Autor Thema: Reading Challenge 2018  (Gelesen 14736 mal)

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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #50 am: 18.07.2018 | 07:33 »
Wenns an der Aufmachung liegt... es gibt da neuerdings auch diese wahnsinnig toll illustrierten Harry-Potter-Neuauflagen. Um die tanze ich schon seit ner Weile drumherum. Hab grad nicht im Kopf, wie groß oder klein da die Schrift ist, aber es gibt im Inneren jede Menge richtig schöner Illustrationen zum Text. Und den Harry kann auch locker eine 8-Jährige schon lesen. Die Neuauflagen hätten zudem den Vorteil, noch nicht alle vorhanden zu sein... so muss sie auf die nächsten Bände brav warten, wie jede gute Harry-Potter-Leserin.  >;D (Mal davon ab, dass zwar die ersten drei Bände problemlos für 8-Jährige gehen... die danach aber eher nicht mehr. Es ist also durchaus sinnvoll, sich mit dem Lesen Zeit zu lassen.)

Offline Lyris

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #51 am: 20.07.2018 | 15:31 »
Vom Hobbit gibt es auch eine Kinder- und Jugendbuchausgabe. Habe ich ihr auch schon vorgeschlagen, aber im Moment hat sie kein Interesse dran.
Was die Harry-Potter-Delux-Ausgabe betrifft. Bei den Preisen schlage ich das höchstens den Großeltern als Geschenktipp vor. Mein Geldbeutel kriegt davon Schnappatmung. Aber zugegeben, ein großer Harry-Potter-Fan bin auch nicht.
Dabei fällt mir ein, das ich ihr das nächst mal, wenn sie ja nix mehr zu hören hat, die Charlie-Bone-Hörbücher in die Hand drücke. Die haben für mich die Erwartung erfüllt, die ich an Harry Potter hatte (und nix wars).
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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #52 am: 20.07.2018 | 17:53 »
Mein Geldbeutel kriegt davon Schnappatmung.
Meiner leider auch. Und vermutlich wäre es auch klüger, lieber meinem Vater die "Familienexemplare" von damals abzuschwatzen. *seufz* Aber die Bilder sind wirklich schön!

Hach... und wie wäre es mit Büchern von Cornelia Funke für Liv? Drachenreiter dürfte doch genau für ihre Altersgruppe geschrieben sein. Und wenns kein Fantasy sein muss - Die wilden Hühner sind einer der Gründe für meinen Forennamen. Ich LIEBE diese Bücher!
Zitat
Abenteuer kann man doch nicht planen wie Ballett oder sowas. Die warten um die Ecke und - zack! - plötzlich sind sie da!
Von den wilden Hühnern gibt es auch diese tolle Hörbuchversion, gelesen von der wundervollen Frau Funke selbst. Und solltet ihr jemals die Gelegenheit haben, sie auf einer Lesung live zu erleben - unbedingt hingehen. Sie liest unglaublich lebendig und mit einer sehr angenehmen Stimme und sie nimmt sich sehr viel Zeit - am liebsten für die vielen Kinder im Publikum. So eine tolle Frau. *schwärm*

Sorry für die vielen ungefragten Ratschläge. Ich lasse anderen so schrecklich gerne meine Lieblingsbücher angedeihen und leider freut sich selten jemand wirklich darüber. *schnüffel*

Offline Lyris

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #53 am: 20.07.2018 | 19:58 »
Drachenreiter haben wir sogar. Gute Idee.
Ach, die wilden Hühner, ja die habe ich auch gern gelesen. Oder vielleicht zuerst diesen Ableger "Die wilden Küken". Ich glaube die sind altersmäßig besser dran. Außerdem kenne ich die auchn noch nicht.  ;D Die schreibe ich jetzt mal auf unseren Merkzettel.
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Offline Menthir

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #54 am: 20.07.2018 | 20:05 »
Ich nerve euch dann mal unauffällig mit meinem Progress in der Challenge, lasst euch nicht stören.  :-*

#20
Andrew Miller - Friedhof der Unschuldigen
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book about death or grief)

Zuerst muss der dolle, beiläufige Schreibstil Andrew Millers genannt werden. Er entführt den Leser durch die Straßen von Paris im späten 18. Jahrhundert, glänzt mit vielen beiläufigen Details, als würde man durch die stinkenden Straßen voller Unrat schlendern, und dann vor allem sein Viertel mit jedem Kapitel etwas besser kennen lernen. Dieses detailreiche, aber nicht zu ausladende Erzählen ist ideal geeignet, um einen Mann aus einem dörflichen Bereich der Normandie in die Großstadt kommen und alles bestaunen zu lassen, sich vom Zeitgeist einfangen und wieder ausspucken zu lassen.
Wer also auf eine - manchmal makabre - Entdeckungstour gehen will, liegt mit diesem Buch goldrichtig.

Zuletzt muss der dolle, beiläufige Schreibstil Andrew Millers kritisiert werden, denn er kann sich in den großen Fäden seiner Geschichte nicht so ganz davon trennen und so wirkt das Leben des Ingenieurs Jean-Baptise Baratte eben beiläufig. Ich belege Kritik hier nicht positiv oder negativ, denn es ist beides. Auf der einen Seite ist es bisweilen frustrierend, dass Miller nicht wirklich bei einer Szene verweilen mag. Es ist frustrierend, dass er die Gefühle Barattes, seine Liebesgeschichte, die Probleme seines Lebens nur so streift und immer, wenn man denkt, jetzt würde sich die Geschichte entzünden, pendelt sie wieder ins Nebenher und Weiter. Seine gesellschaftlich problematische Beziehung zu einer ehemaligen Kurtisane, sein mäßiges Verhältnis zu Minister und dessen Diener Lafosse, die Vergewaltigung an der Enkelin des Küsters und dem Selbstmord des Täters, das Aufkommen revolutionärer Stimmung, in der sogar Baratte durch sein One-Night-Alter-Ego Beche eingebunden wird: Sein Alter Ego wird zur Stimme des Widerstandes und taucht allenthalben aus, und doch hat nichts bleibende Konsequenzen.
Durchgehend geht Baratte seiner eigentlichen Aufgabe nach: den Friedhof der Unschuldigen ausgraben, die Kirche darauf einreißen und am Ende alles planieren.
Und so bleibt es auch ohne Konsequenz, dass eben jene Kirche am Ende abbrennt, gar angezündet wird, weil ein Arbeiter dort tragisch stirbt und seine flämischen Freunde ihm einen großen Scheiterhaufen gönnen. Und man sieht all die großen Themen an diesem Leben vorbeistreifen. Es geht weiter. Alles, was groß scheint, geht im Streben der Menschen und der Zukunft einfach weiter.

Andererseits ist vielleicht auch gerade das der große Wurf in dem Werk. Dass eben ein Leben so beiläufig erzählt wird, dass jede Regung der Geschichte nur eine Kleinigkeit darstellt, wenn nicht alle Fäden an das eine Narrativ gebunden werden. Dass alles klein im Verlauf wirkt, wenn die eigentliche Aufgabe im Fokus steht.

Letztlich schadet dies aber dem Zauber, der diesem Werk innewohnen könnte. Zurück bleibt dennoch eine angenehm lesbare Lektüre, die nicht besonders fordernd ist, die sich nirgendswo verstricken mag und die am Ende - auch wenn sie es hier und da andeutet - nicht wirklich provozieren will. Es lebt von seiner sich aufbauenden Stimmung, und den vielen Kleinigkeiten. Man bummelt eben durch Barattes Leben, nimmt alles beiläufig mit und dann ist das Werk auch vorüber.

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Offline Lyris

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #55 am: 21.07.2018 | 12:24 »
Sorry!  :-X
Ich komm dann mal auch wieder zum Thema zurück.
Kevin Hearne: Aufgespießt, Die Chronik des eisernen Druiden 8 (Ein Buch in dem Trolle vorkommen)
Allgemein zur Serie: Atticus O'Sullivan ist der letzte Druide und dass seit 2000 Jahren. Das macht ihn interessant im positiven wie negativen Sinn und so bekommt er es mit unterschiedlichsten Wesen wie Göttern, Vampiren, Werwölfen, Hexen, Feen etc., in allen möglichen Teilen der Welt und anderen Gefilden zu tun. So weit so gut und nett bis spannend zu lesen. Je nachdem wie sehr einem das momentane Thema, Umgebung, Nebencharaktere etc. zusagen.
Der derzeit neueste Band ist mE eine Steigerung. Das liegt hauptsächlich daran, dass inzwischen doch noch weitere Hauptcharaktere aufgetaucht sind (die mir auch durchaus mehr liegen als Atticus selbst) und das ganze Buch in drei Handlungssträngen verläuft, die sich immer mal wieder gegenseitig beeinflussen und am Ende auch wieder zusammenlaufen. Besonders gut gefällt mir Owen, für den 2000 Jahre die Zeit stillstand und nun mit der viel zu modernen Gegenwart konfrontiert wird.
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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #56 am: 10.08.2018 | 19:40 »
@Lyris: Da deine Zählung etwas komplizierter ist - wie ist denn dein aktueller Stand? :D

@Challenge: Oh weh, Goodreads schimpft mit mir, weil ich schon 16 Bücher hinterm Plan hinterherhänge. Mal gucken, ob ich das noch irgendwie aufhole bis zum Ende des Jahres...

Lynn Flewelling - Shadows Return
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Das ist der vierte Band der Nightrunner-Reihe, die ich im Frühjahr während meiner Krankheit gesuchtet habe. Vor diesem Band hab ich mich lange gedrückt, weil ich dank Goodreads-Rezensionen ein paar halbgare Spoiler gelesen hatte, die mich daran zweifeln ließen, ob ich Bock auf das Buch habe. Hat sich dann so nicht bewahrheitet, aber es ist in der Tat der bislang düsterste Band der Reihe und etwas schwer verdaulich. Ein wenig Spannung war raus, weil ich schon wusste, dass es weitere drei Bücher gibt... vermutlich war der bei Erscheinen noch nen Tacken dramatischer. :D

Alec und Seregil tun sich nach ihren Erlebnissen schwer damit, sich wieder in Rhíminee einzuleben. Deswegen sind sie eigentlich ganz froh darüber, als sie auf einer fragwürdigen Mission zurück nach Aurënen geschickt werden. Doch unterwegs wird ihre Reisegruppe überfallen und die beiden Protagonisten finden sich, voneinander getrennt, als Sklaven in Plenimar wieder. Der Alchemist Yhakobin erwirbt Alec und hat finstere Pläne mit dem Halbblut. Seregil wiederum trifft im Haushalt seines geheimnisvollen Meisters einen alten Bekannten wieder, auf den er gut hätte verzichten können.

Wie gesagt ein sehr düsteres Buch, in dem, ich lehne mich mal an eine der Rezensionen auf Goodreads an, die Protagonisten entführt, versklavt, vergiftet, gefoltert, gedemütigt und missbraucht werden - und das ist nur die erste Hälfte. Mir persönlich wars stellenweise zu viel. Insbesondere deswegen, weil die beiden Helden der Geschichte die meiste Zeit über absolut chancenlos sind. Sie können sich weder wehren, noch flüchten und haben keine Aussichten auf Besserung und keine Hoffnung, zumal sie über weite Teile des Buches nicht einmal sicher sind, ob der jeweils andere überhaupt noch am Leben ist. Und dieses alchemistische Experiment ist rundweg... weird. Nichtsdestotrotz war das Buch spannend und ab einem gewissen Punkt gehts auch wieder bergauf. Dennoch... die ein oder andere "der Protagonist wird halbtot geprügelt"-Szene weniger hätte dem Ganzen sicher nicht geschadet.

Offline Menthir

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #57 am: 21.08.2018 | 09:11 »
#21

Timothy Snyder - The Road to Unfreedom
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book that's published in 2018)

Ein Buch, ein Auftrag. Letztlich führt Timothy Snyder hier aus, was er in seinem kleinen und inzwischen recht verbreiteten Essay "On Tyranny" abstrakter entwickelt hat, ohne jetzt dezidierte Handlungsanweisungen geben zu wollen, auch wenn er am Ende in die Richtung deutet.
Das Buch verfolgt die Absicht, zum einen zu zeigen, wie faschistoiden Tendenzen, aber auch wirklich faschistisch-philosophisches Gedankengut wieder an Relevanz gewinnt, zum anderen zu zeigen, wie dieser ideologische Überbau zu diversen Handlungen führt. Er versucht diese Handlungen nachzuvollziehen.

Im Detail bedeutet das, dass Snyder aufzeigt, wie vor allem Russland in die Denkstrukturen der 20er und 30er Jahre zurückgekehrt sind (allerdings auch in Europa), angelehnt an Denker wie Iljin oder Carl Schmitt. Er versucht aufzuzeigen, wie heutige Rechtsdenker diese alte Schriften - im Zentrum die Idee ewiger russischer Unschuld - in die russische Moderne übertragen haben. Und wie aus diesem Überbau geopolitisches Handeln entsteht, weil Putin sich - nach Annahme Snyders - diesem Überbau verpflichtet sieht.

Anhand dieser Leitlinie versucht der Autor nachzuvollziehen, wie diverse russische Entscheidungen auf diesen Gedankenlinien verlaufen und das tut er recht plausibel. Dabei spiegelt er russische Interventionen zunehmend auf die Geopolitik in Abgrenzung und mit der Absicht der EU zu schaden, und dann auch in Bezug auf die USA und die Kandidatur von Trump.
Dabei geht er auf eine Myriade aktueller Themen ein, in denen seiner Ansicht nach russische Fäden gezogen werden. Er behandelt unter anderem moderne russische Propaganda und ihre Funktionsweise (Abschaffung lokaler Medien, um Nachrichten abstrakter zu machen, die Begrifflichkeit der Fake News, die durch Trump an Bedeutung gewann, aber staatstheoretisch in Russland bspw. verankert ist - Influencer - Bot-Accounts bei Twitter, Facebook etc. - Den Versuch Presse unglaubwürdig zu machen, um eigene Unglaubwürdigkeit zu decken etc.), akut geführten Cyberkrieg und setzt auch die Ukrainekrise in den Zusammenhang der eurasischen Idee.
Im letzten Part geht es dann vor allem daran, wie Amerika sich hat vorführen lassen und den "russischen" Kandidaten Donald Trump bekam. Er zeichnet nach, wie Trumps Kampagne, aber auch die Person Trump seine russischen Kontakte nutzt und nutzte (beispielhaft sei die Rolle Paul Manaforts genannt), sein "Finanzimperium" auf russischen Kreditfüßen steht und inwieweit dessen handeln oligarchisch-faschistisch ist. Zunehmend gewinnt der Gedanke der modernen Oligarchie an Bedeutung im Buch und Snyder weißt daraufhin, dass Russland begonnen habe - da es nicht in der Lage war, nach dem Ende der Sowjetunion westlichen Erfolg zu importieren - russische Probleme zu exportieren. Ein ewiger Krisenkreislauf, von Snyder Politics of Eternity genannt, in der Fakten, Modernität und Hoffnung an Bedeutung verlieren und tagtägliche Krisen von den eigentlichen Strukturen und Problemen ablenken.

Snyder macht das Ganze in einem klaren, politischen Auftrag. Seine Meinung von den amerikanischen Drahtzieher ist dabei schlecht und er sieht die meisten als schlechte Kopien der russischen Originale (bspw. Steve Bannon), dennoch erkennt er, dass die amerikanische Gesellschaft dem auch Tür und Tor geöffnet hat. Er macht sich Gedanken, wie dem Phänomen begegnet werden kann, findet dafür jedoch keine abschließenden Handlungsmaximen.

Jetzt kann man von dem Werk halten, was man möchte und darf sich vergewissern, dass es einen klaren politischen Auftrag und eine ebenso klare politische Botschaft hat, allerdings ist die Argumentation Snyders nicht von der Hand zu weisen, wenn vielleicht auch etwas extrapoliert. Wer das Werk zu engstirnig sieht, wird eine russische Weltverschwörung wittern, was dem Werk meines Erachtens nicht gerecht wird, auch wenn der russisch-politische Krisenimpetus sehr ausführlich zur Aussprache kommt. Allerdings ist das Abbild der russischen Geopolitik glaubwürdig, gerade in Bezug auf den Rechtsruck Amerikas und Europas. Es ist schließlich bekannt, dass fast alle rechtsnationalen Klientelparteien in Europa russisch finanziert oder zumindest unterstützt sind, sei es der Front Nationale Le Pens oder Gauland und seine AfD.

Insofern ist es ein ungemein eindringliches Werk, dessen Lektüre empfehlenswert ist. Es ist zu betonen, dass Snyder im Übrigen nicht das russische Volk angreift, sondern lediglich dessen oligarchische Führungselite, aber dass man dies bei der Stilisierung des russischen Feindes leicht vergessen kann. Dieses Buch sollte mit einem gewissen Abstand gelesen werden, will mehrfach gelesen und gut durchdacht werden. Denn selbst sich gegen seinen eindringlichen Inhalt zu stellen, ist bedenkenswert und begrüßenswert, aus Sicht des politischen Diskurses. Es ist ein Stück weit polarisierend, es will es auch sein. Es ist ein Stück weit extrem in seinen eigenen Ansichten und schlägt auch zwei, drei Mal unter die Gürtellinie, wo die Emotionalität des Autors in seine Analyse wandert (er bezeichnet Trump bspw. als "American loser" an einer Stelle), und mahnt einen gerade dadurch unabsichtlich und implizit, einen ruhigen Kopf zu bewahren.
Es ist ein lohnenswerter Gedanke. Es ist nichts weniger, als unsere geopolitische Gegenwartsbewegung in eine greifbare Form zu gießen und eben davor zu warnen. Es ist letztlich auch eine Verteidigung amerikanischer Demokratie, aber auch das Eingeständnis, dass das Ende der Geschichte nach dem Ende der Sowjetuntion nicht erreicht war. Es ist nichts weniger als die Aufforderung, Demokratie wieder zu leben mit all seinen Facetten und sie nicht der Oligarchie und totalitärem Denken hinzugeben, oder es dieses zumindest zu erdulden. Es ist die Erkenntnis, dass Faschismus längst nicht tot ist, auch wenn er sich bisweilen als antifaschistisch kleidet (vor allem in Russland).
Es ist ein mutiges und zu diskutierendes Buch.
Es ist ein gutes Buch.

9 von 10 Punkten.

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #58 am: 21.08.2018 | 10:16 »
#22

Wajdi Mouawad - Anima
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book by an author of a different ethnicity than you)

Im Was lest ihr gerade?-Thread hatte ich bereits dazu geschrieben:
Eine Art Kriminalthriller, der aus der Sicht von Tieren geschildert wird, welche den Protagonisten auf seinem Weg beobachten.
Sehr interessant komponiert, manchmal ist die Brachialität des Inhaltes zu konstruiert für die jeweilige Szene, häufiger aber ist es sehr eindrücklich. Habe jetzt etwa 50% des Buches gelesen und bin insgesamt angetan, auch durch die vielen, detailreichen Einzelperspektiven. Manchmal will Mouawad zu viel mit dem Holzhammer, in anderen Szenen will er manchmal zu zärtlich sein. Ich werde es dennoch beenden und, da es Teil meiner Reading Challenge ist, auch noch genauer beleuchten.

Es ist mehr als ein Kriminalthriller, es ist aber auch ein Manifest dessen, wenn ein Autor zu viel möchte. Es beginnt als Kriminalthriller als die Frau des Protagonisten getötet wird. Die Perspektivität des Romans ist dabei in den ersten zwei von vier Kapiteln die große Stärke des Buches, denn wir begleiten den Protagonisten Wahsch Dibsch scheinbar durch die Augen der vielen Tiere, die ihm auf dem Weg begegnen.
Allerdings befasst sich das Buch nicht damit, den Mörder finden zu wollen. Der ist bekannt, doch die Polizei will ihn nicht festnehmen, weil er ein wichtiger Informant ist und ihn noch braucht. Also macht sich der Protagonist selbst auf die Suche nach dem Mörder, nicht um ihn zu stellen, sondern anfangs mit dem Gedanken, dem Mörder seiner Frau nur ins Gesicht schauen zu wollen.
Wahsch macht sich also auf die Suche und gerät dabei zunehmend zwischen die Mühlen, erfährt, dass der Mörder ein Mohawk-Indianer ist und gerät in die Kriminalität des Reservats, wird Teil eines politischen Spiels durch die Indianer, bei denen aber - durch die Tiere beobachtet - der Mensch immer die Bestie bleibt. Soweit, so gut. Also was der Mensch auch probiert - der Protagonist oder seine Mitstreiter oder gar Antagonisten - am Ende steht bestialische Gewalt. Und so wird aus Wahschs Jagd bald eine wilde Flucht, weil der Mörder seiner Frau ihn ausfindig macht. Das Werk gewinnt an Abstrusität, der erst teils an brutale Surrealität grenzt, denn so wird der Protagonist durch den Antagonisten im Laufe des Buches bspw. vergewaltigt. Ungefähr in der Mitte des Buches begegnen sie sich dann zum tödlichen Kampf, den der Protagonist gewinnt. Auf dem Weg werden die entsprechenden Mittel verstreut, und man merkt, dass der Autor eigentlich Theatermann ist, und im Sinne von Checkhov's Gun eben die entsprechend dramatischen Gegenstände verteilt, denn natürlich wird der Mohawk-Mörder durch ein Sioux-Messer getötet. Ab hier endet die Perspektivität durch verschiedene Tiere und wird ersetzt durch die Perspektivität eines Tieres. Eines wilden Wolfes, der den Protagonisten nach dem Kampf mit dem Antagonisten rettet und fortan sein "Hund" ist.

Wichtig in dem Werk sind seine Entwicklungsstränge. Während die Brutalität allgegenwärtig ist - bei weitem aber nicht so gut und glaubwürdig wie bspw. einem Cormac McCarthy - ist Wahsch zu Beginn seiner Selbsteinschätzung nach eher ein friedfertigerer Typ, der Gewalt eher zum positiven Zwecke nutzt. Er will sich so auch nicht an dem Mörder rächen, sondern ihn nur sehen, woraus letztlich Notwehr entsteht. Das Buch stellt jetzt jedoch dar einen Bruch da, im Übrigen durch den Wolfhund symbolisiert, der Mason-Dixon-Line heißt. Anhand dieser Grenzerfahrung entwickelt sich das Buch in die nächste Phase, denn auf einmal wird aus Wahsch ein Racheengel. Es ist bereits im ersten Teil des Buches angelegt, dass irgendwas mit Wahschs Herkunft nicht stimmt, und er ein Trauma mit sich rumträgt.

Im weiteren Buch wird klar, dass dieses Trauma darin begraben, dass er als Kind das Massaker von Sabra und Schatila erlebt hat. Das arbeitet er in Teil 3 des Buches, unter den Eindrücken der ersten beiden Kapitel, auf, und erfährt, dass sein Ziehvater der Drahtzieher oder zumindest eine wichtiger Mörder dieses Massakers war. Nebenher sprengt er noch einen Hundekampfring und rettet ein selbstzerstörerisches Mädchen von ein paar Rednecks. Die Perspektiveneinengung beginnt im Übrigen in dem Moment, in dem er nachvollzieht, dass jeder Mensch nach indianischer Sage irgendwann seinem Totemtier begegnet, was bei Wahsch der Wolf ist. Da das Tier nach einer Grenze benannt ist, wird der Rest des Buches also zwangsläufig zur Grenzerfahrung. Kapitel 4 ist schließlich das erste Kapitel aus scheinbar menschlicher Sicht, nämlich des Gerichtsmediziners, der mit dem Mord an Wahschs Frau beschäftigt war. Dieser erfährt eine gewisse Empathie für Wahsch und aus seiner Sicht lernen wir, dass Wahsch seinen Ziehvater ausfindig macht und tötet, und zwar so in dem Stile, wie dieser das Massaker von Sabra und Schatila begangen hat. Damit, dass Wahsch mit dem Mädchen (Winona) und Mason-Dixon-Line nach Alaska reist, endet das Buch.

Grundsätzlich ist es ein sehr interessantes Werk, welches wie gesagt als Kriminalthriller beginnt, dann ein Stückweit zum psychologischen Trip wird, da Wahsch sich zu Beginn fragt, ob er seine Frau nicht selbst umgebracht hat. Dann wird das Buch zunehmend zu einem Milieustück und Road-Trip-Buch, von großer Gewalt beschattet. Im Zentrum steht dabei immer die Entwicklung Wahschs, der erst Opfer der Geschehnisse ist, dann Initiative übernimmt, Opfer bleibt bis er seinen inneren Wolf entdeckt (im Übrigen glaubt er, dass der Wolf, sein Totem, der Geist seines Antagonisten ist, der Welson Wolf Rooney heißt...) und dann selbst zum Täter und Rächer wird, und damit übrigens die Prophezeihung erfüllt, die sein Name ihm gibt, weil Wahsch Dibsch quasi sowas wie grausamer Mörder bedeutet und den Vater an das Massaker erinnern sollte.
In kurz: Der Mensch ist Tier und verfällt in Grenzsituationen seiner animalischen Urart.

Hier wird deutlich, dass der Autor zu viel will und dadurch Lücken erzeugt. Bspw. kann Wahsch teils arabisch, teils nicht, weiß aber nicht, was sein arabischer Name bedeutet und fragt sich das nie, obwohl er seinen wahren Namen nie erfährt, sondern eben nur merkt, dass er quasi ein Mann ohne Namen ist. Die Namen seiner Familienmitglieder werden im Laufe des Buches klar, weil die anderen Familienmitglieder sie beim Massaker riefen. Nur der Junge, der zuletzt getötet werden sollte, hatte deswegen keinen Namen, weil sein Name nie gerufen wurde.
Letztlich versucht der Autor Genregrenzen zu durchbrechen, nebenbei ein psychologisches Profil zu schustern, eine Person vollständig zu entwickeln und greifbar zu machen. Das Ganze tut er immer durch Extreme. Die Gewalt ist extrem, die Zärtlichkeit ist extrem. Alles besteht aus Extremen und Extrapolationen, und damit auch durch Klischees, sodass man letztlich vieles nachvollziehen kann, aber keine wirkliche Bindung zur Handlung bekommt. Dann will er jede Handlung irgendwie erklärbar machen, aber will zu viel erklären, verrennt sich. Lediglich der letzte Turn ist wahrlich interessant, als klar wird, dass die Perspektive durch die Tiere doch am Ende die Perspektive Wahschs ist, was in Kapitel 4 aufgeklärt wird, da dem Gerichtsmediziner ein Manuskript vorliegt, welches den drei Kapiteln davor entspricht. Dadurch verliert das Buch seinen surrealen Charakter schlagartig und lenkt den Blick zuletzt darauf, dass Wahsch quasi die Welt nur durch die Brille der alltäglichen Gewalt sehen und verstehen kann. Im Übrigen ist es nämlich auch so, dass viele der Tiere, die ihn beobachten, sterben oder selbst töten, während sie beobachten, oder eben schützen und dem Tod zu entfliehen suchen. Das erklärt schließlich auch die Einengung der Perspektive, am Anfang durch viele Tiere dargestellt bis er - wie oben genannt - seinem Totem begegnet.

Abschließend bleibt es aber ein interessantes Buch, welches aber eher durch seine Komposition als durch das geschriebene Wort selbst glänzt. Ich habe letztlich nur die deutsche Übersetzung gelesen, die an sich gefällig, aber nicht sehr blütenreich ist. Die Gewalt ist teils extrem, aber nicht sonderlich schockierend. Schade bleibt, dass Mouawad nicht alle seine Einflüsse so verbinden konnte, dass keine zu großen Brüche entstehen und so bleibt trotz seines Dranges, alles erklären zu wollen, vieles unerklärt. Nicht, weil es unerklärlich wäre, sondern weil es zu viel war. Es ist überladen und lässt dadurch andere Perspektiven vermissen, die in der Komposition mehr Sinn ergeben hätten. Das Motiv von Welson Wolf Rooney wäre interessant gewesen, doch er erscheint nur als brutal. Damit ist er ein letztlich brutaler wie langweiliger Antagonist.

Dennoch ist es ein Werk, welches man sicher so nicht häufig liest, und auch wenn die Multiperspektivität keine wirkliche ist, liest es sich dadurch zumindest in der ersten Hälfte sehr interessant. Wegen dieses ungewöhnlichen Ansatzes gebe ich dem Werk, trotz seiner Schwächen, 7 von 10 Punkten.

P.S.: Reviermarkierung spielt im Übrigen eine sehr wichtige Rolle in dem Buch. Permanent werden Dinge bepinkelt, eingekotet bzw. auf oder in sie ejakuliert. Wahrscheinlich ist dies der wahre psychologische Schlüssel zu dem Buch, inwieweit Macht mit Urin, Sperma und Kot zusammenhängt.

P.P.S: In einer Szene wird im Übrigen angedeutet, dass die Mordvariante, die Welson Wolf Rooney nutzt - er öffnet, v.a. schwangeren, Frauen den Unterleib mit einem Messer und vergewaltigt sie in das neu geschaffene Loch bis zur Ejakulation - ebenfalls von seinem eigenen Ziehvater bei dem Massaker genutzt wurde. Dieser Zusammenhang bleibt einmalig und nicht weiter beleuchtet. Darüber dürfte in dem Werk ausgiebig spekuliert werden, sollte es tiefergehende Rezeption erfahren.
„Zutrauen veredelt den Menschen, ewige Vormundschaft hemmt sein Reifen“ - Johann Gottfried Frey

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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #59 am: 22.08.2018 | 09:22 »
Lynn Flewelling - The White Road
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Alec und Seregil sind wieder sicher in Aurënen angekommen. Ihr Empfang ist herzlich, aber die Gastfreundschaft kennt ihre Grenzen - denn ihr Begleiter Sebrahn wird als potentielle Gefahr wahrgenommen. Tatsächlich ziehen die drei ungebetene Gäste an - verschiedene Parteien haben ein Interesse daran, den kleinen Rhekaro zu besitzen. Schließlich ist klar - um zu verhindern, dass weitere Rhekaro geschaffen werden und um mehr über Sebrah zu lernen, brauchen sie das alchemistische Buch, das Yhakobin verwendete. Begleitet von Seregils altem Freund Micum machen Seregil, Alec und Sebrahn sich auf zurück nach Plenimar, um es aus Yhakobins Nachlass zu stehlen. Doch ihre Pläne geraten gehörig durcheinander, als Alecs lang verschollene Verwandtschaft aus dem Norden auftaucht und ebenfalls Interesse an Sebrahn hat. Die geheime Reise wird zur Hetzjagd.

Der fünfte Band der Nightrunner-Reihe und er hat mir tatsächlich viel besser als sein Vorgänger gefallen. Spannend und die Charaktere durften sich endlich wieder frei bewegen. Yay! :)
« Letzte Änderung: 22.08.2018 | 18:38 von Huhn »

Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #60 am: 22.08.2018 | 18:37 »
Uuund es geht gleich weiter (hab ja 15 Bücher Rückstand laut Goodreads....). Hab festgestellt, dass ich fast neben der Stadtteilbibliothek wohne, da bin ich gleich mal hin und hab ausgeguckt, was die so an Comics da haben.

Guy Delisle - Geisel
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Ich zitier einfach mal die Inhaltsangabe des Verlags, denn treffender könnte ichs auch nicht beschreiben:
Zitat
1997 wird Christophe André, Mitarbeiter der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, im Nordkaukasus von tschetschenischen Separatisten entführt. Guy Delisle hat Christophe André einige Jahre später getroffen und die Geschichte seiner Geiselhaft aufgezeichnet: 111 Tage Warten, ohne jedes Wissen um das, was draußen passiert, ob man ihn für tot hält oder um seine Rettung bemüht ist.

Wie auch schon die anderen Graphic Novels des Autors hat mich dieses Buch richtig gefesselt. Und das, obwohl ein guter Teil der Panels denselben, leeren Raum zeigen. Starker Typ, um den es da geht. Beim Lesen bin ich nicht drumherum gekommen, zu überlegen, was ich wohl in seiner Situation getan hätte. Wahnsinn.
« Letzte Änderung: 22.08.2018 | 20:43 von Huhn »

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #61 am: 26.08.2018 | 20:48 »
Derek Landy - Hölle und Highway (Demon Road 1)
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Kurz nach ihrem 16. Geburtstag muss Amber feststellen, dass ihre Eltern sie fressen wollen. Glücklicherweise vermittelt eine Bekannte ihrer Eltern sie an Milo, der sie mit dem Auto wegbringen kann. Auf der Flucht muss Amber mit ihrer neuentdeckten dämonischen Seite, einem gefräßigen Oldtimern, Vampiren, Höllenfürsten und anderen Grausligkeiten klarkommen. Glücklicherweise findet sie unterwegs nicht nur in Milo einen treuen Freund.

Meine Fresse war das Buch so schlecht. Ich habe mich zu Tode gelangweilt und es am Ende quasi nur noch überflogen, damit ich es wenigstens für meine Challenge zählen kann. Werde die Reihe aber ganz gesichert nicht weiterverfolgen. Amber ist eine nervige Teenie-Göre, die nicht nur total egomanisch, sondern dazu noch strotzendoof ist. Aber alles halb so wild, denn wenigstens sieht sie ja als Dämon uuuunfassbar heiß aus - was ihr auch ständig gesagt wird. Genauso, wie ihr in normaler Gestalt andauernd von random Passanten mitgeteilt wird, dass sie hässlich und dick ist. Weil das halt so ist im Leben...

Ihr Begleiter Glen ist so unglaublich unnötig, dass ich nichtmal besonders froh sein konnte, als er endlich weg war... er war mir einfach nicht wichtig genug, mir irgendwelche Gedanken über ihn zu machen. Insbesondere die nutzlosen Monologe, die er die ganze Zeit hält, waren so nervenzersägend uninteressant, dass ich sie irgendwann einfach übersprungen habe. Milo ist ok, aber irgendwie nur halb so geheimnisvoll, wie der Autor sich wohl dachte. Sobald sie das Auto haben, war irgendwie klar, dass das ein Geisterauto ist und auf seiner Lebenskraft läuft. Das wurde mir dann im hinteren Teil des Buches als großer Reveal verkauft, war aber eigentlich die ganze Zeit irgendwie logisch.
 
Und dann die Handlung. Eigentlich immer nach demselben Schema - sie fahren mit dem Auto wohin, dort gibt es Ärger, der vermeidbar gewesen wäre, wenn die nicht alle hirnamputiert gewesen wären, dann lösen sie den Ärger und fahren zur nächsten Station. Da sowieso relativ schnell klar ist, wohin sie müssen, sind alle Stationen dazwischen auch noch irgendwie unnötig. Als wüsste man schon, wo die Schnitzeljagd hingeht und würde nur der Vollständigkeit halber noch den Rest der Zettel sammeln. Daneben diverse Logiklöcher (Wieso zum Geier haben ihre Eltern sie nicht einfach im Keller gehalten, wenn sie sie eh bloß nach 16 Jahren fressen wollten? Wieso hat diese Nulpe Glen ein Todeszeichen samt Auftrag - was hat der Typ, der ihm das verpasst hat, sich dabei bloß gedacht?!).

Ich habe das Buch ausgeliehen, weil ich die Skullduggery-Pleasant-Reihe eigentlich ganz nett fand und weil es gute Bewertungen hatte. Hätte nicht gedacht, dass es so dermaßen beschissen ist. Ich stehe ja im Allgemeinen auf YA-Literatur und wie frühere Rezensionen zeigen, scheue ich auch nicht vor Schund zurück, wenn er mich gut unterhält. Aber dieses Buch hat mich nicht unterhalten. Es war vorhersehbar, langweilig, langatmig und die Figuren sind ausnahmslos nervig und verhalten sich nicht nachvollziehbar und dumm. Ich hab mittelmäßige Fanfiction gelesen, die besser war als das hier. Und im Gegensatz zu Erstlingswerken oder veröffentlichter Fanfiction hat der Autor hier nichtmal die Ausrede mangelnder Erfahrung oder fehlender redaktioneller Betreuung. Da gibts nichts zu verzeihen: Das Buch ist Schrott.

Offline Weltengeist

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #62 am: 3.09.2018 | 17:24 »
Bisschen spät, aber immerhin...

Habe mir vorgenommen, ab dem 1. September konsequent 20+ Seiten pro Tag zu lesen. Das sollte rein rechnerisch noch für 8+ Bücher im Jahr 2018 reichen.
Ja, Bücher. Belletristik und Sachbücher, aber Bücher. Rollenspielmaterial, Comics, Zeitungen, Zeitschriften, Papers, Onlinebeiträge etc. zählen nicht mit.

Ich werde nicht für jedes Buch ein neues Posting machen, sondern einfach alles in diesem Posting sammeln, was fertig wird.

  • Marc-Uwe Kling: Qualityland. Sehr treffende Satire auf die Auswüchse der Social-Media-Gesellschaft. Kling versteht auch die technische Seite erstaunlich gut. Das Buch ist mit leichter Hand geschrieben und eigentlich leicht zu lesen. Trotzdem mussten sowohl meine Frau als auch ich immer wieder Pausen machen, weil es einfach so nah an der Realität ist, dass man die menschliche Blödheit, die hier portraitiert wird (und die man nur zu gut wiedererkennt), irgendwann nicht mehr erträgt. Insgesamt aber ein hammergutes und sehr relevantes Buch; eigentlich sollte das zu den Büchern gehören, die gerade jeder gelesen hat, um mitreden zu können.
  • Anton Weste: Nacht über Herathis. Der erste Splittermond-Roman ist für einen Rollenspielroman ziemlich gut gelungen. Er transportiert viel lorakisches Flair und schafft so etwas, was vielen Abenteuern bisher nicht gelungen ist: zu zeigen, dass Lorakis eigentlich viel fantastischer ist als so manch anderes deutsches Fantasy-Setting. Auch die Handlung liest sich flüssig und hat keine großen Logiklücken (wenn sie auch ab Seite 200 ziemlich vorhersehbar ist). Für die wenigen Punkte, die mich etwas gestört haben (z.B. dass Iosaris ein solcher Abklatsch des Namenlosen aus Aventurien ist oder dass in der Namensliste am Ende wichtige Plotelemente gespoilert werden), kann der Autor ja nichts.
  • Kathrin Passig, Sascha Lobo: Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin. Ganz ehrlich - wenn ich Sascha Lobos Kolumnen nicht immer wieder gerne lesen würde, hätte ich ein Buch mit einem solchen Titel nicht mit der Kneifzange angefasst. Aber es enthielt dann doch überraschend viele nützliche Einsichten, denn die Autoren (beides bekennende Prokrastinierer) haben sich durchaus ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt. So zerpflücken sie nicht nur genüßlich einige Ratgeber aus der Kategorie "Für mehr Selbstdisziplin brauchen Sie nur ein bisschen Selbstdisziplin", sondern liefern auch so manch nützliche Idee. Man muss ja nicht gleich alles für sich übernehmen (das Loblied auf Ritalin finde ich beispielsweise eher grenzwertig), aber der eine oder andere Tipp ist wirklich brauchbar.
  • Michael Scott: Der unsterbliche Alchemyst. Eigentlich ist die Urban-Fantasy-Grundprämisse dieses Buches ja durchaus mein Ding. Sowas wie "Nicolas Flamell lebt" ist durchaus auch der Stoff, aus dem meine Pulp-Abenteuer sind. Aber irgendwie ist dieses Buch nicht an mich gegangen. Vielleicht, weil es eigentlich für Jugendliche geschrieben ist (obwohl mich das sonst nicht unbedingt stört). Vielleicht, weil es im Vergleich z.B. zu "American Gods" so dermaßen abstinkt. Vielleicht auch aus anderen Gründen. Am Ende habe ich mich jedenfalls nur noch durchgequält; die nächsten 5 Bände der Serie lese ich in gar keinem Fall mehr.
  • Iain Pears: Stone's Fall. Zur Abwechslung mal wieder was Intelligentes, und auch noch auf Englisch. Pears' Meisterwerk "An Instance of the Fingerpost" gehört ja bis heute zu meinen Lieblingsbüchern, und auch "Stone's Fall" ist echte Literatur, mit komplexen Charakteren, einer vielschichtigen Handlung und einer Menge Wissen, das man am Rande über die Sitten und Entwicklungen der Vergangenheit aufsammeln kann (hier übrigens die Jahre 1867-1909, was gut zu meinen gelegentlichen "Anno 1889"-Abenteuern passt). Dazu kommt Pears' Gewohnheit, die Handlung aus der Perspektive verschiedener Protagonisten zu schreiben und so einen "Rashomon"-artigen Blick auf die wahren Geschehnisse zu entwickeln. Hat Spaß gemacht, auch wenn man gefühlt die eine oder andere der knapp 600 Seiten hätte einsparen können.
  • Edmund Jacoby: Wer war König Artus? Mal was Kurzes für Zwischendurch: eine 80-seitige Kurzeinführung in die Artusgeschichten, komplett mit Anmerkungen zum historischen Hintergrund. Wofür ich das wohl brauche? ;D
  • Friedrich Dürrenmatt: Die Physiker. Auf Empfehlung eines Kollegen ein "Quickie" für zwischendurch: ein Theaterstück, in dem es letztlich um die Frage geht, was ein verantwortungsvoller Wissenschaftler mit dem Wissen tun sollte, das es der Menschheit erlaubt, sich selbst auszulöschen. Schon 1961 geschrieben, aber natürlich immer noch aktuell. Nur warum es eine "Komödie" sein soll, ist mir nicht so ganz klar geworden.
  • Yuval Harari: 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert. Ich mochte "Homo Deus" und finde die ganze Thematik "Wo bewegen wir uns hin?" recht spannend. Auch dieses Buch liest sich über weite Strecken gut; ich würde sagen: die ersten 19 Kapitel bieten viele Denkanstöße. In den letzten beiden aber baut es stark ab, und es stellt sich heraus, dass der Autor zwar gut darin ist, potentielle Probleme aufzuzeigen, aber letztlich überhaupt keine Lösungsansätze zu bieten hat. Was schade ist, denn genau diese werden eigentlich auf dem Klappentext versprochen.
  • Gary Keller, Jay Papasan: The One Thing. Ein Zeitmanagement-Buch, das ganz gut zu einem Projekt passt, das ich gerade aufziehen will. Das Buch hat meiner Meinung nach einige ziemlich starke Kapitel (speziell am Anfang und gegen Ende) und einige, die sich nach Füllmaterial anfühlen (speziell in der Mitte). Auch kommt der Autor gefühlt immer wieder vom Kurs ab, indem er erst erklärt, dass man sich zu jedem Zeitpunkt wirklich auf eine Sache konzentrieren solle, nur um dann später zu erklären, dass man ja zehn solche "eine Sachen" bräuchte, um ein ausgefülltes Leben zu führen. Fazit: Zum Ausschlachten einige gute Ideen, für den Anfänger aber wohl eher überfordernd.
  • Ben Aaronovitch: Ein Wispern unter Baker Street. Die "Flüsse von London" sind momentan ja meine Lieblingsbuchreihe. Ich finde zwar, dass dieser dritte Teil ein wenig schwächelt (überraschenderweise sehen das die Amazon-Rezensenten ganz anders), weil er weder so spannend noch so verständlich ist wie seine Vorgänger und auch einige Erklärungen schuldig bleibt (zumindest habe ich einiges nicht verstanden). Trotzdem bleibt diese Reihe allein schon wegen des rotzig-sarkastischen Tonfalls des Erzählers ein Vergnügen.
  • Vernor Vinge: True Names. Ein Klassiker und das eigentliche Gründungsbuch des Cyberpunk-Genres (die Novelle ist von 1981; Gibsons "Neuromancer" von 1984 bedient sich großzügig bei Vinges Ideen). Ich bin nur darüber gestolpert, weil sich so viele Cypherpunks darauf beziehen und weil ich mal wissen wollte, was sie das so fasziniert hat. Und in der Tat nimmt die Erzählung auf ihren gerade mal 90 Seiten viele aktuelle Probleme zu Identität, Vernetzung, KI und sogar Transhumanismus vorweg und regt zum Nachdenken über das Thema "Macht in einer vernetzten Welt" an.
  • Markus Walther: Buchland. Klang ja gut - ein Land der Bücher, ein kauziger Buchhändler, eine neue Buchhändlerin und jede Menge Probleme... Machen wir's kurz: Es war nicht gut. Es ist das Werk eines mittelmäßigen Autors, der sich für einen ganz großartigen Autor hält. Mit einem amateurhaften Schreibstil, kaum Spannung, einem wenig plausiblen Plot, unglaubwürdigen Charakteren und einem finalen Twist, den man anderswo schon viel besser gelesen hat. Wäre alles verzeihlich, wenn das hier ein Rollenspielroman wäre. Aber es ist der Roman von jemandem, der sich für einen großen Künstler hält und sich anmaßt, die Werke erfolgreicher Autoren als "entbehrlich" zu bezeichnen und auf alles vom Selbstverlag bis zum Ebook verächtlich herabzublicken. Unsympathisch.
  • Paul Maar: Der tätowierte Hund. Das war ein Vorlesebuch für meinen Sohn, und zwar eine - wie ich fand - überraschend gut geschriebene Kurzgeschichtensammlung. Wer selbst Kinder im Grundschulalter hat: Kaufempfehlung!
  • Felix Martin: Money - The unauthorized biography. Leider längst nicht so leicht zu lesen wie auf dem Einband versprochen, und Teile davon habe ich auch gar nicht verstanden. Trotzdem habe ich aus der Lektüre einiges mitgenommen und angefangen, darüber nachzudenken, was Geld eigentlich wirklich ist. Bis ich wirklich Antworten auf die Fragen habe, die mich beim Kauf des Buches angetrieben haben, werde ich aber wohl noch mehr Zeit und Hirnschmalz in das Thema investieren müssen.
  • Christian Lange: Die Pyramiden von Pirimoy. Der zweite Splittermond-Roman kommt für mich leider nicht an den ersten heran. Im Nachhinein muss ich den Kritikern im SpliMo-Forum zustimmen: Die Hauptfiguren (und zwar alle vier) handeln einfach zu unnachvollziehbar, um irgendeine Form von Interesse für ihr Tun zu wecken.
  • Walter Isaacson: The Innovators. Eine Tour de Force durch die Geschichte der Informatik; für mich als Informatiker natürlich immer interessant. Allerdings verliert sich das Buch phasenweise zu sehr in Details und in unüberschaubar vielen Namen, so dass es nicht ganz die Klasse der Steve-Jobs-Biographie vom gleichen Autor erreicht. Trotzdem lesenswert.
  • Cornelia Funke: Reckless - Steinernes Fleisch. Eine Leseempfehlung einer Mitspielerin, hat mir gut gefallen. Die Autorin macht die Kinderbuchklischees zu dem, was sie einmal waren - zu echt gruseligen Geschichten (das Hexenhaus oder das Dornröschchenschloss... boah wie fies). Das Buch lässt sich leicht lesen und macht auch nicht den verbreiteten Fehler, zu lang zu werden.
  • Jordan B. Peterson: 12 Rules for Life. Herr Peterson rockt ja gerade die sozialen Medien, und sein Ratgeber verkauft sich wie geschnitten Brot. Da bin ich neugierig geworden. Und ja - das Buch hat was. Nicht immer und überall (einige Kapitel in der zweiten Hälfte sind fast schon unerträglich verschwafelt), aber an manchen Stellen bringt er die Dinge echt auf den Punkt. Und er hat (auch wenn das eigentlich gar nicht wirklich zum versprochenen Inhalt des Buches passt) den Mut, den Mund aufzumachen gegen einen Konstruktivismus, der in den Medien weit verbreitet ist, obwohl er weder in der Wissenschaft noch in der Bevölkerung echten Rückhalt hat. Inspirierend.
  • J.R.R. Tolkien: Der Hobbit. Klar hab ich das schon vor Jahrzehnten gelesen. Aber jetzt diente es als Vorlesebuch für meinen Sohn. Allerdings ist mir dabei allerdings deutlich wie nie aufgefallen, dass das Buch eigentlich erzählerisch eine Zumutung ist. Die seitenweisen Beschreibungen von Bergflanken und Wetter, die nichts mit der Handlung zu tun haben, nerven umso mehr, wenn man merkt, wie der Zehnjährige neben einem allmählich die Geduld verliert...
« Letzte Änderung: 5.01.2019 | 14:33 von Weltengeist »
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Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #63 am: 3.09.2018 | 17:29 »
Willkommen im Club, Weltengeist!  :cheer:

Offline Lyris

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #64 am: 5.09.2018 | 18:01 »
Jetzt musste ich doch tatsächlich selber nachschauen was ich eigentlich wollte.  :D

Ziel - Aktueller Stand:
80 Bücher aus 40 Kategorien, SuB abbauen, Reihen beenden - (124/79)/(80/40), 10 Reihen abgeschlossen

Aber die 80. Kategorie (es ist tatsächlich Nr. 80 - Ein Buch mit einer Frucht oder einem Gemüse im Titel) schaffe ich auch noch.

Was den SuB betrifft: Enthält derzeit 17 Bücher, die ich auch wirklich zu lesen gedenke und 11 weitere von denen ich noch nicht weiß ob ich sie lesen will (nicht meine eigenen, sondern von Mann und Kindern)
@Huhn: Dazu musst du nichts aufschreiben, ich wollte es nur für mich festhalten, weil ich den Punkt so gar noch nicht richtig im Auge hatte.

Für Liv:
56 von 39+7 Büchern gelesen. 39 von 39 normalen Kategorien erledigt und 6 von 7 zusätzlichen. Es fehlt noch: Ein Buch, dessen Autorin denselben Vornamen hat wie du. (Das mit dem Nachnamen habe ich gleich weggelassen, wusste ich schon aus meiner Challenge, dass es niemanden gibt.)

Außerdem hat sie "erfolgreich" am Sommerferien-Leseclub teilgenommen.
https://www.oebib.de/index.php?id=1718
Nicht, dass man sie zum Lesen anregen müsste.  ;D Aber ich finde es eine schöne Idee.
Glückskeks sagt: In jedem Moment mit ganzer Konzentration und aus vollem Herzen, jeden einzelnen Schritt zu tun - Das ist Glück.

Offline Huhn

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #65 am: 22.09.2018 | 13:31 »
Ich war fleißig!

Nicole Gozdek: Die Magie der Lüge
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Anderta Passarios Leben als fahrende Wahrsagerin wird völlig auf den Kopf gestellt, als ein ihr Unbekannter die Realität umkrempelt. Plötzlich hat sie einen Sohn an der Backe, ihr Ex taucht wieder auf und ihr neuer Gefährte ist krank vor Eifersucht. Schnell findet sie heraus, wer an der Misere Schuld ist - ihr Namensvetter Tirasan Passario. Anderta macht sie auf die Suche nach ihm, um ihn zu nötigen, die Realität wieder zu korrigieren. Dabei wird sie zu allem Elend auch noch von einem ziemlich nervötenden Typen verfolgt, der unbedingt ihre Geschiochte aufschreiben möchte, weil sie als Passario jetzt so einen bekannten Namen trägt. Bei diesen Voraussetzungen klappt unterwegs natürlich nicht alles nach Plan und auch Tirasan entpuppt sich nicht als der Erzfeind, als den sich Anderta ihn vorgestellt hatte.

Das Buch ist die Fortsetzung von "Die Magie der Namen", hat mir aber nicht so gut wie der Vorgänger gefallen. Anderta ist in einer ziemlich passiven Rolle. Lauter Menschen nötigen sich ihr auf oder werden ihr aufgenötigt und außer rumzukeifen, fällt ihr nicht ein, wie sie damit umgehen könnte. Natüüüürlich erwachen im Verlaufe der gemeinsamen Reise ihre freundschaftlichen Gefühle für diesen nervigen Chronisten und ihre mütterlichen Gefühle für das sacknervige Kind. *kotzwürg* Klar - wenn ich Leute nicht mag, muss ich mich auch nur lange genug mit ihnen auf einem Fleck aufhalten und dann mag ich sie doch... -.-

Ich habe zudem eine Abneigung gegen Kinder in Fantasy-Geschichten und Blagen wie dieses sind der Grund dafür. Es ist einfach nur unfassbar nervig, heult pausenlos rum und hält die Story mit nutzlosen Episoden auf. Natürlich lieben es alle ganz dolle, weil... ja weil es halt ein Kind ist und "man" Kinder eben sehr liebt. In diesem Fall ist das Kind auch noch ein gewaltiges Plotloch. Im Gegensatz zu Anderta, die ihren plötzlich aufgetauchten Sohn in der neuen Realität gar nicht kennt, kennt der Sohn Anderta sofort als Mutter - was keinen Sinn ergibt, denn auch er ist immun gegen Wahrheitsmagie, müsste demnach also in seiner neuen Rolle genauso überfordert sein.

Trifft bei mir vielleicht nen Nerv, aber diese unterschwellige Botschaft, dass Frauen eben im Grunde ihres Herzens immer liebende Mütter seien und ihnen im Zweifelsfall nur die Augen geöffnet werden müssten, sackt mich maßlos an. Ich hab darüber richtig schlechte Laune beim Lesen bekommen. Auch, dass Anderta sich nie durchzusetzen weiß. Alle schreiben ihr vor, as sie zu tun hat und sie meckert und lamentiert dann, macht es aber genau so. Und dann ist sie dazu noch so saudumm. Betäubt z.B. die Magie eines Magiers, um ihn in Ruhe verhören zu können. Und dann sagt der Magier "Ich bin müde und werde jetzt schlafen" und legt sich schlafen! Die Betäubung wirkt nur zwölf Stunden! Und statt den Typen wachzuhalten, um ihn weiter verhören zu können, fügt sich Anderta dem "unentrinnbarem" Schicksal, dass der jetzt halt schläft und geht weg. WIE DUMM IST DIE EIGENTLICH?! Ich hatte irgendwann das dringende Bedürfnis, allen Protagonist_innen so richtig saftig ins Gesicht zu schlagen.  :gasmaskerly:

*atmet durch* Eines der Grundprobleme des Buches ist einfach dieser Perspektivwechsel. Anderta Passario kommt im ersten Band außer im Epilog nicht vor. Ich interessiere mich nicht für sie. Ich wollte wissen, wie es mit den Hauptfiguren aus dem ersten Band weitergeht. Aber außer Tirasan und seinem Leibwächter kommen die gar nicht weiter vor. Und auch Tirasan wird zu einer Nebenrolle verbannt. Wirklich interessante Szenen wie sein klärendes Gespräch mit dem Leibwächter geschehen Offscreen. Stattdessen muss ich lesen, wie Andertas Sohn sich mit Süßigkeiten vollstopft. Ich verstehe diesen Fokuswechsel nicht und er tut dem Buch auch wirklich nicht gut. In diesem Sinne: Der erste Band war ganz ok, den zweiten würde ich mir eher sparen, wenn ich nochmal die Wahl hätte.


Blake Nelson: Emmaboy Tomgirl
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Emma und Tom waren mal gut befreundet, jetzt aber nicht mehr, weil Jungs und Mädchen halt nicht befreundet sind. Als sie an einem Projekt über Jungen und Mädchen arbeiten sollen, passiert etwas Ungeahntes: Ihre Körper sind plötzlich vertauscht! Emma steckt in Toms Körper und Tom in Emmas. Jetzt müssen sie versuchen, die Rolle der/des anderen zu spielen. Ob das gut geht?

War ein Zufallsgriff aus der Vorschlagsliste der Onleihe meiner Stadtbibliothek. Naja liest sich halt wie etwas, das Kinder in der 6. Klasse in der Schule lesen müssen. Inhaltlich fand ichs eher schwach. Es will Vorurteile widerlegen, ersetzt es aber bloß durch neue. Klar können Mädchen Sport! Emma ist schließlich beim Turnen (ausgerechnet Bodenturnen... son klassischer Mädchensport... *seufz*). Und klar haben Jungs auch voll die Gefühl. Und Emma ist gar nicht zickig, sie leidet nur darunter, dass Mädchen (im Allgemeinen und als solche) großem Leistungsdruck ausgesetzt sind, während Jungs halt machen dürfen, was sie wollen und das natürlich auch nutzen, um nur scheiß zu machen.
Ist zwar so ne ganz witzige Geschichte - aber diese Idee dahinter, dass jetzt halt alle Jungen und alle Mädchen so und so seien, die nervt. Genau genommen lernt Tom ja nichts über Mädchen im Allgemeinen, sondern nur über Emma als Einzelperson. Und Emma lernt nicht alle Jungen kennen, sondern nur Tom. Die Schlussfolgerung, dass Mädchen angepasst und klug und stark gefordert seien, während Jungen voll rebellisch, ungeschickt und irgendwie leicht dümmlich seien... naja. Von diesem klassischen Frau-Mann-Schema, dass keinen Platz für andere Geschlechtsidentitäten kennt, mal ganz abgesehen.


Franziska Gehm: Die Vampirschwestern 1: Eine Freundin zum Anbeißen
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Daka und Silvania sind Halbvampirinnen. Ihr Vater ist nämlich ein echter Vampir, was ja ganz schön cool ist. Leider ist es vorbei mit dem unbesorgten Herumfliegen - denn auf Wunsch ihrer Mutter zieht die Familie in eine piefige Neubausiedlung in Deutschland. Dort möchte Mama Tepes im Klobrillenbusiness ganz groß herauskommen. Und ihre Töchtern sollen ihre menschliche Seite besser kennenlernen. Natürlich geht schon kurz nach dem Einzug alles drunter und drüber. Daka und Silvania fallen Rolltreppen herunter, der Nachbar schöpft Verdacht, als er eine tote Ratte auf der Veranda findet und Papa Tepes will unbedingt im Wald scheißen. Alles großer Fumps, wie es auf Vampwanisch heißt. Oder doch nicht?

Ist halt ein Kinderbuch, hat mich aber wirklich gut unterhalten. Ich bin mir sicher, als Kind hätte ich es geliebt (ich fand Vampirgeschichten immer endlos cool). Fäkalhumor ist ja genau meins und als Frau Tepes 250 Klobrillen in die neue Wohnung trug, hatte mich das Buch schon gewonnen. ;D Das Schöne - es ist eine ganze Buchreihe und die Stadtteilbibliothek ist zwei Gehminuten von meiner Wohnung entfernt. Gucken zwar immer alle merkwürdig, wenn ich da als Erwachsene die Kinderbuchabteilung plündere. Aber ich kann ja auch nix dafür, dass Kinderbücher irgendwie fantasievoller und ansprechender sind als Standardfantasy für Erwachsene. Außerdem liest es sich schneller als epochale Erwachsenenschinken und ich hab grad keine Lust darauf, monatelang an einem Buch herumzulesen.

Cornelia Funke: Kleiner Werwolf
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Auf dem Rückweg vom Kino wird Motte von einem Wolf angefallen und kurz darauf wächst ihm nicht nur ein Bart. Zum Glück gibt es seine beste Freundin Lina und die vertrauenswürdige Lehrerin Frau Pruschke. Gemeinsam werden sie schon eine Lösung finden.

Hach ja, das Buch wollte ich schon länger lesen - einfach, weil ich vorhabe, alle Bücher der Autorin mal gelesen zu haben. Wie alle ihre Bücher ist auch dieses schön geschrieben und illustriert. Für meinen Geschmack war es dann doch ein bisschen sehr kurz, aber es ist ja auch für ein deutlich jüngeres Publikum als mich gedacht. Ich denke, als Kind hätte ich es sehr gemocht, so wars doch etwas langweilig. Werwölfe und so!

Chris Riddell: Ottoline und die gelbe Katze
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Eine Reihe von Einbrüchen überschneidet sich mit jeder Menge Vermisstenmeldungen - reiche Frauen trauern nun sowohl um ihren Schmuck als auch ihre geliebten Schoßhunde. Zum Glück gibt es Ottoline und ihren Freund Mr Munroe, das pelzige norwegische Sumpfwesen. Die beiden kümmern sich fachkundig um das Problem, indem sie einen pfiffigen Plan nicht nur schmieden, sondern auch umzusetzen wissen!

Ich liebe dieses Buch! Die Zeichnungen sind von dem Illustrator, der auch die Klippenland-Chroniken illustriert hat und geben dem Buch so richtig Charme. Bild und Text gehen ineinander über und auf jeder Seite gibt es etwas zu Entdecken. Eine wahre Freude! Und Ottoline ist ja auch einfach mal eine coole Socke, die zu Recht ein Diplom als Verkleidungskünstlerin hat, zwei eigene Sammlungen pflegt und außerdem darauf achtet, dass die vielen Firmen, die ihre Eltern engagiert haben, damit Ottoline gut versorgt ist, ihren Job auch anständig machen. Ich hatte es aus der Bibliothek, aber ich denke, ich werds mir auch nochmal kaufen.

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #66 am: 22.09.2018 | 15:49 »
@Die Magie der Lüge: Solche Bücher, wie du sie da beschreibst, sind der Grund, warum ich mal mit Rollenspielen angefangen habe - weil ich die unfassbar dummen Protagonisten der allermeisten Bücher nicht mehr ertragen habe.

Ich war übrigens auch fleißig - schon 3 abgeschlossene Bücher in 3 Wochen (plus einige angefangene). :d
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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #67 am: 2.10.2018 | 17:38 »
Chris Riddell: Ottoline und das Schulgespenst
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Ottoline lernt eine neue Freundin kennen, Cäcilia. Als sie erfährt, dass diese auf ein Internat geht, möchte Ottoline das natürlich auch und mit Erlaubnis ihrer Eltern besucht sie dann Alice-B.-Sanders Schule für anders Begabte. Ob sie dort auch ihre eigene Begabung finden wird?

Auch der zweite Band der Reihe war sehr vergnüglich zu lesen, auch wenn ich den Verlauf der Geschichte vorhersehbarer als im ersten Band fand.

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #68 am: 7.10.2018 | 20:21 »
Während ich gerade überlege, was ich so als nächstes lese, stelle ich fest, dass mir der Trend zu Büchern biblischen Ausmaßes imer mehr auf den Keks geht. Ich habe gerade vier Bücher, zwischen denen ich mich entscheiden muss, und jedes davon hat um die 600 Seiten. Sechshundert! Und dieser Trend fällt mir schon seit Jahren auf - gerade Autoren, die zum Recherchieren neigen, müssen dann auch wirklich alles, was sie gefunden haben, irgendwo reinwursten. Muss das eigentlich wirklich sein? Kann man eine gute Geschichte heutzutage nicht mehr unterhalb von Tolkien-Format erzählen?
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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #69 am: 9.10.2018 | 18:57 »
Ja, das ärgert mich auch total. Zumal die meiste "Recherche" zwar aufwendig gewesen sein mag, aber der Geschichte wenig Mehrwert bietet. Muss da immer an so ein Buch denken, in dem beschrieben wurde, wie uuuunglaublich streng so ein Archiv im Vatikan sei. Unter anderem müssten die Leute da mit *gasp* Bleistift schreiben, weil Tinte im Lesesaal verboten sei. Das klang so, als sei der Autor dort mal kurz zu Besuch gewesen um das herauszufinden. Hätte er jemals den Fuß in irgendein anderes Archiv gesetzt hätte er wissen können, das in so ziemlich jedem Archiv Bleistifte vorgeschrieben sind und das nichts mit dem Vatikan zu tun hat. Mal ganz davon ab: War denn diese Info überhaupt notwendig? Solche "Recherchen" sind für mich voll der Abturner. Blähen das Buch unnötig auf und zeugen von Unkenntnis und Oberflächlichkeit der Autorin oder des Autors.  :gasmaskerly:

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #70 am: 14.10.2018 | 13:11 »
Ich kümmere mich heute nur um die Vervollständigung. Ich trage das schon eine Weile vor mir her, weil ich eigentlich zu dem einen oder anderen Buch mehr schreiben müsste und im Moment zu faul bin. Deswegen nur in sehr kurzer Form. Wo ich an anderer Stelle schon etwas geschrieben habe, füge ich das kurz ein, anstatt mich ausführlich zu äußern.

#23

Stefan Gmünder u. Klaus Zeyringer - Das wunde Leder - Wie Kommerz und Korruption den Fußball kaputt machen

(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book about or involving a sport)

Ich bin mal gespannt, ob es neue Erkenntnisse bezüglich der vielen Skandale im Fußball gibt oder ob es nicht nur eine gescheite Zusammenfassung des Bekannten ist. :)

Für die Challange habe ich zudem das weiter oben genannte "Wunde Leder" beendet, welches sich letztlich als gute Zusammenfassung der Problematik präsentierte, in allerdings nur abrisshafter Form. Einige filmische Projekte zum Thema sind tiefergehend.

Für die hilfreiche und schnelle Zusammenfassung dennoch 6,5 von 10 Punkten. Sie ist ein guter Einstieg in das Thema.

#24

Dan Simmons - Terror
(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book recommended by someone else taking the POPSUGAR Reading Challenge)

Ich lese mich im Moment auch durch einen relativen Wälzer und zwar

Dan Simmons - Terror

Sind immerhin 992 Seiten. Habe jetzt knapp 10% erst gelesen, der Ersteindruck ist aber ganz gefällig. :)

Dan Simmons - Terror wieder ausgepackt, um es dies Wochenende, welches ich krankheitsbedingt nicht auf einem Festival verbringen kann, auszugleichen und was zu schaffen im Krankenlager.

Habe unter der Woche einen zweiten Versuch gestartet Terror von Dan Simmons zu lesen.

Beim ersten Versuch hatte ich an sich wenig am Buch auszusetzen, sondern lediglich bemerkt, dass ich ein Stück weit meine Disziplin verloren habe oder sie nie erlernt habe, mich systematisch mit längeren Büchern auseinanderzusetzen. Und Terror ist ein langes Buch.
Etwa um die 1000 Seiten, aber nicht mit diesem Seitenklaulayout, welches viele Fantasywerke haben, sondern wirklich mit gefüllten Seiten.

Im zweiten Versuch habe ich mich jetzt innerhalb einer Woche mit System (feste Anzahl an Seiten pro Tag) auf Seite 600 vorgelesen und finde dieses Buch recht gelungen. Ich lese es auf Empfehlung eines Freundes, der es als Hörspiel gehört hat. Mit Hörspielen kann ich selbst aber recht wenig anfangen, also habe ich zur Buchversion gegriffen.

Ich muss allerdings sagen, dass das Menschliche in dem Buch überzeugt, während die mystisch-geheimnisvollen Parts weniger überzeugen. Sie wirken auf mich wenig belebend, auch wenn sie spannend und etwas aufpeppend sein sollen.
Im Werk Drood habe ich genau diese Parts, die am Rande der wirklichen Wahrnehmung liegen und den schwindenen Zugriff der Protagonisten auf die Realität symbolisieren, genossen. In Terror nutzt er doch zu sehr die Holzhammermethode in diesen Szenen, sodass ich immer froh bin, wenn diese vorbei sind.
Insgesamt trotzdem eine lohnenswerte Investition von Zeit und Mühe, sich mit diesem langen Werk auseinanderzusetzen. :)

Terror habe ich am Sonntagabend noch beendet bekommen. Mehr dazu muss ich beizeiten für die Challenge schreiben.

Das Ende um den verbliebenen Leutnant, der zu den Inuit findet, habe ich aus literarischer Metasicht verstanden. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass er das Mythische nicht so aufklärt, wo er es vorher holzhammer-artig genutzt hatte.

Insgesamt aber ein sehr gutes und empfehlenswertes Buch! Man braucht aber unbedingt Geduld, um es zu lesen. Wenn man die nicht hat, gilt die oben verlinkte Rezension aus der NY Times. :)
Oder Weltengeists Ärger über viel zu lange Bücher, die ich grundsätzlich teile. Auch Huhns Feststellung trifft es bei diesem Werk ganz sicher. Trägt hier auch selten zur Geschichte, gleichwohl zur Atmosphäre bei.

8 von 10 Punkten.

#25

Hugo von Hofmannsthal - Jedermann - Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes
(Aus der POPSUGAR-Challenge: An allegory)

Das Drama um den Jedermann ist ein klassisches Stück christlicher Reue und in seiner Funktion komplett als Allegorie angelegt. Es zeigt einen unbarmherzigen Reichen, der oberflächlich den einen oder anderen Schuldner schikaniert und ihm anheim stellt, selbst Schuld an seinem Schicksal zu haben.

Fortan dann mit dem eigenen Schicksal konfrontiert, muss selbst der reiche Jedermann spüren, dass die Menschen ihm nur dann zugetan sind, solange er gesund und erfolgreich ist. Und je mehr die Spukgestalt des Todes in sein Leben tritt, desto mehr verlassen die Menschen seine Seite, da sie nichts mit dem Tod und Untergang zu schaffen haben wollen.

Letztlich erkennt der Jedermann, dass er nichts vorzuweisen hat und sich nicht vor Gott verantworten kann. Er trifft eine schwache, kranke Frau, die sinnbilich für seine guten Taten steht, und ihn nicht in Jenseits begleiten kann, weil er sie nie gepflegt hat. Er versucht auch auf sein Reichtum zu vertrauen, doch dieser - versinnbildlicht durch Mammon - verwährt ihm den Wunsch mit in Jenseits zu ziehen.

Und so bleibt als letzter Ausweg, auf Gottes unendliche Gnade zu vertrauen und zurück zu Gott zu finden, ehe er diesem gegenübertreten muss, was der Tod ihm gewährt. Mit der Hilfe eines weisen Mönches findet er zurück in den Schoß Gottes, was seinen Ausdruck darin findet, dass der Teufel, der sich Jedermanns malade Seele holen wollte, unverrichteter Dinge in der letzten Szene wieder abrücken muss, als Tod Ultimatum schließlich ausläuft

Der Reiz dieses Stückes liegt nicht wirklich in seinem Inhalt, sondern in der Wahl der Szenen und der Ausstaffierung der Szenen. Ich habe das Stück allerdings nicht aufgeführt erlebt, hat aber wohl in Salzburg eine gewisse, jährliche Tradition. Ich glaube auch, dass das an sich doch recht banale Stück Erbauungsallegorie nur durch seine Darstellung gewinnen oder verlieren kann, nur dadurch an Eindringlichkeit und Vermittlung Ausdruck bekommt und durch die möglicherweise tollen Festszenen auch in unserer konsumreichen Zeit an bildgewaltiger Symbolik gewinnen kann.
Immerhin tritt der Tod und die angedrohte Abrechnung im Moment höchsten Konsumes auf.

Allein als gelesenes Theaterstück entfacht es bei mir nur wenig. Es beruft sich auf mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Erbauungsliteratur,und mittelalterliche bzw. frühneuzeitliche Mysterienspiele. Allerdings habe ich diese, so sie mir bekannt sind, meist mehr gefallen, weil sie stets einen bissigen Witz haben. Das geht dem Jedermann allerdings ab.

Die Beschäftigung mit dem Stück ist im Rahmen der Vorkriegszeit vor dem ersten Weltkrieg gesellschaftlich durchaus interessant. Wahrscheinlich interessanter als das unbelebte Kernstück selbst.

5 von 10 Punkten.
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So kam's vom Haar- zum Schädelspalten.“ - Eugen Roth

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #71 am: 24.10.2018 | 13:08 »
Als ich das Leseprojekt Anfang September angefangen habe, war mein Ziel, 20 Seiten pro Tag zu lesen und so mindestens 8 Bücher bis zum Ende des Jahres zu schaffen. Nun, die 8 Bücher hatte ich schon vorgestern gelesen, Tendenz weiter steigend. :d
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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #72 am: 24.10.2018 | 17:53 »
 :cheer: :cheer: :cheer:
Wuhuuu! Glückwunsch! Das ging ja flott.

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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #73 am: 24.10.2018 | 18:58 »
:cheer: :cheer: :cheer:
Wuhuuu! Glückwunsch! Das ging ja flott.

Das liegt daran, dass ich einen Schnitt von ca. 45 Seiten pro Tag habe halten können. Bin sehr zufrieden.
Allerdings ist das zu Lasten meines Rollenspiel-Lesepensums gegangen. Was nicht unbedingt schlecht sein muss ;).
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Re: Reading Challenge 2018
« Antwort #74 am: 31.10.2018 | 12:03 »
Bernd Nielsen-Stokkeby: Baltische Erinnerungen. Estland, Lettland und Litauen zwischen Unterdrückung und Freiheit
(Challenge: 40 Bücher lesen)

Bernd Nielsen-Stokkeby, ein deutschstämmiger, in Estland geborener Journalist, erzählt in einer Mischung aus historischer Rundschau, politischem Bericht und persönlicher Erinnerung vom Schicksal der baltischen Staaten bis zum Herbst 1991. Ein Schwerpunkt liegt dabei natürlich auf Estland. Vom Mittelalter unter der Herrschaft des Deutschen Ordens über die schwedische Zeit bis ins 19. Jahrhundert unter russischer Obermacht, dann die kurze Episode nationaler Unabhängigkeit im 20. Jahrhundert und die Weltkriege. Der größere Teil des Buches beschäftigt sich mit der Sowjetzeit und der Loslösung der baltischen Staaten Ende der 80er/Anfang der 90er. Das Buch endet (und ich denke, da spoilere ich nichts) mit der frisch gewonnenen Unabhängigkeit der baltischen Staaten - die 1991 allerdings noch so taufrisch ist, dass noch Vieles offen, ungeklärt und ungewiss scheint.

Hab das Buch von meinem Vater bekommen, der es total klasse fand. Ich lese Sachbücher in meiner Freizeit allgemein eher ungern, weswege ich eine gute Weile gebraucht habe, um das Werk durchzulesen (aka ich habs mir aufs Klo gelegt, und pro Tag ca. 3 Seiten geschafft...).

Allgemein hatte es, für mich, seine Stärken immer dann, wenn der Autor aus eigener Erinnerung sprach. Seine Schul- und Studienzeit und die anschließende kurze Epoche in der Wermacht (die Deutschbalten wurden in die Wermacht eingezogen, was zu der absurden Situation führte, dass sie in Estland gegen die eigenen Nachbarn zu kämpfen hatten) waren wirklich interessant. Auch seine anschließende Tätigkeit als Fernsehjournalist, durch die er die Möglichkeit hatte, mit lauter wichtigen Staats- und Behördenchefs in Zeiten des Umbruchs zu sprechen, war echt spannend. Zeitzeugenberichte haben ihre Schwächen - aber sie lesen sich eben ungemein nah dran am Geschehen.

Ich hätte mir gewünscht, dass er statt einer Geschichte des Baltikums lieber seine Autobiographie verfasst hätte. So kam es zu einem verwirrenden Sprüngen, wenn er ganze Episoden aus seinem Leben ausließ, weil sie eben woanders als in den baltischen Staaten stattfanden. Auch fand ich diejenigen Abschnitte, die er durch Recherchen aufgefüllt hatte, ziemlich trocken und so mit Namen und Fakten überladen, dass ich mir das sowieso alles nicht gemerkt habe. Zum Teil setzt er Einiges an Wissen voraus, das die Menschen 1991 sicherlich gehabt haben mögen - ich allerdings nicht. Was weiß ich, wie der Sturm auf irgendeinen Fernsehturm in Litauen vor meiner Geburt aussah. o.O Persönlich empfand ich Herrn Nielsen-Stokkeby als fürchterlich unsympathisch, was die Lektüre des Buches erschwerte. Seine Privilegien als Sohn aus reichem Hause in Estland nimmt er irgendwie als selbstverständlich hin, seine Studienzeit verbrachte er statt mit dem Studium damit, sich bei soner Burschenschaft die Hucke vollzusaufen, zu seiner Zeit bei der Wermacht fehlt jegliche Reflexion dessen, ob das vielleicht irgendwie scheiße gewesen sein könnte. Als Journalist (aber das ist vielleicht beruflich von Vorteil) war er ein dreister Nervbolzen. Und diese ständige Betonung, welch unfassbar wichtige Leute er denn nicht alles zu welch umwerfenden Zeiten getroffen habe, wirkte irgendwann ziemlich aufgeblasen.

Die größte Schwäche des Buches war meiner Meinung nach aber der Nationalstolz, der es durchsuppte. Ich weiß, dass Estland aus seiner historischen Entwicklung heraus eine andere Einstellung dazu hat als Deutschland. Trotzdem fand ich es wirklich anstrengend, wie teleologisch die gesaaaamte Geschichte Estlands natürlich auf dessen nationale Freiheit hinauslief. Bezeichnend fand ich ganz am Ende dann die großzügige Feststellung des (deutschstämmigen!) Autors, dass den ganzen Russen, die alle von den Sowjets zur Unterdrückung des estnischen Volkes dort angesiedelt worden seien, nach der Unabhängigwerdung Estlands nun geholfen werden müsse, in ihre Heimat zurückzukehren. Dass auch ein Teil der russischen Bevölkerung für die estnische Unabhängigkeit votiert hatte und dass die nicht alle erst seit gestern dort lebten, sondern zum Teil schon seit Generationen, ignoriert er gekonnt weg. Besonders merkwürdig halt, nachdem er selbst ja auch gar kein Este ist, seine eigene Anwesenheit dort aber immer für selbstverständlich nahm. Tatsächlich würde ich jedoch tippen, dass er mit dieser Ansicht damals vielen Menschen in Estland aus der Seele sprach. Sicherlich eine der Wurzeln heutiger Probleme dort.

Trotz der Schwächen also für mich ein lesenswertes Buch, das mich zum Nachdenken angeregt hat.  :)

Und jetzt habe ich mich so ans Lesen aufm Pott gewöhnt, dass ich mir ein neues Klobuch werde suchen müssen...
« Letzte Änderung: 31.10.2018 | 12:13 von Huhn »