Autor Thema: Hard SF mit Bordmitteln  (Gelesen 9823 mal)

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Ucalegon

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Hard SF mit Bordmitteln
« am: 20.09.2017 | 16:17 »
Folgende hypothetische Situation:

Deine Runde, die normalerweise nur Fantasy spielt, weil alles andere schwierig und anstrengend ist, hat geschlossen The Expanse geschaut und kommt aus dem Schwärmen, was für geile Hard SF das doch sei, gar nicht mehr heraus. Im Gegensatz zu ihnen kennst du dich natürlich aus und hast diesen Laien erstmal ordentlich auseinandergesetzt, was was ist. Dein Problem: Sie haben angebissen und verlangen jetzt, dass du ihnen Hard SF leitest und zwar pronto und ob sie schonmal Tschars bauen können. Jetzt hast du zwar seit Jahren dein eigenes Hard SF-Rollenspiel in der Werkstatt, das erste echte überhaupt, aber es ist nicht wirklich gespieltestet, das Setting hat offensichtliche Lücken und der letzte Festplattencrash hat einen wichtigen Regelteil mit in den Abgrund gerissen. Da du noch einen Monat bis Kampagnenbeginn hast und Aufgeben keine Option ist, lässt du seufzend deinen Blick über dein umfangreiches Rollenspielregal, deine SF-Literatur, pdf-Sammlung und Browser-Lesezeichen gleiten. Du brauchst einen Plan und zwar zügig...

[Was ich hier gerne hätte sind best practices für Hard SF-Rollenspiel. Welche Bordmittel (Systeme, Settings, Material) würdet ihr nutzen und warum? Wie vorgehen? Bonuspunkte bekommt, wer das mit Spielpraxis untermauert. Zeit und Mittel zur Vorbereitung sind da, aber eben nicht unbegrenzt. Bleibt realistisch.]
« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 16:19 von Ucalegon »

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #1 am: 20.09.2017 | 16:26 »
Ich kenne jetzt The Expanse nicht,
aber wenn ich was leiten würde, würde ich mich an ein paar Schätzchen aus den 80ern orientieren: Sternengarde, Traveller, Space Master.
Da muss aber noch dran gearbeitet werden, insbesondere Detailgrad, und "Hardness"-Faktor bedürften der Anpassung.
Für Hintergrund und Regeln sind die Spiele mEn aber erst mal ausreichend.

Offline Der Nârr

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #2 am: 20.09.2017 | 16:33 »
Traveller 2300 AD ist noch etwas "harder" als Traveller. Das wäre mein persönlicher Startpunkt - oder GURPS Transhuman Space. Mit GURPS Transhuman Space habe ich minimale Erfahrung, zumindest hat man in den Regeln echt eine Menge drin. Wenn man schnellere Raumschiffe möchte als Transhuman Space hat, in Gurps Space sind auch nötige Regeln für Zeitdilatation drin ;).

Bei The Expanse geht es ja um Charakter-Drama, Politik, Verschwörungen... Zu weiten Teilen dient Hard SF nur dem Color und der Settingaufbereitung, aber treibt nicht direkt die Handlung voran. (Habe nur die erste Staffel gesehen, vielleicht ändert sich das in der zweiten?) Da wäre ich vorsichtig, was die Spieler genau erwarten. Denn wenn mir jemand Hard-SF leiten will gehe ich auch davon aus, dass man mit Hard-SF-Problemen zu tun hat. Also viele technische Probleme und Abenteuer. Beschleunigung berechnen. Wir haben Treibstoff verloren, wie kommen wir wieder nach Hause. Reicht die Schubkraft, um den Orbit wieder zu verlassen. Ein winziger Meteorit hat ein Leck geschlagen und jetzt ist unser Vitamin C oxidiert und wir leiden an Skorbut. Wir müssen Reperaturen im Raumanzug durchführen, bekommt der SC einen Weltraumkoller?

Also ich wäre vorsichtig, ob die Spieler vielleicht nur die Idee von Hard SF mögen, aber nicht wirkliche Hard SF.

Im Spiel muss das ja auch noch mal angepasst sein.

Hard SF lebt auch von vielen Details, ich weiß, dass ich sowas als SL nicht stemmen könnte, daher Respekt und Hut ab!
« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 16:37 von Der Narr »
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
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Offline Mithras

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #3 am: 20.09.2017 | 16:35 »
Meine Wahl wäre sofort Cyberpunk 2020 mit der Erweiterung Deep Space. Da gibt es soger Regeln für Verstrahlung und Ersticken bei Verlust der Atmosphäre. Realistisch, tödlich, Low- bzw. Near Future-Tech trotz Cybersystemen. Auch Waffenschaden kann schnell dazu führen das die Wand durchschlagen wird. Und ich habe das selbst schon vor ca. 15 Jahren so geleitet, aber mit Hard-SF ist der Großteil der Spieler dann doch nicht zurecht gekommen. Die wollten lieber was in Richtung Space Opera/Firefly, also war nach dem 3. Abend Schluss. Zusätzlicher Vorteil: alle Regeln auf deutsch erhältlich (theoretisch).
"Le jeu c'est sérieux!"

Tolkien ist stark überbewertet und seine Bücher nach Der kleine Hobbit furchtbar zäh und langatmig. Das beste was er zustande gebracht hat, war die Vorlage für die Drei besten Fantasyfilme zu liefern, die bisher gedreht wurden.

Ich spiele lieber AD&D statt Pathfinder und Cyberpunk 2020 statt Shadowrun.

Ucalegon

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #4 am: 20.09.2017 | 16:41 »
Da muss aber noch dran gearbeitet werden, insbesondere Detailgrad, und "Hardness"-Faktor bedürften der Anpassung.
Für Hintergrund und Regeln sind die Spiele mEn aber erst mal ausreichend.

Ich nehme das jetzt mal exemplarisch: Solche vagen Aussagen sind für mich eindeutig keine best practice. Entweder kann ich die von dir genannten Systeme so nehmen wie sie sind oder ich möchte wissen, wie du Detailgrad und "Hardness" anpassen würdest - wenigstens in groben Zügen. So kann ich damit wenig anfangen, tut mir Leid.

Edit: btw mich interessiert nicht, wie ihr meine hypothetischen Expanse-Fans zufriedenstellen würdet, sondern was ihr als eure persönliche Hard SF-Runde spielen würdet. Sie machen bei allem motiviert mit. Aber WIE geht ihr dabei vor.
« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 16:44 von Ucalegon »

Offline Boba Fett

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #5 am: 20.09.2017 | 16:41 »
Meine Wahl wäre sofort Cyberpunk 2020 mit der Erweiterung Deep Space.

+1
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Offline Imion

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #6 am: 20.09.2017 | 16:45 »
Zwei Worte: Transhuman Space.

Ist Powered by GURPS, dh kommt ursprünglich mit einem angepassten GURPS Lite (3rd Edition) im Buch/PDF. Sollte man sich nicht um den Canon scheren ist da IMO alles dabei was man für Hard-SF braucht.
Offizielle Konversionen für die vierte Edition sind auch verfügbar wenn man irgendwann zusätzlich investieren möchte.

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #7 am: 20.09.2017 | 16:56 »
The Expanse kenn ich nicht, muss ich vllt mal schauen wo ich mir das reinziehen kann.
Aber ich hab den Roman gelesen, auf dem die erste Staffel beruht. Das ist erstmal in der Tat recht harte SF, wenn man mal von ein paar Böcken absieht, die der Autor da schießt. Insgesamt ist für mich das Techlevel schon wieder zu hoch, um glaubhaft zu sein (Stichwort permanente 1G-Beschleunigung von Raumschiffen). Nach hinten raus wird's dann leider doch wieder vollends Fantasy.

Ich hab ja auch ein Hard SF Setting im Hinterkopf, aber über die Systemfrage hab ich mir keine großen Gedanken gemacht bisher. Meines Erachtens müsste das jedenfalls, insbesondere was Weltraumreisen angeht und so, ziemlich deterministisch ablaufen. So nach dem Motto, wenn der Sprit nicht reicht dann reicht er nicht, würfeln bringt dich auch nicht weiter.
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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #8 am: 20.09.2017 | 16:59 »
Die Systeme waren ein Vorschlag zum lesen und als Inspiration.
Für mich würden alle in das Genre: Far Future gehören.
Sachen die angepasst werden müssten sind zum Beispiel das es in allen dreien Handlaser gibt; ist jetzt nicht unbedingt Hard SF.
An Space Master haben mir die Regeln gut gefallen. Außerdem gibt es schön aus gearbeitete Aliens.
An Traveller gefällt mir Stimmigkeit und Feeling, es ist aber ein bisschen rückständig mit seinen tonnenschweren Computern und ähnlichem.
Sternengarde hat allerhand abstruse Ideen ( Autochirurg - ein Gerät mit dem man sich selber operieren kann, fliegende PKW mit Luftkissenantrieb in den Städten...) aber mir gefallen die heroischen SC Klassen.

Arbeit rein stecken müsste ein potentieller Spielleiter aber in die spezielle Ecke des Weltraums in der die Kampagne spielen soll das würde halt auch eine Setzung von Naurgesetzen und sozialer Dynamik mit ein schließen.

(Jetzt besser?)

« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 18:23 von fivebucks »

Offline YY

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #9 am: 20.09.2017 | 17:24 »
Also ich wäre vorsichtig, ob die Spieler vielleicht nur die Idee von Hard SF mögen, aber nicht wirkliche Hard SF.

Genau das.
Niemand will Hard SF spielen, wenn deren Kerngedanken im Zentrum stehen. Die kann höchstens Nebenthema sein und wird meistens zur Farbe degradiert.

Daher schnappe ich mir genau diesen Grundgedanken
Hard SF lebt auch von vielen Details

schmeiße GURPS inklusive Space, Ultra-Tech (TL 9-10 ohne Super Science) sowie Bio-Tech auf einen Haufen und frage meine Spieler, welchen Kampagnenfokus sie gerne hätten.
Bei der Ausarbeitung des Settings befasse ich mich kurz mit ordentlichen Setzungen für die großen Technologien und der Rest an Vorbereitung geht in die kleinen Details und das, was den SCs ständig begegnet.
Den Unterschied zwischen ausreichendem Blendwerk und ordentlicher Arbeit macht da ausschließlich die Menge. Solange Sachen noch nicht im Spiel aufgetaucht sind, kann ich sie also zwischen den Sitzungen startklar machen.
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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #10 am: 20.09.2017 | 17:33 »
Okay  :)
Für welchen Kampagenfokus werden sich die Spieler deiner Meinung nach Entscheiden?
Und was denkst du werden sie für Helden erstellen?
Klar, kannst du noch nicht Wissen, aber schreib mal was sich ergeben hat  ;)

Offline Imion

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #11 am: 20.09.2017 | 18:03 »
A, Okay, da hab ich das 'Bordmittel' falsch verstanden. Dachte alles in einem Buch. My Bad.

Wenn ich aus dem Vollen schöpfen kann würde ich GURPS 4 nehmen und mir aus Versatzstücken aus Transhuman Space, Space, Ultra-Tech, und einigen Pyramiden ein eigenes Setting aufziehen.
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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #12 am: 20.09.2017 | 18:10 »
Hm gibt es für GURPS denn ausreichend Weltbeschreibung(en) und Hintergrund?

Offline YY

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #13 am: 20.09.2017 | 18:17 »
Im Gegenteil, das ist das einzige, was es nicht gibt ;D
Von Quellenbüchern für bekannte Settings mal abgesehen.


Will heißen, es gibt jede Menge Versatzstücke und Legosteine, die alle für sich ausgearbeitet sind, aber zusammenbringen muss man die selbst.
Mir fällt es relativ leicht zu erkennen, was ich eventuell wo anpassen muss, wenn ich an meinen eigenen Settings bastle, von daher finde ich das unproblematisch.


Klar, kannst du noch nicht Wissen, aber schreib mal was sich ergeben hat  ;)

Öööhm...bei mir ist das aktuell mindestens genau so hypothetisch wie beim OP...da wird so schnell nichts kommen  ;)
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Offline Chruschtschow

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #14 am: 20.09.2017 | 18:25 »
Diaspora. Noch Fate 3, ich würde ein paar Sachen in Richtung Core verändern. Ansonsten eine sehr trockene SciFi-Variante, wobei ich trocken als Lob in Richtung Hard SciFi meine.

Wenn du nicht gerade im Sonnensystem spielen willst, gibt es ein System zur Erzeugung von Sonnensystemen. Dazu Raumschiffe, Raumkampfregeln, Ausrüstung, Baukästen für beides, Regeln für soziale Konflikte und für Gefechte kleiner Einheiten etc.
« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 18:27 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline Feuersänger

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #15 am: 20.09.2017 | 18:36 »
Wahrscheinlich gibt's in ganz Deutschland grad genug Spieler für eine _richtige_ Hard SF Runde.
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Offline Turning Wheel

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #16 am: 20.09.2017 | 19:24 »
Gehe ich richtig in der Annahme, dass Hard-SF nicht heißen muss, dass die Regeln simulationistisch sein müssen? Geht auch ein erzählerisches cinematisches System?
Hard-SF heißt doch vor allem mal, dass die Leere da draußen einen hohen Überlebensanspruch hat, alles in wissenschaftlich nachvollziehbaren Rahmen abläuft und es die
normalen harten Konsequenzen gibt, wenn man Mist baut.
Das kann man doch auch erzählerisch lösen, wenn man die richtige Settingbeschreibung hat.

Also die Frage wäre dann halt, ob du tatsächlich ausrechnen willst, wieviel Liter Treibstoff du von hier bis zum LMO verbrennst, oder ob es in der Runde mehr um
logische Probleme gehen wird, die gelöst werden sollen. Erstes würde ich dämlich nennen, letzteres ein potentielles Abenteuer.

Ich würde für so eine Runde gar keine Rollenspielbücher nutzen, sondern mein Astronomiebücher zur Hand nehmen und im heimatlichen Sonnensystem spielen.
Als Plot würde ich mir für den Anfang was bodenständiges ausdenken. Z.B. eine Versorgungsmission zu einem Asteroidengürtel-Miner oder ne militärische Patrouille zum
Vergnügungsmond Europa, der Opfer eines Terroranschlages wird. Oder vielleicht gar nicht in Space, sondern ganz bodenständig auf der verschissenen Erde auf nem
gigantischen Containerfrachter oder noch besser die Besatzung eines Recycling-Crawlers, der über die Mülldeponien der Vergangenheit pflügt und
von allerlei Zwischenfällen heimgesucht wird.

Offline YY

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #17 am: 20.09.2017 | 19:47 »
Das kann man doch auch erzählerisch lösen, wenn man die richtige Settingbeschreibung hat.

Also die Frage wäre dann halt, ob du tatsächlich ausrechnen willst, wieviel Liter Treibstoff du von hier bis zum LMO verbrennst

Genau das ist doch einer der Knackpunkte am Hard SF-Ansatz.
In der einzelnen Sitzung muss man da nicht unbedingt mit Zahlen um sich werfen; den Spielern reicht es, wenn sie die praktische Bedeutung vorhergehender Betrachtungen erfahren.
Aber das muss irgendwann gemacht werden, sonst passiert es eben, dass man Sachverhalte präsentiert, die so schlicht nicht stimmen.
Ob man das jetzt in der Settingbeschreibung in allen Konstellationen durchspielt, in der Sitzungsvorbereitung für die jeweils benötigten oder ob man ein vereinfachtes System findet/bastelt, mit dem man das auf die Schnelle ermitteln kann, bleibt sich gleich.


Für einen geplanten Trip in den LMO brauche ich im Grunde nicht rechnen, denn wenn das nicht grundsätzlich ginge, würde man den Flug nicht planen ;)
Wenn man aber irgendwo ungeplant Sprit verliert oder verbrennt oder gar das Ziel ändern muss, ist es auf einmal sehr relevant, was jetzt noch geht und was nicht.
Dann muss man rechnen können - will heißen, entweder lasse ich dann den ganzen erzählerischen Kram beiseite und arbeite mit den echten Zahlen oder ich habe wie gesagt eine Methode, die mir eine vereinfachte Betrachtung ermöglicht und mich zu den richtigen Schlüssen bringt.

Um ein gewisses Maß an Simulationismus komme ich nicht herum, auch wenn das für viele Bereiche vom eigentlichen Regelwerk entkoppelt sein kann.
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Offline Caranthir

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #18 am: 20.09.2017 | 20:23 »
Hard-SF und Simulationismus gehen für mich nicht unbedingt Hand in Hand. Hard-SF heißt für mich nur, dass die Welt nach den gängigen Naturgesetzen funktioniert, dass Energie nicht aus dem Nichts produziert wird und Raumschiffe im Weltall so fliegen, wie sie unter dem Einfluss von Null-G und raketenähnlichen Triebwerken nunmal so fliegen würden fliegen. Raumschiffe sind kantig, dreckig, das All ein gefährlicher Ort.

Ich kann das ohne große Probleme auch mit wenig Simulation angehen. Das wäre also für mich auch die erste Frage, die man klären sollte, bevor man ein System empfohlen bekommen haben will.

Simulation:

GURPS Transhuman Space: Macht aus meiner Sicht viel Arbeit und der Raumschiffbau/Kampf war mir zu fusselig.

Traveller, kann alles, eher tabellenlastig und sehr viel zufallsorientiert als planbar.

Storyorientierter, aber auch noch Hard-SF:

Coriolis: Geht mit den Mysterien schon ziemlich in die Richtung "The Expanse", müsste man halt auf unsere Erde ummodeln, wofür man die Setting-Infos aus Transhuman-Space ausschlachten könnten. Die Regeln sind zwar auch "hard", aber deutlich entschlackter und spielbarer als GURPS.

Lese: Fate of Cthulhu, Fate Horror Toolkit, Dragon Age RPG, The Expanse RPG

Leite: Der Eine Ring (Kampagnen in Wilderland und Rohan)

Brettspiele: Firefly, Dresden Files Card Game, Azul, Eldritch Horror

Spielerin von Rapunzel in Märchenkrieger Los!: "Das schaffe ich, ich hab lange Haare!" ;)

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #19 am: 20.09.2017 | 20:26 »
DSA - 100 Billionen Jahre ... härter geht es kaum.
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Offline vanadium

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #20 am: 20.09.2017 | 20:29 »
DSA - 100 Billionen Jahre ... härter geht es kaum.

 ;D

Wollte ich auch grad schreiben: wer Hard SF spielt, der spielt auch DSA...
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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #21 am: 20.09.2017 | 20:32 »
Für einen geplanten Trip in den LMO brauche ich im Grunde nicht rechnen, denn wenn das nicht grundsätzlich ginge, würde man den Flug nicht planen ;)
Wenn man aber irgendwo ungeplant Sprit verliert oder verbrennt oder gar das Ziel ändern muss, ist es auf einmal sehr relevant, was jetzt noch geht und was nicht.
Dann muss man rechnen können - will heißen, entweder lasse ich dann den ganzen erzählerischen Kram beiseite und arbeite mit den echten Zahlen oder ich habe wie gesagt eine Methode, die mir eine vereinfachte Betrachtung ermöglicht und mich zu den richtigen Schlüssen bringt.

Sehe ich nicht so.
"Sprit" kann dir auch bei Star Wars oder bei Herr der Ringe (Pferde ohne Wasser) ausgehen.
Da muss man nix rechnen. Das ist ja das, was Abenteuer ausmacht.
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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #22 am: 20.09.2017 | 20:38 »
Was YY sagt.
Mir geht es in der Hard SF nicht zuletzt darum, dass die Technologien stimmig sind (und nicht z.B. ein Shuttleantrieb einen Nebenjob als Planetenkiller erfüllen könnte) und die Zahlen zusammenpassen.
Als Negativbeispiel ärgere ich mich bei der bloßen Erinnerung an Fire, Fusion & Steel, weil das so tut als sei es Hard SF, in Wahrheit aber reines Technobabble mit Phantasiezahlen ist.

Die ganze Rechnerei müsste also bereits vor Spielbeginn erledigt sein, damit man dann nur noch ein paar vorberechnete Tabellen konsultieren muss.

Ein entsprechendes System müsste außerdem so robust sein, unterschiedliche Kenntnisstände zwischen SL und Spielern ausgleichen zu können. Wenn also z.B. der SL weiß, dass das Raumschiff mit der und der Ausstattung zwar den Saturn erreichen könnte, nicht aber den doch räumlich viel näher gelegenen Jupiter, wäre es schön wenn das System bei der Erklärung hilft, warum das so ist, damit raumfahrttechnisch weniger versierte Spieler sich nicht (hier zu Unrecht) verarscht fühlen.

Und manche Aspekte müssten sich eigentlich mit recht beherrschbarem Aufwand implementieren lassen, z.B. Triebwerke mit Variablem Impuls.
Im Spiel könnte das also z.B. ungefähr so aussehen: du hast 1000 Einheiten Treibstoff an Bord. Pro Zeiteinheit ("Zug") kannst du den Vektor um x pro x² Einheiten Treibstoff ändern. Also 1:1, 2:4, 3:9 usw.
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Offline dunklerschatten

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #23 am: 20.09.2017 | 21:06 »
Zitat
Was ich hier gerne hätte sind best practices für Hard SF-Rollenspiel. Welche Bordmittel (Systeme, Settings, Material) würdet ihr nutzen und warum? Wie vorgehen? Bonuspunkte bekommt, wer das mit Spielpraxis untermauert. Zeit und Mittel zur Vorbereitung sind da, aber eben nicht unbegrenzt. Bleibt realistisch.]

System: Gurps4 lite
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Material: Transhuman space GRW, Zusatzmaterial je nach Focus der Runde

Das GRW hat unserer Runde für die "erste Staffel" völlig gereicht, da findest du schon einige schöne Ideen drin um zu starten, für die folgenden "Staffeln" habe ich dann aber auch die anderen TS Bücher rangezogen.
Speziell: "In the Well", "High Frontier", Deep beyond"

Wie man beginnt ist, denke ich, von der Gruppe anhängig. In meiner Runde kannte niemand außer mit das Setting, daher habe ich niederschwellig begonnen und dann das ganze immet tiefer ins die Setting Besonderheiten abgleiten lassen.
Am Ende waren alle Chars tod, wurden dann aber noch einem "brainscan" unterzogen und so digitalisiert. Um dann als AI wiedererweckt zu werden....

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Quellcrist Falconer

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Re: Hard SF mit Bordmitteln
« Antwort #24 am: 20.09.2017 | 21:12 »
Hard-SF heißt für mich nur, dass die Welt nach den gängigen Naturgesetzen funktioniert, dass Energie nicht aus dem Nichts produziert wird und Raumschiffe im Weltall so fliegen, wie sie unter dem Einfluss von Null-G und raketenähnlichen Triebwerken nunmal so fliegen würden fliegen.

Das heißt doch erst mal nur, dass man nicht von Fantasy mit futuristischem Anstrich spricht.


Ich frage aber trotzdem:
Storyorientierter, aber auch noch Hard-SF:

Coriolis

Wo siehst du denn bei Coriolis in Sachen System und Setting die Hard SF-Elemente?
Das ist mMn grad so eben mittel crunchige (also von leicht kommend schon mittel crunchig, nicht grad noch mittel crunchig auf dem Weg zum Regelschwergewicht) Space Opera.


Da muss man nix rechnen. Das ist ja das, was Abenteuer ausmacht.

Andersrum wird ein Schuh draus:
In dem Moment, wo ich nicht rechne und stattdessen sage "Ein guter Pilot kann da noch was rausholen" oder "Wir fliegen mal auf gut Glück los, vielleicht findet sich unterwegs was", habe ich mich schon einen Riesenschritt von Hard SF entfernt.
Oder ich mache mir die Arbeit und suche mir eine Konstellation, wo die Zahlen genau das hergeben - das wird aber zum Einen ziemlich selten sein und zum Anderen habe ich dann auch wieder keine Unsicherheit, sondern nur Erleichterung, dass es noch klappt, weil ich es zu jedem Zeitpunkt bestimmen kann.
Die Spanne, wo man so was aus dem Bauch raus mal machen kann und es fundiert wirklich klappt, ist quasi nicht vorhanden.

Solche Sachen sind ja gerade einer der Faktoren, warum kein Mensch Hard SF spielt.
« Letzte Änderung: 20.09.2017 | 21:15 von YY »
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