Autor Thema: Diversität Alternative  (Gelesen 33665 mal)

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Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #175 am: 30.09.2018 | 02:07 »
Ein nicht entspannter Historiker etc. würde bei der "europäischen Mittelalteranlehnung" der typischen Settings auch seine Krisen bekommen.
Wobei auch nicht so entspannte Historiker Fantasy-Rollenspiele spielen — und irgendwann dann Settings schreiben, die besser passen. So wie auch Physiker Pulp Science-Fiction spielen, und manchmal auf Hard Science-Fiction schielen; und das dann irgendwann in ihrer Runde anbieten.

Und so entstehen dann die Settings, die nicht entspannte Historiker und Physiker mögen. Und wenn sie technisch gut wurden, spielen sie auch andere.
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Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #176 am: 30.09.2018 | 02:07 »
Wer übrigens wissen möchte, was mir da die Laune verdirbt, der möge sich an den recht kreativen Gebrauch des Mischmaschs aus westlichen Sprach- und Grammatikfragmenten in japanischen Animes erinnern. Ungefähr auf dem Niveau - eher noch schlechter - findet das statt.
Das ist so cool — aber weil ich weiß, dass es japanisch ist :-)

Kagematsu High nutzt das, indem die Kirche in der Schule "Christentum, wie es in Animes beschrieben ist" betreibt. Was die einzige Form des Christentums ist, die ich erträglich finde … (OK, vielleicht ein Sonderfall :-) ).

Was kein Sonderfall ist: Da ich die Quelle kenne, kann ich ihnen viel verzeihen und Spaß damit haben, auch weil ich es toll finde, dass sie die Kultur aufgreifen, in der ich aufgewachsen bin.
Zitat
Aber jemanden mit linguistischen und vielleicht auch historischen und kulturellen Kompetenzen (Ethnie m.E. egal) dabei zu haben würde tatsächlich helfen. Die praktische Umsetzung dieses Lösungsvorschlags stelle ich mir schwierig vor, denn man hat ja meist niemanden.
Dann würde ich sagen, ist man nicht der richtige für den Job. Und wenn man es doch richtig machen will, nimmt man Kontakt zu Leuten aus der Kultur auf und fragt, ob sie helfen können.
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Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #177 am: 30.09.2018 | 02:18 »
Der Grad an Diversität dürfte dann doch etwas geringer sein, als wenn du mit vier Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, unterschiedlichen sozialen Schichten, unterschiedlichen Geschlechtern und sexuellen Orientierungen spielst.
Wenn du all diese Dinge kombinierst, dann ja. Wenn du aber mit Akademikern aus 4 unterschiedlichen Ländern spielst, kannst du leicht geringere Diversität haben, als unter 4 Leuten, die in 50km Umgebung von dir geboren wurden.

Zu sexueller Orientierung ist mir etwas ähnliches aufgefallen, als ich eine Zufallstabelle dazu gemacht habe und dann die relative Anzahl von Homosexuellen, Bisexuellen und Transsexuellen recherchiert habe. Plötzlich musste ich überlegen, was die anderen 85% eigentlich an Merkmalen haben — also außer "hetero". Und habe mich an einen Artikel erinnert, der sagte, dass viele Beziehungen wegen unterschiedlichen Wünschen zur Häufigkeit von Sex scheitern. Das war der Anfang einer Tabelle mit 16 unterschiedlichen Merkmalen zu Sexualität. Wenn ich damit auch nur halbwegs richtig liege, gibt es zwischen einer/einem zufällig gewählten Homosexuellen und einer/einem zufällig gewählten Heterosexuellen mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in Bezug auf Sexualität.

Das soll nicht heißen, dass Homosexuelle ignoriert werden sollten, sondern hier im Kontext vielmehr, dass wir Homosexuelle ansprechen können, ohne Heterosexuelle zu verlieren. Denn wenn der schwule Charakter leidet, weil sein Partner unglücklich ist, dass sie so selten Sex haben, kann da auch ein Gutteil der Heterosexuellen mitfühlen. Wir dürfen nur nicht in die Falle gehen, Leute aus Randgruppen in ihrer Identität darauf zu reduzieren, dass sie Teil der Randgruppe sind.

EDIT: Die 85% Heterosexuellen sind ohne Homosexuelle, Transsexuelle und ohne Bisexuelle — das hatte hier gefehlt. Ich habe das jetzt korrigiert. Homosexuelle sind in der Studie, auf der die Tabelle aufbaut, auf 4% abgeschätzt. Danke an Samael für den Hinweis.
« Letzte Änderung: 5.10.2018 | 00:40 von ArneBab »
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Samael

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #178 am: 30.09.2018 | 08:23 »
Denn wenn der schwule Charakter leidet, weil sein Partner unglücklich ist, dass sie so selten Sex haben, kann da auch ein Gutteil der Heterosexuellen mitfühlen.

Das ist doch Realsatire. Für welche Spielgruppe soll das relevant sein? Reden wir noch über PnP Rollenspiel oder worüber wird hier theorisiert??

PS:
85% Heteros? Wie kommst du denn auf diese Zahl?

Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #179 am: 30.09.2018 | 08:53 »
Ich muss nun einfach mal dazwischen hauen.

Ihr überseht, was das wichtigste für eine florierende RSP- Community ist: geile Spielleiter.

Es bricht sich immer darauf herunter.

Nur Leute, die eine Gruppe ins Leben rufen, sie binden und aufrechterhalten können,  werden einen nennenswerten Beitrag für Integration durch Rsp leisten können.

Wenn nicht Ihr, wer sonst?

(Ich habe mich neulich sehr gefreut,  dass ein algerischer Bekannter von mir eine Ausbildung angefangen hat. Weil,  und so sehe ich das,  er dann nicht mehr klauen, dealen, betteln und seinen Arsch verkaufen muss.)

Und bitte,  bitte, bitte: Niemand will sich als Bittsteller fühlen. Als Empfänger Eurer Gnade. (Wenn Ihr es tatsächlich schafft,  innerhalb der toxischen Umgebung einer Flüchtlingseinpferchanstalt eine dauerhafte und laufende Runde zustande zu bringen, will ich nichts gesagt haben.)

Dennoch mag ich glauben, dass ein guter SL(Tm) einen wichtigen Integrationsbeitrag leisten kann.

Was andere diskutierte und ggf.  ausgeggrenzte Randgruppen angeht: Ihr seid entweder geile Sl, oder ihr seid es nicht.

(Mich persönlich interessiert es für das Rsp nicht,  woher jemand kommt,  welche Hautfarbe er/sie hat,  mit wem er/sie schläft oder wo er/sie das Kreuz bei der Wahl setzt. Ich konzentriere mich auf das Geschehen am Spieltisch.)

Alles andere hat mich nur bedingt zu interessieren,  denn ich pflege meine Haltung klar zu kommunizieren.
Oger ist jetzt nicht mehr traurig. Oger darf jetzt seinen Blog in die Signatur aufnehmen: www.ogerhoehlen.blogspot.com


Welche Lösung bleibt da noch? - Ruft die Murderhobos!

Offline Crimson King

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #180 am: 30.09.2018 | 09:59 »
Das ist doch Realsatire. Für welche Spielgruppe soll das relevant sein? Reden wir noch über PnP Rollenspiel oder worüber wird hier theorisiert??

Würde ich für meine Spielrunden nicht ausschließen, auch wenn ich das konkrete Beispiel noch nicht hatte. Ich bin nun nicht der klassische Soap-Spieler, der ständig nicht abenteuerrelevante private Details der Charaktere ins Rampenlicht zerrt, aber wenn sexuelle Frustration Motivation für eine Aktion seitens des NSC ist, die wiederum Auswirkungen auf die Handlung hat, ist das doch toll.
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Online Isegrim

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #181 am: 30.09.2018 | 10:05 »
Gibt halt Leute, die im Rollenspiel auf die Thematisierung des Liebes- und Geschlechtslebens der (N)SCs verzichten können.
"Klug hat der Mann gehandelt, der die Menschen lehrte, den Worten auch der Anderen Gehör zu schenken."  Euripides

Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #182 am: 30.09.2018 | 10:25 »
Das ist doch Realsatire. Für welche Spielgruppe soll das relevant sein? Reden wir noch über PnP Rollenspiel oder worüber wird hier theorisiert??
Wir hatten schon häufiger Runden, in denen Sexualität relevant war. Wenn in diesen Runden nur Heteros auftauchen, ist das ein wirklicher Ausschluss einer Randgruppe. Darüber rede ich.
Zitat
85% Heteros? Wie kommst du denn auf diese Zahl?
Von 4-14% Homo- oder Bisexuelle aus dem Dalia-Report: https://www.jetzt.de/lgbt/dalia-studie-zu-lgbt-anteil-in-der-bevoelkerung (bei meinem Artikel verlinkt. Wie gesagt: Ich habe die Minimal-Hausaufgaben für eine Zufallstabelle gemacht und war überrascht, was ich alles übersehen hatte)

Auf 15% gerundet, weil ich den Zahlen nicht genug traue, um das Gefühl von 1% Genauigkeit vermitteln zu wollen.

Mit hetero definiert als "weder homo noch bi".
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Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #183 am: 30.09.2018 | 10:27 »
Gibt halt Leute, die im Rollenspiel auf die Thematisierung des Liebes- und Geschlechtslebens der (N)SCs verzichten können.
Und das ist völlig OK. Ein Teil von Diversität ist es nämlich auch, das Thema wegzulassen, wenn du jemanden in der Runde hast, der es nicht mag. Halt dann, wenn du das merkst.
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Offline Maarzan

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #184 am: 30.09.2018 | 10:36 »
Eigentlich geht mit dem Begriff der "Diversität" los und dann der Frage, warum das überhaupt erwünscht sein sollte. Mehr Mischung ist ja erstmal nicht intrinsisch "besser". In der Diskussion zum Thema bekommt man aber oft den Eindruck, dass es messbare Quoten geben würde.
 

Es gibt da halt zweit Ebenen und zwei Ansätze.
Materialmäßig den einen, der im (leider nicht soo seltenen) Extrem jedes Werk an einer einheitlichen PC-Quote messen will - und meiner Meinung nach eben keine Diversität sondern eine neue PC-Verordnete Einheitsbrühe ist - und Diversität als Angebot, sprich es gibt eine Menge diverses Material, so dass die Wahrscheinlichkeit etwas für einen passendes zu finden entsprechend steigt.

Auf Spielerseite ist es so, dass doch eine Menge Leute mehr/neue Mitspieler suchen bzw. sich zumindest professionelles Material bei der aktuellen Marktgröße nur für wenige anzubieten lohnt. Damit wäre "mehr Spieler" für viele ein weiterer Vorteil und wenn es da Gründe geben sollte, warum ganze Bevölkerungsteile da ausgeschlossen sind, sollte es zumindest für diese spielermangelgeplagten Bereiche Sinn machen sich mögliche Hemmnisse mal anzuschauen.

Zuletzt als kleinerer und leider selbst wieder RL-konfliktträchtiger Teil wäre eben die Quelle an neuen Kulturen und bisher vernachlässigten Konflikten, welche neues Material generieren können für die, welche vom bisherigen Angebot so langsam satt sind und nach etwas Neuen schauen.

Bei dem Thread geht es ja auch nicht darum, dass irgendwer zur Leistung aufgefordert werden soll. Bloß um Möglichkeiten für die, die was tun wollen.
Alles andere ist Unsinn und Nebelkerzen.

Exakt, mir geht es um die Analyse, was ggf. im Argen auf praxistauglichem Detaillevel liegt und welche Lösungsmöglichkeiten es dafür gäbe.
In wie weit jeder darauf dann eingehen wollte/kann, wäre seine Sache, würde dies dann aber hoffentlich nach dem Lesen hier mit etwas mehr Verständnis zu der Sache oder auch ein paar nützlichen Werkzeugen tun.

Was wir noch nicht hatten: Haben verschiedene Menschen unterschiedliche Ansprüche an Rollenspiel und kann (oder gar muss) Rollenspiel dem entgegenkommen? Und wenn ja, wie?

Genauer haben wir hier die Teilfrage: Was haben die Kraft RL-Abweichungen aus der bisherigen Hauptgruppe Spieler herausfallenden potentiellen Spieler aus diesem Hintergrund heraus für unterschiedliche Ansprüche (+nähere Betrachtung dieser, denn wir wollen ja Lösungen finden)
Angesichts dessen, das wir ein Nischenhobby sind, wäre deine Frage für eine generelle Einzugserweiterung bezgl Spieler natürlich dort auch generell interessant. 

...

Bisher haben wir ja von Hürden gesprochen, die bezwungen werden müssen, damit auch andere Leute ihren Weg zum Rollenspiel finden. Wie sieht es aber mit Stärken des Rollenspieles aus? Wie kann man Appetit auf das Spielen machen, damit auch Leute dazu finden, die sich sonst eher ausgeschlossen aus sozialen Aktivitäten fühlen?

Was mir zum Beispiel auf Cons aufgefallen ist, ist, dass dort viele Besucher mit körperlichen Behinderungen waren, die aber im Hobby selbst keine Rolle spielen. Selbst im Vergleich mit eher mainstream Dingen, wie Gamescon oder buchmesse, fand ich den Anteil an Leuten mit körperlichen behinderungen auf RS-Cons höher. habt ihr ähnliche Erfahrung gemacht? Hast das ganze vielliecht da schon einen Reiz, der inherent bereits zu stärkerer Inklusion führt?

Rollenspiel war meiner Erfahrung nach stets ein Sammelbecken für die, die "ausgeschlossen aus sozialen Aktivitäten" (des Mainstreams) waren und darüber hinaus. Das führt aber halt auch zu einer entsprechenden Anzahl von Personen mit eigenen Problemen und andererseits auch vereinzelt zu dem, was "toxische Toleranz" genannt wurde: Solange es keinen in der Gruppe direkt betraf, wurden auch Leute mitgeschleppt, die sonst (aus unterschiedlichsten Gründen) nahezu überall rausfliegen.
In so weit war das schon immer "vor den Würfeln sind alle gleich", aber üblicherweise auf lokalem (Leidens- wie auch Bekanntheits-)level.
Mit der medialen Öffnung und leichten Vermainstreamung der Szene haben diejenigen, die nicht eh im Privatleben isoliert bleiben, nun die Situation, dass ihre Schutznische plötzlich "offen" ist und andere Leute wieder Mainstreammaßstäbe anlegen - unter anderem andere, mindest genauso gestörte Gestalten wie der kleine Anteil aber sehr lauter im RL frustrierte "Aktivisten".


Meint ihr denn, das bei einer bestimmten Schublade von Leuten jeweils vorhersagbar ist, was in Bezug auf Rollenspiel* zu erwarten ist und was möglicherweise ein Problem sein könnte?

Mir scheint das nämlich immer noch alles ziemlich individuell und nicht gut schubladisierbar zu sein.

Verschubladisierung ist ein Werkzeug, leider auf beiden Ebenen "argumentativer Missbrauch" und als "analytische Teilbetrachtung".
Die konstruktive Betrachtung erfordert sogar eine Verschubladisierung denke ich. Die fehlende Differenzierung ist ja gerade Quelle von (Verständnis und folgend Real-)Problemen. Umgekehrt ist aber eine Einzelfallbetrachtung für jedes Individuum auch einfach nicht leistbar.
Also sollte es darum gehen das Problemfeld möglichst günstig was sowohl Aussagekraft auf der einen wie Restfehler auf der anderen Seite angeht aufzuteilen und so dem Problem Stück für Stück Herr zu werden.
Allerdings bietet sich eine politisch motivierte Zuschneidung und insbesondere Belabelung von entsprechend groben Schubladen auch als rhetorische Keule an.

Anekdotischer Einwurf: "Bildungsunterschiede" und folgend Kommunikationsprobleme habe ich oft genug auch nicht "quer" nach dem formellen Bildungslevel erlebt, sondern "längs" nach "technisch-praktischen" oder eher "geistig-künstlerisch" fokusierten Denken.

Meine Hypothese wäre eher, dass es viel bewirken würde, wenn ein gewisses Bewusstsein und eine grundlegende Bereitschaft zur Repräsentation von Diversität in einem Produkt erkennbar ist. Eine Meta-Botschaft sozusagen.

Es gibt nämlich meiner Meinung nach durchaus übergreifende Gemeinsamkeiten, die Mitglieder unterrepräsentierter Gruppen kennen:

1. Quasi nicht-existieren in einem Setting (weil nicht explizit beschrieben / bebildert)
2. Existent, aber sehr stereotyp beschrieben
3. Existent, aber nur in Nebenrollen / für Plot und Setting nicht relevanten Funktionen

Wenn in einem Rollenspielabenteuer auch mal ein homosexueller Charakter in einer plotrelevanten Funktion auftaucht und nicht stereotyp beschrieben wird, freut das nicht nur den schwulen Leser (und sagt ihm „Du bist Teil unserer Community“), sondern vielleicht auch Frauen, People of Color oder Menschen mit Behinderung. Denn die Botschaft dahinter ist doch: Wir als Verlag haben uns bewusst entschieden, in respektvoller Art und Weise einer Figur die Bühne zu überlassen, die nicht Mitglied der Mehrheitsgesellschaft ist.

Abenteuer sind aber typischerweise lokale Ausschnitte und mit dem Sichtfokus durch die Spielercharaktere auch noch eng in ihrer Darstellung begrenzt. Die Leute sind die Leute, die eben da geographisch rumlaufen mit ihrer lokalen Kultur (und folgend Sichtweisen) und ihr Sexleben ist eh als Privatsache nahezu unsichtbar. Ohne Clicheeübertreibung oder ganz speziellem Abenteuerfokus wird da dann keiner etwas mitbekommen. Ich würde gar vermuten, dass sich ein Haufen Spieler keine Vorstellungen über das Sexleben ihres eigenen Charakters gemacht haben.
Klar sollten rein statistisch irgendwo entsprechende Farbtupfer auch so abfallen. Aber wir reden hier primär um Spielergewinnung. Da mag sich ein betroffener Spieler freuen, dass im 7. Abenteuer dann entsprechend etwas auftaucht, aber dazu müsste er eben auch schon 6 Abenteuer erst einmal mit bleibendem Interesse hinter sich gebracht haben. 

In Settingbänden und Weltbeschreibungen würde so etwas denke ich aber problemlos reinpassen/sollen - und somit auch erklären, dass nicht alle Gegenden und damit das Spiel an sich x-istisch ist, sondern Gegend/Kultur Y da halt den Sündenfall und damit Hintergrund auch für entsprechende Konflikte und folgende Abenteuer hat. Dann kann der Leser (oder Zuhörer, wenn der SL die Zielgegend umreißt) gezielt überlegen, ob er da mitgehen will oder lieber anderswo oder mit einem anderen Charakter spielt.
Zusätzlich: Wer in prominenter Position steht, wird üblicherweise auch unter diesem Fokus herausgehoben und "besonders" oder "interessant" gemacht - üblicherweise generell unter reichhaltigem Einsatz von Clichees und Übersteigerungen (abgesehen davon, dass die zentralsten NSC die Bigbadguys sind...). Und damit ist bei entsprechender Empfindlichkeit ja auch wieder Tür und Tor für Mecker geöffnet.

Wobei auch nicht so entspannte Historiker Fantasy-Rollenspiele spielen — und irgendwann dann Settings schreiben, die besser passen. So wie auch Physiker Pulp Science-Fiction spielen, und manchmal auf Hard Science-Fiction schielen; und das dann irgendwann in ihrer Runde anbieten.

Und so entstehen dann die Settings, die nicht entspannte Historiker und Physiker mögen. Und wenn sie technisch gut wurden, spielen sie auch andere.

Eben, so einer würde das entsprechend akzeptieren "als Spiel", sich ein passenderes Spiel suchen oder auch beginnen selbst zu schreiben. Er würde aber nicht ein Fass aufmachen und Diskriminierung/x-ismus zu schreiben.

Ihr überseht, was das wichtigste für eine florierende RSP- Community ist: geile Spielleiter.

Ja, und schon in der bestehenden Szene haben Leute erheblich unterschiedliche bis inkompatible Vorstellungen, was denn nun "geile Spielleiter" sind. In dem Sinne sehe ich keinerlei ableitbaren Nutzen hier.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline ArneBab

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #185 am: 30.09.2018 | 10:39 »
(Mich persönlich interessiert es für das Rsp nicht,  woher jemand kommt,  welche Hautfarbe er/sie hat,  mit wem er/sie schläft oder wo er/sie das Kreuz bei der Wahl setzt. Ich konzentriere mich auf das Geschehen am Spieltisch.)
Damit hast du eine der wichtigsten Vorraussetzungen für Diversität. Die zweite ist, zu sehen, ob es Verhaltensmuster gibt, die doch bestimmte Gruppen ausgrenzen, und die halt wegzulassen, wenn Betroffene dabei sind. Deswegen kommt z.B. Sexualität jetzt nicht unbedingt in der ersten Runde mit einer neuen Gruppe dran. Und in manchen Runden vielleicht nie.

So divers wie deine es damit sein könnten, können meine Runden übrigens nicht sein: Ich hätte ein Problem mit Nazis, selbst wenn die es am Spieltisch nicht raushängen lassen würden. Wer der Meinung ist, dass meine Kinder vertrieben werden sollten, hat in meinen Runden nichts zu suchen.
« Letzte Änderung: 30.09.2018 | 10:44 von ArneBab »
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Offline Bildpunkt

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #186 am: 30.09.2018 | 10:46 »

Rollenspiel war meiner Erfahrung nach stets ein Sammelbecken für die, die "ausgeschlossen aus sozialen Aktivitäten" (des Mainstreams) waren und darüber hinaus. Das führt aber halt auch zu einer entsprechenden Anzahl von Personen mit eigenen Problemen und andererseits auch vereinzelt zu dem, was "toxische Toleranz" genannt wurde: Solange es keinen in der Gruppe direkt betraf, wurden auch Leute mitgeschleppt, die sonst (aus unterschiedlichsten Gründen) nahezu überall rausfliegen.
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Sehe ich nicht so, ich kenne nur ein bis zwei Freaks ansonsten stehen von den zweidutzend RPGler mit denen ich im Laufe der Jahre spielen durtfte alle mit beiden Beinen im Leben und sind in verschiedenste soziale Aktivitäten eingebunden. Bitte keine Klischees hier.
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Offline Crimson King

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #187 am: 30.09.2018 | 10:54 »
Damit hast du eine der wichtigsten Vorraussetzungen für Diversität. Die zweite ist, zu sehen, ob es Verhaltensmuster gibt, die doch bestimmte Gruppen ausgrenzen, und die halt wegzulassen, wenn Betroffene dabei sind.

Damit widersprichst du dir aber selbst. Der zweite Satz besagt ja gerade, dass im Einzelfall doch betrachtet werden muss, woher jemand kommt, welche Hautfarbe er hat etc.

Meines Erachtens sollte man auf die Befindlichkeiten jedes Mitspielers eingehen, sofern man Wert auf dessen Teilnahme legt. Wenn ich also beispielsweise einen Chinesen in der Runde habe, wird ein chinesischer NSC nicht durchgängig das r durch ein l ersetzen und auch keine pseudokonfuzianischen Lebensweisheiten von sich geben.

Wenn sich die Befindlichkeiten ins Gehege kommen, muss man nach Kompromissen suchen, oder es passt im Extremfall halt nicht.

So divers wie deine es damit sein könnten, können meine Runden übrigens nicht sein: Ich hätte ein Problem mit Nazis, selbst wenn die es am Spieltisch nicht raushängen lassen würden. Wer der Meinung ist, dass meine Kinder vertrieben werden sollten, hat in meinen Runden nichts zu suchen.

Die Kernaussage da ist vermutlich "Ich spiele nur mit Leuten, die ich leiden kann und die grundlegende Werte mit mir teilen." Ich vermute mal stark, dass auch Der Oger das so unterschreiben würde. Auf Cons weiß man das natürlich nicht, da ist man vermutlich erst mal offen. Bei eindeutigen Indikatoren kann man Interessenten und Mitspieler natürlich immer noch wegschicken.
« Letzte Änderung: 30.09.2018 | 10:59 von Crimson King »
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Re: Diversität Alternative
« Antwort #188 am: 30.09.2018 | 11:44 »
Meines Erachtens sollte man auf die Befindlichkeiten jedes Mitspielers eingehen, sofern man Wert auf dessen Teilnahme legt. Wenn ich also beispielsweise einen Chinesen in der Runde habe, wird ein chinesischer NSC nicht durchgängig das r durch ein l ersetzen und auch keine pseudokonfuzianischen Lebensweisheiten von sich geben.

Allgemein (nicht speziell an Crimson King): Es fragt sich doch aber auch, warum man sowas machen sollte, wenn kein Chinese in der Runde ist. Dass ist die Perspektive, die ich in der Diskussion vermisse und mehrfach anzustoßen versucht habe.
Es ist eben nicht so, dass Angehörige ethnischer Minderheiten den Antirassismus oder die kulturelle Sensibilität gepachtet hätten. Und es gibt keinen Grund, Einwände bezüglich klischeehafter oder gar rassistischer Darstellungen zu ignorieren, wenn sie nicht von jemandem kommen, der einer ethnischen Minderheit angehört. Das wäre dann einfach nur eine neue Art des Rassismus.

Mir passt das konkrete Beispiel ganz gut, weil ich im Bereich chinesischer Kultur, Geschichte, Literatur halbwegs kompetent bin und mir da in Spielen schon häufiger Dinge aufstoßen. Umgekehrt kenne ich einige koreanischstämmige Deutsche, die eher geringes Wissen über koreanische Kultur haben (das ist alles stark vereinfacht - eigentlich glaube ich nicht, dass man landeskulturelle Schubladen sinnvoll denken kann. Führt aber zu endlosen Exkursen, wenn wir das hier ausbreiten). Diese Leute stören sich an seltsamen Darstellungen nicht oder erkennen diese noch nicht einmal.
Ist es nun wirklich so, dass man meine Einwände ignorieren kann, weil ich das falsche Blut habe?
Und ist es so, dass Rassismus und Sexismus sich darüber definieren, ob ein "Betroffener" (und wer entscheidet das?) das schlimm findet oder nicht?

Ich würde vorschlagen, dass es ein sehr viel sinnvolleres Vorgehen ist, Einwände grundsätzlich ernst zu nehmen.
In der Praxis könnte man zusätzlich überlegen, wie man sich dann auf ein alternatives Vorgehen festlegt. Zumindest kann man denjenigen, dem gerade bestimmte Äußerungen "verboten" wurden nicht gut damit allein lassen, sich jetzt neue Äußerungen auszudenken. Gerade im Rollenspiel würde das auch das Spiel sehr stark stören.
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Offline Crimson King

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #189 am: 30.09.2018 | 11:58 »
Ist es nun wirklich so, dass man meine Einwände ignorieren kann, weil ich das falsche Blut habe?
Und ist es so, dass Rassismus und Sexismus sich darüber definieren, ob ein "Betroffener" (und wer entscheidet das?) das schlimm findet oder nicht?

Nö. Wenn ich schreibe, dass auf individuelle Befindlichkeiten Rücksicht genommen werden muss, dann bist du als Individuum natürlich inbegriffen. Allerdings wiegt das aus meiner Sicht bei Angehörigen gesellschaftlich benachteiligter Gruppen schwerer, speziell wenn sie für die Gruppenzugehörigkeit wenig bis nichts können. Die sind dadurch nun mal unmittelbar und unausweichlich betroffen.

Wenn ein Experte schmollt, weil das Fachgebiet seiner Expertise verunglimpft wird, ist das nun mal etwas anderes, als wenn ein sozial Benachteiligter diese soziale Benachteiligung auch noch innerhalb der Rollenspielrunde erfährt.
« Letzte Änderung: 30.09.2018 | 11:59 von Crimson King »
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« Antwort #190 am: 30.09.2018 | 12:08 »
Wenn in einem Rollenspielabenteuer auch mal ein homosexueller Charakter in einer plotrelevanten Funktion auftaucht und nicht stereotyp beschrieben wird, freut das nicht nur den schwulen Leser (und sagt ihm „Du bist Teil unserer Community“), sondern vielleicht auch Frauen, People of Color oder Menschen mit Behinderung. Denn die Botschaft dahinter ist doch: Wir als Verlag haben uns bewusst entschieden, in respektvoller Art und Weise einer Figur die Bühne zu überlassen, die nicht Mitglied der Mehrheitsgesellschaft ist.

Dein Ansatz geht - meine ich - von der falschen Prämisse aus, dass die verschienen Interessengruppen irgendwie miteinander solidarisch wären. Das ist, meiner Erfahrung nach, überhaupt nicht der Fall.
Ich behaupte: Wenn Du die Leute explizit ansprechen möchtest, musst Du das für jede Gruppe einzeln tun. Gerade bezüglich sexueller Orientierungen wird das sehr komplex.
Es gibt jedenfalls überhaupt keinen Anlass, anzunehmen, dass jemand mit dunkler Hautfarbe sich in irgendeiner Form besser wertgeschätzt oder einfach nur berücksichtigt fühlt, weil im Rollenspiel ein Homosexueller vorkam. Es gibt da schlicht keinen Zusammenhang.
Ob Schwule und Lesben sich gegenseitig irgendwie repräsentiert fühlen würden, würde ich schon aufgrund der ziemlich strikten Trennung der beiden "Szenen" (die ohnehin nur einen kleinen Teil der Homosexuellen beinhalten, viele (die meisten?) sind nicht Teil einer "Szene") stark bezweifeln.

Ob Repräsentation überhaupt gewünscht ist und wie die dann aussehen sollte, ist mir auch unklar. Die beiden homosexuellen Spielleiter, mit denen ich bisher gespielt habe, haben beide das Thema Sexualität (homo wie hetero) praktisch gar nicht bespielt, das kam fast nur in off-topic-Unterhaltungen am Rande zur Sprache. Kein Unterschied zu anderen Spielleiter(innen), mit denen ich gespielt habe.

Die andere Frage ist, ob eine Repräsentation von Minderheiten im Rollenspiel so funktioniert: Die realweltliche Mehrheitsgesellschaft entspricht nicht unbedingt der Mehrheitsgesellschaft im Rollenspiel.
Teilweise war die Forderung ja sogar, dass das explizit nicht so sein solle und dass explizit gewünscht ist, eine Welt darzustellen wie man sie sich wünscht (gerade bei Filmen und "black people in positions of power" etc.). Wenig überraschend teile ich diese ästhetische Position nicht, aber sie ist derzeit recht verbreitet. Was auch immer man von diesem Ansatz hält; es ist dann jedenfalls nicht mehr eine Figur der Nichtmehrheitsgesellschaft.

Das andere große Problem dabei ist hier vor einigen Monaten schon diskutiert worden. Das Ergebnis war (für mich), dass es gerade bei sexueller Orientierung nur schwer möglich ist, diese plotrelevant einzubauen ohne dabei in Klischees zu fallen. Das wesentliche Problem dabei ist, dass die Homosexualität einer Figur (wie auch eines realweltlich agierenden Menschen) nur dann eine Rolle spielt, wenn es um die Frage der Bewertung eines anderen Menschen als potentiellem Ziel romantischer Aktivitäten geht.
Ob die Auftraggeberin der Gruppe nun homosexuell ist oder nicht, spielt fast nie eine Rolle - schließlich würde normalerweise auch ihre Heterosexualität nicht thematisiert werden.

Behinderungen sind ein interessantes Thema. Ich denke, die werden sogar recht häufig eingesetzt, um Figuren plastischer zu machen: Man kann sich halt gut merken, dass eine Figur hinkt etc. Inwiefern das Klischees sind, weiß ich nicht.

Figuren unterschiedlicher Herkunft kommen in den meisten Rollenspielen vor. Da sehe ich kein Problem. Ethnische Klischees in Rollenspielen sind zweifellos ein Problem. Man muss auch sehen, dass es da sehr unterschiedliche Ansätze gibt.
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Offline Rhylthar

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #191 am: 30.09.2018 | 12:18 »
Zitat
Es gibt jedenfalls überhaupt keinen Anlass, anzunehmen, dass jemand mit dunkler Hautfarbe sich in irgendeiner Form besser wertgeschätzt oder einfach nur berücksichtigt fühlt, weil im Rollenspiel ein Homosexueller vorkam. Es gibt da schlicht keinen Zusammenhang.
Das ist halt die Frage (die ich nicht beantworten kann).

Wird ein Spiel wie "Harlem Unbound" Menschen der LGBT-Community mehr ansprechen als "herkömmliches" Cthulhu?
Ist die Darstellung einer wichtigen Person im Abenteuer "Waterdeep: Dragon Heist" als weiblich und PoC für diese Community wichtig (oder haben die Entwickler da von vorneherein gepatzt, da sie die Trägerin des Artefaktes (und damit auch des Beinamens) "The Blackstaff" ist)?
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

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Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline felixs

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #192 am: 30.09.2018 | 12:22 »
Wenn ein Experte schmollt, weil das Fachgebiet seiner Expertise verunglimpft wird, ist das nun mal etwas anderes, als wenn ein sozial Benachteiligter diese soziale Benachteiligung auch noch innerhalb der Rollenspielrunde erfährt.

"Soziale Benachteiligung" ist wieder ein neues Fass, meine ich.
Und die Abstufungen von "sozial benachteiligt" sind auch ziemlich komplex.

Mir ist nach wie vor nicht recht klar, über welche Gruppen und über welche Probleme wir eigentlich sprechen.

Abgesehen davon ist das von mir angesprochene Problem ein anderes: Was ist davon zu halten, wenn ein nicht persönlich Betroffener (weil in der Abstammung nicht der jeweiligen Gruppe* zugehöriger) den Rassismus gegenüber einer Gruppe problematisiert?
Ich meine, dass das genauso ernst zu nehmen ist, wie die entsprechenden Argumente eines Betroffenen. Weil:
1) Grundsätzliches Argument: Argumente sind gleichwertig, egal von wem sie kommen.
2) Grundsätzliches Argument: Betroffenheit ist keine Frage ethnischer Abstammung.
3) Fallbezogenes Argument: Auch wenn in dem konkreten Fall gerade niemand davon betroffen sein sollte, so begegnen die Träger rassistischer Klischees später anderen, die davon betroffen werden. Es ist daher sinnvoll, rassistische Denkmuster anzusprechen und Veränderung zu fordern.

Ich hoffe, das ist in dieser abstrakt formulierten Form nachvollziehbar.

*Im Fall von "China" und "Chinesen" von Minderheiten zu sprechen, ist im globalen Kontext schon etwas absurd.
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Offline KhornedBeef

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #193 am: 30.09.2018 | 12:26 »
Global schmobal. Chinesen sind hier eine Minderheit, Deutsche in China auch. Gibt es da wirklich Zweifel?
Das führt doch nur zu Sophisterei...
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Offline Ludovico

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #194 am: 30.09.2018 | 12:28 »
Also wenn ich an meine Erfahrungen in Südafrika denke, so hab ich gerade unter den Schwarzen erhebliche Abneigungen gegen Homosexuelle dort gesehen. Das zeigt sich auch in dem Umgang in der dortigen Community mit Lesben.
Und die Anführerin einer deutschen rechten Partei ist homosexuell.
In den USA haben diese Feststellung auch schon Leute getroffen, die aber bisher oft ignoriert bzw. niedergeschrien werden.

Deshalb halte ich die These, dass eine realistische Darstellung homosexueller oder farbiger Mitgliedern anderer Gruppen positiv auffällt für illusorisch.
Allenfalls für Aktivisten, die es allen recht machen wollen, wäre das positiv.

Und die Idee mit den tollen SLs von Oger... Ich möchte nur mal daran erinnern, dass es sehr viele Gruppen seit vielen Jahren gibt, die von SLs gegründet und geleitet werden, die hier und andernorts als miese SLs gelten.

Offline Crimson King

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #195 am: 30.09.2018 | 12:42 »
2) Grundsätzliches Argument: Betroffenheit ist keine Frage ethnischer Abstammung.

Das ist grundfalsch. Wenn ich in Anwesenheit einer marginalisierten Person diese Marginalisierung reproduziere, ist das natürlich wesentlich schwerer zu gewichten, als wenn sich ein Mitglied der Mehrheitsgesellschaft stellvertretend echauffiert. Das bezieht sich auch auf 3). Die in diesem Punkt angesprochene Reproduktion von Stereotypen findet so oder so statt. Wenn ich die marginalisierte Person am Spieltisch diskriminiere, kommt das aber noch obendrauf.


Also wenn ich an meine Erfahrungen in Südafrika denke, so hab ich gerade unter den Schwarzen erhebliche Abneigungen gegen Homosexuelle dort gesehen. Das zeigt sich auch in dem Umgang in der dortigen Community mit Lesben.
Und die Anführerin einer deutschen rechten Partei ist homosexuell.
In den USA haben diese Feststellung auch schon Leute getroffen, die aber bisher oft ignoriert bzw. niedergeschrien werden.

Deshalb halte ich die These, dass eine realistische Darstellung homosexueller oder farbiger Mitgliedern anderer Gruppen positiv auffällt für illusorisch.
Allenfalls für Aktivisten, die es allen recht machen wollen, wäre das positiv.

Das ist glaube ich sehr milieuspezifisch. Für Aendymion wird sicher gelten, dass er sich mit anderen marginalisierten Gruppen solidarisiert. Allerdings vermute ich wiederum, dass er das nicht aufgrund seiner eigenen Marginalisierung macht, sondern aufgrund seiner Sozialisierung innerhalb eines Milieus, in dem diese Solidiarisierung sowieso sehr stark ausgeprägt ist. Ist aber ins Blaue hinein vermutet, ich kann mich da natürlich irren.
« Letzte Änderung: 30.09.2018 | 12:48 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
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Offline felixs

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #196 am: 30.09.2018 | 12:45 »
Also wenn ich an meine Erfahrungen in Südafrika denke, so hab ich gerade unter den Schwarzen erhebliche Abneigungen gegen Homosexuelle dort gesehen. Das zeigt sich auch in dem Umgang in der dortigen Community mit Lesben.

Auch in Deutschland kann man klare ethnische und (mehr noch) religiöse Linien erkennen, was die Akzeptanz von Homosexualität angeht.

Umgekehrt haben fast alle Homosexuellen, die ich in Deutschland kenne, erhebliche Vorbehalte gegen "Ausländer". Primär geht es dabei in der Regel gegen arabisch- und türkischstämmige Menschen, denen pauschal Homophobie und Gewalttätigkeit unterstellt wird.

(Habe das - glaube ich - auch oben schon geschrieben. Ich verliere allmählich die Übersicht).
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Offline felixs

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #197 am: 30.09.2018 | 12:50 »
Das ist grundfalsch. Wenn ich in Anwesenheit einer marginalisierten Person diese Marginalisierung reproduziere, ist das natürlich wesentlich schwerer zu gewichten, als wenn sich ein Mitglied der Mehrheitsgesellschaft stellvertretend echauffiert. Das bezieht sich auch auf 3). Die in diesem Punkt angesprochene Reproduktion von Stereotypen findet so oder so statt. Wenn ich die marginalisierte Person am Spieltisch diskriminiere, kommt das aber noch obendrauf.

Sehe ich nicht so.

Das strukturelle Problem von Rassismus besteht auch dann, wenn der Rassist in der Lage ist, vor den Zielen seines Rassismus die Klappe zu halten.

Es stimmt auch sonst nicht. Der besondere Status ethnisch von Rassismus betroffener Personen würde sich ja dadurch begründen, dass diese schmerzhafte Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben. Diese schmerzhaften Erfahrungen können aber - meines Erachtens - auch von mittelbar betroffenen geteilt werden.
Es stört mich, wenn jemand meine Freunde als Angehörige irgendeiner Gruppe pauschal verunglimpft. Man nennt das Solidarität.
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Offline felixs

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #198 am: 30.09.2018 | 12:58 »
Und wenn man es doch richtig machen will, nimmt man Kontakt zu Leuten aus der Kultur auf und fragt, ob sie helfen können.

Ich finde solche Essentialisierungen von Kultur gefährlich.

Dann landen wir doch dabei, dass jeder nur über die eigene Gruppe reden könnte - als ob diese Gruppenzugehörigkeit so klar erkennbar wäre, als ob die Abgrenzungen so klar wären. Und als ob jeder über die "eigene" Gruppe wunderbar informiert, über alles andere aber ahnungslos wäre. Und vor allem: Als ob "Kulturen" homogen wären.
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Offline Crimson King

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Re: Diversität Alternative
« Antwort #199 am: 30.09.2018 | 13:09 »
Das strukturelle Problem von Rassismus besteht auch dann, wenn der Rassist in der Lage ist, vor den Zielen seines Rassismus die Klappe zu halten.

Das strukturelle Problem von Rassismus besteht vor allem auch dann, wenn es konkret in Form von Diskriminierung Menschen anderer Herkunft statt findet. Deshalb ist Reproduktion diskriminierender Stereotype immer ein größeres Problem, wenn dadurch nicht nur eine bestimmte Gruppe abstrakt und strukturell, sondern zusätzlich ein dieser Gruppe angehörendes Individuum diskriminiert wird. Da kann es keine zwei Meinungen geben, das ist simple Arithmetik. Im einen Fall hast du nun mal strukturelle, im anderen struktuelle und individuelle Diskriminierung.


Es stimmt auch sonst nicht. Der besondere Status ethnisch von Rassismus betroffener Personen würde sich ja dadurch begründen, dass diese schmerzhafte Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben. Diese schmerzhaften Erfahrungen können aber - meines Erachtens - auch von mittelbar betroffenen geteilt werden.
Es stört mich, wenn jemand meine Freunde als Angehörige irgendeiner Gruppe pauschal verunglimpft. Man nennt das Solidarität.

Ich bin mir sicher, dass die Erfahrungen auf eine gewisse Art und Weise geteilt werden. Zu behaupten, hier als Außenstehender und Mitglied der Mehrheitsgesellschaft das gleiche Maß an Trauma zu erfahren, ohne selbst unmittelbare Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht zu haben, halte ich aber für in höchstem Maße vermessen. Ist man selbst Opfer von Diskriminierung, dürfte, da bin ich bei Aendymion, die Fähigkeit deutlich eher ausgeprägt sein. Solidarität und Mitgefühl sollten aber keinesfalls mit der unmittelbaren eigenen Erfahrung, die diese Personen machen, gleichgesetzt werden, zumal immer der Unterschied besteht, dass man als Mitglied der Mehrheitsgesellschaft so ziemlich immer und überall Rückzugsräume findet, in denen man sicher ist. Dem tatsächlich Diskriminierten geht das anders. Der ist in vielen Fällen der Situation wesentlich stärker ausgeliefert.


Davon abgesehen spielt hier auf die Gruppe der Rezipienten eine Rolle. Wenn ich in meiner Rollenspielrunde mit aufgeklärten Menschen Stereotype reproduziere, können die das einordnen. Wenn ich einen Spieler an Bord habe, den ich als angehörigen der betroffenen Gruppe damit konkret verunglimpfe, wird der dadurch ganz sicher auch dann ein anderes Level von persönlicher Betroffenheit haben, auch wenn er auf der rationalen Ebene genauso in der Lage ist, das einzuordnen.
« Letzte Änderung: 30.09.2018 | 13:13 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Die Völker aufeinander schlagen.
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
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Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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