Autor Thema: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel  (Gelesen 19421 mal)

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Pyromancer

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #100 am: 22.05.2018 | 23:54 »

Gab es bei diesen PvP-Situationen genau definierte Siegbedingungen? (Tod anderer SCs, Gewinn eines IG-Konests, Eringung der Weltherrschaft...) Ich mein, meine PvP-Erfahrung stammt va aus dem Liverollenspiel, aber da ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass nach einer SC-Konfrontation beide Seiten fest davon überzeugt sind, gewonnen zu haben... ;)

Formale Siegbedingungen hab ich selten erlebt, kommt aber vor. Bei meiner eigenen "Krisensitzung" gibt es z.B. eine Punktewertung für jeden Spieler:
http://www.drivethrurpg.com/product/154673/Krisensitzung--EINS-Das-HUETEOTLProjekt

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #101 am: 22.05.2018 | 23:57 »
Im Rollenspiel sind diese Beschreibungen ggf. auch direkte Aktionen. Das ist ja der Witz daran, dass man zwei (oft weitgehend getrennte) Bereiche hat, die man unter einen Hut bringen kann/muss.
Es gibt sozusagen zwei "Geschichtsquellen", das Erspielen und das Beschreiben.
Nochmal: Nur weil ich eine Handlung beschreibe, wird daraus noch keine erzählte Geschichte. Nur weil ich jemanden zusehe wie er seinen Pöppel auf ein Feld stellt, sehe ich da keinen Film oder sowas.
Das ist genau der Punkt, wieso Settembrini so auf die Analogie zu den Abenteuerspielen (ohne "rollen") besteht.
Dass man diese Beschreibungen anpassen kann, um dann daraus eine Erzählung zu machen, ist klar. Aber der "Ur"zustand sind erstmal nur Beschreibungen.
Zitat

Am Ehesten würde ich dann die Beispiele in Axiom 3 modifizieren oder gar rauswerfen.
Viele Computerspiele haben ja genau die selbe kuriose Trennung: Einmal das eigentliche Spiel, wo ich als Spieler aktiv werde und im Zusammenspiel mit der Spielmechanik einen Verlauf "produziere" und auf der anderen Seite die Zwischensequenzen, wo mir Plot oft einfach vorgesetzt wird. Und als Mischform/Modifikation gibt es z.B. verschiedene Zwischensequenzen je nachdem, was ich unmittelbar vorher so fabriziert habe.
Und es gibt jede Menge Spiele, bei dem der Plot Teil des Spiels sind. Und dann gibt es da die Walking Simulatoren wie Dear Esther oder Stanley Parabel. Da ist das Spiel Teil der Story.
Axiom 3 wird also nicht richtiger, egal was man da rausschmeisst oder relativiert.
Zitat
Das lässt sich doch ziemlich 1:1 auf das Nebeneinander von Spiel und Beschreibung im klassischen Rollenspiel abbilden; nur gibt es da mehr Akteure mit leicht anders gelagerten Rollen/Funktionen wie bei der recht klaren Unterscheidung von Computerspieler und Entwicklerteam.
Aus dem Bauch raus würde ich sagen, im Rollenspiel ist es zumindest in der Praxis leichter, die ludonarrative Dissonanz gering zu halten, auch wenn die Regeln das nicht unbedingt sonderlich gut unterstützen - die Gruppe muss es richten, aber sie kann es eben auch im Gegensatz zum Computerspieler, der ja gerade nicht seine eigenen, passenden Zwischensequenzen schaffen kann.
Dazu müssten die Rollenspieler aber raffen, dass sie selber das Spiel aus der Gameengine (Rollenspielsystem) erstellen. Viele Spieler sehen aber das System als Rule of Law an und eben nicht als Gameengine, die man an die eigenen Bedürfnisse anpassen muss. Aber das geht jetzt weit vom eigentlichen Thema weg.
Zitat
Hm. Ich glaube, gerade bei den Wargames muss man scharf trennen zwischen jenen, die einen historischen Verlauf nachbilden und vermitteln wollen und jenen, die von ihren Ausgangsbedingungen aus ergebnisoffen(er) verlaufen können.
Das ist eine ähnliche Unterteilung wie oben angedacht mit dem Unterschied, dass Spiemechanik und Beschreibung nicht so klar erkennbar getrennt sind - weil z.B. das, was im Rollenspiel Beschreibung und ihre Auswirkungen wäre, in einem entsprechend gearteten Wargame z.B. als festgelegtes Ereignis in Runde 3 daherkommt und somit auf den ersten Blick als Spielmechanik auftritt.
Das idürfte auch auf den zweiten Blick eine Spielmechanik sein. ;) Aber das verändert doch nichts daran, dass genau dieser Verlauf als erlebte Geschichte (hier sogar im doppelten weil verbundenen Sinne!) daher kommt.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #102 am: 23.05.2018 | 00:11 »
Formale Siegbedingungen hab ich selten erlebt, kommt aber vor. Bei meiner eigenen "Krisensitzung" gibt es z.B. eine Punktewertung für jeden Spieler:
http://www.drivethrurpg.com/product/154673/Krisensitzung--EINS-Das-HUETEOTLProjekt

Interessant, was es nicht alles gibt.

Man könnte jetzt haarspalterisch darauf hinweisen, dass es dort als "Echtzeit-In-Character-Kammerspiel" angespriesen wird (was immer das auch bedeuten soll), aber geschenkt. Gibts also auch Rollenspiele, in denen man nicht nur moralisch, an Erfahrung oder via B-Note gewinnt... ;)
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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #103 am: 23.05.2018 | 00:27 »
Und es gibt jede Menge Spiele, bei dem der Plot Teil des Spiels sind. Und dann gibt es da die Walking Simulatoren wie Dear Esther oder Stanley Parabel. Da ist das Spiel Teil der Story.

Das ist doch wiederum das selbe wie im Rollenspiel: Je weiter man vom relativ gleichwertigen Nebeinander von Spiel- und Erzähl*-Anteilen abweicht, um so unproblematischer wird es, bis man in irgendeine Richtung das Rollenspiel verlässt, weil sich das ja gerade als irgendwie noch wahrnehmbare Kombination der beiden Elemente versteht.


*Ich glaube wir reden bei Erzählen und Beschreiben von unterschiedlichen Ebenen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #104 am: 23.05.2018 | 00:29 »
*Ich glaube wir reden bei Erzählen und Beschreiben von unterschiedlichen Ebenen.
Maybe.
Ich denke wir sollten das Gespräch wirklich mal auf dem Treffen weiterführen. Vielleicht werden dann die möglichen Missverständnisse ausgeräumt.
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Issi

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #105 am: 23.05.2018 | 07:20 »
Interessant, was es nicht alles gibt.

Man könnte jetzt haarspalterisch darauf hinweisen, dass es dort als "Echtzeit-In-Character-Kammerspiel" angespriesen wird (was immer das auch bedeuten soll), aber geschenkt. Gibts also auch Rollenspiele, in denen man nicht nur moralisch, an Erfahrung oder via B-Note gewinnt... ;)
Ich muß zugeben, mir ist das auch neu.
Ich versuche es mir vorzustellen. Aber mir fehlt die Spiel Erfahrung.
Ich könnte mir das höchstens noch in einem Sandbox artigen Setting denken, indem jeder Spieler eine andere Partei spielt,  und die sich gegenseitig bekriegen. Mit Schlachtfeld und Tabletop Figuren.
Also quasi dann, wenn der Spieler nicht nur eine einzige Figur hat, sondern Armeen führt.

Edit. Oder halt so was wie "Widerstand" als Rollenspiel. (Oneshot vermutlich )
Oder sowas wie ein Special "Krimidinner."
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« Letzte Änderung: 23.05.2018 | 09:27 von Issi »

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #106 am: 23.05.2018 | 07:21 »
Aber das sagte ich Dir ja schon.Schach, Monopoly und Little Wars sind keine typischen Vertreter in der entsprechenden Spielszene. Das wäre etwa so als würde ich überspitzt ausgedrückt Final Fantasy 7 oder Ultima 6 als typische Vetreter der Rollenspiele verwenden.
Nimm doch mal Here I Stand, Gloomhaven (BGG Platz1) und Pandemie (Legacy. BGG Platz 2)!

Wir reden aneinander vobei, fürchte ich. Es mag helfen, dass Axiom 3 noch einmal zu lesen:
"Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment [...]"
Um Axiom 3 zu widerlegen ist der Verweis auf Spiele, die nach der Erfindung des Rollenspiels entstanden sind, also gänzlich ungeeignet, da diese so eine Kombination natürlich ebenfalls vornehmen können. Für die Gesellschaftsspiele, die vor D&D existierten, sind Schach und Monopoly hervorragende Verteter. Gloomhaven oder CRPGs hingegen nicht.
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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #107 am: 23.05.2018 | 08:03 »
@Alexander Kalinowski:
1. Eigentlich redest Du von der Tradition der "Games" und nicht nur von Gesellschaftsspielen. Die Abenteuerspiele hatte ja Settembrini schon genannt. Dann waeren da natürlich diese Teambildenden Szenariospiele. Da haben wir dann noch die Theaterspiele und die Kinderspiele, die man draussen spielt. Du müsstest da eigentlich Deine Auswahl an "games" wesentlich verbreitern.
2. Die von mir genannten Spiele sind aktuelle Spiele, die als reine Gesellschaftsspiele oder Kriegsspiele anerkannt sind. Die stehen in Deinem Clustermodell ziemlich mittig im Bereich "Gesellschaftsspiel". Also eignen diese sich perfekt als typische Vertreter, egal wann diese entwickelt wurden.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #108 am: 23.05.2018 | 09:00 »
@Alexander Kalinowski:
1. Eigentlich redest Du von der Tradition der "Games" und nicht nur von Gesellschaftsspielen. Die Abenteuerspiele hatte ja Settembrini schon genannt. Dann waeren da natürlich diese Teambildenden Szenariospiele. Da haben wir dann noch die Theaterspiele und die Kinderspiele, die man draussen spielt. Du müsstest da eigentlich Deine Auswahl an "games" wesentlich verbreitern.
2. Die von mir genannten Spiele sind aktuelle Spiele, die als reine Gesellschaftsspiele oder Kriegsspiele anerkannt sind. Die stehen in Deinem Clustermodell ziemlich mittig im Bereich "Gesellschaftsspiel". Also eignen diese sich perfekt als typische Vertreter, egal wann diese entwickelt wurden.

"Role-Playing Games combine aspects from at least two different, earlier traditions of entertainment: games (boardgames, wargames, etc.) and story-telling (whether it’s verbally, in book form, as graphic novel or on film, etc.).1"

1. Ich nehme explizit Bezug auf Spiel-Traditionen/Geschichtenerzähl-Traditionen vor der Entwicklung des Rollenspiel. Um der größeren Klarheit willen, umreiße ich ich jeweils kurz was gemeint ist mit Beispielen. Wenn man Gesellschaftsspiele Mitte des 20.Jahrhunderts betrachtet, dann landet man bei so etwas wie Schach, Dame, Mühle, Monopoly, Kniffel, Mensch ärgere dich nicht, Halma. Man kann auch noch Wargames hinzunehmen wie zB Little Wars und die ganze Avalon Hill-Chose. Von mir aus auch Chainmail - es bekommt ja erst durch Braunstein/Blackmoor eine echte Rollenspiel -Komponente.
Man KÖNNTE eventuell die Auswahl erweitern, es ist aber gar nicht notwendig um zu Conclusion 1 oder Conclusion 2 zu kommen. Und je breiter man die Auswahl macht, desto größer die Wahrscheinlichkeit von spitzfindigem Widerspruch - irgendjemand versucht immer irgendwelche Outlier zu finden, was aber gar nichts widerlegt, falls man gar keine "Für alle X gilt, ..." Behauptungen aufstellt. Stattdessen hilft es in Clustern zu denken und welche Datenpunkte relativ unstrittig Teil eines Clusters sind. (Deswegen gilt Fußnote 1 auch weiterhin.)

2. Man kann nicht die Veränderung eines Clusters in der Zeit außer acht lassen. Brettspiele wurden zwischenzeitlich klar "rollenspielifiziert". Gloomhaven mag ein guter Repräsentant für Brettspiele im Jahre 2018 sein, aber es ist sicher nicht charakteristisch für die Spiele des Jahres 1940/1950/1960/1970.

Ich werde mal das "earlier" im Blogpost unterstreichen, damit das nicht so sehr unter den Tisch fällt.

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Re: Spiele, erzählende Medien und Rollenspiel
« Antwort #109 am: 23.05.2018 | 09:28 »
Ich werde mich wieder an meine Ausgangshaltung besinnen. Viel Erfolg bei Deiner Theorie. Wir Beide werden bei dem Thema nicht zusammen kommen.
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