.

Das sind zwei völlig verschiedene Ebenen.

Jein.

Ich bin in der Sache ja eher auf killedcats Seite, darum nochmal ein Einwurf:
Bei der Realismus-Angelegenheit gibt es glaub ich 4 verschiedene Argumentationsebenen:

1. Will man überhaupt Spielregeln, welche die Realität wiedergeben/simulieren sollen?

2. (Wenn ja:) Ist es den Spielern (insbes. SL) zuzumuten, Regeln realitätsnah zu interpretieren und Situationen spontan realitätsnah zu regeln?

3. (Wenn ja:) Kann ein Spielregelwerk überhaupt die Realität modellhaft in angemessenem Maß wiedergeben?

4. (Wenn Ja:) Ist ein realistisches Regelwerk spielbar, wenn man den Aufwand der Realitätsabgleichung berücksichtigt?

Ich habe den Eindruck, die "Realismus"-Fraktion muss alle 4 Punkte mit Ja beantworten können, während es für die andere Seite (also die "Unrealisten") reicht, auch nur einen Punkt zu verneinen. Der erste Punkt ist natürlich reine Geschmacksfrage ("Soll RSP die Realität abbilden, oder soll es Genres spielbar machen?")

Die Angelegenheit der unterschiedlichen Vorstellungen davon, was "realistisch" ist, betrifft Punkt 2. (Bestimmt hat jeder schonmal die Diskussion erlebt, die entsteht, wenn ein Spieler eine SL-Entscheidung für "unrealisitsch" hält. Dabei spielt natürlich auch die Tatsache eine Rolle, dass jeder RSPler eine andere Ausbildung genossen hat/anderes Fachwissen mitbringt, um unterschiedliche Situationen bewerten zu können.)

Punkt 3 ist sozusagen der "philosophische" Punkt, wie genau die äußerst komplexe Realität in Spielmechanismen gefasst werden kann.
(Hieran entzünden sich dann die Fragen des Abstraktionsgrades. Auf einer sehr abstrakten Ebene ist irgendwie jedes Modell "realistisch".)

Punkt 4 ist wiederum so eine Umsetzungsfrage, wenn man Punkt 3 mit Ja beantwortet: Wie und in welchen Bereichen will man Realität abbilden? Wieviel Aufwand (Recherche) ist dafür erforderlich? Steht das in einem angemessenen Verhältnis?
(Beispielsweise kenne ich kein Fantasy-Rollenspiel mit einem "realistischen" oder "historisch-quellengesicherten" Wirtschaftssystem - weil das wahrscheinlich zu kompliziert zu entwerfen/recherchieren wäre.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Taschenschieber am 18.12.2011 | 16:26
Wichtig ist auch, dass "Realismus" imho keine binäre Größe ist. Es gibt verschiedene Grade des Realismus, und man kann Realismus in bestimmten Bereichen (Kampf) gut finden, in anderen Bereichen (Wirtschaft, Krankheiten) aber schlecht. Auch wenn absoluter Realismus nicht möglich ist, ist es durchaus ein akzeptables Ziel, in bestimmten Bereichen einen so weit wie möglich gehenden (!) Realismus zu schaffen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 18.12.2011 | 16:38
Wichtig ist auch, dass "Realismus" imho keine binäre Größe ist. Es gibt verschiedene Grade des Realismus, und man kann Realismus in bestimmten Bereichen (Kampf) gut finden, in anderen Bereichen (Wirtschaft, Krankheiten) aber schlecht.

Mit dem Beispiel habe ich ein paar Probleme. Wirtschaft wirkt sich eigentlich sehr stark auf die Kampffähigkeit aus, wenn es um Qualität der Waffen/des Materials geht. Bei Kleingruppen auf einem vergleichsweise niederen technologischen Level (Fantasy) sicherlich weniger relevant, aber bei Kriegen ist die die Wirtschaftskraft der Kriegsparteien sicherlich einer der entscheidenden Faktoren. Die Verfügbarkeit von Waffen spielt aber auch in Kleingruppenkämpfen eine Rolle.

Krankheiten hängen noch stärker mit dem Kampfsystem zusammen, weil sie einen Teil der Spielwelt massiv beeinflussen (Seuchen, Sterblichkeit usw.), und auch im unmittelbaren Kampf bei Kleingruppen eine Rolle spielen (Abzüge auf Angriff usw.).

Auch wenn absoluter Realismus nicht möglich ist, ist es durchaus ein akzeptables Ziel, in bestimmten Bereichen einen so weit wie möglich gehenden (!) Realismus zu schaffen.

Akzeptabel ist es selbstverständlich. Aber erstmal eine Gruppe finden, die sich auf den Realismusgrad und die Realismusbereiche einigen kann.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.12.2011 | 16:45
Die Angelegenheit der unterschiedlichen Vorstellungen davon, was "realistisch" ist, betrifft Punkt 2. (Bestimmt hat jeder schonmal die Diskussion erlebt, die entsteht, wenn ein Spieler eine SL-Entscheidung für "unrealisitsch" hält. Dabei spielt natürlich auch die Tatsache eine Rolle, dass jeder RSPler eine andere Ausbildung genossen hat/anderes Fachwissen mitbringt, um unterschiedliche Situationen bewerten zu können.)
Diese Probleme treten aber nur bei unrealistischen Regelwerken auf.
Wenn man ein realistisches Regelwerk spielt, lässt sich ganz klar sagen: "Das steht so in den Regeln und diese Regeln haben wir als realistisch akzeptiert."

Zitat
Hieran entzünden sich dann die Fragen des Abstraktionsgrades. Auf einer sehr abstrakten Ebene ist irgendwie jedes Modell "realistisch".
Das sehe ich anders. Es gibt auch genügend unrealistische abstrakte Modelle.

Zitat
Punkt 4 ist wiederum so eine Umsetzungsfrage, wenn man Punkt 3 mit Ja beantwortet: Wie und in welchen Bereichen will man Realität abbilden? Wieviel Aufwand (Recherche) ist dafür erforderlich? Steht das in einem angemessenen Verhältnis?
Hier gilt: Je mehr Recherche der Regelautor betrieben hat, desto weniger Recherche muss der SL erledigen.
Wenn ich mir zum Beispiel die Gurps-Regelwerke, die Gurps-Settingbeschreibungen und die Cthulhu-Settingbeschreibungen anschaue, dann stelle ich fest, dass hier die Autoren verdammt viel Recherche betrieben haben. Daher muss ich in diesen Fällen als SL kaum selber Recherche betreiben. Ich als SL bekomme die ganzen Recherche-Ergebniss quasi frei Haus von den Autoren geliefert.
Wenn ich mir dagegen die (n)WoD anschaue, dann stelle ich fest, dass die Autoren verdammt wenig Recherche betrieben haben. Will ich hier etwas realistisches spielen, muss ich selber Recherche betreiben.

Fazit für mich:
Ich gebe lieber ein paar Euro mehr für ein Gurps oder Cthulhu Buch aus, kann mir im Gegenzug aber sicher sein, dass der Inhalt gut recherchiert ist.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 18.12.2011 | 16:46
Wichtig ist auch, dass "Realismus" imho keine binäre Größe ist.
In der Tat :d
Man kann einfach einen bestimmten Grad davon anstreben, meist reicht es schon genau an dem Punkt, wo in der Gruppe nicht mehr das Gefühl von unplausiblen/unlogischen Begebenheiten auftritt... Und das die Details durch verschiedene "Interessensgebiete" auseinandergehen ist auch nur natürlich dem Interesse der Gruppe geschuldet. Wenn ich idealtypisch z.B. mit lauter Ärzten spiele, finden die wahrscheinlich realistische Wundregelungen interessanter und wichtiger als eine Gruppe von KFZ-Mechanikern, die mehr Wert darauf legen, dass es coole Möglichkeiten für's Fahrzeugtuning gibt o.ä.

Diese Probleme treten aber nur bei unrealistischen Regelwerken auf.
Wenn man ein realistisches Regelwerk spielt, lässt sich ganz klar sagen: "Das steht so in den Regeln und diese Regeln haben wir als realistisch akzeptiert."
Jopp, das finde ich auch. Man hat dann eine für für alle transparente und vernünftige Entscheidungsgrundlage, also quasi eine klare Regelung der "Naturgesetze". Zudem hält das sowieso nicht davon ab, vorher oder nachher als Gruppe eine Regeländerung zu entscheiden, wenn Details mal als unstimmig erkannt werden.


Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.12.2011 | 16:54
Mit dem Beispiel habe ich ein paar Probleme. Wirtschaft wirkt sich eigentlich sehr stark auf die Kampffähigkeit aus, wenn es um Qualität der Waffen/des Materials geht.
Niemand bestreitet, dass sich der Kampfbereich und der Wirtschaftsbereich gegenseitig beeinflussen. Aber auch, wenn sich diese beiden Bereiche gegenseitig beeinflussen, sind es dennoch unterschiedliche Bereiche.

Und natürlich kann man einen Bereich realistisch regeln und den anderen Bereich dann unrealistisch regeln. Dann beeinflusst ein unrealistischer Bereich halt einen realistischen Bereich. So what?

Zitat
Akzeptabel ist es selbstverständlich. Aber erstmal eine Gruppe finden, die sich auf den Realismusgrad und die Realismusbereiche einigen kann.
Also zumindest in größeren Städten sollte das kein Problem sein. Ansonsten gibt es ja auch in Dörfern scheinbar Gruppen, die schon seit mehreren Jahren zusammenspielen. Das bedeutet also, dass sie sich irgendwie auf einen Spielstil geeinigt haben müssen. (Was ja auch den Realismusgrad und die Realismusbereiche mit einschließt.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 18.12.2011 | 17:03
Dass Realität (und Realismus) per se nicht das ist, was am Spieltisch gewünscht ist. Niemand möchte so nah an den Schmerz ran, dass es weh tut. Seien es seelische oder körperliche Schmerzen. Das wäre die Konsequenz, wenn man den Realismus auf die Spitze triebe.
Das würde ich nicht als die Konsequenz sehen, denn es geht ja nicht um die "Realität selbst", sondern um eine Simulation derselben aus einer Zuschauerperspektive mit emotionaler Beteiligung! (also wenn wir bei simulativem Anspruch sind)
Die meisten Horrorfilme in Realsettings z.B. versuchen ja auch eine logische/realistische Handlung darzustellen und dem Zuschauer ein teilnehmendes (Angst-) Gefühl zu vermitteln, dennoch möchte hinterher keiner mit Stichwunden oder körperlichen Schmerzen aus dem Kino kriechen...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 18.12.2011 | 17:05
Diese Probleme treten aber nur bei unrealistischen Regelwerken auf.

Sie treten dann auf, wenn der SL eine Entscheidung treffen muss, die nicht vom Regelwerk beantwortet wird. Selbst bei Regelwerken mit desten Boni/Mali für Kampfpositionen/Tricks usw. kann es trotzdem passieren, dass der Effekt einer Handlung eines SC nicht aus dem Regelwerk heraus beantwortet werden kann. Oder die Frage, ob in einer Stadt X eine bestimmte Institution existiert oder nicht. Aber selbst bei Fragen innerhalb des Regelwerks kann es zu Unstimmigkeiten kommen.

Wenn man ein realistisches Regelwerk spielt, lässt sich ganz klar sagen: "Das steht so in den Regeln und diese Regeln haben wir als realistisch akzeptiert."

Sich auf das Regelwerk zu berufen ist meiner Meinung nach eine Antwort, die leichter ohne Realismusanspruch von den Lippen geht. Ich brauche einfach nur zu sagen: "Wir spielen XYZ, und da wird das nunmal soundso verregelt. Hausregelungen gibts nur nach Gruppenkonsens oder Gruppenkompromiss."

Das sehe ich anders. Es gibt auch genügend unrealistische abstrakte Modelle.

Klar, wenn die mit dem Wunsch, unrealistisch zu sein, entworfen oder von Wirtschaftsliberalen erträumt. wurden. Dass es möglich ist, ein urealistisches Modell zu schaffen, ist aber nicht die Frage. Die Frage ist, ab wann ein Modell ziemlich solide "realistisch" ist, ohne einen Spieler mit Komplexität hoch 10 zu bestrafen - und das wird einfacher, je mehr von Besonderheiten und Ausnahmefällen abstrahiert wird.

Hier gilt: Je mehr Recherche der Regelautor betrieben hat, desto weniger Recherche muss der SL erledigen.

Stimmt natürlich - aber auch die Ressourcen eines Regelautoren sind begrenzt. Darum beschränken sich ja Regelsysteme oft nur auf winzige Kleinigkeiten, die sie Verregeln (Kleingruppen-Kampfsystem) und lassen selbst da vieles aus (z.B. Kampfmoral).

Niemand bestreitet, dass sich der Kampfbereich und der Wirtschaftsbereich gegenseitig beeinflussen. Aber auch, wenn sich diese beiden Bereiche gegenseitig beeinflussen, sind es dennoch unterschiedliche Bereiche.
Und natürlich kann man einen Bereich realistisch regeln und den anderen Bereich dann unrealistisch regeln. Dann beeinflusst ein unrealistischer Bereich halt einen realistischen Bereich. So what?

Weil durch die Beeinflussung der Realismus-Anspruch nicht mehr aurecht erhalten werden kann? Eine realistische regelung kann doch nicht dann "realistisch" sein, wenn es ihr passt, und gleichzeitig auf unrealistischen Prämissen stehen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 18.12.2011 | 17:12
Weil durch die Beeinflussung der Realismus-Anspruch nicht mehr aurecht erhalten werden kann? Eine realistische regelung kann doch nicht dann "realistisch" sein, wenn es ihr passt, und gleichzeitig auf unrealistischen Prämissen stehen.

Das kommt auf die konkrete Umsetzung an und darauf, ob der "realistische" Teil tatsächlich zu wesentlichen Teilen auf dem unrealistischen fußt oder ob sie weitgehend gleichwertig sind oder sonstwie nebeneinander laufen.

Freilich muss man da Abstriche machen, aber auch das ist keine binäre Entscheidung.
Vergleiche die leidige Aussage "Da gibts ja auch Magie, das System muss/kann nicht realistisch sein", die in dieser Pauschalität Quatsch ist.

Grundsätzlich finde ich da den DSA´schen Fantastischen Realismus ein recht gutes Konzept.
(Steht der in der altbekannten Form eigentlich noch auf der Fahne oder ist man davon abgekommen?)

Das erschien mir immer ein sehr intuitiver Ansatz zu sein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 18.12.2011 | 17:22
Sich auf das Regelwerk zu berufen ist meiner Meinung nach eine Antwort, die leichter ohne Realismusanspruch von den Lippen geht. Ich brauche einfach nur zu sagen: "Wir spielen XYZ, und da wird das nunmal soundso verregelt. Hausregelungen gibts nur nach Gruppenkonsens oder Gruppenkompromiss."
Du zäumst das Pferd von Hinten auf. Die Frage war ja nicht, wie kann man am leichtesten Rollenspiel spielen.

Die Frage war, wie kann man so Rollenspiel spielen, dass dieses am besten unsere Bedürfnisse befriedigt. Und wenn die Spieler das Bedürfnis nach einem realistischen Spiel haben, hilft ihnen ein realistische Regelwerk wesentlich weiter als ein unrealistisches Regelwerk.

Natürlich hast du Recht, dass es am einfachsten wäre, wenn die Spieler einfach ihre Bedürfnisse ignorieren. Aber ob das so erstrebenswert ist, ist eine andere Frage.

Zitat
Weil durch die Beeinflussung der Realismus-Anspruch nicht mehr aurecht erhalten werden kann? Eine realistische regelung kann doch nicht dann "realistisch" sein, wenn es ihr passt, und gleichzeitig auf unrealistischen Prämissen stehen.
Natürlich kann sie aufrechterhalten werden:
Ob es jetzt realistisch ist oder nicht, dass dieses Volk hochmoderne Waffen hat, sagt doch nichts darüber aus, ob der Kampf mit diesen hochmodernen Waffen realistisch geregelt ist.

Ob es realistisch ist oder nicht, dass die SCs nie erkranken, sagt doch nichts darüber aus, dass der Kampf bei Gesundheit realistisch geregelt ist.

Natürlich mag es unrealistisch sein, dass dieses hinterwäldlerische Volk hochmoderne Waffen besitzt. Und natürlich mag es unrealistisch sein, dass die SCs andauernd gesund sind. Aber das sagt doch nichts darüber aus, ob der Kampf selber realistisch geregelt wurde oder nicht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 18.12.2011 | 17:55
Ob es realistisch ist oder nicht, dass die SCs nie erkranken, sagt doch nichts darüber aus, dass der Kampf bei Gesundheit realistisch geregelt ist.

Exakt! Ich verstehe deswegen auch nicht, warum trotzdem immer wieder dieses binäre Argument gebracht wird, dass wenn nicht alles und jedes kleine Detail 100% realitätsgetreu ist, man jeglichen Simulationsanspruch gleich völlig vergessen könne...
Bei heutigen technischen/wissenschaftlichen Simulationen (für Realanwendungen) wird schließlich ebenfalls stark abstrahiert, vieles weggelassen und ein mehr oder weniger willkürlicher Fokus auf bestimmte Bereiche gelegt, den die Ausführenden gemäß ihres Theoriemodells für adäquat erachten.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 18.12.2011 | 18:38
Das kommt auf die konkrete Umsetzung an und darauf, ob der "realistische" Teil tatsächlich zu wesentlichen Teilen auf dem unrealistischen fußt oder ob sie weitgehend gleichwertig sind oder sonstwie nebeneinander laufen.

Freilich muss man da Abstriche machen, aber auch das ist keine binäre Entscheidung.
Vergleiche die leidige Aussage "Da gibts ja auch Magie, das System muss/kann nicht realistisch sein", die in dieser Pauschalität Quatsch ist.

Grundsätzlich finde ich da den DSA´schen Fantastischen Realismus ein recht gutes Konzept.
(Steht der in der altbekannten Form eigentlich noch auf der Fahne oder ist man davon abgekommen?)

Das erschien mir immer ein sehr intuitiver Ansatz zu sein.


Der sorgt regelmäßig dafür, das Threads aufkommen wie" Wieviel kann ein Hundekarren tragen". Denn man kann diese frage ja tatsächlich beantworten. Inzwischen kann ich sowas sogar gern beantworten, aber als ich noch DSA gespielt habe, da habe ich das gehasst. Denn wenn im Spiel die frage aufkommt, was realistisch ist, dann muss man nach fantastischem Realismus folgendes tun:  Zuerst inden regeln und wenns da nicht steht, In nem wissenschaftlichen Werk nachschlagen. Vorher hat natürlich jeder seine Meinung zum besten gegeben, "wieviel denn ein Hundekarren logischerweise tragen kann". Das hat Spaß gemacht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 18.12.2011 | 20:22
Stimmt, wobei ich sagen würde, dass das bei DSA an deren ungünstiger Regelumsetzung, sowieso fehlenden Richtlinien für Improvisation lag und eigentlich nicht daran, dass das Konzept eines fantastischen Realismus an sich problematisch wäre ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 18.12.2011 | 21:53
Ja, und du, hast du irgend eine spezielle Maxime, was eingekaufte Leistung angeht?
Ich hätte gesagt, es wird halt in etwa so, wie man dafür bezahlt  (je nach Würfelwurf halt besser oder schlechter).

Ich sehe da das Problem oft beim SL - z.B. in dem Verhältnis zwischen erwartetem Profit der PCs und den Lohnvorstellungen des NPCs, häufigstes Beispiel: SR und die Decker; oder die zur Vefügung stehende Kompetenz, wie oft bei D&D und seinen Henchmen, bei meist sehr wenig abkönnen, durch Areaspells sterben die wie die Fliegen, bzw. sind gerne gegnerische Agenten.
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 18.12.2011 | 22:03
Noch so ein wichtiger Aspekt im politischen Geschehen ist die Delegation von Aufgaben. Der Politiker organisiert seinen Stab und kämpft nicht irgendwo detailliert auf einer unteren Ebene. Die Delegation von Aufgaben ist eine hochinteressante Herausforderung, weil die Unterstellten allesamt ihre eigenen und konträren Interessen haben und die Führungskraft das ausbalancieren muss und gleichzeitig ja auch die eigene Position stärken und ausbauen will. Genug Potential für spannendes Spiel ist da.

Und im Rollenspiel? Alles ist auf die untere Ausführungsebene ausgerichtet. Aufgabendelegation und Untergebenenorganisation existieren praktisch nicht.

...ich weiß nicht, ob das so vielen Spaß macht.
Wenn man das anbietet ist es wie mit dem HArdwurst-Spiel, Lehenvergabe oder Ausrüstungslilsten: es finden sich immer einige, die solche Verwaltungsaufgaben gerne annehem und dabei aufblühen, es ist aber immer eine überschaubare Minderheit.

Vielleicht liegt das daran, dass man unter Rollenspielern selten Selbstständige Unternehmer und Politiker findet.

Ich habe solche Leute unter meinen Mitspielern, und stelle auch da immer wieder fest, daß Speler im Allgemeinen gerade NICHT das spielen möchte, was sie selber im realen Leben snd...
...zudem erachten es die meisten als langweilig, nur Anweisungen zu geben und möchten lieber sleber an der Action teilnehmen.


Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 18.12.2011 | 23:35
Ob eine Minderheit oder nicht, ist doch egal. Die Frage stellt sich eben für jeden individuell. Es ist nicht eine Frage des "Grades" des Realismus, sondern "welchen" Realismus man wünscht. Die einen freuen sich über Wundbeschreibungen im Kampf, andere über verschiedene Manöver. Andere wollen beides und die nächsten wieder keines von beidem. Das macht den Realismus ja so schwer. Es gibt kein Stellrad mit "viel" oder "wenig" Realismus. Man muss sich überlegen, wo möchte ich realistisch sein und wo geht das "Spiel" vor?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Taschenschieber am 18.12.2011 | 23:41
Es gibt kein Stellrad mit "viel" oder "wenig" Realismus.

Doch, den gibt es. Ich "analogiere" mal mit PC-Spielen:

Unrealistisch: Du besiegst Gegner, indem du ihnen auf den Kopf springst.
Halb-Halb: Du besiegst Gegner mit Schusswaffen - deren Werte sind aber völlig frei erfunden und du hast unendlich Munition.
Realistisch: Du hast eine Auswahl verschiedener Waffen, jede davon hat realistische Werte, du musst Munition sammeln, es wird Rückstoß simuliert et cetera pp.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 19.12.2011 | 00:07
Korrekt. Das lässt sich leicht übertragen:

Unrealistisch: Der Hund zieht ne Tonne.
Halb-Halb: Der Hund zieht so um die 30 kg.
Realistisch: je nach Rasse, Erschöpfung, Gelände usw. zieht der Hund so und so viel.

Daran sieht man auch, das erhöhter realismus immer mit niedrigem Abstraktionsgrad einhergeht, es kann gar nicht anders sein. Es ist einfach nicht möglich, etwa den Druschnittswert über alle Geländearten, Hunderassen und Erschöpfungsgrade zu wählen.

Denn dann könnte ein erschöpfter Spitz 20kg den Berg hoch ziehen, und das ist unrealistisch!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 19.12.2011 | 00:48
Doch natürlich lässt sich auch bei hoher Abstraktion hoher Realismus erreichen. Du musst halt auf beiden Seiten abstrahieren.

Dann hast du halt keinen Spitz sondern einen "Hund, der x Kilo Gepäck tragen kann".

Wenn man einen neuen Hund bekommt, dann kann dieser halt x+2W6 Kilo Gepäck schleppen. Dadurch zeichnet er sich aus. Sicherlich hat der Rund ingame auch eine Rasse. Aber diese wurde wegabstrahiert. Sprich ingame wird dein SC sowieso nicht wissen, was es für eine Rasse ist (wahrscheinlich irgendein Mischling). Und wenn du ingame zu einem Hundeexperten gehst, dann wird er dir das ingame erzählen können. Aber outtime ist die Rasse nach wie vor unbekannt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 19.12.2011 | 00:52
Doch, den gibt es. Ich "analogiere" mal mit PC-Spielen:

Unrealistisch: Du besiegst Gegner, indem du ihnen auf den Kopf springst.
Halb-Halb: Du besiegst Gegner mit Schusswaffen - deren Werte sind aber völlig frei erfunden und du hast unendlich Munition.
Realistisch: Du hast eine Auswahl verschiedener Waffen, jede davon hat realistische Werte, du musst Munition sammeln, es wird Rückstoß simuliert et cetera pp.
Ich habe nicht gesagt, dass es keine Spiele/Kampfregeln mit mehr oder weniger Realismus gibt. Ich habe gesagt, dass es dafür kein einheitliches Stellrad gibt.

Welches Spiel ist realistischer?
a) hat ein Wundsystem und kritische Treffertabellen aber sonst nix.
b) hat Trefferzonen und Kampfmanöver aber sonst nix.

Es gibt kein Rad an dem man dreht und die Spiele werden mehr oder weniger realistisch. Es gibt unterschiedliche Aspekte (Fatespieler wieder hinsetzen, ihr seid nicht gemeint), die verschiedene Bereiche aus der Realität einbringen. Was am Ende den gewünschten Realismus bringt ist dann subjektiv und nicht unbedingt von dem Grad des Realismus abhängig, als viel mehr von der Deckung mit der jeweiligen Wunschrealität.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 19.12.2011 | 01:18
Ich spiele mit einer Runde eine möglichst realistische SpaceMarine-Kampagne. (jaja, ich weiß ... :Ironie: )
Die SL ist klassisch und das Spiel simulativ, aber wir haben eine Vereinbarung, die alles andere übergeht: Cool gewinnt.
Wenn jemand eine wirklich wirklich coole Idee hat und kein anderer der Meinung ist, dass sie uncool ist, dann winke ich das durch obwohl es gegen die realistischen Regeln verstößt, weil ich Genialität am Spieltisch niemals behindern will.
(Das ist im Prinzip eine Aufforderung, ständig kreativ daran zu arbeiten, den bestehenden Gruppenvertrag zu verändern.)

Perfektheit hängt also in diesem Fall nicht immer mit Realismus zusammen.
Realismus (oder Plausibilität) ist ja etwas, das nicht gegen unsere Erwartungen verstößt.
Perfektion ist aber etwas, das unsere Erwartungen in derart positiver Weise übertrifft, das die Plausibilität das Nachsehen haben muss - und das geht eigentlich nur mit rhetorisch fundierter Überaschung, also überzeugende Unmöglichkeiten (Epic, Coolness, Tricks), die man nicht vorhersehen kann.

Vielleicht ist ja ein perfektes Kampfsystem vor allem ein normales Kampfsystem, das perfekte Ideen ermöglicht.
Ich habe aber irgendwie das Gefühl, dass das eher mit einem konkreten, realistischen System geht. Ich weiß nicht, ob mir jemand folgen kann, denn ich kann es gerade selbst nicht so richtig. *verwirrt am Kopf kratz*
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 19.12.2011 | 01:21
Ich kann dir zwar nicht folgen, habe aber auch keine Aussage entdeckt, der ich jetzt widersprechen möcht.
*ebenso verwirrt*
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 19.12.2011 | 01:38
Im Prinzip sind die perfekten Momente in meinem Rollenspiel immer die gewesen, wo meine Erwartungen weit übertroffen wurden. Das sind Momente, wo jemand einen derartig kreativen Einfall hat, dass er die Qualität des Spiels auf einen deutlich höheren Level hebt.
Für mich sind das auch oft Momente, die eine gewisse Erkenntnis und ein Dazulernen beinhalten - bemerkenswerte Neuigkeiten  sozusagen. Fiktive Erfahrungen. Starke Emotionen. Dinge, die Ergriffenheit oder Erstaunen auslösen.

Das funktioniert aber bei mir irgendwie nur, wenn das Spiel sich auf einem soliden Grund bewegt. Wenn ohnehin schon alles wie bei Alice im Wunderland ist und phantastische Elemente inflationieren, dann kann es diesen harten Anstieg gar nicht geben.

Allerdings muss der perfekte Moment nicht immer im humanen Sinn kreativ sein. Es kann auch eine kombinatorische Kreativität geben, wo eine Situation aus den richtigen Einzelzufällen plötzlich eine überaschende Situation erschaffen, die aber nicht gegen die Vorstellung verstößt. Je öfter und je schneller aufeinanderfolgend Regeln so etwas produzieren, desto besser.

Das hängt aber nicht nur von den Regeln ab. Plot, und dessen gelungener Vortrag, ist hier wohl noch der wichtigere Motor.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 19.12.2011 | 09:07
Realismus ist nur ein Teilbereich der Plausibilität eines Rollenspiels.

Plausibilität = (Festlegungen aus Regeln + Setting) + (Realismus)

Realismus ist damit kein eigentliches Ziel im Rollenspiel, sondern "nur" ein notwendiges Übel. Wenn die Regeln sagen, dass Magie möglich ist, ist Magie plausibel. Fertig. Ob Magie realistisch ist, spielt keine Rolle mehr.

Realismus spielt aber überall da eine Rolle, wo Regeln und Setting keine explizite Festlegung machen! Wenn zur Schwerkraft keine Regeln gemacht werden, gehen wir von der Schwerkraft aus, die wir aus der Realität kennen. Wenn zur Farbe von Gras keine Aussage gemacht wird, gehen wir davon aus, dass Gras grün ist.

Da wir uns eine ganze Welt vorstellen, ist der Anteil dessen, was durch Regeln oder Settingbeschreibungen festgelegt wurde, prozentual winzig. Das muss er auch sein, weil die Verarbeitungskapazität unserer Gehirne nicht mehr zulässt. Der Anteil dessen, was wir eigenständig mit Realismus füllen, ist hingegen gigantisch. Ob das nun jemand passt oder nicht. Es ist die einzige Möglichkeit, eine einheitliche Vorstellung zu erschaffen. Die Regeln haben Vorrang, aber wo sie keine Aussage treffen, tritt Realismus zwangsläufig auf den Plan. Wenn es nicht so wäre, könnte keine einzige Gruppe einen ausreichend übereinstimmenden gemeinsamen Vorstellungsraum erschaffen.

Manche Leute legen wert auf eine konsistente und glaubwürdige Vorstellung. Die Zusammensetzung der internen Plausibilität (Regeln/Setting + Realismus) birgt dafür aber klassischerweise viele Stolperfallen.

Beispiel: Ein Mensch kann ungerüstet 10 Schwerthiebe aushalten, bevor er stirbt. Und wenn er schon kurz vorm Verrecken ist, reicht mit magischer Unterstützung ein Tag zur vollständigen Regeneration. Die Regeln legen das fest, damit ist das plausibel. Punkt. Dann aber erzählt der Settingband eine Geschichte, in der ein Mensch mit einem Dolch am Hals bedroht wird und sich nicht traut zu bewegen. Schon ist der Widerspruch da und der Autor zerstört selbst die Plausibilität seines Werks. Bis zum eigentlichen Realismus in der Gleichung sind wir dabei noch gar nicht gekommen. Können wir aber gerne fortsetzen, denn mit der Erwartung einer konsistenten Vorstellung versuche ich die Regel, dass man 10 Schwerthiebe aushält (und dabei noch weiterkämpfen kann!) mit meiner Vorstellung von der Physiologie eines Menschen in Einklang zu bringen. Die Regeln sagen dazu nichts, also nehme ich standardmäßig das an, was mir aus der Realität bekannt ist. Und das ist mit den Regeln nicht in Einklang zu bringen. Die Konsistenz meiner Vorstellung wird erneut angegriffen.

Merke: Die Spieler wollen keinen Realismus, sondern Plausibilität. Plausibilität enthält aber notwendigerweise Realismus. Die Plausibilität wird meistens schon vom Autor selbst zerstört, indem sich verschiedene Elemente aus Regeln und Setting widersprechen. Und der Spieler, der das moniert, wird dann angekackt, dass er ein Realismusfanatiker sei...

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 19.12.2011 | 10:02
Ich spiele mit einer Runde eine möglichst realistische SpaceMarine-Kampagne. (jaja, ich weiß ... :Ironie: )
Die SL ist klassisch und das Spiel simulativ, aber wir haben eine Vereinbarung, die alles andere übergeht: Cool gewinnt.

Hu?
Wo ist da der 'Realismus'?
Die denkbaren Welten in denen 'Coll gewinnt' irgendwie realistisch sit, sind doch sehr an dne Haaren herbeigezognen Abstrusitäten.
I.d.R. stellt sich heraus: "Cool hängt tot überm Zaun, uncool streicht die Lorbeeren ein."
...und zwar unabhängig von den individuellen Gesetzen der Spielwelt.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 19.12.2011 | 10:11
Doch natürlich lässt sich auch bei hoher Abstraktion hoher Realismus erreichen. Du musst halt auf beiden Seiten abstrahieren.

Dann hast du halt keinen Spitz sondern einen "Hund, der x Kilo Gepäck tragen kann".

Wenn man einen neuen Hund bekommt, dann kann dieser halt x+2W6 Kilo Gepäck schleppen. Dadurch zeichnet er sich aus. Sicherlich hat der Rund ingame auch eine Rasse. Aber diese wurde wegabstrahiert. Sprich ingame wird dein SC sowieso nicht wissen, was es für eine Rasse ist (wahrscheinlich irgendein Mischling). Und wenn du ingame zu einem Hundeexperten gehst, dann wird er dir das ingame erzählen können. Aber outtime ist die Rasse nach wie vor unbekannt.

Das geht aber nicht im Spiel, wenn das regelwerk nur eine abstrahierte regeln anbietet, ich aber genau wissen will, was für einen Hund ich habe. Sagen wir ich geh in laden und kauf mir dezidiert einen Spitz. Der zieht dann dasselbe wie alle anderen Hunde auch? Unrealistisch! Und selbst wenn es ein Mischling ist, der zieht sein 20kg-Zeug immer noch den berg hoch! Am Ende auch noch über längere Zeit auf morastigem Boden! Niemals ist das realistisch! Wenn da dann nicht eine Hausregel kommt, ist der realismus am Ende.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: LöwenHerz am 19.12.2011 | 10:50
Realismus, Glaubwürdigkeit und Plausibilität sollten etwas vorsichtiger und differenzierter benutzt werden. Diese Begriffe unterscheiden sich zT erheblich und wahrscheinlich rühren viele der Missverständnisse in diesem Thread durch Fehlbenutzung einiger dieser Worte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 19.12.2011 | 10:52
@ Sauron
Klar, wenn du nicht abstrahiert spielen willst, helfen dir auch keine abstrahierten Regeln. Abstrahierte Regeln sind für ein abstrahiertes Spiel. Für ein detailliertes Spiel benötigt man detaillierte Regeln.

Das hat aber nichts mit Realismus zu tun sondern mit der Frage, ob du abstrahiert oder detailliert spielen willst.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 19.12.2011 | 11:21
@ Sauron
Klar, wenn du nicht abstrahiert spielen willst, helfen dir auch keine abstrahierten Regeln. Abstrahierte Regeln sind für ein abstrahiertes Spiel. Für ein detailliertes Spiel benötigt man detaillierte Regeln.

Das hat aber nichts mit Realismus zu tun sondern mit der Frage, ob du abstrahiert oder detailliert spielen willst.

Ganz genau, das wollte ich sagen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 19.12.2011 | 16:57

Die Frage war, wie kann man so Rollenspiel spielen, dass dieses am besten unsere Bedürfnisse befriedigt. Und wenn die Spieler das Bedürfnis nach einem realistischen Spiel haben, hilft ihnen ein realistische Regelwerk wesentlich weiter als ein unrealistisches Regelwerk.


Auch das kann man ohne Realismusanforderung. Natürlich gibt es Leute, denen Realismus im Rollenspiel wichtig ist, und die spielen dann GURPS, Harnmaster oder Rolemaster (mir wurde gesagt, das sei auch irgendwie realistisch, ich kann es nicht beurteilen).

Aber es gibt auch ausreichend Spieler, die wollen pulpig-heldenhaft spielen, weil sie sich eher an Genres der Unterhaltungsliteratur oder des Blockbusterkinos orientieren.

Diese Spieler können ihre Bedürfnisse besser in einem Regelwerk wiederfinden, das nicht unter Realismuszwang geschrieben wurde. Und sie können damit auch besser ihre Interessen abgleichen, weil sie dann auf die konkrete Wirkung der Regeln auf das Spielverhalten bzw. die Spielmöglichkeiten eingehen können.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 19.12.2011 | 19:06
Dass es Leute gibt, die keinen Wert auf Realismus legen, ist klar und wurde hier schon mehrmals erwähnt und nie widersprochen. In der aktuellen Betrachtung ging es aber um Leute, die Wert auf Realismus legen.

Zur Erinnerung, du hattest geschrieben:
"1. Will man überhaupt Spielregeln, welche die Realität wiedergeben/simulieren sollen?
2. (Wenn ja:) Ist es den Spielern (insbes. SL) zuzumuten, Regeln realitätsnah zu interpretieren und Situationen spontan realitätsnah zu regeln?"


Und um diesen 2. Punkt "Wenn ja" drehte sich unsere ganze Diskussion.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 19.12.2011 | 19:39
Tja, Eulenspiegel, da nähern wir uns wieder ganz scnell dem Punkt an dem man die Regeln einfach in die Tonne treten kann.
Ich denke, die Erfahtung hat gezeigt dass feste regeln eben nicht ind er Lage sind "Realismus" durchgängig darzustellen. Das mag damit zu tun haben dass sich die Realität eben nicht über vereinfachte Regeln darstellen lässt.
Ich postuliere also mal das Gegenteil: Willst du "Realismus" haben, benötigst du so schlanke wie mögliche Grundregeln die du anhand der jeweiligen Situation neu, dem Realismus entsprechend, interprätierst.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 19.12.2011 | 19:45
Wie kommst du auf die Idee, schlanke Grundregeln seien nicht realistisch? wtf?
Bzw. dass schlanke Grundregeln den "Realismus" eben nicht grundlegend darstellen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 19.12.2011 | 20:23
Ich denke, die Erfahtung hat gezeigt dass feste regeln eben nicht ind er Lage sind "Realismus" durchgängig darzustellen.

Da wäre das ewige Gegenbeispiel GURPS zu nennen - da ist die "Fehlerquote" jedenfalls auch nicht höher als bei anderen Systemen, die kleine Macken in ihren Regeln haben und deswegen an manchen Stellen nicht genau das machen, was sie sollen. 

Das mag damit zu tun haben dass sich die Realität eben nicht über vereinfachte Regeln darstellen lässt.

Freilich tut sie das.
Man kommt ja auch im echten Leben an den meisten Stellen mit Eselsbrücken, Faustregeln und recht groben Informationen zurecht.

Viele Leute trainieren z.B. ziemlich effektiv, ohne Sportwissenschaft studiert zu haben oder anderweitig bis ins Letzte Bescheid zu wissen.

Diese eher groben Pinselstriche werden durch erweitertes Wissen ja nicht komplett falsch, sie verlaufen nur an manchen Stellen etwas anders.

In der Regel sind es "nur" die Spezialfälle und die letzten paar Prozent Leistungsoptimierung, für die man einen enormen Aufwand treiben muss und wo es kompliziert wird - diese Randbereiche kann man dann fürs Rollenspiel entweder kurzerhand ungeregelt lassen oder alternativ mehr oder weniger umfangreiche Sonderregelungen bereitstellen.

MMn ist jedenfalls nicht jeder Versuch in dieser Richtung zum Scheitern verurteilt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Bad Horse am 19.12.2011 | 20:38
In manchen Gruppen muss eine Idee überhaupt erstmal halbwegs plausibel sein, damit sie als "cool" akzeptiert wird. Ist ja nicht so, als gäbe es eine allgemeingültige Definition für Coolness.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 19.12.2011 | 23:23
Ja, deshalb habe ich ja geschrieben, dass Coolnes als Erweiterung des Gruppenvertrages abgenickt werden muss.
Da wir in unserer Runde aber alle ziemlich gleich ticken und zusätzlich auf einem sehr toleranten Level spielen, ist das eine Sache von Zehntel-Sekunden.

Beispiel: Wir haben die Regelung eingeführt, dass Sergeants in unserer Trauma 50K-Kampagne jeglichen Schaden auf den Kopf an eine beliebige andere Trefferzone redirektieren können. Das widerspricht dem Realismus, weil es keine natürliche Erklärung dafür gibt. Es ist aber in unserer Gruppe als Plausibel akzeptiert worden, weil auf jedem entsprechenden Bild des 40K-Universums der Sergeant ohne Helm abgebildet ist. Die Plausibilität entsteht durch eine unterbewusste Durchdringung visueller Medien, die man jahrelang konsumiert hat. Die regeltechnische Umsetzung dieses absurden Zustandes war also sofort plausibel untermauert - und außerdem fanden alle am Tisch das cool, weil echte™ SpaceMarines so sein müssen wie auf den überhöhten Artworks (weil wir die schon immer kennen und die unsere Wahrnehmung des Universums am nachhaltigsten geprägt haben).

Wir haben inzwischen ein sehr komplexes System an coolen Regeln in Bezug auf militärische Ränge, die in Bezug auf dieses Universum sehr plausibel sind. Realistisches Spiel ist es deshalb noch, weil 1. diese Regeln nur selten zur Anwendung kommen, bzw. auf axiomatische Weise mit Ehre, Moral und Benehmen erklärt werden könnten und 2. weil wir vor allem ein Spielsystem benutzen, das z.B. konsequente Abläufe über Heldentum und Spielervorteil stellt und vorrangig entwickelt wurde, um möglichst realistisch zu sein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 20.12.2011 | 00:33
Beispiel: Wir haben die Regelung eingeführt, dass Sergeants in unserer Trauma 50K-Kampagne jeglichen Schaden auf den Kopf an eine beliebige andere Trefferzone redirektieren können.

...das würde ich nicht als 'cool' bezeichnen, sondern eher als ...'krank'.

Wieviel Al Bundy oder Chuck Norriy muß man gesehen haben, um auf so eine Idee zu kommen?
Ich meine, reicht es nicht, keine Wahrnehmungsabzüge oder so zu bekommen, oder weniger Erschöpfung - muß man solche Albernheiten ausbrüten?

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.12.2011 | 00:38
Ich hätte da eher an Bud Spencer gedacht. Aber es erklärt zumindest konsequent, warum Sergeants bei Warhammer keine Helme tragen.

Aber Geschmäcker sind nunmal unterschiedlich. Was der eine cool findet, empfindet der andere als krank. Aber es ist doch schön, dass Menschen alle so unterschiedlich sind und nicht alle die gleichen Vorlieben besitzen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 20.12.2011 | 00:40
...das würde ich nicht als 'cool' bezeichnen, sondern eher als ...'krank'.

Wieviel Al Bundy oder Chuck Norriy muß man gesehen haben, um auf so eine Idee zu kommen?
Ich meine, reicht es nciht, keine Wahrnehmungsabzüge oder so zu bekommen, oder wneiger erschöpfung - muß man solche Albernheiten ausbrüten?



Nur mal so am Rande: In einem Deathwatch-Supplement gibt es einen Absatz genau zu diesem Thema, denn nach den eigentlichen Regeln (Deathwatch) ist es total bescheuert keinen helm zu tragen.
Die offizielle Umsetzung, also Moralbonus und Commandbonus, sind da recht gut gelungen und spiegeln den Geist dahinter wieder.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 20.12.2011 | 00:49
Naja, im Endeffekt kann es ja sogar durchaus akzeptabel sein die Hit Location Kopf (partiell) rauszunehmen, wenn man das im Setting so haben möchte und entsprechende Treffer dann als etwas anderes, z.B. Schultertreffer o.ä., gewertet werden -  alle Systeme ohne Trefferzonen, bspw. SR4, bringen ja ohnehin die ganze Zeit solche abstrakten Erklärungen... ;)
(wobei ich persönlich aber lieber Hit Locations mag, ist einfach ingame stimmiger und bringt mehr Möglichkeiten)

"Freie Wahl der Trefferzone" finde ich allerdings in dem SpaceMarines-Beispiel dann doch eher albern, weil wenn ein "theoretischer" Kopftreffer gleich zum Fußtreffer wird, leidet die Darstellung doch merklich... "Knapp vorbei und die Schulter erwischt", klingt immer noch halbwegs stimmig finde ich (wenn man Gründe hat den Kopf rauszunehmen wie in diesem Fall).


Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 20.12.2011 | 00:54
Naja, im Endeffekt kann es ja sogar durchaus akzeptabel sein die Hit Location Kopf (partiell) rauszunehmen, wenn man das im Setting so haben möchte und entsprechende Treffer dann als etwas anderes, z.B. Schultertreffer o.ä., gewertet werden -  alle Systeme die ohne Trefferzonen, bspw. SR4, bringen ja ohnehin die ganze Zeit solche abstrakten Erklärungen... ;)
(wobei ich persönlich aber lieber Hit Locations mag, ist einfach ingame stimmiger und bringt mehr Möglichkeiten)

"Freie Wahl der Trefferzone" finde ich allerdings in dem SpaceMarines-Beispiel dann doch eher albern, weil wenn ein "theoretischer" Kopftreffer gleich zum Fußtreffer wird, leidet die Darstellung doch merklich... "Knapp vorbei und die Schulter erwischt", klingt immer noch halbwegs stimmig finde ich (wenn man Gründe hat den Kopf rauszunehmen wie in diesem Fall).




Ich nehme mal an er spielt seine Space Marine nach alten Dark Heresy Regeln, nicht nach den aktuellen.
Daher:
Wenn man die Regeln kennt, dann ist seine Regelung sogar sehr kontraproduktiv. Die Hit-Locations hatben bei einem Crit schon sehr heftige Effekte, die stacken können. Wenn ich eine der Locations auf den rest umlege, erreiche ich dort wesentlich schneller fiese Crit-Table-Effekte. Also sinnlos.
Und jetzt soll mit niemand mit irgendwelchen abgefuckten Psyker mit Laserkanone Beispielen kommen ...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 20.12.2011 | 01:10
...oder gleich so machen wie im Warhammer-Tabletop: Zumindest bei Fantasy gab's da mal ne Regelung, dass bei Treffern auf einen Held (also hier die Sergeants), der sich in einer Einheit mitbewegt, immer stattdessen erstmal das Kanonenfutter getroffen wird  - also frei nach dem Motto, schützt den Sergeant mit Euren eigenen Ärschen ;D (aber als realistisch sollte man sowas sicherlich nicht bezeichnen, allein schon aus dem Grund, dass die Truppe sich ungern selbst verheizen lässt... ^^)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.12.2011 | 01:14
"Freie Wahl der Trefferzone" finde ich allerdings in dem SpaceMarines-Beispiel dann doch eher albern, weil wenn ein "theoretischer" Kopftreffer gleich zum Fußtreffer wird, leidet die Darstellung doch merklich... "Knapp vorbei und die Schulter erwischt", klingt immer noch halbwegs stimmig finde ich (wenn man Gründe hat den Kopf rauszunehmen wie in diesem Fall).
Nein, die Treffertabelle, die die Gruppe vom Nichts benutzt, sieht wahrscheinlich so aus:
1W100
1-10: Spieler darf sich Trefferzone aussuchen.
11-20: rechter Arm
21-30: linker Arm
31-70: Torso
71-85: rechtes Bein
86-00: linkes Bein

Das heißt, der Kopf wird niemals getroffen und es gibt daher auch kein "knapp am Kopf vorbei". Es gibt nur "Körperteil wird zufällig bestimmt" und "Spieler bestimmt Körperteil".

Die Hit-Locations hatben bei einem Crit schon sehr heftige Effekte, die stacken können. Wenn ich eine der Locations auf den rest umlege, erreiche ich dort wesentlich schneller fiese Crit-Table-Effekte. Also sinnlos.
Nein, es wäre sinnlos, wenn man heftige Effekte vermeiden will. Aber die heftigen Effekte stören die Gruppe ja nicht.

Der Sinn war, dass Sergeanten ohne Helm herumlaufen. Und dieser Sinn wird erreicht. Das SpaceMarines, das Chaos und die Aliens dadurch schneller sterben: Who cares? Die Armee ist nicht für Weicheier.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 20.12.2011 | 01:16
Sag mal, Eulenspiegel, nur so: Kennst du die Deathwatch-Regeln überhaupt?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.12.2011 | 01:17
Ich kenne die Dark Heresy Regeln. Und genau so wie du vermute ich auch, dass er die alten Dark Heresy Regeln benutzt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 20.12.2011 | 01:29
Ich kenne die Dark Heresy Regeln. Und genau so wie du vermute ich auch, dass er die alten Dark Heresy Regeln benutzt.

Spannend!

Die DW-Regeln schaffen den Sprung zu den Spähs Marühns sehr gut und verschieben die Skala fast schon vorbildlich.
Der Hack und die benutzen hausregeln erscheint mir vieleicht deshalb so seltsam, da es DW schafft das und viel mehr gervorragend abzubilden.
(Disklaimer: Nein, ich mag DW nicht besonders...)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 20.12.2011 | 12:38
...das würde ich nicht als 'cool' bezeichnen, sondern eher als ...'krank'.

Wieviel Al Bundy oder Chuck Norriy muß man gesehen haben, um auf so eine Idee zu kommen?

ich nehme an, es reicht die zahlreichen Abbildungen auf und in den Warhammer-40K-Regelbüchern gesehen zu haben. Das Bildmaterial und die Miniaturen sind wohl die Eintrittskarte in dieses Universum und es spricht viel dafür, dass die Regeln dieses Quellenmaterial widergeben sollen und nichts anderes.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 20.12.2011 | 12:44
ich nehme an, es reicht die zahlreichen Abbildungen auf und in den Warhammer-40K-Regelbüchern gesehen zu haben. Das Bildmaterial und die Miniaturen sind wohl die Eintrittskarte in dieses Universum und es spricht viel dafür, dass die Regeln dieses Quellenmaterial widergeben sollen und nichts anderes.


Wäre es nciht sinnvoller, die Bilder als PR-Material der Space Marines zu sehen, ebenso verlogen wie alles, was vom Militär kommt?
Oder den Rank "Sergeant" als Karriere-Fake, der durch die künstlich verkürzte Lebenserwartung von unter 4 Wochen im Einsatz immer wieder Positionen freimacht?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Tim Finnegan am 20.12.2011 | 12:48
Wäre es nciht sinnvoller, die Bilder als PR-Material der Space Marines zu sehen, ebenso verlogen wie alles, was vom Militär kommt?
Oder den Rank "Sergeant" als Karriere-Fake, der durch die künstlich verkürzte Lebenserwartung von unter 4 Wochen im Einsatz immer wieder Positionen freimacht?


Oder man gesteht sich ein dass es hier um Ehre und Mut geht, man von einem erfahrenen Sergeant also erwartet dass er dies nach Außen hin auch zeigt wenn er seine Brüder in die Schlacht führt?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 20.12.2011 | 12:51
Wäre es nciht sinnvoller, die Bilder als PR-Material der Space Marines zu sehen, ebenso verlogen wie alles, was vom Militär kommt?

Ja, wer Warhammer 40K spielt, spielt irgendwie auch Propaganda-Bildchen. Das harte Ansteuern von totalitären Positionen ist ja kein Zufall in dem Setting.

Irgendwie könnte ich das polemisch mal mit Kunst vergleichen: manchen Leute stehen halt nur auf Photorealismus, während andere den Mehrwert der Malerei gerade dort sehen, wo sie sonst nicht wahrnehmbare Welten entstehen läßt.  >;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 20.12.2011 | 13:34
Wäre es nciht sinnvoller, die Bilder als PR-Material der Space Marines zu sehen, ebenso verlogen wie alles, was vom Militär kommt?
Nope. Das Regelwerk ist ja nur outtime verfügbar. Ingame gibt es kein solches Regelwerk. Und wenn man sich manche Geschichten zu den Bildern durchliest, wird auch offensichtlich, dass diese Geschichten die Wahrheit und keine Propaganda widerspiegeln.

Zitat
Oder den Rank "Sergeant" als Karriere-Fake, der durch die künstlich verkürzte Lebenserwartung von unter 4 Wochen im Einsatz immer wieder Positionen freimacht?
Welchen Sinn sollte das machen? Wieso sollte das Imperium seine besten Leute künstlich verheizen?
Klar, dass es seine Leute opfert, um einen total wertlosen Planeten zu erobern, kommt sogar sehr häufig vor. Aber dass man erst Millionen für teure Cyberware ausgibt und dann an einem 100-Credits-Helm spart, halte ich für recht unplausibel.

Wenn, dann würde ich eher normale Space-Marine ohne Helm ausstatten und ihnen versprechen: Sobald ihr zum Sergeant befördert werdet, gibt's einen Helm gratis dazu. Das würde dann auch gleich den Anreiz für die Beförderung liefern. Aber das wäre halt nicht Warhammer 40k. Bei Warhammer 40k tragen die gewöhnlichen Space Marines einen Helm und die Sergeanten kommen ohne ihn aus. (Abgesehen von ihm (http://www.brueckenkopf-online.com/wp-content/uploads/2008/05/sm_movet.jpg).)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Deep One am 20.12.2011 | 16:19
Irgendwie könnte ich das polemisch mal mit Kunst vergleichen: manchen Leute stehen halt nur auf Photorealismus, während andere den Mehrwert der Malerei gerade dort sehen, wo sie sonst nicht wahrnehmbare Welten entstehen läßt.  >;D

OT: Hast Du den Satz irgendwo geklaut, tartex? - Den merk' ich mir, paßt ja auf jedes Kunstwerk, irgendwie.  ;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 20.12.2011 | 17:12
OT: Hast Du den Satz irgendwo geklaut, tartex? - Den merk' ich mir, paßt ja auf jedes Kunstwerk, irgendwie.  ;D

Nein, nein. Bevor ich einen ernsthaften Beruf gewählt habe, habe ich u.a. auf der Kunstuni über Spiele referiert. Da muss man halt so reden.  ;D
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 21.12.2011 | 00:11
@ Naldantis: Wir spielen genauso "krank" wie das Setting auf den Bildern zu sehen ist. Sergeants tragen da sehr selten Helme, deshalb gibt es diese Spezialregel, die verhindert, dass Sergeants am Kopf getroffen werden können (wenn sie es nicht wollen).
Es sind letztenendes hunderte von Bildern, die dieses Universum in unseren Köpfen erschaffen haben. Wir wollen das jetzt nicht einfach wegwerfen, weil die offiziellen Spieledesigner ihr Ziel nicht erreicht haben (was übrigens vor allem daran liegt, dass es firmeninterne Vorgaben gab, dass es sich nicht zu sehr von dem blöden Tabletopspiel entfernen darf).

Das Spielsystem, nach dem wir spielen heißt Trauma Universalsystem (http://wiki.flyinggames.de/doku.php) (von FlyingGames) und die Kampagne wurde gestartet, ein Jahr bevor Dark Heresy rauskam.
Ich wollte nach der Ankündigung zu den drei Spielen einfach nicht warten und hab sofort angefangen. Als die Spiele dann rauskamen, haben wir gemerkt, dass wir mit Trauma definitiv besser bedient sind, weil das W100-System dort nicht bei 100 deckelt (sondern erst bei 1000), d.h. wir können die Größe des Universums auch besser darstellen. Die Bolterskills der frisch ausgebildeten SpaceMarines liegen z.B. bei 130 - 160. Dafür sind es nämlich SpaceMarines. Die Kämpfe werden dadurch auch um eine ganze Ladung epischer.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 21.12.2011 | 00:41
Oder man gesteht sich ein dass es hier um Ehre und Mut geht, man von einem erfahrenen Sergeant also erwartet dass er dies nach Außen hin auch zeigt wenn er seine Brüder in die Schlacht führt?

Ich hab in dem Setting nie viel an 'Ehre' bemerken können, aber wo bleibt denn der Mut am Verzicht auf den Helm, wenn man dann doch nicht getroffen wird - auf der Strecke?
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.12.2011 | 00:45
Kann es sein, dass du Coldwyn und das Nichts verwechselst?

Das Nichts nutzt in seiner Runde die Regeln für die Hit Location, um die helmlosen Sergeanten zu erklären.
Coldwyn benutzt in seiner Runde Moralregeln, um die helmlosen Sergeanten zu erklären.

Es war nie die Rede davon, beide Regeln gleichzeitig zu benutzen.

Womit wir letztendlich wieder da wären, dass es den "perfekten" Kampf nicht gibt sondern dass er bei jeder Gruppe anders aussieht.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 21.12.2011 | 02:33
Der perfekte Kampf wird für jede Runde in dem Moment Realität, in dem jemand sagt: "Das war gerade absolut perfekt!"

Ich hänge ja immer noch der Theorie nach, dass es gewisse menschliche Bedürfnisse für Kampf gibt, die für die meisten Kämpfer gleich sind. So eine Art genetisch festgelegter Kampfeswille, eine kurze Liste von Motiven zum Kampf. Aggression, Testosteron und Statusstreben spielen wohl eine große Rolle.
Es geht vielleicht auch um die im Spiel nachempfundene Erfahrung, wirklich gesiegt zu haben. Das wird durch eine ganze Menge Spiele, die als gute Kampfsysteme bezeichnet werden, gar nicht erreicht.
Ich glaube ich hab darüber schon ein paar Zeilen geschrieben. Es ging um Systeme, die vor allem emotionale Abhängigkeiten zum Weiterspielen im Sinn haben, aber nicht wirklich zum echten Glück führen, sondern eben immer nur an der Oberfläche kratzen (Thema EP und Stufenaufstieg), ähnlich wie beim Shopping. Egal wie viel mehr Geld man ausgibt, richtiges Glück stellt sich nicht ein. Genauso wenig hat man die Erfahrung des wahren Kämpfers, wenn hinter der nächsten Ecke wieder die Goblins lauern (doppelt so viele wie vorher), die den Kämpfer wieder nicht als solchen anerkennen und am Schluss einfach nur reglos am Boden liegen. Die Anerkennung, die am Ende des Abends bleibt, sind oberflächliche EP - eine kapitalistische Ersatzbefriedigung für die echte Spielerfahrung.

Um im Spiel die Erfahrung des echten Siegens zu zelebrieren, dürfen Kämpfe nicht immer zum Tod führen, deshalb bin ich ja der Meinung, dass Moralregeln ein zentrales Thema für perfekten Kampf sind.
Ich habe aber den Eindruck, dass den meisten Spielern, die das ablehnen, eine sinnlose Souveränität wichtiger ist als die Möglichkeit zur Erfahrung. Bzw. es könnte bei manchen auch die Angst sein, dem Gegner ausgeliefert zu sein. Allerdings finde ich, dass ein echter Sieg, nur dann echt ist, wenn wenigstens zu irgend einem Zeitpunkt eine real existierende Gefahr für den Sieger bestand. Es gibt eine ganze Menge Spiele, die durch regeltechnische Kniffe vertuschen, dass bei einem vergleichbaren Aufeinandertreffen für die Spieler praktisch kaum Gefahr besteht, weil Spielercharaktere bestimmte Vorteile geniesen, die NSCs nicht zur Verfügung stehen.
Für mich vertut das Rollenspiel in dem Moment die Chance zur emotionalen Tiefe und verkommt zur oberflächlichen Freizeitbeschäftigung.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.12.2011 | 09:42
Für mich vertut das Rollenspiel in dem Moment die Chance zur emotionalen Tiefe und verkommt zur oberflächlichen Freizeitbeschäftigung.
Also ich denke, dass Kämpfe jetzt nicht der geeignete Ort für emotionale Tiefe sind.
Wenn ich emotionale Tiefe will, dann spiele ich "The Pool" oder "Breaking the Ice". Diese RPGs bieten emotionale Tiefe und kommen komplett ohne Kampf aus.

RPGs mit Kämpfen bespiele ich grundsätzlich nur, wenn ich Lust auf oberflächliche Action habe. Wenn ich emotionale Tiefe will, sind kampflose RPGs besser dazu geeignet.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 21.12.2011 | 10:05
Ich hänge ja immer noch der Theorie nach, dass es gewisse menschliche Bedürfnisse für Kampf gibt, die für die meisten Kämpfer gleich sind. So eine Art genetisch festgelegter Kampfeswille, eine kurze Liste von Motiven zum Kampf. Aggression, Testosteron und Statusstreben spielen wohl eine große Rolle.

Ja, solnage man hinreichend menschnenähnlich ist, und der Kampf archaisch genug ('Aug in Aug', im Unterschied zum Stahlgewitter, Drohnenfernsteuerung, Hard-SF-Raumgefechten, etc.) ist sehe ich das ähnlich.
Aber was hat das mit dem Spiel zu tun?
gibt es nicht genug Kampfschulen die gerade diese Aspekte modifizieren, die einen nutzten gezielt andere Aspekte aus.
 
Zitat
Es geht vielleicht auch um die im Spiel nachempfundene Erfahrung, wirklich gesiegt zu haben. Das wird durch eine ganze Menge Spiele, die als gute Kampfsysteme bezeichnet werden, gar nicht erreicht.
Ich glaube ich hab darüber schon ein paar Zeilen geschrieben. Es ging um Systeme, die vor allem emotionale Abhängigkeiten zum Weiterspielen im Sinn haben, aber nicht wirklich zum echten Glück führen, sondern eben immer nur an der Oberfläche kratzen (Thema EP und Stufenaufstieg), ähnlich wie beim Shopping.

Da geht mit das Gen (oder IMHO der emotionale Defekt) ab, in solchen Situationen 'Glück' zu finden.
Auf der realen Ebene ist es als ein Spiel bedeutungslos, auf der Spielebene als angenommene Realität selten ein Grund zur Freude.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 21.12.2011 | 10:47
Ich hänge ja immer noch der Theorie nach, dass es gewisse menschliche Bedürfnisse für Kampf gibt, die für die meisten Kämpfer gleich sind. So eine Art genetisch festgelegter Kampfeswille, eine kurze Liste von Motiven zum Kampf. Aggression, Testosteron und Statusstreben spielen wohl eine große Rolle.
Es geht vielleicht auch um die im Spiel nachempfundene Erfahrung, wirklich gesiegt zu haben.
Spontane Gedanken:

- Ein Sieg schmeckt am besten, wenn sich der Gegner öffentlich unterwirft. Das ist tief verwurzelt. Testosteron und Aggression spielen hier mit rein. Wie schon weiter oben gesagt, sind die meisten Kämpfe in der Realität Kommentkämpfe und sie enden damit, dass sich der offensichtlich schwächere unterwirft. Solche Siege sind berauschend. Auf solche Siege sind wir psychologisch getrimmt und dazu gibt es passende Belohnungsmechanismen. Ein schmutziger Vernichtungskampf erzeugt hingegen keine guten Gefühle, selbst wenn man auf der Siegerseite steht. Solche Konflikte sind von äußeren Umständen erzwungen und von unserer psychologischer Anlage weder gewünscht noch in besonderer Weise honoriert. Der Soldat, der auf dem Schlachtfeld inmitten von Leichen steht, dürfte sich in jedem Fall unglücklich fühlen. Alle Kriegsveteranen werden sagen, dass der Krieg eine Scheißangelegenheit mit Verlierern auf beiden Seiten war - egal ob man Veteranen der Siegermacht oder der Verlierermacht fragt. Der Politiker, der dem anderen Politiker mit einem "Friedensvertrag" demütigen kann, ist wiederum auf der Ebene der öffentlichen Unterwerfung angekommen, auf der man schon eher die Überlegenheit genießen kann.

- Ein Sieg mit Konsequenzen ist lustvoller als einer ohne Konsequenzen. Beispiel: Wenn ich durch den Sieg die Tochter des Königs bekomme und Herzog werde, schmeckt dieser Sieg fantastisch. Wenn der Sieg bedeutet, dass mein Gegner tot ist, und sonst keine Auswirkungen da sind, ist es recht lahm.

- Ein Sieg macht euphorisch, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit 1:1 war. Wenn also die reale Wahrscheinlichkeit, dass der Drache uns killt, genauso groß ist, dass wir ihn killen. In so einem Fall kribbelt es. Bei langfristig angelegter Charentwicklung neigt man vermutlich dazu, sowas zu meiden. Aber es muss nicht jeder Kampf mit dem Tod enden. Wenn die SCs die Hälfte ihrer Konflikte verlieren, weil es immer auf des Messers Schneide steht, wird die andere Hälfte der gewonnenen Konflikte besser schmecken. Meine Erfahrung ist, dass die Siegchancen der SCs in den allermeisten Fällen über 50% liegen. Und die epischen Kämpfe, an die man sich noch Jahre erinnert, stellen sich oft als Ausrutscher der SL-Planung heraus.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.12.2011 | 11:11
Wie schon weiter oben gesagt, sind die meisten Kämpfe in der Realität Kommentkämpfe und sie enden damit, dass sich der offensichtlich schwächere unterwirft.
Das mag vielleicht im Tierreich so sein.
Aber im Menschenreich sind die meisten Kämpfe keine Kommentkämpfe. Du hast
1) Sportkämpfe (dauern eine feste Zeit; sind dem Commentkampf noch am ähnlichsten, allerdings passiert es hier nie, dass eine Seite aufgrund von Einschüchterung aufgibt)
2) Showkämpfe (da steht der Sieger schon vorher fest)
3) Kämpfe auf Leben und Tod (z.B. im Krieg)
4) asymmetrische Kämpfe (Der Verbrecher versucht zu flüchten. Der Polizist versucht, den Verbrecher festzunehmen. Alternativ auch Raubüberfälle.)
5) Kommentkämpfe (kenne ich bisher nur aus schlagenden Verbindungen)

Klar gibt es auch beim Menschen Streitigkeiten untereinander, wo der Rang festgelegt wird. Dies artet beim Menschen aber nicht in Kommentkämpfen aus, sondern läuft eher über Intrigen, Zickenterror, Gerüchteküche, Mobbing etc.

Beschreibe mir doch eine Situation außerhalb von schlagenden Verbindungen, wo im realen Leben ein Kommentkampf stattfindet. (Und selbst bei schlagenden Verbindungen gibt es nur extrem selten einen Verlierer, der sich unterwirft. Meistens gehen beide Parteien gehen nach dem Disput auseinander, ohne dass ein Sieger oder Verlierer feststeht.)

Zitat
Der Politiker, der dem anderen Politiker mit einem "Friedensvertrag" demütigen kann, ist wiederum auf der Ebene der öffentlichen Unterwerfung angekommen, auf der man schon eher die Überlegenheit genießen kann.
Sicherlich. Allerdings würde ich den Krieg nicht als Kommentkampf bezeichnen. Schon alleine daher, dass er selten nach irgendwelchen ritualisierten Regeln abläuft.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 21.12.2011 | 11:22
Klar gibt es auch beim Menschen Streitigkeiten untereinander, wo der Rang festgelegt wird.

Ich denke Euer Missverständnis kommt daher, dass solche Streitereien/Rangeleien/Kämpfe um soziale Hierarchien, situative Dominanz etc. hier auch als Kommentkampf gemeint sind, obwohl kein physischer Konflikt stattfindet - es ist ja nur ein konzeptioneller Vergleich zur Tierwelt, aber nicht das gleiche Verhalten ;)
Bei so Geschichten wie z.B. Intrigen würde ich allerdings auch klar sagen, dass das Konzept eines "Kommentkampfes" als Modell nichts mehr beitragen kann, weil die Direktheit des Konflikts fehlt und diese IMHO relativ entscheidend wäre - bei so etwas wie heimlicher Planung hinter dem Rücken findet eben kein offener Statuskampf mehr statt, sondern es wird gerade versucht diesem aus dem Weg zu gehen, indem durch eine bestimmte Tat einfach Fakten geschaffen werden.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 21.12.2011 | 13:54
Ja, an dieser Stelle gibt es wohl wirklich ein Missverständnis. Ich bin gedanklich schon weiter und meine mit Kommentkampf nicht nur physische Auseinandersetzungen. Zutreffender wäre es, von "Hierarchiekonflikten" zu sprechen. In Deutschland ist es heute unüblich, sie mit physischer Gewalt durchzuspielen, aber das ist kulturspezifisch.

Die Vielfalt sozialer Interaktionen unterscheidet uns natürlich vom Tierreich. Die dabei stattfindenden Konflikte entsprechen aber genau dem tierischen Kommentkampf. Dabei verzichten wir keineswegs auf physische Rituale. Wer senkt zuerst den Blick, wer wendet sich zuerst ab, wer geht weg und wer bleibt stehen, wer hat beim Gruß die Hand oben. Ein fantastisches Mittel, die Verhältnisse klarzustellen (und von außen zu erkennen): jemanden warten lassen. Wer muss warten, wenn sich zwei Menschen treffen? Und wie lange muss der eine warten? Daran lässt sich die Hierarchie zwischen beiden sehr treffend ablesen.

Hierarchiekonflikte sind absolut alltäglich. Im Beruf, in der Familie, in der Partnerschaft. Immer und überall und ohne es zu merken sondieren wir die Kräfteverhältnisse, ordnen sie neu oder bekräftigen sie mit unserem Verhalten. Die neurophysiologischen Grundlagen unserer sozialen Hierarchiekonflikte sind die gleichen wie im Tierreich. Deswegen poppen Fußballfans nach einem Sieg ihrer Mannschaft viel mehr als nach einer Niederlage. Wer in der Hierarchie aufsteigt, erlangt das Recht zu poppen und fordert es auch aktiv ein. Wer dagegen absteigt, darf gar nicht und passt sich daran an, indem er gar nicht erst will.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 21.12.2011 | 14:09
OK, es mag vielleicht interessant sein, solche Hierarchiekonflikte regeltechnisch darzustellen. Allerdings denke ich, ist ein Thread über Kampf da nicht der passende Ort. Ein Thread über nichtkämpferische Konflikte wäre imho wesentlich passender.

Btw, ob jemand auf sich warten lässt, hat weniger mit Hierarchie als vielmehr mit Verpeiltheit und Zuverlässigkeit zu tun. (Und teilweise mit kultureller Prägung: Hier in Deutschland muss man durchschnittlich weniger lange auf jemanden warten, als z.B. in Afrika.)

Und zum Thema poppen: Ich denke, wenn man sich freut, hat man auch Lust auf Sex. Wenn man dagegen gestresst ist oder deprimiert, dann hat man eher weniger Lust. Dabei muss der Stress oder die Deprie-St8mmung nichtmal aus einer Niederlage erwachsen. Wenn ein naher Verwandter bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, dann ist man auch deprimiert und hat keine Lust auf Sex. Wenn man für eine wichtige Prüfung lernen muss, dann steht man auch unter Stress und hat keine Lust auf Sex.
Sieg oder Niederlage ist eher nebensächlich. Viel wichtiger ist: Freust du dich oder bist du eher gestresst bzw. deprimiert?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 21.12.2011 | 21:23
Ja, an dieser Stelle gibt es wohl wirklich ein Missverständnis. Ich bin gedanklich schon weiter und meine mit Kommentkampf nicht nur physische Auseinandersetzungen. Zutreffender wäre es, von "Hierarchiekonflikten" zu sprechen. In Deutschland ist es heute unüblich, sie mit physischer Gewalt durchzuspielen, aber das ist kulturspezifisch.

Nur ist das doch im RPG absolut nebensächlich, ja bedeutungslos.
Man spielt ja gerade nicht wieder denselben drögen Murks aus Karriere-Tretmühle und Rattenrennen, sozialem Mobbing und Schaumschlägerei, wie man ihn auch im normalen Alltag erleben kann.
Das kommt zwar alles vor, ist aber von geringem Interesse und vernachlässigbarer Bedeutung.

Zitat

Hierarchiekonflikte sind absolut alltäglich. Im Beruf, in der Familie, in der Partnerschaft. Immer und überall und ohne es zu merken sondieren wir die Kräfteverhältnisse, ordnen sie neu oder bekräftigen sie mit unserem Verhalten.


...man kann sich dem auch bewußt verweigern...

Zitat
Die neurophysiologischen Grundlagen unserer sozialen Hierarchiekonflikte sind die gleichen wie im Tierreich. Deswegen poppen Fußballfans nach einem Sieg ihrer Mannschaft viel mehr als nach einer Niederlage. Wer in der Hierarchie aufsteigt, erlangt das Recht zu poppen und fordert es auch aktiv ein. Wer dagegen absteigt, darf gar nicht und passt sich daran an, indem er gar nicht erst will.

Und was davon tritt bitte auch im RPG auf?
Weder Besatzung noch Krieg, weder ethnische Säuberungen noch Erbfolgekämpfe, auch Kriminalität und marodierende Monster gehören zum Kommerz.
Selbst Intrigen und Politik, Handel und Diplomatie nur, wenn der PC dort eine wiederkehrende Rolle spielt.
Selbst die profane Diebsgilde bzw. Räuberbande haben oft zuwenig Überschneidung mit den gesellschaftlichen Kreisen der PCs um in das Kommerzschema zu passen.
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 22.12.2011 | 01:31
Mir geht es in erster Linie um Siegen beim Kampf (bzw. die Dominanz des einen und die Unterwerfung des anderen Kämpfers). Aber sicherlich kann man die Mechanismen auf viele andere nichtphysische Konflikte übertragen.
Diese Übertragbarkeit, für die Beral Beispiele angeführt hat, tut der Bezogenheit auf den physischen Kampf keinen Abbruch.

Es geht mir (und vielleicht auch Beral) beim Kommentkampf-Argument nicht um den Grund oder den Umstand eines Kampfes, sondern wie am Ende der Sieg persönlich wahrgenommen wird. Es geht darum, wie man sich fühlt wenn der Sieg feststeht. Es geht darum wie man sich fühlt, wenn der Verlierer es eingesteht. Es geht darum, wie man mit der Nachricht des persönlichen Erfolges zu seinen Vertrauten zurückkehrt und wie man am Abend damit zu Bett geht und in der Nacht damit schläft.

Ich kenne kaum Spielleiter, die sich der emotionalen Bedeutung dieser Rückmeldung nach einem Kampf bewusst sind.
Und meine Theorie ist, dass es vor allem daran liegt, dass die Rollenspielszene immer noch mit allergrößter Mehrheit durch Spiele geprägt sind, die gar nicht auf dem Radar haben, das auch nur ansatzweise zu liefern. Stattdessen hat man ein totes Etwas und bekommt eine Zahl gesagt, deren Größe irgendwie aussagen soll, wieviel man geleistet hat.

Und ja: Wirklich siegen macht sexy!
Und der Witz daran ist, man muss nicht mal unbedingt selbst gesiegt haben. Es reicht, zur Gewinnerseite eine freundliche und zur Verliererseite eine ablehnende Beziehung zu haben. Rollenspiel ist ja letztenendes auch nur die Projektion auf den fiktionalen Charakter. Aber das reicht.
@ Euli: Das geht deutlich über lustig sein hinaus. Der Sex des Siegers ist oft süßer als normaler Sex, weil er sich das Recht darauf quasi evolutionär verdient hat. Das steckt ganz tief unten drin und lässt sich nicht entfernen.
Das ist auch ein kleiner konzeptioneller Fehler bei den SpaceMarines, aber es ist halt ein Produkt für Kinder. ;)

Die Behauptung, dass Kämpfe keinen Anlass zur emotionalen Tiefe bieten können, weise ich als völligen Unfug zurück.
Ich halte mal genauso unargumentiert dagegen, dass Kämpfe Potenzial zur allergrößten emotionalen Tiefe haben.
Rollenspieldesigner und SL wissen leider anscheinend nur noch nicht, wie das geht.
Und ich würde das nicht behaupten, wenn ich es nicht aus persönlicher Erfahrung besser wüsste. Die spielleiterische Technik des echten Siegens ist für mich DIE durchschlagende Entdeckung der letzten Jahre. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich daraus Techniken für jede Ebene des Spiels ableiten lassen. Meine Spieler sind jedenfalls absolut geil drauf, ohne es zu wissen, warum das so ist. Ich hab es ihnen nicht gesagt, aber die Wirkung kann man sehr schön beobachten. Man muss das als SL ermöglichen. Und das System muss den SL dabei unterstützen. Es wird mit einer bescheuerten EP-Vergabe z.B. einfach komplett vermurkst.

Weder Besatzung noch Krieg, weder ethnische Säuberungen noch Erbfolgekämpfe, auch Kriminalität und marodierende Monster gehören zum Kommerz.
Selbst Intrigen und Politik, Handel und Diplomatie nur, wenn der PC dort eine wiederkehrende Rolle spielt.
Selbst die profane Diebsgilde bzw. Räuberbande haben oft zuwenig Überschneidung mit den gesellschaftlichen Kreisen der PCs um in das Kommerzschema zu passen.
Naldantis, was hat das mit Kommerz zu tun? Oder schreibst du das statt Komment?
Es fällt mir bisweilen etwas schwer, deinem Geschreibsel zu folgen.
Wenn du Komment gemeint hast, muss ich dir widersprechen. All die aufgezählten Dinge, falls sie nicht zum Tod führen, werden im Falle eines Sieges auf soziale Unterwerfung getrimmt.
Um jemanden zu unterwerfen brauchst du weder gesellschaftliche Überschneidungen, noch ihn jemals danach wiederzusehen. Du lässt dir nach dem Kampf einfach etwas lustiges Einfallen und das muss er dann machen. Beispiele aus der Geschichte sind zur Genüge bekannt. Caesar nahm Vercingetorix z.B. bei seinem Triumphzug durch Rom mit, erst danach hat er sich seiner endgültig entledigt. Und das fand sechs Jahre nach dem Sieg statt. Bis dahin saß der Barbarenanführer im tiefsten Loch eines römischen Gefängnisses. Caesar hätte ihn doch gleich töten können. Warum hat er das wohl nicht getan?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 22.12.2011 | 04:10
@ Euli: Das geht deutlich über lustig sein hinaus. Der Sex des Siegers ist oft süßer als normaler Sex, weil er sich das Recht darauf quasi evolutionär verdient hat. Das steckt ganz tief unten drin und lässt sich nicht entfernen.
Und gerade das bezweifle ich. Aber du darfst mir gerne ein Paper nennen, um mich vom Gegenteil zu überzeugen.

Zitat
Das ist auch ein kleiner konzeptioneller Fehler bei den SpaceMarines, aber es ist halt ein Produkt für Kinder. ;)
Der Imperator hat die Space Marines nicht geschaffen, damit sie sich Kommentkämpfe mit dem Chaos und den Xenos liefern. Er hat sie erschaffen, damit sie dem Chaos und den Xenos in den Arsch treten und sie dabei töten!

Kommentkämpfe können sich vielleicht ein paar degenerierte Gouverneure an ihrem Hof leisten. Und warum können sie das? Weil die Space Marines da draußen sind und tagtäglich ihren Arsch riskieren, damit der Gouverneur weiterhin seine Annehmlichkeiten genießen kann. :gasmaskerly:

Zitat
Die Behauptung, dass Kämpfe keinen Anlass zur emotionalen Tiefe bieten können, weise ich als völligen Unfug zurück.
Ich halte mal genauso unargumentiert dagegen, dass Kämpfe Potenzial zur allergrößten emotionalen Tiefe haben.
Rollenspieldesigner und SL wissen leider anscheinend nur noch nicht, wie das geht. Und ich würde das nicht behaupten, wenn ich es nicht aus persönlicher Erfahrung besser wüsste.
Dann nenne doch mal ein Beispiel, bei der der Kampf emotionale Tiefe bekommt.

Zitat
Wenn du Komment gemeint hast, muss ich dir widersprechen. All die aufgezählten Dinge, falls sie nicht zum Tod führen, werden im Falle eines Sieges auf soziale Unterwerfung getrimmt.
Falls eine ethnische Säuberung nicht zum Tode führt...  ::)
Du weißt schon, dass ethnische Säuberungen zwangsläufig zu Massentötungen führen? Sonst wären es keine ethnischen Säuberungen.
Und auch bei marodierenden Monstern ist es recht schwierig, diese am Leben zu lassen und sie dazu zu bringen, deinen Sieg anzuerkennen.

Und zu den restlichen Sachen, die Naldantis aufgezählt hat:
Es geht beim Kommentkampf nicht nur um soziale Unterwerfung sondern auch um ein ritualisiertes Kampfverhalten.

Kennst du das RPG Ars Magica? Das dortige Certamen kommt einem Kommentkampf noch am nächsten.
In der realen Historie haben wir die Ritterturniere und die schlagenden Verbindungen. Das sind Kommentkämpfe. Das, was Naldantis aufzählt, sind keine Kommentkämpfe.

Zitat
Caesar nahm Vercingetorix z.B. bei seinem Triumphzug durch Rom mit, erst danach hat er sich seiner endgültig entledigt. Und das fand sechs Jahre nach dem Sieg statt. Bis dahin saß der Barbarenanführer im tiefsten Loch eines römischen Gefängnisses. Caesar hätte ihn doch gleich töten können. Warum hat er das wohl nicht getan?
1) Der Kampf zwischen Cäsar und Vercingetorix war kein Kommentkampf.

Ein Kommentkampf wird ritualisiert vollzogen und ist darauf ausgerichtet, dass die beiden Kontrahenten keine ernsthaften Verletzungen erleiden.

2) Um deine Frage zu beantworten:
Er hat ihn wahrscheinlich am Leben gelassen, um ihn als evtl. Geißel zu haben, falls es zu einem erneuten Aufstand kommt. Außerdem ist es auch eine gute Propaganda, in Rom die Kriegsherren zu präsentieren.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 22.12.2011 | 08:12
...man kann sich dem auch bewußt verweigern...
Das ist in Deutschland sehr üblich. Machtstreben wird bewusst verweigert, ist dafür auf der unbewussten Ebene umso stärker ausgeprägt. Man kann das messen und es ist krass. Das Bewusstsein ist nicht in der Lage, unsere Gehirne komplett umzukrempeln. Wir sind, was wir sind, auch wenn wir uns das nicht eingestehen.

Nur ist das doch im RPG absolut nebensächlich, ja bedeutungslos.
Man spielt ja gerade nicht wieder denselben drögen Murks aus Karriere-Tretmühle und Rattenrennen, sozialem Mobbing und Schaumschlägerei, wie man ihn auch im normalen Alltag erleben kann.
Das kommt zwar alles vor, ist aber von geringem Interesse und vernachlässigbarer Bedeutung. 
Das mag auf dich zutreffen. Bei mir ist es genau andersherum.

Und gerade das bezweifle ich. Aber du darfst mir gerne ein Paper nennen, um mich vom Gegenteil zu überzeugen.
Norbert Bischof - Das Rätsel Ödipus
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 22.12.2011 | 16:25
Randbemerkung:
Beschreibe mir doch eine Situation außerhalb von schlagenden Verbindungen, wo im realen Leben ein Kommentkampf stattfindet.

Die absolute Mehrzahl aller Kneipen-/Discoschlägereien sind Kommentkämpfe.


Und irgendwie spricht es für die vernünftige Lebensführung der meisten SLs, dass sich diese Kämpfe im Rollenspiel (wenn sie denn überhaupt vorkommen) so unauthentisch anfühlen und so untypische Verläufe nehmen  ;)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 22.12.2011 | 16:38
hehe, volle Zustimmung!  :d
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 22.12.2011 | 16:58
Kneipenschlägereien sind Kommentkämpfe? Was ist da bitteschön ritualisiert? Zumindest im RL endet so eine Kneipenschlägerei meistens mit einem Krankenhausbesuch für den Verlierer.
Kneipenschlägereien im RL sind weitaus ernster und gefährlicher als man das vielleicht aus einigen Westernkomödien kennt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 22.12.2011 | 17:21
Ritualisiert so wie in der Tierwelt ist das sicherlich nicht, das stimmt schon, aber von der sozialen Komponente her ist es eine sehr ähnliche Basis, dass ist schon relativ zentral.
Und es gibt dabei schon verschiedene Handlungen, die eine gewisse Ritualkomponente bzw. eine bestimmte Verhaltensnorm innehaben, oft z.B. eine vorausgehende "Beleidigungsphase".
Auch gehört es bei fast allen Leuten zur Sozialnorm, dass bei einer Kneipen-/Discoschlägerei keine Messer oder ähnliche explizite Waffen zum Einsatz kommen, in der Tat ist das aber bei weitem nicht so klar wie in der Tierwelt - es gibt immer wieder auch Individuen, die gleich völlig ausklinken (dann aber immerhin über kurz oder lang im Knast landen).
In entsprechenden "Prügel-Milieus" scheint das mit der Verletzungsgefahr jedenfalls meistens halbwegs zu funktionieren, das Gros der Leute kämpft dabei halt "nur" mit normalen Schlägen und Tritten, was natürlich auch schon nicht selten für's Krankenhaus reicht, aber normalerweise ist es nicht ernsthaft lebensgefährlich - die Leute, die freiwillig bei sowas mitmachen, sind ja auch üblicherweise in der Lage zu vermeiden, ganz ungeschützt "voll" eine reinzukriegen.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 22.12.2011 | 17:24
Und wenn ich euch richtig verstanden habe, wollt ihr jetzt extra Kampfregeln für Kneipenschlägereien?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 22.12.2011 | 17:33
Und wenn ich euch richtig verstanden habe, wollt ihr jetzt extra Kampfregeln für Kneipenschlägereien?

Ich würde sagen die Überlegung geht einfach dahin zu schauen, wo man durch  soziale/psychologische Komponenten gewisse situationsabhängige Einflussfaktoren (Boni/Mali) geltend machen könnte - selbst würde ich sowas aber sowieso nur partiell einsetzen, kommt halt auf die Settingstimmung an etc.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 22.12.2011 | 17:39
Was ist da bitteschön ritualisiert?

Der Teilnehmerkreis (achte mal drauf: wer kämpft mit wem?) und die beidseitige stufenweise Eskalation inklusive impliziter Zustimmung zum Kampf - Blickkontakt, Beleidigungen, Schubsen, Schlagen.

Letzteres kann man als Außenstehender ziemlich gut beobachten; das geht bisweilen über einige Minuten.

Zumindest im RL endet so eine Kneipenschlägerei meistens mit einem Krankenhausbesuch für den Verlierer.

Wenn ich zurückdenke, wie viele solcher Affentänze ich auf der Arbeit schon bewundern konnte, und wie oft da tatsächlich einer zum Arzt musste, ist "meistens" mit Sicherheit kein angemessener Begriff.

Klar ist das nicht harmlos und es gibt auch ein paar klassische schwerere Verletzungen, die bei so was auftreten können.

Aber wenn sich zwei halbwegs gesunde junge Männer leicht angesoffen ein paar aufs Maul geben, passiert da i.d.R. nicht großartig viel.

Und wenn ich euch richtig verstanden habe, wollt ihr jetzt extra Kampfregeln für Kneipenschlägereien?
Nein, will zumindest ich nicht - das geht in eine ähnliche Richtung wie Kampfmoral; so was will ich nicht grundsätzlich verregelt sehen.
Es reicht mir, wenn es auf der Metaebene eingeht (und wenn der Herr OldSam jetzt bitte mal aufhören würde, mir hier über X Beiträge die Worte aus dem Mund zu nehmen... :P ;D).


Daher würde  ich mir von Spielern und SLs wünschen, dass sie sich mal anschauen, was so eine Kneipenschlägerei überhaupt ist und welche Gesetzmäßigkeiten da gelten.

Denn sonst hat man im Spiel am Ende keine Kneipenschlägerei, sondern den "RPG-Normkampf" ohne jede moralische Grenze unter Einsatz aller verfügbaren Mittel, halt nur in einer anderen Umgebung und gegen evtl. untypische Gegner.

Geschichten von derart übel eskalierten Kneipenschlägereien im RPG haben hier sicher einige auf Lager - aus oben genanntem Grund und mit genanntem Lösungsansatz, falls gewünscht.


Wobei Kneipenschlägereien in den meisten Settings wohl so überflüssig sind wie IRL...
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 22.12.2011 | 20:38
Falls eine ethnische Säuberung nicht zum Tode führt...  ::)
Du weißt schon, dass ethnische Säuberungen zwangsläufig zu Massentötungen führen? Sonst wären es keine ethnischen Säuberungen.
Da brauchst du gar nicht die Augen verdrehen.
Weder ethnische Säuberung, noch Genozid, noch Völkermord muss zwangsläufig zur Tötung von Menschen führen, bzw. beinhaltet neben Mord noch eine ganze Latte von anderen Untaten. Schlag einfach mal spaßeshalber in Wikipedia oder so nach.

Und auch bei marodierenden Monstern ist es recht schwierig, diese am Leben zu lassen und sie dazu zu bringen, deinen Sieg anzuerkennen.
Glöckchen umbinden und in einen Käfig sperren? Der Unterworfene muss nicht unbedingt freiwillig zustimmen. Das ist bei Versklavung eigentlich nie der Fall. Deshalb hat Naldantis auch nicht Recht, dass man sich dem entziehen kann. Wenn man "ganz hinten im Bus" sitzen muss, kann man sich natürlich versuchen einzureden, dass der Platz ganz gut sei, das ändert aber nichts an dem Gefühl des Typen, der dich gezwungen hat dort zu sitzen - und um dessen Gefühl geht es vor allem. Ich will ja im Rollenspiel vor allem das Gefühl des echten Sieges, nicht das Gefühl des echten Verlustes.

1) Der Kampf zwischen Cäsar und Vercingetorix war kein Kommentkampf.

Ein Kommentkampf wird ritualisiert vollzogen und ist darauf ausgerichtet, dass die beiden Kontrahenten keine ernsthaften Verletzungen erleiden.

2) Um deine Frage zu beantworten:
Er hat ihn wahrscheinlich am Leben gelassen, um ihn als evtl. Geißel zu haben, falls es zu einem erneuten Aufstand kommt. Außerdem ist es auch eine gute Propaganda, in Rom die Kriegsherren zu präsentieren.

Euli, du musst besser lesen. Ich bemühe mich wirklich, präzise zu schreiben, dass auch Leute wie Du eine kleine Chance haben, zu verstehen was ich meine. Und damit ist nicht dein Verstand gemeint, sondern dein Mangel an Bereitschaft jemandes Ausführungen verstehen zu wollen.
Natürlich war Caesar gegen Vercingetorix kein Kommentkampf. Ich schrieb, dass es bei Vercingetorix zu einer Unterwerfung kam.
Und was ich versucht habe nahezubringen, ist, dass es bei Kämpfen in der menschlichen Gesellschaft (genauso wie bei Kommentkämpfen), fast immer eine Komponente gibt, die sich mit sozialer Unterwerfung beschäftigt, im Gegensatz zu den Kämpfen im Rollenspiel.

Aber es ist mir nicht wirklich wichtig, dass Du das nachvollziehen kannst, wenn du nicht willst.
Es wäre mir allerdings angenehm, wenn du die Diskussion nicht durch völlig blöde Kommentare aus purem persönlichen Unwissen zerreden würdest (was seit geraumer Zeit passiert). Bevor man in ein Thema so ambitioniert einsteigt und wilde Thesen aufstellt, bzw. andere kaputtredet, kann man doch zumindest mal die grundlegenden Begriffe lernen, um die es geht. Oder ist dir das schon zu viel? Erfahrung mit Begriffen wie "Kneipenschlägerei", "Sex nach dem Sieg" usw. scheinst du auch nicht zu haben. Also meine dringende Bitte, halt den Ball etwas flacher, sonst kommt es in diesem Thema zu nichts anderem mehr als ellenlangen Postings, in dem dir Leute die einfachsten Sachverhalte erklären müssen.
Bitte verzeih meine UNgehaltenheit, aber ich hab langsam genug von deiner wortklauberischen Zitateschlacht und werde das auch nicht mehr weiterführen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 22.12.2011 | 21:02
Um konstruktiv zum Thema zurückzukehren:

Mich würde sehr interessieren, ob jemand eine weitere Möglichkeit einfallen würde, wie man im Rollenspiel vermeiden könnte, dass es immer zu tödlichen Kämpfen kommt (also in etwa wie in der Realität), außer dass man es
1.) völlig frei und ungeregelt durchführt und der Verantwortung jedes Teilnehmers überlässt oder
2.) Moralregeln einführt, die den Konflikt gezwungenermaßen vor dem Tod entscheiden.

Mir fällt leider bislang keine weitere Möglichkeit ein.
Aber 1. finde ich aus Erfahrung nicht ausreichend und 2. ist für viele anscheinend gar nicht akzeptabel.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 22.12.2011 | 21:11
Naja, für die SC endet der kampf ja meist nicht tödlich, die werden nur bewusstlos. man müsste diese Regel jetzt nur auf die NSC anwenden. Das macht aber keiner, weil nach dem 25. "Wohin mit den gefangenen" und "Müssen wir die schon wieder heilen?" geht das den meisten auf die nerven.

Alternative wäre eine Verwundungsregel wie in harnmaster. Wer auch nur leicht verwundet ist, kann nicht mehr gut kämpfen, und haut in 90% der Fälle freiwillig ab (bei einem vorher gleichstarken Gegner). Das weiss ich weil das hab ich einmal nicht gemacht, und das wars dann für mich. War auch das einzige mal das ich HM überhaupt gespielt habe.




 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Bad Horse am 22.12.2011 | 21:16
Bei Fate gibt es die Möglichkeit, mit den entsprechenden Fertigkeiten zumindest einen sozialen Angriff zu starten, der dann - bei Gelingen - in einer Konsequenz wie "demoralisiert" o.ä. endet. Das kann man dann benutzen, um den Gegner zur Flucht zu zwingen, wenn man die Fatepunkte hat und der Gegner nicht mehr.
Außerdem kann man einen Kampf jederzeit dadurch beenden, dass man als Spieler mit dem SL aushandelt, unter welchen Umständen der Verlust des Kampfes einhergeht. Das ist eine recht elegante Methode, aus einem heftigen Konflikt auszusteigen, ohne unakzeptable Konsequenzen hinnehmen zu müssen.

Legends of Anglerre hat ein Massenkampfsystem, bei dem auch Einheiten Konsequenzen erleiden können. Ich glaube, da sorgt eine hohe Disziplin, starke Loyalität u.a. dafür, dass die Einheiten einen längeren Stressbalken haben, also mehr "Schaden" aushalten können.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 22.12.2011 | 21:21
Oder man interpretiert LP verlust als eine Mischung von Kampfgeist, Wunden, taktischem Vorteil und was weiss ich, und 0 LP heisst schlicht kampfunfähig, warum auch immer.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 22.12.2011 | 21:21
Natürlich war Caesar gegen Vercingetorix kein Kommentkampf. Ich schrieb, dass es bei Vercingetorix zu einer Unterwerfung kam.
Du weißt aber schon, dass es in dem Absatz nicht um soziale Unterwerfung sondern um Kommentkampf ging? (Zitat aus deinem Post, mit dem der Diskussionsstrang begann: "Wenn du Komment gemeint hast, muss ich dir widersprechen.")

Natürlich geht es bei einem Krieg auf Ebene der Politiker unter anderem auch um soziale Unterwerfung. Dem wurde nie widersprochen. Die Frage war aber nicht, ob es beim Krieg auf Ebene der Politiker um soziale Unterwerfung geht. Die Frage war, ob der Krieg ein Kommentkampf ist.

Zitat
Bevor man in ein Thema so ambitioniert einsteigt und wilde Thesen aufstellt, bzw. andere kaputtredet, kann man doch zumindest mal die grundlegenden Begriffe lernen, um die es geht.
Und bevor man so ambitioniert in einem Thread einsteigt und den Diskussionsstrang kaputtredet, sollte man sich erstmal anschauen, um was es geht. Und in dem Diskussionsstrang, an dem ich mich beteiligt habe, ging es um Kommentkämpfe und nicht um soziale Unterwerfung.

Und wenn du dich zukünftig über Kommentkämpfe unterhalten willst, würde ich dich bitten, dich vorher zu informieren, was ein Kommentkampf ist.
Oder ist dir das schon zu viel?

bzgl. nichttötlicher Kämpfe
von der Regelseite her wäre möglich:
1) Es gibt eine weite Spanne zwischen "kampfunfähig" und "tot". Bei Pirates können WildCards zum Beispiel nicht automatisch sterben sondern es muss ein Todesstoß auf einen kampfunfähigen WildCard durchgeführt werden, damit dieser stirbt.
2) Charakteren eine leichte Möglichkeit bieten, aus einem Kampf zu flüchten bzw. sich zurückzuziehen. (Es ist ja meistens so, dass der Flüchtende noch einen freien Schlag abbekommt und auch sonst das Flüchten erschwert wird.)

von der Fluff-Seite:
3) Das Setting entsprechend reagieren lassen, wenn Leute sich ergeben und trotzdem getötet werden.
4) Bzw. in Gegenwart-Settings wiegt ein Mord schwerer als eine Körperverletzung. Bei einer Körperverletzung ermittelt die Polizei nur halbherzig. bei einem Mord jedoch deutlich schärfer.
4) Aufzeigen, dass Gefangene auch Vorteile bieten (man kann sie verhören, als Geiseln nehmen, Lösegeld fordern etc.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 22.12.2011 | 21:26
Ich glaube, da sorgt eine hohe Disziplin, starke Loyalität u.a. dafür, dass die Einheiten einen längeren Stressbalken haben, also mehr "Schaden" aushalten können.
Das sind dann Kampfmoralregeln.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 22.12.2011 | 21:27
Naja, für die SC endet der kampf ja meist nicht tödlich, die werden nur bewusstlos. man müsste diese Regel jetzt nur auf die NSC anwenden. Das macht aber keiner, weil nach dem 25. "Wohin mit den gefangenen" und "Müssen wir die schon wieder heilen?" geht das den meisten auf die nerven.
Ich glaube es kommt gar nicht zum 25. Kampf, wenn du wirklich gesiegt hast.
Die inflationäre Präsenz von Kämpfen ist ja eine Erscheinung von Rollenspielen, wo man nicht siegen kann, sondern immer nur eine Ersatzbefriedigung für Sieg bekommt. Das ist ja auch der Grund für die Endlosschleife. Echte Befriedigung stellt sich gar nicht ein.
Das ist ähnlich wie in Computerspielen: Du erschlägst ihn - und er verschwindet einfach spurlos vom Bildschirm. Man bleibt ewiglich auf der Suche nach dem Sieg. Geben tut es aber nur Punkte für die man sich Fähigkeiten kaufen kann, mit denen sich aber in solchen Spielen auch niemals ein echter Sieg bewerkstelligen lassen wird. Die Schleife dreht sich sinnlos weiter.

Ich habe jedenfalls in meiner Runde die Erfahrung gemacht, dass die Spieler nach so einem Sieg überhaupt keine Lust haben, gleich wieder zu kämpfen. Es scheint dann immer erst mal wieder eine längere Kampfpause zu geben, in der sie sich auf ihren Lorbeeren ausruhen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 22.12.2011 | 21:31
Kann sein. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, das manche Spieler es hassen, und ich sage das mit bedacht, wenn sie in irgendeiner Form ganzheitlich agieren müssen. Daran scheitern oft jene Spiele, die einen Aufbau/Verwaltungs- oder Militärkommando-Part haben.

Und es istnunmal so, wenn ich einen Kampf gewinne, dann geht es oft um Autorität. Und wenn ich dann die Autorität habe, muss ich mich auch um irgendwas kümmern. und das will mindestens die Hälfte der generischen Spielergruppe nicht.

hab ich so in meiner G7 erlebt, hab ich jetzt wieder im Kingmaker-Diary gelesen, ist für mich persönlich damit Fakt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 22.12.2011 | 21:36
Eh, das mit der Verantwortung ist ein guter Punkt. Menschen wollen lieber keine Verantwortung.

Aber muss das denn unbedingt sein?
Hast du mal ein konkretes Beispiel, wo eine Verantwortung durch den echten Sieg entsteht, die eine Last darstellt.
Meinst du damit z.B. die ethische Verantwortung, einen Verletzten zu heilen o.ä.?
Wobei ich mich dann fragen würde, ob ein Totschlag ethisch weniger Verantwortung bedeutet, als den Verlierer einfach seiner Verletzung zu überlassen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 22.12.2011 | 21:39
Zum Beispiel, oder irgendwer hält micht jetzt für toll und will XY von mir, oder ich bekomme was für den Sieg, was Ärger macht, Frauen, Land oder so. Im Kingmaker Diary steht das ganz gut. Am Ende von 2 Abenteuermodul ham sie kein Bock mehr und treten von den Ämtern, die sie durch Kämpfe erworben haben, fast geschlossen zurück.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 22.12.2011 | 21:41
Um konstruktiv zum Thema zurückzukehren:

Mich würde sehr interessieren, ob jemand eine weitere Möglichkeit einfallen würde, wie man im Rollenspiel vermeiden könnte, dass es immer zu tödlichen Kämpfen kommt (also in etwa wie in der Realität), außer dass man es
1.) völlig frei und ungeregelt durchführt und der Verantwortung jedes Teilnehmers überlässt oder
2.) Moralregeln einführt, die den Konflikt gezwungenermaßen vor dem Tod entscheiden.

Mir fällt leider bislang keine weitere Möglichkeit ein.
Aber 1. finde ich aus Erfahrung nicht ausreichend und 2. ist für viele anscheinend gar nicht akzeptabel.

Ich plane für meinen Heartbreaker zwei Eskalationsstufen einzuführen. Einen mit einem eher groben Zeitraster und abstrakterer Auflösung für die Geplänkel und Vorabmanövrierungen. Die Kampfdistanz ist da noch recht weit auseinander und die leute eher vorsichtig am abtasten. Wenn dann jemand aufs Ganze gehen will (eigentlich ist da noch eine Psychoprobe für vorgesehen), wird in den nächsten Eskalationsschritt übergegangen und quasi in Zeitlupe abgespielt. Dann wird es aber auch hektisch, unübersichtlich und gefährlich. Die meisten Szenarien ohne geplante Überfälle oder absolute Todfeinde sollten aber eigentlich schon in der Abtastphase abschätzbar und damit beendet sein. In der kommt man aber noch halbwegs gut weg, da die Beteiligten da eh noch nicht wirklich pressen.

Ansonsten bin ich eben auch ein Freund sozialer Einbettung, wonach es eben oft - wenn auch sicher nicht immer - eben nicht vorteilhaft ist einen unterlegenen Gegner zu erledigen und nicht jeder NSC von unbeugsamer Rachlust getrieben ist.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Deep One am 22.12.2011 | 22:13
Kann sein. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, das manche Spieler es hassen, und ich sage das mit bedacht, wenn sie in irgendeiner Form ganzheitlich agieren müssen. Daran scheitern oft jene Spiele, die einen Aufbau/Verwaltungs- oder Militärkommando-Part haben.

Und es istnunmal so, wenn ich einen Kampf gewinne, dann geht es oft um Autorität. Und wenn ich dann die Autorität habe, muss ich mich auch um irgendwas kümmern. und das will mindestens die Hälfte der generischen Spielergruppe nicht.

Man könnte den SCs natürlich Autorität geben, ohne dass sie sich um Nervkram kümmern müssen. Der Boss sein soll ja auch Spaß machen, grad im Rollenspiel. :)

Grad bei BEAM-D&D gebe ich der Gruppe recht gern eine Domäne. Die 0.-Stufe-Schergen kümmern sich ums Tagesgeschäft und die SCs sind wichtig und haben wen zum Rumschubsen. Um die interessanten Sachen kümmern sie sich dann selber, weil die 0.-Stufe-Schergen damit deutlich überfordert wären. Meinen Spielern gefällt's.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 22.12.2011 | 22:20
Kann sein. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, das manche Spieler es hassen, und ich sage das mit bedacht, wenn sie in irgendeiner Form ganzheitlich agieren müssen. Daran scheitern oft jene Spiele, die einen Aufbau/Verwaltungs- oder Militärkommando-Part haben.

Und es istnunmal so, wenn ich einen Kampf gewinne, dann geht es oft um Autorität. Und wenn ich dann die Autorität habe, muss ich mich auch um irgendwas kümmern. und das will mindestens die Hälfte der generischen Spielergruppe nicht.

hab ich so in meiner G7 erlebt, hab ich jetzt wieder im Kingmaker-Diary gelesen, ist für mich persönlich damit Fakt.

Das ist, was mich überhaupt erst zum Rollenspiel gebracht hat: Eine Deutschstunde die Burg und den Verwaltungsplan für eine frisch belehnte Gruppe gemacht, wo ich nicht einmal einen Char bei hatte. Und es reicht ja einen dabei zu haben, der daran Spaß hat. Im Zweifel läßt sich eine Menge ja auch offline erledigen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 22.12.2011 | 23:49
Mich würde sehr interessieren, ob jemand eine weitere Möglichkeit einfallen würde, wie man im Rollenspiel vermeiden könnte, dass es immer zu tödlichen Kämpfen kommt

Zum Einen:
Juristische Konsequenzen.

Das ist zwar in den meisten Settings ziemlich plausibel, aber andererseits für viele Spieler ein rotes Tuch.
Ist wohl ebenso unbeliebt wie verregelte Kampfmoral oder eine spielmechanisch abgebildete Gewalt-/Tötungshemmung. 


Zum Anderen:
Die ganz billige Tour - spielmechanische Belohnungen (Gummipunkte usw.) fürs Gnade zeigen, gefangen nehmen, Verhältnismäßigkeit wahren...

Das sollte eigentlich funktionieren, wenn die Belohnung groß genug ausfällt, um die gefühlten Vorteile tödlichen Vorgehens auszugleichen.

Idealerweise pendelt es sich dann langfristig so ein, dass nichttödliches bzw. etwas zurückhaltenderes Vorgehen der Normalfall ist und nur in echten Ausnahmesituationen von Anfang an konsequent eingesetzte tödliche Gewalt unumgänglich ist und man die Belohnung eben sausen lassen muss/sollte.

Dazu gehört dann freilich trotzdem ein entsprechendes Verhalten der NSCs (wie beim diesbezüglich ungeregelten Spiel auch).
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 23.12.2011 | 00:03
Mir geht es in erster Linie um Siegen beim Kampf (bzw. die Dominanz des einen und die Unterwerfung des anderen Kämpfers). Aber sicherlich kann man die Mechanismen auf viele andere nichtphysische Konflikte übertragen.
Diese Übertragbarkeit, für die Beral Beispiele angeführt hat, tut der Bezogenheit auf den physischen Kampf keinen Abbruch.

Das Problem stellt nur Deine These dar, das eine Majorität der physichen Kämpfe im RPG in dieses Schema fällt.
Ich bezweifle nicht, daß einige Fälle so liegen, sehe aber im der Regel keine Notwendigkeit der Partizipienten, sich gegenseitig auf einer gemeinsamen Hierarchie zu arrangieren - das ist nämlch nur der Fall, wenn beide dazu gezwungen sind, im gemeinseman Umfeld zu verblieben;
das trifft zwar auf die meisten normalen Menschen in der Realität zu, aber eben nicht auf übliche Abenteurer-Settings (schon weil die höheren Grade an persönlicher Freiheit etwas snd, was viele Spieler zu schätzen wissen), Ausnahmen wie einige WoD-Settings bestätigen die Regel.

Zitat
Es geht mir (und vielleicht auch Beral) beim Kommentkampf-Argument nicht um den Grund oder den Umstand eines Kampfes, sondern wie am Ende der Sieg persönlich wahrgenommen wird. Es geht darum, wie man sich fühlt wenn der Sieg feststeht. Es geht darum wie man sich fühlt, wenn der Verlierer es eingesteht. Es geht darum, wie man mit der Nachricht des persönlichen Erfolges zu seinen Vertrauten zurückkehrt und wie man am Abend damit zu Bett geht und in der Nacht damit schläft.

...und da soll einem unter irgendwelche besonderen Tricks auf einmal einer... (naja, mit Rücksicht auf die Minderjährigen belasse ich es mal bei dem Satzanfang)?
Sorry, das sehe ich nicht, in der Regel würde ich eher auf frustriert, genervt oder erleichtert tippen, die Bedeutung des Ereignisse schrumpf doch im Rückspiegel schnell dahin.

Zitat
Ich kenne kaum Spielleiter, die sich der emotionalen Bedeutung dieser Rückmeldung nach einem Kampf bewusst sind.
Und meine Theorie ist, dass es vor allem daran liegt, dass die Rollenspielszene immer noch mit allergrößter Mehrheit durch Spiele geprägt sind, die gar nicht auf dem Radar haben, das auch nur ansatzweise zu liefern. Stattdessen hat man ein totes Etwas und bekommt eine Zahl gesagt, deren Größe irgendwie aussagen soll, wieviel man geleistet hat.

Und was ist die Alternative?
Der Versuch (mit schwülstigen Worthülsen?) eine nicht mal epische, sondern gar persönlich auf eine ganz bestimmte Art anrührende Beziehung (und zwar nicht schlicht Haß oder Furcht) zwischen den Kombatanten zu erzeugen?

Zitat
Und ja: Wirklich siegen macht sexy!

Das ist nun einfach infantil.
Auf einer archaischen Ebene ist da sogar etwas dran, Sieger habe tendenziell überdurchschnittlich kompetente Gene und ein kompetenter Kämpfer bietet als Partner Schutz für einen und den Nachwuchs, außerdem möchte man nicht seinen Mißmut erregen; ...aber das gilt natürlich nur, wenn man vor Augen kompatibler Geschlechtspartner gegen einen Paarungskonkurrenten antritt und die Früchte dieser Arbeit zeitnah ernten kann -->  aber wenn die einzigen Zeugen anderen Geschlechts einer inkompatiblen Rasse angehören oder selbst ebenso wehrhaft sind, oder schlicht keinen Geschlechtspartner suchen (also die häufige Konstellation unter Abenteuern); oder beim Kampf überhaupt kein direkter persönlicher Kontakt stattfindet (in allen modernen, realistischen Szenarien wohl wahrscheinlich), wo bleibt dann der Effekt?  

Zitat
Und der Witz daran ist, man muss nicht mal unbedingt selbst gesiegt haben. Es reicht, zur Gewinnerseite eine freundliche und zur Verliererseite eine ablehnende Beziehung zu haben. Rollenspiel ist ja letztenendes auch nur die Projektion auf den fiktionalen Charakter. Aber das reicht

Wie bei Fußballfans auf der Siegesstraße?
Also ich denke, die meisten Rollenspieler dürfen nicht so niveaulos sein, sich auf derartige Mophänomene einzulassen.
Man kann sich in seinen Charakter hineinversetzen, aber selber auf Reflexe eines nur auf dem Papier existierenden limbischen Systems herinzufallen? Das finde ich hoch gegriffen.

Zitat
Und ich würde das nicht behaupten, wenn ich es nicht aus persönlicher Erfahrung besser wüsste. Die spielleiterische Technik des echten Siegens ist für mich DIE durchschlagende Entdeckung der letzten Jahre.

Bei dem ich immer noch nicht verstanden habe, wie es funktionieren soll...
Angst um den Char kann es nicht sein, muß irgendwie über die Darstellung des Gegners laufen - ich habe aber nur sleten eine Gruppe gesehen, die einem Gegner gegenüber eine homogene Einstellung an den Tag gelegt hätten.
 
Zitat
Naldantis, was hat das mit Kommerz zu tun? Oder schreibst du das statt Komment?

Jep, hab Kommers und Komment durcheinandergeworfen, weil das mir als erstes Anwendungsszenario für Deine Idee einfiel.

Zitat
Wenn du Komment gemeint hast, muss ich dir widersprechen. All die aufgezählten Dinge, falls sie nicht zum Tod führen, werden im Falle eines Sieges auf soziale Unterwerfung getrimmt.

Nein, alle diese Dinge führen entweder zum Tode, oder finden unter einer weiträumigen oder sozialen Trennung zwischen Sieger und Verlierer statt.
Unterwerfung findet nicht statt, schon weil sie nicht als solche wahrgenommen würde oder praktisch nicht stattfinden kann.
respektive die Unterwerfung ca. 15 Hierarchiestufen über den direkt beteiligten Spielern stattfindet, durch Leute, die von ihrer Existenz keine Ahnung haben.

Zitat
 
Um jemanden zu unterwerfen brauchst du weder gesellschaftliche Überschneidungen, noch ihn jemals danach wiederzusehen.

Jau, der Shambling Mouth ist flachgeworden, hat Wellen geschlagen und in eine Loch verkrochen - das ist jetzt Unterwerfung und ich fühle mich geil?
Oh, das Wabenschiff der Bugs treibt steuerlos auf die Sonne zu, nachdem unser Feuerleitcomputer ihm beim Vorbeiflug mit relativistischer Geschwindigkeit unter Kontrolle des Navigationsrechners eine Breitseite verpaßte, während wir noch aus der Hibernation aufgeweckt wurden - wir sind ja sooo toll?
  
Sorry, da kann ich mich nicht reinfühlen.

Zitat
Du lässt dir nach dem Kampf einfach etwas lustiges Einfallen und das muss er dann machen. Beispiele aus der Geschichte sind zur Genüge bekannt. Caesar nahm Vercingetorix z.B. bei seinem Triumphzug durch Rom mit, erst danach hat er sich seiner endgültig entledigt. Und das fand sechs Jahre nach dem Sieg statt. Bis dahin saß der Barbarenanführer im tiefsten Loch eines römischen Gefängnisses. Caesar hätte ihn doch gleich töten können. Warum hat er das wohl nicht getan?

Politik, Hoffung auf Benutzung, Schauprozeß, adlige Geisel, Vorführung vor anderen Aufrührern als abschreckendes Beispiel (eine Leiche ist schnell vergessen.)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 23.12.2011 | 00:24
Dann nenne doch mal ein Beispiel, bei der der Kampf emotionale Tiefe bekommt.
Falls eine ethnische Säuberung nicht zum Tode führt...  ::)

Naja, es gibt die alte Taktik, die engsten Bekannten, Freunde, Angehörigen in den Kampf zu involvieren - ein paar Opfer unter denen, die den PC am nächsten stehen, und die Sache wirde emotional und persönlich;
...aber halt nicht sehr oft, denn dann gehen dem SL die Opfer aus und die Spieler werden vorsichtig und verzichten darauf, dem SL solche Hooks zu liefern.
  
Randbemerkung:
Die absolute Mehrzahl aller Kneipen-/Discoschlägereien sind Kommentkämpfe.

Im volltrunkenen Zustand?
Unkoordiniert, ohne Regeln und manchmal tödlich?

Aber in der Interpretation als Balzverhalten ist da was dran.
 
Und wenn ich euch richtig verstanden habe, wollt ihr jetzt extra Kampfregeln für Kneipenschlägereien?

Aber die gibt es doch in vielen RPGs - als Ausnahmeregelung mit bewußt vom Charakter gewählter, drastisch verminderter Verletzunggefahr.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 23.12.2011 | 00:33
Das ist in Deutschland sehr üblich. Machtstreben wird bewusst verweigert, ist dafür auf der unbewussten Ebene umso stärker ausgeprägt. Man kann das messen und es ist krass. Das Bewusstsein ist nicht in der Lage, unsere Gehirne komplett umzukrempeln. Wir sind, was wir sind, auch wenn wir uns das nicht eingestehen.

Belege?
Unser Bewußtsein ist in der Lage, unter normalen Bedingungen unsere Handlungen zu bestimmen.
Wenn man sich klar wird, daß eine Erhebung über eines der anderne armen Schweine, mit denen man im Alltag zu tun hat, einem rein gar nciht bringt, dann merkt man auch, daß schon der Versuch den Aufwand nicht wert ist.

Zitat
Das mag auf dich zutreffen. Bei mir ist es genau andersherum.

was, Ihr spielt Studenten, Ingenieure und Händler als Lohnsklaven in drögen Jobs in der Jetztzeit?
Und das Abenteuer besteht darin, nicht vor dem Feierabend Amok zu laufen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 23.12.2011 | 00:47
Ich plane für meinen Heartbreaker zwei Eskalationsstufen einzuführen. ...

Ansonsten bin ich eben auch ein Freund sozialer Einbettung, wonach es eben oft - wenn auch sicher nicht immer - eben nicht vorteilhaft ist einen unterlegenen Gegner zu erledigen und nicht jeder NSC von unbeugsamer Rachlust getrieben ist.

Maarzan, wie heißt denn dein Heartbreaker (damit ich das verfolgen kann, falls er wieder mal hier im Forum auftaucht)?

Hast Du ein paar Patentrezepte, wie du mit sozialer Einbettung die SC vom stereotypischen Killen abhältst?
Hängt das am Setting, am Plot, oder an was anderem?

Juristische Konsequenzen.

Ohje, das hab ich auch eine lange Zeit in einer Mittelalterstadtkampagne versucht. Hat irgendwie nie so richtig geklappt,
denn einerseits sind ja die Spieler zur Tatzeit gar nie davon ausgegangen, dass sie jemals juristische Konsequenzen zu
spüren bekommen werden, und wenn es doch so kam, dann war es auch nie wirklich ein Zugewinn für den weiteren
Spielverlauf, sondern hat das Vorankommen der Kampagne ziemlich behindert.

Die ganz billige Tour - spielmechanische Belohnungen (Gummipunkte usw.) fürs Gnade zeigen, gefangen nehmen, Verhältnismäßigkeit wahren...

Das ist tatsächlich billig. :)
Gut, es klappt natürlich, weil man Spiele natürlich auch um des Gewinnens Willen spielen kann (und es auch gerne tut), aber ans Rollenspiel hätte ich eben einen anderen Anspruch, als das über Metamechaniken zu erreichen. Aber ja, es ist eine Möglichkeit.

Bei Trauma benutzen wir zur Zeit auch Fanmail. Darüber könnte das der SL natürlich auch etwas anreizen.
Das ist ja im Prinzip eine Form von Gummipunkten.

@ Naldantis:
Tut mir leid, dass ich mich nicht verständlich machen konnte.
Deine Antworten machen auf mich den Eindruck, dass ich an dir vorbeigeredet habe.
Ich weiß aber nicht, wie ich es besser formulieren hätte sollen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2011 | 06:23
Maarzan, wie heißt denn dein Heartbreaker (damit ich das verfolgen kann, falls er wieder mal hier im Forum auftaucht)?

Hast Du ein paar Patentrezepte, wie du mit sozialer Einbettung die SC vom stereotypischen Killen abhältst?
Hängt das am Setting, am Plot, oder an was anderem?


Namen hat er zwar, aber der ist noch ein unsägliches Akronym von Anno Tuck. Ob der je vorstellungsfertig wird ist fraglich. Aber dann wohl eh mit neuem Namen. Wobei gespuelt ist er so um 1991 sogar schon mal für ein paar Jahre, aber mit den unibedingten Sterben der Gruppe dann eine sich bis heute ziehende Komplettüberarbietung angesetzt worden ... .

Zum Killen gehört meinesachtens die Wahrnehmung einer sonst aussichtslosen Notwehrsituation, soziale Akzeptanz oder absoluter Hass. Gegenmaßnahmen wären dann als weitgehendst effektiv angenommene Umfeldunterstützung (z.B. unwahscheinliche Wiederholung, sicheres Wegsperren etc.) , eine soziale Ordnung, welche allerwenigstens intern Tötungen
ablehnt und nachvollziehbar sanktioniert (Was zusätzlich erfordert, das der Spieler die Sozialisation seines Chars versteht udn akzeptiert.) und sich die bedingungslosen Konfrontationen und gegenseitigen Entwürdigungen im rahemn halten.
Auf Spielerebene gehört dazu auch noch ein nicht all zu großes Aufbauen von Frustratioenn, was aber angesichts der Frustrationen, welche manche von extern ins Spiel bringen nicht ganz einfach sein wird. (Entspannungsmoschen ?)
Viel gehört dann eben auch noch dazu, dass die Chars eben nicht wanderndee Mörderhobos oder anderweitig jenseits der Gesellschaft sind und so auch wirklich mit den Reaktionen auf ihre Taten leben müssen und nicht am nächsten Spieltag schon wieder hunderte Kilometer weiter sind.

Das wird trotzdem nur eine Minderheit der Konflikte entschärfen können, aber zumindest die Auswüchse etwas eindämmen denke ich. Vor allem, da soclhe regeln in vielen Genre und Welten auch nur in Grenzen anzutreffen erwartet werden kann.
Und Moralregeln halt noch, welche eben diesen Spielerfrust nicht Überhand nehmen läßt über die Interessen des Chars.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 23.12.2011 | 08:46
Juristische Konsequenzen sind nett, aber auch so ein Dealbreaker, der, wenn er nicht gut abgesprochen wird, zu "Ach nö!" und "kann aber gar nicht sein, weil" führt. Anders gesagt: Ich wöllts mir nicht antun, die bei ner typischen Gruppe einzuführen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Pyromancer am 23.12.2011 | 09:41
Ohje, das hab ich auch eine lange Zeit in einer Mittelalterstadtkampagne versucht. Hat irgendwie nie so richtig geklappt,
denn einerseits sind ja die Spieler zur Tatzeit gar nie davon ausgegangen, dass sie jemals juristische Konsequenzen zu
spüren bekommen werden, und wenn es doch so kam, dann war es auch nie wirklich ein Zugewinn für den weiteren
Spielverlauf, sondern hat das Vorankommen der Kampagne ziemlich behindert.

Bei mir klappt das momentan ganz gut. Das geht sogar so weit, dass Charaktere/Spieler extrem irritiert reagieren, wenn andere Charaktere eine "ganz normale" Konfrontation ohne Not auf ein tödliches Level eskalieren.
Das mag mit daran liegen, dass die Charaktere zum Teil keine streunenden Grabräuber sind, sondern (zumindest theoretisch, qua Organisationszugehörigkeit) respektable Stützen der Gesellschaft.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 23.12.2011 | 13:21
Um konstruktiv zum Thema zurückzukehren:

Mich würde sehr interessieren, ob jemand eine weitere Möglichkeit einfallen würde, wie man im Rollenspiel vermeiden könnte, dass es immer zu tödlichen Kämpfen kommt (also in etwa wie in der Realität), außer dass man es
1.) völlig frei und ungeregelt durchführt und der Verantwortung jedes Teilnehmers überlässt oder
2.) Moralregeln einführt, die den Konflikt gezwungenermaßen vor dem Tod entscheiden.


Ich bin mir nicht sicher, ob sich das nicht auch unter eine der beiden Varianten subsumieren lässt, aber momentan denke ich darüber nach, vor einem Kampf bevor es mit dem Würfeln losgeht von allen Teilnehmern bzw. teilnehmenden Gruppen Ziele zu definieren, quasi "Stakes setzen". Damit wäre zwar ein Wechsel der Spielperspektive notwendig und die "Immersion" würde vielleicht mal wieder untergraben, aber ich überlege, ob es dafür das Ausspielen eines Kampfes erleichtern würde.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 23.12.2011 | 14:18
Ich bin mir nicht sicher, ob sich das nicht auch unter eine der beiden Varianten subsumieren lässt, aber momentan denke ich darüber nach, vor einem Kampf bevor es mit dem Würfeln losgeht von allen Teilnehmern bzw. teilnehmenden Gruppen Ziele zu definieren, quasi "Stakes setzen". Damit wäre zwar ein Wechsel der Spielperspektive notwendig und die "Immersion" würde vielleicht mal wieder untergraben, aber ich überlege, ob es dafür das Ausspielen eines Kampfes erleichtern würde.

Möglich, aber zum einen ist für mich die Immersion allemal wichtiger als Metagame-Strathegie, zum anderen stößt man dann auf das Problem, das INGAME die Charaktere oft viele unterschiedliche 'Stakes' setzen würden, OUTGAME die Spieler vermutlich nur 'irgendwie weiterkommen' als Ziel angeben würden.    

Bei mir klappt das momentan ganz gut. Das geht sogar so weit, dass Charaktere/Spieler extrem irritiert reagieren, wenn andere Charaktere eine "ganz normale" Konfrontation ohne Not auf ein tödliches Level eskalieren.

Keine Soziopathen (Rachewunsch, Blutdurst, Berserker, etc.) unter Euren Chars?
Oder solche mit dem 'Problem': "ich kann nichts sicher untödliches; soll ich mich fröhlich zusammenschlagen lassen von Leuten, deren Überleben mir nicht gleichgültiger sein könnte, oder darf ich produktiv zu unserem Sieg beitragen?"

Zitat
Das mag mit daran liegen, dass die Charaktere zum Teil keine streunenden Grabräuber sind, sondern (zumindest theoretisch, qua Organisationszugehörigkeit) respektable Stützen der Gesellschaft.

Wem's Spaß macht - ist ja gelegentlich mal nett, wenn auch etas spießig.
Aber das hält die tatsächlich auch davon ab, Mörderbanden und Untote, Eroberungsheere, seuchenverbreitende Saboteuere oder Monsterhorden, bzw. aufrührerische Adlige konsequent auszumerzen?
 
Juristische Konsequenzen sind nett, aber auch so ein Dealbreaker, der, wenn er nicht gut abgesprochen wird, zu "Ach nö!" und "kann aber gar nicht sein, weil" führt. Anders gesagt: Ich wöllts mir nicht antun, die bei ner typischen Gruppe einzuführen.

Juristische Konsequenzen sind gut, weil folgerichtig aus den Gesetzen der Spelwelt herleitbar, und man kann solche Ereignisse auch gut auf beiden Seiten einsetzen, sie leifern weitere Abenteuerhook und ein betätigungsfeld für alternative Charakterkonzepte...
...allerdings werden viele Verbrechen ohne CSI und FBI, in einer eh gefährlichen Welt voller hungriger Viecher nebenan, und mit ständigen militärischen Auseinandersetzungen mit anderen Volksstämmen gar nicht erst als solche wahrgenommen; und oft kann man sich mit juristischen Mitteln wie dem Gottesurteil der höheren Gerichtsbarkeit in den Händen eines Fürsten, etc. jede Verhandlung und Untersuchung schenken.
   
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Beral am 23.12.2011 | 15:00
was, Ihr spielt Studenten, Ingenieure und Händler als Lohnsklaven in drögen Jobs in der Jetztzeit?
Und das Abenteuer besteht darin, nicht vor dem Feierabend Amok zu laufen?
Siehst du. Wenn es nicht tödliche Kämpfe sind, fallen dir nur langweilige Sachen ein. Mir dagegen fallen Herzöge und Könige ein, die ihre Generäle beauftragen, ihre Konkurrenten hintergehen, gute Kämpfer zu Rittern schlagen, Ländereien neu verteilen usw. usf.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 23.12.2011 | 15:10
Zum Killen gehört meinesachtens die Wahrnehmung einer sonst aussichtslosen Notwehrsituation, soziale Akzeptanz oder absoluter Hass. Gegenmaßnahmen wären dann als weitgehendst effektiv angenommene Umfeldunterstützung (z.B. unwahscheinliche Wiederholung, sicheres Wegsperren etc.) , eine soziale Ordnung, welche allerwenigstens intern Tötungen
ablehnt und nachvollziehbar sanktioniert (Was zusätzlich erfordert, das der Spieler die Sozialisation seines Chars versteht udn akzeptiert.) und sich die bedingungslosen Konfrontationen und gegenseitigen Entwürdigungen im rahemn halten.

Aber sind nicht all diese Voraussetzungen für das Töten in den 'üblichen' Settings gegeben: wenn die Armee des Nachbarn vor den Toren steht, die Mörder der schwarzen Hand einen jagen, oder die Orks, die schon den Familienhof niedergebrannt haben, vor einem stehen?

Wenn so ein Dämon nunmal schwer wegzuschließen ist, und Wegelagerer aus dem Nachbarreich auch nicht mehr  intern ist, wenn die Todesstrafe nunmal die einzigen Alternative zu Wehrgeld und Exil ist, und z.B. Sklaven eh als Eigentum gelten, deren Tötung durch den Besitzenden legal ist?

Warum möchte man eine Gesellschaft zeichnen, die durch negative Strukturen unserer Vergangenheit geprägt ist, dort dann zusätzliche Gefahren und Störungen in Form von Schwarzmagiern, krassen Kultisten, und agressiven Fremdrassen hinzufügen, aber dort eine utopistische Rechts- oder Gewaltausfassung einfordern?
Das KANN nicht sinnvoll funktionieren.
Wenn Ihr den Umgang mit Gewalt aus Glücksbärchis oder My Little Pony importieren möchtet, dann müß Ihr auch eine Gesellschaft aufbauen, aus der sich dieses Verhalten hätte ergeben können; sowas wie den Tod durch Hunger und Kälte als höchstes Risiko paßt dann enfach nicht.

Das ist tatsächlich billig. :)
Gut, es klappt natürlich, weil man Spiele natürlich auch um des Gewinnens Willen spielen kann (und es auch gerne tut), aber ans Rollenspiel hätte ich eben einen anderen Anspruch, als das über Metamechaniken zu erreichen. Aber ja, es ist eine Möglichkeit.

Bei Trauma benutzen wir zur Zeit auch Fanmail. Darüber könnte das der SL natürlich auch etwas anreizen.
Das ist ja im Prinzip eine Form von Gummipunkten.

Sehe ich ähnlich, viele Spieler lehnen diese Art der 'Bestechung' ab und reagieren darauf irritiert.

Was ist der Unterschied von Fanmail zu Gummipunkten?
Doch nur die Quelle, oder?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 23.12.2011 | 15:25
Siehst du. Wenn es nicht tödliche Kämpfe sind, fallen dir nur langweilige Sachen ein. Mir dagegen fallen Herzöge und Könige ein, die ihre Generäle beauftragen, ihre Konkurrenten hintergehen, gute Kämpfer zu Rittern schlagen, Ländereien neu verteilen usw. usf.

Lies mal das: http://tanelorn.net/index.php/topic,63293.msg1450801.html#msg1450801

Es gibt immer ein oder zwei "Stategiespiel-Fans", die das ganz toll finden und der Rest gähnt sich einen ab.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.12.2011 | 15:26
Siehst du. Wenn es nicht tödliche Kämpfe sind, fallen dir nur langweilige Sachen ein. Mir dagegen fallen Herzöge und Könige ein, die ihre Generäle beauftragen, ihre Konkurrenten hintergehen, gute Kämpfer zu Rittern schlagen, Ländereien neu verteilen usw. usf.
Nein. Lese bitte, worum es geht.
Es ging um die Frage, ob man das spielt, was man aus dem Alltag kennt oder ob man das spielt, was man nicht aus dem Alltag kennt.
Naldantis These war, dass man beim RPG nicht den Alltag spielt sondern sich Situationen aussucht, die sich vom Alltag unterscheiden (#239 (http://tanelorn.net/index.php/topic,71878.msg1454660.html#msg1454660)). Dem hattest du widersprochen (# 242 (http://tanelorn.net/index.php/topic,71878.msg1454842.html#msg1454842)). Und daraufhin hat Naldantis nochmal nachgefragt, ob das bei dir wirklich so ist.

Mit nichttödlichen Kämpfen hat das rein gar nichts zu tun. (Außer dem Umstand, dass die Konflikte, die wir im Alltag erleben, meistens nicht tödlich sind.)

bzgl. nichttödlicher Kampf und deinen Beispielen:
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2011 | 15:32
Das Ziel ist ja gar nicht Gewalt oder auch das Töten von Gegenern komplett aus dem Spiel zu nehmen. Dazu ist das im Genre wie in entsprechenden geschichtlichen Zeiten, bei denen sich die Spiele bedienen, einfach schon zuviel davon drin. Das Ergebnis so eiens Versuchs würde unglaubwürdig und hohl erschenen. Es geht darum die Psychopathenspitze abzutragen, welche manche Leute (oder auch Systeme) da reintragen.

Entsprechendes bei den Gesetzen. In entsprechendem Umfeld wird man kaum modern anmutende Rechte-Wange-Resozialisierungsgesetze finden und würden wohl berechtigt weiteren Frust auslösen, insebsodnere wenn jede Woche wieder ein Gegner ungeschoren damit davon kommt. Aber es soll hat wieder halbwegs annehmbare Relationen herstellen. Was raus soll ist gewohnheitsgemäß mit Maschinenpistolen einen Platz an der Theke behaupten, reguläre Zollstellen mit Feuerbällen bedienen und jeden Kampf auf TPK für eine Seite hinauslaufen zu lassen.  
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 23.12.2011 | 18:03
Es geht darum die Psychopathenspitze abzutragen, welche manche Leute (oder auch Systeme) da reintragen.
Mal von gewissen kranken Auswüchsen abgesehen, die ohnehin nur geistigen Psychopathen Spaß bereiten: warum, wenn sich die Spieler damit wohlfühlen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 23.12.2011 | 18:12
Weil es kein richtiger Spaß ist. Es handelt sich um die Abwehrmechanismen Reaktionsbildung und Regression. Der Aggro-Spieler verdrängt seine unerwiderten Liebesgefühle und wandelt sie in Hass und Aggression um. Dazu fällt er auf phallische Phase zurück, in der er steckenblieb und sich daher dort leichter zurechtfindet. 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: killedcat am 23.12.2011 | 18:49
Ha! Darauf hab ich nur gewartet. Auf Jemanden, der die Motive für's Spielen be- und verurteilt. Danke. Bin raus.

 :gaga:
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 23.12.2011 | 18:57
Gerne.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2011 | 20:07
Mal von gewissen kranken Auswüchsen abgesehen, die ohnehin nur geistigen Psychopathen Spaß bereiten: warum, wenn sich die Spieler damit wohlfühlen?

Wenn alle metzeln wollen, dann nimmt man ein System, das dazu paßt - eine Frage vielleicht für den Ursprungsthread perfekter Kampf, denn auch dafür wird es dann bessere udnschlechtere Lösungen geben. Das hier wäre für solche Spielvorstellungen wahrscheinlich eine der schlechteren. 

Hier kommt aber die Frage nach Kampfmoral und damit sind wir vermutlich bei Leuten, die eher an einer funktionalen detailliert beschriebenen Spielwelt interessiert sind. Andere können ja meist gut auf detailierte Moralregeln verzichten.

Leuten die wirklich daneben sind, wird man auch nur auf Spielerebene begegnen können.

Aber wie bei Railroading und anderen Sachen ist das ja nicht zwingen ein Fall der klaren Extreme sondern rutscht meist eher so langsam und verdeckt ins Spiel, vielleicht auch gar nicht einmal mit Absicht und verstärkt sich dann. So eine Eskalation ist dann nicht unbedingt so einfach wieder einzufangen. Oder es sind Anfänger dabei, wo solche Regeln dann darauf hinweisen bzw. unterstützen wie das Spiel gedacht ist und für solche Fragen ein Bewußtsein schaffen. 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 23.12.2011 | 20:36
Generell bin ich ein absoluter Fan davon, dass alle so Rollenspiel spielen sollen, wie sie wollen.
Die Frage nach perfektem Rollenspiel oder perfektem Kampf geht für mich aber weiter, als dass alle ihren Spaß haben.
Es geht mir darum die Register voll zu ziehen und Rollenspiel auf die Spitze zu treiben.
Ich denke, Rollenspiel kann (im Vergleich zu anderen Spielen) mit ein paar richtig coolen Features aufwarten wie z.B. kreative Erzählung, sich dynamisch verändernde Spielziele und Spielfigurenbeziehungen, absolute Interaktivität usw.
Spielarten des Rollenspiels, die das nicht nutzen, würde ich, ungeachtet des Spaßes den irgenwer dabei empfindet, nicht als perfekt ansehen. Es geht mir also bei der Perfektion vor allem darum, die mögliche Spieltiefe zu maximieren. Sieht das jemand auch so?

... von allen Teilnehmern bzw. teilnehmenden Gruppen Ziele zu definieren, quasi "Stakes setzen". Damit wäre zwar ein Wechsel der Spielperspektive notwendig und die "Immersion" würde vielleicht mal wieder untergraben, aber ich überlege, ob es dafür das Ausspielen eines Kampfes erleichtern würde.
Ja, es geht mir auch um Immersion. Ich versuche mir ja das Geschehen immer auch irgendwie im Kopf vorzustellen. Dass irgendwelche SC-Dödels immerzu mordend durchs Land ziehen ist für meine realistische Vorstellungskraft zu abstrakt und mir fällt dazu auch gar kein Grund ein (ich spiele halt keine EP-Spiele mehr). Mir kommen da immer nur die blödsten Computerspielszenarios in den Sinn, die mir, wenn's hoch kommt, zwischendurch mal 5 Minuten Spaß bereiten können.
Allerdings muss es nicht unbedingt immerzu Immersion sein. Ich trete auch gerne mal einen Schritt zurück, um mir eine Situation anzuschauen und Metaaktionen zu machen. Wenn ich dann aber nur soziale Unplausibilität und aggressive Oberflächlichkeit sehe, bin ich halt draußen.
Letztenendes scheint es, wie so oft, eine gute Idee zu sein, mit den anderen über Erwartungen zu sprechen. Sei das jetzt in Form von Metaregeln oder in Form eines klärenden, informellen Gespräches.

Weil es kein richtiger Spaß ist. Es handelt sich um die Abwehrmechanismen Reaktionsbildung und Regression. Der Aggro-Spieler verdrängt seine unerwiderten Liebesgefühle und wandelt sie in Hass und Aggression um. Dazu fällt er auf phallische Phase zurück, in der er steckenblieb und sich daher dort leichter zurechtfindet. 
Muhahä, geil. :D

@ Eulenspiegel:
Es ging zu keiner Zeit um völlig nichttödliche Kämpfe. Mit dem Begriff "nichttödliche Kämpfe" (habe zumindest ich) Kämpfe gemeint, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie nicht tödlich enden (halt so wie in der Realität).
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.12.2011 | 05:49
Es ging zu keiner Zeit um völlig nichttödliche Kämpfe. Mit dem Begriff "nichttödliche Kämpfe" (habe zumindest ich) Kämpfe gemeint, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie nicht tödlich enden (halt so wie in der Realität).
Wenn du dir meinen vorletzten Post anschaust, dann wird dir klar, dass ich unter "nichttödlich" auch verstehe, dass dies nur eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit aber keine absolute Sicherheit bedeutet.

Falls du dich auf meinen letzten Post beziehst:
Also bei einem Krieg besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Parteien stirbt.

Und es ging hier um eine ganze Menge, je nachdem, bei welchem Diskussionsstrang man ist. Es ging zum Beispiel bisher um:
- jemanden nichtkämpferisch sozial runtermachen (z.B. Intrigen, Mobbing etc.)
- Kämpfe zur sozialen Unterwerfung
- Kommentkämpfe
- Kneipenschlägereien
- Krieg
- alltägliche Kämpfe vs. nichtalltägliche Kämpfe

Daher ist es ja so wichtig, auch anzugeben, auf welchen konkreten Diskussionsstrang man sich gerade bezieht. Und bei den Diskussionsstrang, auf den ich mich bezogen habe, ging es zum Beispiel gar nicht um die Frage der Tödlichkeit sondern die Frage, wie sehr wir Kämpfe nachspielen, die wir aus dem Alltag kennen, oder ob wir lieber Sachen im RPG spielen wollen, die nichts mit unserem Alltag zu tun haben. Die Frage nach der Tödlichkeit ist dabei (in diesem konkreten Diskussionstrang) nachrangig.
Ja, es gab in diesem Thread auch Diskussionsstränge, in denen diese Frage wichtig ist. Aber nicht in dem Diskussionsstrang, auf den ich mich in meinem letzten Post bezogen habe.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 24.12.2011 | 22:48
Mal kurz zum Thema "Immersion" (und vielleicht zur Klarstellung):

Mir persönlich ist "Immersion" vollkommen schnuppe, und ich teile dieses Ideal der maximalen Immersion nicht. Genau darum kann ich mir eben gut vorstellen, dass Kämpfe im Rollenspiel auch anders verlaufen können als durch die detailgetreue Abbildung von Einzelaktionen der Teilnehmer, die in eine Metzelei ausartet. 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 25.12.2011 | 03:19
Also bei einem Krieg besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Parteien stirbt.
Was meinst Du mit Partei? Einen Kriegsteilnehmer?
Was meinst du mit hoher Wahrscheinlichkeit? Über 50%?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 25.12.2011 | 03:43
Mit der Partei sind die Leute, die auch tatsächlich kämpfen (sprich die Soldaten), gemeint.
Und mit hoher Wahrscheinlichkeit meine ich über 50%. Wobei das nicht die Wahrscheinlichkeit für jede einzelne Person ist, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass bei dem Kampf überhaupt jemand stirbt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 25.12.2011 | 03:56
Mir persönlich ist "Immersion" vollkommen schnuppe, ...
Und was hättest du zur Maximierung der Spieltiefe als Ziel der Perfektion zu sagen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 25.12.2011 | 11:18
Und was hättest du zur Maximierung der Spieltiefe als Ziel der Perfektion zu sagen?

Das grundsätzliche Problem sehe ich darin, dass es im Rollenspiel viele verschiedene Ziele gibt, die nicht gleichzeitig in Perfektion verwirklicht werden können. Manchmal ist mir eine unvorhersehbare (und dadurch spannende), gemeinsam erspielte Geschichte z.B. viel wichtiger als die Möglichkeit der Spieler, tief in ihrem Charakter zu versinken. Hierzu kann es dann hilfreich sein, die Charakterperspektive aufzugeben und sich Gedanken um die Entwicklung des Abenteuerverlaufs und die Einbeziehung der anderen Spieler/SCs zu machen - was den Spielern nunmal eine Metaperspektive abverlangt, die traditionell eher allein der SL aufs Auge gedrückt bekommt. Spieler, die sich dieser Art der Mitverantwortung verweigern, sind mMn das Resultat der "Immersions-Vergötterung" (leicht übertrieben gesagt  ;)).

In Kampfangelegenheiten kommen da noch ganz andere Probleme hinzu, wobei die Spitze des Eisbergs die gefürchteten "Luschencharaktere" sind. Darum ist es mir, wie gesagt, lieber, einen Kampf als eine vergnügliche Etappe des Abenteuerverlaufs zu sehen, deren Ausgang entscheidend zur Weiterentwicklung des Abenteuers beiträgt (und zur Einbindung des Abenteuers in Spielwelt/Genre), und weniger als eine Action-Zwischensequenz, die möglichst realistisch/naturalisch abgebildet werden muss.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 26.12.2011 | 21:40
Ich glaube der realistische/naturalistische Ablauf des Kampfes hat bei der Frage nach einem nichttödlichen Ausgang gar nicht so viel Relevanz, oder? Dinge, die sich der immersionistische Simulierer oder gamistischer Regelmacho hart erarbeiten muss, kann ja der Storyteller schon längst mit einem Fingerschnipp.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 31.12.2011 | 00:19
Ich glaube der realistische/naturalistische Ablauf des Kampfes hat bei der Frage nach einem nichttödlichen Ausgang gar nicht so viel Relevanz, oder?

Nunja, ein Teil der Diskussion über Realismus im RPG ist da wohl in meine Antwort eingeflossen.  ;D

Da streift anscheinend ein Thema das andere, gewissermaßen sind ja reale Kommentkämpfe nichttödliche Kämpfe und müssen in "realistischen Rollenspielen" ("realitätssimulierenden" Rollenspielen, wobei Realismus eigentlich nur eine Position im weiten Feld des Simulationismus ist) auch als solche verregelt sein. Die andere Frage ist natürlich, wie (spiel-)blutig ein Nichtkommentkampf (also ein "echter" Kampf auf Leben und Tod) mit realistischer Verregelung wäre - und ob dann Kämpfen noch eine große Rolle im Rollenspiel spielen würde. Ich glaube ja, dass es dann völlig unattraktiv wäre (weil es in RL nunmal auch nicht gerade Zuckerschlecken ist).

Dinge, die sich der immersionistische Simulierer oder gamistischer Regelmacho hart erarbeiten muss, kann ja der Storyteller schon längst mit einem Fingerschnipp.

Naja, es gibt einen Typ des "Storytellings", den ich am allermeisten fürchte, und das ist der actionarme Teil, wo man dann nur noch mit NSCs übers Wetter und ihre Wehwehchen quatscht. Wenn der gamistische Regelspieler dann ein Regelwerk vorgelegt bekommt, das genau dieses Verhalten als sinnvollste Spielalternative (mit geringster Sterberate der SCs) erscheinen lässt, wechsel ich vielleicht das Hobby in aufregendere Spiele. Mensch ärger dich nicht z.B.  ;)   

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 31.12.2011 | 01:13
Um Gottes Willen, es geht mir auf jeden Fall auch um Action!
Wenn ich von fingerschnippenden Storytellern rede, dann meine ich kein Kneipengespräch sondern konsequentes Erzählen und spannender Ablauf interessanter Spielinhalte (was das auch immer für den einzelnen sein mag).
Und wenn ich von nichttödlichen Kämpfen spreche, dann meine ich Kämpfe, bei denen es wahrscheinlich nicht zum Tod kommt.
Dazu zählen eigentlich alle Kämpfe, bei denen nicht das eigentliche Ziel ist, den anderen zu töten, sondern es nur billigend in Kauf genommen wird (Wer bekommt die Geldbörse? Wer bekommt das Mädchen? Wer bekommt das Wasserloch? Wer bekommt die Ölfelder?).

Ich war ja auch selbst mal kurz Soldat. Immerhin hat man mir da eingetrichtert, dass es NICHT ums Töten geht.
Es wird nicht mal wirklich billigend in Kauf genommen. Man soll es, wenn möglich, tunlichst vermeiden.
Und das ist nicht nur bei Soldaten so, sondern auch bei Polizisten, Bankräubern oder irgendwelchen Menschen, die in ernsthafte kämpferische Konflikte reingehen.
Es gibt einen gewissen Prozentsatz von durchgeknallten Freaks, die Töten wollen, aber diese Menschen sind (entgegen unserem Wissen aus Hollywoodfilmen) in der Realität eher selten anzutreffen.

Mal ein krasses Beispiel:
Meine beiden Opas haben, wenn man das so formulieren will, beide insgesamt fünf mal den zweiten Weltkrieg verloren (drei mal zur Kampfunfähigkeit verwundet und zwei mal gefangen genommen). Beide haben den Krieg überlebt, so wie zig Millionen anderer deutscher Soldaten - obwohl der Krieg insgesamt klar verloren wurde.
In sechs vollen Kriegsjahren mit zahllosen Kampagnen und Schlachten verloren die Deutschen 5,3 von 18,2 Mio Soldaten. Das ist weniger als ein Drittel.
Wenn der 2. WK in D&D stattgefunden hätte, wären die jetzt alle tot.
Ich hätte jetzt aber nicht gesagt, dass der reale zweite Weltkrieg kein Action-Stoff wäre, oder solche Plots auf Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Level ablaufen, weil "nur" so wenige gestorben sind. Und ich glaube auch nicht, dass der zweite WK in D&D interessanter oder härter gewesen wäre. Gerade eben nicht!

Rollenspiele nähern sich irgendwelchen Kämpfe meistens nur von der Seite der totalen Vernichtung. Die gibt es in der Realität sicher auch hin und wieder, aber so späktakulär die totale Vernichtung auch sein mag, interessant ist sie nicht, weil daraus im Weiteren nichts Konstruktives mehr erwächst (außer dem Leichenfleddern).

Ich glaube, die Regelmechanik, die vor allem dazu führt, dass Kämpfe bis zum Schluss ausgefochten werden, ist wenn es bis zum Schluss keine Einschränkung auf die Handlungsmöglichkeiten gibt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 31.12.2011 | 02:37
Rollenspiele nähern sich irgendwelchen Kämpfe meistens nur von der Seite der totalen Vernichtung.

Das liegt nach meinem Empfinden zu großen Teilen an den verwendeten Regelwerken.

Wenn z.B. ein Kämpfer bis zum letzten Lebenspunkt Vollgas geben kann und dann beim nächsten Treffer unversehens tot umfällt, kann da kein plausibles Verhältnis von Toten zu Verwundeten rauskommen.

Sobald regelseitig Möglichkeiten bestehen, wie Kampfunfähigkeit deutlich vor dem Exitus eintreten kann, sieht das ganz anders aus.


OT:
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Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 31.12.2011 | 04:26
Wenn der 2. WK in D&D stattgefunden hätte, wären die jetzt alle tot.
Wenn es D&D4-Regeln gewesen wären, dann würde man das reale Überlebens-Ergebnis ungefähr erreichen. (Vorausgesetzt man lässt seine eigenen Leute nicht verbluten sondern leistet 1. Hilfe.)

Bei DSA ist es ähnlich: Von +5 bis -KO LE ist man nur kampfunfähig.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 31.12.2011 | 09:29
... sondern leistet 1. Hilfe.)

Kann man in D&D4 auch an sich selbst Erste Hilfe leisten wenn man verblutend ist?
Gibt es dort den Status kampfunfähig überhaupt oder ist das dann gleich ohnmächtig?

Heißt das bei DSA tatsächlich kampfunfähig?

OT:
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Danke für den Hinweis. Hätte ich mir auch selbst denken können, weil wir danach gleich auf die Schießbahn sind und Pappkameraden in den Kopf schießen sollten. ::)
Nein, aber mal Scherz beiseite. Natürlich werden Tote gebilligt, aber in keiner Armee die der Genfer Konvention folgt, ist es erlaubt, Verletzte zu töten oder Sanitäter bei der Versorgung von Verletzten zu behindern. Oder hat man mir da auch wieder Mist erzählt.
Andererseits weiß man ja über den Krieg in Afghanistan auch, dass die Amerikaner da reingeholzt haben ohne sich um so was zu scheren. Nach dem Motto:"Selbst Schuld, wenn die ihre Kinder mit aufs Schlachtfeld bringen."

Aber mal abgesehen davon ob es gebilligt wird, dass andere sterben, tatsächlich stehen ja die Todesopferzahlen der Realität absolut gegen die verbreitete rollenspielerische Wahrheit, dass bei einem Kampf auf Leben und Tod ziemlich sicher einer von zweien stirbt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 31.12.2011 | 11:33
@Storytelling:

Sorry fürs Missverständnis, das Wort ist leider ein Reizwort für mich, obwohl ich eigentlich weiß, dass die "offizielle" Bezeichnung für den von mir am meisten gehassten Spielstil "Erzählonkeln" heißt.

@Reale Kriege/Reale Gewalt und RPG

Genau da ist die Frage, inwieweit das Rollenspiel reale Gewalterscheinungen, vor allem solche der letzten 100 - 150 Jahren (wo sie ja angeblich immer weniger (http://www.amazon.de/Gewalt-Eine-neue-Geschichte-Menschheit/dp/3100616049/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1325325598&sr=8-1) werden) als Vorlage nehmen soll. Erstmal ist natürlich reale Gewalt durch Darstellung und Aufnahmekontext verzerrt, selbst die Berichte von Leuten, die es persönlich erlebt haben, leiden unter den Schwächen (bzw. eigentlich Stärken) des menschlichen Erinnerungsvermögens (weswegen ja Oral History und andere quantitative Forschung so ein umstrittenes Feld ist).

Zweitens haben wir eben eine besondere historische Situation. Westliche Armeen allgemein, aber auch speziell die Bundeswehr, haben sich eben zu ethischen Prinzipien der Kriegsführung verpflichtet, die aus meiner Sicht eher ungewöhnlich (aber äußerst erfreulich!) sind. Zwar gibt es auch historische Versuche der Zähmung von Kriegerkasten (Lehre des Gerechten Krieges, Ritterkodex, Samuraikodex etc.), aber deren Erfolg blieb eher bescheiden. (Natürlich kann auch der Westen in ausgedehnten Kriegshandlungen die Kontrolle über die Armeen verlieren und die Disziplinierung der Soldaten nur bedingt aufrecht erhalten - aber vergleichsweise zu "rüher" gelingt das nach meinem Eindruck trotz des langen Afghanistan-Krieges immer noch gut.)

Drittens ist zu berücksichtigen, dass Unterhaltungsmedien eben nicht unbedingt an realer Gewaltdarstellung interessiert sind. Selbst wenn wir also sagen könnten, das unser gegenwärtiges Wissen über reale Gewalt unverzerrt zutreffend ist (Punkt 1) und aus diesem Wissen direkte Folgerungen über reale Gewalt allgemein (außerhalb unseres besonderen historisch-räumlichen Kontextes) ziehen können und in andere Gewaltkontexte hineininterpretieren können (Punkt 2), bleibt eben noch zu berücksichtigen, dass Genres ihre eigene Form der Gewaltdarstellung verlangen (das ist wieder dieser Punkt: "will ich Realismus oder genretypisches Spiel?").

Aus diesen Gründen bin ich sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Kriegserfahrungen, - berichte oder -dokumentationen fürs Rollenspiel zu nutzen. Ich glaube, selbst wenn ich irgendwann mal ein 1. WK-Szenario leiten sollte, würde der Erste Weltkrieg da eher reine Kulisse sein, bestenfalls pikanter Nebeneffekt.

@D&D(4):
Es gibt die Möglichkeit, sich durch Second Wind - i.d.R. einmal im Kampf - selbst zu heilen. Wie das dann aussieht (Atem schöpfen & ein paar Schweißtropfen von der Stirn waschen, Schweren Treffer als Fleischwunde deklarieren, verlorene Kampfmoral durch Heiligenerscheinung zurückgewinnen) bleibt dem Spieler/der Gruppe überlassen. Im Großen und Ganzen ist D&D(4) aber eben nicht realistisch (sowenig wie irgendein ein anderes D&D).

@Generelles Thema:
Nochmal zur Klarstellung: ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn ein Regelwerk sinnvolle Mechaniken für den nichttödlichen (aber trotzdem physisch gewaltsamen) Konflikt liefert. Momentan fällt mir aber da wirklich nur Vereinbarung von Kampfzielen ("Stakes setzen") und hohe Abstraktion der Kampfhandlungen im Regelwerk ein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: rhiow am 31.12.2011 | 13:18
ich sehe die art der kämpfe (wie sehr sie auf reines töten ausgelegt sind) stark vom setting, dem spielleiter und der situation abhängig, sprich was gibt es für alternativen zum töten. ich sehe da eher weniger notwendigkeit für regeln, als dafür das man vorher mit den mitspielern über das setting und den spielstil redet.

nehmen wir mal
- spärlich besiedeltes setting (reisen zwischen siedlungen werden in tagen gemessen)
- es gibt eine art straße und handelsruten, denen man folgen kann
- praktisch keine patroullien
- ein justizsystem, das entsprechend härtere strafen für raubmord als für raub verhängt, und es zumindest eine möglichkeit für die räuber gibt wieder frei zu kommen
- sklaverei ist akzeptiert

situation 1:
wir sind unterwegs auf einer handelsroute, gruppe von 5 leuten besteht aus mehreren offensichtlichen kriegern (blechdosen, bogenschützen o.ä.), wir reisen alleine zu pferd, sind mehrere tage von der nächsten siedlung entfernt. wir tragen offen das wappen des hiesigen herrschers. wir sind ohne dringende eile unterwegs.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

siuation 2:
ähnlich wie situation 1, nur wird die gruppe von 20 händlern und ihren wägen begleitet (bzw, eskortiert die händler)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

situation 3:
ausgangslage ist wie situation 1 oder 2, nur spielleiter agiert nach dem schema "monster der woche":
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Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 31.12.2011 | 15:13
Heißt das bei DSA tatsächlich kampfunfähig?
Ist schon eine Weile her und ich habe gerade nicht die DSA-Regelwerke verfügbar. Aber die offizielle Bezeichnung ist, wenn mich meine Erinnerung nicht trübt:
+1 LE bis +5 LE: kampfunfähig
0 LE: bewusstlos
-1 LE bis -KO LE: tödlich verwundet
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: OldSam am 31.12.2011 | 15:52
Kampfunfähig im positiven HP-Bereich, was sind das denn für Memmen...? :) Nach Tradition des schwarzen Ritters ist man doch erst kampfunfähig, wenn man sich überhaupt nicht mehr bewegen kann, z.B. durch bedauerliche Umstände wie komplett abgetrennte Gliedmaßen =) Und dann kann man immer noch verhandeln und versuchen ein Unentschieden rauszuholen!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 31.12.2011 | 15:58
OT:
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Aber mal abgesehen davon ob es gebilligt wird, dass andere sterben, tatsächlich stehen ja die Todesopferzahlen der Realität absolut gegen die verbreitete rollenspielerische Wahrheit, dass bei einem Kampf auf Leben und Tod ziemlich sicher einer von zweien stirbt.

Ich behaupte erneut:

Das ist auch eine Regelfrage.

Wenn man die Umstände einer beliebigen realen Situation einigermaßen brauchbar abbildet und die Regeln es wenigstens hergeben, dass man schwer verletzt noch eine Weile lebt und bei angemessener medizinischer Versorgung einigermaßen sicher überlebt, sieht das schon ganz anders aus.

In vielen Systemen ist die Spanne zwischen Kampfunfähigkeit und Tod zu klein, die Zeit vom Eintreten der Bewusstlosigkeit bis zum Exitus zu kurz etc. pp..

Und wenn z.B. die SCs hergehen und der unterlegenen Gegenseite jedwede medizinische Versorgung u.Ä. versagen, siehts für die ziemlich schlecht aus - das ist in der Realität nicht anders, nur kommt es da deutlich seltener vor.
 
Aus diesen Gründen bin ich sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Kriegserfahrungen, - berichte oder -dokumentationen fürs Rollenspiel zu nutzen.

Einerseits sehe ich es so, dass die militärische/kriegerische Gewalt, die es "noch" gibt, den selben Prinzipien folgt wie zu allen Zeiten. Wenn man sich ein bisschen Arbeit macht, kann man das schon in sehr brauchbarer Weise übertragen.

Andererseits machen viele den Fehler, nur militärische Gewalt als gedankliche Grundlage zu nehmen, wenn es im jeweils anstehenden Rollenspiel eigentlich um ganz andere Gewaltformen geht.
Da entstehen dann eben gewisse Diskrepanzen.

ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn ein Regelwerk sinnvolle Mechaniken für den nichttödlichen (aber trotzdem physisch gewaltsamen) Konflikt liefert. Momentan fällt mir aber da wirklich nur Vereinbarung von Kampfzielen ("Stakes setzen") und hohe Abstraktion der Kampfhandlungen im Regelwerk ein.
Mit einem konsequenten Verfolgen von bestimmten Zielen und dem Einstellen der Kampfhandlungen beim Erreichen wäre/ist schon viel gewonnen.

Allerdings sind viele Spieler darauf konditioniert, die Gegenseite restlos zu vernichten, weil man sich dann i.d.R. ja recht gemütlich um die eigenen Ziele kümmern kann.

Es funktioniert also mMn nur, wenn eine (eigentlich unnötige) Fortsetzung des Kampfes mit hohen Risiken/Kosten verbunden ist - dann machen die Spieler das automatisch "richtig".


Einen hohen Abstraktionsgrad müssen die Kampfregeln nicht unbedingt haben, solange sie es irgendwie hergeben, dass die Gegenseite auf irgendeine andere Weise als durch den Tod signifikant in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt wird.

Mit eher abstrakten Regeln tut man sich bei dieser Zielsetzung aber als Designer und als Spielgruppe meistens leichter.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 1.01.2012 | 16:36
Ha! Darauf hab ich nur gewartet. Auf Jemanden, der die Motive für's Spielen be- und verurteilt. Danke. Bin raus.

 :gaga:

...nicht nur die Motivation für's Spielen, sondern gleich auch noch, was einem Spaß macht und woran man Freude haben darf...
...Willkommen in den 50ern.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 1.01.2012 | 17:51
Ja, es geht mir auch um Immersion. Ich versuche mir ja das Geschehen immer auch irgendwie im Kopf vorzustellen. Dass irgendwelche SC-Dödels immerzu mordend durchs Land ziehen ist für meine realistische Vorstellungskraft zu abstrakt und mir fällt dazu auch gar kein Grund ein (ich spiele halt keine EP-Spiele mehr).

Wieso sollten Individuen unbedingt Gründe für ihr Handlen benötigen?
So viele machen jeden Blödisinn aus dem Affekt oder einer Laune heraus, leben ihre Ticks und Psychosen aus, warum sollten da Charaktere anders sein?
Und Raub oder Mord aus Gier waren schon immer verbreitete Motivationen und sind je nach Gerichtsbarkeit auch logisch zu verteidigen.

Zitat
Allerdings muss es nicht unbedingt immerzu Immersion sein. Ich trete auch gerne mal einen Schritt zurück, um mir eine Situation anzuschauen und Metaaktionen zu machen. Wenn ich dann aber nur soziale Unplausibilität und aggressive Oberflächlichkeit sehe, bin ich halt draußen.

Ohne Immersion macht nichts von dem Sinn und nichts hat eine Bedeutung, was auf dem Spielfeld geschieht - die Motivation fällt sofoert auf Null und es hält einen lediglich die soziale Pflichterfüllung am Tisch.

Zitat
Letztenendes scheint es, wie so oft, eine gute Idee zu sein, mit den anderen über Erwartungen zu sprechen. Sei das jetzt in Form von Metaregeln oder in Form eines klärenden, informellen Gespräches.

Sicher - es haben halt immer mehrere Leute am Tisch unterschiedliche Ansprüche.
Und Metaregeln bleiben fix und verläßlich, den Inhalt eines klärenden Gespräches hat man doch meist bis zur nächsten Session lange wieder vergessen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 1.01.2012 | 17:54
Mal kurz zum Thema "Immersion" (und vielleicht zur Klarstellung):

Mir persönlich ist "Immersion" vollkommen schnuppe, und ich teile dieses Ideal der maximalen Immersion nicht. Genau darum kann ich mir eben gut vorstellen, dass Kämpfe im Rollenspiel auch anders verlaufen können als durch die detailgetreue Abbildung von Einzelaktionen der Teilnehmer, die in eine Metzelei ausartet.  

...wenn Du Deine Mitspieler aus der CoSim-/ Tabeltop-Szene rekrutierst, mag das sogar Zielführend sein.

Wohlgemerkt im Unterschied zu den Spielern, denen Immersion zwar wichtig ist, Kämpfe als solche aber eher lästig sind - das ist wieder eine andere Klientel.

Das grundsätzliche Problem sehe ich darin, dass es im Rollenspiel viele verschiedene Ziele gibt, die nicht gleichzeitig in Perfektion verwirklicht werden können. Manchmal ist mir eine unvorhersehbare (und dadurch spannende), gemeinsam erspielte Geschichte z.B. viel wichtiger als die Möglichkeit der Spieler, tief in ihrem Charakter zu versinken. Hierzu kann es dann hilfreich sein, die Charakterperspektive aufzugeben und sich Gedanken um die Entwicklung des Abenteuerverlaufs und die Einbeziehung der anderen Spieler/SCs zu machen - was den Spielern nunmal eine Metaperspektive abverlangt, die traditionell eher allein der SL aufs Auge gedrückt bekommt. Spieler, die sich dieser Art der Mitverantwortung verweigern, sind mMn das Resultat der "Immersions-Vergötterung" (leicht übertrieben gesagt  ;)).

Hmm, interessanter Ansatz - allerdings kann ich mich an nur weniges Plots erinnern, bei denen die 'gemeinsam erspielte Geschichte' erinnerngswert ist, eher schon an einzelne Szenen - schon weil der Plot uninteressant ist und so nur ausgewählte Interaktionsszenen an Bedeutung gewinnen.
Mit hinreichender Immersion kann man so einem belanglosen Plot eine Bedeutung verleihen, die er von außen, aus der Metaperspektive, nie hätte.

Zitat

In Kampfangelegenheiten kommen da noch ganz andere Probleme hinzu, wobei die Spitze des Eisbergs die gefürchteten "Luschencharaktere" sind.

Wo siehst Du da ein zusätzliches Problem?
Wieso 'gefürchtet'?

Du hast doch stets das Skalierungsproblem, also welche Gegner Du als SL anbietest bzw. aufzwingst;
bei vielen Luschen in der Gruppe muß man halt tiefer ansetzen als bei einer Truppe aus Killermutanten, aber die prinzipielle Aufgabe bleibt dieselbe.

Die andere Frage ist natürlich, wie (spiel-)blutig ein Nichtkommentkampf (also ein "echter" Kampf auf Leben und Tod) mit realistischer Verregelung wäre - und ob dann Kämpfen noch eine große Rolle im Rollenspiel spielen würde. Ich glaube ja, dass es dann völlig unattraktiv wäre (weil es in RL nunmal auch nicht gerade Zuckerschlecken ist).

Naja, mehr Mechelmörder statt Ritter.
Man sollte sich RL nicht so sehr als Vorbild nehmen - man kann im RPG schließlich einfach einen neuen Char machen, egal oder der alte nun langweilig geworden ist oder im Kampf dahingeschnetzelt wurde;
alles was davor ist, ist eben die Immersion, mit der man sich auch in den Selbsterhaltungstrieb eines Charakters einfühlen kann.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 1.01.2012 | 21:28
Mit einem konsequenten Verfolgen von bestimmten Zielen und dem Einstellen der Kampfhandlungen beim Erreichen wäre/ist schon viel gewonnen.

Allerdings sind viele Spieler darauf konditioniert, die Gegenseite restlos zu vernichten, weil man sich dann i.d.R. ja recht gemütlich um die eigenen Ziele kümmern kann.

Zwei Gedanken dazu:
Bei der Zielvereinbarung "Stakes setzen" kann es z.B. eine Regelmechanik geben, wieviele Moralpunkte (als Trefferpunkte bzw. Lebensenergie verwendet) die jeweilige Kampfgruppe entsprechend der eigenen Zielsetzung und der ihrer Gegner erhält.

Beispiel: eine Gruppe Orcs trifft auf eine Gruppe Abenteurer. Der Sl sagt an, Ziel der Orcs wäre es, den Abenteurern die Pferde zu stehlen und dann zu türmen. Die Abenteurer sagen an, ihr Ziel wäre es, alle Orcs zu töten. Beide Gruppen berechnen jetzt das ihnen zur Verfügung stehende Moralpolster. Die Orcs haben eine ausgesprochen hohe Moral, nicht zu sterben, und erhalten einen saftigen Bonus. Das erschwert es, sie zu besiegen.

Für die SCs dreht es sich um nicht lebensnotwendiges, aber wertvolles (nicht alltägliches) Eigentum, sie erhalten einen sehr schwachen Moralbonus.

Spieler und SL schauen nochmal über die neue Ausgangslage. Die Spieler entscheiden, dass sie sich damit begnügen, die Orcs in die Flucht zu schlagen. Dadurch schmilzt der Moralbonus der Orcs zusammen.

Jetzt wird gewürfelt, wie der Kampf ausgeht (mal abgesehen vom Abstraktionsgrad) und dann entsprechend des Wurfes der Verlauf und das Resultat beschrieben.

Edit: Mist, den zweiten Gedanken habe ich vergessen.

@Naldantis

Meiner Meinung nach bringt ein gemeinsam erspielter, grundlegend offener Plotverlauf  häufiger erinnerungswerte Szenen hervor, und das müssen nicht nur Interaktionsszenen sein. Vor allem sind es Szenen, an deren Entstehen jeder Spieler einen eigenen Anteil hat, ohne den anderen Spielern etwas aufzuzwingen. Dafür nehme ich gerne Regeln in Kauf, die den Spieler auch mal aus seinem Charakterblickwinkel wecken.

Luschencharaktere:
"Luschencharaktere" (also mutwillig unfähig gebaute Charaktere, nicht Charaktere mit Stärken und Schwächen!) sind gefürchtet, weil sie vollkommen unsozial sind. Wenn Spieler sich treffen, um ein Abenteuer mit ein bisschen Spannung, Risiko und gemeinsam gewünschten Zielen zu erleben, und ein Spieler seinen Charakter dann der ganzen Gruppe als Ballast ans Bein bindet, ist das erstmal ein Schlag ins Gesicht der Mitspieler. (Und ja, das halte ich für eine Folge des Immersionskultes.)

Das ist etwas ganz anderes als das Skalierungsproblem entsprechend der Gruppenstärke. Wenn ich eine Lvl 5 Mission entwerfe, dann baue ich die Schwierigkeiten (und Belohnungen) um den Level 5. Wenn die Gruppe aus eigener Unachtsamkeit dies nicht spannt und die Mission schon mit Lvl 2 angeht (und dabei draufgeht), ist das Pech. Wenn die Gruppe die Mission im richtigen Lvl angeht, ich ihr aber einen unvermeidbaren Lvl 12 Kampf aufs Auge drücke, dann habe ich bei der Skalierung versagt. Im Luschenfall unterläuft aber ein Spieler absichtlich en Gruppenlevel, d.h. auf dem Papier steht zwar, die Gruppe ist Lvl 5, die Skalierung ist angemessen, aber von den realen Spielmöglichkeiten ist die Gruppe nur lvl 2 oder 3.

Meuchelmörder statt Ritter:
Aber wenn jemand keinen Assassinnen spielen will, sondern einen Paladin? Natürlich gibt es einige Spiele, wo ein Paladin nicht im Setting vorgesehen ist. Vollkommen ok, wenn diese Spiele Kampfregeln haben, die eher Heimlichkeit und Kampfvermeidung fördern. Wenn dagegen vom Setting her ein Paladin vorgesehen, aber wegen der Regeln nicht spielbar ist, sondern bei konsequenter Regelanwendung ein Selbstmordkandidat wäre, dann verfehlen die Regeln einfach das Genre/Setting.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 1.01.2012 | 22:46
Bei der Zielvereinbarung "Stakes setzen" kann es z.B. eine Regelmechanik geben, wieviele Moralpunkte (als Trefferpunkte bzw. Lebensenergie verwendet) die jeweilige Kampfgruppe entsprechend der eigenen Zielsetzung und der ihrer Gegner erhält.

Ich finde es bei eher abstrakter Handhabung intuitiver, das Ganze über "Siegpunkte" zu machen.

Für eine Flucht bräuchte man dann z.B. nur ein paar Siegpunkte und für die völlige Vernichtung des Gegners einen ganzen Batzen.

So muss man als absehbar Unterlegener nicht neu rechnen, sondern kann sich im Idealfall jederzeit aussuchen, was man mit den verbleibenden Punkten kauft, bevor die auch noch weg sind.

Je nach Ausgangssituation hat man dann eben von Anfang an eine Handvoll Punkte oder ist umgekehrt im negativen Bereich (z.B. bei einem Hinterhalt).

Diesen Mechanismus müsste man dann auch nicht für beide Parteien getrennt handhaben, sondern könnte einen einzelnen, auf die SCs ausgerichteten Zähler führen, der durch erfolgreiche NSC-Aktionen ab- und durch eigene zunimmt.
 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 3.01.2012 | 14:50
Beispiel: eine Gruppe Orcs trifft auf eine Gruppe Abenteurer. Der Sl sagt an, Ziel der Orcs wäre es, den Abenteurern die Pferde zu stehlen und dann zu türmen. Die Abenteurer sagen an, ihr Ziel wäre es, alle Orcs zu töten. Beide Gruppen berechnen jetzt das ihnen zur Verfügung stehende Moralpolster. Die Orcs haben eine ausgesprochen hohe Moral, nicht zu sterben, und erhalten einen saftigen Bonus. Das erschwert es, sie zu besiegen.

Spieler und SL schauen nochmal über die neue Ausgangslage. Die Spieler entscheiden, dass sie sich damit begnügen, die Orcs in die Flucht zu schlagen. Dadurch schmilzt der Moralbonus der Orcs zusammen.

Jetzt wird gewürfelt, wie der Kampf ausgeht (mal abgesehen vom Abstraktionsgrad) und dann entsprechend des Wurfes der Verlauf und das Resultat beschrieben.

Dieses Ausklammern jeglichen persönlichen Bezuges zum Kampfgeschehen würde für das durchschnittliche Interesse an solchen Szenen von "irgendwo vorhanden" und "sollte mich einbringen" zu "soll sich jemand anders mit abplagen" und "wo ist der nächste lesbare text in Griffweite" verfallen lassen.

Zitat
Luschencharaktere:
"Luschencharaktere" (also mutwillig unfähig gebaute Charaktere, nicht Charaktere mit Stärken und Schwächen!) sind gefürchtet, weil sie vollkommen unsozial sind.

Wo ziehst Du da dir Grenze?
Konstituiert es schon einen "Luschencharaktere", wenn man als 'Klasse' Diplomat, Kurtisane oder Gelehrter wählt?
Wenn man seinem Magier den Nachteil Pazifist oder Kampfpanik gibt, den Heiler wirklich nur Heilungs und Schutzmagie zugesteht?
Reicht es gar schon, die schlechtesten Werte auf Stärke und Konst zu legen und keine PÜunkte in Rüstungsskills zu stecken?

Zitat
Wenn Spieler sich treffen, um ein Abenteuer mit ein bisschen Spannung, Risiko und gemeinsam gewünschten Zielen zu erleben, und ein Spieler seinen Charakter dann der ganzen Gruppe als Ballast ans Bein bindet, ist das erstmal ein Schlag ins Gesicht der Mitspieler. (Und ja, das halte ich für eine Folge des Immersionskultes.)

Unsozial wäre es, wenn man den anderne vorgaukeln würde, man stelle ihnen eien kompetenten Kämpfer zur Verfügung.

Du impliziertst hier, daß es automatisch eine Mehrheit gibt, die Kampforientiert spielen möchte.
Halte ich erstmal so pauschal für Unfug.
Es können sich oft auh alle darauf eingen, daß man Coming of Age oder, Wilderness Survival, Detektiv, höfische Intrigen oder Gauner und Diebe als Thema hat.

Zitat
Das ist etwas ganz anderes als das Skalierungsproblem entsprechend der Gruppenstärke. Wenn ich eine Lvl 5 Mission entwerfe, dann baue ich die Schwierigkeiten (und Belohnungen) um den Level 5. Wenn die Gruppe aus eigener Unachtsamkeit dies nicht spannt und die Mission schon mit Lvl 2 angeht (und dabei draufgeht), ist das Pech. Wenn die Gruppe die Mission im richtigen Lvl angeht, ich ihr aber einen unvermeidbaren Lvl 12 Kampf aufs Auge drücke, dann habe ich bei der Skalierung versagt. Im Luschenfall unterläuft aber ein Spieler absichtlich en Gruppenlevel, d.h. auf dem Papier steht zwar, die Gruppe ist Lvl 5, die Skalierung ist angemessen, aber von den realen Spielmöglichkeiten ist die Gruppe nur lvl 2 oder 3.

Wo ist denn bitte der Unterschied, ob der spezialisierte Bogenschütze im Kampf in einem verwinkleten Gebäude, der Feuermagier gegen Feuerelementare oder Assassine gegen Geister in seiner Performance einbricht, oder eben der Informationsmagier bei jedem Kampf?
Im Gegenteil, bei letzterem wissen sowohl alle Mitstreiter als auch der SL, daß sie bei der Skalierung der Kämpfe von einem Kombatanten weniger ausgehen müssen - als kleinere Herausforderungen annehmen bzw. kleinere Gegner schicken, die effektive Schwierigkeit für die Gruppe bleibt dabei ja gleich.

Zitat
Meuchelmörder statt Ritter:
Aber wenn jemand keinen Assassinnen spielen will, sondern einen Paladin? Natürlich gibt es einige Spiele, wo ein Paladin nicht im Setting vorgesehen ist. Vollkommen ok, wenn diese Spiele Kampfregeln haben, die eher Heimlichkeit und Kampfvermeidung fördern. Wenn dagegen vom Setting her ein Paladin vorgesehen, aber wegen der Regeln nicht spielbar ist, sondern bei konsequenter Regelanwendung ein Selbstmordkandidat wäre, dann verfehlen die Regeln einfach das Genre/Setting.

Ich verstehe nicht, warum der Ritter-Spieler in einem Ritter-ungeeigneten Setting den Anspruch auf's Ritter-Spielen aufrechthalten darf, der Nicht-Kombattanten-Spieler hingegen nicht eimal in einem 'normalen' Setting den Anspruch darauf, einen Zuschauer/Wasserträger im Kampf zu spielen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 3.01.2012 | 19:12
Dieses Ausklammern jeglichen persönlichen Bezuges zum Kampfgeschehen würde für das durchschnittliche Interesse an solchen Szenen von "irgendwo vorhanden" und "sollte mich einbringen" zu "soll sich jemand anders mit abplagen" und "wo ist der nächste lesbare text in Griffweite" verfallen lassen.

Ich verstehe nicht, was du mir damit sagen willst. Hier geht es um die regeltechnischen Herangehensweisen, wie man einen nicht-tödlichen Kampf umsetzen kann. Ob die Spieler kämpfen wollen oder nicht, ist überhaupt nicht gefragt. Wenn die Spieler keinen Kampf wollen (oder keinen nicht-tödlichen Kampf), dann fällt das unter die Frage: Welche Art von Szenen kennt ihr/wollt ihr spielen?

Die Motivation der Charaktere, SCs und NSCs, ist eine ganz andere Sache, und diese alleine sollte Ausschlag geben, wieviel Moralpunkte jede Seite zur Verfügung hat (oder in YYs Variante, wieviel Moralschaden jede Seite hinnimmt). Über die Motivation der SCs entscheiden natürlich die Spieler, über die Motivation der NSCs die SL.

Das Problem an der Methode liegt tatsächlich aus meiner Sicht darin, dass sie von den Spielern eine Bereitschaft abverlangt, sich aus eigenem Antrieb zu überlegen, was ihre SCs erreichen wollen, welchen Risiko sie dafür einnehmen und auch den Spielern die Bereitschaft abverlangt, eine Niederlage ihrer SCs als solche zu akzeptieren und trotzdem weiterzuspielen. Aber das gehört eher in den Bereich über freies Spiel.

OT
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Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 3.01.2012 | 23:15
@ YY
Dein System ist sehr schön, wenn man einen Kampf abstrakt ausspielen will. (z.B. bei Massenkämpfen, wo die einzelnen Charaktere eh nicht individuell handeln. Oder bei eher erzählorientierten Spielen wie PtA.)

Aber bei den gewöhnlichen Kampfregeln bei den Standard-RPGs ist soetwas nicht nötig:
Ob man aus einem Hinterhalt fliehen kann, ergibt sich daraus, ob man eine Schneise in den Gegner schlagen kann. Ob man bei einem gewöhnlichen Kampf fliehen kann, ergibt sich daran, ob man schneller als der Gegner ist und ob man bereits ist, sich noch einen Passierschlag einzufangen, wenn man abhaut.

Und wenn die Kutsche mit dem Gold nach Westen fährt, weil die Pferde durchdrehen, aber die Räuber nach Osten abhauen, dann müssen sich die SCS eben entscheiden, ob sie den Räubern oder der Kutsche hinterherrennen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 4.01.2012 | 00:19
Das brauchst du mir nicht sagen - unter Anderem das meine ich, wenn ich (was durchaus öfter vorkommt) sage, dass sich solche Dinge "natürlich" aus der Regelanwendung ergeben (sollen).


Ich bin grundsätzlich kein großer Freund von allzu starker Abstraktion in Spielsystemen im Allgemeinen und Kampfregeln im Besonderen.
Das muss dann schon ziemlich elegant gemacht sein, um mir zu gefallen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 4.01.2012 | 08:06
@Eulenspiegel, YY:

Wenn sich sowas natürlich aus vorhandenen Regeln bereits ergibt, ist die Frage, warum es so selten im Spiel passiert, dass Kämpfe zu einem nicht-tödlichen Ende geführt werden?

Klar habe ich auch schon Rückzug der SCS erlebt, und auch meine NSCs strecken manchmal die Waffen oder fliehen, aber häufig ist das eben nicht der Fall.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 4.01.2012 | 09:49
Wenn sich sowas natürlich aus vorhandenen Regeln bereits ergibt, ist die Frage, warum es so selten im Spiel passiert, dass Kämpfe zu einem nicht-tödlichen Ende geführt werden?

Klar habe ich auch schon Rückzug der SCS erlebt, und auch meine NSCs strecken manchmal die Waffen oder fliehen, aber häufig ist das eben nicht der Fall.

Vielleicht hängt es damit zusammen, daß die bespielten Plots eher selten so mundan sind, wie "verdrängt die gelangweilten Landsknechte aus der Provinz X" oder "sichert die Handelsroute durchs Reichsinnere" sondern eher Konforntationen mit fanatischen Kultisten, mythischen Monstern und Vernichtungsfeldzügen unbekannter Aliens zu tun haben, in denen Aufgabe von Zielen, Kommunikation mit dem Feind, teilweise erreichbaren Vorgaben, u.# nicht so häufig möglich ist.

Und wenn es möglich ist, wird es ja durchaus gemacht - mir zumindest sind Szenen von fliehenden Räubern, ein Monsterlager ungehenden Charakteren oder einer monitären, diplomatischer Lösung einer Besitzrechtsstreitigkeit oder schlichtes Ignorieren verpönter magischer Praktiken oder zweifelhafter Abstammung durchaus geläufig.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 4.01.2012 | 10:24
Wenn sich sowas natürlich aus vorhandenen Regeln bereits ergibt, ist die Frage, warum es so selten im Spiel passiert, dass Kämpfe zu einem nicht-tödlichen Ende geführt werden?
Also zumindest bei uns ist das alles andere als selten. Wir machen bei uns Haufenweise Gefangene bzw. der Gegner haut ab.

Warum es bei anderen Gruppen anders aussieht: Vielleicht wollen die Spieler die Sau rauslassen. Ein toter Gegner verschafft ihnen mehr Spaß als ein geflohener Gegner.

Zitat
Klar habe ich auch schon Rückzug der SCS erlebt, und auch meine NSCs strecken manchmal die Waffen oder fliehen, aber häufig ist das eben nicht der Fall.
Wenn es dich als SL stört, dann lasse deine NSCs einfach häufiger fliehen. Es gibt nun wirklich niemanden, der dich daran hindert. (Außer, dass die Spieler vielleicht wollen, dass die NSCs sterben. - Aber diesen Wunsch kann man wohl kaum mit Regeln Einhalt gebieten.)

Aber welches System spielt ihr denn?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 4.01.2012 | 14:19
Also zumindest bei uns ist das alles andere als selten. Wir machen bei uns Haufenweise Gefangene bzw. der Gegner haut ab.

Haben wir hin und wieder auch, mich ärgert es aber, wenn es vom System nicht wirklich vorgesehen ist oder unterstützt wird.

Warum es bei anderen Gruppen anders aussieht: Vielleicht wollen die Spieler die Sau rauslassen. Ein toter Gegner verschafft ihnen mehr Spaß als ein geflohener Gegner.

Nein, das liegt, glaube ich, eher daran, dass von den Systemen der nicht-tödliche Kampf eher als beigeordnete Alternative präsentiert wird, und es auch spielmechanisch keinen wirklichen Sinn ergibt, Gefangene zu machen. Natürlich kann ich da als SL steuernd eingreifen und Belohnungen auf lebende Gefangene anbieten (wenn es zum Setting passt), aber meiner Meinung würde eine Kampfsystematik (und dazu eine Verhörsystematik) stärker das Verhalten in diese ERichtung fördern.

In vielen Rollenspielen weiß man einfach nicht, was man mit Gefangenen anfangen soll. Es gibt wenig Hinderungsgründe, sie zu töten, zumal sie oft nur als "zusätzliches moralisches Problem" geführt werden. Einer der wenigen spannenden Fälle tritt ja dann auf, wenn ein Charakter wirklich zur Gnade verpflichtet ist (und ja, ein Paladin, der ohne Prozess Kriegsgefangene tötet, ist mMn nicht LG), wenn die Gruppe nicht von sich aus moralische Konflikte der Protagonisten zum Spielthema machen möchte (und selbst da würden Regeln helfen).

Wenn es dich als SL stört, dann lasse deine NSCs einfach häufiger fliehen. Es gibt nun wirklich niemanden, der dich daran hindert.

Das mache ich ja, aber es fühlt sich so "unspielig" an, weil es die Entscheidungen überhaupt nicht in eine Systematik einbindet.

Aber welches System spielt ihr denn?
[/quote]

System: Unterschiedliches, momentan leite ich Earthdawn und SW: Sundered Skies, aber ich will bald mal wieder D&D4 leiten (und habe Interessanten gefunden, Hurra). Bei SW gibts wenigstens für den Großgruppenkampf die Moralwürfe, aber wie gesagt, mir wäre ein System am Liebsten, in das Spielerentscheidungen bei der Auswahl des Risikos einfließen und in Spielwerte umgewandelt werden. Reine Moralsysteme, die unabhängig vom Spieler funktionieren, sind für mich erstmal nur die zweitbeste Lösung, oder sogar die drittbeste.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Eulenspiegel am 4.01.2012 | 15:52
In vielen Rollenspielen weiß man einfach nicht, was man mit Gefangenen anfangen soll. Es gibt wenig Hinderungsgründe, sie zu töten, zumal sie oft nur als "zusätzliches moralisches Problem" geführt werden.
Klar, da spricht ja auch erstmal nichts dagegen. (Disclaimer: Jetzt im Spiel. Im RL sprechen natürlich moralische Gründe dagegen.)

Im Spiel werden die Gefangenen verhört. Und wenn es dann keine entsprechenden Gefängnisse in der Nähe gibt, werden sie nach dem Verhör getötet, falls wir keinen moralischen SC dabei haben. Aber das ist in einem mittelalterlichen Setting nicht ungewöhnlich: Damals gingen auch die Siegertruppen über das Schlachtfeld und töteten die verletzt zurückgebliebenen Gegner.

Aber die Frage, ob ich Gefangene nach dem Verhör töte oder am Leben lasse, hat nichts mehr mit dem Kampfsystem zu tun. Die Frage, wie ich mit Gefangenen, Verwundeten etc. umgehe, ist etwas, das komplett NACH dem Kampf abläuft.

Zitat
Einer der wenigen spannenden Fälle tritt ja dann auf, wenn ein Charakter wirklich zur Gnade verpflichtet ist (und ja, ein Paladin, der ohne Prozess Kriegsgefangene tötet, ist mMn nicht LG), wenn die Gruppe nicht von sich aus moralische Konflikte der Protagonisten zum Spielthema machen möchte (und selbst da würden Regeln helfen).
Also wenn ich mir die Kreuzritter so anschaue (die imho die historische Entsprechung eines Paladins sind), dann waren die alles andere als LG.

Was die regeltechnische moralische Verrohung angeht, finde ich persönlich das System von Unknown Armies ganz gut. - Aber man kann natürlich auch das WoD-Moralsystem nehmen.
Aber beide haben nichts mit dem Kampf zu tun sondern sind nur für die Frage relevant, wie es nach dem Kampf weitergeht.

Zitat
Das mache ich ja, aber es fühlt sich so "unspielig" an, weil es die Entscheidungen überhaupt nicht in eine Systematik einbindet.
Und ich finde, es fühlt sich so "unrollenspielerisch" an, wenn ich etwas nur aufgrund einer Regelsystematik tätige.

Der Ork weiß ja zum, Beispiel im Allgemeinen nicht, ob ich ihn nun töten, gefangen nehmen oder nur vertreiben möchte. Und andersherum liegt es natürlich am Spieler ob er volles Risiko fährt und bis zum Umfallen kämpft oder ob er den Kampf abbricht und abhaut, sobald er merkt, dass es schlecht für ihn läuft.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 4.01.2012 | 16:13
Wenn sich sowas natürlich aus vorhandenen Regeln bereits ergibt, ist die Frage, warum es so selten im Spiel passiert, dass Kämpfe zu einem nicht-tödlichen Ende geführt werden?

A) Gegner-/Settingbedingt (wie Naldantis schon sagte) - bei wahnsinnigen Chaosmagiern, irren Kultisten, geifernden Zombies, jedwedem untotem Gelichter usw. macht man eben keine halben Sachen.

Viele Settings bemühen sich mMn spürbar, entsprechend entmenschlichte Gegner bereitzustellen, die man ohne großes Nachdenken und/oder Reue über den Jordan schicken kann.

Wenn dann noch dazu kommt, dass die SCs kein großes Interesse an Gefangenen haben oder diese sowieso nicht sinnvoll unter kriegen, ist das Thema auch bei menschliche(re)n Gegnern durch.


 

B) Systembedingt - es gibt viele Systeme, bei denen es mehr oder weniger unmöglich ist, Gegner beim Gebrauch tödlicher Waffen "nur" kampfunfähig zu machen, ob nun zufällig oder absichtlich.
Wenn die Spanne zwischen Bewusstlosigkeit und Tod nur ein paar HP beträgt und über 0 HP grad mal gar kein Leistungsverlust eintritt - wo soll es denn dann noch herkommen?


Gegenbeispiel:
SW macht es bei größeren Kämpfen einfach so, dass Extras im Kampf immer nur kampfunfähig gemacht werden - eine genauere Trennung nach Toten und Verwundeten wird später ausgewürfelt. So hat man immer einen gewissen Anteil zunächst nicht Getöteter.

Wobei sich dieses Vorgehen mMn um das Kernregelproblem (wenn man es denn so nennen will) herum mogelt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 4.01.2012 | 16:19
Was mich mal interessieren würde, man hört manchmal, das man (ohne Rüstung oder wenns ein Streiftreffer ist) bei einem Schwerttreffer eigentlich so gut wie tot ist, egal wo man getroffen wird. Stimmt das so? 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 4.01.2012 | 17:10
Nein.

Ich kann auch nicht ganz nachvollziehen, wie man darauf kommt...aber evtl. ist das was für einen eigenen Thread, wo sich die anwesenden Ärzte bei Lust und Zeit mal auslassen können  ;)


Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: ErikErikson am 4.01.2012 | 17:31
Das stand im L5R Regelwerk, die haben das angeblich von einem Schwertmeister. Vielleicht hat der sie verarscht und es war in echt ein Sushiverkäufer.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Samael am 4.01.2012 | 17:50
Was mich mal interessieren würde, man hört manchmal, das man (ohne Rüstung oder wenns ein Streiftreffer ist) bei einem Schwerttreffer eigentlich so gut wie tot ist, egal wo man getroffen wird. Stimmt das so?  

Ich nehme an, das ist auf einen richtigen schneidenden / hackenden Wirkungstreffer bezogen. In dem Fall glaube ich, dass man meist an massivem Blutverlust / Schock sterben wird. Ich habe mal so ein Schwertkampf-Enthusiasten Fachbuch in der Hand gehabt, da waren die Auswirkungen von Schwerttreffern an aufgehängten Reh- und Schweinekadavern demonstriert. Wenn so ein Schwert trifft, dann schneidet das eben mehr als nur 2-3 cm tief ins Fleisch.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Turning Wheel am 5.01.2012 | 09:52
A) Gegner-/Settingbedingt
Viele Settings bemühen sich mMn spürbar, entsprechend entmenschlichte Gegner bereitzustellen, die man ohne großes Nachdenken und/oder Reue über den Jordan schicken kann.

B) Systembedingt - es gibt viele Systeme, bei denen es mehr oder weniger unmöglich ist, Gegner beim Gebrauch tödlicher Waffen "nur" kampfunfähig zu machen, ob nun zufällig oder absichtlich.
Wenn die Spanne zwischen Bewusstlosigkeit und Tod nur ein paar HP beträgt und über 0 HP grad mal gar kein Leistungsverlust eintritt - wo soll es denn dann noch herkommen?

Gegenbeispiel:
SW macht es bei größeren Kämpfen einfach so, dass Extras im Kampf immer nur kampfunfähig gemacht werden - eine genauere Trennung nach Toten und Verwundeten wird später ausgewürfelt. So hat man immer einen gewissen Anteil zunächst nicht Getöteter.
Wobei sich dieses Vorgehen mMn um das Kernregelproblem (wenn man es denn so nennen will) herum mogelt.

Was für Spielsysteme am Markt gibt es denn so, die weder Setting- noch Systembedingt zu möglichen nichttödlichen Kämpfen führen und sich trotzdem nicht drumherummogeln?
Mir würde PhoenixCommand einfallen (und seine Ableger wie z.B. Aliens Adventuregame). Ist aber trotzdem sehr tödlich.
RuneQuest hat das Major Wounds System, das teilweise kampfunfähig macht, aber das geht mir nicht weit genug.
Weiß jemand, ob Harnmaster in die Richtung was hat?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Maarzan am 5.01.2012 | 12:54
Harnmaster hat mit Sturz, Entwaffnungs und Bewußtseinprüfungen noch so einige mögliche Eregbnisse, welche Flucht, Ergeben oder Bewustlosigkiet nach sich ziehen könnten. Gerade bei etwas mehr Rüstung waren die auch eher wahrscheinlich als direkt tödliche Treffer meine ich mich zu erinnern. Gefährlich wurde dann die potentielle Heilung bzw. Komplikationen dabei.
Auch bei Rolemaster gab es mit Hitpoints und Benommenheitsüberschlag einige KO-Kriterien.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 5.01.2012 | 14:59
Klar, da spricht ja auch erstmal nichts dagegen. (Disclaimer: Jetzt im Spiel. Im RL sprechen natürlich moralische Gründe dagegen.)

Ganz so pessimistisch sehe ich das nicht, mitlerweile entwickelt sich ja sowas wie rin Kriegsstrafrecht, das zu den moralischen Argumenten auch juristische Konsequenzen androht, und in Kriegen spielt auch die Frage eine Rolle, inwieweit eine schlechte Behandlung von Kriegsgefangenen die Gegenseite zu Racheaktionen verleitet.

Im Spiel werden die Gefangenen verhört. Und wenn es dann keine entsprechenden Gefängnisse in der Nähe gibt, werden sie nach dem Verhör getötet, falls wir keinen moralischen SC dabei haben. Aber das ist in einem mittelalterlichen Setting nicht ungewöhnlich: Damals gingen auch die Siegertruppen über das Schlachtfeld und töteten die verletzt zurückgebliebenen Gegner.

Eben: Settingabhängig. Und damit genreabhängig. In einem Raumschiff-Enterprise-Setting wäre das untragbar, und selbst in Star Wars ginge das nur unter Schmerzen (wenn man nicht gerade Kopfgeldjäger oder Imperium spielt). In einem romantisierten Artus-Setting wäre das eine Katastrophe.

Aber die Frage, ob ich Gefangene nach dem Verhör töte oder am Leben lasse, hat nichts mehr mit dem Kampfsystem zu tun. Die Frage, wie ich mit Gefangenen, Verwundeten etc. umgehe, ist etwas, das komplett NACH dem Kampf abläuft.

Jein. Das Kampfsystem gibt letztlich Auskunft darüber, welche Resultate der Kampf aus sich heraus produziert. Wenn die Kampfregeln nur auf Sieg oder Tod herauslaufen, und nicht-tödliche Aktionen/Angriffe (bewusstlos schlagen) sogar erschweren oder nur schwach belohnen (Einschüchtern erzeugt nur zeitlich begrenzte Wirkung), dann ist es eben nicht verwunderlich, dass die tödlichsten Mittel bemüht werden.

Ansonsten hast du Recht, der Umgang mit Gefangenen ist eher ein Teil des Systems für soziale Konflikte (und anderer Regelteile) und führt über diesen Thread hinaus.

Also wenn ich mir die Kreuzritter so anschaue (die imho die historische Entsprechung eines Paladins sind), dann waren die alles andere als LG.

Zwar auch etwas OT, aber trotzdem: beim Paladin würde ich sagen, dass für dessen Konzept eher die Ritterromantik und die Idealisierung des Ritters Pate stand. Paladine sind eben nicht realistisch, selbst wenn es ein paar Ritter gegeben haben mag, die deutlich mehr waren als brutale Totschläger. Das ganze Konzept des edlen Rittertums war ein Versuch, eine Kriegerkaste zu "zähmen", der wahrscheinlich noch weniger erfolgreich war als das Folterverbot der UN. Aber wie gesagt: Realitätssimulation ist nur eine Art, PG zu spielen, darum gibts den Paladin bei D&D.

Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 5.01.2012 | 18:48
Was für Spielsysteme am Markt gibt es denn so, die weder Setting- noch Systembedingt zu möglichen nichttödlichen Kämpfen führen und sich trotzdem nicht drumherummogeln?

(Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, wovon ich aufgrund der genannten Systeme mal ausgehe)

GURPS (4).

Dort ist es für Normalsterbliche relativ leicht, von einem einzelnen guten Treffer aus verschiedenen Gründen kampfunfähig zu werden (oder zumindest schwer ins Hintertreffen zu geraten), aber relativ schwer, an einem einzelnen solchen Treffer direkt einzugehen.

Kommt natürlich auch vor, aber die Regel ist es eher, dass ein Zweikampf insbesondere mit Nahkampfwaffen spürbar vor dem Tod eines der Beteiligten so gut wie entschieden und das Ergebnis absehbar ist.
Da hat der Überlegene recht oft Gelegenheit, Gnade walten zu lassen und der Unterlegene kann auch recht gut erkennen, wann er besser mal aufgeben oder lange Füße machen sollte.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Naldantis am 6.01.2012 | 09:43
Zwar auch etwas OT, aber trotzdem: beim Paladin würde ich sagen, dass für dessen Konzept eher die Ritterromantik und die Idealisierung des Ritters Pate stand. Paladine sind eben nicht realistisch, selbst wenn es ein paar Ritter gegeben haben mag, die deutlich mehr waren als brutale Totschläger. Das ganze Konzept des edlen Rittertums war ein Versuch, eine Kriegerkaste zu "zähmen", der wahrscheinlich noch weniger erfolgreich war als das Folterverbot der UN. Aber wie gesagt: Realitätssimulation ist nur eine Art, PG zu spielen, darum gibts den Paladin bei D&D.

Naja, auch D&D hat irgendwann den Paladin vom Chevalier getrennt, um damit auch spirituelle Krieger für Maya, Hunnen, Indianer und andere Kulturen und Rassen freizumachen.
Den Antipladin gab es schon früh im Dragon, davor noch den Avenger für nicht-LG-Götter, und ab der 3. Ed. gibt es Paladine für jede Rasse und jeden Kult.
Auch in anderen Systemen ist die Paladinklasse nicht unbedingt auf den strahlende Ritter festen Glaubens hoch zu Roß eingeschränkt, z.B. der Ordenskreiger in Midgard hat die freie Götterwahl, gerne auch Krieg, Tod oder Fruchtbarkeit.

Ach ja, es gab auch im Deutschen verschiedene Titel 'Paladin', die nicht unbedingt für die Tugenden der Tafelrunde standen.

Es ist halt eine elementarer Unterschied zur Realität, wenn im RPG aufeinmal Götter und MAgie, Karma und Moral reale, handfeste, meßbare Dinge mit Auswirkungen sind.




Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Oberkampf am 6.01.2012 | 14:45
Es geht mir eher um den ursprünglichen Entwurf des Paladins, aber egal wie man das Kind nennt, es gibt immer die Wahl zwischen einem "realen" Vorbild und einer Idealfigur. Das gleiche Prinzip wie beim Samurai oder jeder anderen idealisierten Kriegergestalt mit eigenem Kodex. Entweder man macht das Spiel für so eine idealisierte Lichtgestalt spielbar, oder man konzipiert sie gar nicht in sein Spiel hinein. Wieviele tausend Streitereien gibt es, ob LG auch "lawful stupid" heißen muss?

In einem "realistischen" grim & gritty Setting ist LG völlig daneben und wer so spielt verdient es, seinen Charakter jedesmal aufs neue zu verlieren. Gleiches gilt für das weniger realistische Sword & Sorcery.
In einem genretypischen Noir Setting ist LG (oder zumindest Gut) kein garantiert erfolgsversprechender Pfad, aber ein spielbarer. (Klassische Noir Detektive sind unter der ganzen hard boiled Oberfläche eigentlich gut.)
In einem (märchenhaften) High Fantasy Setting können solche lichtgestalten vollkommen angemessen sein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 21.04.2024 | 01:22
Das Thema ist zwar betagt, jedoch aufgrund elementarer Natur zu jeder Zeit aktuell.

Was sollte ein Regelwerk können? Realitätsnahe Antworten auf jede simulierte Situation liefern, ohne dabei in Unspielbarkeit abzurutschen. Welches Regelwerk tut dies zufriedenstellend? Keines. Somit sind alle bis dato veröffentlichten Werke obsolet.

Moment, legt die Tomaten erst mal weg.

Welche Inhalte in welchem Maße Berücksichtigung finden sollen, obliegt dem Konsens der gesamten Spielerschaft. Dies gewährleistet, dass das maximalsimulatorische Lager bedingungslos bedient werden und das gamistische Lager den Abstraktionsgrad selbstbestimmt festlegen kann.

Es wurde eingangs erörtert, dass insbesondere die Konfliktsimulation ein Kernelement eines jeden RPG's ist. Zahlreiche literarische Studien und Reenactment-Experimente haben gezeigt, dass es unmöglich ist, alle erdenklichen Konfliktsituationen in einer detailliert simulierten Universallösung abbilden zu können. Wie also sollte man dieser Problematik mit spielbaren Mechanismen Herr werden? Nicht mit abstrakten oder komplizierten Schlagabtauschsystemen, die Trefferwurf, Schadenswurf, Trefferzonenwurf, usw. erfordern. Ein Schwert zu führen ist schlicht eine Fertigkeit, wie jede andere. Sich in einer bestimmten Rüstung zu bewegen oder ein Schild zu führen ebenso. Demzufolge ist ein Konflikt nicht mehr, als eine Reihe von Duellen zweier Expertisen opponierender Fertigkeiten, die situationsbedingt modifiziert sein können. Wie gestaltet sich dies? In einer Abfolge cinematischer Zeitsegmenten. Dabei errechnet Kontrahent A seine Offensivexpertise und subtrahiert die errechnete Defensivexpertise von Kontrahent B. Resultat ist die Erfolgswahrscheinlichkeit, mit der Kontahent A seinem Gegner signifikante Verletzungen zufügt. Dieser Wert ist, wie bei Prozentwürfen üblich zu unterwürfeln. Gleichzeitig errechnet Kontrahent B seine Offensivexpertise und subtrahiert die errechnete Defensivexpertise von Kontrahent A, was zur Erfolgswahrscheinlichkeit von Kontrahent B führt. Beide würfeln nun simultan. Besseres Unterwürfeln führt zu verheerenderen Verletzungen, wobei Ergebnisse tabellarisch nach Waffen- und Rüstungsart abgelesen werden. Wucht und Rüstungsschutz werden gegengerechnet. Es ist somit möglich, dass sich zwei identische Ergebnisse bei unterschiedlicher Panzerung unterschiedlich auswirken.

Ich habe x-fach die Erfahrung gemacht, dass Spieler dazu neigen, nicht charakterkonform zu handeln (RPG's sind wie der Name verrät keine Egozentrik-Spiele). Man muss sie zum charaktergerechten Spiel zwingen. Daher halte ich Moral-/Furcht- und Ambivalenzchecks aller Art für sinnvoll.
     
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 21.04.2024 | 15:10
Frage ist halt: wollen die Spieler wirklich das simulieren, was in unserer Welt passiert, wenn sich zwei oder mehr ans Leder wollen, oder geht es meist nicht viel mehr darum, dass simuliert wird, was in den beliebtesten und höchstgeschätzten Fantasy-Romanen oder Sciencefiction-Filmen dargestellt wird?

Die Folgefrage wäre: was sind die literarischen Vorgaben, die du simulieren willst?

Selbst wenn du jeder Form von High Fantasy oder Cinematik ablehnst, muss es ja Texte oder Reportagen geben, die als Blaupause dafür dienen können, was du erreichen willst.

Irgendwelche Beispiele dafür? Das wäre super hilfreich!
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 21.04.2024 | 16:48
Medieval Swordsmanship by John Clements, published 1998 by Paladin Press
Literatur dieser Art läßt sich für nahezu jede Epoche finden.
Die Entwickler einiger RPG's (Chivalry & Sorcery, Hârnmaster und The Riddle of Steel) stützen ihre Werke auf umfängliche Studien solcher Literatur. TRoS greift sogar auf umfängliche Reenactment-Erfahrungen zurück.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 21.04.2024 | 16:53
Frage ist halt: wollen die Spieler wirklich das simulieren, was in unserer Welt passiert, wenn sich zwei oder mehr ans Leder wollen, oder geht es meist nicht viel mehr darum, dass simuliert wird, was in den beliebtesten und höchstgeschätzten Fantasy-Romanen oder Sciencefiction-Filmen dargestellt wird?
Fantastische Spinnereien sind fiktiv. Was nicht existiert, lässt sich nicht simulieren, sondern nur spekulativ erörtern.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 21.04.2024 | 18:38
Fantastische Spinnereien sind fiktiv. Was nicht existiert, lässt sich nicht simulieren, sondern nur spekulativ erörtern.

Ich würde behaupten, dass sich jede Textvorlage simulieren lässt. Vielleicht bevorzugst du den Begriff "abbilden". Wenn du die Wirklichkeit abbilden willst, ist "simulieren" ja auch nur ein Synonym dafür.

Zitat
aus simulāre (lat): ähnlich machen, nachahmen, zum Schein äußern oder vorgeben, sich stellen als ob
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 21.04.2024 | 18:42
Medieval Swordsmanship by John Clements, published 1998 by Paladin Press
Literatur dieser Art läßt sich für nahezu jede Epoche finden.
Die Entwickler einiger RPG's (Chivalry & Sorcery, Hârnmaster und The Riddle of Steel) stützen ihre Werke auf umfängliche Studien solcher Literatur. TRoS greift sogar auf umfängliche Reenactment-Erfahrungen zurück.

Danke! Interessant! Gibt es auch irgendeinem Roman oder Film, der deinen Ansprüchen gerecht wird? Oder scheitert der gesamte Weltkanon der Fiktion an deinen Vorgaben?

Falls letzteres der Fall ist, finde ich die Frage berechtigt, wie und warum man in Echtzeit gemeinsam am Spieltisch das umsetzen können sollte, woran alle Autoren bei unbegrenzter Zeit zum Ausknobeln der perfekten Authentizität scheitern.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 21.04.2024 | 18:59
Solange Bäume nicht invertiert ins Erdreich wachsen und Melonenkerne keine Atompilze hinterlassen hat Fiktion durchaus Unterhaltungswert.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 21.04.2024 | 19:13
Solange Bäume nicht invertiert ins Erdreich wachsen und Melonenkerne keine Atompilze hinterlassen hat Fiktion durchaus Unterhaltungswert.

Klar, aber was sind deine absoluten Favoriten?

Welche Bücher ensprechen deinen Ansprüchen?
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 21.04.2024 | 19:56
Romane lese ich schon seit Jahrzehnten nimmer. Dafür seziere ich nach wie vor jedes noch unbekannte Rollenspielregelwerk und schaue Filme. CGI's sind Pflichtprogramm, da ich diese sammle. Ansonsten ist die Filmindustrie nimmer das, was sie mal war. Der Fantasyfilm ist wohl seit HdR ausgestorben und SciFi taugt meist auch nix mehr. Insbesondere Star Wars ist seit Disney nur noch Trash. Der ganze Superheldenmist hat mich nie geflasht. 
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: unicum am 21.04.2024 | 21:50
Phoenix Command ist imho eine recht gute Simulation es ist auch nicht komplett unspielbar deswegen aber - und das wird am Anfang dieses Regelwerkes, das sich selbst nicht als RPG bezeichnet, darauf hingewiese dass, sollte man es als RPG benutzen, man die tödlichkeit etwas herunterschrauben sollte.
Meines Wissens wurden aus Phoenix Command zwei Regelwerke abgeleitet - Living Steel und "Aliens Adventuere Game" von 1991, für genaueres müsste ich in den Keller gehen da sind irgendwo die 3 Regelwerke.

Ich weis jezt aber auch nicht was an einer mehr oder weniger realistischen Simulation der "perfekte" Kampf (im Rollenspiel) sein soll.

Ich habe x-fach die Erfahrung gemacht, dass Spieler dazu neigen, nicht charakterkonform zu handeln (RPG's sind wie der Name verrät keine Egozentrik-Spiele). Man muss sie zum charaktergerechten Spiel zwingen. Daher halte ich Moral-/Furcht- und Ambivalenzchecks aller Art für sinnvoll.

Meine erfahrung, aus gesprächen mit WKII Veteranen (mittlerweile alle unter der Erde) und Berichte aus dem WKII sagt aber auch aus das manche Moralsituationen etwas schwierig in Regeln zu gießen sind (worauf hier und da auch in PC eingegangen wird).

Oder anderst formuliert, vieleicht spielen Spieler auch einfach häufiger "Irregulär A+++" und anstatt unter beschuss zu brechen werden sie ungestüm und machen einen Sturmangriff.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: tartex am 21.04.2024 | 22:08
Der Fantasyfilm ist wohl seit HdR ausgestorben und SciFi taugt meist auch nix mehr.

Klingt so als könnte man die HdR-Filme dann ja also Vorlage dafür verwenden, was für dich okay wäre.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 22.04.2024 | 00:09
Phoenix Command ist unnötig aufgebläht. Mich interessiert es wenig, ob ein Akteur in 25 Minuten krepiert oder eine Minute länger durchhält. Allerdings sind einige Zusatzregeln als Steinbruch durchaus nützlich.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: unicum am 22.04.2024 | 16:59
Phoenix Command ist unnötig aufgebläht. Mich interessiert es wenig, ob ein Akteur in 25 Minuten krepiert oder eine Minute länger durchhält. Allerdings sind einige Zusatzregeln als Steinbruch durchaus nützlich.

Ja wie, da kommt man mit einer imho guten Simulation daher und dann ist es aufgebläht,...

Imho spielt es sich recht flüssig wenn man es einigermassen drauf hat, mir lief es jedenfalls flüssiger von der Hand als mein DSA 3d20 versuch. Wobei erstes in den 90ern war und lezteres erst vor ein paar Jahren.

Kannte auch einige Leute die immer wieder das Aliens RPG (davon abgeleitet) gerne auf Cons angeboten haben, so oft das einer davon den Spitznamen Alien-Schorsch (oder so ähnlich) hatte - die Runden waren immer wieder voll und wurden immer wieder empfohlen. Der eigentliche Strangersteller hier müsste den auch kennen ;)

ps: Natürlich ist es in einem Szenario wichtig ob man nach 25 oder 26 Mintuen das bewustsein verliert wenn man die Brücke von Arnheim 30 Mintuen halten soll.

pps: Ich würde es auch nicht als RPG verwenden, es ist einfach ... zu realistisch. Ich meine wieviele Volltreffer (maximaler waffen Schaden) mit einem Langschwert kann ein D&D LV20 Magier einstecken - und warum ist das Levelabhänig und warum steckt der Barbar deutlich mehr davon weg? Ich für mich denke das ich nach einem Volltreffer eines Langschwertes zu Boden gehe oder so schnell es eben noch geht das weite suche.

Ja warum? Ganz einfach weil es keine Simulation sein will, sondern ein Spiel das die Masse spielen will. Ich würde jezt auch nicht Matlab/Simulink oder eines der anderen Programme die ich in Simulation kennengerlernt habe als Hintergrund für ein Spiel nehmen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Arldwulf am 22.04.2024 | 17:15
Wobei man dazu sagen muss, dass Trefferpunkte bei D&D auch solche Dinge wie Glück beim Ausweichen, Stabilität der Rüstung und eben Kampfmoral entsprechen. Den "Volltreffer mit dem Langschwert" hast du dort also noch nicht bekommen, bloß weil ein Gegner einen "Treffer" würfelt.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 22.04.2024 | 21:21
Ja wie, da kommt man mit einer imho guten Simulation daher und dann ist es aufgebläht,...

Es hat schon an ein einigen Stellen ziemliche Pseudogenauigkeit, sprich es gaukelt eine nicht erreichbare Simulationspräzision vor.
Da täte ein bisschen weniger Zoomstufe gut.

Allgemein würde ich den "Heiligen Gral" in Sachen Simulationismus auch eher am anderen Extrem verorten, also bei einem vergleichsweise einfachen System, das teils trotzdem und teils deswegen ordentliche Ergebnisse liefert.

... Den "Volltreffer mit dem Langschwert" hast du dort also noch nicht bekommen, bloß weil ein Gegner einen "Treffer" würfelt.

Dann müsste das Regelwerk aber zumindest auch Situationen anerkennen, in denen die genannten Faktoren keine Rolle spielen und man daher die HP komplett außen vor lässt.
Machen z.B. Stars Without Number oder Warpstar! so.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Arldwulf am 23.04.2024 | 00:22
Dann müsste das Regelwerk aber zumindest auch Situationen anerkennen, in denen die genannten Faktoren keine Rolle spielen und man daher die HP komplett außen vor lässt.
Machen z.B. Stars Without Number oder Warpstar! so.

Ich denke von müssen kann dort keine Rede sein, letztlich geht es nur darum sich klarzumachen was abgebildet werden soll. Und das ist in diesem Fall halt: "wie lange kannst du noch weiterkämpfen" und nicht "wie doll blutest du". Insofern haht halt das Langschwertbeispiel nicht so gut hin.

Letztlich gibt das System halt keine Antwort auf die Frage "warum genau kannst du nicht mehr " und überlässt dies dem Spieler und der konkreten Spielsituation.

Aber ich stimm natürlich zu, dass es Systeme gibt die die einzelnen Faktoren detaillierter auftrennen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Raven Nash am 23.04.2024 | 10:40
Medieval Swordsmanship by John Clements, published 1998 by Paladin Press
ROFL
Clements, DIE Lachnummer des HEMA. "Flat of my strong!" Herumhüpfen in Strumpfhosen und dazu wirres Zeug labern, und sich in einer sektenartigen Gruppierung vor denen verstecken, die nicht seinem Weg folgen wollten.  ~;D
Er war einer der ersten - leider war er schnell davon überzeugt, bereits alles Wissen und Können zu besitzen.
Das Buch war schon bald nach Erscheinen outdated (und auch nicht gut).
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: unicum am 23.04.2024 | 15:40
Wobei man dazu sagen muss, dass Trefferpunkte bei D&D auch solche Dinge wie Glück beim Ausweichen, Stabilität der Rüstung und eben Kampfmoral entsprechen. Den "Volltreffer mit dem Langschwert" hast du dort also noch nicht bekommen, bloß weil ein Gegner einen "Treffer" würfelt.

Sorry ich sah den unterschied zuwischen Treffer und Volltreffer nicht in der Tatsache des Treffers sondern dem was danach beim Schaden ausgewürfgelt wird, also wenn der d6 die 6 zeigt und bei anderen Würfel genauso. Nichtmal unbedingt einen Kritt.

Aber ja - Rollenspiel ist eben -in den aller, allermeisten fällen- keine Simulation und imho ist das auch gut so, denn eigentlich will ich spielen und nicht jeden zweiten Spielabend eine neue Spielfigur erstellen - oder, alternativ so vorsichtig spielen das meiner Figur blos nichts passiert.

Insofern hab ich eigentlich kein Problem damit wenn man ein Konglomerat an "Dingen" in einem Wert "Trefferpunkte" zusammenführt.

Und im Prinzip ist das ja auch schon eine Simulation, "etwas" vereinfacht halt.
Hat aber halt wenig mit "echten" Simulationen zu tun. Aber irgendwie abstrahiert man in echten Simulationen ja auch immer, ansonsten wären die ja - nun nicht perfekt aber eben besser (oder eben: nicht durchführbar). (Perfekt geht nicht, weil erstens nie alle Daten vorliegen und zweitens Heissenberg und ...)
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Arldwulf am 23.04.2024 | 16:09
Ich denke letztlich sind die Regeln dort immer nur Werkzeuge. Ob ein einschüchternder Angriff nun beim Gegner eher die Möglichkeit senkt mir zu Schaden (z.B. mittels Trefferwürfemalus) oder aber diesem schadet (z.B. indem dies als "psychischer Schaden" von einem Trefferpunktepool abgezogen wird) oder aber den Gegner weglaufen lässt finde ich gar nicht so sehr entscheidend.

Eigentlich empfinde ich Systeme als am nützlichsten welche all diese Möglichkeiten und idealerweise noch mehr davon anbieten. Denn Kampfsituationen sind vielseitig und wenn die gleiche Mechanik für unterschiedliche Situationen angewendet wird entsteht leicht eine Trennung zwischen Erzählung, Vorstellung der Spieler und Spielgeschehen am Tisch.

Oder anders gesagt ich neige eher zu "gib mir alle Werkzeuge mit denen man so etwas darstellen kann" als nach dem einen perfekten zu suchen.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: YY am 23.04.2024 | 20:56
Ich denke von müssen kann dort keine Rede sein, letztlich geht es nur darum sich klarzumachen was abgebildet werden soll.

Da stand ja auch nicht muss, sondern müsste - wenn man die beschriebene Situation (oder auch die typischerweise als Beispiel herangezogene Armbrustbedrohung o.Ä.) abgebildet haben will.
Ich halte das für einen ziemlich großen blinden Fleck im "Grundbetrieb" von D&D-artigen Spielen, auch wenn das eigentlich leicht behoben ist.
Nebenbei senkt es meine Motivation für Kampfbeschreibungen bei großen HP-Zahlen auf Null.


Aber ja - Rollenspiel ist eben -in den aller, allermeisten fällen- keine Simulation und imho ist das auch gut so, denn eigentlich will ich spielen und nicht jeden zweiten Spielabend eine neue Spielfigur erstellen - oder, alternativ so vorsichtig spielen das meiner Figur blos nichts passiert.

Phoenix Command muss sich neben ein paar anderen Kandidaten allerdings den Schuh anziehen, unrealistisch (!) tödlich zu sein.
Titel: Re: Kampfmoral, war: Der "perfekte" Kampf
Beitrag von: Vanakalion am 24.04.2024 | 21:16
https://www.youtube.com/watch?v=vsVSu2qgL0k
Hârnmaster kommt den Ausführungen tatsächlich am Nächsten