Autor Thema: Ethik und Rollenspiel  (Gelesen 20118 mal)

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Offline Whisp

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Ethik und Rollenspiel
« am: 14.09.2019 | 23:27 »
Hallo zusammen!

Ich würde gern mal ein kleines Projekt machen und suche noch Mitstreiter.

Es geht um eine Umfrage zum Thema "Ethik" im Rollenspiel und zwar, in wie weit Spieler moralisches Handeln ihrer Charaktere leben oder ob Sie eher ihre eigenen Moralvorstellungen umsetzen. Es geht also um moralische Dilemmata (sowohl in-Game als auch in/out-of game).

Hierzu eignen sich vor allem Charaktere mit einem starken Verhaltens-Codex, z.B. Paladine bei D&D oder Geweihte bei DSA

Beispiel:
Der Spieler eines Praiosgeweihten bei DSA / Paladin einer Rechtsgottheit. Dieser soll Recht über einen jungen Dieb (Mitspieler) sprechen, der aber Teil der Abenteurergruppe war
Rollenkonform wäre es, den Dieb zu verurteilen. Der SC ist damit aber raus.

Es ergibt sich also ein Dilemma zwischen dem Rollenspiel (Konformität mit der Rolle) und dem Real-Life (Mitspieler ist sauer, wenn sein SC "raus ist")

Meine Frage ist: wie reagiert der Spieler des Paladins nun = beugt er sich der Rolle oder dem Peer Pressure des Real-Life? 
Ich denke, da wird es solche und solche geben, aber ich fände es mal interessant, es sich anzusehen, auch wie es sich abhängig von Rollenspielerfahrung, Geschlecht, gefühltem immersionsgrad und Alter verhält.

Beispiel 2
Eine Abenteurergruppe hat die Wahl zwischen dem Retten eines Dorfes vor einer Orkhorde und der Gelegenheit eine transdimensionale Schatzkammer mit Massen an Loot (Gold, Wissen, Geheimnisse) zu besuchen (Zeitfaktor erlaubt nur eines).

Beispiel 3
Ein erfahrener Ritter erhält vom König für seine Abenteuer die Belohnung eines Grafentitels und ein eigene Lehen. Fürs Spiel wäre er raus, wenn er das Angebot annimmt. Die Rolle ist aber klar, die eines Adligen und von der Hintergrundgeschichte darauf zugeschnitten Graf zu werden.


Das ist nur mal ein Ideenkonstrukt...

Freue mich auf Input. Vielleicht gibt es dazu ja sogar schon was. 
   







« Letzte Änderung: 14.09.2019 | 23:31 von Whisp »
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Offline fivebucks

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #1 am: 14.09.2019 | 23:33 »
Es geht ja darum eine Geschichte zu erzählen.  Also welche plausible Lösung fällt uns ein, das der Charakter trotz Ethikdillemma bei der Gruppe bleibt und die Erzählung weiter mit erleben kann.

Offline Whisp

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #2 am: 14.09.2019 | 23:44 »
Es geht ja darum eine Geschichte zu erzählen.  Also welche plausible Lösung fällt uns ein, das der Charakter trotz Ethikdillemma bei der Gruppe bleibt und die Erzählung weiter mit erleben kann.

Ja das stimmt. Aber dennoch habe ich eine Riehe solcher Situationen erlebt. Es muss nicht der "Tod" bzw. die Unspielbarkeit eines SCs sein. Die Situation mit dem Dorf (Menschenlebenretten vs Loot) ist so eine. 
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Offline Derjayger

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #3 am: 14.09.2019 | 23:52 »
Nach meiner Erfahrung geht Char-Moral flöten, sobald der Char eine zu hohe Strafe erhalten würde. Diese Grenze hab ich bei allen meinen Mitspielern beobachtet.
Wo diese Grenze liegt, ist eher individuell, wobei "du bist raus" immer eine war.

Selbst bei mir, obwohl ich ultra hardcore play to find out betreibe (spiele auch mit Spaß Brettspiele im Multiplayer alleine). Das Char neu bauen oder nicht mehr mitspielen sind mir zu hohe Preise, die ich nicht gern zahle. Sowas wie "alle Ausrüstung permanent verlieren" kann ich aber gern ab.

Fivebucks nennt oben die entscheidende Frage, die unbedingt von jemandem gestellt werden sollte in so einer Situation (und nein, die ist nicht selbstverständlich, da kommt fast niemand drauf am Tisch).

Am Rande: Eine vegane Freundin von mir blüht immer auf, wenn ihre Barbarin Tiere schnetzelt.
« Letzte Änderung: 14.09.2019 | 23:57 von Derjayger »
D&D 5E Quick-Combat (Mechanik, um Kämpfe erzählerisch und schnell als Group-Check abzuhandeln) -> wieder online

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Offline Whisp

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #4 am: 15.09.2019 | 00:12 »
Nach meiner Erfahrung geht Char-Moral flöten, sobald der Char eine zu hohe Strafe erhalten würde. Diese Grenze hab ich bei allen meinen Mitspielern beobachtet.
Wo diese Grenze liegt, ist eher individuell, wobei "du bist raus" immer eine war.

Genau das habe ich schon anders herum erlebt. Der Spieler war da recht "hardcore" und der tatsächlich geliebte SC wurde dann zum NSC. Er hat dann einen Char aus dem Gefolge der Person gespielt.

Später gab es dann aber einen Game-Shift im Sinne von Abenteuer-Gruppe ade und eher "Elite-Einsatz", da auch die anderen Chars langsam mächtig und beehrt wurden. Das war zu dem Zeitpunkt aber nicht klar.

Es mit "individuell" zu beantworten finde ich grad interessant. Natürlich ist da Varianz, aber die Frage wäre: wie groß ist die? Und wann kollidieren in-game und out-of-game Moral derart, dass es zum PRoblem wird. Oder wird es nie zum Problem?

 

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Offline Tudor the Traveller

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #5 am: 15.09.2019 | 00:30 »
Ich sehe noch nicht, was das mit Ethik oder Moral zu tun hat. Das sind alles lediglich Interessenkonflikte zwischen den Motiven der Spieler und den festgelegten oder zumindest plausiblen Motiven der Figur. Letztere sind aber relativ unverbindlich und stehen einem meiner Meinung nach nur im Weg, wenn die Gruppe darüber keinen Konsens findet.
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AngeliAter

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #6 am: 15.09.2019 | 00:58 »
Stimme Tudor zu, hier soll ein Spieler über eine Outgame-Sache abstimmen indem er ingame handelt. Sowas hat nichts mit Moral oder Ehtik zu tun sondern einfach mit der Frage "Soll mein Freund noch mein Freund bleiben oder ist es mir wichtiger für 5 Minuten rollengerecht gespielt zu haben?".
Streng genommen ist die Sache noch nicht einmal eine freie Entscheidung sondern ein Hinterntritt vom SL.

Aber die Frage, ob ein Spieler sich von seiner eigenen Moral/Ehtik trennen und seinen Char komplett anders spielen kann sollte mit einem einfachen Blick auf dem Killcount geklärt sein. Die wenigsten von uns dürften rl als "Massenmörder mit guten Absichten" gelten.

Offline Feuersänger

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #7 am: 15.09.2019 | 03:50 »
Zu deinen 3 Beispielen:

1: Recht über einen Dieb sprechen. Das kann man nicht so im luftleeren Raum betrachten. Für mich liefe es (auch als Paladinspieler) darauf hinaus: ist der Dieb(spieler) ein geschätztes Mitglied der Gruppe, der halt mal hie und da seine Fingerchen nicht bei sich lassen kann aber ansonsten gut zum Gruppenerfolg beiträgt? Oder ist er ein toxischer Egoist, der mit seinem Mein-Charakter-Ist-Halt-So allen auf den Sack geht und eher eine Belastung für die Gruppe darstellt?

Wenn ersteres, wäre mein Urteil als "richtender Paladin", dass der Dieb den Schaden begleichen muss und zur Bewährung unter die Aufsicht der Gruppe (bzw des Paladins) gestellt wird. Die "Roy und Belkar" Lösung.
Wenn zweiteres, sollten natürlich zunächst mal OOC-Interventionsmechanismen greifen, aber wenn diese nicht fruchten, dann werden eben entsprechende Konsequenzen gezogen. Meines Erachtens ist man eh ohne solche Mitspieler besser dran.

--

2: solche Dilemmata mag ich gar nicht, denn damit bringt man den Spielern nur bei, dass sie in den Arsch gekniffen sind wenn sie Gute, altruistische Charaktere spielen. Sie tun vielleicht in dem Moment was man von ihren Charakteren erwarten würde, aber die Konsequenz ist dann meistens, dass die nächste Garnitur aus skrupellosen Opportunisten besteht.

3: Seh ich nicht das Problem. Why not both? In AD&D (und evtl auch noch älteren D&D-Editionen) ist es sogar explizit so vorgesehen und im Regelwerk verankert, dass etwa ein Fighter auf der 9. Stufe zum Lord wird und ein Lehen oder sonstiges Herrschaftsgebiet erhält. So wie der Priester seinen eigenen Tempel, der Dieb seine eigene Gilde usw. Das tut der Abenteurerkarriere überhaupt keinen Abbruch; der Fokus verschiebt sich halt wahrscheinlich.
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Offline Bildpunkt

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #8 am: 15.09.2019 | 05:52 »
OOC?
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Offline Roach

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #9 am: 15.09.2019 | 07:00 »
OOC - Out of character.

Wobei, wenn der Spieler des Diebes ein "Mein Charakter ist nun einmal so"-A* ist und womöglich die Gruppe schon mehrere Male mit dieser Ausrede in die Sch* geritten hat (denn so jemand tut das nicht nur einmal), hätte ich ehjrlich gesagt auch keine Priobleme als Paladin-Spieler ihm klarzumachen "Du bestehst immer darauf, dass wir uns darauf einlassen, dass er nunmal so ist. Nun erwarte ich nur, dass du, quid pro quo, mir das gleiche zugestehst - und mein Charakter ist nunmal so, da habe ich auch nie einen Zweifel dran gelassen..."

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #10 am: 15.09.2019 | 07:50 »
Es geht ja darum eine Geschichte zu erzählen. 

Nein, geht es nicht - zumindest in der so postulierten Allgemeingültigkeit.

Ansonsten alles schon erlebt.

1.) Rollenrisiko und ggf. eine Frage der Gruppenzusammenstellung von Anfang an.
2.) Umsonst gibt es eben nichts. Wer edel sein will, muss eben auch mal leiden.
3.) Ist doch ein stylischer und positiver Abgang. Und die Figur ist ja auch nicht komplett aus der Welt und dann ggf. Fokus späterer Abenteuer. 




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Online 1of3

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #11 am: 15.09.2019 | 08:29 »
Du sprichst im ersten Absatz von einem Projekt und Mitstreitern. Was ist das für ein  Projekt und was willst du getan haben?

@Feuersänger Altruisten können genauso gut die Schatzkammer nehmen. Sie müssen nur argumentieren, dass sie mit dem Inhalt viel mehr Leute retten können.
« Letzte Änderung: 15.09.2019 | 08:32 von 1of3 »

Offline Feuersänger

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #12 am: 15.09.2019 | 08:43 »
Also, das ist ja mal so krass Anti-Deontologisch, dass selbst der Utilitaristenpapst vor Neid erblassen muss.  >;D

Wo der Deontologe sagt "Nein, wir dürfen keinesfalls 10 Leute unter den Bus werfen um 1000 zu retten; es könnte ja sein dass noch irgendein Wunder geschieht" sagst du "Scheiss auf die 10 UND die 1000, könnte ja sein dass irgendwann irgendwo irgendeine noch größere Gruppe gerettet werden will".
No frickin way.  >;D
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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #13 am: 15.09.2019 | 09:12 »
Kennst du die Erzählung 3 Worlds Collide von Yudkowsky? Das ist die reine Lehre.

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #14 am: 15.09.2019 | 09:13 »
Wenn das Weltrettungsartefakt in der Schatzkammer ist, wäre das was anderes?
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Offline Whisp

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #15 am: 15.09.2019 | 09:19 »
Du sprichst im ersten Absatz von einem Projekt und Mitstreitern. Was ist das für ein  Projekt und was willst du getan haben?

Mir schwebte da ein Austausch (erfolgt grad :) )  ne Umfrage dazu oder sowas vor. Wär doch mal was ... Die Diskussion zeigt mir, dass das Thema doch nicht so einheitlich und eindeutig ist, wie es manche wahrnehmen.

Der Terminus Anti-Deontologie gefällt mir :)
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #16 am: 15.09.2019 | 09:40 »
Meine Frage ist: wie reagiert der Spieler des Paladins nun = beugt er sich der Rolle oder dem Peer Pressure des Real-Life? 
Ich denke, da wird es solche und solche geben, aber ich fände es mal interessant, es sich anzusehen, auch wie es sich abhängig von Rollenspielerfahrung, Geschlecht, gefühltem immersionsgrad und Alter verhält.

Also für mich hängt das alleine vom Kampagnenstil ab. Wenn PvP explizit erlaubt ist oder der Thema der Kampagne ist jegliche Situation so simulativ wie möglich auszuspielen, dann mag der Kopf rollen. Wohl auch wenn der Spieler explizit die Erlaubnis gibt. Aber solange das nicht der Fall ist, ruiniert man einem Mitspieler eigentlich nicht den Spielspaß.

Beispiel 2
Eine Abenteurergruppe hat die Wahl zwischen dem Retten eines Dorfes vor einer Orkhorde und der Gelegenheit eine transdimensionale Schatzkammer mit Massen an Loot (Gold, Wissen, Geheimnisse) zu besuchen (Zeitfaktor erlaubt nur eines).

Hängt vom Charakter der PCs ab.

Beispiel 3
Ein erfahrener Ritter erhält vom König für seine Abenteuer die Belohnung eines Grafentitels und ein eigene Lehen. Fürs Spiel wäre er raus, wenn er das Angebot annimmt. Die Rolle ist aber klar, die eines Adligen und von der Hintergrundgeschichte darauf zugeschnitten Graf zu werden.

Auch Grafen können extensiv Reisen unternehmen. ;) Aber nehmen wir mal an, dass der PC an den Hof des Königs gerufen wird. Es ist okay, wenn der Beinahe-Graf es sich anders überlegt - manchmal überlegen sich es Brautleute kurz vor der Trauung auch anders. Wenn der Spieler am PC hängt, dann weiter mit dem PC. Ansonsten gibt's einen neuen NPC-Grafen.
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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #17 am: 15.09.2019 | 09:55 »
Ich würde auch einigen meiner Vorposter zustimmen und sagen, daß eine Kollision zwischen In- und Out-of-Character-Interessen erst mal nix direkt mit "Ethik" und "Moral" zu tun hat. Die Weltanschauung meines Charakters ist (wenn sie und ihn mir nicht gerade jemand mit vorgehaltener Pistole aufgezwungen hat -- und natürlich immer vorausgesetzt, daß er überhaupt eine hat, die sich von meiner nennenswert unterscheidet) einfach so, wie sie ist, weil ich sie für interessant hielt und selbst so haben wollte; solange also mein Charakter sich nicht gerade selbst in einer ethisch/moralischen Zwickmühle wiederfindet, die ich stellvertretend für ihn knacken soll, sondern seine Entscheidung bei konsequentem Ausspielen eigentlich schon von vornherein klar ist, gibt's da zwischen ihm und mir an dieser speziellen Front auch kein Konfliktpotential. Die Frage "Spiele ich meinen Charakter hier so, wie er 'ist', oder ordne ich die Rollentreue den Interessen der anderen Spieler(*) unter?" ist für mich einfach keine besonders mit Charaktermoral belastete.

(*) Letzten Endes geht es hier ja meistens darum. Solange ich nur selbst betroffen bin, gilt im Zweifelsfall immer noch "mein Charakter, mit dem kann ich machen, was ich will" -- erst, wenn die Dimension "ja, aber reite ich damit auch noch jemand anders in die Sch...?" dazukommt, muß ich mein Gehirn eigentlich überhaupt anwerfen.

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #18 am: 15.09.2019 | 10:00 »
Finde ich nicht so einfach beantwortbar.
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Cooles Ingamedilemma, wenn der Spieler des Diebes mitspielen will. Konformität mit den eigenen Moralvorstellungen vs. Freundeskreis.
Kann aber durchaus auch Arschlochverhalten vom SL sein. ("Du spielst nen Paladin. Mal sehen, ob Du WIRKLICH einen Paladin nach meinen Vorstellungen spielst.")
Je nach genauen Kontext gibt es durchaus nen ganzen Haufen an Möglichkeiten, wie der Spieler sich rollengerecht verhalten kann, ohne den Dieb über die Klinge springen zu lassen.
Wie würde ich da reagieren? Kommt auf den Kontext und die Tagesform an.
Zitat
Beispiel 2
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Auch hier wieder Kontext! Wie kam es zu der Situation? Welche Folgen hat die jeweilige Entscheidung?
Für mich gäbe es da z.B. die Möglichkeit eine Schwäche des Charakters auszuspielen, die die Gruppe normalerweise nicht sprengt. (Ausser das Dorf ist das Dorf eines Mitcharakters und der Spieler des Charakters personifiziert sich mit dem Charakter)
Zitat
Beispiel 3
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Ist er denn dadurch wirklich komplett raus? Der Graf eines Gebietes hat extrem viel Macht in diesem Gebiet und bestimmt damit das Miteinander dort. Das Verhalten gegenüber der restlichen Abenteuergruppe wird uU durch das Verhalten des Grafens mitbestimmt. Auch begibt sich der Graf selber gerne mal aus der Burg raus. Da sind ne Menge Abenteuerideen drin.

Insgesamt bin ich aber sowieso der Meinung, dass es für viele Situationen Verhaltensalternativen für die Charaktere gibt. Das sind schliesslich keine Roboter mit digitalem Verhalten, sondern Wesen, die nicht immer konsequent eine Art von Verhalten erlauben. Bedarf allerdings dann ein bisschen Vorbereitung auf Spielerseite.
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #19 am: 15.09.2019 | 11:02 »
Also für mich hängt das alleine vom Kampagnenstil ab. Wenn PvP explizit erlaubt ist oder der Thema der Kampagne ist jegliche Situation so simulativ wie möglich auszuspielen, dann mag der Kopf rollen.
SC vs SC o  =l  PvP
Zitat
Aber solange das nicht der Fall ist, ruiniert man einem Mitspieler eigentlich nicht den Spielspaß.
stimmt, warum hat der Dieb dann nicht seine Finger von fremdem Geraffel gelassen, denn den SC eines anderen in die Glaubwürdigkeitszwickmühle zu pressen und dann zu erwareten der verbrennt seinen Charakter ist genauso Spielspaß ruinierend

Das Problem mit dem Grafen ist eine philosphische/ethische  Problemstellung, praktisch ist es einfach nur albern und lachhaft.
Das Lehen kann auch ein Vogt, Gatte etc. verwalten.
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #20 am: 15.09.2019 | 11:32 »
SC vs SC o  =l  PvP

Pah, Feinheiten!

stimmt, warum hat der Dieb dann nicht seine Finger von fremdem Geraffel gelassen, denn den SC eines anderen in die Glaubwürdigkeitszwickmühle zu pressen und dann zu erwareten der verbrennt seinen Charakter ist genauso Spielspaß ruinierend

Nö, sehe ich nicht so. Wenn es eine Runde mit Dieb und Paladin, aber ohne PvP, ist, dann erwartet der GM offensichtlich, dass die Spieler einen Modus Vivendi finden. Der Dieb diebt und der Paladin paladint ohne sich zu sehr in die Quere zu kommen. Wenn der Dieb dann beim Beklauen von NPCs erwischt wird, ist das normales Berufsrisiko für einen Charakter dieser Klasse. Solange er keine Gruppenmitglieder beklaut (auch eine Form von PvP), sehe ich den Paladinspieler da schon selbst in der Verantwortung aus der Zwickmühle herauszukommen - oder halt die Weltsicht seines Charakters nochmal grundlegend zu überarbeiten.

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Offline Rorschachhamster

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #21 am: 15.09.2019 | 11:43 »
Hmmm. Also, erstmal zu den Beispielen:

1: Gibt es eine codifizierte Rechtsnorm, nach der der Dieb zwangsweise in einer bestimmten Art und Weise abgeurteilt werden muß? Eher Modern als klassisch Fantasy diese Vorstellung. Also vollkommen legitim, wenn der Paladin/Geweihte den anderen SC zu einer Bußhandlung oder einer Strafzahlung oder einem Zwangsdienst verurteilt, vielleicht unter eigener Aufsicht. So gibt es Spannung unter den Charakteren, aber nicht unter den Spielern, etwas erwachsenen Umgang damit vorausgesetzt.
Selbst unter einer modernen Rechtsauffassung hat ein Richter meist eine Menge Spielraum, also... sollte das kein Problem per se darstellen.  8)

2: Ist dieses Extrembeispiel wirklich ein Ethisches Problem? Doch erst wenn die Waffe, die benötigt wird, um die böse Macht hinter der Orkhorde zu besiegen, vielleicht in dem Lootbag ist. Oder es 100%ig sicher ist, das die Orkhorde auch wirklich genau dieses Dorf angreift. Weil die SC ja wohl kaum die einzigen sind, die sich um die Orkhorde kümmern könnten, oder vielleicht weil die Handlanger des Bösen auch Zugriff zum Lootbag haben... etc.pp. Das ist erstmal eine Entscheidung, die von den Umständen abhängt. Ohne Kontext, will sagen das die Spielercharaktere weder eine generelle Verpflichtung noch eine Beziehung zu dem Dorf haben - Lootbag, warum auch nicht? ;)

3: Öh, als alter AD&Dler seh ich das nicht als Problem, sondern als normale Entwicklung des Charakters... Er wäre definitiv nicht raus. ;D

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DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline KhornedBeef

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #22 am: 15.09.2019 | 11:48 »
Ich weiß auch noch nicht, wo das hinführt, aber zumindest Beispiel 2 passt ja zu dem Thema, dass du oben beschreibst. Den Gruppenfrieden kann man aber oft nicht aus der Überlegung heraus lassen.
Ich würde bei Beispiel 2 meinen Charakter streng nach seiner Ethik, nicht nach meiner, Handeln wollen lassen. Ich würde mich aber als Spieler bemühen, das im Sinne gemeinsamen Spiels auszugestalten.
Vielleicht kommst du beim vorangestellten Thema weiter, wenn du Solo-Rollenspiel betrachtest.
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Offline Der Läuterer

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #23 am: 15.09.2019 | 12:15 »
Ich habe eine ganze Weile einen Paladin in AD&D geführt und es war (kein) selten Spass.

Mal davon abgesehen, dass er in allen Belangen schwächer als der Duel Class Fighter/Cleric der Gruppe war und als Heiler bzw. Priester wenig taugte, hatte ich immer dieses moralische Damoklesschwert über mir.

Nicht nur, dass wir uns über die Lösung des Plots Gedanken machen mussten, es musste auch immer im Konsens mit dem Guten sein. Das schränkt die Handlungfähigkeiten sehr ein und, ganz ehrlich, es macht das Spiel auch öde.

Des Weiteren hatte ich das Problem, dass ich den Höchstwert 18 in Charisma gesteckt hatte, aber dennoch von jedem Bauern angepöbelt und dumm angemacht wurde. Okay, das ist ein SL Problem. Dennoch unangenehm.

Zum Dieb. Generell hatten wir sehr gemischte Alignments in der Gruppe, obwohl ein Paladin nur mit einer 'guten' Gruppe losziehen würde, glaube ich. Würde er?
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Nur wenige Menschen sind stark genug, um die Wahrheit zu sagen und die Wahrheit zu hören.
- Luc de Clapiers Marquis de Vauvenargues -

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Re: Ethik und Rollenspiel
« Antwort #24 am: 15.09.2019 | 12:59 »
Zu den Beispielen...

Nummer 1: Hier haben wir es mit einem Fall von allgemeinem Gruppenversagen zu tun. Es kann doch von vornherein nicht im Sinn der anderen SC (nicht nur des Paladins) sein, wenn der Dieb einfach so von sich aus unkontrolliert wildfremde Leute bestiehlt -- das fällt doch bloß auf alle anderen Gruppenmitglieder mit zurück, weil die mit ihm ja offensichtlich unter einer Decke stecken! Warum hat der Rest der Mannschaft also dem Kerl erstens nie verklickert, daß er das nicht machen soll, und ihm dann zweitens auch nie zumindest mal gelegentlich unter "zu verführerischen" Umständen vorsichtshalber auf die Finger gesehen?

Nummer 2: Kontext, bitte. Generell würden die meisten Charaktere, die ich so spielen würde, im Zweifelsfall eher die Orkhorde vor den wilden Dörflern retten (oder wie das noch mal gleich war); Gelegenheiten zum Sinnlos-reich-werden bieten sich auch anderweitig noch genug, da hält sich der Zeitdruck also selbst dann in Grenzen, wenn sich diese bestimmte Schatzkammer nur alle tausend Jahre für einen einzigen Tag öffnet. Die wesentliche Ausnahme wäre, wenn ich nur genau dort etwas finden könnte, was mir die Dorfrettung (oder etwas für den Rest der Welt noch wichtigeres) überhaupt erst ermöglichen würde...

Nummer 3: Ein Adelstitel mit Lehen soll bedeuten, daß der Charakter aus dem Spiel raus ist? *prust* *wieher* Mann, historisch betrachtet mußte man schon praktisch adlig oder zumindest "wohlhabend höhergestellt" sein, um überhaupt frei nach Schnauze auf so was wie Abenteuer ausziehen zu können -- "Gewöhnliche" hatten dazu, wenn sie nicht gerade die Not getrieben hat (und das ist wiederum eine Motivation, die man unter SC eher selten zu finden scheint), normalerweise gar nicht die Zeit und Mittel! Der Charakter müßte also eigentlich jetzt erst gerade zur Hochform auflaufen!