Autor Thema: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6  (Gelesen 12839 mal)

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Offline munchkin

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #25 am: 16.11.2016 | 14:21 »
RuneQuest ist kein deutsches Rollenspiel und der deutsche Markt ist für (jetzt) Chaosium auch nicht interessant. Die Leute die RuneQuest spielen in Deutschland kaufen sich auch die Originale, da wäre eine deutsche  Ausgabe (von einem Supplement, nicht beim Regelwerk) theoretisch sogar eine Konkurrenz zum englichen Produkt. Das behindert natürlich die Verbreitung auf dem deutschen Markt, aber wen stört das? Chaosium nicht...

RQ6 wurde ja diversen deutschen Rollenspielverlagen angeboten, aber keiner war bereit sich darauf einzulassen. Unter anderem auch, weil man dann ein Konkurrenzprodukt zur eigenen Produktlinie veröffentlichen würde mit einem Regelwerk das im Vergleich nur wenige Fans in Deutschland hat.

Ein Vergleich mit Midgard (oder DSA) ist daher sinnfrei, da man RQ international betrachten muss.

Offline munchkin

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #26 am: 16.11.2016 | 14:24 »

... Apropos Erschöpfung und Trefferpunkte: Was RQ6 auch sehr schön macht, sind die "many ways to die" - ...


Ohja, bei RQ kann man sehr schnell an Erschöpfung sterben, vor allem wenn der SC krank ist   :gasmaskerly:

Swafnir

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #27 am: 16.11.2016 | 14:46 »
RuneQuest ist kein deutsches Rollenspiel und der deutsche Markt ist für (jetzt) Chaosium auch nicht interessant. Die Leute die RuneQuest spielen in Deutschland kaufen sich auch die Originale, da wäre eine deutsche  Ausgabe (von einem Supplement, nicht beim Regelwerk) theoretisch sogar eine Konkurrenz zum englichen Produkt. Das behindert natürlich die Verbreitung auf dem deutschen Markt, aber wen stört das? Chaosium nicht...

RQ6 wurde ja diversen deutschen Rollenspielverlagen angeboten, aber keiner war bereit sich darauf einzulassen. Unter anderem auch, weil man dann ein Konkurrenzprodukt zur eigenen Produktlinie veröffentlichen würde mit einem Regelwerk das im Vergleich nur wenige Fans in Deutschland hat.

Ein Vergleich mit Midgard (oder DSA) ist daher sinnfrei, da man RQ international betrachten muss.

Es ging mir ja auch im den Nostalgiefaktor und nicht die vertriebswege, Verbreitung oder sonstiges.

Für mich klingt das mit den vielen Arten zu sterben ein wenig kompliziert bzw. sehr buchhalterisch. Wie sieht denn die Welt aus, oder ist Runequest ohne Setting?

Offline munchkin

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #28 am: 16.11.2016 | 14:52 »
Das RuneQuest über das wir hier reden also Edition #6 ist ohne Setting. Gerade weil man kaum Buchhaltung hat, ist das System so toll.

Mit Nostalgie hat es meiner Meinung wenig zu tun. RQ6/ Mythras ist eine kontinuierliche Verbesserung des ursprünglichen BRP. Wenn ich Nostalgie will, spiele ich RQ2, aber RQ6 ist ein modernes Rollenspiel von dem sich andere Systeme gut was abgucken können.

Achamanian

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #29 am: 16.11.2016 | 20:59 »

Für mich klingt das mit den vielen Arten zu sterben ein wenig kompliziert bzw. sehr buchhalterisch.

Nö, ist es eigentlich nicht. Meistens stirbt man ja gerade nur auf eine Art auf einmal, und das ist dann ganz einfach.

Offline Blizzard

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #30 am: 17.11.2016 | 23:00 »
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?
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Offline Thot

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #31 am: 18.11.2016 | 05:36 »
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?

Ich würde sagen: Extrem, schon weil jeder normale Mensch etwas mit den Prozentwahrscheinlichkeiten des Fertigkeitssystems anfangen kann. Rechnerei gibt es nicht viel, auch bei der Charaktererschaffung nicht (darum gibt es auch nicht so viele Excel-Charakterbögen oder gar Java-Tools zur Charaktererstellung - es ist einfach unnötig).

Curwen

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #32 am: 18.11.2016 | 12:37 »
Neben all der Begeisterung eine kurze OT-Frage: Wie einsteigerfreundlich/-tauglich ist RQ 6 denn?

Ich kann mich Thot nur anschließen. Das System ist eingängig und wird trotz der Vielseitigkeit nicht komplizierter. Als ich Runequest 6 das erste Mal gelesen habe, war ich auch vom logischen Aufbau des Buches überrascht. Auch wenn ich neuen Spielern Runequest am Anfang grob umreiße, kommt immer wieder so eine Antwort wie "das ist ja einfach". Es hat viele "bewegliche Teile" möchte ich sagen, die aber nicht aus der Reihe tanzen.

Offline Blizzard

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #33 am: 18.11.2016 | 13:37 »
Vielen Dank für die Einschätzungen. :d Das hört sich doch gut an. So gut, dass ich es mir direkt mal bestellt habe. ;)
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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #34 am: 18.11.2016 | 17:54 »
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?
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Offline Thot

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #35 am: 18.11.2016 | 18:26 »
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Wer 51% in einer Fertigkeit hat, hat in einer "stressigen Situation" halt 51% Erfolgsschance mit dieser Fertigkeit. Ich habe noch keinen wenigstens annähernd erwachsenen Menschen getroffen, der den Zahlenraum bis 100 nicht überschaut, von daher wüsste ich nicht, wieso das ein Problem sein sollte.

Achamanian

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #36 am: 18.11.2016 | 18:31 »
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Ich stimme dir da zu - die 20er-Skala reicht eigentlich total. Andererseits ist die 100er-Skala für jeden ebenso leicht zu verstehen, und der W100 bietet noch ein paar interessante Extra-Möglichkeiten (man kann z.B. leichter Bruchteile eines Werts als Boni auf andere Werte anrechnen, was für RQ relevant ist; und was RQ zwar nicht macht, aber andere W100-Spiele, ist das ablesen unterschiedlicher Werte aus einem Wurf: Man kann der Einerstelle z.B. Trefferzonen zuordnen wie bei Renaissance oder der Summe der beiden Würfel einen Schadenswert wie bei Unknown Armies).

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #37 am: 18.11.2016 | 18:56 »
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Sagen wir mal, mir persönlich bringt sie nichts. Ich halte ja schon den W20 für eigentlich übertrieben frickelig, weil ich meine Kompetenz (bzw. meinen Mangel daran) auf einem bestimmten Gebiet definitiv nicht einfach mal aus dem Bauch heraus auf fünf Prozent genau abschätzen kann, und toleriere ihn eigentlich nur noch in bestimmten Systemen, weil ich nun mal andererseits dank DSA, D&D und Midgard damit aufgewachsen bin; ein Prozentsystem ist dann logischerweise dasselbe noch fünf mal kleinteiliger, und dann muß ich die Werte für mich tatsächlich oft erst zumindest näherungsweise in eine grobkörnigere Skala umrechnen, damit sich so etwas wie ein konkretes Gefühl für meine aktuellen Chancen im nächsten Wurf einstellt.

Soviel zu meiner Meinung zum Thema "Prozente kann jeder". ;)

Offline Thot

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #38 am: 18.11.2016 | 18:59 »
[...]
Soviel zu meiner Meinung zum Thema "Prozente kann jeder". ;)

Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?

Achamanian

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #39 am: 18.11.2016 | 19:03 »
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?

Ich kann's ganz gut nachvollziehen, vom Gefühl her ist "das schaffe ich nur bei einer 6 auf W6" auch etwas klarer für mich als als so was wie 17,4 nochwas Prozent Erfolgswahrscheinlichkeit ... wobei ich es andererseits wieder für eine Illusion halte, dass das "Gefühl", das man bei "nur 6 auf W6" hat, viel mit der tatsächlichen Wahrscheinlichkeit zu tun hat.
Das Problem ist aber in jedem Fall nicht die Kleinschrittigkeit, sondern die Gewöhnung.

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #40 am: 18.11.2016 | 19:15 »
Ich frage mich immer, ob eine so kleinschrittige Aufteilung, wie sie ein Prozentsystem hat, am Spieltisch hilfreich ist. Oder wird eher in 5er und 10er Schritten gemessen?

Das ist ein bisschen wie beim Flipper, wo du auch nicht 1 Punkt für einen Treffer kriegst, sondern gleich 100 oder 1000. Lernt man in jeder Vorlesung zum Game Design - auch wenn es total irrational ist, stehen die meisten Leute auf große Zahlen. Vor allem, wenn es IHRE großen Zahlen sind.  ~;D

Umgekehrt tun sich erstaunlich viele Leute schwer damit, einen Wert zwischen 0 und 20 in eine Erfolgswahrscheinlichkeit auf W20 umzusetzen. Beim D100 kriegst du die Erfolgswahrscheinlichkeit halt gleich mitgeliefert.
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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #41 am: 18.11.2016 | 21:06 »
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?
Das ist in der Mathedidaktik in alter Hut, dass sehr viele Menschen mit Wahrscheinlichkeiten in Prozentangaben wenig bis nichts anfangen können. Du wirst einige Leute finden, die nicht ohne weitere Einhilfe merken, dass 6 auf W6, 18+ auf W20 und 85+ auf W100 fast das gleiche sind. Und ein einigermaßen verlässliches Gefühl für die zu erwartende absolute Häufigkeit gibt am ehesten der W6.
« Letzte Änderung: 18.11.2016 | 21:09 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #42 am: 19.11.2016 | 04:00 »
Das ist in der Mathedidaktik in alter Hut, dass sehr viele Menschen mit Wahrscheinlichkeiten in Prozentangaben wenig bis nichts anfangen können. [...]

Na ist doch prima, dann erfüllt BRP sogar noch einen gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag.

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #43 am: 19.11.2016 | 10:52 »
Hast Du gerade versucht zu sagen, dass Du zu blöd für eine überall in der Öffentlichkeit verwendete Skala für Wahrscheinlichkeiten seist?

Oh, Prozentwerte lesen kann jeder. Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt? Das ist schon eine etwas andere Kiste, und entsprechend bin ich da in Bezug auf das Fähigkeitsniveau des angenommenen statistischen Durchschnittsbürgers etwas skeptischer...

Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen. Also wirklich punktgenau auf einer Skala von 0 bis 100 mit der Einerstelle bitte auch exakt richtig, denn wenn ich bloß grob über den Daumen peilen wollte ("also, auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich sagen..."), bräuchte ich ja den ganzen hundertundeinteiligen Wertebereich erst gar nicht. Wenn aber eine derart genaue Messung oder Einschätzung normalerweise eh nicht machbar ist, wird die durch Prozentangaben scheinbar gebotene Präzision auf dem Charakterblatt schnell unglaubwürdig.

2.) Prozent von was eigentlich? Die Frage stellt sich fast schon automatisch, schließlich sind Prozentangaben für gewöhnlich relativ und brauchen also etwas, worauf sie sich beziehen können. Wenn mein Charakter beispielsweise Schleichen auf 77% hat -- heißt das, daß er 77% von allem weiß und kann, was es zum Thema Schleichen zu wissen und zu können gibt, und wäre er perfekt, wenn er erst mal die 100% erreicht? Nun, letzteres kann's in den meisten Prozentsystemen nicht sein, weil die sich um garantierte Erfolge sofort wieder mit irgendeiner Mindestfehlschlagschance herumdrücken oder ein Erreichen von 100% auch schon mal von vornherein gar nicht erst erlauben...also, von was mißt das System hier den konkreten Prozentanteil?

Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.
« Letzte Änderung: 19.11.2016 | 11:05 von nobody@home »

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #44 am: 19.11.2016 | 11:06 »
Oh, Prozentwerte lesen kann jeder. Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt? Das ist schon eine etwas andere Kiste, und entsprechend bin ich da in Bezug auf das Fähigkeitsniveau des angenommenen statistischen Durchschnittsbürgers etwas skeptischer...

Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen. Also wirklich punktgenau auf einer Skala von 0 bis 100 mit der Einerstelle bitte auch exakt richtig, denn wenn ich bloß grob über den Daumen peilen wollte ("also, auf einer Skala von 1 bis 5 würde ich sagen..."), bräuchte ich ja den ganzen hundertundeinteiligen Wertebereich erst gar nicht. Wenn aber eine derart genaue Messung oder Einschätzung normalerweise eh nicht machbar ist, wird die durch Prozentangaben scheinbar gebotene Präzision auf dem Charakterblatt schnell unglaubwürdig.

2.) Prozent von was eigentlich? Wenn mein Charakter beispielsweise Schleichen auf 77% hat -- heißt das, daß er 77% von allem weiß und kann, was es zum Thema Schleichen zu wissen und zu können gibt, und wäre er perfekt, wenn er erst mal die 100% erreicht? Nun, letzteres kann's in den meisten Prozentsystemen nicht sein, weil die sich um garantierte Erfolge sofort wieder mit irgendeiner Mindestfehlschlagschance herumdrücken oder ein Erreichen von 100% auch schon mal von vornherein gar nicht erst erlauben...also, von was mißt das System hier den konkreten Prozentanteil?

Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.

Da stimme ich Dir vollkommen zu. "Eigentlich" wäre ein grobörnigeres System in dieser Hinsicht sinnvoller. Da gibt es sogar lustige Forschung zu, denn derlei Fragestellungen haben beispielsweise in der empirischen Sozialforschung eine große Bedeutung bei quantitativen Erhebungen: wie viele Skalenpunkte liefere ich den Leuten bei einer Frage? Statistisch betrachtet lautet die Antwort natürlich: möglichst viele. Das kollidiert aber leider mit der Verarbeitungskapzitätät des Menschen. Da ist es tendentiell so, dass je weniger Kategorien zur Verfügung stehen, desto leichter fällt uns die Einordnung. Es gibt also einen Trade-Off. Empirisch hat sich dabei herausgestellt, dass 5 bis 7 Skalenpunkte das Optimum darstellen. Das entspricht ziemlich genau dem Vorschlag von nobody@home.

Man kann das so formulieren. Eine Beschränkung auf diesen Blickwinkel hat aber einen großen Nachteil. Er lässt nämlich die Liebe der Leute zum Barbiespiel außen vor. Es gibt Spieler, die mögen nun einmal Systeme sehr, die Komplexität und Simulation stark in den Vordergrund schieben. Runequest, Rolemaster, DSA, Harnmaster operieren mit Komplexitätsstufen der Charakterbeschreibung, welche die Verarbeitungskapazität der Leute schlicht übersteigen. Eigentlich wäre vor dem Hintergrund des oben beschriebenen Trade Offs eine weniger "genaue" Fähigkeitsmessung viel, nunja, genauer. Aber es geht den Spielern ja nicht alleinig um eine diesbezügliche Genauigkeit der Messung, sondern auch um ein liebevolles Drehen und Wenden des Charakterzettels. Ich mache das auch gerne und fühle mich wohler mit Rolemaster als mit FATE. Irrational, aber wahr  :) Entsprechend kann ich Punkt bei Runequest durchaus verstehen, auch wenn ich das System sonst total scheiße finde und eine Begeisterung dafür ebenfalls nicht mal im Ansatz nachvollziehen kann. Offensichtlich eine Geschmacksfrage.

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #45 am: 19.11.2016 | 11:19 »
Das ginge dann im Prinzip in Richtung der These, dass viele Leute überkomplizierte Systeme spielen, weil durch das Fehlen eines intuitiven Zugangs das System trotz seiner Regelschwere in den Hintergrund tritt, weil ich ad hoc das Ding eh nicht durchschauen kann. Bestes Beispiel: 3W20-Probe bei DSA.

Ist aber nicht mehr wirklich Rolemaster. Höchstens in dem Sinne, dass deutlich wird, dass die Talentwerte in dieser Spanne nur eingeschränkt der Präzision einer Simulation dienlich sind. ;)
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Offline Thot

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #46 am: 19.11.2016 | 12:01 »
Oh, Prozentwerte lesen kann jeder.

Eben. ;)

Zitat
Tatsächlich intuitiv schnell und bis auf die Einerstelle genau begreifen, was im Einzelfall konkret dahintersteckt?

Das ist ja gar nicht gefragt.  Der Anwendungsfall ist doch eher:

  • Ein gutes Gefühl dafür zu haben, wie meine Chancen stehen.
  • Die Verbesserung dieser Chance über das Leben eines Charakters hinweg in der gewünschten Geschwindigkeit und Granularität abbilden.

Zitat
Bei Prozentsystemen im Rollenspiel kommt meiner Meinung nach noch erschwerend hinzu, daß sie ihre Prozentwerte hauptsächlich gerade da einsetzen, wo sie es eben normalerweise tun, nämlich beim Bewerten von Fertigkeiten. Das hat aus meiner Sicht zwei Haken:

1.) Den Menschen will ich sehen, der es tatsächlich fertigbringt, sich selbst oder eine andere Person oder einen Charakter in Sachen Kompetenz prozentgenau einzuschätzen.

Die Prozentwerte sind ja auch kein "Charakterwissen", genauso wenig wie die Fertigkeitswerte in anderen Rollenspielsystemen. Insofern ist dieser Punkt schon etwas im Thema vorbei, oder?

Zitat
[...]
2.) Prozent von was eigentlich? Die Frage stellt sich fast schon automatisch, schließlich sind Prozentangaben für gewöhnlich relativ und brauchen also etwas, worauf sie sich beziehen können.

Das ist doch nun wirklich trivial: Prozent der Fälle, in denen eine im Fertigkeitssystem als "Standard" angenommene Situation gemeistert werden wird.

Zitat
[...]
Nimm alles zusammen und ich ziehe ein deutlich grobkörnigeres Charakterbeschreibungssystem ohne solche Allüren -- meinetwegen buchstäblich "Bogen 1 = hat schon mal ein paar Pfeile verschossen, Bogen 3 = durchschnittlicher Armeebogenschütze, Bogen 5 = Robin Hood" -- definitiv vor.

Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen. Klar, Du könntest eine "Nachkommastelle" einführen, also Steigerung von 1.0 auf 1.1, auf 1.2 usw... aber dann hast Du auch wieder die gleiche Granularität wie bei BRP, nur hintenrum und komplizierter.


Offline Weltengeist

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #47 am: 19.11.2016 | 12:04 »
Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen. Klar, Du könntest eine "Nachkommastelle" einführen, also Steigerung von 1.0 auf 1.1, auf 1.2 usw... aber dann hast Du auch wieder die gleiche Granularität wie bei BRP, nur hintenrum und komplizierter.

Das ist vermutlich tatsächlich eines der Hauptargumente für ein feingranulares System. Die meisten Spieler, die ich kenne, wollen lieber möglichst oft wenigstens ein bisschen besser werden, als lange auf einen plötzlichen, dicken Anstieg zu warten. Und dieses "ein bisschen besser" lässt sich bei D100-Systemen halt besonders gut darstellen.
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Offline Selganor [n/a]

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #48 am: 19.11.2016 | 12:30 »
Und Dein ursprünglicher Anfänger-Bogenschütze ist dann nach 4 Spielsitzungen Steigerungen Robin Hood, weil Du gar keine Möglichkeit hast, graduell besser zu werden, ohne gleich Qualitätssprünge zu machen.
Fixed it for you.

Du gehst davon aus, dass bei jeder Spielsitzung eine Steigerung der Faehigkeit moeglich ist.
Das muss nicht so sein, und auch "Nachkommastellen" sind nicht unbedingt noetig (vgl. Steigerungssysteme wie bei Fate oder Ars Magica)
Abraham Maslow said in 1966: "It is tempting, if the only tool you have is a hammer, to treat everything as if it were a nail."

Offline Thot

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Re: Erklärt mir die Begeisterung für Runequest 6
« Antwort #49 am: 19.11.2016 | 12:45 »
Fixed it for you.

Du gehst davon aus, dass bei jeder Spielsitzung eine Steigerung der Faehigkeit moeglich ist.

Du gehst davon aus, dass es Spieler gibt, die es nicht genießen, wenn sie nach (oder vor) jeder Spielsitzung ihren Charakter ein bisschen verbessert sehen. Warum?