Autor Thema: [HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter  (Gelesen 7502 mal)

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Offline Chiarina

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[HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter
« am: 15.09.2019 | 23:01 »
Endlich kommt unsere HeroQuest Kampagne in Gang. Wir spielen die "The Eleven Lights" Kampagne mit Figuren aus dem Clan der roten Kuh, wie es in der Settingbeschreibung "The Coming Storm" vorgeschlagen ist.



Hintergrund

Unsere Kampagne beginnt mit einem Prequel Ende 1617. Sartar ist vom lunaren Imperium besetzt. Der Clan der roten Kuh gehört dem Stamm der Cinsina an, dieser wiederum ist Teil des Königreichs Sartar. In der größten Siedlung des Clans, dem Fort der roten Kuh, geht das Leben weiter, so gut es unter den fremden Herren eben möglich ist. Im Zentrum der Siedlung steht eine Festung, von der aus die lunaren Besatzer ihre Kontrolle über den Clan ausüben. Die Verehrung des wichtigsten Gottes in Sartar, Orlanth, ist den Bewohnern untersagt. Außerdem bemüht sich das lunare Imperium Konvertiten für ihren Kult der Sieben Mütter zu gewinnen. Die Clans ächzen unter den Tributen, die sie an das lunare Imperium entrichten müssen.

Der Clan der roten Kuh ist gegenwärtig in eine Blutfehde verstrickt. Einer der üblichen Überfälle des nördlich ihrer Ländereien beheimateten Clans der Smaragdschwerter, bei denen das Vieh der Nachbarclans gestohlen wird, ist vor zwei Jahren außer Kontrolle geraten. Die Smaragdschwerter zündeten Tormakts Farm, das Gut von Kangharl Schwarzstirn, an, in dem einige Frauen und Kinder verbrannten. Obwohl sich Broddi Sippenstark, der Häuptling des Clans der roten Kuh, mit Duruvan dem Fetten, dem Häuptling der Smaragdschwerter, auf eine Wergeldzahlung einigte und den Streit beilegte, hat Kangharl Schwarzstirn, der bei dem Massakker auch seine Frau verlor, das Abkommen nie akzeptiert. Er besteht darauf, seine Ehre mit Blut wiederherzustellen. Anfang des Jahres 1617 führte er einen Vergeltungsüberfall auf die Ländereien der Smaragdschwerter an. Vordergründig ging es auch dabei zunächst einmal um die Viehbestände des Feindes. Der an dem Raubzug teilnehmende Jarstak Bürstenbart, ein Leibwächter des Häuptlings Broddi Sippenstark, tötete dabei allerdings Torath Seidenhose, einen Mann der Smaragdschwerter. Nach diesem Ereignis waren alle Abkommen null und nichtig. Rostakus Doppelbandit, der Waffenmeister der Smaragdschwerter, verabredete sich mit Jordarn, dem Rassler, Waffenmeister des Clans der roten Kuh, im nahegelegenen Hasardfurt um die Fehde dort in Form eines Duells beizulegen. Vor einer guten Woche tötete Rostakus Doppelbandit bei diesem Duell Jordarn, den Rassler. Die Auseinandersetzung ist inzwischen unter dem Namen Seidenhosenfehde bekannt und in vollem Gange.

Spielerfiguren

Die Kampagne startet mit sechs Angehörige des Clans der roten Kuh, die sich in diesen turbulenten Zeiten im Fort des Clans oder in nahegelegenen Siedlungen befinden und in die folgenden Ereignisse hineingezogen werden.

Engerim (Runen: Luft, Leben, Glück), ein wissbegieriger Tischlerlehrling. Er wohnt im Fort der roten Kuh bei seinem Meister Derik Holzschnitzer. Seine Eltern sind verstorben, daher muss er auf seine jüngere Schwester Kjelvor aufpassen.

Finfin Ohnebart (Runen: Luft, Harmonie, Sartar), ein tierlieber Viehhirte. Er wohnt im Örtchen Grünweide bei dem Gutsherrn, für den er arbeitet. Seine Eltern wohnen im Fort der roten Kuh. Finfin ist gutgläubig und wenig kriegerisch und steht daher etwas im Schatten seiner starken Schwester Ida, die die Kriegergöttin Vinga verehrt und sich bereits einen Platz unter den Kriegern des Clans sichern konnte. An Finfins Seite findet sich oft sein Aluchs Mikyra, der ihn beim Viehhüten unterstützt.

Orldes (Runen: Luft, Stasis, Wahrheit), ein neugieriger Schreiber. Er wohnt beim Geistermagier Barmast etwa eine Stunde südlich vom Fort der roten Kuh. Orldes ist Sohn eines Händlers und die einzige Spielerfigur, die ursprünglich nicht aus dem Clan der roten Kuh stammt. Sein Vater hat ihn auf lange Handelsreisen mitgenommen bis Orldes größter Nachteil sichtbar wurde. Als der Junge etwa 1 Meter groß war hörte er zu wachsen auf. Die Kunden von Orldes Vater lachten über ihn, manchen war er auch nicht ganz geheuer, in jedem Fall wirkte sich seine Anwesenheit nicht unbedingt vorteilhaft für die Geschäfte seines Vaters aus. Daher wurde Orldes bei einem Besuch im Clan der roten Kuh vorläufig im Haus des Geistermagiers Barmast untergebracht. Der unheimliche Mann fasste Zuneigung zu dem Zwergenwüchsigen und fertigte für ihn einen Talisman an, mit dem Orldes Illusionen heraufbeschwören konnte. Später verschlug es Orldes nach Jonstadt, wo er längere Zeit in der bekannten Bibliothek verbrachte und die Mythen und Sagen der Völker von Sartar studierte. Schließlich kehrte Orldes zum Clan der roten Kuh zurück, wo es ihm gelang, dem Häuptling Broddi Sippenstark zumindest hin und wieder mit guten Ratschlagen zur Seite zu stehen. Orldes ist der erste Schriftkundige des Clans und dabei, die Überlieferungen, Verträge und wichtige Abkommen des Clans schriftlich festzuhalten.

Barmast (Runen: Luft, Tod, Geist), ein unheimlicher Geistermagier aus der Sippe der Sarostiping. Er wohnt etwa eine Stunde südlich vom Fort der roten Kuh. Barmast hat schon kurz nach seiner Initiation seine Veranlagung für die Geisterwelt erkannt. Im Clan gab es allerdings niemanden, der ihn in diesem Bereich ausbilden konnte. Barmast verließ daher den Clan der roten Kuh, um einen Lehrmeister zu finden. Auf seinem Weg begegnete er in einem Wald einem Angehörigen der Telmori Wolfsmenschen, der von einer großen Schlange angefallen wurde. Instinktiv attackierte Barmast diese Schlange mit seiner ungezügelten Geisterkraft, worauf sie zurückwich. Der gerettete Schamane erkannte die Kraft in Barmast, nahm ihn mit zu seinen Schwestern und Brüdern und bildete ihn zum Geistermagier aus... dabei erfuhr er, dass es sich bei dem Geretteten um Kostajor Wolfsstreiter, den berühmtesten Krieger und Schamanen der Telmori Wolfsmenschen, handelte. Kostajor ist für sein Rudel auch als Schamane tätig und erkannte Barmasts Potential. Er nahm ihn mit zu seinen Brüdern und Schwestern und bildete ihn zum Geistermagier aus. Einige Telmori beäugten Barmast allerdings misstrauisch und lehnten sich gegen seine Anwesenheit in ihrem Rudel auf. Irgendwann war die Lage nicht mehr haltbar und Kostajor bat Barmast, die Telmori zu verlassen. Barmast glaubte genug gelernt zu haben und kehrte zum Clan der roten Kuh zurück, wo er seinen Unterhalt damit verdient, dass er Kontakt zu den Verstorbenen und Ahnengeistern aufnimmt. Zu ihm kommen opferbereite Hinterbliebene, die mit ihren verstorbenen Lieben sprechen wollen, und Clanmitglieder, die sich von Geistern heimgesucht fühlen.

Mersyn (Runen: Erde, Bewegung, Bär). Mersyn ist die Gehilfin von Frekor Tiefwald, dem Geweihten des Gottes der Jäger Odayla. Sie wohnt im Fort der roten Kuh auf der Ostseite im Haus ihrer Eltern. Mersyn ist für die rituellen Schlachtungen des Clans zuständig und deshalb auf allen Zeremonien ein gern gesehener Gast. Mersin besitzt einige Schwestern und ist öfter unterwegs, um ihre verstreute Verwandtschaft zu besuchen. Manchmal begibt sie sich auch auf Handelsreisen. In Wahrheit sind diese Reisen aber nur vorgeschoben. Mersyn ist ein junges Mitglied der Rebellen gegen die lunare Besatzung und sieht es als Schmach an, dass ihr Clan unter der lunaren Besatzung Orlanth nicht mehr verehren kann. Weil sie sich nach einem freien Sartar und der Möglichkeit einer freien Religionsausübung sehnt, unternimmt sie im Auftrag der Rebellen Botengänge und andere Reisen zu Mitgliedern und Sympathisanten.

Jhorn (Runen: Luft, Bewegung, Ewiger Kampf). Jhorn ist 24 Jahre alter freiheitsliebender Jäger und Waldläufer aus der Sippe der Osmanning. Er lebt im Örtchen Weißwasser. Er musste miterleben, wie sein Vater und sein Bruder bei einem Überfall der Telmori Wolfsmenschen ermordet wurden und leidet unter diesem Erlebnis noch heute. Seine Familie wurde seitdem von seiner Mutter und seiner Schwester geführt. Er hat sich währenddessen als Jäger spezialisiert, führt aber auch noch das Runenschwert "Wolfstöter", ein Erbstück seines Vaters. Nach dem Tod seines Vaters zeigte sich Jhorn zunächst kaum, hatte einen düsteren Blick und sprach nicht. Inzwischen hat sich seine zurückgezogene Art allmählich etwas gelegt. Jhorn schätzt den in der Nähe lebenden lunaren Landbesitzer Jomes Hostralos, weil er mit seinen Männern ein Bollwerk gegen die Telmori bildet, er betrachtet die lunaren Besatzer aber gleichzeitig mit einem gewissen Argwohn, weil er die mit ihnen verbundenen Nachteile für seinen Clan auch erkennt. Auch Jhorn besitzt einen jungen Aluchs namens Yinks als Tiervertrauten.

Nach zwei Abenteuern verlassen uns die Spieler von Engerim und Finfin, deren Figuren nun ein geruhsameres Dasein als  Nichtspielerfiguren führen werden. Dafür gesellt sich eine neue Figur zu den Spielerfiguren dazu:

Broakhar Sonnenschild (Runen: Luft, Bewegung, Meisterschaft). Broakhar ist ein 25 Jahre alter Leibwächter des Gutsherrn Rostaval der Unartige. Neben seinen guten Kampffertigkeiten betätigt er sich außerdem noch gern in der Herstellung von Schilden, die üblicherweise aus Holz sind und mit Leder bespannt werden. Hin und wieder stellt er auch ein Schild mit Bronzefassung her. Zu diesem Zweck arbeitet er dann mit Willandring, dem Riesen zusammen, der im Fort der roten Kuh aufgrund seiner durchtrennten Fußsehnen ein armseliges Dasein fristet und sich nur hin und wieder auf einem großen Rollwagen durch die Gegend schiebt. Das außergewöhnlichste Schild des Clans besitzt aber Broakhar selbst. Es ist ein reines Bronzeschild, in das Runen eingraviert sind. Broakhar stammt aus der Tormakting Sippe und ist mit der Heilerin Ustarna Tatenreich verheiratet.

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Wie sich leicht erkennen lässt, sind die Spielerfiguren sehr unterschiedlich detailliert ausgearbeitet. Das System macht das möglich. Letztlich sind die Spieler ähnlich unterschiedlich. Einige sind schon mitten drin im Setting, andere blinzeln noch etwas verdutzt mit den Augen. Macht nichts.

Ein paar Angaben fehlen noch, ein paar Dinge sind auch noch nicht festgelegt. Ich werde sie beizeiten hier nachtragen.
« Letzte Änderung: 11.04.2020 | 15:23 von Chiarina »
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1617, Prequel: Jordarns Bestattung (Sitzung 1)
« Antwort #1 am: 15.09.2019 | 23:58 »


Es ist der Frosttag der Harmoniewoche in der Dunkelzeit 1617. Wie immer in der Dunkelzeit verbringt die Königin des Stammes der Cinsina, Ivartha Wolfshäuterin, mit ihrem Gefolge ihre Zeit bei ihrem Heimatclan, dem Clan der roten Kuh.

Eine Woche lang war der Leichnam von Jordarn, dem Rassler, in seinem Haus aufgebahrt. Solange dauert es, bis die Seele eines Verstorbenen den Stillen Hof erreicht. Jeder, der wollte, konnte hingehen und dem Toten die letzte Ehre erweisen. Der Herd in Jordarns Haus blieb in dieser Zeit kalt. So ist es üblich.

Nun ist der Tag der Beerdigung gekommen. Vor Jordarns Haus an der Ostseite des Forts der roten Kuh versammeln sich viele Mitglieder des Clans. Engerim, Finfin, Orldes, Barmast, Mersin und Johrn sind auch dabei. Weil der Verstorbene ein wichtiger und bekannter Mann war, haben sich aber auch noch einige illustre Persönlichkeiten eingefunden. Zu sehen sind unter anderem Häuptling Broddi Sippenstark, der Gutsherr Kangharl Schwarzstirn, Jaranil der Donnerer, der Anführer der Leibgarde Broddi Sippenstarks, und sogar Königin Ivartha Wolfshäuterin. Schweigend wird der Leichnam aus seinem Haus geholt und auf eine hölzerne Bahre gelegt.

In dieser Dunkelzeit ist zwar ist noch kein Schnee gefallen, aber es ist bereits empfindlich kalt. In Mäntel und Felle gehüllt bewegen sich die Menschen vom Clan der roten Kuh durchs Dorf. Auf dem Marktplatz werden bereits Vorbereitungen für das Fest getroffen, das nach Jordarns Beerdigung stattfinden soll. Die vier Männer, die den Toten tragen, bringen ihn dort vorbei, aus der Siedlung hinaus und zum Urnenfeld, wo er mitsamt seiner Bahre auf einem Scheiterhaufen abgestellt wird. Unter der Leitung des Gutsherrn Orkarl Eisenbart entzündet Barmast mit ein paar weiteren jungen Männern das Holz. Noch immer schweigend und frierend stehen die Menschen um Jordarns Scheiterhaufen und sehen mit an, wie die Flammen bis zu seinem Körper hinauf züngeln.

Nach und nach wird das Feuer größer und den Menschen vom Fort der roten Kuh wird wärmer. Ein paar Gesichter wirken in Gedanken versunken und erinnern sich möglicherweise an den Verstorbenen und gemeinsame Erlebnisse.

Da tritt die vierjährige Natalsin Farstesdottir an Johrn heran und spricht zu ihm: „Jetzt kommt doch der Moment mit den Grabbeigaben! Schau, was ich für den Toten habe“, worauf sie ihm ein abgebrochenes Jagdmesser in die Hand drückt. „Kannst du nicht dafür sorgen, dass das hier mit in sein Grab kommt?“ Doch Johrn reagiert abweisend. Er antwortet: „Das ist Sache der Angehörigen. Stecke dein Messer wieder ein!“ Geknickt läuft das Mädchen durch die Trauergemeinde und versucht es bei Engerim. Hier zeigt sie eine bunte Tonscherbe vor. Sie bittet Engerim, sich dafür einzusetzen, dass sie diese Grabbeigabe mit in die Urne legen darf. Engerim wendet sich an den Sohn des Verstorbenen, erntet aber nur Unverständnis. „Was soll diese Tonscherbe?“ Jordarns Sohn wirft die Scherbe in den Staub. Dann spricht Natalsin Mersin an. Sie soll dafür sorgen, dass Natalsin dem Verstorbenen eine zerbeulte kleine Kupferflasche auf seinem Weg ins Jenseits mitgeben darf. Mersin wendet sich an die Ehefrau des Verstorbenen. Es ist nicht leicht, die Aufmerksamkeit der trauernden Frau zu gewinnen, schließlich aber murmelt die Frau: „Ich werde sehen, was ich tun kann“, nimmt die Kupferflasche entgegen und steckt sie sich in die Tasche. Am Tag von Jordarns Beerdigung bleibt es für Natalsin bei diesem einen Erfolg. Sie versucht hinterher noch Finfin von der Notwendigkeit zu überzeugen, dass der Tote einen zerrissenen, wenn auch hübsch verzierten, Gürtel mit ins Jenseits nehmen muss und probiert es bei Orldes mit einem Axtkopf ohne Stiel. Die Verwandten des Verstorbenen reagieren aber abweisend und möchten in Ruhe trauern. Zuletzt setzt sich Natalsin ans Feuer neben den unheimlichen Barmast. Sie zeigt ihm eine Knochennadel mit einer kleinen Öse und fragt ihn, ob er glaube, dass Tote im Jenseits hin und wieder nähen müssen. Barmast sagt dem Kind: „Wirf die Nadel ins Feuer. So wie der Leichnam verbrennt und sein Geist ins Jenseits übergeht, so kannst du auch die Nadel verbrennen“. Natalsin schaut Barmast überrascht an und wirft die Nadel ins Feuer.

Allmählich erlischt das Feuer. Jordarns Angehörige holen Schaufeln herbei und stoßen sie in die Asche. Die Asche wird Orlanth übergeben indem sie im Wind verstreut wird. Jordarns Sohn sammelt seine Knochen und andere unverbrennbare Überreste ein und legt sie in eine Urne, die dann zusammen mit einigen Grabbeigaben auf dem Urnenfeld vergraben wird. Natalsin und Mersin beobachten zufrieden, wie eine zerbeulte Kupferflasche mit in die Urne gelegt wird.

Nach der Beerdigung kehren die Menschen zurück ins Dorf und damit in die Gegenwart. Sie beginnen wieder miteinander zu sprechen. Auf dem Marktplatz brennen bereits Feuer. In Kesseln wird eine kräftige Gemüsebrühe und Wein gewärmt. Jordarns Angehörige richten ein Fest aus um zu feiern, dass der Verstorbene zu den Ahnen eingegangen ist, sie selbst aber noch am Leben sind. Die Feiernden preisen das Leben des Verstorbenen und berichten von seinen großen und kleinen Taten.

Schon bald erhebt sich als erste Rednerin Königin Ivartha Wolfshäuterin und spricht: „Werte Brüder und Schwestern vom Clan der roten Kuh. Ein großer Mann hat uns verlassen und ich will den Anlass nutzen, von einem Ereignis zu erzählen, das ich mit ihm gemeinsam erlebt habe. Es war zur Zeit der Wolfsjagd. Ich stand Seite an Seite mit Jordarn, dem Rassler im Wolfsland. Unsere kleine Truppe hatte einen Unterstand errichtet, in dem wir die Nacht verbringen wollten. Ich hatte zusammen mit Jordarn die erste Wache. Es dauerte nicht lange, da begann vielleicht ein paar hundert Meter entfernt ein Wolf zu heulen. Ein zweiter antwortete. Weitere folgten. Wir bemerkten, dass ihre Rufe von allen Richtungen erklangen. Ich stand unter höchster Anspannung, sah aber im dunklen Wald sehr schlecht. Außer dem Heulen der Wölfe ereignete sich nichts. Obwohl ich völlig untätig war, stand mir der Schweiß auf der Stirn. Da erklang plötzlich Jordarns Stimme, vielleicht einen Meter neben mir. Er erzählte mir eine Geschichte aus seiner Kindheit. Damals hatten es zwei oder drei ältere Knaben auf ihn abgesehen. Sie lauerten ihm auf und wollten ihn verprügeln. Die Schläger waren groß und stark und Jordarn hatte Angst vor ihnen. Er rannte davon. Jordarn erzählte mir, dass er als Kind voller Ängste war. Er wurde öfter „Feigling!“ gerufen. Das änderte sich, als Jordarn zum ersten Mal an einem Viehdiebstahl teilnahm. Die Sache ist nicht gut gelaufen. Die Viehdiebe vom Clan der roten Kuh sind erwischt worden. Unter normalen Umständen hätten sie wohl die Flucht ergriffen. Ein Mann hatte allerdings auf dem Weg in ein Kaninchenloch getreten und humpelte, ein anderer war am Rande seiner Kräfte. Jordarn erkannte, dass den beiden die Flucht nicht glücken würde. Das war der Moment, in dem er seine Furcht überwand. Er begriff, dass es hier gar nicht um ihn ging, sondern um den Clan. Da nahm er seinen Speer, trat den Angreifern entgegen und rief seinen Männern zu, dass sie die Stellung um die beiden Angeschlagenen halten sollten. Als mir Jordarn in unserem Unterstand diese Geschichte erzählte, wurde auch ich ruhiger. Mir wurde bewusst, dass jeder von uns das Zeug zum Helden hatte.“ Hier richtet sie ihren Blick auf Broddi Sippenstark, der unruhig auf seiner Bank hin und her rutscht. „Da wusste ich auch, dass wir die Telmori schlagen konnten. Ich leere meinen Krug auf Jordarn, den Rassler, und gedenke dem Mann, der sich selbst zum Helden machte.“ Nach ihrer Rede fällt ihr Blick auf Johrn, dem sie ein aufmunterndes Lächeln schenkt. Die Anwesenden heben ihre Weinhumpen und prosten einander zu.

Emalr, die etwa 11 Jahre alte Enkelin Jordarns, tritt auf Engerim zu und meint bitter, dass ihr Großvater gestorben sei, offensichtlich aber niemand trauere und alle nur darauf aus seien, möglichst viel Wein in sich hinein zu kippen und dumme Witze zu reißen. Emalr ärgert sich und würde am liebsten das Fest verlassen. Engerim erklärt ihr aber in aller Ruhe, dass es ein Fest zu Ehren ihres Großvaters sei. Es sei wichtig, dass sich der Clan an einen so wichtigen Mann erinnere. Genau dies geschehe hier. Emalr betrachtet nachdenklich das weitere Treiben auf dem Marktplatz.

Dann ergreift Häuptling Broddi Sippenstark das Wort: „Männer und Frauen vom Clan der roten Kuh! Jordarn, der Rassler hat uns für immer verlassen. Sein Tod ist für uns alle ein herber Verlust, vielleicht bietet er aber auch eine Chance. Jordarn war sein gesamtes Leben über ein Krieger. Wenn sein Kettenhemd rasselte, wussten seine Gegner, dass sie es mit einem hervorragenden Gegner zu tun bekommen. Unser Clan befand sich aber nicht sein ganzes Leben über im Krieg. Jordarn hat das nicht gestört. Er wusste, dass er dem Clan trotzdem nützlich war, trainierte mit seinen Waffen und arbeitete an seiner körperlichen Verfassung. Obwohl er sich nie zu unüberlegten Handlungen hinreißen ließ hörte sein Kettenhemd auch in Friedenszeiten nicht auf zu rasseln. Die Sicherheit, in der unser Clan in den letzten Jahren wachsen und gedeihen konnte, haben wir zu einem großen Teil ihm zu verdanken, denn unsere Feinde überlegen es sich nicht zweimal, sondern dreimal, unser Land zu überfallen, wenn Männer wie Jordarn zu Verteidigung bereit stehen. Unser Clan braucht Männer wie ihn, die auch in Friedenszeiten für den Krieg trainieren. Unser Clan braucht aber auch Männer, die sich in Kriegszeiten um den Frieden bemühen. Und wir können uns glücklich schätzen, dass unser Clan Männer und Frauen in beiden Bereichen besitzt. Lasst uns versuchen, jedem von uns die Gelegenheit zu geben, seine Stärken in den Dienst des Clans einzubringen. Lasst uns Jordarns Tod zum Anlass nehmen an einem Strang zu ziehen. Und lasst uns als Zeichen dafür unserem Nachbarn an diesem Fest die Hand geben!“ Broddi reicht daraufhin Königin Ivartha Wolfshäuterin die Hand, die diese mit leichtem Zögern ergreift und schüttelt.

Auch Barmast, Engerim, Mersin, Johrn und Finfin schütteln die Hände ihrer Nachbarn. Orldes allerdings steht neben einer weiteren bekannten Persönlichkeit des Clans. Gringle Erntekönig ist das Sippenoberhaupt der Osmanning und bekannt dafür, den Weiler Siebeneichen wieder auf Vordermann gebracht zu haben. Von keinem Ort auf dem Clangebiet ist so viel Pfusch und Schluderei ausgegangen wie von dort, aber seit Gringle Erntekönig und seine Frau Orsa Trollkrämerin dort das Regiment übernommen haben, scheint die Siedlung wieder im Aufwind begriffen zu sein. Orldes weiß außerdem, dass Gringle mit Häuptling Broddi befreundet ist. Man munkelt auch, dass der vom lunaren Imperium gesuchte Orlanthpriester Ashart Abendschlucker hin und wieder bei Gringle und Orsta Unterschlupf findet. Nach Broddis Rede wirft Gringle Erntekönig Orldes ein herzliches Lächeln zu und hebt den kleinen Mann ein wenig in die Höhe: „Der kluge Kopf ist die beste Waffe! Ich bin froh, dein Clanbruder zu sein, Orldes!“ Orldes räuspert sich ein wenig und nickt Gringle freundlich zu.

Dann ergreift Kangharl Schwarzstirn das Wort und spricht: „Männer und Frauen des Clans der roten Kuh! Wir haben einen großen Krieger verloren! Wir sollten ihn in guter Erinnerung behalten. Und wenn wir an ihn denken, sollte uns das auch noch an andere Dinge erinnern. Erstens hinterlässt Jordarn, der Rassler, eine Lücke in unseren Reihen. Wir sollten uns bemühen sie zu schließen. Zweitens brauchen junge Krieger Gelegenheiten ihre Fähigkeiten im Kampf zu trainieren. Der Clan der roten Kuh ist faul und träge geworden. Drittens ist Jordarn keinen natürlichen Tod gestorben. Er wurde provoziert und ermordet. Sein Tod sollte gerächt werden. Viertens befinden wir uns in einer Fehde mit den Smaragdschwertern. Wir sitzen schon zu lange untätig in unseren Häusern. Der Tod des Rasslers sollte nicht umsonst gewesen sein. Er sollte uns aufrütteln. Wer sich wie er für den Clan und die Gerechtigkeit einsetzt, der finde sich mit anderen Gleichgesinnten an den Wildtagen in meiner Halle ein. Hier planen wir unser Vorgehen zur Seezeit im nächsten Jahr.“

Eifrige Hochrufe sind zu hören und Weinhumpen schlagen aneinander. Viele Anwesende zollen Kangharl ihren Respekt. Der fünfjährige Korstar allerdings steht direkt neben Barmast und beklagt sich: „Ich habe einmal in der Nähe von Jordans Kuhweide gespielt. Jordarn hat geglaubt, dass ich das Gatter aufgelassen habe und hat mir eine Ohrfeige gegeben. Dabei war ich es gar nicht. Ich hatte keine Schuld. Kangharl sagt, Jordarn habe sich für Gerechtigkeit eingesetzt. Das kann ich nicht glauben. Er war ungerecht!“ Barmast erklärt dem Jungen ruhig, dass sich Jordarn bei dieser Angelegenheit offensichtlich geirrt habe. Er habe aber auch sehr viele Verdienste. Weil diese Verdienste schwerer wiegen, als Jordarns Fehler, wird er heute geehrt. Korstar hört Barmast zu, nickt unsicher und beginnt nachzudenken.

Schließlich bittet Jaranil, der Donnerer mit erhobener Hand die Versammelten um Ruhe und beginnt zu sprechen: „Liebe Trauergäste. Seht mich an. Ich war stets ein Bewunderer von Jordarn, dem Rassler. Er war für mich Vorbild und Wegweiser. Ich erinnere mich an die das Massaker von Tormakts Farm. Als das Thema in aller Munde war, konnte jedermann leicht das Feuer der Rache in Jordarns Augen lodern sehen. Broddi aber hat damals mit den Smaragdschwertern verhandelt und Frieden geschlossen. Damit war für Jordarn eine Entscheidung gefallen. Seine Loyalität dem Clan und unserem Häuptling gegenüber war so groß, dass er ganz selbstverständlich seine eigene Meinung hinten anstellte. Dann aber wollten Kangharl und ein paar junge Männer zum Viehdiebstahl bei den Smaragdschwertern aufbrechen. Auch Jordarn wurde gefragt, ob er daran teilhaben will. Ich bekam mit, wie Jordarn ablehnte. Er befragte dann aber einen jungen Mann nach dem anderen, ob er sich der Folgen seines Tuns bewusst sei. Immerhin handelten sie gegen den Willen unseres Häuptlings. Ein paar der jungen Krieger überlegten es sich anders und blieben zuhause. Die aber, die entschlossen waren, versammelte Jordarn ein paar Tage vor dem Raubzug um ihnen ein paar Tipps auf den Weg zu geben. Er erzählte ihnen von den Smaragdschwertern, ihrem Gegner, und den strategischen Gegebenheiten ihrer Ländereien. Er zeigte ihnen noch ein paar Tricks im Kampf und bildete sie aus, soweit es die kurze Zeit noch erlaubte. Jordarn hat Broddis Anordnungen nicht gebrochen. Als er aber die Entschlossenheit der jungen Männer sah, unterstützte er wie selbstverständlich auch sie. Wenn wir an den Verstorbenen denken, dann sollten wir auch versuchen verschiedene Mitglieder unseres Clans zu verstehen. Wir sollten begreifen, was wir dem von Broddi herbeigeführten Frieden zu verdanken haben. Wir sollten aber auch verstehen, dass junge Männer Gelegenheiten brauchen um sich zu beweisen. Es muss nicht immer gleich eine Blutfehde sein, aber ein gelegentlicher Viehdiebstahl verhindert, dass die jungen Männer des Clans am Nichtstun verzweifeln und einrosten.“

Die jungen Männer des Clans brechen in Hochrufe aus und das Fest steuert seinem Höhepunkt entgegen. Einige Zeit später läuft eine aufgeregte Mutter durch die Reihen der Feiernden. Es ist Senrella Treublick, die Mutter von Natalsin Farstesdottir. Sie sucht ihre Tochter und findet sie nicht. Daher fragt sie die Feiernden, ob sie sie gesehen haben. Nach und nach kommen auf diese Weise die Clanangehörigen, die mit Natalsin Kontakt hatten, zusammen. Orldes überlegt, ob Natalsin nicht eventuell noch einmal zum Urnenfeld zurückgekommen sein könnte, um ihre übrigen Grabbeigaben auch noch in der Urne zu verstauen. Er sieht mit Finfin, Mersin und Natalsins Mutter nach. Das Mädchen ist dort aber nicht zu finden. Nachdenklich kehren die Suchenden zum Fest zurück. Da bemerkt Finfin, dass es ja letztlich Müll war, den Natalsin dem Toten auf seinem Weg ins Jenseits mitgeben wollte. Woher kann sie den Müll haben?

Schnell fällt den Anwesenden das Kliff am Nordrand des Forts der roten Kuh ein. An diesem Felssporn besitzt die Siedlung keine Mauer. Das steile Kliff, das hier zum Heortbach abfällt, lässt sich vom Gegner im Falle eines organisierten Angriffs kaum erklimmen. Es bietet auch eine gute Aussicht auf die jenseits des Baches gelegenen Ebenen von Donalf. Vor allem aber ist das Kliff der Ort, an dem die Bewohner des Forts der roten Kuh ihren Müll in den Heortbach entleeren. Schnell eilen die Clanmitglieder, die mit Natalsin Kontakt hatten, dorthin. Ihnen bietet sich ein beängstigender Anblick. Natalsin klettert auf halber Höhe halsbrecherisch in den Felsen herum und untersucht die aus dem Gestein gewachsenen Büsche auf hängengebliebenen Müll, der irgendwie interessant aussieht. Senrella Treublick beißt sich vor Angst in die Hand, Finfin aber ruft das Mädchen, das nach oben blickt und sich dabei plötzlich der Gefahr bewusst wird, in der sie schwebt. Die Anwesenden können erkennen, wie es unsicher wird und angstvoll nach einem aus dem Kliff wachsenden Busch greift um sich festzuhalten. Besonders vertrauenserweckend sieht der Busch allerdings nicht aus.

Nun werden die Clanmitglieder aktiv. Johrn beginnt zu dem Mädchen hinabzuklettern. Mersin richtet ein kurzes Gebet an Odayla. Johrn spürt daraufhin, wie sich seine Hände an den Fels anpassen und in seinem Körper ein guter Gleichgewichtssinn entsteht. Es erscheint ihm, als klettere er wie ein Bär und schnell hat er das Kind erreicht. Mit dem angsterfüllten Kind auf den Schultern zurück zu klettern ist allerdings extrem gefährlich. Mersin ruft Johrn zu er möge auf ein Seil warten.

Barmast lässt seinen Geist nach immateriellen Wesen suchen. Er will versuchen den Geist des Busches zu kontaktieren und ihn dazu überreden, ein wenig Widerstand zu zeigen. Stattdessen begegnet er aber dem Geist eines Angreifers, der vor vielen Jahren einmal bei einem Sturz vom Kliff im Heortbach den Tod fand. Der Verstorbene weist Barmast darauf hin, dass sein Leichnam immer noch im Flussbett liege und auf seine Bestattung warte. Barmast verspricht sich darum zu kümmern, verlangt im Gegenzug aber, dass der Geist ein Ausreißen des Busches verhindert. Der Geist verspricht das... aber ob er wirklich tätig wird bleibt ungewiss. Immerhin hält der Busch noch einen Moment.

Am oberen Ende des Kliffs schlägt Engerim einen Nagel in den Fels. Finfin läuft ins Dorf um dort ein Seil aufzutreiben. Quälend lange Minuten ist er unterwegs und kehrt schließlich noch rechtzeitig zurück. Johrn setzt sich mit dem Kind in eine Seilschlaufe und unter größten Anstrengungen ziehen Finfin, Engerim und Orldes die beiden nach oben. Dankbar schließt die Mutter ihr Mädchen in die Arme. Dann erteilt sie ihm eine schallende Ohrfeige.

Grinsend kehren die Retter zum Fest zurück. „Nochmal gut gegangen“, sagt Finfin. „Kommt, wir trinken noch einen Humpen Wein!“

-

In diesem kleinen Prequel wollte ich:
- alle Spielerfiguren wenigsten ein oder zweimal direkt anspielen
- schon mal ein paar zentrale Figuren in Aktion zeigen
- einen kleinen Einblick in das Fort der roten Kuh geben
- im Spiel Hintergrundinformationen über die Seidenhosenfehde geben
- eine Möglichkeit geben, die doch recht unterschiedlichen Spielerfiguren zu gemeinsamem Handeln zu veranlassen.

Da vorher noch Figuren gemacht wurden, durfte das Ganze nicht zu lang dauern. Letztlich haben wir fast zwei Stunden gespielt. Anfangs habe ich viel erzählt, später dann immer mehr die Spieler. Wir haben nur wenig gewürfelt und wenn, dann waren es nur einfache Proben. Ich habe noch keine Hero Points ausgeteilt und auch noch keine Charaktersteigerung zugelassen. Es ist eben wirklich nur ein kleines, atmosphärisches Prequel.

Fünf von sechs Spielern waren im Geschehen. Beim letzten bin ich mir nicht ganz sicher. In zwei Wochen sehen wir uns schon wieder. Schöne Sache!
« Letzte Änderung: 13.10.2019 | 02:05 von Chiarina »
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Re: [HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter
« Antwort #2 am: 16.09.2019 | 08:10 »
Schön geschrieben.

Beim Lesen wirkt es, als gäbe es ein Gefälle im Powerniveau der SC (Handwerker vs. Geistermagier etc.).
ehrenamtlicher Dienstleistungsrollenspieler

Mein größenwahnsinniges Projekt - Eine DSA-Großkampagne mit einem Haufen alter Abenteuer bis zur Borbaradkampagne:
http://www.tanelorn.net/index.php?topic=91369.msg1896523#msg1896523

Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
https://rollenhoerspiel.de/

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Re: [HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter
« Antwort #3 am: 16.09.2019 | 11:20 »
Das ist auch so, aber vielleicht auch nicht so schlimm. Bei dem System kommt es vor allem erstmal darauf an, ob eine Figur überhaupt in Situationen gerät, in denen die eigenen Fähigkeiten hilfreich sein können. Wenn ich etwas erreichen will, muss ich wahrscheinlich irgendeine Fertigkeit anwenden und in der Lage sein darüber eine Geschichte zu erzählen. Solange dem Spieler des Handwerkers genügend Anwendungsbereiche für seine Fertigkeiten einfallen, ist er genauso im Spiel wie der Geistermagier.

Nun ist das Potential der Figuren aber möglicherweise durchaus unterschiedlich leicht abrufbar, das sehe ich auch so. Auch die konkreten Anlagen für Dramatik sind ja sehr unterschiedlich ausgeprägt. Zum Teil liegt das wahrscheinlich an einer unterschiedlichen Spielermentalität, zum Teil liegt es aber auch daran, dass sich die Spieler von Finfin, Orldes und Barmast schon intensiv in die Welt und das System eingelesen haben, die anderen aber eher weniger. HeroQuest Glorantha kennt nur ein paar ganz rudimentäre Mechanismen um für Balance zu sorgen. Den Rest muss eine Gruppe selbst hinbekommen.

Daher sehe ich das, was uns da vorliegt, auch eher als Work in Progress und hoffe darauf, dass die blasseren Figuren noch etwas an Farbe gewinnen. Und dann müssen wir einfach mal schauen, ob es nicht auch ein paar große Momente für Tischler und Viehhirten geben kann!
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 2)
« Antwort #4 am: 29.09.2019 | 15:48 »


Es ist der Lehmtag der Harmoniewoche in der Dunkelzeit 1617. Zwei Tage nach der Beerdigung von Jordan, dem Rassler finden sich die Retter der kleinen Natalsin in deren Haus ein. Sie sind von der glücklichen Mutter zum Abendessen eingeladen. Bei Tisch werden die neuesten Ereignisse diskutiert. Insbesondere die Begräbnisrede von Kangharl Schwarzstirn erhitzt die Gemüter. Der Gutsherr hat Jordans Beerdigung dafür genutzt, die Clanmitglieder zu Tormakts Farm, seinem Hof, zu rufen. Offensichtlich will er dort Krieger um sich versammeln um gegen den Clan der Smaragdschwerter loszuschlagen. Damit aber würde er sich offen gegen Häuptling Broddi Sippenstarks Bemühungen um Frieden stellen... und einer langen, blutigen Auseinandersetzung Vorschub leisten.

Nach dem Essen ist die Stimmung freundschaftlich. Im Herd brennt ein wärmendes Feuer. Ein paar Becher Met haben die Zungen gelockert und einzelne Mitglieder der zusammen gekommenen Gesellschaft sprechen offen über ihre Sicht der Dinge. Mersyn, die Gehilfin des Odaylapriesters Frekor Tiefwald, zeigt sich besorgt. Sie befürchtet, dass eine Auseinandersetzung einzelner Clans untereinander das Königreich Sartar schwächt. Wenn es nach ihr ginge sollten eher Kräfte gesammelt werden, um endlich das Joch des lunaren Imperiums abzuschütteln. Der Viehhirte Finfin Ohnebart reagiert erschrocken. Gegen das lunare Imperium aufbegehren? Das ist doch Rebellion! Die Konfrontation mit den Smaragdschwertern macht ihm aber auch Sorgen. Der Tischlerlehrling Engerim pflichtet ihm bei. Er ist der aktionsfreudigste Anwesende und denkt laut darüber nach, wie sich Kangharls kriegerische Ambitionen sabotieren lassen könnten. Der Jäger Jhorl sieht die Sache etwas anders. Er betont, dass die Smaragdschwerter sich ja bereits sehr eng mit dem lunaren Imperium verbündet haben. Ein Schlag gegen die Smaragdschwerter sei daher auch ein Schlag gegen das Imperium. Mersyn äußert den Wunsch, zu wissen wie Häuptling Broddi Sippenstark das eigenmächtige Vorgehen Kangharls beurteilt. Sie schlägt vor, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Um nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, wird ein Plan geschmiedet, der zwei Tage später in die Tat umgesetzt wird.

Es ist der Feuertag der Harmoniewoche in der Dunkelzeit 1617. Die Verbündeten stehen vor dem Herrenhaus Broddi Sippenstarks. Es ist ein besonders großes Gebäude, weil es häufig neben Broddis Familie auch noch Königin Ivartha Wolfshäuterin und ihr Gefolge aufnehmen muss. Ungehindert betritt Engerim durch eine reich verzierte Türöffnung die Halle. Ein wenig Licht fällt hier durch einen Rauchabzug im Dach und ein paar enge Fensterschlitze hoch oben in der Ostwand, das meiste Licht erzeugen aber Fackeln an den Wänden und die zentrale Feuerstelle. Diese Feuerstelle ist von Mahomes Feueraluchs, einem bronzenen Gitter mit stilisierten schlafenden Schattenkatzen an den Ecken, abgeschirmt. Dieses Gitter ist eines der Clanschätze. Es sorgt dafür, dass das Feuer unabhängig von den herrschenden Windbedingungen und Temperaturen Wärme und Licht gibt und wenig Brennmaterial verbraucht. Das Feuer brennt quasi permanent und das Brennholz wird nie knapp.

Engerim läuft zielstrebig zwischen den Liegestätten der Leibwächter, leeren Bänken und Biertischen auf den zentralen Tisch der Halle zu, wo sich Häuptling Broddi Sippenstark in einer ernsten Unterhaltung mit Königin Ivartha Wolfshäuterin befindet. Als sich die Neuankömmlinge vor seinem Tisch versammelt haben begrüßt Broddi zuerst das Mitglied der Gruppe, das er am besten kennt: „Orldes, sei gegrüßt! Wen hast du mitgebracht? Sind das nicht die Leute, die sich bei Jordans Beerdigung so rührend um das kleine Mädchen gekümmert haben? Was kann ich für euch tun?“

Engerim räuspert sich und ergreift das Wort: „Broddi, wir sind hier, um dir zu sagen, dass das Kliff im Norden des Forts der roten Kuh gefährlich ist. Wo kleine Mädchen herumklettern, können auch Feinde herumklettern. Wo kleine Mädchen herumklettern, können auch kleine Mädchen abstürzen. Wir meinen, dass die Stelle gesichert werden sollte.“ Broddi versucht abzuwiegeln: „Ja, da kann jemand hochklettern, aber doch sicherlich keine feindselige Armee!“ Engerim meint: „Ein einzelner Feind kann schon zu viel sein.“ Broddi schweigt und schaut den Tischler neugierig an. Dann sagt er: „Was schlägst du vor, Tischlerslehrling?“ Das ist Engerims großer Moment. Er erzählt Broddi von einer gesicherten Plattform, die sich aus Holzbalken auf dem Kliff montieren ließe. Er plant auch eine Luke, durch die die Bewohner des Forts weiterhin ihren Müll entsorgen können – dann aber dort, wo er nicht in irgendwelchen Büschen hängen bleibt, sondern vom Heortbach weggespült wird. Broddi nickt vorsichtig und fragt: „Hast du Zeit für diese Arbeit, Tischlerslehrling?“ Engerim bejaht und erklärt, dass er dabei auch auf die Mithilfe seiner Freunde hoffe. Broddi ist von dem tatkräftigen jungen Mann beeindruckt und erteilt ihm den Auftrag.

Während der nächsten Tage sucht Orldes passendes Holz aus, das Engerim dann in der Werkstatt seines Meisters zurechtschneidet. Manchmal hilft ihm Mersyn dabei. Engerim stellt fest, dass sie bei Broddi ja nicht allzuviel erfahren hätten, aber immerhin einen guten Eindruck machen konnten. Orldes beschließt bei der nächsten Gelegenheit zu versuchen etwas mehr herauszubekommen.

Es ist der Wassertag der Todeswoche in der Dunkelzeit 1617. Orldes sitzt in Broddis Halle und schreibt an der Chronik des Clans. Broddi ist mit den meisten seiner Leibwächtern im Fort der roten Kuh unterwegs. Nur Aethelric das Mädchen ist als Wache zurückgeblieben – eine schillernde Figur im Gefolge des Häuptlings, die hervorragend in der Lage ist einen Speer zu führen und außerdem gern Frauenkleider trägt. Die Clanmitglieder sind über Aethelric geteilter Meinung. Einige finden ihn schräg und unangenehm, andere glauben, dass in ihm etwas Heiliges steckt. Zwischen dem Mann in Frauenkleidern und dem zwergenwüchsigen Schreiber kommt es zu einem Gespräch. „Orldes, haben alle diese Zeichen eine Bedeutung?“ „Ja, Aethelric.“ „Wenn man alle diese Bedeutungen kennt, platzt einem dann nicht der Schädel?“ „Nein, Aethelric, deshalb schreibt man sie auf.“ „Und dieses Schreiben... hat es irgendwann ein Ende?“ „Ja, Aethelric, irgendwann ist das Buch voll.“ „Und wenn das Buch voll ist, enden dann auch die Bedeutungen?“ „Sie verlieren sich, Aethelric. Wenn man das nicht will, muss man ein neues Buch anfangen.“ Verunsichert schaut Aethelric nach, wie viele freie Seiten Orldes´ Buch noch hat. Orldes nutzt die Gelegenheit selbst ein paar Fragen zu stellen. „Wie stehst du eigentlich zu den anderen Leibwächtern, Aethelric?“ „Ich habe nicht viel mit ihnen zu tun. Nur mit Kernalda Umgekehrt unterhalte ich mich hin und wieder.“ „Ich verstehe. Hast du eine Erklärung dafür, wie eine Frau zu einer Leibwächterin des Häuptlings wird?“ „Kernaldas Mutter hat ihr als Säugling Orlanths Rassel in die Wiege gelegt.“ – Orlanths Rassel ist ein weiterer Schatz des Clans. Wird sie geschüttelt, ruft sie ein dumpfes Donnern hervor und setzt ein unnatürlich schnelles Wachstum des Säuglings in Gang. Hin und wieder bekommen Jungen die Rassel in die Hand, um dem Clan möglichst schnell als Krieger zur Verfügung zu stehen. Ein Problem besteht allerdings darin, dass derart schnell großgezogenen Clanmitgliedern oft die sittliche Reife eines Erwachsenen fehlt. Daher wird Orlanths Rassel nur in Notzeiten eingesetzt. – „Offenbar ist Kernalda durch Orlanths Rassel nicht nur schnell gewachsen, sondern hat auch eine männliche Ader entwickelt.“ „In gewisser Weise ist sie ein Außenseiter wie ich.“ „Ich denke, ich weiß, was das bedeutet, Aethelric!“ „Ja, Orldes. Ich will aber betonen, dass Orlanths Rassel kein Garant für eine originelle Persönlichkeit ist. Schau dir Jarstak Bürstenbart an – ein grauenhafter Mann!“ – Jarstak Bürstenbart ist ein weiterer Leibwächter Broddis und damit Aethelrics Kollege. – „Ja, Aethelric, mir scheint, Jarstak ist ein Mann, der eher mit dem Bauch denkt.“ „Und dabei hat er ununterbrochen Magenschmerzen!“ „Aethelrik, hat eigentlich auch Jarstak irgendwelche Freunde?“ „Ich weiß es nicht. Er trifft sich hin und wieder mit Darna Mantel, unserer höchsten Ernaldapriesterin. Auch mit Kangharl Schwarzstirn führt er hin und wieder Gespräche. Worum es dabei geht weiß ich aber nicht.“ „Interessant, Aethelric! Danke für dieses Gespräch.“

Es ist der Lehmtag der Zwietrachtwoche in der Seezeit 1618. Ein strenger Winter geht langsam zuende und es hat bereits Tauwetter eingesetzt. Es ist der erste Tag des Jahres, an dem von der Sonne ein Hauch von Wärme ausgeht. Frekor Tiefwald ist mit ein paar Männern in der Nähe der Siedlung Siebeneichen auf die Jagd gegangen, aber es ist etwas schief gelaufen. Der Jäger Jhorn hatte einen Jagdunfall, er ist an einem vereisten Hang abgerutscht und mit dem Kopf gegen einen Felsen geschmettert. Frekor hat den Ohnmächtigen mühsam zu dem nahen Odayla Schrein zurückgebracht, wo seine Gehilfin Mersyn bereits ein rituelles Schlachten vorbereitet. Nun aber gibt es Dringlicheres. Frekor bittet Mersyn, die Heilerin Ustarna Tatenreich zu Hilfe zu holen. Mersyn nickt knapp, sattelt ihr Pferd und macht sich auf den Weg. 20 Kilometer weit reitet sie durch knirschenden Schnee und spritzenden Matsch, dann erreicht sie das Fort der roten Kuh. Am Tor wird sie von einer der Wachen gefragt, wo sie herkommt. Mersyn erzählt von Jhorls Unfall und fragt nach der Heilerin Ustarna Tatenreich. Die Wache erzählt Mersyn, dass sie sich wahrscheinlich wie zu dieser Jahreszeit üblich mit den anderen Frauen im Webhaus befindet.

Im Fort der roten Kuh wendet sich Mersyn zunächst ihrem Elternhaus zu. Sie trifft dort ihren Bruder, erzählt ihm was geschehen ist und bittet ihn darum, ein neues Pferd für sie zu besorgen. Dann macht sie sich auf den Weg zu dem würfelförmigen Holzhaus, in dem die Frauen oft gemeinsam Handarbeiten machen. Als Mersyn den zentralen Raum betritt, befinden sich vier Frauen hier. In einer Ecke des Raumes bereitet eine großgewachsene Frau mit Tätowierungen, die bis über beide Arme reichen einen Kräutertee vor. Es ist Griselda Graulocke, die Älteste des Dorfes, die ihr graues Haar zu Zöpfen geflochten hat und goldene Ohrringe trägt. An einem kleinen Tisch sitzt eine Frau, die Mersyn mit fröhlichen, blauen Augen ansieht und ihr ein leichtes Lächeln schenkt. Sie hat ihr langes, schwarzes Haar zu zwei Graten geflochten und trägt einen kunstvoll verzierten S-förmigen Kopfschmuck aus Kupfer. Ustarna Tatenreich stopft ein paar löchrige Männerhosen. An einem der drei Webstühle des Hauses sitzt eine schöne Frau, die dunkles Haar, üppige Augenbrauen, eine enge Weste und einen hellen Rock trägt. Es ist Salissa Dreigatten, eine Ernaldapriesterin, die im Rat des Clans die Position Uraldas, der Göttin der Kühe, innehat. Salissa ist in ein Gespräch mit einer anderen Frau vertieft, deren Schönheit bereits etwas verblasst ist. Diese Frau ist Darna Mantel, die oberste Ernaldapriesterin des Clans, die die Erdmutter auch im Rat des Clans vertritt. Darna besitzt langes, graues Haar und trägt einen seidengefütterten Mantel und ein goldenes Halsband. Die beiden Frauen unterhalten sich angespannt, aber leise, fast so, als müsse nicht jede mitbekommen, worum es geht. Mersyns Erscheinen scheint Darna Mantel allerdings aus dem Konzept gebracht zu haben. Mit dem etwas vehementer geäußerten Satz „Denk mal dran, wem du deinen Platz im Rat zu verdanken hast!“ verlässt sie energischen Schrittes das Haus.

Mersyn fragt Griselda Graulocke, ob es Ärger gegeben habe, erntet aber nur ein Schulterzucken. Dann erzählt sie Ustarna Tatenreich von Jhorns Unfall. Ohne zu zögern bricht Ustarna auf, besorgt sich einen warmen Mantel und folgt Mersyn zu ihrem Elternhaus. Mersyns Bruder hat nicht nur ein frisches Pferd, sondern auch einen kleinen Schlitten besorgt, auf dem normalerweise Holz transportiert wird. Mersyn gibt ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange und bricht mit Ustarna auf. Auf ihrem Weg fragt sie Ustarna nach dem Vorfall im Webhaus. Bevor Ustarna erzählt, was dort geschehen ist, fühlt sie Mersyn aber noch ein wenig auf den Zahn und will wissen, wie sie über die Fehde mit den Smaragdschwertern denkt. Mersyn spricht offenherzig über ihre Abneigung gegenüber dem lunaren Imperium und der Schwächung des Clans, die bei einer offenen Auseinandersetzung mit den Smaragdschwertern zu erwarten ist. Ustarna zögert, sagt dann aber: Menschen sterben in jedem Fall, ob du dich gegen die Smaragdschwerter oder das Imperium wendest. Beide Frauen schweigen, dann aber erzählt Ustarna, dass die oberste Ernaldapriesterin Darna Mantel Salissa Dregatten vorgeschlagen hat, ihren Einfluss im Rat zu nutzen. Darna möchte, dass Salissa die Ratsmitglieder und Broddi Sippenstarks Leibwächter dazu bringt, die Fehde mit den Smaragdschwertern auszuweiten. Mersyn will wissen, wie Ustarna darüber denkt und erfährt, dass Darna Mantel eigentlich eine hilfsbereite Frau sei. Manchmal verhalte sie sich allerdings etwas eigensinnig. Salissa strotze vor Lebensfreude. Manchmal allerdings wirke sie gehemmt und grüblerisch. Die Fehde mit den Smaragdschwertern hält Ustarna für einen großen Fehler, soweit ist sie mit Mersyn einig.

Bei Jhorn angekommen hält Ustarna ihm ein Lavendelsäckchen unter die Nase und cremt seinen Schädel mit einer scharf riechenden Salbe ein, die etwas brennt. Jhorn erwacht mit brummendem Schädel. Er wird in warme Decken gehüllt und auf dem Pferdeschlitten zum Fort der roten Kuh gebracht. Als er mit Mersyn und Ustarna den Ort erreicht, ist es Nacht.
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 2)
« Antwort #5 am: 29.09.2019 | 16:00 »


Es ist der Feuertag der Zwietrachtwoche in der Seezeit 1618. Jhorn ist wieder auf den Beinen und beginnt mit Engerim und Mersyn das Holzpodest auf dem Kliff des Forts der roten Kuh zu montieren. Orldes ist ebenfals anwesend und gibt den Handwerkern ein paar gute Tipps. Gegenseitig erzählen sich die Anwesenden von den vergangenen Erlebnissen. Orldes beschließt, dass es Zeit sei, etwas mehr über Broddis Einstellung zur Fehde mit den Smaragdschwertern zu erfahren. Er bereitet Broddi am späten Abend noch einen Kräutertee zu und will ihn über Kangharl Schwarzstirn befragen. Broddi sieht sorgenvoll aus, zuckt mit den Achseln und konstatiert, dass Kangharl eben ein Sturkopf sei. Am Rand der Halle legen sich währenddessen die Leibwachen Broddis auf erhöhten Plattformen zwischen den Säulen zum Schlafen. Orldes erzählt Broddi, dass er müde und erschöpft aussehe. Broddi nippt an seinem Kräutertee und erzählt Orldes, dass er den ganzen Tag im Fort der roten Kuh unterwegs war. Er habe ein paar Familien besucht, in denen seltsame Krankheitsfälle aufgetreten seien. Die Ursachen seien rätselhaft. Sorgenfalten graben sich in Broddis Stirn, nach ein paar weiteren Schlucken des wärmenden Tees  geht der Häuptling zu Bett. Orldes nimmt Broddis Becher und spricht ein kurzes Gebet um Aufklärung an den Gott des Wissens und der Schrift, Lhankor Mhy. Er blickt aufmerksam in den Becher und betrachtet die auf dem Boden befindlichen Kräuterreste. Dann fällt ihm der Becher aus der Hand und zerspringt mit lautem Knall auf dem Boden. „Ha, wer da?“, schreit wenige Augenblicke später der blitzschnell aus dem Bett gesprungene Jarstak Bürstenbart. Drohend hält er seine Axt in Orldes Richtung. „Beruhige dich, Jarstak“, spricht Orldes. "Mir ist ein Becher hingefallen."

Es ist der Lehmtag der Todeswoche in der Seezeit 1618. Die Stimmung ist miserabel, denn im Fort der roten Kuh sind inzwischen viele Menschen erkrankt. Am späten Vormittag tritt Häuptling Broddi Sippenstark an den Schreiber Orldes heran und spricht: „Du bist doch ein Bekannter der Leute, die bei Jordarns Beerdigung dieses Mädchen gerettet haben und nun diese Palisade auf dem Kliff errichten. Schau nach ihnen und wenn sie gesund sind, dann bring sie her!“

Etwas später steht Orldes mit Mersyn, Engerim, Finfin und Jhorl vor ihrem Häuptling. Auch Lhankpentos der Blinde, das greise Oberhaupt der Tormakting Sippe ist anwesend. An seiner Seite befinden sich sein Sohn Arlest und Kangharl Schwarzstirn. Als Wachen sind Jaranil der Donnerer, Chef der Leibwache des Häuptlings, und Kernalda Umgekehrt anwesend. In der Nähe der Feuerstelle halten sich noch weitere Gutsherren und Ratsmitglieder auf.

Broddi spricht die Neuankömmlinge direkt an: „Der Clan der roten Kuh befindet sich in einer schwierigen Lage. Im Fort der roten Kuh werden ein paar Kinder vermisst, und das in einem ungünstigen Moment. Wir kümmern uns momentan um die Krankheit, suchen nach ihrer Ursache und einer Heilmethode. Heute Morgen mussten wir die Brühe in Jerras heilkräftigem Suppenkessel für die Gutsherren schon so sehr verdünnen, dass ihre Wirksamkeit etwas fragwürdig erscheint.“ – Jerras heilkräftiger Suppenkessel ist ein weiterer Schatz des Clans. Wird in ihm eine nahrhafte Brühe gekocht, unterstützt er Erkrankte in ihrem Heilungsprozess. – Nach einer kurzen Pause fährt Broddi fort: „Wir liegen mit den Smaragdschwertern in einer Fehde, weshalb uns die Krankheit zur ungünstigsten Zeit trifft. Jaranil hat zu wenige Männer um unsere Grenzen zu patrouillieren, geschweige denn einen Angriff zurückzuschlagen.“ Broddi nickt in Richtung Jaranils, der blass und verschwitzt aussieht. Offenbar ist auch er an dem Fieber erkrankt, das im Fort der roten Kuh um sich greift. „Ihr scheint bisher von der Krankheit verschont worden zu sein und habt bei der Rettung der kleinen Natalsin einen guten Eindruck gemacht. Der Clan braucht euch um die Kinder zu finden und wieder sicher nach Hause zu bringen.“

Engerim nutzt die Gelegenheit und bringt sein Anliegen vor: „Das werden wir tun, Broddi! Lass dir aber noch einen Rat geben: Das Blutvergießen zwischen dem Clan der roten Kuh und den Smaragdschwertern wird so lange dauern, bis jemand auf den anderen zugeht. Ich schlage vor friedfertige Handelsbeziehungen zu den Smaragdschwertern aufzunehmen!“ Seine Worte sind gerade verklungen, da ertönen verschiedene empörte Rufe in der Halle: „Handelsbeziehungen zu Mördern? Unmöglich!“, „Wie kann ich mit jemandem Handeln, der meinen Vater umgebracht hat?“, „Womöglich sollen wir noch unsere Töchter an diese Mörder verheiraten!“ Selbst die friedfertigeren unter den Anwesenden schütteln mit dem Kopf. Engerims Vorschlag kommt zur Unzeit.

Schließlich schlägt Jaranil der Donnerer einen gemäßigteren Ton an. Er stützt sich schwer auf seinen Speer und erklärt Engerim, dass über solche Ideen nachgedacht werden kann, wenn der Clan sich in einer besseren Position befindet. Und dabei könne auch Engerim mithelfen. Jaranil führt aus: „Die Krankheit scheint hier im Fort der roten Kuh ausgebrochen zu sein und hat sich dann flussaufwärts und abwärts entlang der Dörfer am Heortbach ausgebreitet. Wegen der Bedrohung durch die Smaragdschwerter haben wir die Menschen aus dem Fort der roten Kuh und der Bewohner der Dörfer entlang des Heortbaches darum gebeten, nicht zu den Dörfern am Dandabach zu reisen. Die Leute dort scheinen bisher gesund geblieben zu sein und ich brauche ihre Kampfstärke für Patrouillen entlang des Baches. Wenn die Smaragdschwerter herausbekommen, wie schwach wir sind, werden sie uns sicherlich eine Streitmacht auf den Hals schicken.“

Dann wendet sich Lhankpentos der Blinde an die Freunde. „Die verschwundenen Kinder stammen aus meiner Sippe und aus dem Haushalt eines meiner Verwandten im Fort, Jostharl Dreistock. Unter den Verschwundenen sind meine eigenen Großneffen und Großnichten. Bitte findet meine Nachfahren und bringt sie zurück!“

Lhankpentos nickt seinem Sohn zu, der in eine Kiste greift und silberne Fibeln hervorzieht. Er händigt jedem der Gerufenen eine Fibel aus. Lhankpentos erzählt: „Diese Fibeln sind einiges wert, sie zeigen aber auch jedem Mitglied der Tormaktingsippe, dass wir in eurer Schuld stehen.“

Kangharl aber ist bei Engerims Worten vor Zorn rot angelaufen und geht seitdem fast rasend auf und ab. Er stößt hervor: „Die Krankheit ist ein Zeichen dafür, dass die Götter und Ahnen unzufrieden mit uns sind, weil wir an den Söhnen und Töchtern Dinacol Sturherrns keine Blutrache genommen haben. Meine Frau und Tochter starben durch ihre Hände und ihre Seelen verlangen nach Rache.“

Lhankpentos antwortet ihm: „Töten führt zu mehr Töten. Es gibt immer einen anderen Weg. Ich kann nicht erkennen, dass sich die Götter wegen diesem Vorfall gegen uns gewendet haben.“

Kangharl aber stürmt wütend nach draußen und ruft dabei Engerim und seinen Freunden zu: „Es ist wahrscheinlich besser so, wenn ihr euch mit Kindern abgebt. Die Krieger des Clans werden inzwischen unsere Feinde töten!“

Daraufhin wendet sich Lhankpentos Broddi zu und sagt: „Wenn ich nicht mehr sein werde, wird meine Sippe ihn zum neuen Oberhaupt wählen, mein alter Freund! Er wird sich zu deinen Worten über den Frieden nicht so einfach hinsetzen!“

Broddi lässt sich die Schatzkiste des Clans bringen und entnimmt ihr einen goldbesetzten Krummstab mit der Darstellung eines goldenen Widderkopfes. Er erklärt: „Das ist Voriofs Krummstab. Er hilft dabei Vermisste zu finden, seien es Rinder oder Clanmitglieder.  Nehmt ihn und bringt unsere Kinder sicher nach Hause zurück!“

Orldes und seine Freunde versprechen ihr Bestes zu geben. Dann werden sie von Lankpentos und seinem Sohn Arlest zu Jostharl Dreistocks Haushalt auf der Ostseite des Forts der roten Kuh mitgenommen.
« Letzte Änderung: 29.09.2019 | 19:07 von Chiarina »
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« Antwort #6 am: 29.09.2019 | 16:48 »


Im Hof von Jostharl Dreistock werden die Gefähten von niemandem empfangen. Es wird schnell deutlich, dass hier viele Menschen erkrankt sind. Lhankpentos ruft nach dem Hausherrn worauf sich dann doch Jostharl nach draußen schleppt. Er ist eindeutig krank und seine Haut sieht blass und fiebrig aus.

„Lhankpentos, sei Dank für dein Kommen“, sagt Jostharl und wendet sich dann seien Begleitern zu: „Ich fürchte, wir sind hier nur eingeschränkt dazu in der Lage, euch als Gäste begrüßen zu können, denn meine gesamte Familie leidet an dem Fieber. Aber kommt doch trotzdem in unsere Halle, ich will euch wenigstens Wasser anbieten, mit dem ihr euren Durst stillen könnt.“

Dann betreten die Freunde Jostharls Halle. Hier halten sich die Kranken seiner Familie auf und auch Ustarna Tatenreich ist hier. Sie kümmert sich um sie, kühlt ihnen die Stirn, macht ihnen feuchte Wickel und wäscht sie mit kühlem Wasser um das Fieber zu senken. Außerdem hat sie einen Kräutertee gekocht, mit dem sie den Kranken Erleichterung verschaffen will.

Mersyn tritt auf Ustarna zu und will wissen, um was für eine Krankheit es sich handelt. Ustarna erzählt: „Nach ein paar Tagen vergeht das Fieber und bis jetzt ist auch noch niemand daran gestorben. Aber es scheint immer wieder zurück zu kommen. Jostharls Familie war eine der ersten, die das Fieber bekamen und ist immer noch krank. Normalerweise erkranken die Menschen nicht so schnell hintereinander an derselben Krankheit.“ Sie schaut Mersyn und Lhankpentos niedergeschlagen an. „Ich tue, was ich kann, aber es ist nicht leicht. Die Leute werden für die Aussaat gebraucht und sollen auch wegen drohender Angriffe der Smaragdschwerter die Grenzen patrouillieren. Jetzt auch noch die Geschichte mit den verschwundenen Kindern...“

Dann erkundigt sich Mersyn nach den Kindern. Jostharl berichtet, dass die Kinder angesichts der kranken Erwachsenen praktisch unbeaufsichtigt gespielt haben, bis dann vor zwei Tagen einige von ihnen vermisst wurden. Mersyn fragt ihn, ob die Kinder auch erkrankt sind, erfährt aber, dass alle Kinder gesund gewesen sind. Keines von ihnen habe um Hilfe gerufen und es gab auch keine Hinweise auf irgendwelche beunruhigenden Vorgänge. Während Jostharl berichtet beginnen einige Väter der vermissten Kinder zu weinen, offenbar sind sie angesichts der Ereignisse von ihren Gefühlen überwältigt.

Das Gespräch wird unterbrochen als ein hübscher, junger Mann erscheint und Jostharl eine Stütze zum Sitzen bereitet. Er hat auch Wasser zum Trinken und Waschen für Lhankpentos und seine Begleiter dabei. Nachdem er es ihnen ausgehändigt hat zieht er sich wieder zurück. Jostharl sagt: „Der junge Mann ist bärenstark. Er ist bisher nicht einmal krank geworden.“ Jhorl fragt ihn wer das gewesen sei. Jostharls sagt, es sei einer seiner Pächter. Er heiße Farnantyr.

Dann erfahren die Gefährten, dass in Jostharls Haushalt 26 Kinder leben. Sieben von ihnen werden vermisst. Mersyn fragt Jostharl, ob nicht ein paar der verbliebenen Kinder befragt werden könnten, was Jostharl dann auch veranlasst. Ein achtjähriger Junge erzählt Mersyn schließlich, dass die vermissten Kinder eine Bande waren, in der es Jungs und Mädchen gab. Sie ließen besonders gern die Katzen auf die Mäuse und anderes Ungeziefer in den Gemüsekellern los. Ihr Anführer war ein älterer Junge namens Baranwolf, der vor nichts Angst hatte, ständig in irgendwelche Schwierigkeiten geriet und sich schon mehrfach etwas gebrochen hat.

Orldes lasst sich daraufhin das Bett Baranwolfs zeigen. Er verstreut ein Pülverchen auf der Decke, richtet ein Gebet an Lhankor Mhy und fragt nach dem Aufenthaltsort des Knaben. Für einen kurzen Moment hat Orldes den Eindruck, das Pulver ordne sich zur Gestalt einer Wasserrune, dann aber rieselt es wieder auseinander. Nachdenklich kratzt sich Orldes den Kopf.

Mersyn fragt den achtjährigen Jungen, wo Baranwolf und seine Bande zuletzt gesehen wurden. Der Knabe behauptet, er habe sie zuletzt im Innenhof gesehen. Mersyn greift sich Baranwolfs Decke, schnüffelt lang daran und nimmt mit Hilfe des Bärengottes Odayla seine Fährte auf. Etwas unsicher steuert sie auf eine Treppe zu, die zu einem Gemüsekeller hinabführt. Finfin öffnet die Tür und schon bald steht er mit Mersyn, Orldes, Jhorn und Engerin in einem großen, verwinkelten Keller mit beachtlichen Wurzel-, Kohl- und Kürbisvorräten. Baranwulfs Fährte ist in diesem Raum überall so präsent, dass sich keine Richtung mehr erkennen lässt, in der er sich bewegt haben könnte.

In diesem Moment gesellt sich Ustarla wieder zu den Gefährten und beobachtet gespannt ihre Untersuchung. Mersyn fragt sie, ob sie mit der Behandlung der Erkrankten fertig sei und Ustarla bejaht. Sie fügt hinzu, dass sie den Untersuchenden einen Vorschlag machen wollte, nun aber erst einmal abwartet, ob sie selbst irgendwelche wertvollen Hinweise in Erfahrung bringen könnten. Mersyn drängt sie, den Vorschlag trotzdem schon einmal auszusprechen. Ustarla spricht daraufhin, dass sie vermute, die Götter hätten ihre schützenden Hände über dem Clan der roten Kuh weggenommen. Andernfalls würden die Menschen nicht krank werden. Sie glaubt, herausfinden zu müssen, warum das geschehen ist und vermutet, dass die Antwort auf diese Frage auch zu den vermissten Kindern führen wird. Schließlich schlägt Ustarna vor, am Grabhügel mit „Starker Atem“ zu sprechen. – Starker Atem ist der Schutzgeist des Clans der roten Kuh. Der Grabhügel ist der heiligste Ort des Clans. Dort wurden alle wichtigen Zeremonien zu Ehren Orlanths abgehalten. Seit das lunare Imperium aber die Verehrung Orlanths verboten hat, können derartige Zeremonien nur noch geheim stattfinden.

Finfin erschrickt angesichts Ustarnas Vorschlag und wirft ein, dass darüber ja später noch gesprochen werden könne. Engerim bringt Fackeln herbei und versucht mit Orldes einen Überblick über den Gemüsekeller zu bekommen, was aber kaum gelingt. Jhorl, der erfahrene Fährtenleser, gelingt es aber zwischen einem großen Haufen Kürbisse einen kühlen, muffigen Lufthauch zu spüren, der sich anfühlt, als entstehe er nicht im Gemüsekeller selbst. Tatsächlich scheinen die Kürbisse an dieser Stelle auch ein wenig weiter auseinandergerückt zu sein. Der zwergenwüchsige Orldes zwängt sich zwischen ihnen hindurch, tastet sich voran und erreicht schließlich einen Spalt im Boden, der in die Tiefe zu führen scheint. „Ein Durchgang!“, ruft er, „wir sollten die Kürbisse abtragen!“ Nach seiner Rückkehr wendet sich Ustarna aber unruhig an ihn und spricht: „Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Ihr habt da etwas entdeckt, von dem ich vermute, dass es nicht unbedingt für eure Augen bestimmt ist. Ich empfehle euch dringend, Broddi davon zu erzählen, bevor ihr euch weiter um diesen Spalt im Boden kümmert. Die Gefährten reagieren erstaunt und Jhorl fragt Ustarna: „Wäre es denn möglich, unverzüglich zum Grabhügel zu reisen um mit „Starker Atem“ zu sprechen?“  „Dagegen ist nichts zu sagen“, antwortet Ustarna. Nach einer kurzen Diskussion beschließen die Anwesenden trotzdem erst Broddi von ihrem Fund in Kenntnis zu setzen. Sie machen sich auf zu seiner Halle.

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Sechs Stunden Spiel liegen hinter uns. Ganz am Anfang haben wir die Spielerfiguren noch ein wenig abgerundet. Und so langsam habe ich den Eindruck, dass wir mein zweites Problem (nach dem Studium des Regelbuches) so langsam in den Griff bekommen: Wenn du als Spielleiter irgendwann genug gelesen und gelernt hast, um das Spiel einigermaßen spielen zu können, dann musst du es auch noch deinen Spielern vermitteln! Das hört sich so an, als gelte es für jedes Rollenspiel. Bei HeroQuest scheint es mir aber besonders gravierend zu sein. Ich habe viele Fragen zur Figurenerschaffung beantworten müssen, für die sich in den Regeln zwar irgendwo Antworten finden, die sich aber auf einen konkreten Kampagnenhintergrund bezogen doch wieder neu stellen (z. B.: "Ich habe die Geisterrune gewählt und möchte mich einer Geistergesellschaft anschließen, im Clan gibt es aber keinen einzigen Schamanen. Was nun?"). Ich habe jedenfalls noch nie so dringlich die Notwendigkeit erlebt, dass sich eine Gruppe kollektiv ein Setting aneignet. Auf einige Probleme dabei war ich vorbereitet, aber andere haben mich eiskalt erwischt. Es gibt kein Auswürfeln und auch keine Listen, die dich irgendwohin bringen (...oder wenn es dann doch mal ´ne Liste gibt, handelt es sich eher um Anregungen, nicht um eine eindeutige Darstellung der Wahlmöglichkeiten). Im Prinzip gibt es freies Aussuchen, das ein Spieler aber nur sinnvoll absolvieren kann, wenn er den komplexen Background schon einigermaßen gut kennt. Ansonsten läuft gar nichts. Das war für uns ungewohnt fordernd. Und auch die Nichtspielerfigurenschwemme ist ein bisschen sperrig. Ich habe einige Male das Spiel unterbrochen, weil ich über irgendwelche prominenten Clanmitglieder ein paar Hintergrundinformationen ausgeben wollte. Das Schöne ist ja aber, dass das Wissen um das Setting mit der Zeit zunimmt. Ich habe inzwischen gut 20 Nichtspielerfiguren einsatzbereit. Heute sind etwa die Hälfte von ihnen zumindest schon einmal aufgetaucht. Ich finde, wir haben schon jetzt eine ganz ansehnliche Spieltiefe erreicht.

Was ich mir unbedingt nochmal anschauen muss, sind die Regeln für die Clanressourcen. Insbesondere diese regelmäßigen Würfe, die einmal pro Jahreszeit (o. ä.) abbilden, inwiefern sich der Clan verbessert oder verschlechtert, werden jetzt langsam relevant.

Ich stelle zufrieden fest, dass die Gruppe bestimmte Situationen gern detailreich ausspielt. Die Gesprächsszenen am Anfang haben eine Weile gedauert und waren vielleicht ein bisschen unstrukturiert. Ich habe sie trotzdem laufen lassen, weil sie den Spielern die Möglichkeit gaben, sich politisch zu positionieren. Sie waren auch eine Gelegenheit, sich gegenseitig einen Gesamteindruck über die Situation im Clan zu verschaffen. Es wurden ansatzweise ein paar Pläne gemacht, ob sich die Spielerfiguren in die politischen Probleme einmischen sollen, aber letztlich überwog wohl doch der Eindruck, dass sie dafür zu kleine Fische und für solche Vorhaben noch nicht bereit sind. So versuchten sie zunächst ein paar Informationen zu gewinnen, was auch einigermaßen geklappt hat. Nur Engerims Vorpreschen fiel etwas aus dem Rahmen... und ist auch prompt misslungen.

Sobald die eigentliche Abenteuerhandlung begann, lief das Spiel hervorragend. Ein einziger Heldenpunkt ist bei der Suche im Gemüsekeller eingesetzt worden. Ansonsten hätten wir die fast vergessen. Alles übrige ist großer Spaß. Die Leute haben überhaupt keine Scheu vor der Freiheit der HeroQuest Regeln, fantasieren sich fröhlich irgendwelche Optionen herbei, schütteln kleine Rituale aus dem Ärmel und suchen im Falle eines Misserfolgs unverdrossen nach Alternativen.

Und mehr noch: Einer von ihnen hat eine eigene, sehr schöne Karte mit dem Clangebiet gemalt, in die er die von uns eingedeutschten Ortsnamen eintragen will. Eine hat schon einen Spielbericht unseres Prequels dabei gehabt. Der Spieler, der beim ersten Mal nicht so ganz bei der Sache war, hat auch heute wieder ein kleines Nickerchen eingelegt und und gezeigt, wie wichtig sein Smartphone ist. Allerdings hat er auch mehr Einsatz gezeigt als beim letzten Mal. Wenn´s so bleibt, kann ich halbwegs damit leben. Die Spielberichte und Bilder sollen demnächst irgendwo im Netz abgelegt werden. Ich bin gespannt, darum will sich auch jemand kümmern. Und selbst der Gastgeberjob wird demnächst rotieren.

Das dürfte die erfreulichste Gruppe sein, die ich seit langem geleitet habe.
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Re: [HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter
« Antwort #7 am: 12.10.2019 | 16:19 »
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 3)
« Antwort #8 am: 20.10.2019 | 00:28 »


Es ist der Lehmtag der Todeswoche in der Seezeit 1618. In Broddis Halle erstatten die Freunde ihrem Häuptling Bericht und erzählen ihm von dem Eingang zu irgendwelchen unterirdischen Gängen, den sie im Gemüsekeller von Jostharl Dreistock gefunden haben. Broddi macht einen erschrockenen Gesichtsausdruck, lässt ein paar Kinder, die in seiner Halle spielen, hinauswerfen und die Türen schließen. Dann lässt er seine Besucher beim Schutzgeist des Stammes „Starker Atem“ einen Eid schwören, dass sie von ihrer Entdeckung niemandem etwas erzählen. Er erklärt ihnen, dass sich unter dem Fort der roten Kuh ein ausgedehntes Höhlensystem befindet, zu dem sie wohl einen Zugang entdeckt hätten.

Offensichtlich erfahren normalerweise nur die Clanmitglieder, die sich auf die Heldenqueste vom Diebstahl der Riesenkühe machen und dem Clan so Jahr für Jahr mehr oder weniger erfolgreich seine berühmten roten Kühen beschaffen, von der Existenz dieser Gänge. Broddi sagt: „Das ist eines der größten Geheimnisse des Clans. Wenn ihr Auerochsenbringer werdet und euch auf die Heldenqueste vom Diebstahl der Riesenkühe macht, werdet ihr verstehen warum. Noch ist es aber nicht soweit, und daher müsst ihr Stillschweigen wahren.“

Orldes fragt Broddi daraufhin, ob er es für gut hält, wenn sie zum Grabhügel gehen um den Schutzgeist „Starker Atem“ nach dem Verschwinden der Kinder zu befragen. Broddi stöhnt leise... wie viele Probleme kommen da noch auf ihn zu? Er antwortet: „Nehmt euch in Acht! Der Grabhügel wird von Soldaten des lunaren Imperiums bewacht. Wir dürfen dort keine Rituale abhalten. Ich weiß nicht, was ihr dort vorhabt, aber lasst euch nicht erwischen. Ich will keinen unnötigen Ärger. Glücklicherweise habt ihr eine gute Beraterin dabei.“ Er deutet auf Ustarna Tatenreich. „Daher kann ich eure Fragen an sie weitergeben.“ Mit knapper Verbeugung verlassen die Abenteurer und Ustarna Broddis Halle.

Im Hof von Broddis Gut besprechen die Freunde ihr weiteres Vorgehen und beschließen, sich um den Grabhügel zu kümmern. Ustarna schlägt ihnen vor, den letzten verbleibenden Orlanthpriester des Clans, Ashart Abendschlucker, zu finden. Immerhin ist der Grabhügel der Ort, an dem traditionsgemäß alle Rituale für Orlanth, den wichtigsten Gott des Clans, vollzogen wurden. Sie verrät den Abenteurern außerdem, dass einer der Leibwächter von Königin Ivartha Wolfshäuterin, Leikorl der Schatten nämlich, wahrscheinlich den gegenwärtigen Schlupfwinkel des Priesters kenne. Ustarna kündigt an, währenddessen Kullina die Fette, die Priesterin der Göttin Esra Gerstenmutter, mitzunehmen und sich um eine rote Kuh zu kümmern, die am Grabhügel als Opfertier herhalten kann. Als Treffpunkt wird die verlassene Siedlung Blitzhütten in der Nähe des Hügels verabredet. Daraufhin trennen sich die Freunde und treffen ein paar Vorbereitungen.

Engerim und Finfin begeben sich in die nahegelegene Siedlung Grünweide. Bevor er mit den anderen loszieht muss Finfin noch sein Vieh in den Stall bringen. Engerim hilft ihm dabei.

Orldes passt eine gute Gelegenheit ab und spricht noch einmal mit Broddi. Er fragt den Häuptling, ob es möglich ist, den Windbeutel auf seine Mission mitzunehmen. Der Windbeutel ist ein Schatz des Clans, in dem ein Windgeist gefangen ist, der in Auseinandersetzungen auf Seiten des Clans eingreift. Leider hat bereits eine Grenzpatrouille, die das Clangebiet gegen Aggressionen der Smaragdschwerter schützen soll, den Gegenstand mitgenommen. Orldes hingegen setzt einen trotzigen Gesichtsausdruck auf: „Und der Donnerkamm? Es werden doch noch ein paar Hilfsmittel erhältlich sein!“ Broddi seufzt. Er kennt Orldes´ Gesichtsausdruck, wenn man ihm nichts ausschlagen kann. Der Donnerkamm kann schwere Stürme und Unwetter erzeugen, wenn ihn sich ein begabter Clanangehöriger durch sein Haar zieht – und tatsächlich befindet er sich immer noch in Broddis Sammlung. Mit einer kleinen Ermahnung darüber, dass es sich um wertvolles Stück handele, drückt der Häuptling dem Schreiber den Donnerkamm in die Hand.

Mersyn und Jhorn kommen in der Zwischenzeit der Aufforderung Ustarna Tatenreichs nach. Sie begeben sich in den Teil von Broddis Gutshaus, der Königin Ivartha Wolfshäuterin und ihrem Gefolge vorbehalten ist und suchen nach Leikorl dem Schatten. Sie finden den Mann in seiner Schlafkoje am Rand des Raumes. Ihm zu Füßen liegt ein weiterer Mann, Ostling Fleckenfell. Es handelt sich um einen Telmori Wolfsmenschen, der als Geisel im Gefolge der Königin mitgeführt wird. Leikorl der Schatten ist offensichtlich der Aufseher des Mannes. Mersyn und Jhorn merken schnell, dass beide am Fieber erkrankt sind. Sie beobachten sich trotzdem aufmerksam und voller Argwohn. Als Jhorn zu erkennen gibt, dass er Leikorl sucht, beginnt dieser zu reden und berichtet von dem angespannten Verhältnis zwischen ihm und dem Telmori: „Er beobachtet mich und wartet und hofft auf meinen Tod... oder darauf, dass ich zu schwach werde um zu meiner Verteidigung das Schwert zu erheben“, sagt er und hebt danach das Schwert, das er auf seine Knie gelegt hat. Jhorn ermahnt Leikorl, nicht unaufmerksam zu werden. Der Wolfsmensch hat von Jhorn wenig Mitgefühl zu erwarten. Leikorl fügt hinzu: „Ich habe seine Mutter umgebracht. Das ist ihr Pelz!“ Dabei zeigt er auf den Mantel den er trägt: ein Wolfspelz mit einem Wolfsschädel als Kapuze. „Sartars Abkommen bindet mich als Geisel, Schatten“, knurrt Ostling daraufhin wütend. „Ich wäre allerdings glücklicher, wenn dir Jogar Sog deinen gesamten Skalp entrissen hätte.“ Dabei nickt er in Richtung des großen Stückes Schädel, der zwischen Leikorls Haaren zu sehen ist. Schließlich kommt Jhorn auf sein Anliegen zu sprechen und fragt Leikorl nach dem Aufenthaltsort von Ashart Abendschlucker. Leikorl ist misstrauisch. Ashart lebt im Verborgenen, auf der ständigen Flucht vor den Häschern des lunaren Imperiums. Warum soll er diesem Mann vom Clan der roten Kuh verraten, wo er steckt? Als Jhorn und Mersyn ihm allerdings von den verlorenen Kindern erzählen und berichten, dass sie mit Ashart zum Grabhügel wollen um dort den Schutzgeist des Clans um Hilfe zu bitten, antwortet Leikorl kurz angebunden: „In Ordnung, ich zeige euch, wo Ashart steckt.“ Leikorl befiehlt Ostling mitzukommen, die beiden kranken Männer schleppen sich daraufhin zu den Ställen und besteigen mühsam ein Pferd. Leikorl spricht voller Hass: „Halt dich dicht bei mir, so kann ich dich besser im Auge behalten und du bist in der Nähe deiner Mutter.“ Mersyn beobachtet daraufhin, wie Ostling zu Boden spuckt, als sich Leikorl umdreht.

Zu viert reiten Mersyn und die Männer ins nahgelegene Grünweide. Jhorn nimmt Yinks, seinen Aluchs, mit. Leikorl deutet auf eine Scheune und behauptet, das sei der Ort, an dem sich Ashart Abendschlucker verberge. Leikorl pfeift dreimal, wartet auf zwei Pfiffe und pfeift dann noch einmal, dann öffnet sich eine Luke aus dem Heuboden und der Kopf des Orlanthpriesters erscheint. Er spricht: „Ah, Schatten, was für eine Freude! Ostling, gut dich zu sehen!“ Dann schaut er sich Ostling genauer an und nickt dann Leikorl zu: „Hast ihn anscheinend noch nicht umgebracht.“

Es dauert einen Moment, dann öffnet Ashart den Neuankömmlingen die Tür. Mersyn und Jhorn begrüßen den Mann und sehen, dass auch seine Frau Hinalda die Beständige in der Scheune Unterschlupf gefunden hat. Ashart fragt seine Besucher nach Neuigkeiten aus dem Fort der roten Kuh, dann erklärt ihm Jhorn, warum sie hier sind und erzählt vom Plan Ustarna Tatenreichs am Grabhügel den Schutzgeist des Clans „Starker Atem“ zu befragen. Ashart kommentiert: „Wollen wir mal hoffen, dass die Götter eine Antwort haben und uns helfen können.“

Schon bald wird deutlich, dass auch Ashart und seine Frau am Fieber erkrankt sind. Mersyn fragt nach, aber Ashart wischt jegliche Bedenken hinsichtlich seiner Gesundheit beiseite. Seine Frau und er nehmen ein Pferd aus Grünweide und packen ein paar Dinge zusammen. Während Mersyn und Jhorn noch auf sie warten erscheint ein gutaussehender Mann mit rotem Haar und Ziegenbart. Es ist Farandar Orendalsson, ein Mitglied des Rates vom Clan der roten Kuh, das Mersyn als eine der führenden Figuren des Widerstands gegen die lunaren Besatzer kennt. Auch Farandar wirkt krank. Er spricht ein paar Worte mit Ashart, wendet sich dann Mersyn und Jhorn zu und sagt: „Tötet die lunaren Bastarde am Grabhügel! Denkt daran, dass sie uns daran hindern, auf unserem eigenen Land Orlanth zu verehren. Diese Schmach ist bereits zu lange ungesühnt geblieben! Wenn ihr euch der Rebellion als würdig erweisen wollt, dann schlagt zu. Ich werde es nicht vergessen!“ Noch ein wenig unsicher schauen sich Mersyn und Jhorn an, wenige Augenblicke später gewinnt ihr Blick aber einen Ausdruck von Entschlossenheit.

Endlich sind Mersyn, Jhorn, Leikorl, Ostling, Ashart und seine Frau Hinalda bereit und können aufbrechen. Auf ihrem Weg durchs Dorf begegnen sie Finfin und Engerim, die mit ihrer Arbeit gerade fertig sind und sich ihnen anschließen. Finfin nimmt seinen Aluchs Mikyra mit. Während ihres Weges zurück zum Fort der roten Kuh spricht Jhorn mit Leikorl. Es sieht so aus, als wolle der Mann mit seiner Telmori-Geisel die Freunde zum Grabhügel begleiten, Jhorn ist sich aber alles andere als sicher, ob das aufgrund ihrer Krankheit eine gute Idee ist. Nach einer Weile hat er ihn davon überzeugt, dass es wohl gescheiter ist, im Fort der roten Kuh zu bleiben um sich auszukurieren.

Im Fort der roten Kuh angekommen lassen sie Leikorl den Schatten und Ostling Fleckenfell bei Königin Ivartha Wolfshäuterin zurück. Dafür gesellt sich Orldes mit dem Donnerkamm zu ihnen. Ihre nächste Station ist die etwa eine Stunde südlich vom Fort der roten Kuh gelegene Hütte von Barmast. Es scheint den Freunden eine gute Idee zu sein, den Schamanen zum Grabhügel mitzunehmen. Immerhin soll dort mit dem Schutzgeist des Clans Kontakt aufgenommen werden. Als sie dort in dem verräucherten Raum des Schamanen eintreffen, überraschen sie ihn beim Arbeiten. Er hängt ausgestopfte Fledermäuse an der Decke auf und verstaut irgendwelche Pülverchen in Tongefäßen. Besonders herzlich werden die Besucher von ihm nicht empfangen. Barmast ist alles andere als begeistert darüber, dass der gesuchte Ashart Abendschlucker in seinem Heim steht. „Seid ihr verrückt? Wenn der Mann hier bei mir gesehen wird, bin ich mit dran!“ Auch das Vorhaben der Neuankömmlinge findet er zweifelhaft: „Der Grabhügel wird von Soldaten des lunaren Imperiums bewacht. Sie verhindern, dass wir dort Rituale zu Ehren Orlanths ausführen. Jetzt wollt ihr dorthin und unseren Schutzgeist um Rat fragen! Da ist doch der Konflikt vorprogrammiert!“ Jhorn antwortet wenig diplomatisch, dass die dort stationierten Wachen eben am Reden gehindert werden müssen. Ashart nickt grimmig. Barmast verliert die Nerven: „Offene Rebellion! Leute, ich hänge an meinem Leben, das könnt ihr mit mir nicht machen!“ Mersyn versucht zu vermitteln und erzählt Barmast, dass sie ihn aufgrund seiner Fähigkeit zur Kommunikation mit den Geistern dabei haben wollen. Wenn sich der Plan ohne Gewalt durchführen lasse, sei ihr das auch lieber. Vielleicht könnten sie wenigstens einmal die Lage ausspionieren. Dazu erklärt sich Barmast nach einigen Überredungsversuchen bereit. Die Gruppe bricht am späten Abend auf ohne aber einer Meinung zu sein. Jhorn, Mersyn und Ashart sind gewaltbereit, Finfin und Barmast haben Angst, Engerim und Orldes schweigen und scheinen sich nicht ganz sicher zu sein, wie sie zu dem Vorhaben stehen.

Mitten in der Nacht reiten die Freunde Richtung Grabhügel. Jhorn richtet ein kurzes Gebet an Orlanth und bittet den Gott um Beistand auf ihrer Reise. Den Gefährten scheint es daraufhin, als zeichneten sich die Umrisse der nächtlichen Landschaft deutlicher vor ihren Augen ab. Es ist, als sei der scharfe Blick des Waldläufers zum Teil auf sie übergegangen und unterstütze sie bei ihrer Orientierung. Nach einem langen Ritt gelangt die Gruppe in die Nähe der verlassenen Siedlung Blitzhütten. Jhorn und Barmast trennen sich von der Gruppe und wollen den nicht mehr allzu weit entfernten Grabhügel auskundschaften. Die anderen begeben sich in die Siedlung hinein um Ustarna zu finden. Sie betreten eine Ruine. Blitzhütten wurde vor Jahren vom lunaren Imperium gründlich zerstört. Ashart schaut sich kummervoll die Gebäude an. „Einst war ich glücklich hier“, erzählt er, „Ich erinnere mich an die Späße mit Rangard Scharfzahn, dem alten Priester von hier, und an die Viehherden, die damals auf diesen heiligen Hügeln gegrast haben.“ Er wischt sich eine Träne aus den Augen. „Das Imperium hat all das zerstört.“ Viel Zeit zum Trauern ist nicht. Ein vorsichtiger Ruf ertönt und macht die Ankömmlinge auf Ustarna Tatenreich und Kullina die Fette aufmerksam. Die beiden Frauen haben eine rote Kuh als Opfertier für die Zeremonie am Grabhügel dabei. An einer verborgenen Stelle haben sie ein kleines Lagerfeuer entzündet. Die Freunde setzen sich, erzählen von ihren Erlebnissen und warten auf die Rückkehr von Jhorn und Barmast.
« Letzte Änderung: 22.11.2019 | 16:33 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 3)
« Antwort #9 am: 20.10.2019 | 01:13 »


Es ist der Windtag der Todeswoche in der Seezeit 1618. Jhorn und Barmast tauchen in der Morgendämmerung auf und berichten. Jhorn hat Yinks, seinen Aluchs ausgesandt und einen guten Einblick über die Gegend erhalten. Sie liefert ausreichend Deckung um bis auf 100 Meter an den Grabhügel heranzukommen. Die letzte Strecke verläuft allerdings über offenes Gelände. Gut eine halbe Meile entfernt befindet sich am Fuß des Grabhügels ein von einem Palisadenwall umgebenes Lager mit Soldaten des lunaren Imperiums. Oben auf dem Grabhügel ist ein Plateau, dessen Zugang von zwei Wachen gesichert wird. Sie tragen keine Rüstung, haben aber Speere und Schilde dabei. „Doblianische Hundefresser!“, knurrt Ashart Abendschlucker verächtlich. Es folgt eine rasche Beratung über das weitere Vorgehen. Mit vereinten Kräften soll versucht werden die beiden Wachen zu vertreiben, anschließend soll die Zeremonie auf dem Plateau abgehalten werden. Die Clanmitglieder hoffen, dass die Soldaten im Lager am Fuß des Grabhügels davon nichts mitbekommen.

Am Grabhügel angekommen greift Ashart in seine Tasche und zieht hölzerne Masken hervor. Sie sind geschnitzt und mit den Gesichtern der Donnerbrüder bemalt: Hedkoranth, Finovan, Vinga, Yavor der Blitz, Destor, Tatouth, Vanganth, Helamakt und Desemborth... „Tragt diese Masken“, spricht Ashart zu ihnen, „so dass die Hundefresser eure Gesichter nicht erkennen können, wenn sie euch zu Gesicht bekommen. Am besten wäre es natürlich, wenn sie zum Schweigen gebracht würden...“ Die Abenteurer maskieren sich, ebenso Ashart Abendschlucker, Ustarna Tatenreich und Kullina die Fette.

Der Versuch geht schief. Aus der Deckung heraus versucht Finfin mit dem Donnerkamm ein Unwetter heraufzubeschwören, erzeugt aber nicht viel mehr als einen schwachen Nieselregen. Mersyns Bärenknurren, die bedrohlichen Schatten, die Orldes den Wachen mittels eines Talismans vorgaukelt, und die angsteinflößenden Geisterstimmen, die Barmast hervorruft, werden von den Wachen wohl wahrgenommen, haben aber nur zur Folge, dass sie ihre Waffen ziehen und besonders aufmerksam ihre Umgebung inspizieren. Sie haben mitbekommen, dass etwas nicht stimmt und sind alarmiert. Einer von ihnen kramt in ihrem Sack. Engerim wirft einen Stein in ihre Richtung. Das Geräusch lenkt die Wachen von der Gruppe ab. Sie schauen nach, wo es herkommt und wenden den Clanmitgliedern den Rücken zu. Die Situation wird für einen Angriff genutzt. Eine der Wachen wird durch einen Geisterspeer Barmasts in den Rücken getroffen. Noch während sie auf den Verwundeten zuläuft verwandelt sich Mersyn in einen Bären und streckt den Mann mit einem mächtigen Prankenhieb nieder. Die andere Wache ist etwas hartnäckiger, läuft auf Orldes und Engerim zu und kann beide leicht verletzen, wird aber schließlich durch einen Schlag von Engerims Hammer und einen Schwertstreich Jhorns niedergestreckt. Die Wachen leben noch, werden aber von den Clanmitgliedern gefesselt.

Anschließend bereitet Kullina die Fette, Ashart Abendschlucker und Mersyn die Zeremonie vor. Finfin begibt sich in ein nahes Gehölz und beobachtet von dort aus das Lager. Noch scheint dort alles friedlich zu sein.

Schließlich leiten Ashart und Ustarna die Zeremonie auf der Spitze des Grabhügels. Während Ustarna die mitgebrachte rote Kuh hält und Mersyn ihr die Kehle aufschlitzt, stimmen die Anwesenden Gesänge und Bittgesuche an, sodass die Welt der Freunde und die andere Seite eins werden und die Götter unter den Menschen wandeln können. Während die Knie des Tieres zusammensacken und es zu Boden geht, betrachtet Ashart aufmerksam den Blutstrom, den das Tier spiralartig in Richtung Ustarna ausstößt. Dann schlitzt Mersyn den Bauch des Tieres auf und Ashart zieht seine Eingeweide heraus. Armtief in das Blut getaucht geht er die Organe des Tieres durch und untersucht sie auf irgendwelche Zeichen. Mit Mersyns Hilfe entfernt er dann die Innereien und Eingeweide des Tieres, legt sie auf den Altar auf der Spitze des Grabhügels, verbrennt sie dort und betrachtet dabei aufmerksam den von ihnen aufsteigenden Rauch. Schließlich tritt er zur Seite und berät sich mit Ustarna, dann begibt er sich zu seinen Gefährten und spricht: „Die Götter haben gesprochen. Agilia, die Nymphe des Heortbaches ist ärgerlich und hat dem Clan der roten Kuh ihren Schutz entzogen. Ihr Wasser wird solange die Krankheit bringen, bis wir den Grund für ihren Zorn gefunden und sie wieder besänftigt haben.“

Nur wenig später, während Ashart den Zugang zu den heiligen Orten auf der anderen Seite wieder versperrt und die Zeremonie beendet, schreitet eine geisterhafte Figur auf die Hügelspitze zu. Sie trägt eine alte Bronzerüstung und trägt eine Axt und ein Schild nach alter Art.

Ashart Abendschlucker ruft aus: „Starker Atem!“ Der Schutzgeist des Clans der roten Kuh ist den Anwesenden erschienen, was sehr ungewöhnlich ist, denn normalerweise trifft er sich nur mit dem Häuptling des Clans und das auch nur in einer Kammer im Inneren des  Grabhügels.

Der Schutzgeist stößt eine düstere Prophezeiung aus:

Mit den Heldenkriegen kommt der Tod,
aus dem Norden großes Unheil droht,
und das Böse fliegt rasant herbei,
auf zwei Lederflügeln mit Geschrei.
Und der Bruder kalt dem Bruder droht,
und die Mutter schlägt das Kindlein tot,
alle sind schon sehr bald auf der Flucht
vor des Hungers gnadenloser Zucht.


Nach diesen Worten versinkt die Erscheinung von „Starker Atem“ wieder in der Erde des Grabhügels und kehrt in seine Ruhestätte zurück.

Ashart behauptet: „Das war eine Voraussage!  Ich muss diese Worte so schnell wie möglich zum alten Windtempel tragen.“ Er hat kaum ausgesprochen, da schlägt Finfin Alarm. Offenbar hat das Geschehen auf dem Plateau des Grabhügels die Aufmerksamkeit der Soldaten im Lager geweckt. Ein knappes Dutzend von ihnen eilen auf den Grabhügel zu.

Trotz seiner Krankheit besteigt Ashart erstaunlich flott ein Pferd, nimmt seine Frau Hinalda die Beständige mit und ruft den Anwesenden zu: „Tötet die Gefangenen! Wir sehen uns!“ Dann reitet er zum alten Windtempel, einem wichtigen Heiligtum Orlanths. Die übrigen schwingen sich ebenfalls auf ihre Pferde und reiten davon. Sie verlassen den Grabhügel in Richtung der Ländereien des Zweikiefernclans, eines feindlichen Nachbarns. Vielleicht lässt sich durch ein solches Täuschungsmanöver in den Augen der lunaren Soldaten dem feindlichen Clan die Schuld in die Schuhe schieben. Nur Engerim bleibt. Er versucht ein paar Spuren verschwinden zu lassen und will den Kuhkadaver den Grabhügel hinabrollen, kann aber nicht viel ausrichten. Zuletzt muss er eine halsbrecherische Kletterpartie einen Steilhang hinab in Angriff nehmen, um sich vor den herannahenden Soldaten verstecken zu können.

Auf der Rückreise herrscht unter den Abenteuern eine bedrückte Stimmung. Sie mögen maskiert gewesen sein, aber was ist mit dem nur einen Meter großen Orldes? Der kleine Mann ist eine auffällige Erscheinung, die auch unter den lunaren Besatzern eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Haben die lunaren Soldaten ihre Clantätowierungen erkannt? Kennen sie Mersyns Fähigkeit, sich in einen Bären zu verwandeln? Werden sie gezwungen sein wie Ashart Abendschlucker als Rebellen ein Leben im Verborgenen zu führen?

-

Im Großen und Ganzen war´s eine gute Sitzung, die reine Spielzeit etwa 6 Stunden gedauert hat. Ich will demnächst versuchen noch ein bisschen farbiger beschreiben. Streckenweise ist mir das schon relativ gut gelungen, aber vielleicht kann ich die Spieler noch ein bisschen mehr mitreißen. Vielleicht kommt das noch, wenn ihnen das Erkennen von Möglichkeiten und die Unterscheidung von aktiven Handlungen und passiver Unterstützung leichter fallen. Das hat in der Sitzung ein paar Anstrengungen gekostet. Ich selbst bin relativ regelsicher gewesen. Wir haben verschiedene einfache Proben, zwei einfache Gruppenproben (die ja nochmal etwas anders funktionieren) und auch eine ausgedehnte Gruppenprobe (Angriff auf die Wachen am Grabhügel) durchgeführt. Dabei wurden noch nicht alle Feinheiten eingesetzt, aber die Regeln haben gut funktioniert. Beim Versuch, die Wachen vom Grabhügel wegzulocken wurden vier Heldenpunkte eingesetzt, die keinen Erfolg herbeigeführt haben, aber immerhin die totale Katastrophe verhindern konnten. Das war unser bisher krassestes Probenergebnis. Für die Heldenpunkte haben wir eine kleine Hausregel eingeführt: Wir haben jetzt einen Gemeinschaftspool, sodass der Einsatz eines Heldenpunkts nicht mehr eine einzelne Figur benachteiligt, sondern die Ausgaben auf die gesamte Abenteurergruppe umgelegt wird.

Die Situation ist spannend. Die Spieler haben den Eindruck, sie sitzen ziemlich in der Tinte. Trotz der Gefahr, in der sich ihre Figuren befanden, konnten sie sich nicht dazu durchringen, Ashart Abendschluckers Aufforderung nachzukommen und die wehrlosen Soldaten zu töten. Das könnte ihnen jetzt ein paar Probleme bereiten.

Supernette Spieler übrigens. Ich fühle mich in der Runde sehr wohl.
« Letzte Änderung: 12.01.2020 | 03:33 von Chiarina »
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« Antwort #10 am: 25.11.2019 | 01:31 »


Die Abenteurer diskutieren ihr weiteres Vorgehen und beschließen, sich nicht gleich wieder ins Fort der roten Kuh zu begeben. Niemand weiß, wie schnell und intensiv die Angehörigen des lunaren Imperiums nach den Gesetzesbrechern vom Grabhügeln suchen. Es scheint eine gute Idee zu sein, erst einmal auf andere Art und Weise zu versuchen einen Schritt weiter zu kommen.

Die Gruppe reist daher zunächst nach Sardalheim, einem nahegelegenen kleinen Dorf am Heortbach. Hier wohnen vorwiegend Angehörige der Sardaling Sippe, Fischer, die von den wohlhabenden Rinderzüchtern im Clan oft ein wenig belächelt werden. Viele der Sippenangehörigen haben sich allerdings nach Ankunft der lunaren Besatzer schnell mit den neuen Herren arrangiert, verschiedene Vergünstigungen genossen und zählen daher zu den Profiteuren der gegenwärtigen Situation. Jhorn und Mersyn ist nicht ganz wohl bei dem Gedanken, die Gruppe betritt das Dorf aber trotzdem: sie wollen sich nach der Nymphe Agilia erkundigen, die Ashart Abendschlucker zufolge ihre schützende Hand vom Clan der roten Kuh genommen hat und für das Krankheit bringende Wasser verantwortlich ist. Agilia hält sich oft in einem Sumpfgebiet, dem sogenannten Hirschlandbruch, auf und dieser ist nicht weit entfernt. Vielleicht finden sie in Sardalheim einen Menschen, der ihnen erzählen kann, wie sie die Nymphe finden können!

Im Dorf angekommen reitet die Gruppe zunächst zur Furt über den Heortbach, um die herum die Siedlung entstanden ist. Die Dorfbewohner, denen die Freunde begegnen, sind eindeutig von der Krankheit gezeichnet und wirken fiebrig und bleich. Nachdem die Freunde ihre Pferde an einen Zaun gebunden haben, wenden sich Barmast und Finfin dem Fluss zu. Der Geistermagier versucht Kontakt mit irgendeinem kleinen Wassergeister aufzunehmen, was ihm zwar gelingt, das kleine blubbernde und nur für ihn erkennbare Wesen ist allerdings nicht allzu gesprächig und zeigt sich bei Fragen nach Agilia regelrecht verstockt.

Mersyn, Jhorn, Engerim und Orldes fragen einen Dorfbewohner nach dem Haus des Sippenoberhauptes, Torkalor Großboot. Sie bekommen ein paar misstrauische Blicke zugeworfen, schließlich erfahren sie aber, wo sie hin müssen. Der Türrahmen am Haus Torkalors ist – wie viele Holzgegenstände in Sardalheim – reich verziert. Bevor Jhorn noch die Tür öffnen kann, scheint eine Art Leben in eines der Gesichter, die in den Türrahmen geschnitzt wurden, zu fahren. Mit knarriger Stimme verkündet es: „Sieh an, keine Mondkälber, sondern mutige Fremde! Passt auf euch auf, sonst wird es euch schlecht ergehen!“ Das hölzerne Gesicht erstarrt wieder und verwundert betreten die Ankömmlinge Torkalor Großboots Halle. Nach einer kurzen Begrüßung verrät Torkalor auf den Türrahmen angesprochen, dass der Tischler des Ortes – Nisk Wendeholz – ein Händchen für skurrile Späße besitze. Die Abenteurer merken, dass ihm bei dieser Erklärung nicht ganz wohl ist. Dennoch verläuft das darauf folgende Gespräch vorteilhaft. Torkalor hört sich Jhorns Bericht an und rät seinen Gästen, sich an Voranga Kummervoll zu wenden. Voranga ist die Priesterin von Tarena, der blauen Frau, und lebt am nicht allzu weit gelegenen Aschenwasserfall. Sie gilt im Clan der roten Kuh als Regenmacherin. Torkalor behauptet, dass Voranga eine gute Bekannte der Nymphe Agilia sei und vielleicht ein Treffen arrangieren könne.

An der Furt von Sardalheim kommt die Gruppe wieder zusammen und macht sich auf den Weg zum Aschenwasserfall. Nach einer guten Wegstunde verschwinden plötzlich Mikyra und Yinks, die Aluchse von Finfin und Jhorn, zwischen nahestehenden Büschen und Felsen. Maunzen, Fauchen und Schnurren vermitteln den Wanderern den Eindruck, dass sich noch weitere Aluchse in der Nähe befinden. Schließlich erreichen sie Voranga Kummervoll Eremitenhöhle in der Nähe des Wasserfalls. Nebel und Gischt erfüllen die Luft. Die große, gertenschlanke Frau mit dem offenen Silberhaar begrüßt beiläufig ihre Besucher, als habe sie sie bereits erwartet und füttert dann ein paar Aluchse, die sich ein paar Fleischbrocken schnappen und wieder hinter ein paar Felsen verschwinden. Voranga wirkt etwas entrückt, bittet die Abenteurer aber in ihre Höhle hinein, an deren Decke Kräuter, Kochutensilien und Dörrfleisch hängen. Gebückt treten die Besucher ein und setzen sich auf ein paar Bänke an einem einfachen Tisch. Die einzige Lichtquelle in der Höhle stellt eine steinerne Feuerstelle dar, in der gemütlich ein paar Holzscheite brennen. Barmast stellt überrascht fest, wie ein paar kleinere Luftgeister den Rauch aus der Höhle hinaus blasen.

Als Finfin über den Anlass ihres Besuchs spricht, reagiert Voranga allerdings reserviert. Warum kommen sie zu ihr, wenn sie eigentlich zu Agilia wollen? Warum fragen sie nach einem passenden Gastgeschenk für Agilia ohne eines für sie dabei zu haben? Warum besuchen sie sie und drängen darauf, möglichst bald wieder verschwinden zu können?

Die Abenteurer berichten von der Krankheit im Fort der roten Kuh, aber Voranga scheint nicht recht zuzuhören. An einer steinernen Anrichte bereitet sie in einem Wasserbehälter einen Kräutertee und bietet ihren Gästen ein Nachtlager an. Immer wieder wirft sie auch Jhorn Blicke zu. Offensichtlich hat sie Gefallen an dem drahtigen Jäger gefunden. Gegen Abend sind ihre Besucher noch keinen Schritt weiter. Voranga unternimmt mit Jhorn einen Abendspaziergang, auf dem sie ihm erzählt, dass es sie freuen würde, wenn er sie irgendwann einmal beim Ritual des Regenrufens unterstützen würde. Oft schaut Voranga in die Ferne, seufzt ein wenig und lehnt sich an Jhorns Schulter. Der Jäger hat durchaus den Eindruck, hier eine Erfahrung machen zu können, irgendwie ist ihm die vergeistigte Einsiedlerin aber zu fremdartig. Er erwidert Vorangas Bemühungen um Nähe jedenfalls nicht. Voranga scheint daraufhin sehr abwesend zu sein und spricht hin und wieder unverständliche Gedichtfragmente vor sich hin. Schließlich kehrt sie schweren Herzens mit Jhorn zur Höhle zurück. Dort haben sich bereits ihre anderen Gäste um sie bemüht: Mersyn hat aus ein paar Pilzen ein warmes Essen bereitet, Orldes und Engerim haben eine schöne Schale für Voranga geschnitzt, Barmast und Finfin haben ihr beim Haushalt etwas unter die Arme gegriffen. Voranga ist erfreut und ihre Miene hellt sich etwas auf. Als Orldes am späteren Abend noch ein paar Geschichten zum Besten gibt, scheint die Frau getröstet. Die Anwesenden bereiten sich Lager und übernachten bei der Priesterin.

Es ist der Feuertag der Todeswoche in der Seezeit 1618. Am Morgen kommt Voranga Kummervoll auf das Anliegen ihrer Besucher zu sprechen. Sie erzählt: „Es gibt nur wenige Dinge, die Agilia erzürnen: Wenn Menschen oder deren Vieh ihren Bach verschmutzen beispielsweise... oder wenn sie den Tieren in ihrem Wasser oder den Pflanzen am Bachufer nicht genügend Respekt entgegenbringen. Freigiebig verteilt sie an uns ihre Schätze und verlangt so wenig dafür. Ich denke doch, dass ihr ein Geschenk brauchen werdet... eines, mit dem ihr ihr gegenüber euren Respekt zum Ausdruck bringt. Fragt vielleicht Broddi Sippenstark, ob der Clan der roten Kuh etwas dazu beisteuern kann. Wenn ihr soweit seid, kommt zum bei Einbruch der Dämmerung an den Rand des Hirschlandbruchs. Ich werde dort sein und euch zu Agilia führen. Dann werden wir sehen, ob wir herausbekommen, was sie bedrückt.“

Die Gruppe verabschiedet sich von Voranga, stellt aber erstaunt fest, das Jhorn bis zum Abend bei ihr bleiben will. Auch wenn er auf Vorangas Avancen nicht eingegangen ist, scheint er an der urtümlichen Wildnis des Ortes, dem rauschenden Wasserfall und den Aluchsen weit mehr Gefallen gefunden zu haben, als an der Vorstellung zum Fort der roten Kuh zurückkehren zu müssen. Er bleibt zurück während die übrigen sich auf den Weg machen.

An einem Einsiedlerhof macht die Gruppe eine kurze Rast und erzählt dem dort lebenden Bauern, dass sie ein Geschenk für die Nymphe des Heortbaches suchen. Der Mann erfährt von ihrer Hoffnung, so die Krankheit eindämmen zu können, die inzwischen die meisten Menschen des Clans erfasst hat. Daraufhin ruft der Bauer seinen Sohn und sagt ihm, er soll „die Muschel“ vorbeibringen. Aus einer nahen Scheune holt der Junge eine Muschel herbei, die er vor einiger Zeit am Ufer des Heortbaches gefunden hat. Es ist ein prächtiges Stück, fast zwei Handteller groß, und noch völlig unbeschädigt. „Versucht es damit“, spricht der Mann und drückt die Muschel Engerim in die Hand. Sein kleiner Sohn sieht unglücklich aus worauf Finfin ihm über die Haare streicht und sagt: „Vielleicht ist es wichtig.“ Dann reist die Gruppe weiter.

Am späten Vormittag erreichen die Wanderer das Fort der roten Kuh und stehen schon bald vor ihrem Häuptling. Broddi Sippenstark ist aufgebracht und erzählt ihnen, dass er am Morgen ein Gespräch mit Phargentes Narbengrien, dem Befehlshaber der lunaren Garnison, geführt habe. Dabei wurde er aufgefordert, „den Zwergenwüchsigen und die Frau, die sich in einen Bären verwandeln kann“ auszuliefern. Für den Angriff auf dem Grabhügel verlangt Phargentes 10 Kühe Wergeld. Das sei zwar noch nicht allzu gravierend, wenn er allerdings dabei erwischt werde, wie er Mersyn und Orldes in Schutz nehme, sei die Katastrophe da. Von den anderen Gruppenmitgliedern wurde nicht gesprochen, was aber nicht heiße, dass sie völlig aus der Gefahr seien. Broddi ist sichtlich nervös und bezeichnet es als erstaunlich, dass die Gruppe ohne weiteres bis zu ihm in die Halle gelangt ist. Er ist sauer darüber, dass die Gruppe nicht versucht hat, ihren Auftrag ohne Gewalt gegen die Männer des lunaren Imperiums auszuführen. Er schließt vorerst mit den Worten: „Ich könnte euch ausliefern und dem Clan dadurch wahrscheinlich einiges ersparen, aber ich hoffe darauf, dass ihr die Schuld seht, die ihr auf euch geladen habt und Wege findet, wie ihr die Angelegenheit wieder zum Besseren wenden könnt.“ Dann will er wissen, was sie bisher bereits herausbekommen haben. Finfin erzählt ihm, was sie erfahren haben und bittet auch Broddi um ein Geschenk, mit dem sich Agilia vielleicht besänftigen lasse. Der Häuptling drückt ihm nach kurzem Zögern ein aus kostbaren Steinen bestehendes Armband in die Hand und mahnt: „Wir werden arbeiten müssen, um den Verlust wieder wettzumachen. Setzt es mit Bedacht ein!“ Dann lässt er zwei große Reisigkörbe herbeiholen. Orldes und Mersyn kauern sich in diesen Körben zusammen, werden mit Heu bedeckt und dann auf einen vor der Tür wartenden Wagen gepackt. Rumpelnd bewegt sich das Gefährt von Ochsen gezogen aus der Siedlung heraus. Engerim, Finfin und Barmast folgen ihm.

Auf dem Kutschbock sitzen Farandar Orendalsson und Kullina die Fette, zwei Akteure des Widerstands gegen die lunaren Besatzer, mit denen die Freunde bereits zu tun hatten. Nach Verlassen der Siedlung spricht Farandar zu Mersyn und Orldes: „Ihr seid nun Rebellen. Es wird ein Kopfgeld auf euch ausgelobt werden. Ihr seid unsere Waffenbrüder und –schwestern und nicht die einzigen im Clan der roten Kuh, die sich nach einem freien Sartar sehnen. Wir stehen füreinander ein.“ Kullina ergänzt: „Broddi ist kein Freund der Rebellion und wird euch als Problem betrachten. Macht euch nicht zu viele Gedanken darüber! Wenn Sartar frei sein wird, werden wir uns an diejenigen erinnern, die Opfer gebracht haben und die Menschen werden von euren Taten erfahren.“ Ein paar Kilometer weiter hält der Ochsenkarren. Mersyn und Orldes springen aus ihren Weidenkörben heraus, schütteln sich das Stroh aus den Haaren, verabscieden sich von Farandar und Kullina und ziehen dann mit den anderen in Richtung des Hirschlandbruches.

Währenddessen bereitet Voranga in ihrer Höhle ein Getränk aus Stechapfel, das sie etwas später zusammen mit Jhorn trinkt. Die beiden werfen von Ferne einen Blick in die Welt der Götter, werden von einem wohligen Gefühl erfüllt und verbringen so einen interessanten Nachmittag miteinander. Etwas später erscheint Vorangas Bruder Borngold Vielbrüder an ihrer Höhle. Borngold ist das Oberhaupt der Osmanning Sippe und im Kult des Wassergottes Heler aktiv. Wie viele Männer seiner Abstammung und seines Glaubens besitzt er weißes Haar und schieferblaue Haut. Er erkundigt sich nach dem Befinden seiner Schwester, begrüßt Jhorn, erfährt von ihrer Verabredung und bietet an sie auf ihrem Weg durch den Hirschlandbruch zu begleiten.

In der Abenddämmerung ist es soweit: die gesamte Gruppe trifft sich mit Borngold Vielbrüder und Voranga Kummervoll am Rand des Sumpfgebietes. Voranga trägt eine Fackel und leuchtet den Weg aus. Borngold erklärt den Freunden: „Der Sumpf hier gehört zum Heortbach und seinen Nebenflüsschen. Er ist ein heiliger Ort von Krikans, dem Geist des Heortbaches, und von dessen älterem Bruder, dem Himmelsflusstitan.“ Voranga zeigt auf einen Knüppeldamm durch den Sumpf und spricht: „Bleibt auf dem Weg, wir werden hier von den Geistern des Ortes bestenfalls geduldet.“

Der Pfad gleicht einem Grenzbereich: er ist weder Wasser noch Erde, sondern beides zugleich. Barmast erkennt, dass die Welt der Geister hier nicht weit ist. In der Nähe des Knüppeldamms sieht er Wasser-, Frosch- Schlangen- und Insektengeister, die sich am Rand des Weges versammeln, fauchen, blubbern, ihre Zungen nach der Gruppe ausstrecken und aggressive Summgeräusche verursachen. Barmast murmelt: „Die Geister sind erzürnt... sehr sogar!“

Hin und wieder sind in der Dunkelheit jenseits des Knüppeldamms auch Geisterlichter zu sehen. Sie fesseln auch die Aufmerksamkeit anderen Wanderer und versuchen diese anzulocken, indem sie eine Gestalt annehmen, die Vorangas Fackel zum Verwechseln ähnlich sieht. Immer wieder fragt einer der Wanderer angstvoll: „Voranga?“, weil er einen Moment lang nicht mehr ganz sicher ist, ob er noch ihrer Fackel oder schon einem Geisterlicht folgt.

Schließlich endet der Knüppeldamm an einem Podest. Borngold erzählt den Spielerfiguren, dass sie hier einen Kreis bilden und ihre Geschenke in der Mitte ablegen sollen. Er kennzeichnet den Kreis mit Flusskieseln und entzündet an seinem Rand Kerzen. Voranga ruft den Himmelsflusstitan, Krikans und die Nebenflüsse an. Sie wirft kleine Gaben ins Wasser und rühmt Agilia für ihre Schönheit und lebensspendenden Kräfte. Die Freunde legen ihre große Muschel und Broddis Armband in Borngolds Kreis. Schließlich bittet Voranga Agilia zu erscheinen und ihre Geschenke in Empfang zu nehmen.

Nach einer Weile nimmt das Wasser vor dem Podest die Form einer Frau an. Zunächst sehen die Anwesenden nur zwei fast durchsichtige Hände, die sich an das Podest klammern. Dann erscheint Agilie den Männern der Gruppe als schöne, junge Frau mit langem, wasserfarbenem Haar und einer sinnlich wirkenden Figur. Voranga und Mersyn sehen stattdessen eine nackte Jugendliche mit athletischer Figur. Während Agilia das Podest erklimmt sind alle Augen auf sie gerichtet. Aus den Reihen der Männer ist der ein oder andere Seufzer zu hören.

Agilia stimmt zunächst ein unbeschwertes Lied über die Fische im Wasser an:

Fischschwärme flitzen bei Nacht und bei Tag
Zwischen dem grasgrünen Ried hier im Fluss
Und jeder Wanderer, den ich sehr mag,
schenkt mir schon bald einen blubbernden Kuss.

Dann steht sie bei ihren Geschenken in der Mitte des Kreises und verwandelt sich zum Grauen der Anwesenden in eine abstoßende Hexe mit schuppigem Gesicht und gebeugtem Rücken. Ihr Haar hat sich in lange Wasserschlangen verwandelt, die offenen Mundes mit ihren Reißzähnen nach den Spielerfiguren schnappen. Dann stößt sie ein Geschrei aus, das den Anwesenden das Blut in den Adern gefrieren lässt:

Wutgeschrei und Zischen dringt an euer Ohr,
dunkler Hass erreicht mein freches Publikum,
 Hasserfüllte Leidenschaft bricht hier hervor,
und ihr fragt noch dreist nach dem Warum?

Nur mühsam können die Anwesenden den Drang unterdrücken, in blinder Panik Reißaus zu nehmen. Finfin fasst sich schließlich ein Herz und spricht Agilia auf den Grund ihres Besuches an: „Wir sind hier, weil in Fort der roten Kuh Kinder vermisst werden. Wir haben außerdem erfahren, dass unser Clan wegen dem Wasser in deinem Bach von einer Krankheit heimgesucht wird. Weißt du etwas darüber?“

Aus Agilia bricht es daraufhin nur so hervor: „Betrogen! Ich bin betrogen worden! Die tückische, verhasste rote Kuh! Womit habe ich das verdient?“ Schluchzend fährt sie fort: „Niemand soll von meinem Wasser trinken oder meine Gaben empfangen! Diese Geschichte wird euch noch leidtun!“

Voranga aber erwidert: „Orlanth ist hier!“ und deutet auf Jhorn, dem sie mit einer schnellen Geste zu verstehen gibt, dass er Agilia die Geschenke übergeben soll. Währenddessen behauptet sie: „Er wird das Zerbrochene richten und den Fehler wiedergutmachen.“

Agilia aber ist nicht so leicht zu besänftigen und behauptet: „Ich werde die Kinder behalten. Die rote Kuh hat keine guten Eltern.“

Mit diesen Worten hat die Verhandlung begonnen. Die Mitglieder der Gruppe bitten, erklären, auch die eine oder andere Drohung wird ausgesprochen. Agilia zeigt sich zunächst unnachgiebig in ihrem Zorn. Sie gibt der Gruppe zu verstehen, dass sie dem Clan der roten Kuh nicht die Kinder zurückgeben und auch nicht ihren Schutz über das Trinkwasser aus dem Heortbach erneuern wird. Schließlich begegnet ihr Ergerim mit der ungeschminkten Wahrheit: er spricht vom Kummer der Familie Jostharl Dreistocks und der Gefahr für den Clan aufgrund des schwächenden Krankheit genau in dem Moment, in dem die Fehde mit den Smaragdschwertern neu entflammt. Für einen kleinen Moment zögert Agilia und blickt Engerim mit einem mitfühlenden Blick an, dann aber schüttelt sie sich und spuckt bösartig aus: „Mein Geliebter hat mich betrogen und er stammt aus eurem Clan. Er ist es nicht wert, dass sein Name genannt wird, ich aber werde seinen Liebesverrat nie vergessen!“ Agilia deutet auf das Sumpfwasser, aus dem sie eine ebenfalls durchscheinende Gestalt erschafft. Mersyn erkennt sie wieder: es ist ein Abbild des hübschen, jungen Knechts Farnantyr vom Hof Jostharl Dreistocks, der bisher von der Krankheit verschont geblieben ist. Agilia stößt einen Wutschrei aus, springt der Erscheinung an die Kehle und verschwindet gemeinsam mit ihr im Sumpfwasser.

-

Das war keine leichte Sitzung für uns alle. Ich merke, wie das Setting immer noch sehr erklärungsbedürftig ist. Zu den vielen Nichtspielerfiguren kommen noch immer viele weitere hinzu. Ein besonderes Problem stellt die Tatsache dar, dass die Spielerfiguren all diese Clanmitglieder eigentlich zumindest flüchtig kennen sollten. Jedes Mal, wenn so jemand auftaucht, muss ich daher eigentlich möglichst schnell eine kompakte Kurzeinführung zur Hand haben, über die ich die Spieler informieren kann. Das gelingt mir nicht immer. Es kommt dazu, dass der gesamte Abend über weite Strecken improvisiert war. Die Ereignisse in Sardalheim habe ich noch ganz gut hinbekommen, die Darstellung der weltfremden Voranga Kummervoll gelang mir aber nicht durchgehend so, wie ich es gern gehabt hätte. Wir waren an diesem Freitagabend irgendwie alle ein wenig gebeutelt von der Arbeit und nicht ganz fit. Die Aussprache in Broddis Halle war vom Abenteuer her eigentlich früher vorgesehen. Hier musste ich relativ schnell entscheiden, was während der Abwesenheit der Spielerfiguren im Fort der roten Kuh schon vorgefallen ist. Hinterher bekam ich als Feedback, dass Orldes´ und Mersyns Aufnahme in den Widerstand gut aufgenommen wurde. Offensichtlich mögen meine Spieler Entscheidungen mit Folgen! Die Schlussszene im Sumpf hatte ich gut vorbereitet. Sie war immerhin noch ein stimmungsvoller Abschluss des Abends.

Wie es weitergeht, weiß im Moment niemand so genau. Das Abenteuer geht davon aus, dass sich die Spielefiguren auf die Suche nach Farnantyr, dem ehemaligen Geliebten Agilias, machen. Mal sehen, ob das auch wirklich geschieht.
« Letzte Änderung: 12.01.2020 | 03:34 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 5)
« Antwort #11 am: 12.01.2020 | 04:46 »


Nach Agilias Verschwinden wird den Gefährten klar, dass sie mit Farnantyr sprechen müssen. Er ist der Verursacher der ganzen Probleme, also soll er sich auch um die Lösung kümmern!

Eine Nacht verbringt die Gruppe noch in der Höhle von Voranga Kummervoll. Auch Borngold Vielbrüder ist dabei. Vor der Höhle maunzen die Aluchse in der ersten wärmeren Frühlingsnacht des Jahres. In der Höhle sorgen Vorangas kleine Luftgeister für Frischluft.

Es ist der Wildtag der Todeswoche in der Seezeit 1618. Am nächsten Tag machen sich die Abenteurer auf den Rückweg. Bevor sie aber ins Fort der roten Kuh zurückkehren, brauchen sie aber noch einen Ort für Orldes und Mersyn. Da die beiden von den Besatzern des lunaren Imperiums als Rebellen gesucht werden, sollten sie sich im Ort nicht mehr blicken lassen. Der kleine Schriftgelehrte und die Bärenfrau machen in Grünweide halt, wo sie sich in der Scheune verstecken, in der zuvor Ashart Abendschlucker mit seiner Frau genächtigt hat. Solange der Orlanthpriester unterwegs ist, können die beiden wohl hier bleiben.

Jhorn, Finfin, Barmast und Engerim kehren ins Fort der roten Kuh zurück, begleitet von den beiden Aluchsen Finfins und Jhorns. Auf ihrem Weg zum Hof von Jostharl Dreistock begegnen sie Bolik Rotdrechsler, einem Mann aus der Bolthoring Sippe, der aber eng mit den Besatzern des lunaren Imperiums zusammenarbeitet und inzwischen zum Priester des Kultes der Sieben Mütter avanciert ist, für den er Missionierungsaufgaben erfüllt. Bolik befragt die Heimkehrer nach Orldes, der ja lange in der Hütte von Barmast gelebt hat. Barmast gibt an, ihn eine Weile nicht mehr gesehen zu haben. Finfin sagt, er habe gehört, dass Orldes nach Jonstadt reisen wolle. Bolik spricht offen darüber, dass Orldes zusammen mit Mersyn als Rebellen gesucht werden und dass sich das lunare Imperium ja in der Regel sehr erkenntlich zeigt, wenn jemand sachdienliche Hinweise auf Rebellen geben kann. Er selbst habe in der Angelegenheit jedenfalls ein offenes Ohr. Die vier Männer schlucken ihren Ärger herunter, spucken eine Hausecke weiter aus und betreten den Hof von Jostharl Dreistock.

Die Hofbewohner begrüßen sie mit einer Mischung aus Trauer und Hoffnung. Sie sehen, dass die Kinder des Hofes noch nicht gerettet sind, hoffen aber weiterhin auf den Erfolg der Rückkehrer. Eine Magd versorgt sie mit den neuesten Informationen: Ein paar Bewohnern des Hofes geht es etwas besser. Seit bekannt ist, dass das Wasser des Heortbaches für die Krankheit im Clan der roten Kuh verantwortlich ist, ziehen die Menschen im Fort einige Kilometer weiter, um aus dem Bach (ein anderes Gewässer als der Heortbach) ihr Wasser zu gewinnen. Die Menschen werden dadurch gesünder, aber der Aufwand der Wassergewinnung ist immens und kostet viel Kraft.

Als sich Finfin nach Farnantyr erkundigt, bekommt er erzählt, dass der Mann seit zwei Tagen verschwunden ist. Gerüchtehalber heißt es, dass er irgendwo eine Geliebte habe. Wo er steckt, weiß niemand. Finfin will wissen, ob Farnantyr irgendwelche Freunde hat, bei denen man sich nach seinem Aufenthalt erkundigen könnte. Die Gefährten erfahren daraufhin von seiner Schwester Renedala, die ebenfalls auf den Hof von Jostharl Dreistock lebt.

Die Gruppe folgt daraufhin den Hinweisen der Hofbewohner und findet Renedala im Obst- und Gemüsegarten, wo sie in einem Apfelbaum sitzt und an einem Holzschwert schnitzt. Sie ist etwas erst zwölf Jahre alt, hat sich aber bereits ihr Haar kurz geschnitten und rot gefärbt. Jeder rechnet damit, dass sich bei ihrer bevorstehenden Initiation die Luftrune zeigt und Renedala der kriegerischen Rachegöttin Vinga folgt.

Der Verlauf des Gesprächs verläuft nicht gut. Barmast und Jhorn reden auf Renedala ein, die auch zunächst zugibt, zu wissen wo ihr Bruder steckt. Den Ort verraten will sie allerdings nicht. Als Jhorn dem Mädchen verdeutlicht, was auf dem Spiel steht und zunehmend Druck ausübt, verliert Renedala irgendwann die Nerven, stößt gestresst die Worte „Mist, um alles muss ich mich selber kümmern“ vor und rennt davon. Sie steuert zielstrebig den Gemüsekeller an, in dem die Gefährten vor ein paar Tagen bereits den Zugang zu dem unterirdischen Gang entdeckt haben. Mit großen Augen blicken sie sich an – dann nehmen sie die Verfolgung auf.

Im Gemüsekeller angelangt sind aus der Öffnung zum Gang Geräusche zu hören. Barmast, Finfin und Jhorn mitsamt seinem Aluchs eilen hinterher und befinden sich plötzlich im Dunkeln. Engerim bleibt zurück. Da Renedala keine Lichtquelle dabei hat, verhalten sich die Abenteurer wie sie auch: sie bewegen sich an den Wänden entlang tastend vorwärts. Hin und wieder ist Renedala in einiger Entfernung zu hören. Ihre Verfolger rufen ihr hinterher sie soll stehenbleiben. Das Mädchen verhält sich aber störrisch und scheint sich auch im Dunkeln in diesen Gängen einigermaßen orientieren zu können.

Die Tunnel unter dem Fort der roten Kuh sind in den Sandstein gegraben. Einige sind von Wasser ausgewaschen worden, andere sind von Menschen mit Geweihhacken gegraben worden. Zu sehen ist davon allerdings fast nichts. An einigen Stellen wachsen in den Gängen ein paar schwach phosphoreszierende Moose, ein wenig Unterstützung bekommt Jhorn auch durch seinen Aluchs, mit dem er geistig so verbunden ist, dass er dessen Sicht verwenden kann. An einigen Stellen sind Stufen in den Fels geschlagen, hin und wieder ist auch der Boden abgeflacht und die Gänge erweitert worden, dann wieder passieren die Abenteurer Räume, deren Zweck längst vergessen wurde. An solchen Stellen kommen die Männer einigermaßen zurecht.

Ihr Weg führt aber oft genug auch durch völlige Finsternis und dann wird es mühsam. Barmast stürzt schon bald an einer Stelle einen eineinhalb Meter tiefen Absatz herab und schlägt sich die Nase an, kurz darauf stößt er sich an einem Fels, der in einen Gang hineinragt. Er beschließt daraufhin, die Verfolgung aufzugeben und in den Gemüsekeller des Hofes von Jostharl Dreistock zurückzukehren. Jhorn reißt beim Tasten an einer einsturzgefährdeten Wand einen Teil des Gesteins herunter und Finfin hat nach einiger Zeit unter Tage mit zunehmender Atemnot zu kämpfen. Nach einigen Stunden werden die beiden verbleibenden Verfolger von Schuttläufern angegriffen, rattenähnlichen, unterirdisch lebenden Kreaturen von etwa einem halben Meter Länge, die in Rudeln in unterirdischen Gängen oder Ruinen leben und sich auch schon ein oder zweimal ihren Weg in die Vorratskammern des Forts der roten Kuh gebahnt haben. Jhorn schlägt mit seinem Schwert nach der ersten schattenhaften Gestalt, schiebt ihr seine Klinge direkt zwischen den zwei oder drei Reihen nadelscharfer Zähne ins Hirn und schleudert sein Opfer den anderen Tieren des Rudels entgegen. Finfin nimmt Voriofs Krummstab und fegt mit kreisartigen Schlägen einige der Tiere zur Seite. Das Rudel ergreift daraufhin die Flucht.

Nach einigen Stunden ist verstummen die Geräusche, die Renedala verursacht, mit einem abschließenden „Platsch“. Es klingt, als befinde sich Wasser in der Nähe. Der Weg von Finfin und Jhorn führt daraufhin steil in die Höhe und endet schließlich in einer niedrigen Höhle, in der sie sich nur gebückt aufhalten können. Mehr als die Hälfte der Höhle steht unter Wasser, das sich in sanften Wellen kräuselt. An einer Stelle leuchtet das Wasser trüb: es wird von Tageslicht erhellt. Finfin und Jhorn steigen in das Nass, tauchen und gelangen kurz darauf in einem Fluss in der Nähe des Ufers wieder an die Wasseroberfläche.

Jhorn und Finfin hören als erstes ein paar erregte Frauenstimmen, die ihnen unbekannt sind. Offenbar diskutieren sie über die nicht weit entfernt stehende Renedala. Da Jhorn und Finfin noch nicht entdeckt worden sind suchen sie Zuflucht hinter ein paar kleineren Felsen am Flussufer und beobachten die Szene ohne sich einzuschalten.

Ein paar Momente später sind nicht weit entfernt ein paar Alarmhörner zu hören. Weitere Menschen kommen zum Flussufer gerannt, schließlich auch eine Handvoll Krieger. Deren Anführer ist Jhorn und Finfin durchaus bekannt: Es ist Rostakus Doppelbandit, der Mann der im vergangenen Jahr Jordarn den Rassler in einem Duell getötet hat. Er ist der Waffenmeister des befeindeten Clans der Smaragdschwerter. Jhorn und Finfin wundern sich. Offenbar haben sie in den unterirdischen Gängen den Heortbach und den Bach passiert und sind nun im Gebiet der Smaragdschwerter wieder ins Freie gelangt. Finfin blickt sich um und sieht ein paar Kilometer entfernt in der Ferne auf der Klippe am Heortbach das Fort der roten Kuh liegen. Er weiß nun auch, wo er sich befindet. Das nahegelegenen Dorf, in dem die zusammengelaufenen Menschen wohnen, muss Bachwende sein, eine Siedlung an der Grenze des Clangebietes der Smaragdschwerter. Schon bald wird die Aufmerksamkeit der beiden Männer vom Clan der roten Kuh aber von den Geschehnissen um Renedala gefesselt.

Rostakus Doppelbandit verhält sich dem Mädchen gegenüber reichlich aggressiv. Er verspottet sie und fragt, ob es im Clan der roten Kuh schon so weit gekommen ist, dass die Kinder ins Feindesland ausgesandt werden. Renedala wird daraufhin zornig auf Rostakus und ruft: „Ich bin schon fast eine Frau und werde in Kürze ein Vingan sein.“ Rostakus lacht grausam und antwortet: „Schon bald wirst du mit deinem Gesicht im Dreck liegen und versuchen, deine Gedärme davon abzuhalten aus dem Loch in deinem Bauch zu quellen, das die ein Speer zugefügt hast. So ergeht es denen, die zu jung und blöd sind um zu wissen, dass ein Krieg Mord und Totschlag mit sich bringt!“

Dann fragt Rostakus Renedala, was sie in Bachwende wolle. Renedala erzählt ihm, dass sie ihren Bruder warnen wollte. Als Rostakus fragt, wo sich dieser Bruder aufhalte, erklärt Renedala, dass er sich sicherlich in der Hütte von Mirani aufhalte, der er liebend zugeneigt sei. Rostakus gerät daraufhin in Wut und ruft: „Was soll das heißen? Eine unserer Töchter ist eine Hure und vögelt mit einem Hund vom Clan der roten Kuh? Da seid ihr mir einige Antworten schuldig! Zuerst werde ich mich aber wohl mit dem Knaben unterhalten müssen! Man soll den Hundesohn und die Hure herbeibringen!“ Jhorn und Finfin klingeln die Ohren. Da die Clans der Region die katzenartigen Aluchse als Haustiere halten und auf Wölfe, Hunde und deren Verwandten nicht gut zu sprechen sind, ist der „Hundesohn“ eine doppelte Beleidigung. Die beiden Männer schauen sich an, bleiben aber zähneknirschend in ihrem Versteck. Sie denken an Kampf – den sie in dieser Situation sicherlich verlieren würden.

Ein paar Leute aus der Menschenmenge um Renedala und Rostakus werden ausgesandt und kommen etwas später mit Farnantyr und einer jungen Frau zurück. Rostakus spuckt sofort vor ihr aus und fährt sie gereizt an: „Mirani, du Schlampe, du machst´s mit einem Hund vom Clan der roten Kuh! Davon wird noch der Häuptling erfahren! Er soll wissen, wie du dich hier selbst entwürdigst.“ Die Clanangehörigen der Smaragdschwerter reagieren auf seine Worte mit zustimmendem Nicken. Eine Frau spuckt Mirani ins Gesicht und schreit: „Hure!“ Farnantyr versucht das Mädchen vor der Meute zu schützen. Ein Stein fliegt herbei und trifft in an der Seite seines Kopfes. Blut rinnt ihm über sein Gesicht und einen Moment lang ist er wie gelähmt. Dann ruft er: „Hört auf! Lasst sie in Ruhe!“ Rostakus lässt die Menschenmenge gewähren.

Noch immer schauen Jhorn und Finfin ohnmächtig der Szene zu. Irgendwann fliegen noch einige Steine mehr und einer von ihnen trifft Farnantyr so, dass er zu Boden geht. Die Frauen bespucken Mirani noch weiter, werfen ihr Schimpfworte zu und ziehen sie an den Haaren. Renedala schreit und stürzt auf Rostakus zu, der ihr ausweicht, lacht, sie fängt, übers Knie legt und versohlt. Unter Tränen schickt er sie zurück zu ihrem am Boden liegenden Bruder. Sein Gelächter schallt Jhorn und Finfin höhnisch in den Ohren.

Schließlich wird Mirani weggeführt. Während sie noch Farnantyrs Namen ruft, führt der Clan der Smaragdschwerter sie zu ihrem Häuptling. Den halb ohnmächtigen Farnantyr lassen die Menschen am Flussufer zurück.

Auch auf dem Rückweg ins Fort der roten Kuh nehmen Jhorn und Finfin den Weg durch die unterirdischen Gänge. Sie haben den verletzten Farnantyr dabei, was die Sache nicht leichter macht. Sie haben aber immerhin auch die ortskundige Renedala dabei, die sie relativ sicher führen kann. Irgendwann in der Nacht erreichen die Abenteurer erschöpft Jostharl Dreistocks Gemüsekeller, wo bereits Barmast und Ustarna Tatenreich auf sie warten. Die kundige Heilerin hat sich in der Zwischenzeit Barmasts Nase und seine Schürwunden angesehen und ihm Linderung verschafft. Nun bringen die Versammelten Farnantyr nach Grünweide in die Scheune, in der sich Mersyn und Orldes aufhalten.

Dort angekommen wartet ein ernstes Gespräch auf Farnantyr, der zunächst recht froh ist, nicht über Mirani befragt zu werden. Er berichtet jedenfalls recht offenherzig von seinen Rendezvous mit der Nymphe und sagt: „Ich konnte einfach nicht widerstehen. Ihr habt sie ja selbst gesehen! Ich glaube nicht, dass es mehr als Sex war. Wir trafen uns an einem Teich in einer großen Höhle irgendwo in den Tunneln. Ich bin oft dorthin gegangen um sie zu treffen. Das konnte aber doch keine dauerhafte Beziehung sein, oder? Ich bin schließlich nur ein Bauernsohn und habe noch nicht einmal genug Ochsen, um sie vor meinen Pflug zu spannen. Was für ein Interesse hat ein göttliches Wesen an mir?“

Mersyn macht Farnantyr klar, dass seine Untreue offenbar der Grund für Agilias Zorn und ihre Entführung der Kinder ist. Farnantyr wirkt er wie am Boden zerstört und stöhnt: „Ich habe so etwas nie beabsichtigt. Ich habe alles falsch gemacht.“ Barmast mahnt: „Du wirst dich mit der Nymphe treffen müssen. Morgen! Die Angelegenheit muss baldmöglichst bereinigt werden.“ Farnantyr ist einverstanden, aber es ist ihm anzusehen, dass er auch Angst vor der Szene hat. Er fügt hinzu: „Ich werde Mirani nicht betrügen! Ich liebe sie. Das müsst ihr der Nymphe erklären.“
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1618, Abenteuer 1: Die Vermissten (Sitzung 5)
« Antwort #12 am: 12.01.2020 | 04:54 »


Es ist der Gottestag der Todeswoche in der Seezeit 1618. Noch in der Morgendämmerung schmuggeln die Abenteurer Mersyn und Orldes auf einem Rinderkarren ins Fort der roten Kuh. Sie betreten mit Finfin, Jhorn und Barmast zusammen vom Gemüsekeller Jostharl Dreistocks aus erneut die Gänge unter dem Ort – Farnantyr haben sie im Schlepptau. Er zeigt ihnen den Weg zu der Höhle im Gangsystem, wo er sich mit Agilia getroffen hat. Auf dem Grund des dort befindlichen Teiches schlafen und spielen derzeit die vermissten Kinder – ein oder zwei von ihnen tauchen kurz aus den Fluten auf, winken den Neuankömmlingen zu und verschwinden dann wieder im Wasser. „Wie ist das möglich?“, fragen sich einige der Abenteurer.

Schon bald nach ihrer Ankunft taucht Agilia aus dem Wasser auf. Sie gleicht einer strahlenden Schönheit und sagt: „Geliebter! Ich wusste, dass du zurückkommst!“ Farnantyr wirkt etwas erschrocken und wirft den Spielerfiguren flehentliche Blicke zu. Leide bittet er sie: „Könnt ihr ihr nicht erklären, dass wir keine Geliebten mehr sein können, weil ich jemand anderes gefunden habe?“

Agilia merkt schon sehr schnell, dass Farnantyr nicht gekommen ist, um zu ihr zurückzukehren. Ihr Gesicht verwandelt sich schnell wieder in das der Hexe mit den Schlangenhaaren. Die Kinder hören auf zu spielen und tauchen tief in den See ein. Farnantyr hockt sich auf den Boden und winselt angsterfüllt.

Mersyn stößt Farnantyr in die Rippen. Sie bedeutet ihm, sich zusammenzureißen, sich zu erklären und sich bei Agilia zu entschuldigen. Das bekommt Farnantyr mit Mühe hin. Dann erklärt Barmast, in welcher prekären Situation sich der Clan der roten Kuh befindet, seit Agilia ihre schützende Hand von ihm genommen hat. Er bietet der Nymphe den zitternden Farnantyr an... als Geliebter ist er nicht mehr zu gebrauchen, als Diener vielleicht aber schon. Ein unheilvolles Grinsen geht über Agilias Gesicht. Sie sagt Barmast, dass diese Person Farnantyr für sie keine Bedeutung mehr besitze. Barmast hingegen könne sie sich durchaus als Geliebten vorstellen. Agilia rückt näher an den Geisterkundigen heran und mustert ihn neugierig. Da ergreift Orldes das Wort und erzählt ihr, dass es die Jugend sei, die zukünftigen Generationen von ihrer Existenz erzählen werde. Genau diese Jugend sei aber hier in ihrem Teich gefangen. Die Kinder scheinen glücklich zu sein. Wäre es nicht schön, wenn sie im Clan der roten Kuh von den glücklichen Erlebnissen in Agilias Reich berichten könnten? Agilia scheint nicht allzu interessiert. Sie macht eine wegwerfende Handbewegung und erwidert kalt: „Es ist recht. Nehmt sie mit. Der Heortbach hingegen wird weiter meinen Zorn in seinen Fluten mit sich führen!“ Jhorn räuspert sich und ergreift das Wort. Sein Thema ist Gerechtigkeit. Er versucht Agilia deutlich zu machen, dass der Schuldige Farnantyr sei und vor ihr stehe, dass sie aber den ganzen Clan leiden lasse. Agilia schweigt. Mersyn erzählt ihr daraufhin, dass eine Wiederherstellung der alten Ordnung sicherlich Anlass für ein Frühlingsfest am Heortbach sei, an dem Agilias Stärke und Weitsicht gepriesen werden könnte. Agilia schweigt. Schließlich spricht Barmast noch einmal und erinnert Agilia an die Naturgeister, die sich in ihrem Reich befinden: „Sie alle tragen deinen Zorn und zeugen von deiner Macht. Aber haben nicht auch sie eine andere Existenz verdient?“ Barmast stimmt ein paar beschwörende Worte an und ruft die Geister des Wassers herbei. Schließlich steigen zwei durchscheinende, schillernde Männergestalten aus dem Teich, die Agilia ermattet ihre Hände auf die Schulter legen. Lange stehen sie da, während Agilia ganz allmählich in sich zusammensinkt. Sie lässt ihre Schultern fallen, ihre Schlangenhaare bilden sich zurück, ihre Schuppenhaut glättet sich. Schließlich wendet sie sich ab, schreitet mit den beiden Wassergeistern auf den Teich zu und spricht mit nahezu tonloser Stimme: „Es ist gut.“ Dann steigt sie ins Wasser und verschwindet.

Kurz darauf springen die Kinder aus dem Teich. Staunend stellen die Anwesenden fest, dass sie von Agilia eine Gabe erhalten haben. Hinter ihren Ohren befinden sich Kiemen, zwischen Fingern und Zehen haben sie ein paar Schwimmhäute. Guter Dinge kehren alle Anwesenden in Jostharl Dreistocks Gemüsekeller zurück. Es ist inzwischen Nachmittag. Finfin und Barmast begeben sich zur Halle von Broddi Sippenstark und lassen den Häuptling des Clans von einem Leibwächter wecken. Finfin bittet ihn, zum Hof von Jostharl Dreistock mitzukommen, aber Broddi ist noch schläfrig und würde lieber im Warmen vor Mahomets Feueraluchs bleiben. Finfin verdeutlicht ihm, dass es um Dinge geht, die vielleicht nicht jeder Leibwächter wissen muss. Daraufhin wirft sich Broddi eine Decke über und folgt ihm.

Der Clanhäuptling bekommt die gesamte Geschichte erzählt. Über das unvorsichtige Vorgehen der Gruppe am Grabhügel runzelt er die Stirn, auch die Art und Weise, wie sie mit Renedala gesprochen haben, findet nicht seine Zustimmung.
Seine erste Reaktion betrifft den neu entdeckten Ausgang der unterirdischen Gänge in unmittelbarer Nähe des Dorfes Bachwende auf dem Gebiet der Smaragdschwerter. Er beschließt, die entsprechenden Verbindungsgänge zu sperren. Eine Entdeckung dieser Gänge durch die Feinde sei viel zu gefährlich. Abgesehen davon zeigt sich Broddi zufrieden mit den Erfolgen seiner Männer und Frauen. Er sagt: „Offenbar muss man auf der Hut vor euch sein, denn wo ihr euch bewegt, da lauert Gefahr. Dennoch habt ihr einiges erreicht. Ein Platz beim Raub der Riesenkühe im nächsten Jahr dürfte euch sicher sein.“

Es wird auch über die Zukunft von Farnantyr gesprochen. Broddi behauptet, eine Hochzeit zwischen Farnantyr und Mirani könnte ein guter Weg sein einen Friedensvertrag zu schließen. Noch sei die Situation dafür allerdings nicht gekommen. Für einen solchen Schritt seien Bemühungen aller Ratsmitglieder notwendig.

Mersyn nutzt die Gelegenheit, Broddi auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Sie wird wie Orldes auch nicht länger im Fort der roten Kuh leben können, da sich Verräter unter den Clanmitglieder befinden, die ihre Anwesenheit an die lunaren Besatzer verraten könnten. Wäre es nicht richtig, diesen Leuten ihre Grenzen aufzuzeigen? Broddi lächelt gequält und antwortet: „Mersyn, mein Kind! Ich hoffe noch lange meine schützende Hand über dich halten zu können, aber ich fürchte gleichzeitig den Tag, an dem das nicht mehr möglich sein wird.“

Daraufhin verlassen Mersyn und Orldes das Fort der roten Kuh – so heimlich wie sie gekommen sind.

-

Naja – wir sind mit dem ersten Abenteuer der Kampagne durch. Die Situation im Dorf Bachwende war für meinen Geschmack zu undramatisch. Das lag an vorsichtigen Spielern und einer phänomenal geglückten Probe auf Tarnung. Etwas schade.

Ich werde allerdings diese tolldreiste Göre Renedala demnächst ihren Clanbrüdern und –schwestern noch ein wenig von der Feigheit Jhorns und Finfins erzählen lassen, die sich am Ufer versteckt haben, während sie persönlich sich mit Rostakus Doppelbandit angelegt hat! Ha!

Noch immer gibt es zwischendurch Momente, in denen wir über die Regeln sprechen müssen. Das liegt aber daran, dass wir uns lang nicht mehr gesehen haben und einiges neu geklärt werden musste. Im Großen und Ganzen läuft das System und tut das, was es soll. Nächster Schritt: Ressourcenregeln durchlesen. Spätestens wenn die Seezeit vergangen ist, muss ich die anwenden können.

Nach diesem Abenteuer kann jedenfalls eine ganze Menge geschehen. Ich denke, ich lasse die Fehde zunächst einmal noch etwas eskalieren. Es lenkt die Spielerfiguren ein wenig vom lunaren Imperium ab. Mit dem werden wir später vermutlich noch genug zu tun bekommen.
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1618, Abenteuer 2: Jarstaks Raubzug (Sitzung 6)
« Antwort #13 am: 1.02.2020 | 05:48 »


Es ist der Lehmtag der Fruchtbarkeitswoche in der Seezeit 1618. Drei Tage nach der Rückkehr von Agilias Kindern in den Hof von Jostharl Dreistock feiert der Clan der roten Kuh zu Ehren Ernaldas das Fest der Aussaat. Während der Feierlichkeiten kursieren ein paar interessante Geschichten aus der Ferne. Im südlich gelegenen Land Kethaela scheinen anarchische Zustände zu herrschen. Während sich Hochkönig Broyan noch immer in Weißwall verschanzt, zieht Fazzur der Belesene bei Wilmskirch Truppen zusammen um mit einer weiteren Invasion Heortland den Rest zu geben. Im Fort der roten Kuh wird an diesem Tag allerdings fröhlich gefeiert und auch Finfin, Jhorn, Engerim und Barmast tummeln sich in der Menge. Mersyn und Orldes meiden allerdings die Siedlung, weil sie von den Besatzern des lunaren Imperiums als Verräter eingestuft und deshalb gesucht werden. Sie verstecken sich weiterhin in einer Scheune in Grünweide, nicht weit vom Hof, an dem auch Finfin arbeitet.

Bei allem Spaß erleben Finfin und Jhorn doch auch den ein oder anderen seltsamen Augenblick. Bekannte, die ihnen gegenüber in der Vergangenheit offen und aufgeschlossen waren, verhalten sich distanziert und zurückhaltend. Noch während sich die beiden Männer nach der Ursache fragen, erscheint Finfins Schwester Ida und beginnt zu erzählen: „Hört zu, ich bin nicht hier, um euch Vorschriften zu machen, ihr solltet aber wissen, dass Renedala im Dorf die Geschichte erzählt, wie sie sich als Heranwachsende ganz allein dem Waffenmeister der Smaragdschwerter Rostakus Doppelbandit entgegenstellte, während sich zwei erwachsene Männer ihres Clans hinter Felsen am Flussufer versteckten und während der Angelegenheit nur zusahen. Ihr könnt euch denken, wie solche Geschichten die Meinung, die einige unserer Leute von euch haben, verändert.“ Finfin und Jhorn schauen sich an und schweigen einen Moment. Dann sagt Finfin: „Ida, glaub´ mir: wir haben das Richtige getan. Jedes andere Verhalten hätte zu einer Katastrophe geführt!“ Ida zuckt daraufhin mit den Schultern und sagt: „Ihr braucht mir nichts zu erklären. Überzeugt lieber unsere Leute davon, dass ihr keine Feiglinge seid!“ Mit einem aufmunternden Nicken, knallt sie ihr Glas Met gegen die Humpen von Finfin und Jhorn, dann rauscht die mit ihren wehenden roten Haaren ab.

Etwas später bekommen die Festteilnehmer Wind von einer anderen Angelegenheit: Jarstak Bürstenbart, ein Leibwächter des Clanhäuptlings Broddi, erscheint sichtlich schlecht gelaunt, trinkt viel und spricht mit Kangharl Schwarzstirn. Noch etwas später erscheint Häuptling Broddi Sippenstark selbst. Auch er scheint verärgert zu sein. Schnell macht ein Bericht über einen Vorfall in Broddis Halle die Runde. Jarstak Bürstenbart bat am Morgen Broddi darum, einem Viehdiebstahl auf den Ländereien der Smaragdschwerter zuzustimmen. Broddi aber – in seiner Angst vor einer Ausweitung der Fehde – verbat den Raub und sagte: „Nur ein Narr sticht mit einem Stock in ein Hornissennest, du hältst dich von den Smaragdschwertern fern!“

Eine Weile lang schauen sich die Abenteurer an, wie Kangharl Schwarzstirn auf den immer betrunkener werdenden Jarstak Bürstenbart einredet und dieser immer wütender wird. Irgendwann schüttelt Barmast den Kopf. Er sagt: „Orlanths Rassel ist Jarstak schlecht bekommen. Er verhält sich wie ein dummer Junge.“ Dann macht er sich auf den Weg ins freie Feld um dort mit ein paar Geistern Zwiesprache zu halten. Noch später begibt er sich zu seiner Hütte und legt sich schlafen. Auch die anderen Abenteurer verlassen irgendwann das Fest. Finfin und Jhorn wandern noch ein paar Kilometer in Richtung Grünweide um Mersyn und Orldes ein paar Stücke vom Festtagsbraten zukommen zu lassen.

In der Scheune, in der die beiden Rebellen untergebracht sind, werden aber schon andere Pläne geschmiedet. Die kürzlich entdeckten Gänge unter dem Fort der roten Kuh haben die Phantasie von Mersyn und Orldes angestachelt. Die Rede ist von Schätzen und weiteren Ausgängen. Orldes schwärmt ein wenig davon, das Gangsystem zu kartographieren. Als Finfin und Jhorn eintreffen und von ihren Plänen hören, zeigen auch sie Interesse. Es wird beschlossen, dass noch in derselben Nacht, wenn ein Großteil der Bewohner im Fort der roten Kuh betrunken sind, eine weitere Expedition in das Gangsystem zu starten.

Spät in der Nacht begeben sich Finfin, Orldes, Mersyn und Jhorn zur Siedlung. Jhorn wird vorausgeschickt um nachzusehen, wer die Torwache übernommen hat. Erleichtert stellt er fest, dass es sich um Enerin Bürstenbart handelt. Der Mann ist ein Rebell, er wird Orldes und Mersyn nicht verraten. Noch etwas später steigen die vier Abenteurer über den Zaun des Hofes von Jostharl Dreistock und begeben sich in den dortigen Gemüsekeller.

Finfin verschwindet noch einmal kurz und klopft bei Engerim, um auch ihn zur Teilnahme an ihrer Expedition zu bewegen. Engerim packt ein paar Sachen zusammen und schließt sich seinen Freunden an. Nur Barmast fehlt.

Die Erkundung der Gänge unter dem Fort der roten Kuh verläuft etwas besser als beim ersten Mal, was hauptsächlich daran liegt, dass die Abenteurer genügend Lichtquellen dabei haben. Die Gruppe profitiert auch vom Spürsinn der beiden Aluchse von Finfin und Jhorn. Die Tiere wittern die in den Gängen lebenden Schuttläufer und helfen so der Gruppe eine weitere Begegnung mit den unangenehmen Nagern zu verhindern. Trotzdem kommt bei der Exkursion nicht viel heraus. Der ansonsten mit einem guten Orientierungssinn ausgestattete Engerim kommt in den Gängen schlecht zurecht, Orldes´ Kartographierungsversuche schlagen fehl und auch Mersyns bärenartiger Geruchssinn bringt nicht viel. Ein paar Stunden später klettern die Abenteurer gesund, aber etwas frustriert wieder in Jostharls Dreistocks Gemüsekeller aus den Gängen hinaus. Sie beschließen, Barmast aufzusuchen und ihm von ihren Erlebnissen zu berichten.

In Barmasts Hütte geschehen soeben allerdings ganz andere Dinge. Im düsteren Morgengrauen klopft es an seiner Tür. Der Geistermagier öffnet zögerlich die Tür und sieht Kangharl Schwarzstirn und Salissa Dreigatten vor sich. Erstaunt bittet er die beiden hinein. Sie erzählen ihm, dass sie soeben vom Fest der Aussaat kommen und auf ihrem weiteren Weg einen kleinen Abstecher gemacht haben, um ihn zu besuchen. Barmast murmelt etwas davon, dass ihr Besuch ihn ehre und macht ihnen einen Tee. Kangharl und Salissa wirken etwas ungeduldig, sie warten aber, bis Barmast seiner Rolle als Gastgeber nachkommen konnte.

In diesem Moment erreichen Finfin, Orldes, Jhorn, Mersyn und Engerim Barmasts Hütte. Finfin will die Tür öffnen, da hört er in der Hütte ein leises Gespräch. Wer besucht Barmast zu dieser unmöglichen Zeit? Finfin gibt seinen Freunden ein Zeichen und die Gruppe versteckt sich in einiger Etnfernung in ein paar Büschen. Hier beobachten sie die Hütte, um zu erfahren, welche Besucher den Ort wieder verlassen. Einen Moment müssen sie allerdings noch warten.

Im Inneren der Hütte spricht Kangharl mit Barmast: „Jarstak Bürstenbart bereitet einen Raubzug auf die Ländereien der Smaragdschwerter vor und sucht nach Mitstreitern. Er hat erfahren, dass die Smaragdschwerter uns Cinsina nicht mehr den „mutigen“, sondern den „feigen“ Stamm nennen, wahrscheinlich deshalb, weil niemand von uns den Blutpreis für erlittenes Unrecht eintreibt. Nach Jarstaks vergeblicher Bitte bei Broddi, unser Häuptling möge sein Vorhaben unterstützen, hat er beim Fest geschworen, den Raubzug auf das Dorf Bachwende ohne Erlaubnis zu unternehmen. Es gibt einige junge Männer, die ebenfalls daran interessiert sind. Wir sind hier, um auch euch um eine Teilnahme zu bitten. Es ist die Gelegenheit für euch, euch einen Namen zu machen. Für mich ist es unerträglich, dass die Mörder meiner Frau ihre Nase über uns rümpfen und über unsere Schwäche spotten. Ich kann nicht vergessen, wie sie mein Heim niedergebrannt haben und ich mit anhören musste, wie meine Frau im Inneren schrie während sie verbrannte. Jede Nacht träume ich davon und wache schweißgebadet auf, es bleibt mein Verlangen nach Rache. Das Wergeld, das Broddi mit Duruvan ausgemacht hat, werde ich nie akzeptieren können. In diesem Sommer, das schwöre ich bei Orlanth, wird Korlmhor der Flinke für das, was er mir angetan hat, büßen. Im Moment soll aber der Raubzug reichen um den Smaragdschwertern ein paar blutige Nasen zu verpassen. Vielleicht gewähren mir dann meine Ahnen einen Moment Ruhe.“

Barmast reagiert zurückhaltend und gibt Kangharl zu verstehen, dass Broddi  mit seinem Verbot lediglich versucht ein Blutvergießen zu verhindern. Kangharl wisse selbst, wie wenig sich Jarstak Bürstenbart unter Kontrolle hat. Mit diesem Führer ist zu befürchten, dass aus einem harmlosen Viehdiebstahl ein furchtbarer Krieg werden kann.

Dann spricht Salissa: „Als ich im Clan unter den Weiden aufwuchs konnten die Ernaldapriesterinnen und die Göttersprecher immer sicher sein, dass Orlanth sie beschützt und ihnen zugefügtes Unrecht wiedergutmacht. Ich befürchte, das ist derzeit im Clan der roten Kuh keine Selbstverständlichkeit mehr. Es gibt hier einfach zu wenige, die dem Clan beistehen, wenn seine Ehre auf dem Spiel steht. Bedenkt auch, was für euch auf dem Spiel steht. Ihr seid aufgrund eures Angriffs auf den Grabhügel dafür verantwortlich, dass der Clan zehn Kühe an die Männer und Frauen des lunaren Imperiums zahlen muss. Habt ihr diese Kühe? Nein? Dann holt sie euch doch einfach von den Smaragdschwertern, so könnt ihr eure Schuld begleichen!“

Barmast ist etwas schockiert und fragt: „Woher habt ihr diese Information?“ Salissa antwortet: „Es wurde im Rat darüber gesprochen.“ Stirnrunzelnd beginnt Barmast zu grübeln, da fügt Kangharl hinzu: „Wir sind auch hier, weil wir hofften, weitere Männer zu gewinnen. Hat nicht eine Weile lang Orldes bei dir gewohnt, Barmast?“ Barmast stimmt zu, erklärt aber, dass der Ort für den kleinwüchsigen Schreiber – jetzt wo er als Rebell gegen das lunare Imperium gilt – zu gefährlich geworden sei. Kangharl fügt hinzu: „Ich will nicht zu sehr in euch dringen und muss nicht unbedingt wissen, wo sich der Zwerg befindet. Wenn ihr ihn aber seht, dann erzählt ihm doch, dass auch Farandar Orendalsson seine Teilnahme an dem Raubzug zugesichert hat. Er hält die Smaragdschwerter und überhaupt den gesamten fetten Stamm – die Dinacoli – für Kollaborateure des lunaren Imperiums und begrüßt einen Schlag gegen sie. Derzeit versucht er sogar, den brühmten Widerstandskämpfer Orstalor Speerherr und seine Truppe davon zu überzeugen an dem Raubzug teilzunehmen.“

Barmast beginnt zu wanken. Kangharl und Salissa haben ein paar gute Argumente auf ihrer Seite. Einen Moment Bedenkzeit braucht er aber noch. Daher fragt er, wie es weitergeht. Kangharl erklärt ihm, dass er derzeit in Tormakts Farm, seinem Heim, Teilnehmer für den Viehdiebstahl versammelt. Wenn Barmast bereit ist, soll er dorthin kommen. Er werde dann stets ein Platz am Feuer seiner Halle finden. Barmast dürfe aber nicht zu lange überlegen. In ein paar Tagen werde man aufbrechen. Nach diesen Worten verabschieden sich Salissa und er.

Vor der Tür beobachten Finfin, Jhorn, Mersyn, Orldes und Engerim, wie Kangharl und Salissa Barmasts Hütte verlassen und davon ziehen. Als sie bei dem Geistermagier an die Tür klopfen fällt der erste Sonnenstrahl über die Hügel der Ländereien vom Clan der roten Kuh. Barmast erzählt seinen Freunden von seinem Gespräch mit Kangharl und Salissa, woraufhin die unterschiedlichsten Pläne geschmiedet werden. Irgendwann einigen sich die Abenteurer auf zwei Dinge:

Zunächst einmal muss Broddi informiert werden. Jarstaks Raubzug kommt einem Putschversuch gleich. Broddi muss davon erfahren, sonst ist er die längste Zeit Häuptling des Clans der roten Kuh gewesen.

Und dann wollen die Abenteurer Broddi vorschlagen, einen eigenen Viehdiebstahl durchzuführen. Broddi hat Jarstak den Viehdiebstahl verboten, niemand zwingt ihn aber, ihnen gegenüber genauso zu handeln. Wenn die Abenteurer Jarstak und seinen Männern im Auftrag Broddis zuvor kommen und ohne Blutvergießen mit ein paar guten Kühen das Fort der roten Kuh erreichen, haben sie viel erreicht: Sie hätten ihre eigene Schuld beglichen, Jhorn und Finfin hätten ihren Mut unter Beweis gestellt und den Männern um Jarstak Bürstenbart wäre der Wind aus den Segeln genommen. Vielleicht kann auf diese Art und Weise das Schlimmste verhindert werden.

Es ist der Windtag der Fruchtbarkeitswoche in der Seezeit 1618. Nach zwei Stunden Schlaf in Barmasts Hütte begeben sich Jhorn, Finfin, Engerim und Barmast zu Broddi. Mersyn und Orldes bleiben in Barmasts Hütte zurück. Nachdem Broddi gehört hat, was die Abenteurer vorhaben, reagiert er ablehnend: "Wenn man euch feige nennt, müsst ihr da gleich größenwahnsinnig werden? Ihr wollt zu sechst einen Viehdiebstahl bei den Smaragdschwertern durchführen? Ich muss auch das verbieten, denn ich kann nicht einfach so leichtsinnig das Leben meiner Männer wegwerfen! Aber selbst wenn euch das gelingen sollte: Was glaubt ihr, was hier los ist, wenn all die Männer, die sich um Jarstak Bürstenbart versammelt haben, erfahren, dass ich ihren Viehdiebstahl verboten, euren aber erlaubt habe... und dass ihr diesen Raub auch noch so schnell durchgeführt habt, dass ihr Kangharl und die anderen damit vor vollendete Tatsachen stellt? Was geschieht, wenn diese aufgebrachten Männer unverrichteter Dinge wieder gehen müssen? Auf diese Weise rettet ihr keinen Clan, ihr vergrößert lediglich die Kluft zwischen den unterschiedlichen Parteien.“

Ratlos schauen die Abenteurer Broddi Sippenstark an. Seine Rede hat ihnen für einen Moment die Sprache verschlagen. Dann aber setzt Broddi hinzu: „Ich kann Jarstaks Raubzug nicht im Nachhinein noch erlauben. Wenn ihr aber etwas tun wollt, dann nehmt trotzdem daran teil. Versucht zu verhindern, dass der Diebstahl außer Kontrolle gerät. Das ist schwer genug! Wenn euch das gelingt, sind euch ein paar Kühe aus meiner Herde sicher.“

Zögernd beginnen die Anwesenden zu nicken. Sie sind mit Broddis Vorschlag einverstanden. Auf dem Rückweg zu Barmasts Hütte schmieden sie aber bereits andere Pläne. Jhorn spricht: „Auch bei so einem friedlichen Auftrag kann ein quergeschlagener Pfeil, der Rostakus Doppelbandit zur Strecke bringt, nicht immer vermieden werden!“ Engerim antwortet: „Durch einen versehentlichen Schlag von hinten in den Rücken von Kangharl Schwarzstirn könnte man dann auch gleich ganz reinen Tisch machen!“ Barmast sagt aber: "Damit warten wir besser noch einen Moment. Vielleicht ist ein stärkerer Häuptling als Broddi gar keine schlechte Idee!"

-

Das war trotz ausgiebiger Planung eine spannende Sitzung. Wir haben nur wenig gewürfelt und uns stattdessen die Köpfe heißdiskutiert. Am Ende hätte man wohl normalerweise eine Probe machen lassen, ob die Abenteurer Broddi überzeugen können. Das war aber nicht mehr möglich, denn meine Worte hatten bereits sie überzeugt. Noch immer sind die Spielerfiguren durchaus nicht immer der gleichen Meinung und müssen ihre Vorschläge durch gute Argumente untermauern. Noch immer ist auch gar nicht klar, in welcher Richtung die beste Lösung liegt. Das Abenteuer lässt die Figuren in eine Zwickmühle nach der anderen laufen, was in der heutigen Runde zu Hochspannung geführt hat.

Inzwischen gibt es noch zwei Spieler, die sich mit mir gemeinsam um die Klärung der Regeln kümmern. Ich bin angesichts der unübersichtlichen Regeln froh um diese Unterstützung. Wir habe nur noch ein paar kleine Lücken, die sich nicht eindeutig füllen lassen (unter anderem deshalb, weil sich Regeltext und Beispiele widersprechen – ächz). Immerhin sind wir jetzt alle gleichermaßen bereit dazu, die Restunklarheiten durch Hausregeln festzuzurren.

Unser nächstes Ziel besteht darin, solche Planungsgespräche noch mehr In-Game durchzuführen. Ich bemühe mich zwar darum, scheue mich aber als Spielleiter oft davor, In-Game einzufordern, weil ich dadurch auch immer wieder Diskussionen unterbreche, über die ich ja eigentlich sehr froh bin. Toll ist aber auch in dieser Hinsicht: Es herrscht Einigkeit. Alle wollen mehr In-Game spielen! Vielleicht haben wir eine Chance dazu, wenn wir keine Regeln mehr besprechen müssen.

Ich bin schon sehr gespannt auf´s nächste Mal. Da wird der Viehdiebstahl wohl stattfinden.
« Letzte Änderung: 1.02.2020 | 12:41 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 2: Jarstaks Raubzug (Sitzung 7)
« Antwort #14 am: 1.03.2020 | 22:40 »


Nachdem Mersyn und Orldes in Barmasts Hütte von der Unterredung mit Häuptling Broddi Sippenstark erfahren, bereiten die Freunde ihre Teilnahme am Viehdiebstahl Jarstak Bürstenbarts vor. Engerim spricht noch einmal bei Häuptling Broddi Sippenstark vor und gerät dabei in ein gemeinsames Frühstück des Häuptlings mit Königin Ivartha Wolfshäuterin und ihrem Gefolge. Die Königin unterhält sich soeben mit einem ihrer Leibwächter, einem Mann namens Vastyr Bluthemd vom Grünheft Clan, dessen Gesicht von Narben gezeichnet ist. Er verabschiedet sich von der Königin und verlässt die traute Runde. Engerim wird begrüßt und bittet daraufhin Broddi, ihm für den Viehdiebstahl den gläsernen Schmetterling aus dem Clanschatz mitzugeben. Mit diesem Artefakt lassen sich über begrenzte Entfernung Nachrichten verschicken. Broddi schärft Engerim ein, wie wichtig das Artefakt für den Clan ist, besonders im Winter, wenn das Land verschneit ist und sich Nachrichten auf andere Weise nur sehr mühsam übermitteln lassen. Engerim bekommt den Befehl, für die Rücksendung des Schmetterlings zu sorgen, und wenn es das letzte sei, was er in seinem Leben tue. Engerim gelobt ernst, dass er genau so zu handeln gedenkt. Danach macht er sich mit dem Artefakt auf den Weg zu Tormakts Farm, dem Heim Kangharl Schwarzstirns, in dem sich die Plünderer versammeln wollen.

Finfin und Jhorn statten dem Hof von Jostharl Dreistock einen Besuch ab. Sie wollen mit Farnanthyr sprechen, der immerhin aufgrund seiner Geliebten Mirani in der Vergangenheit mehrfach heimlich das Dorf Bachwende besucht hat und eine gewisse Ortskenntnis erworben haben dürfte. Finfin und Jhorn wissen, dass sich der Stamm der Dinacoli, zu dem die Smaragdschwerter gehören, mit dem lunaren Imperium recht gut arrangiert hat. Sie wissen aber auch, dass diejenigen, die den Glauben an die rote Göttin des lunaren Imperiums ablehnen und weiterhin Orlanth und Ernalda die Treue halten von ihren Stammesgenossen die Ländereien weggenommen bekommen haben und als Knechte dienen müssen. Finfin und Jhorn hoffen, dass sich diese Leute irgendwie organisieren lassen und dann durch einen Aufstand oder ähnliches sowohl dem lunaren Imperium als auch dem gegnerischen Clan einen empfindlichen Schlag versetzen. Sie nehmen an dem Viehdiebstahl unter anderem deshalb teil, weil sie mehr über diese Unzufriedenen herausfinden wollen. Zuerst aber fragen sie Farnanthyr, was er über sie weiß. Viel ist es nicht. Farnanthyr kennt den Hof seiner Geliebten Mirani und weiß auch, dass einer der Knechte, die dort arbeiten, zu diesen Leuten gehört. Er weiß, dass der Knecht Durgur heißt, aber die Lage des Hofes und das Aussehen des Mannes kann er nur so ungefähr beschreiben, dass Finfin und Jhorn zweifeln, ob sie ihn finden können. Jhorn versucht daher, Farnanthyr zur Teilnahme am Viehdiebstahl zu überreden und behauptet, dass das vielleicht eine gute Gelegenheit sei, seine geliebte Mirani zu sich nach Hause zu holen. Farnanthyr denkt einen Moment nach und erklärt sich dann dazu bereit, mitzukommen. Zu dritt machen sie sich auf den Weg zu Tormakts Farm.

Mersyn und Orldes haben immer noch keine Möglichkeit sich im Fort der roten Kuh blicken zu lassen. Sie wollen sich daher sofort mit Barmast auf den Weg zu Tormakts Farm machen. Als sie aber den Geistermagier dazu auffordern, seine Sachen zusammenzupacken, sehen sie, wie der Mann über einer rauchenden Schale sitzt und sich offenbar in Trance befindet. Vorsichtig sprechen sie ein paarmal auf ihn ein, dann gewinnt er für einen Moment sein Bewusstsein zurück. Er schaut Mersyn und Orldes durch kleine Augenschlitze an und sagt: „Die Totengeister rufen ihre zurückgelassenen Freunde! Ich muss sie besänftigen!“ Dann fällt er wieder in seine Trance zurück. Bedauernd lassen Mersyn und Orldes den Mann zurück und setzen sich in Richtung Tormakts Farm in Bewegung. Sie sind die ersten, die am Wohnort Kangharl Schwarzstirns ankommen. Vor dessen Gutshaus errichtet Jaranil der Donnerer, der erste Leibwächter Broddis, einen Scheiterhaufen, auf dem Gaben für Orlanth dargebracht werden sollen. Wie üblich bitten die Plünderer Orlanth darum, dass er ihr Vorhaben wohlgefällig betrachtet.

Mersyn und Orldes grüßen den Mann, dann betreten sie die Farm selbst. Im Haus treffen sie auf weitere Teilnehmer des Raubzuges:

Neben Jarstak Bürstenbart, dem Initiator des Plünderzuges, und Kangharl Schwarzstirn, seinem mächtigen Freund, werden sie auch von Farandar Orendalsson begrüßt. Der Widerstandskämpfer gegen das lunare Imperium hat versucht, den legendären Orstalor Speerherr für die Sache zu gewinnen. Der Mann liegt allerdings mit Mikis Schlammhühnern, wie seine Guerillakämpfer genannt werden, an der Königsstraße und lauert lunaren Handelskarawanen auf. Für einen Viehdiebstahl hat er gegenwärtig keine Zeit. Farandar aber will seinen Beitrag leisten.

Auch Frekor Tiefwald, der Vertreter von Odayla, des Jagdgottes, ist anwesend. Er ist der Mentor Mersyns und begrüßt sie herzlich. Dann setzt er sich mit ihr etwas abseits, schärft seine wertvollen Eisenwaffen und erzählt, dass Jarstak ihn gebeten hat, für den Raubzug seine Kenntnisse als Pfadfinder und Kundschafter zur Verfügung zu stellen. Nach wiederholten Bitten hat er zugesagt, allerdings bleibt er misstrauisch. Er erzählt Mersyn, dass er die Männer vom Clan der roten Kuh nach Bachwende führen, dann aber wahrscheinlich im Unterholz verschwinden wird. Mersyn nickt und schweigt.

Abgesehen von ihnen befinden sich 3 weitere Männer der Tormakting und ein Mann der Osmanning unter den Anwesenden.

Nicht viel später betritt ein weiterer Mann die Halle von Tormakts Farm. Sein Gesicht ist von Narben gezeichnet. Er stellt sich als Vastyr Bluthemd vor, entbietet den Anwesenden den Gruß von Königin Ivartha und erklärt, dass er das Zeichen für ihre Anteilnahme am bevorstehenden Raubzug sei. Er werde in ihrem Auftrag daran teilnehmen. Die Anwesenden reagieren erfreut.

Noch etwas später erreichen auch Engerim, schließlich auch Finfin, Jhorn und Farnanthyr Tormakts Farm. Alle Neuankömmlinge werden freundlich begrüßt und erhalten ein Glas mit warmem Met. In der Halle werden unterdessen ein paar Details besprochen: Frekor berichtet von Stellen, an denen der Bach gut überquert werden kann. Jarstak Bürstenbart erzählt davon, dass die Smaragdschwerter auf einer Weide im Zentrum ihres Dorfes ihren Preisstier weiden lassen. Durch den Raub dieses Tieres sei es möglich, den Smaragdschwertern einen demoralisierenden Schlag zu versetzen, der alle ihre Untaten rächen könne. Die Freunde hören sich Jarstaks Worte mit ungutem Gefühl an.

Erneut geht die Tür und Ortossi Ketilsson grüßt die Anwesenden. Der Mann ist ein weiterer Leibwächter von Häuptling Broddi Sippenstark, ein unermüdlicher Kämpfer, der bekannt ist für sein Schwert „Sturmhobel“, das einen Drachenknochen als Griff besitzt und ohne Ortossis Zutun kämpfen kann. Man berichtet auch von wahren Wundertaten, die der Mann mit seinem Schild veranstalten kann. Als Ortossi eintritt fährt Vastyr Bluthemd in die Höhe und scheint einen Moment lang seine Kontrolle verloren zu haben. Die beiden Männer wechseln einen kalten Blick, dann setzen sich beide.

Als letzter Teilnehmer des Viehdiebstahls schließt sich noch Orkarl Eisenbart an. Auch er ist ein legendärer Mann, der einst in einem Kampf erschlagen wurde, Jahre später aber von neuem Leben erfüllt in das Fort der roten Kuh zurückkehrte. Seit diesem Moment hat er seine Existenz dem Totengott Humakt geweiht. Orkarl spricht selten und auch diesmal begnügt er sich mit einem Nicken und setzt sich dann einfach zu den anderen Versammelten.

Schließlich finden sich 18 Plünderer vor dem Scheiterhaufen zusammen. Jaranil der Donnerer hält eine Ansprache, Mersyn schlachtet eine Kuh und schließlich brennt das Opferfeuer, dessen Rauch in einem kontinuierlichen, grauen Streifen zum Himmel aufsteigt. Jaranil der Donnerer spricht: „Orlanth ist mit uns, Freunde. Lasst uns aufbrechen!“, worauf Frekor Tiefwald die Gruppe im Schutz der Dunkelheit nach Osten in Richtung des Baches führt.
« Letzte Änderung: 2.05.2020 | 11:43 von Chiarina »
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« Antwort #15 am: 1.03.2020 | 22:51 »


Die Überquerung des Baches erfolgt schwimmend und ist für keinen der Viehdiebe problematisch. Vielleicht zwei Stunden später erreicht die Gruppe einen Waldrand. Zwischen den Bäumen ist in der Nacht undeutlich das Ziel des Raubzugs, das Dorf Bachwende, zu sehen. In nur sehr wenigen Fenstern brennt Licht, das Dorf wirkt ruhig und friedlich. Frekor Tiefwald weist den Dieben eine geschützte Stelle zu, woraufhin über das weitere Vorgehen beraten wird. Engerim empfiehlt den Anwesenden, mit dem Diebstahl selbst noch einen Moment zu warten. Er will mit Farnanthyr zu dem Haus, in dem dessen Geliebte Marani lebt. Dort soll dann, eventuell mit Maranis Hilfe, nach dem Knecht Durgur Ausschau gehalten werden. Wenn sie mit dem Mann zu den Viehdieben zurückkehren, ist zu erwarten, dass hilfreiche Informationen über die Reichtümer der Smaragdschwerter und die besonders unangenehmen Clanmitglieder zur Verfügung stehen. Auf diese Weise könnte der Diebstahl dann gezielter durchgeführt werden. Die Männer schauen Engerim zweifelnd an: Das hört sich kompliziert an, der Erfolg des Vorhabens scheint zweifelhaft. Schließlich aber sagt Engerim: „Gebt uns ein oder zwei Stunden!“, worauf Kangharl Schwarzstirn schließlich zustimmt und sagt: „Seht zu, was ihr erreichen könnt!“

An der besagten Aktion beteiligen sich auch Jhorn, Mersyn, Orldes und Finfin. Zusammen mit Engerim und Farnanthyr schleichen sie zu dem am Nordrand des Dorfes gelegenen Hof von Mirani. Auch hier begeben sich die Diebe zunächst in die Deckung des nahegelegenen Waldes. Farnanthyr wird über die genaueren Umstände in Maranis Heim ausgefragt und erzählt, dass die Bewohner in der Regel in ein und demselben Raum übernachten. Orldes verleiht Farnanthyr daraufhin mit seinem Stab der Illusionen ein verändertes Äußeres, dann wird er in das Haus geschickt. Er soll Marani befragen, wo sich der Knecht Durgur befindet und dann mit ihm – eventuell auch mit Marani selbst, zu den Freunden zurückkehren. Farnanthyr macht sich auf den Weg. Währenddessen versuchen die Zurückgebliebenen sich zu orientieren. Zur linken befinden sich in der Nähe des Baches zwei Viehgehege, ein drittes muss sich im Zentrum des Dorfes befinden. Dort ist wohl auch mit dem Preisstier der Smaragdschwerter zu rechnen. Finfin begibt sich zu einem der Viehgehege am Bach. Er schaut sich genau an, welche der Tiere gesund und flink sind. Wenn es soweit ist, will er sofort die richtigen Tiere antreiben können.

Dann kommt es zur Katastrophe. Im Haus von Marani werden Stimmen laut, das Licht geht an, ein Streit ist zu hören, schließlich schlüpfen zwei Gestalten nach draußen und entkommen in der Dunkelheit, aber andere Hausbewohner laufen auf den Hof und schimpfen lautstark den Flüchtenden hinterher. Schließlich laufen auch die Bewohner der benachbarten Häuser zusammen. Wenige Momente später erklingt im Südwesten des Dorfes das Horn von Jarstak Bürstenbart. Er feuert die übrigen Viehdiebe an, läuft ihnen voran ins Dorf und schreit: „Rührt euch, Söhne der Smaragdschwerter, die rote Kuh fällt über euch her!“

Aus den Langhäusern eilen Männer, halbangezogen und mit Speeren bewaffnet. Auch Rostakus Doppelbandit und seine Söhne erscheinen. Sie setzen Helme auf und stellen sich den Viehdieben aus dem Clan der roten Kuh entgegen, indem sie über die Hauptstraße hinweg einen Schildwall bilden. Jarstak rennt zwischen ihnen und seinen eigenen Leuten hin und her, grinst und schreit: „Wer nimmt es mit mir auf?“ Er ist in mörderischer Stimmung und schickt sich an eine Bresche in den Schildwall zu schlagen.

Die Freunde reagieren darauf unterschiedlich. Finfin geht zur Tat über, öffnet die Gatter des Geheges und beginnt, die von ihm ausgewählten Tiere in Richtung Fluss zu treiben. Mersyn und Jhorn begeben sich zum zweiten Gehege. Während Jhorn das Tor öffnet, verwandelt sich Mersyn in ihre Bärengestalt und versetzt mit lautem Brüllen die Kühe in Panik. Einige von ihnen verfallen in eine wüste Stampede, galoppieren die Hauptstraße hinunter und halten direkt von hinten auf die Männer der Smaragdschwerter zu, die 150 Meter weiter den Schildwall bilden. Orldes verleiht sich mit dem Stab der Illusionen ein kindliches Äußeres und gibt sich als ein Sprössling der Smaragdschwerter aus. Dann begibt er sich zum zentralen Viehgehege und beschwätzt einen dort wachenden Krieger, dass er den Preisstier in Sicherheit bringen soll. Der Mann schaut den Kleinen an und sagt: „Also gut, bringe das Tier zu Senmanar.“ Orldes hat keine Ahnung, wo Senmanar wohnt, aber der Krieger deutet mit seiner Hand in eine Richtung, in die Orldes den Preisstier treibt. Engerim nimmt einen Umweg und versucht zu dem vor Eifer schäumenden Jarstak Bürstenbart zu gelangen.

Wenig später erreicht Mersyn in Bärengestalt das Kampfgeschehen und stößt ein derart furchterregendes Brüllen aus, dass die ohnehin schon von rasenden Kühen in Bedrängnis geratenen Männer der Smaragdschwerter nicht mehr in der Lage sind, ihren Schildwall aufrechtzuerhalten. Einige der Krieger fliehen. Der Kampf zerfällt in viele kleine Einzelauseinandersetzungen. Orldes treibt den Preisstier vor sich her und gibt ihm mit seinem Stab der Illusionen an einer unbeobachteten Straßenecke die Gestalt einer gewöhnlichen Kuh. Dann treibt er das Tier in Richtung des Baches, den Finfin mit seiner Herde bereits durchschwimmt. Jhorn hat sich ebenfalls in Richtung Dorfzentrum begeben. Er will bei entsprechender Gelegenheit in den Kampf eingreifen. In einiger Entfernung muss er aber mit ansehen, wie Ortossi Ketilsson an einer Hauswand entlang schleicht. Ein paar Meter hinter ihm folgt Vastyr Bluthemd mit gezogenem Langdolch. Jhorn kann die Situation nicht gut einschätzen: Haben beide Männer dasselbe Ziel oder hat es Vastyr auf Ortossi abgesehen? Sicherheitshalber begibt sich Jhorn in die Richtung und erzählt Ortossi, in welche Richtung Orldes den Preisstier getrieben hat. Während Ortossi davon eilt, schnappt sich Jhorn Vastyr Bluthemd und eilt mit ihm in Richtung der Kämpfenden. Er hat Rostakus Doppelbandit entdeckt und will ihn gemeinsam mit Vastyr Bluthemd angreifen. Engerim erreicht währenddessen Jarstak Bürstenbart und fährt ihm mit einer aufgelesenen Mistgabel in seinen Speer. Blind vor Raserei stürzt sich der Krieger auf den Mann, der ihn davon abhalten will, sich an den verhassten Smaragdschwertern zu rächen.

Auf der anderen Seite des Baches führen Finfin und Orldes inzwischen die Kühe und den Preisstier in Richtung Fort der roten Kuh. Mersyn will sich als Bär gerade in den Kampf werfen, da sieht sie einen Mann aus einem Hauseingang heraustreten. Es ist Korlmhyor, der Flinke, dem die Verantwortung für den Überfall auf Tormakts Farm vor drei Jahren und den Tod der Frau von Kangharl Schwarzstirn in den Flammen zugeschrieben wird. Kurz überlegt Mersyn, was es bedeuten würde, wenn dieser Mann hier vor Ort auf Kangharl Schwarzstirn träfe und entschließt sich, die Konfrontation zu verhindern. Drohend richtet sie sich auf und treibt den Mann eine Gasse entlang, weg vom Geschehen. Korlmhyor der Flinke ist ein erfahrener Kämpfer. Er gerät angesichts des beeindruckenden Bären vor ihm nicht in Panik, tritt aber den taktischen Rückzug an. Engerim kämpft tapfer mit seiner Mistgabel gegen Jarstak Bürstenbart und hält sich wacker. Schließlich reißt ihm der Rasende aber doch mit dem Speer seine Seite auf und der Tischler fällt zu Boden. Während Vastyr Bluthemd gegen Rostakus Doppelbandit kämpft, will sich Jhorn von hinten an den Waffenmeister der Smaragdschwerter heranschleichen. Dabei wird er allerdings von einem dessen Söhne überrascht. Kurze Zeit später hat Rostakus Doppelbandit Vastyr Bluthemd eine üble Kopfwunde zugefügt, Jhorn hingegen hält Rostakus´ Sohn in seiner Gewalt. Der Knabe liegt auf dem Boden, Jhorn droht ihn mit seinem Speer zu durchbohren. Dann stellt er Forderungen: „Wenn du willst, dass dein Sohn das hier überlebt, dann rufe deine Männer zurück. Die Kühe hier nehmen wir als Lösegeld für deinen Sohn mit, den wir am Bachufer freilassen werden. Du wirst auch Mirani ziehen lassen und die Fehde beenden!“ Rostakus Doppelbandit spuckt Galle: „Die Hure könnt ihr haben. Die Kühe könnt ihr uns wegnehmen, aber das letzte Wort ist darüber noch nicht gefallen. Die Fehde lässt sich auf diese Weise nicht beenden, das weißt du genau!“ Dann dreht er sich um und ruft: „Smaragdschwerter, legt die Waffen nieder.“

Langsam kehrt Ruhe im Dorf ein. Jarstak Bürstenbart kommt zur Besinnung, merkt, dass er einen Mann aus dem eigenen Clan zu Boden geschlagen hat und flieht erschüttert, die anderen Viehdiebe treiben ein paar Rinder davon. Am Wegesrand liegen ein paar schwerverletzte Smaragdschwerter. Vielleicht sind sie sogar tot. Am Fluss versetzt Jhorn dem Sohn von Rostakus Doppelbandit einen Stoß und schickt ihn zurück zu seinem Vater. Dann schwimmen die Männer vom Clan der roten Kuh mit ihrer Beute über den Fluss. Hasserfüllte Blicke der Smaragdschwerter folgen ihnen.

Im Fort der roten Kuh begrüßt Häuptling Broddi Sippenstark seine Leute mit einem Donnerwetter. Üblicherweise wird geraubtes Vieh zu Broddi gebracht, der den Räubern dann eine angemessene Belohnung aus der Beute zugesteht. Diesmal allerdings läuft es anders. Broddi brüllt: „Ich habe diesen Raubzug verboten und ihr seid trotzdem ausgezogen. Ihr habt nicht nur Rinder gestohlen, sondern von neuem den Zorn der Smaragdschwerter entfacht. Ich dachte bisher, die Trottel in Siebeneichen wären der übelste Dorn in der Seite des Clans. Ihr scheint ihnen den Rang aber offenbar streitig machen zu wollen! Die Rinder, die ihr geraubt habt, werden alle eingezogen. Wir werden sie als Wergeld für die Opfer in dieser blutigen Fehde brauchen. Und jetzt erwarte ich, dass ihr euren Pflichten dem Clan gegenüber nachkommt. Andernfalls melde ich euch beim lunaren Gouverneur als Gesetzlose. Verzieht euch!“

Einige der Plünderer meckern und Jarstak Bürstenbart behauptet, Broddi verletze hier seine Pflicht gegenüber seinen Gefolgsleuten. Kangharl Schwarzstirn hingegen lädt die Plünderer in Tormakts Farm ein, um den erfolgreichen Viehdiebstahl zu feiern. An seiner Seite befindet sich Salissa Dreigatten, die den Plünderern zuspricht, die Tugenden des Clans in Ehren gehalten zu haben. Als die Reihe an Finfin kommt, zeigt dieser Kangharl die kalte Schulter und schlägt seine Einladung aus. Kangharl behauptet im Gegensatz zu Broddi zu wissen, wie man seine Leute behandelt. Die Teilnahme an seiner Feier soll Finfins Schaden nicht sein. Finfin antwortet ihm daraufhin, dass er kein Interesse daran hat. Er habe vielmehr Interesse daran, seinem Häuptling loyal zur Seite zu stehen. Kangharl schaut Finfin daraufhin einen langen Moment in die Augen. Dann zuckt er mit den Schultern und wendet sich einem anderen seiner Männer zu.

Engerim, reagiert auf Kangharls Einladung ebenfalls zurückhaltend, brüskiert den Mann aber nicht so wie Finfin. Jhorn behält sich die Teilnahme an der Feier vor und behauptet, wenn es ihm möglich ist, kommen zu wollen. Mersyn und Orldes kehren derweil zu Barmasts Hütte zurück und berichten dem Geistermagier von den Ereignissen.

-

Das war eine explosive Runde, die Folgen haben wird – nicht nur Ingame.

Der Reihe nach: der Spieler von Barmast war krank, alle anderen waren anwesend. Ich denke, ich kann hier für mich und drei der anderen sprechen. Wir waren ziemlich geflasht von dem Abend. Wir hatten sechseinhalb Stunden Hochspannung. Es wurden Pläne gemacht, die so dermaßen schief gelaufen sind, wie sie schlimmer kaum schief laufen konnten. Es hat eine heftige Auseinandersetzung gegeben, in der alle fünf Gruppenmitglieder individuell andere Aktionen durchgezogen haben: jedes nach seinen Fähigkeiten und Einstellungen. Die Einzelaktionen wurden flott abgehandelt, niemand musste lange warten, das pacing war ziemlich atemberaubend und durch die Bank spannend und die Tuchfühlung mit einigen wichtigen Kriegern der Gegenseite war auch eine tolle Gelegenheit, mal über den Tellerrand des eigenen Clans hinauszuschauen. Das Ergebnis fühlte sich eher nach einem Sieg für den Clan der roten Kuh an. An der Eskalationsspirale wurde allerdings kräftig weiter gedreht.

Trotz der spektakulären Sitzung bleibt ein schaler Geschmack zurück. Zwei unserer Mitspieler haben offenbar Probleme.

In einem Fall – Engerim – zeichnete sich das schon länger ab. Der Spieler ist oft nicht bei der Sache. Woran das liegt, weiß ich nicht. Ich werde nicht mit meinen Spielern darüber diskutieren, ob es eine gute Idee ist, während des Spiels auf ihrem Handy herumzuklickern oder nicht. Bisher sah das für mich allerdings nach Desinteresse aus. Am betreffenden Abend schien es mir stattdessen eher Ausdruck einer Kränkung zu sein. Ein Mitspieler hatte dem Spieler Engerims während des Kampfes seiner Figur mit Jarstak Bürstenbart gesagt, dass eine Fertigkeit, die er im Kampf verwenden wollte, reichlich unpassend sei. Vielleicht reichte das schon, um ihn einschnappen zu lassen, vielleicht ist auch noch mehr passiert, wovon ich aber keine Ahnung habe. Dabei hatte ich quasi für den Kampf zwischen Engerim und Jarstak Bürstenbart den roten Drama-Teppich ausgerollt, wir haben den Konflikt auf ausgedehnte Art ausgespielt und es hätte viele Gelegenheiten gegeben coole Szenen zu schildern. Stattdessen kam absolut nichts. Der Spieler hat noch nicht einmal HeroPoints eingesetzt, mit denen er den Kampf noch hätte entscheiden können. Er hat das Ding ohne ein weiteres Wort ´runtergewürfelt, zwischen den Würfen auf sein Handy gestarrt und am Ende zur Kenntnis genommen, dass sein Charakter ausgeschaltet ist. Dann hat er sich verabschiedet.

Im anderen Fall – Finfin – ist es wohl so, dass dem Spieler das Geschehen zu heftig ist. Er hat seinen eigenen Spielertyp selbst als kuschel- und harmoniebedürftig beschrieben... und das, was in dieser Sitzung geschehen ist, war schon recht heftig. Insbesondere hat es ihn wohl gestört, dass eigentlich alle Spielerfiguren an dem Viehdiebstahl teilgenommen haben, um in der Fehde mit den Smaragdschwertern zu deeskalieren, Jhorn dann aber durch die Geiselnahme des Sohnes von Rostakus Doppelbandit eher das Gegenteil erreicht hat. Es klang so, als ob es der Spieler nur schlecht ertragen könne, dass nicht alle Spielerfiguren am selben, friedfertigen Strang gezogen haben. Das drohende Verhängnis und die zunehmende Gewalt scheinen ihm auch zuzusetzen. Er hat sich für die nächste Sitzung eine Auszeit erbeten und will über seinen weiteren Verbleib in der Runde nachdenken. Wenn er zurückkommt, dann vielleicht mit einer neuen Figur – einem Krieger. Ob das seine Probleme löst, weiß ich allerdings nicht. Auch er ist nach seinen Ausführungen relativ schnell gegangen.

Wir anderen waren wie vom Donner gerührt und haben noch eineinhalb Stunden darüber geredet, was da in unserer Gruppe gerade geschehen ist. Gerade vom Spieler Finfins, der sonst sehr engagiert bei der Sache ist, hätte das von uns vieren niemand erwartet. Ich bin besonders geknickt, weil ich eigentlich den Eindruck habe, dass das spielerisch ein extrem toller Abend war... und dann so etwas!

Derzeit vereinbaren wir mit dem kranken Spieler einen neuen Termin. Finfins Spieler wird einmal aussetzen... und dann? Engerims Spieler hat sich bisher nicht wieder gemeldet. Im Moment ist es vermutlich nicht verkehrt, erstmal die Emotionen ein bisschen abzukühlen. Irgendwann werden wir aber wohl reden müssen. Mal sehen, wie das weitergeht.
« Letzte Änderung: 2.03.2020 | 09:52 von Chiarina »
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Offline Behemoth

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Re: [HeroQuest Glorantha] Die elf Lichter
« Antwort #16 am: 3.03.2020 | 16:11 »
Großartig geschrieben! Sehr spannend! Bitte weiter so!

Offline Chiarina

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1618, Abenteuer 3: Lhankpentos der Blinde brennt (Sitzung 8)
« Antwort #17 am: 5.04.2020 | 05:14 »


Es ist der Feuertag der Fruchtbarkeitswoche in der Seezeit 1618. Ein Tag nach den Ereignissen von Bachwende besucht Jhorn seine Freunde  Mersyn und Orldes in Grünweide. Er will mit ihnen über das Geschehene sprechen. Dabei geht es erst einmal darum, sich zu verständigen, ob die Freunde die Geschehnisse überhaupt ähnlich einschätzen: War der vergangene Raubzug eher ein Sieg oder eine Niederlage? Wieviel Schuld besitzen der liebestolle Farnantyr, der blutrünstige Jarstak Bürstenbart und auch der Geiselnehmer Jhorn selbst an der zunehmenden Eskalation? Inwieweit hat sich Engerim durch seinen Angriff auf Jarstak Bürstenbart des Sippenstreits (Aggression gegenüber einem Mitglied aus dem eigenen Clan) schuldig gemacht? Wie groß ist die Gefahr, dass sich die Smaragdschwerter rächen werden? Wie groß ist die Gefahr, dass der eigene Clan in verschiedene Fraktionen zerfällt? Wie geeignet ist Broddi Sippenstark, den Clan auch weiterhin anzuführen? Wie soll sich der Clan zukünftig verhalten?

Nicht auf alle diese Fragen werden in diesem Gespräch Antworten gefunden. Ganz allgemein sind die Anwesenden nicht unglücklich über den Verlauf der Ereignisse, wobei die Gefahr durchaus erkannt wird. Der Clan der roten Kuh hat sich durch einen Raubzug in eine eher vorteilhafte Position gebracht. Die Meinungen im Clan sind aber uneinheitlich. Die Smaragdschwerter werden sich nach Vergeltung sehnen. Jhorn würde gern Farnanthyr und Jarstak Bürstenbart zur Rechenschaft ziehen. Alle hoffen, dass der Rat des Clans Engerims gute Absichten bei seinem Angriff auf Jarstak Bürstenbart erkennt und ihn nicht aufgrund von Sippenstreit für schuldig befindet. Insgesamt scheint eine kleine Atempause angemessen zu sein um die erhitzten Gemüter etwas zur Ruhe kommen zu lassen.

Auf der Weide blöken die Rinder. Orldes schaut durch ein Astloch und sieht Finfin auf der Straße stehen, der sich mit einem kleinen Mädchen unterhält. Jhorn, Mersyn und Orldes schauen nach und hören noch, wie Finfin sagt: „Ich bin nicht interessiert daran. Und weil die anderen hier gerade kommen, kannst du es ihnen auch selbst sagen!“ Dann wendet er sich ab und geht.

Erwartungsvoll sehen Mersyn, Jhorn und Orldes das Mädchen an. Mersyn erinnert sich: „Bist du nicht eines von Agilias Kindern, die wir aus dem Teich unter dem Fort der roten Kuh mit nach Hause nehmen konnten?“ „Ja“, sagt die Kleine und streckt ihnen stolz ihre Hände entgegen, bei denen sich seit ihrer Zeit in der Gewalt der Nymphe Schwimmflossen zwischen den Fingern gebildet haben. „Ich bin Joryn. Lhankpentos, der Blinde schickt mich und lädt euch für den Windtag zu einer Feier in Tormakts Farm ein, wo es anlässlich der Rückkehr von Agilias Kindern ein Fest geben soll. Ihr seid ja unsere Retter und daher die Ehrengäste!" Gerührt nehmen die drei Freunde die Einladung an. Allerdings fragen sie Joryn noch, was mit Finfin los war, der so sang- und klanglos wieder gegangen ist. Joryn erzählt ihnen, dass er die Einladung ausgeschlagen hat. Er sagt, er habe so schnell kein Interesse mehr daran, das Haus von Kangharl Schwarzstirn zu betreten. Mersyn, Jhorn und Orldes denken zum ersten Mal an die Gäste, die bei der Feier zu erwarten sind und runzeln ein wenig die Stirn. Der rachsüchtige Hausherr Kangharl Schwarzstirn dürfte einer der Drahtzieher des jüngsten Raubzuges ins Dorf Bachwende gewesen sein. Immerhin stammt die Einladung selbst aber vom gutmütigen Oberhaupt der Tormakting Sippe, dem blinden Lhankpentos, dem so schnell niemand etwas abschlagen kann.

Joryns Aufgabe ist noch nicht erledigt. Sie wendet sich dem Haus des Geisterredners zu und überbringt auch Barmast die Einladung zum Fest. Auch er sagt zu.

Engerim wird an dem Fest nicht teilnehmen, weil er noch von den Verletzungen, die ihm Jarstak Bürstenbart im Kampf von Bachwende zugefügt hat, genesen muss.

Bis zum Fest sind noch drei Tage Zeit, die die Freunde unterschiedlich verbringen. Mersyn, Jhorn und Orldes kümmern sich um ein Gastgeschenk. Sie gehen auf die Jagd und stöbern einen gewaltigen Eber auf, den sie gekonnt zur Strecke bringen und nach Grünweide schleppen.

Barmast stattet dem Fort der roten Kuh einen kleinen Besuch ab. Er will nach Farnantyr, dem Schönen und seiner Marani schauen. Farnantyr hat beim letzten Raubzug zu den Smaragdschwerter seine Geliebte Marani ohne zu Zögern entführt, dabei aber Aufsehen erregt, wodurch es letztlich zum Kampf kam. Einige Clanmitglieder halten ihn für den eigentlichen Schuldigen am Weiterdrehen der Eskalationsspirale der gegenwärtigen Fehde zwischen den beiden Clans. Im Fort der roten Kuh ist über sein gegenwärtiges Schicksal nicht viel bekannt. Auf Barmasts Fragen hin zucken die Angesprochenen mit den Schultern und schweigen.

Barmast versucht auch mit Broddi Sippenstark ein Gespräch zu führen. Es interessiert ihn, welchen Weg der Häuptling des Clans der roten Kuh im gegenwärtigen Konflikt einschlagen will. Barmast zweifelt daran, dass sich dessen Strategie, sich nach Möglichkeiten aus allen Streitigkeiten herauszuhalten, noch lange durchzuhalten ist. Enttäuscht muss Barmast aber feststellen, dass die ansonsten immer offen stehende Halle Broddis derzeit verschlossen ist. Eine Wache vor der Tür erzählt ihm, dass der Häuptling im Moment nicht für Gespräche zur Verfügung steht. Er bereite gerade die nächste Ratssitzung vor. Barmast wundert sich: die nächste Ratssitzung findet eigentlich erst in gut 5 Wochen statt.

Dann macht sich Barmast auf den Weg nach Sarostipheim. Der Weiler liegt einen halben Tag vom Fort der roten Kuh entfernt und ist das Zuhause von Jarkorl Schneebart, dem Oberhaupt der Sarostiping Sippe, mit dem sich Barmast eng verbunden fühlt und dem er einiges zu verdanken hat. Beim Abendessen sprechen die beiden Männer über die Zukunft des Clans. Jarkorl signalisiert, dass er grundsätzlich ähnlich wie Häuptling Broddi denkt. Leider aber habe Broddi ja vor einiger Zeit statt ihm selbst unbedingt Farandar Orendalsson in den Rat berufen müssen und wer so leichtsinnig auf Gleichgesonnene verzichtet, der dürfe sich nicht wundern, wenn er seinen Gegnern nicht mehr Herr wird. Barmast will wissen, warum Broddi sich für den überzeugten Widerstandskämpfer Farandar entschieden hat. Jarkorl erzählt ihm, dass es eine weitere dieser Entscheidungen gewesen sei, mit der es Broddi allen Recht machen wollte. Es gibt den Widerstand nun mal und er hatte noch keinen Vertreter im Rat – Broddi würde es wohl Gerechtigkeit nennen. Schulterzuckend fügt Jarkorl hinzu, dass ihm Broddi noch immer sympathisch sei. Wenn es die Zeiten aber erfordern, dann folge er auch einem anderen Häuptling. An allererster Stelle stehe für ihn die Einheit des Clans. Barmast bedankt sich für das Gespräch, trinkt noch ein Met und geht schlafen.

Am nächsten Vormittag bricht er zu einer weiteren Wanderung auf und trifft am Nachmittag in Grünweide ein, wo Mersyn, Jhorn und Orldes gerade mit dem Ausweiden und Zerkleinern ihres Ebers beschäftigt sind. Die Freunde verbringen einen friedlichen Abend miteinander, schlafen in Mersyns und Orldes´ Schlupfwinkel und machen sich am nächsten Tag am den Weg zu Tormakts Farm.
« Letzte Änderung: 2.05.2020 | 11:46 von Chiarina »
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Offline Chiarina

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1618, Abenteuer 3: Lhankpentos der Blinde brennt (Sitzung 8)
« Antwort #18 am: 5.04.2020 | 05:19 »


Es ist der Frosttag der Stillstandswoche in der Seezeit 1618. Die Freunde erreichen Tormakts Farm gegen Mittag und platzen mitten in die Festvorbereitungen hinein. Kangharl klopft ihnen auf die Schultern und freut sich offensichtlich über ihr Kommen. Nach ihrer Zurückhaltung auf Kangharls Einladung zur Feier anlässlich des vergangenen Raubzugs wird ihre Teilnahme nicht als Selbstverständlichkeit angesehen. Den mitgebrachten Eber nehmen die Hofbewohner freudig mit zur Feuerstelle.

Irgendwann am Nachmittag beginnt das Fest und Mersyn, Barmast, Jhorn und Orldes beäugen neugierig die Anwesenden. Neben den etwa 50 Männern, Frauen und Kindern, die in Tormakts Farm und den umliegenden Gebäuden leben, lassen sich vier Ratsmitglieder erkennen: Darna Mantel, die den Sitz der Fruchtbarkeitsgöttin Ernalda inne hat, mit ihrem Ehemann Kenstran Schwertzunge, Salissa Dreigatten, die den Sitz der Göttin der Rinder Uralda innehat mit ihrem Ehemann Vasrenkarl Vielbrüder, Kullina die Fette, die den Sitz der Göttin Esra Gerstenmutter innehat und Farandar Orendalsson, den Widerstandskämpfer, der im Rat den Sitz Barntars, des Gottes der Bauern, inne hat. Anwesend sind außerdem zwei Leibwachen des Häuptling, Jaranil der Donnerer und Jarstak Bürstenbart, und verschiedene bedeutendere Sippenmitglieder der Tormakting, zuallererst natürlich das Oberhaupt Lhankpentos der Blinde mit seinen beiden Söhnen Gringle Schildwall und Arlest der Unerreichte, außerdem die Heilerin des Clans, Ustarna Tatenreich mit ihrem Mann Broakhar Sonnenschild. Nicht zu vergessen ist der Anlass des Festes, die sieben geretteten „Kinder Agilias“, die von zehn Müttern und Vätern des Dreistockhofes und dem dortigen Hausherren Jostharl Dreistock selbst begleitet werden.

Überall auf dem Gelände von Tormakts Farm sind Festteilnehmer anzutreffen, insgesamt mögen es etwa 80 Mitglieder des Clans der roten Kuh sein, die die Rettung von Agilias Kindern feiern wollen. Die anwesenden Kinder spielen zum großen Teil im Freien, Eheleute vergnügen sich bei kleinen Spaziergängen, einige der für das Fest nötigen Arbeiten sind auf die Nachbarhäuser verlagert, der denkwürdigste Ort des Fests ist aber sicherlich Kangharls große Halle, in der sich die meisten Feiernden zu Trank und Speise zusammenfinden. Auch Mersyn, Barmast, Jhorn und Orldes halten sich dort auf.

Nachdem die zum Teil lautstarken Begrüßungen der Neuankömmlinge beendet sind wird es etwas stiller in der Halle und die Anwesenden bekommen einen Streit unter einigen der Kinder mit. Offensichtlich hat eines von Agilias Kindern, Venorth, Sohn von Orthar Großohr, keine Lust, sich mit den anderen Kindern im Kampf mit abgeknickten Ästen zu üben, wofür er von seinen Altersgenossen geärgert und aufgezogen wird. Venarth verzieht das Gesicht, bleibt aber in der Halle, wo er es scheinbar spannender findet. Der Streit der Kinder wird allerdings immer lauter und lässt sich irgendwann nicht mehr ignorieren. Kangharl Schwarzstirn spricht den kleinen Venarth an und fragt ihn: „He, was ist bei euch im Gange?“ Venarth steht auf, muss sich sichtbar ein Herz fassen und sagt dann, er wünsche sich nichts sehnlicher als eine der alten Geschichten von Orldes zu hören. Ein paar Anwesende lachen, auch Kangharl kann ein Schmunzeln nicht verhehlen. Trotzdem sagt er zu Orldes: „Fühl dich nicht genötigt! Wenn du aber etwas zu Besten geben willst, kannst du das gern tun.“ Einen kleinen Moment denkt Orldes nach, dann erzählt er die Geschichte von Ulanin und Starker Atem:

Einer unserer Ahnen war Vingkot Orlanthsson, ein Sohn Orlanths, Stammvater der Vingkotlinge. Eine seiner Töchter war Orgortal Sommer. Sie heiratete Ulanin, den Reiter, einen mächtigen Krieger und Helden der Vingkotlinge, deren Nachfahren den Stamm der Orgortäler gründeten.

Im Kampf führte Ulanin den Angriff seiner Krieger stets von der Spitze aus an und formierte seine stürmenden Waffenherren in Form eines Keils. Nur wenige Gegner blieben standhaft und flohen nicht, denn der Wind trug die Hufen von Ulanins Pferden und beschleunigte sie. An den Lanzen seiner Krieger jagten Blitze entlang und wenn ihre Spitzen auf die Schilde der Feinde auftrafen, erklang ein Donnerschlag, der die Feinde taumeln und erstarren ließ und zu Boden warf. Hatte Ulanin erst einmal die feindlichen Reihen durchbrochen, kämpfte er mit seinem Schwert weiter, zerschmetterte Helme, schlug Köpfe ab, zerbrach Schlüsselbeine und richtete allgemein großen Schaden unter seinen Feinden an. Oft bäumte sich sein Pferd auf und versuchte gleichzeitig den Feind mit seinen Hufen zu Boden zu trampeln. Erst wenn der Feind in heillosem Durcheinander war, rief Ulanin mit lauter Stimme im Schlachtenlärm seine Mitstreiter und verließ den Kampf mit geordneter Streitmacht.

Ulanin ist ein Urahn des Clans der roten Kuh. Seit seinen Raubzügen in die Gebiete der Nachbarclans besitzt der Clan der roten Kuh überhaupt erst seine berühmten roten Kühe. Daher werden an seinem Schrein im Fort der roten Kuh auch noch immer Opfer gebracht, die oft die Viehzucht und die Raubzüge des Clans zum Erfolg führen. Ulanin zu Ehren trainieren die Waffenherren des Clans noch immer den berittenen Kampf, üben sich im Sturmangriff, im Speerwurf und lernen, die Gegner aus ihren Schlachtreihen zu drängen und deren Schlachtordnung durcheinander zu bringen. Wenn sie dann absitzen beginnen sie in aller Regel in vorteilhafter Lage den Nahkampf.

Noch zu Ulanins Lebzeiten wuchs ein Knabe im Clan der roten Kuh auf, den man Starker Atem nannte. Er stahl in jungen Jahren Früchte aus den Obstgärten Ulanins, wurde vom Besitzer der Früchte aber erwischt. Zu seiner Überraschung folgte aber kein Donnerwetter, Ulanin sagte zu ihm nur: „Zu einem guten Plünderer muss man geboren sein“. Starker Atem hat Ulanin seine Milde nie vergessen und errang später als mächtiger Reiter und Krieger funkelnde Schätze, die das Heim seines Herrn erstrahlen ließen. Auch Starker Atem war ein großer Krieger, der sich gegen die Wolfsmenschen zur Wehr setzen musste. Als er bei den „sieben hellen Feldern“ merkte, dass ein Angriff der Telmori drohte, rutschte er auf abschüssigem Eis hinab ins Tal um den Clan der roten Kuh zu warnen und sich mit dessen Kriegern gemeinsam dem Feind entgegenzustellen.

Später wurde Starker Atem zum König der Orgortäler. Er führte sie zu vielen Siegen, musste aber auch miterleben, wie Oger den Stamm infiltrierten und sein Vertrauen missbrauchten. Am Ende starben seine Söhne und ihm blieben nur noch seine Töchter. Er selbst fiel reitend in einer Schlacht, bei der er seine Waffenherren in der Schlacht dem Feind entgegenführte.


Mersyn macht während Orldes´ Erzählung eine interessante Entdeckung: Während die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf Orldes liegt, beobachtet sie, wie Kangharl Schwarzstirn flüchtig nach Darna Mantels Hand greift, diese sich aber schnell wieder von ihm löst.

Nach der Geschichte fasst sich Venorth ein Herz und bittet darum, auch eine Geschichte erzählen zu dürfen. Lächelnd erlauben es ihm die Anwesenden. Venarth erzählt die Geschichte seiner Rückkehr aus dem Teich Agilias.

Einst begaben sich Mersyn. Orldes, Finfin, Jhorn, Barmast und Farnantyr, fünf Helden aus dem Clan der roten Kuh, in die tiefste Finsternis, die noch jeden Helden zittern machte. Farnantyr der Schöne wies den Übrigen als einziger Ortskundiger den Weg. Lange irrten die Helden durch enge Gänge und unheimliche Kavernen und wollten schon verzagen, da erreichten sie endlich einen Teich. Im Schein ihrer Fackeln erkannten sie, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Auf dem Grund des Teiches tollten sich Agilias Kinder in den Fluten, Sprösslinge der roten Kuh, die die Helden geschworen hatten zurückzuholen. Wie überrascht waren aber waren jene, als sie sahen, wie unermüdlich die Kinder sich in den Fluten tummelten! „Wie ist das möglich?“, rief Finfin. Aber noch bevor ihm jemand antworten konnte, tauchte die Nymphe Agilia aus dem Wasser auf. Die wunderbare Frau wandte sich Farnantyr dem Schönen zu und sprach: „Geliebter! Ich wusste, dass du zurückkommst!“ Farnantyr aber gab sich abweisend, sodass sich Agilias schöner Leib sogleich in den einer alten, faltigen Hexe verwandelte. Ihr Gesicht verzog sich zornig und ihre Haare verwandelten sich in Schlangen. Angstvoll beendeten ihre Kinder ihr Spiel und zogen sich auf den tiefsten Grund des Teiches zurück. Farnantyr aber brauchte all seinen Mut um im Angesicht des zornigen Weibes nicht die Flucht zu ergreifen. Schließlich stand Mersyn ihm bei und flößte ihm neuen Mut ein, worauf Farnantyr Agilia gegenüber zu verstehen gab, dass sein Herz einer anderen Frau gehört. Der im Umgang mit übernatürlichen Wesen geübte Barmast erklärte Agilia daraufhin, wie sehr der Clan der roten Kuh darunter litt, dass sie ihre schützende Hand von ihm genommen hatte. Er bot ihr daher Farnantyr den Schönen als Lohn an. Als Geliebter war er nicht mehr zu gebrauchen, als Diener aber schon. Die Hexe aber hatte bereits ein Auge auf den Geisterredner geworfen und betrachtete den Mann mit einem unheilvollen Lächeln. Mit lockender Stimme erzählte sie ihm, dass Farnantyr für sie keine Bedeutung mehr habe, Barmast aber halte sie für einen würdigen Gefährten. Immer näher rückte die Hexe an den Mann heran, da ergriff schließlich Orldes das Wort. Der Sagenkundige erzählte Agilia, dass es die Jugend sei, die zukünftigen Generationen von ihrem Liebreiz und ihrer segensreichen Existenz erzählen werde. Genau diese Jugend sei aber hier in ihrem Teich gefangen. Zwar schienen Agilias Kinder in den Fluten des Teiches glücklich zu sein, wäre es aber nicht besser, wenn sie im Clan der roten Kuh von den glücklichen Erlebnissen in Agilias Reich berichten könnten? In diesem Moment hatte der Wortgewandte einen ersten Sieg errungen. Die Hexe gestattete ihm, die Kinder mitzunehmen. Zum Entsetzen der Helden fügte sie aber hinzu, dass der Heortbach weiter ihren Zorn in seinen Fluten mit sich führen würde. Da trat der heldenhafte Jhorn vor. Er verkündete Agilia, dass der Verursacher ihres Kummers Farnantyr der Schöne sei, unter ihrem Zorn aber der gesamte Clan leiden müsse. Mersyn erkannte aufmerksam, dass das Jhorns Worte das steinerne Herz der schönen Frau erweicht hatten. Sie versprach der Nymphe für den Fall, dass sie die alte Ordnung wiederherstellte ein Frühlingsfest am Heortbach, an dem Agilias Stärke und Weitsicht gepriesen werden könnte. Und auch Barmast ergriff noch einmal das Wort und erinnerte Agilia an die Naturgeister, die völig vom Zorn der Hexe verzehrt würden. Mit den Worten „Haben sie nicht eine andere Existenz verdient?“ und einigen beschwörenden Handbewegungen rief der Geisterredner schließlich zwei durchscheinende, schillernde Männergestalten aus dem Teich, die der Nymphe ihre Hände auf die Schulter legten. Lange standen sie da, während die Nymphe ganz allmählich in sich zusammensank, und ihre Schultern fallen ließ. Die Schlangenhaare der Kreatur bildeten sich zurück, ihre Schuppenhaut glättete sich und schließlich wandte sie sich ab, schritt mit den beiden Wassergeistern auf den Teich zu und verschwand in dessen Wassern. Erst jetzt konnten Agilias Kinder den Teich verlassen. Wie groß war ihre Freude, wieder Männern und Frauen vom Clan der roten Kuh gegenüber zu stehen! Erstaunt aber stellten die Helden fest, dass sich hinter den Ohren von Agilias Kindern Kiemen befanden, zwischen ihren Fingern und Zehen waren ihnen Schwimmhäute gewachsen. Da wussten alle Anwesenden, dass Agilia ihren Kindern in ihrer Einsicht ein Geschenk gemacht hatte. Frohen Mutes kehrten die Helden mit den Geretteten aus der Unterwelt an das Tageslicht zurück.

Die meisten Anwesenden sind erstaunt darüber, dass Venorth ein derart geschickter Erzähler ist. Venorth aber nutzt seine Chance und erzählt Orldes, er habe kürzlich Broddi darüber klagen hören, dass niemand mehr die Gesetze, die Chronik und die Erzählungen des Clans aufschreibt, seit Orldes bei der Auseinandersetzung am Grabhügel beteiligt war und deshalb untertauchen musste. Venthor schlägt ihm vor, sein Bote zu sein und als solcher Schreibmaterialien und Schriftstücke zwischen Broddis Halle und seinem Versteck hin und her zu tragen. Orldes dankt dem Knaben, allerdings muss er betrübt daran denken, wie er zukünftig eher keine Gelegenheit mehr dazu haben wird, die Ansprachen, Auseinandersetzungen und Protokolle in Broddis Halle direkt mit anzuhören.

Mersyn nutzt die erste Gelegenheit und stellt Darna Mantel zur Rede. Etwas abseits der Feiernden spricht sie die Ernaldapriesterin auf ihre Beobachtung an. Darna antwortet, Kangharl sei ein guter Mann, nur wisse er leider nicht immer, wo seine Grenzen sind. Mit dieser Antwort muss sich Mersyn zufrieden geben. Ob sie gänzlich ehrlich war, weiß sie aber nicht.

Irgendwann nach  Venorths Erzählung lässt sich ein leiser Singsang vernehmen. Die Freunde schauen sich um und entdecken den blinden Lhankpentos, der ein Kind auf seinem Schoß wiegt und ihm ein Lied vorsingt. Der Anblick ist keine reine Idylle, denn zur Rechten des Greises befindet sich sein Sohn Gringle Schildwall, der ihn besorgt anschaut. Zu seiner Linken befindet sich Ustarna Tatenreich, die ihm eine gerollte Decke in den Rücken schiebt und ihm beim aufrechten Sitzen hilft.

Wenig später wird eine dritte Erzählung verlangt. Jaranil der Donnerer fordert Jhorn auf, davon zu berichten, wie er Rostakus Doppelbandit beim letzten Plünderzug die Rinder abgepresst hat. Eine solche Erzählung – so behauptet Jaranil – lasse sich doch sicherlich zu einer großartigen Heldengeschichte ausschmücken. Doch die Erzählung, die nun folgt, ist die kürzeste und nüchternste des Abends. Jhorn beginnt damit, seine Verdienste herunterzuspielen und sagt, er habe sich bei seinen Handlungen am Tag des Viehdiebstahls in Bachwende gar nicht viel gedacht. Diese Vorlage nutzt Jarstak Bürstenbart, der aufspringt und ruft, es müsse auch nicht immer überlegt werden. Es gebe einfach Dinge im Leben eines Kriegers, die er tun muss! Jhorn schaut etwas griesgrämig drein und kommt schnell zur Sache. Er beschreibt das Geschehen, die Geiselnahme des Sohnes von Rostakus Doppelbandit und seine darauffolgenden Verhandlungen mit dem Waffenmeister der Smaragdschwerter. Bei der Gelegenheit weist er ausdrücklich darauf hin, dass Farnantyrs selbstsüchtiges Verhalten und Jarstaks Blutdurst das Gelingen des ganzen Raubzuges gefährdet hätten. Die Reaktionen auf seine Worte sind unterschiedlich. Viele Anwesende reagieren zögerlich. Jarstak selbst will von einer Schuld nichts wissen, erklärt aber, dass die Situation in der Tat sehr gefährlich gewesen sei, am Ende sei ja aber trotzdem alles gut gegangen.

Schließlich erklingt ein Ruf durch die Halle, der nach Informationen über Farnantyr fragt. Jostharl Dreistock erzählt, dass er den Mann derzeit für die Arbeit auf den Feldern brauche. Er habe daher Darna Mantel darum gebeten, bei Broddi für Farnantyr ein gutes Wort einzulegen. Im Moment lebe und arbeite er mit seiner Marani auf dem Dreistockhof, zeige sich aber kaum in der Öffentlichkeit. Nach diesen Worten ruft Jarstak Bürstenbart laut aus: „Was würden wir nur machen ohne Darna Mantel!“, worauf einige Hochrufe erklingen. Ein paar Leute wollen auf sie anstoßen, aber schon sehr bald unterbricht Salissa Dreigatten die Lobpreisung, indem sie genau in diesem Moment eine leckere Speise herbeibringt, die die Aufmerksamkeit von Darna Mantel abzieht. Die Blicke, die Darna Salissa entgegenwirft sind vernichtend.

Im weiteren Verlauf des Abends kommt es noch zu einem Gespräch zwischen Jhorn und Farandar Orendalsson. Jhorn will wissen, wie er die Taten Jarstaks und Farnantyrs einschätzt. Farandar erzählt ihm, dass er Jhorn zustimme: Jarstak habe den glücklichen Ausgang des Raubzuges gefährdet. Andererseits hätte es ohne ihn keine aufregende Geschichte zu erzählen gegeben und es wären auch keine größeren Heldentaten verübt worden. Farandar pflichtet Jhorn auch im Falle Farnantyrs bei: er hat den Clan in Gefahr gebracht. Andererseits hat er in gewisser Weise nur das getan, was jeder Mann aus dem Clan der roten Kuh tut: die Frau seines Lebens an seine Seite holen. „Wer liebt, hat Recht!“, sagt Farandar und muss lachen, ein Lachen in das Jhorn einstimmt.

Auch mit dem Broakhar Sonnenschild, dem Mann der Heilerin Ustarna Tatenreich, spricht Jhorn eine Weile. Broakhar ist beeindruckt angesichts der Taten, die Jhorn auf dem letzten Raubzug zu den Smaragdschwertern begangen hat und findet einige freundliche Worte für ihn.

Zu später Stunde begibt sich schließlich Barmast noch zum Sitz des Hausherren. Von hinten nähert er sich Kangharl Schwarzstirn und spricht ihn mit düsterer Stimme an: „Sei gegrüßt, Kangharl, und erzähle mir, ob die Stimmen der rachsüchtigen Toten nach der letzten Plünderung leiser geworden sind!“ Kangharls Mine verdüstert sich ebenfalls. Eine Weile denkt er nach. Dann sagt er: „Es mag sein, Barmast, dass ihre Forderungen nach Vergeltung nachgelassen haben. Einer wird meine Rache aber trotzdem noch zu spüren bekommen. Für Korlmhyor den Flinken und mich ist kein Platz auf derselben Welt.“ Einmal ausgesprochen sorgt der Name des angeblichen Mörders seiner Frau und Kinder für einen grausamen Zug um den Mund des großen Mannes, der nur langsam wieder verschwindet.

Irgendwann verlassen die Bewohner der anderen Häuser von Tormakts Farm Kangharls Halle und gehen nach Hause. Die Gäste und Hausbewohner gehen schlafen. Die meisten bereiten sich ihr Lager direkt in der großen Halle aus bereitgehaltenen Fellen und schlafen dann schnell ein. Unter ihnen sind Mersyn, Barmast, Jhorn und auch Orldes. Insgesamt befinden sich sicherlich noch gut 40 Personen im Haus.

-

Das war der Verlauf unserer ersten Onlinerunde. Ich bin sehr zufrieden mit dem Abend. Das gesamte Geschehen basierte auf einem einzigen Nebensatz der Abenteuerbeschreibung, den wir ausgeschmückt haben. Diese Fraktionen, Intrigen und kleinen Rangeleien im Clan der roten Kuh sind viel zu interessant um übergangen zu werden!

Ich will an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten weil ich weiß, dass zumindest hin und wieder einer meiner Spieler hier mitliest. Soviel sei aber gesagt: Die Ausgangssituation für die nächste Sitzung ist gut – sogar so gut, wie ich es kaum für möglich gehalten hätte.

Insgesamt war es ein ruhiger Abend, der aber Spaß gemacht, den Beteiligten nochmal ein paar zentrale Konflikte in Erinnerung gerufen und relativ viel stimmungsvolles Spiel beinhaltet hat. Nach dem endgültigen Ausstieg der Spieler von Finfin und Engerim sind die verbliebenen enger zusammengewachsen. Allerdings suchen wir jetzt ein oder zwei Nachrücker.
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1618, Abenteuer 3: Lhankpentos der Blinde brennt (Sitzung 9)
« Antwort #19 am: 12.04.2020 | 20:42 »


Es ist der Wassertag der Stillstandswoche in der Seezeit 1618. Langsam wird Orldes wach. Wo ist er? In der Halle Kangharl Schwarzstirns, ja, aber warum riecht es nach Rauch? Warum zischen und fauchen die Aluchse so? Orldes wird etwas munterer und versucht im grauen Halbdunkel der Morgendämmerung etwas zu erkennen. Von draußen hört er dumpfe, metallische Schläge und die Geräusche schnell laufender Stiefel. Plötzlich werden Befehle gerufen und ein Horn wird geblasen, dann ertönt ein Schrei. Orldes ist wach und alarmiert die Schlafenden. Langsam erwacht die Festgesellschaft vom vorangegangenen Abend. Orldes läuft zur Wand der Halle und versucht durch Schlitze zwischen den Holzbohlen einen Blick nach draußen zu werfen. Er sieht Männer, die sich vor Tormakts Farm versammeln. Es sind Krieger vom Clan der Smaragdschwerter, die die umliegenden, kleineren Gebäude in Brand gesteckt haben. Während die ersten Erwachten ihre Orientierung in dem für sie fremden Haus gewinnen konnten läuft Orldes zum Eingangstor und versucht vorsichtig, die Tür zu öffnen. Dann merkt er, dass die Türen blockiert wurden. Die Angreifer haben vor den Flügeln schwere Pflöcke in den Boden getrieben, die das Tor verbarrikadiert haben. Schließlich wird deutlich, dass auch das Strohdach der großen Halle selbst in Flammen steht. Die Smaragdschwerter sind auf Mordbrand aus! Die Festgesellschaft sitzt in einer Todesfalle.

Schnell nehmen die Beherzteren unter den Anwesenden die Sache in die Hand. Jhorn und Barmast eilen zur hinteren Begrenzung der Halle. Während Jhorn durch ein Stoßgebet an Orlanth die Hilfe seines Gottes herbeizurufen versucht, beschwört Barmast einen Geist, der eine begrenzte Macht über die Zeit hat. Er hofft, dass der Geist die Rückwand der Halle altern lässt, sodass sie sich leichter durchbrechen lässt. Mersyn und Orldes versuchen währenddessen die Gegner zu täuschen. Sie rütteln am Eingangstor, rufen und schreien, sodass die Gegner davon ausgehen müssen, die Gefangenen v ersuchten dort das Gebäude zu verlassen. Viele der Gefangenen geraten in Panik. In der Halle sind auch knapp 20 Kinder anwesend. Um das Schlimmste zu verhindern spricht Broakhar Sonnenschild beruhigend auf die Anwesenden ein. Er organisiert außerdem ein paar starke Männer, die sich bereit machen, eine Bank als Ramme zu verwenden. Kaum ist ihm das gelungen, sieht er, wie sich sein Frau Ustarna Tatenreich um den greisen, blinden Lhankpentos kümmert. Der alte Mann scheint besonders schwer unter dem zunehmend dichter werdenden Rauch zu leiden. Schließlich ist noch Kangharl Schwarzstirn zu erwähnen, der sich mit Jarstak Bürstenbart, Gringle Schildwall und einem weiteren Bewaffneten seines Haushaltes bereit macht, bei der ersten Gelegenheit einen Ausfall zu wagen.

Etwas später ist es soweit: Eine geisterhafte Gestalt erscheint und scheint in die Palisadenwand von Tormakts Farm einzugehen. Recht schnell verwittert das Holz und wird spröde und splittrig. Orldes spricht ein paar beschwörende Worte, woraufhin die Bank, die die von Broakhar organisierten Männer unter den Armen halten, eine graue, steinerne Maserung annimmt. Dann rennen die Männer los und können eine gut 2 Meter breite Bresche in die Rückwand der Halle brechen. Draußen wartet der Feind. Ein Großteil der Männer befindet sich zwar vor der Eingangstür, ein paar sind aber auch hier. Kangharl stößt ein Bittgebet an Orlanth aus. Es scheint so, als schlage die Luft Falten und aus einer dieser Falten schlüpft ein grünlich blaues, durchscheinendes Wesen. Es ist ein Umbroli, ein dienstbarer Luftgeist Orlanths, der nun in einen Tisch fährt und mit Getöse durch die Bresche nach draußen fliegt. Der Tisch hat die Wirkung eines Kuhfängers und fegt einige der Feinde zur Seite. Kangharl und seine Männer stürmen hinterher, schlagen auf die Krieger der Smaragdschwerter ein und nehmen den Kampf auf. Mersyn nimmt ihre Bärengestalt an, stellt sich auf ihre Hinterbeine und ragt sich drohend dem Feind entgegen, was ein Großteil der Gefangenen nutzt, um in ihrem Rücken nach draußen zu fliehen. Orldes versucht durch einige beschwörende Worte den Brand des Daches zu verlangsamen, aber seine Anstrengungen bewirken nichts. Er muss im Gegenteil einigen herabstürzenden brennenden Strohballen ausweichen und hat alle Mühe, gleichzeitig noch den ihm stets bewundernd zuschauenden Knaben Venarth in Sicherheit zu bringen. Auch Broakhar Sonnenschild gerät in Schwierigkeiten als er sieht, wie sich seine Frau noch immer um Lhankpentos den Blinden bemüht. Der alte Mann schnappt nach Luft und macht keinen guten Eindruck. Ustarna kämpft verzweifelt um sein Leben, aber je länger ihre Behandlung dauert, desto gefährlicher wird der Aufenthalt in dem brennenden Haus auch für sie selbst. Broakhar läuft zu ihr und schaut sie fragend an. Sie zuckt mit den Schultern, worauf Broakhar den alten Mann auf die Arme nimmt und aus dem Haus trägt. Auf dem Weg nach draußen merkt er, wie der Leib des Greises erschlafft. Lhankpentos hat das Bewusstsein verloren. Broakhar legt den Ohnmächtigen am Rande des Geschehens hinter eine Hecke, wo sich Ustarna weiter um ihn bemüht.

Im Freien haben einen Moment lang Kangharl und seine Männer die Oberhand. Jhorn und Barmast gesellen sich zu ihnen und schlagen auf die Handvoll Krieger ein, die noch immer versuchen, die letzten Angehörigen der Festgesellschaft am Verlassen der Halle zu hindern. Broakhar Sonnenschild überlässt Lhankpentos den Händen seiner Gattin und wendet sich an einige in der Nähe befindliche Männer und Frauen. Er gibt Anweisungen aus, wie sie sich um die Befreiung der Bewohner in den anderen Häusern kümmern sollen. Schließlich eilt er selbst mit Mersyn zu einem der Häuser. Während er Mersyn Deckung gibt, reißt diese in Bärengestalt die von den Angreifern in die Erde gerammten Pflöcke um. Ein paar gefangene Kämpfer springen nun aus dem Haus und nehmen den Kampf gegen den Gegner auf.

Allmählich begreifen die Feinde, dass am Haupteingang zur Halle kein Ausbruch zu erwarten ist. Sie eilen zur Rückseite um ihre dort kämpfenden Kameraden zu unterstützen. Auf ihrem Weg kommt ihnen Orldes entgehen, der ihnen mit seinem Stab der Illusionen Angst einflößen will. Was immer er aber vorhatte, es misslingt und er erhält von einem der Angreifer einen derart harten Schlag mit dem Schwert ab, dass er schwerverletzt und blutüberströmt zu Boden stürzt. Auch Ustarnas Bemühungen um Lhankpentos sind vergebens. Das alte Oberhaupt der Tormakting-Sippe stirbt in ihren Armen.

Immerhin erweisen sich Kangharl, dessen Männer, Jhorn und Barmast hinter der Halle als unbeugsam. Die Kreger der Smaragdschwerter haben hier einen schweren Stand. Irgendwann sieht Barmast, wie sich in seiner Nähe auch Korlmhyor der Flinke in den Kampf einmischen will: der Mann, der verantwortlich für einen ganz ähnlichen Mordbrand vor einigen Jahren ist, durch den die gegenwärtige Fehde ausgelöst wurde. Barmast ruft mit lauter Stimme die Hilfe der Geister herbei. In seiner Hand entsteht ein durchscheinender grau schimmernder Speer, den er Korlmhyor entgegenschleudert. Es gelingt ihm, den Mann so an der Schulter zu verletzen, dass er die Flucht ergreift. Das ist der Moment, an dem der Feind weicht. Die Krieger der Smaragdschwerter ergreifen die Flucht.

Nach dem Kampf reitet ein Bewaffneter der Tormakting Sippe ins Fort der roten Kuh, um Häuptling Broddi von dem Vorfall zu informieren. Broddi will wissen, ob Ratsmitglieder an der Feier teilgenommen haben und bekommt erzählt, dass Darna Mantel, Salissa Dreigatten, Kullina die Fette und Farandar Orendalsson Gäste waren. Schicksalsergeben befiehlt Broddi dem Mann wieder zurückzureiten und die Anwesenden darüber zu informieren, dass der Vorfall eine baldige Ratssitzung erfordere. Die Genannten sollten schnellstmöglich ins Fort der roten Kuh zurückkehren.

Jhorn reitet derweil den Flüchtenden, die über Grünweide und am Fort der roten Kuh vorbei weiter nach Westen ziehen, hinterher. Es sieht so aus, als wollten sie den Flussübergang über den Bach bei Hasardfurt nutzen. Jhorn hat nicht den Eindruck, als hätten die Krieger der Smaragdschwertern Lust, irgendwo anders noch einen weiteren Angriff zu wagen. Daraufhin kehrt er ins Fort der roten Kuh zurück, informiert Broddi über die aktuelle Lage und macht sich dann auf den Weg zu seinen Gefährten. Auf dem Rückweg kommt ihm zu seinem Erstaunen Ashart Abendschlucker entgegen. Der Orlanthpriester ist zum alten Windtempel gereist um dort die prophetischen Worte, die Starker Atem, der Schutzgeist des Clans, bei dem letzten Ritual am Grabhügel sprach, weiterzuverbreiten. Nun ist er zurückgekehrt. Er fragt Jhorn, ob die Scheune in Grünweide noch immer ein geeigneter Unterschlupf für Rebellen gegen das lunare Imperium sei. Jhorn bestätigt das, woraufhin Ashart erzählt, dass er dann wohl zuerst dorthin reisen wird. Da Ashart ausgesprochen niedergeschlagen wirkt, fragt Jhorn ihn nach seinen Erlebnissen. Ashart erzählt ihm daraufhin, dass er im alten Windtempel Gelegenheit zu einem Gespräch mit denen Ahnen hatte. Die Ahnen sind entsetzt über die letzten Ereignisse im Clan der roten Kuh. Sie haben Ashart aufgefordert, zu verhindern, dass der Clan hungert... durch Plünderzüge beim „fetten Stamm“. Mit dieser Bezeichnung ist der Stamm der Dinacoli gemeint, zu dem auch die Smaragdschwerter gehören. Die Dinacoli habe sich mit dem lunaren Imperium gutgestellt und sind daraufhin in den Genuss etlicher Vergünstigungen gekommen. Sie zahlen insbesondere keine allzu hohen Abgaben. Ashart Abendschlucker erzählt Jhorn, wie unerträglich es den Ahnen vorkomme, dass die einen Clans und Stämme gegenüber dem lunaren Imperium ihren Kopf hinhalten müssen, während die Feiglinge sich dadurch auch noch bereichern können. Außerdem sei es den Ahnen zufolge dringend erforderlich, dass im Clan der roten Kuh endlich das durch die Dinacoli angerichtete Unrecht wiedergutgemacht wird. Nachdenklich verabschiedet sich Jhorn von Ashart Abendschlucker und kehrt zu Tormakts Farm zurück.

Dort organisiert in der Zwischenzeit Kangharl Schwarzstirn die Löscharbeiten. Die Tormakting sind glimpflich davon gekommen und müssen neben Lhankpentos nur vier Sippenangehörige betrauern. Der Tod des geliebten, alten Sippenoberhaupts ist für die Versammelten allerdings ein schwerer Schlag. Die Verstorbenen werden in einem der kleineren Häuser aufgebahrt. Broakhar Sonnenschild übernimmt die erste Totenwachen. Ustarna Tatenreich behandelt Orldes´ Kopfverletzung, die allerdings noch einige Zeit der Heilung in Anspruch nehmen wird.

Je mehr den Bewohnern von Tormakts Farm bewusst wird, was sich da auf ihrem Anwesen ereignet hat, desto mehr geraten sie außer sich. Diese Fehde ist nicht nur von den Kriegern der Smaragdschwerter durch Mordbrand ausgelöst worden, diese Hunde haben auch nicht davor gescheut, dasselbe Vergehen ein weiteres Mal zu versuchen. Die Anwesenden sind sich einig: Das ist kein Verhalten, das Heortlingen würdig ist, es ist bloße Mordlust, wie sie tierischer und ehrloser kaum vorstellbar ist und nur durch gnadenlose Rache beantwortet werden kann. Einige Angehörige der Tormaktingsippe sprechen auch über den Nachfolger von Lhankpentos dem Blinden, der nach dessen Bestattung gewählt werden muss. Die Anwesenden sind sich weitgehend einig darüber, dass Kangharl Schwarzstirn zum neuen Sippenoberhaupt gewählt werden sollte.

Es ist der Lehmtag der Stillstandswoche in der Seezeit 1618. Am Vormittag erweist Barmast Lhankpentos dem Blinden seine letzte Ehre. Er bittet Broakhar um einen Moment, an dem er mit dem Toten allein sein kann, der ihm gewährt wird. Barmast ruft Lhankpentos´ Geist, der seinem Ruf auch willig folgt. Lhankpentos nutzt die Gelegenheit für ein paar letzte Worte: „Barmast, mein Junge, hör mich an! Im Tod wird klein und unbedeutend, was zuvor unüberwindbar schien. Was mir eben noch furchteinflößend und besorgniserregend erschien, kommt mir so nichtig vor, dass ich mich kaum noch daran erinnere. Dennoch sollst du wissen, dass meine Gedanken beim Clan und meiner Sippe sind. Ich möchte meine manchmal recht hitzköpfigen Leute daran erinnern, dass es unter uns Heortlingen jederzeit möglich ist Frieden zu schließen... jederzeit!“ Mit diesen Wort verlässt Lhankpentos´ Geist den Raum und lässt seinen Leichnam zurück stirnrunzelnd tritt Barmast vor die Tür und erzählt Broakhar, was ihm Lhankpentos erzählt hat. Broakhar sagt: „Seine friedfertigen Worte entsprechen seinem Naturell. Ich glaube nicht, dass wir uns im Moment nach ihnen richten sollten. Dennoch sollten sie in den Rat getragen werden. Das sind wir dem Toten schuldig.“ Barmast stimmt zu.

Nachmittags wandern die inzwischen wieder versammelten Gefährten zurück in die Scheune in Grünweide, wo sie sich alle mit Ashart Abendschlucker treffen und die aktuelle Lage besprechen. Auch Broakhan Sonnenschild hat sich ihnen angeschlossen. Nach einigem Hin und Her sind sich die meisten Anwesenden einig: ein Rachefeldzug gegen die Smaragdchwerter scheint die einzig angemessene Reaktion darzustellen. Nur Barmast ist unsicher. Lhankpentos Worte über einen Friedensschluss haben ihn nachdenklich gemacht. Er will sie am nächsten Tag mit Broakhan dem Rat überbringen, dann wird sich zeigen, was dort besprochen wird.

-

Nagut... gebrannt hat Lhankpentos nicht, da hat sich der Titel des Abenteuers bei uns nicht ganz verwirklicht. Genug Action gab es aber trotzdem. Der Mordbrand der Smaragdschwerter hat meine Spieler überrascht, aber nicht allzu sehr aus dem Konzept gebracht. Sie haben gut reagiert und gespielt. Unser neues Gruppenmitglied hat sich mit seinem Broakhar Sonnenschild wunderbar eingefügt. Es fühlte sich fast so an, als sei er von Anfang an dabei gewesen. Er hat meine Background Informationen gelesen und die Spielberichte einer Spielerin über die vergangenen Ereignisse gelesen. Schön, dass wir ihn im Boot haben.

Die Situation ist hart und der Höhepunkt des Konflikts steht direkt bevor. Das Spielen dieser wilden Mordbuben fällt mir nicht ganz leicht, aber diese ganze Dramatik fasziniert mich schon sehr. Ich fühle mich irgendwie wie bei Kriemhilds Rache oder kurz vor der Schlacht von Arthus gegen Mordred.

Das Onlinespiel hat gut geklappt. Trotzdem werde ich froh sein, wenn man den Leuten mal wieder gegenüber sitzen kann. Gesten sind kaum zu erkennen, die entsetzten Blicke auch nicht, wo sind die dramatisch emporgereckten Hände? Ein wenig geht in meinen Augen doch verloren.
« Letzte Änderung: 2.05.2020 | 11:50 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 3: Lhankpentos der Blinde brennt (Sitzung 10)
« Antwort #20 am: 20.04.2020 | 01:09 »


Gegen Abend wandern Barmast und Broakhan zum Fort der roten Kuh. Schon in dem kleinen Gespräch mit der Wache am Tor zeigt sich, dass sich das Ereignis von Tormakts Farm bereits herumgesprochen hat. Die Bewohner des Ortes sind schockiert und wütend, sie scheinen von einer Art gerechtem Zorn erfüllt. Es liegt eine Anspannung in der Luft, oft blicken die Anwohner in Richtung der Halle von Broddi Sippenstark, in der die Vorbereitungen für eine eilig anberaumte Ratsversammlung getroffen werden.
 
Barmast und Broakhan folgen ihren Blicken und sehen Salissa Dreigatten und einen Waffenherrn des Clans schweigend die Halle betreten. Obwohl alle wissen, dass wichtige Entscheidungen anstehen, wird unnötiges Aufsehen vermieden. Auch Barmast und Broakhan betreten ohne größere Umstände die Halle ihres Häuptlings. Die Ratsversammlung steht allen offen. Natürlich sind die Ratsmitglieder anwesend, aber auch Broddis Leibwachen, ein paar Angehörige aus dem Gefolge von Königin Ivartha und auch ein paar einfache Clanmitglieder, die glauben etwas Wichtiges erzählen zu müssen, stehen zusammen. Auch Kangharl Schwarzstirn hat es sich nicht nehmen lassen, an der Sitzung teilzunehmen.

Broddi eröffnet die Versammlung mit folgenden Worten: „Mir wurde von einem schlimmen Ereignis auf Tormakts Farm erzählt. Sind Augenzeugen anwesend, die aus erster Hand berichten können, was geschehen ist?“ Broakhar Sonnenschild macht einen Schritt vorwärts und berichtet vom Mordbrand der Smaragdschwerter. Er stellt das Vorgehen der Feinde als ehrlose Tat dar und schildert die heldenhaften Rettungsversuche der Festteilnehmer. Immer wieder schlagen die Anwesenden bei besonders tragischen Schilderungen auf ihre Schilde. Es wird deutlich, dass das Geschehene sich kaum noch aussitzen lässt.

Nach Broakhars Bericht tritt ein einfacher Viehhirte aus Grünweide vor und behauptet, er spräche im Auftrag Ashart Abendschluckers. Der Orlanthpriester sei von seiner Reise zum alten Windtempel wieder zurück und informiere den Rat darüber, dass er am Ziel seiner Reise die Gelegenheit hatte, ein Gespärch mit den Ahnen zu führen. Die Vorfahren des Clans der roten Kuh hätten sich dabei erzürnt gegeben. Sie seien in großer Sorge um den Clan und erinnerten die Mitglieder daran, dass sie nach Kräften verhindern müssen, dass der Clan zu hungern beginnt. Zur Not müsse eben ein Raubzug in die Länder der Dinacoli – des „fetten Stammes“ – unternommen werden, was nur gerecht sei, da der zum Stamm der Dinacoli gehörende Clan der Smaragdschwerter ja mehrfach großes Unheil über den Clan der roten Kuh gebracht habe.

Ein Bauer tritt vor und berichtet davon, dass seine Kühe am Morgen kaum Milch gegeben haben. Nach den Worten Asharts und dem Bericht über die Ereignisse von Tormakts Farm glaube er, dass es einen Zusammenhang geben könnte. Vielleicht hätten ja die Ahnen ihren Schutz von ihren Nachkommen abgezogen!

Auch die erste Leibwache des Häuptlings, der Windherr Jaranil der Donnerer, spricht und berichtet von einem Traum, den er in der vergangenen Nacht hatte. Er warf eine Blick in weit zurückliegende Zeiten, als die Heortlinge zur Zeit der Wiederbesiedlung sich auf dem Land niederließen. Er sah, wie die Ahnen des Cinsina Stammes auch damals schon durch die Hände der Dinacoli starben – ein Hinweis auf die Ursprünge der Feindschaft zwischen den Smaragdschwertern und dem Clan der roten Kuh!

Zuletzt ergreift Barmast das Wort. Er gibt wieder, was ihm der Geist des verstorbenen Lhankpentos der Blinde in Tormakts Farm erzählte. Dessen Erinnerung an die Möglichkeit eines Friedensschlusses kommt den Anwesenden allerdings in der gegenwärtigen Situation reichlich unangemessen vor.

Kangharl kommentiert die Worte seines verstorbenen Sippenoberhaupts: „So sehr ich Lhankpentos als das Oberhaupt der Tormakting auch schätzte, so muss ich doch sagen, dass er sich am ehesten durch Passivität und Untätigkeit auszeichnete. Die Worte, die der Geisterredner Barmast wiedergegeben hat, klingen ganz nach dem alten Greis, der uns verlassen hat. Es mag sein, dass für einen Verstorbenen die Gefühle von Trauer und Entehrung eine weniger bedeutende Rolle spielen, als für die Lebenden. Wir aber leben noch, und daher müssen wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Auf meinem Gut ist zum zweiten Mal Mordbrand verübt worden. Beim ersten Mal sind meine Frau und meine Kinder gestorben. Beim zweiten Mal mein Sippenoberhaupt. Was nun? Ich bin sicher, dass sich diese Versammlung zu einem Vergeltungsschlag entschließen wird!“

Zu den zustimmenden Rufen, die Kangharl Schwarzstirns Ansprache folgen, macht Häuptling Broddi Sippenstark einen unglücklichen Eindruck. Er scheint im Verlauf der Versammlung um Jahre gealtert zu sein. Schließlich verkündet er mit hängenden Schultern: „Es wird einen erneuten Raubzug in die Ländereien der Smaragdschwerter geben. Ich ernenne Jaranil den Donnerer zum Anführer dieser Expedition. Informiert möglichst viele Clanangehörige! Jaranil wird nach Sonnenuntergang hier in meiner Halle die Speere versammeln. Es muss nicht sein, dass wir unsere Krieger vor den Augen unserer Besatzer vom lunaren Imperium versammeln.“

In den folgenden Stunden versammeln sich immer mehr Mitglieder des Clans der roten Kuh in der Halle ihres Häuptlings. Broakhan bringt die Kunde auch nach Grünweide, wodurch auch Orldes, Mersyn und der sich dort noch aufhaltende Jhorn von den Ereignissen erfahren. Jhorn macht sich auf den Weg zu Broddis Halle. Mersyn und Orldes ziehen ein Stück in Richtung des Forts der roten Kuh und verbergen sich in einiger Entfernung vor den Augen der lunaren Besatzer, die sie immer noch suchen. Sie warten in einem Wäldchen und wollen zu den Kriegern hinzustoßen, wenn sie sich auf den Weg gemacht haben. Orldes nimmt an dem Feldzug teil, obwohl er seine Kopfverletzung aus dem Gefecht bei Tormakts Farm noch nicht auskuriert hat.

Im Fort der roten Kuh ergreift inzwischen Jaranil der Donnerer das Wort: „Männer und Frauen vom Clan der roten Kuh! Ich führe einen Feldzug ins Land der Smaragdschwerter an. Wir werden uns nach Bachwende begeben. Dort wohnen Korlmhyor der Flinke und Rostakus Doppelbandit, die ehrlosesten und respektlosesten aller Smaragdschwerter, die unserem Clan viel Unheil gebracht haben. Wie werden für Gerechtigkeit sorgen, uns an diesen beiden Feinden rächen und so unsere Ehre wiederherstellen. Die Siedlung Blaudrache und den dort lebenden Häuptling Duruvan der Fette werden wir nicht heimsuchen. Er scheint mit unserem Zwist nicht viel zu tun zu haben. Es steht ein Widder bereit, der im Morgengrauen Orlanth geopfert wird. Dann brechen wir auf. Möge der Sturmvater wohlwollend auf unser Vorhaben blicken.“ Jhorn sieht sich um und erblickt Leikorl den Schatten, ein Mann aus dem Gefolge Königin Ivarthas, der ansonsten die Aufgabe hat, ihre Geisel, den Wolfsmann Ostling Fleckenfell vom Stamm der Telmori, zu bewachen. Beide Männer tauschen ein grimmiges Nicken aus und suchen sich dann einen Ort, an dem sie noch ein wenig ausruhen können.
« Letzte Änderung: 20.04.2020 | 17:52 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 3: Lhankpentos der Blinde brennt (Sitzung 10)
« Antwort #21 am: 20.04.2020 | 02:21 »


Es ist der Windtag der Stillstandswoche in der Seezeit 1618. Im Morgengrauen geschieht es, wie es Jaranil der Donnerer vorausgesagt hat. Der Widder wird geopfert und die Gruppe von Kriegern bricht auf. Unter ihnen befinden sich neben Jaranil dem Donnerer noch der Fährtenleser Frekor Tiefwald, Ortossi Ketilsson, Jarstak Bürstenbart, Farandar Orendalsson und natürlich Kangharl Schwarzstirn. Tapfer marschieren Jhorn, Broakhar und Barmast mit ihnen, etwas später schließen sich ihnen Mersyn und Orldes an. Insgesamt sind etwa 25 Waffenherren und 40 gut ausgerüstete und trainierte Krieger unterwegs.

Einige Stunden später erreicht die Gruppe Hasardfurt. Es kostet einige Zeit, die Torwachen des Ortes dazu zu veranlassen ihre Streitmacht den Ort durchqueren zu lassen. Nachdem Jaranil der Donnerer aber immer wieder betont, dass der Clan der roten Kuh lediglich die Furt passieren will und keinerlei aggressive Absichten gegenüber dem dort lebenden Clan der Dolutha hegt, lässt man sie passieren.

Die Krieger vom Clan der roten Kuh wenden sich auf der gegenüber liegenden Flussseite nach Norden und ziehen Richtung Bachwende. Schon wenig später ist allerdings in einiger Entfernung ein Horn zu hören. Wer es bläst ist nicht zu erkennen. Auf seinen Ruf hin antwortet aber in noch weiterer Entfernung ein zweites Horn, noch später kaum vernehmbar ein drittes, dann ist es still. In den Reihen der Krieger vom Clan der roten Kuh wird gemurmelt: „Sie haben uns entdeckt!“ Jaranil der Donnerer wird vorsichtig und schickt Frekor Tiefwald und Jhorn auf zwei unterschiedlichen Routen als Späher voraus. Insgesamt treibt er seinen Trupp zur Eile an.

Am Nachmittag erreicht die Gruppe die Gegend um Bachwende. Frekor wartet auf sie und erzählt, dass es ruhig im Dorf ist... vielleicht aber auch etwas zu ruhig. Auf den Straßen sind wenig Leute zu sehen. Jaranil befiehlt sich direkt die Häuser vorzunehmen, in denen ihre Todfeinde Korlmhyor der Flinke und Rostakus Doppelbandit wohnen. Es soll ihnen den Garaus gemacht werden, dann soll sofort der Rückweg angetreten werden.

Die Gruppe teilt sich. In den Straßen sind wenige Leute zu sehen. Ein paar Mütter schicken ihre Kinder ins Haus, folgen ihnen eilig und verriegeln dann ihre Türen. Mehr ist nicht zu sehen.  Ein mulmiges Gefühl erfüllt die Herzen der Krieger vom Clan der roten Kuh.

Dann hat der eine Teil der Truppe das Haus von Korlmhyor dem Flinken erreicht. Broakhar Sonnenschild schlägt seine Tür, worauf ein ängstlich wirkender Knecht öffnet. Er erzählt den Anwesenden zu verstehen, dass der Hausherr nicht anwesend sei. Auf weitere Nachfragen hin berichtet er, Korlmhyor sei auf einer Jagd und habe etwa 10 Krieger mitgenommen. Jaranil der Donnerer will sicher gehen und lässt das Haus durchsuchen. Seine Krieger nehmen alle Wertgegenstände mit, die sie finden können, Korlmhyor entdecken sie aber nicht.

Dann stößt ein Mann vom Clan der roten Kuh zu ihnen und berichtet von dem Trupp, der nach Rostakus Doppelbandit Ausschau gehalten hat: „Das Haus ist sorgfältig verbarrikadiert. Es sind auch Leute drinnen. Wir haben versucht mit ihnen zu sprechen, aber sie antworten nicht. Ein paar Leute von uns überlegen, ob sie nicht das Haus anzünden wollen!“ Jaranil der Donnerer bricht die Plünderung des Hauses von Korlmhyor ab und eilt mit seinen Leuten zum Haus von Rostakus Doppelbandit. Einige anderer seiner Krieger plündern in anderen Häusern weiter. Sie stoßen auf wenig Widerstand.

Vor dem Langhaus von Rostakus Doppelbandit ist der Streit um das weitere Vorgehen in vollem Gang. Jarstak Bürstenbart und Ortossi Ketilsson sind voller Zorn. Es ist von ausgleichender Gerechtigkeit die Rede, ein paar Fackeln sind schon entzündet. Jaranil der Donnerer und einige andere sprechen sich dagegen aus. „Zwei Verbrechen ergeben keine Gerechtigkeit“, sagt Jaranil. Jhorn und Borakhar stimmen ihm zu. Barmast fragt schließlich: „War Rostakus beim Mordbrand von Tormakts Farm überhaupt dabei?“ Das kann keiner der Anwesenden mit Sicherheit sagen, daher tritt Mersyn an sein Langhaus und versucht mit den Bewohnern ein Gespräch zu beginnen. Sie erzählt von den Ereignissen von Tormakts Farm und fragt, ob die Leute in Rostakus´ Langhaus vom Mordbrand ihrer Clanbrüder wissen. Irgendwann antwortet Rostakus selbst, was für die Krieger vom Clan der roten Kuh eine wichtige Information ist: Doppelbandit ist zu Hause! Er wird aufgefordert hinauszukommen und sich zu stellen. Rostakus fragt allerdings, warum er das tun soll. Als Mersyn beginnt von denjenigen zu berichten, die dem Mordbrand zum Opfer gefallen sind, bricht Rostakus das Gesprüch ab und will wissen, ob er diese Anschludigungen als Aufforderung zu einem Duell verstehen darf. Broakhar platzt der Kragen. Er sagt: „Warum ein Duell? Mörder erschlägt man wie Hunde!“ Rostakus sagt: „Das hört sich nicht so an, als sei es eine gute Idee für mich, das Haus zu verlassen.“ Wieder werden Stimmen lauter, die fordern, das Haus in Brand zu stecken, aber noch während sie ihre Forderungen an Jaranil richten läuft ein Mann vom Clan der roten Kuh herbei und ruft: „Der Feind kommt! Reiter kommen aus dem Wald herangaloppiert!“

Viel Zeit bleibt den Kriegern vom Clan der roten Kuh nicht mehr. Die Männer bilden einen Schildwall und sperren einen wichtigen Durchgangsweg durch den Ort ab, unter ihnen befindet sich Broakhan Sonnenschild. Orldes klettert mühsam auf ein Hausdach und versucht eine gute Aussichtsposition zu erreichen. Mersyn verwandelt sich in ihre Bärengestalt und versucht den Kriegern im Schildwall den Rücken zu decken, Jhorn geht zusammen mit Frekor Tiefwald hinter einem umgestoßenen Wagen in Deckung und macht seinen Bogen bereit. Barmast klettert auf die im Zentrum des Ortes stehende Dorflinde und schwenkt mit einem Talisman.

Der Feind kommt. Es sind Reiter der Smaragdschwerter und sie haben eine ganze Menge Krieger zusammengetrommelt. Der einzige, der über das Kampfgeschehen einen Überblick hat, ist Orldes. Er ruft vom Dach: „Knapp 100 Mann!“ Jaranil beißt die Lippen zusammen... das sind wahrscheinlich zu viele. Der Feind prallt auf den Schildwall. Die Krieger vom Clan der roten Kuh wanken, aber noch halten sie die Stellung. Orldes hat Probleme auf dem Dach und bricht in den Stroh ein. Nur mit Mühe kann er einen Sturz verhindern. Frekor Tiefwald und Jhorn beschießen die feindlichen Krieger aus dem Rücken. Aus dem Talisman von Barmast entspringen einige geisterhaft aussehende Krähen, die den Kriegern der Smaragdschwerter entgegenflattern und in ihren Reihen für einige Verwirrung sorgen. Orldes reißt einen Wetterhahn vom Dach des Hauses auf dem er sich befindet und schleudert ihn in die Reihen der Feinde. Mersyn läuft dem Feind als brüllender Bär entgegen. Broakhar hat zunächst einige Schwierigkeiten im Schildwall nicht überrannt zu werden, aber irgendwann gewinnt er die Kontrolle über die Situation und kann die Stellung halten. Dann aber macht Orldes einen falschen Schritt und rutscht vom Dach. Er versucht mit seinem Illusionsstab ein in der Nähe befindliches Pferd herbeizulocken, was zunächst zu gelingen scheint, schließlich aber erwischt er das Tier doch unglücklich, erschreckt es und fällt zu Boden. Das Pferd gerät in Panik, geht durch und galoppiert direkt in den Schildwall. Die Reihe der Krieger vom Clan der roten Kuh wankt, der Schildwall bricht, der Trupp ergreift die Flucht, der Kampf ist verloren. Jhorn, Broakhar und Mersyn bemühen sich darum, den Rückzug der Fliehenden zu sichern, aber selbst das will nicht gelingen. Sie können ein paar Krieger aufhalten, aber zu viele rennen oder reiten an ihnen vorbei. Jaranil der Donnerer ruft: „Zum Bach!“. Auf dem Weg dorthin werden einige seiner Leute von Reitern der Smaragdschwerter eingeholt, andere fliehen kopflos in eine andere Richtung, wieder andere sind verwundet oder zu langsam. Wer einen Blick über die Schulter wagt, sieht die Smaragdschwerter die Krieger vom Clan der roten Kuh niederstrecken.

Irgendwann haben die Flüchtenden triefend nass und verdreckt das andere Flussufer und damit das Gebiet des Clans der roten Kuh erreicht. Während der Trupp sich zum Fort der roten Kuh schleppt versuchen die Überlebenden ihre Verluste zu überblicken. Fast 20 Krieger haben bei dem Kampf um Bachwende den Tod oder zumindest nicht mit ihren Kameraden zusammen zurück gefunden. Jhorn ist so zornig, dass er Jaranil dem Donnerer noch auf dem Rückweg Vorwürfe aufgrund seiner leichtsinnigen Kriegsführung macht. Jaranil befiehlt ihm sich zu mäßigen.

Orldes und Mersyn verschwinden vor der Siedlung und machen sich geknickt auf den Weg nach Grünweide. Jhorn verschwindet nach Hellwasser, dem Ort, in dem er wohnt. Barmast und Broakhan allerdings begleiten Jaranil und seine Männer auf ihrem schweren Weg zu Broddis Halle, wo er Bericht erstatten muss.

Broddi Sippenstark steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als er hören muss, was den Kriegern seines Clans in Bachwende widerfahren ist. Auch Königin Ivartha und ihr Gefolge machen enttäuschte Gesichter. Jaranil der Donnerer versucht sein Handeln nach Möglichkeit zu rechtfertigen: „Als die Hörner erklangen wusste ich, dass wir nicht viel Zeit haben werden. Wir waren schnell vor Ort. Und ich gestehe, dass wir Rostakus Doppelbandits Haus hätten anzünden können. Wäre das richtig gewesen? Uns wäre vielleicht eine Niederlage erspart geblieben, so ist uns die Ehrlosigkeit erspart geblieben.“ Einen Moment ist Ruhe in der Halle, aber sie hält nicht lang an. Von draußen klingen die Klagerufe der Clanmitglieder, deren Angehörige aus dem Kampf nicht zurückgekommen sind. Daraufhin verzieht sich das Gesicht von Häuptling Broddi und er brüllt: „Ihr seht, wie weit ihr mit eurer Rache kommt! Geht mir aus den Augen!“

Ohne ein weiteres Wort verlässt Kangharl Schwarzstirn die Halle. Wenig später gehen auch die Übrigen.

Es ist der Wildtag der Stillstandswoche in der Seezeit 1618. Zweite Tage nach der Niederlage bei Bachwende schlendert der Knabe Venorth durch das Dorf Grünweide und macht durch Pfiffe und laute Geräusche auf sich aufmerksam. Orldes schaut durch ein Astloch in der Scheune nach draußen, lässt Venorth vorbeiziehen und eilt ihm dann hinterher. Der Junge soll nicht erfahren, wo sich das Versteck von Orldes und Mersyn befindet. Zwei Häuser weiter erreicht Orldes den Knaben und spricht mit ihm.

Venorth berichtet von der bedrückten Stimmung, die sich nach der Niederlage im Fort der roten Kuh ausgebreitet hat. Er erzählt auch, dass Broddi Jarstak Bürstenbart nach der erlittenen Schlappe zu niederen Arbeiten verdonnert hat. Dann drückt er Orldes ein paar Lagen Kalbsleder in die Hand und spricht: „Broddi hat sie mir für dich mitgegeben. Er ist der Meinung, dass beim letzten Feldzug gegen die Smaragdschwerter so viel Unglück geschehen ist, dass es aufgeschrieben werden sollte. Zukünftige Generationen sollen daraus lernen.“ Die beiden kleinen Männer sprechen noch eine ganze Weile über dies und das miteinander, irgendwann aber erzählt Venorth noch etwas Interessantes: „Ich bin gestern am Heortbach gewesen und habe Stimmen gehört. Da habe ich mich erstmal im Schilf versteckt. Von dort konnte ich dann beobachten, wie sich die Heilerin Ustarna Tatenreich mit einer anderen Frau unterhalten hat. Ich kenne die Frau nicht, aber sie scheint mit einem Boot gekommen zu sein. Die Frauen haben irgendwelche Dinge ausgetauscht und sich eine ganze Weile unterhalten.“ „Soso“, sagt Orldes, „bei Gelegenheit werde ich Ustarna darauf ansprechen.“

Es ist der Gottestag der Bewegungswoche in der Seezeit 1618. Die Gelegenheit ergibt sich schon am darauffolgeden Tag. Ustarna Tatenreich macht einen Krankenbesuch in Grünweide und behandelt Orldes mit einer grünen Salbe, die auf der Haut ein leichtes Prickeln verursacht. Auf ihr Treffen mit der fremden Frau angesprochen reagiert Ustarna aber sehr abweisend: „Es geht euch nichts an, mit wem ich mich treffe. Euch sei aber gesagt, dass es zu eurem Nutzen geschieht. Ihr wollt doch, dass ich wiederkomme, nicht wahr? Also wechseln wir jetzt das Thema.“

Es ist der Wassertag der Bewegungswoche in der Seezeit 1618. Noch zwei Tage später bekommen Orldes und Mersyn von ihren Freunden Besuch. Jhorn ist aus Hellwasser angereist und Broakhar aus dem Fort der roten Kuh. Die Freunde verbringen einen angenehmen Abend miteinander und zum ersten Mal in dieser schweren Zeit ist wieder ihr Lachen zu hören. Zu vorgerückter Stunde erzählt Orldes von dem Bericht Venarths, der ihm dem Treffen Ustarna Tatenreichs mit der fremden Frau erzählte. Broakhar Sonnenschild, der Ehemann Ustarnas, wird hellhörig. Als er merkt, dass Orldes keine weiteren Informationen besitzt, beginnt er zu grübeln. Mit wem unterhält seine Frau da Kontakt? Er wird sie wohl fragen müssen.

-

Das war die größte Niederlage der Gruppe bisher... der Verantwortliche ist aber natürlich Jaranil der Donnerer. Dennoch stehen dem Clan der roten Kuh schwere Zeiten bevor. Die Kriegsressource ist um 6 Punkte gesunken. Jhorn hat sich sehr geärgert und sein Spieler musste den Smaragdschwertern anerkennend zugestehen, dass sie die weitaus besseren Strategen sind: Erst ein Angriff auf Tormakts Farm, der nach Vergeltung schreit, dann eine größere Anzahl von Krieger versammelt, erhöhte Alarmbereitschaft und einfach gewartet, bis der nach Rache gierende Feind sich in ihr Gebiet bewegt... Meine Spieler haben die Niederlage aber glücklicherweise relativ gefasst aufgenommen.

Das bedeutet nichts anderes, als dass ich meine Feuerprobe bestanden habe, denn die Kampagne hat bis zu diesem Zeitpunkt wirklich ziemlich viel Unheil über den Spielerfiguren ausgekippt. Die fünf Leute, die da neben mir sitzen, scheine ich nicht abgeschreckt zu haben. Sie kämpfen weiter um das Überleben ihres Clans. So soll es sein. Der erwünschte Dramalevel ist damit erreicht. Jetzt können auch mal ein paar Verbesserungen oder Lösungen erspielt werden.

Beispielsweise sollte sich irgendjemand im Clan um die gesunkene Verteidigungsstärke kümmern. Es wurde unter den Spielern auch schon darüber gesprochen, ob man da nicht irgendwelche befreundeten Clans um Hilfe bittet. Wahrscheinlich ist das keine schlechte Idee – es ist nur die Frage, ob das unbedingt die Spielerfiguren machen müssen.

Ansonsten haben die Kriegstreiber im Clan gerade eine empfindliche Schlappe einstecken müssen. Ich bin gespannt, ob das bei den Spielerfiguren etwas bewirkt.

Ich hatte heute die Idee, ob wir nicht irgendwann, wenn man sich hier in diesem Land wieder persönlich treffen kann und das Wetter mitspielt, mal eine Rollenspielsitzung in einer Scheune abhalten können. Diese ganzen Gespräche in der Scheune, in der sich Mersyn und Orldes verstecken, die könnte man dann noch ein bisschen anschaulicher erleben. Ich fänd´s cool.
« Letzte Änderung: 2.05.2020 | 12:00 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 4: Gesandte (Sitzung 11)
« Antwort #22 am: 2.05.2020 | 20:15 »


Wieder zu Hause spricht Broakhar Sonnenschild seine Gemahlin Ustarna Tatenreich auf ihre Treffen mit der Unbekannten am Fluss an.

Ustarna reagiert etwas unwirsch: „Du bist mein Gatte und ich will nichts vor dir verheimlichen. Dass aber Orldes und Mersyn diese Information so leichtfertig weitergeben, gefällt mir nicht.“

Dann erzählt Ustarna ihrem Ehemann, dass sie sich hin und wieder mit Kallesra Morgensicht trifft. Es ist die Heilerin der Smaragdschwerter. Broakhar ist etwas besorgt. Ustarna erzählt ihm, dass es bei diesen Treffen um den Austausch von Heilkräutern und Behandlungsmethoden geht. Es sei ein Austausch, von dem beide Clans profitieren. Broakhar will wissen, ob die Treffen immer so ablaufen, dass Kallesra zum Clan der roten Kuh kommt. Ustarna erzählt ihm, dass sie sich auch hin und wieder zu den Smaragdschwertern auf den Weg mache. Bisher habe sie dabei aber stets ausschließlich Kallesra getroffen. Broakhar ist noch immer besorgt und warnt Ustarna vor einem Hinterhalt, der ihr dort gelegt werden könne. Ustarna lacht und sagt: „Es sind zwei Heilerinnen, die sich gegenseitig helfen, du Dummkopf! Ein Austausch! Da kann ich nicht immer nur meine Kollegin kommen lassen!“

Irgendwann schluckt Broakhar, zuckt mit den Achseln und sagt: „Gut, sie wird schon keine glühende Verehrerin der roten Göttin sein und dich zum Glauben des lunaren Imperiums bekehren!“ In diesem Moment wird Ustarna ein wenig unsicher, sagt nur: „Nein, nein“ und wendet sich dann ab. Broakhar merkt, dass etwas nicht stimmt. In ihm ist der Boden für die Saat des Mistrauens bereitet worden, auch wenn ihm das möglicherweise noch nicht ganz bewusst ist.

Es ist der Wassertag der Illusionswoche in der Seezeit 1618. Eine Woche später geht Aethelric, das Mädchen im Fort der roten Kuh von Haus zu Haus. Broddis Leibwache überbringt den Bewohnern die Botschaft, dass der Häuptling Freiwillige für eine Mission zu einem Nachbarclan sucht. Als er das Haus Broakhars erreicht, hat dieser gerade Besuch von Barmast. Die beiden Männer hören Aethelrics Worte und beschließen Broddi Sippenstarks Halle einen Besuch abzustatten und sich anzuhören, um was es geht.

Obwohl einige Ratsmitglieder anwesend sind, scheint es keine Freiwilligen für diese Mission zu geben. Außer Barmast und Broakhar ist niemand zu sehen, der an der Reise interessiert wäre. Häuptling Broddi erklärt den beiden die gegenwärtige Lage: „Es gab in den letzten Tagen immer wieder Zusammenstöße mit den Smaragdschwertern. Einige Male sind Patrouillen aneinander geraten, auch ein paar unserer Viehhirten wurden überfallen. Für sich gesehen sind es keine allzu gravierenden Vorkommnisse, ich habe aber den Eindruck, dass die Smaragdschwerter unsere Grenzen testen. Nach unserer vergangenen Niederlage bei Bachwende fehlen uns 20 Krieger, was sich hier und dort bemerkbar macht. Gebiete, die früher regelmäßig von uns bewacht wurden, sind jetzt zeitweise ungeschützt. Wir müssen aufpassen, dass nicht der Eindruck entsteht, der Clan der roten Kuh sei schutzlos. Das könnte die Smaragdschwerter auf dumme Gedanken bringen.

Ich habe deshalb beschlossen ein paar Freiwillige zu unseren Freunden vom Clan der Frithan zu schicken. Da sie ein Kriegsclan sind, haben sie Krieger, aber ansonsten sind sie arm. Ich schicke unseren Gesandten den Preisstier mit, den wir den Smaragdschwertern abgenommen haben. Sie sollen im Gegenzug darum bitten, dass die Frithan uns 20 Krieger ausleihen... vielleicht auch mehr. Mindestens für die Feuerzeit... sollten wir die Krieger länger benötigen, wäre es nicht schlecht, mit ihrem Häuptling Hingot Doppelbandit, einen günstigen Preis zu vereinbaren.

Wie ihr seht, ist es um Freiwillige derzeit nicht gut bestellt. Unsere Leute haben Angst, ihren Hof zu verlassen, weil sie die Angriffe der Smaragdschwerter fürchten. Dabei brauchen wir Hilfe von außen, um genau diesen Angriffen etwas entgegensetzen zu können.“

Broddi runzelt die Stirn und verleiht dann seiner Dankbarkeit für das Kommen Broakhars und Barmasts Ausdruck. Broakhar allerdings muss einen Moment überlegen. Seine Frau stammt vom Clan der Frithan und er muss daran denken, wie ihre Schwiegereltern sie nicht gern Broakhar überlassen haben, weil sie damals auch die Möglichkeit gehabt hätten, sie an einen reichen Händler aus Jonstadt zu verheiraten. Es hat bei den Frithan damals ein paar hässliche Szenen gegeben und nun soll Broakhar sie um Hilfe bitten? Ein paarmal tritt Broakhar unschlüssig von einem Fuß auf den anderen, dann aber gibt er sich einen Ruck und verspricht Broddi Sippenstark seine Unterstützung. Vielleicht kann er die Reise ja auch dazu nutzen, das Verhältnis zu seinen Schwiegereltern zu verbessern? Als auch Barmast zusagt, zeigt sich Broddi erfreut, weist die Männer darauf hin, wie wichtig ihre Mission ist und dass die Ehre des Clans mit ihnen auf die Reise geht. Dann meldet sich Darna Mantel zu Wort. Auch sie stammt vom Clan der Frithan, bittet Barmast und Broakhar ihrem greisen Vater Grüße zu übermitteln und verkündet ihnen, dass sie von ihren Hoffnungen und Gebeten begleitet werden.

Die beiden Männer verlassen die Halle ihres Häuptlings. Broakhar kehrt zu seiner Frau Ustarna Tatenreich zurück und erzählt ihr von seiner bevorstehenden Reise. Ustarna gibt ihm als Geschenk für ihre Mutter einen hübschen selbstbestickten Schal mit. Für ihren Vater nimmt Broakhar einen prächtigen bronzegefassten Schild mit.

Barmast benachrichtigt in der Zwischenzeit Orldes und Mersyn in der Scheune von Grünweide von dem Vorhaben und stellt fest, dass Jhorn bei ihnen zu Gast ist. Die Anwesenden beschließen, Barmast und Broakhar beizustehen.

Es ist der Lehmtag der Illusionswoche in der Seezeit 1618. Am nächsten Tag bringt Broakhar seine Geschenke und den Preisstier mit und die Reise beginnt. Die Gefährten nehmen nicht den kürzesten Weg über die Königsstraße, weil sie fürchten, lunare Truppen könnten Orldes und Mersyn entdecken. Stattdessen wenden sie sich nach Osten, erreichen über Siebeneichen die Straße von Jonstadt, durchqueren den „Beutel“, eine Bodensenke, und übernachten in Furtstadt.

Es ist der Windtag der Illusionswoche in der Seezeit 1618. Am nächsten Tag überqueren sie den Dandabach, ziehen an Beerenhall vorbei durch das Gebiet des Blaubeerenclans und erreichen gegen Mittag den Lorthing Fluss. Die Straße von Jonstadt führt hier über eine etwa 15 Meter breite Furt. Der Fluss ist aufgrund der Schneeschmelze der Seezeit relativ hoch, aber noch passierbar. Auf der gegenüberliegenden Seite zeigt sich noch das Reisegasthaus „Zur Schwarzdrossel“. Der Preisstier zeigt sich bei der Furtüberquerung etwas störrisch. Noch während sich die Reisenden darum bemühen, das Tier ins Wasser zu bekommen, springen in einiger Entfernung ein Dutzend Banditen aus einem Gebüsch und rennen schreiend und Waffen schwingend auf sie zu. Offensichtlich haben sie es auf das edle Tier abgesehen, das die Gefährten mit sich führen.

Broakhar besinnt sich auf Orlanth Rex und versucht mit der Hilfe des Gottes den Preisstier möglichst sicher und schnell über die Furt zu lenken. Jhorn und Barmast pflügen sich durch den Fluss, besonders schnell ist dabei Barmast, den Mersyn verleiht ihm durch ein Stoßgebet an Odayla Bärenkräfte. Etwas später steht Barmast in der Schankstube des Gasthauses „Zur Schwarzdrossel“. Er findet knapp 10 Krieger der Frithan, die hier ein wenig gelangweilt auf Händler warten um sich bei ihnen als Karawanenwachen zu verdingen. Barmast ruft den Männern zu: „Banditen! Wir sind in Schwierigkeiten!“, da kommt auch schon Leben in die Männer, die ihre Waffen ergreifen und zum nahen Fluss eilen. Als Broakhar mit Mersyn und dem Preisstier das andere Ufer erreicht, Jhorn den Banditen bereits Pfeile entgegenschickt und dann auch noch Barmast mit den Kriegern der Frithan zum Fluss zurückkehrt, ist den Banditen die Lust auf ihren Beutezug vergangen.  Nach der Auseinandersetzung kehren die Reisenden gut gelaunt mit den Kriegern der Frithan in der Gaststube ein und nehmen ein gutes Mittagessen zu sich, während Jhorn eine Lokalrunde für die Anwesenden bezahlt. Nur Orldes schaut ein wenig enttäuscht seinen Stab der Illusionen an, der in der vergangenen Szene wieder einmal nicht so funktioniert hat, wie er es sich gewünscht hat.

Nach der Mahlzeit ziehen die Gesandten weiter, überqueren am späten Nachmittag die Königsstraße und erreichen schon kurz darauf das Dorf Frithan, die wichtigste Siedlung des gleichnamigen Clans. Die Sonne wirft bereits lange Schatten, als die Gruppe den letzten Hügel erstiegen hat und auf die Siedlung schaut. In Frithan leben vielleicht 250 Menschen. Der unbefestigte Ort besteht lediglich aus ein paar Häuserblocks, die sich um einen größeren Marktplatz gruppieren. Eine Seite des Marktplatzes wird von der Häuptlingshalle eingenommen. Hinter dem Ort fließt der Boranini, in den ein paar hölzerne Anlegestellen für die Fischerboote hineinreichen.

Broakhan, der den Ort schon ein wenig kennt, geht voran und führt den Rest der Gruppe zum Marktplatz. An der letzten Hausecke aber schreckt er zunächst zurück. Auf dem Marktlatz lagern fünf oder sechs lunare Soldaten! Die Gefährten beschließen, zunächst Broakhans Schwiegereltern aufzusuchen und sich danach zu erkundigen, was die Soldaten in Frithan wollen.

Zwar ist die Begrüßung des alten Paares zunächst etwas frostig, das Eis schmilzt aber schnell. Broakhans Geschenke finden das Gefallen seiner Schwiegereltern, der Preisstier, der zunächst zu den anderen Haustieren in den hinteren Bereich des Hauses gebracht wird, macht Eindruck und als Broakhar erzählt, dass er im Auftrag seines Häuptlings hier ist, werden ihm ein paar fast andächtige Blicke zuteil. Von den alten Leuten erfahren die Gesandten, dass die lunaren Soldaten am Mittag desselben Tages in Frithan aufgetaucht seien. Ihr Hauptmann habe nachmittags das Gespräch mit Häuptling Hingot Doppelbandit gesucht. Soweit bekannt, hat der Mann bis jetzt noch nicht die Halle des Häuptlings verlassen. Was auch immer die beiden Männer verhandeln, es scheint Probleme dabei zu geben. Die Haltung von Broakhars Schwiegereltern ist dabei fatalistisch. Vielleicht droht den Frithan eine Erhöhung der Tribute, vielleicht werden Aushilfstruppen mobilisiert, vielleicht sind die Männer auch auf der Suche nach Rebellen... es seien Männer des lunaren Imperiums und daher müsse man mit dem Schlimmsten rechnen.

Jhorn macht einen kleinen Spaziergang über den Marktplatz um mehr herauszufinden. Seine Zeit bei Jomes Hostralos hat ihn mit einigen Gepflogenheiten der lunaren Besatzer vertraut gemacht. Er beginnt mit einem der lunaren Soldaten ein unverfängliches Gespräch in dessen Verlauf er erfährt, dass sie hier sind, um Krieger für die Belagerung von Weißwall zu gewinnen. Der kleine Trupp klappere die Kriegsclans der Region ab. Die Frithan sind der erste Anlaufpunkt, als nächstes gehe es zum Zweikiefernclan, danach wolle man nach Weißwall zurückkehren. Mehr erfährt Jhorn nicht. Als er seinen Kameraden bei Broakhars Schwiegereltern von seinem Gespräch erzählt, reagiert Mersyn erbost: „Sie wollen die Frithan dazu zwingen, gegen ihre eigenen Volksbrüder zu kämpfen!“ Jhorn fügt hinzu: „Ja, und wenn sie hier fertig sind, stehen möglicherweise keine Krieger mehr für uns zur Verfügung.“

Die Gefährten beraten über ihr weiteres Vorgehen und beschließen abzuwarten, bis am nächsten Morgen die genaueren Umstände der Unterredung bekannt werden. Sie sehen keine Möglichkeit bei laufender Verhandlung das Abkommen zwischen Hingot Doppelbandit und dem lunaren Hauptmann irgendwie zu beeinflussen. Nur Orldes´ Neugier ist noch nicht befriedigt. Obwohl ihm die anderen davon abraten, schleicht er durch die Nacht bis an die Rückwand der Häuptlingshalle und versucht zu lauschen, was dort besprochen wird. Viel bekommt er nicht zu hören. Die Verhandlungen scheinen kurz vor ihrem Abschluss zu stehen. Orldes hört, wie der lunare Hauptmann sagt: „Abgemacht, ich stehe zu meinem Wort: euer Tribut für dieses Jahr wird halbiert.“ Hingot Doppelbandit lässt ein verächtliches Grunzen vernehmen. Rascheln und Schritte sind zu hören. Orldes sucht sicherheitshalber wieder das Weite und kehrt zu Broakhars Schwiegereltern zurück.

Es ist der Feuertag der Illusionswoche in der Seezeit 1618. Am nächsten Vormittag lässt Häuptling Hingot seinen Clan auf dem Marktplatz zusammentrommeln. Neben ihm steht in etwas selbstgefälliger Geste der Hauptmann der lunaren Soldaten. Hingot spricht: „Hört zu, Frithan, das ist Hauptmann Ones Ovaro. Er will 50 unserer Krieger für eine militärische Aktion des lunaren Imperiums mitnehmen. Dafür bekommen wir in diesem Jahr die Hälfte unseres Tributs erlassen. Wir haben zwei Tage Zeit, die Leute zusammenzustellen. Heute melden sich die Freiwilligen. Morgen werde ich den Rest bestimmen. Ihr könnt gehen.“ Es ist dem Häuptling der Frithan anzusehen, wie widerwillig er diese Befehle erteilt, aber offensichtlich bleibt ihm keine andere Wahl.

Als sich die Menge verlaufen hat, wagen die Gesandten endlich bei Hingot Doppelbandit vorzusprechen. Sie erzählen ihm, dass sie von Broddi Sippenstark ausgesandt wurden und einen prächtigen Stier als Gastgeschenk dabei haben. Das lässt sich Häuptling Hingot nicht zweimal sagen. Er folgt den Gesandten ins Haus von Broakhans Schwiegereltern und beschaut sich den dort untergebrachten Stier. Dann sagt er: „Ein großartiges Tier! Gibt es einen besonderen Grund, warum euch Broddi geschickt hat?“ Nun erfährt Hingot von den Problemen des Clans der roten Kuh. Schließlich sagt er: „So gern ich das tun würde, aber ich kann euch keine Krieger mitgeben. Ich habe etwa 100 Krieger zur Verfügung. Wenn Hauptmann Ones Ovaro mir 50 von ihnen nimmt und ihr dann mit weiteren meiner Leute verschwindet, stehe ich noch schlechter da als ihr!“ In der folgenden Stunde wird im Haus von Broakhars Schwiegereltern nur leise geflüstert. Pläne werden gemacht und wieder verworfen. Diese Handvoll lunare Soldaten lässt sich leicht ermorden und unbemerkt vergraben, die Frithan werden dann aber doch mit der Rache des lunaren Imperiums rechnen müssen.

Schließlich murmelt Jhorn: „Was ist, wenn den lunaren Soldaten jegliche Lust auf die Krieger der Frithan vergeht?“ Häuptling Hingot murmelt: „Wir haben leider gerade keine ansteckende Krankheit.“ Mersyn murmelt: „Aber vielleicht kann man es so einrichten, dass es zumindest so aussieht...“. Häuptling Hingot Doppelbandit hält einen Moment inne, dann schaut er seine Gäste entschlossen an: „Es ist nur ein Strohhalm, aber wir haben nichts anderes. Lasst uns mit Minarika der Lärche, unserer Heilerin, sprechen. Wenig später klopft er an ein anderes Haus im Dorf und eine gebückte, alte Frau mit schrumpeligem Gesicht öffnet den Gesandten vom Clan der roten Kuh. Gespannt betreten sie das Haus der Heilerin und hoffen auf ihre Kenntnisse. Lässt sich innerhalb von eineinhalb Tagen glaubwürdig der Eindruck erwecken, dass die Frithan an einer ansteckenden Krankheit leiden, sodass Hauptmann Ones Ovaro sie lieber zurücklässt und sich auf den Zweikiefernclan beschränkt?

-

Zwischenzeitlich gab´s eine rege Diskussion zu den Ressourcenregeln. Haben meine Spieler Lust darauf, fünf Werte zu berücksichtigen, über die die Moral, die magischen Möglichkeiten, der Reichtum, die militärische Stärke und das Ansehen des Clans ausgedrückt werden? Damit verbunden sind zwei, drei Regeln, über die die Werte steigen und sinken, als Modifikationen für Proben herhalten und durch Spieleranstrengungen positiv beeinflusst werden können.

Irgendwie stieß der Aufwand auf wenig Gegenliebe. Buchhaltung von Dingen, die die Spielerfiguren nicht beeinflusst haben, wird es in der Gruppe nicht geben. Wir haben jetzt beschlossen, dass der Spielleiter sich über den Stand der Ressourcen einfach ein paar Gedanken macht (oder die Regeln für sich anwendet), und bei Bedarf zu Storyanlässen ausformt. Wenn wirklich auf einen Ressourcenwert gwürfelt wird, verkündet der Spielleiter dann eben, wie hoch deren Wert gerade ist.

Das laufende Abenteuer ist so eine Art Testballon dafür. Eigentlich geht es darum, die Kriegs-Ressource des Clans nicht zu sehr in den Keller absacken zu lassen. Die damit verbundenen Werte werden nicht verkündet. Stattdessen gibt´s eben ein Abenteuer, bei dem Aushilfskrieger organisiert werden.

Die Kampagne bietet einige sehr allgemeine Hinweise für solche Zusatzmissionen. Sie reichten aber immerhin für den groben Aufbau. Viel mehr ist auch nicht sinnvoll. Wir sind schon mitten in der Phase, wo sich die Kampagne unseren individuellen Bedingungen anpasst.

Die Banditen am Lorthing Fluss wurden mit einem großen Sieg hinweggefegt. Das war der Grund dafür, dass es zu gar keinem Kampf mehr kam.

Eine Lösung für das Problem der lunaren Rekrutierung zu finden ist meinen Spielern schwer gefallen. Am Ende war die Zeit zum Grübeln so gerade noch vertretbar, wie ich hoffe. Dafür kam dann die Idee mit der ansteckenden Krankheit, die die Frithan scheinbar befallen hat, auch ganz allein von ihnen. Das fanden meine Spieler am Schluss dann doch wieder irgendwie cool.

Für mich ist jetzt erstmal ein wenig Recherche angesagt. Soviel ich weiß, sind für solche Krankheiten auf Glorantha böse Chaosgeister zuständig. Für Täuschungen hingegen sind der Trickster-Gott Eurmal und seine Anhänger zuständig. Von denen gibt es im Settingband weit und breit nur eine einzige Vetreterin. Ich muss auch nochmal genau nachlesen, wie ich diese Leute einzuschätzen habe. Wieder erschließt sich mir ein Stück Glorantha.
« Letzte Änderung: 16.05.2020 | 02:16 von Chiarina »
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« Antwort #23 am: 16.05.2020 | 02:14 »


Jhorn erzählt Minarika, der Lärche vom Vorhaben der Gruppe. Die alte Heilerin wackelt mit dem Kopf und antwortet: „Was ihr da vorhabt ist gefährlich. Wenn herauskommt, dass ihr den Hauptmann des lunaren Imperiums betrogen habt, werden gleich zwei Clans der Cinsina darunter leiden. Es ist richtig, dass ihr nach göttlichem Beistand fragt. Ich bin allerdings nicht der richtige Ansprechpartner. Chalana Arroy verleiht mir die Gabe, die Geister Malias zu vertreiben und Krankheiten zu heilen. Wie man sie aber vortäuscht? Das ist die Sache des schändlichen Eurmals, des Herrn der Täuschung!“

Broakhar fragt Minarika, an wen sie sich wenden sollen. Minarika überlegt kurz und fragt dann: „Habt ihr keinen Trickster im Clan der roten Kuh? Bei den Frithan gibt es auch keinen. Wenn ihr nicht auf einen vorüberziehenden Wanderer in Eurmals Diensten warten könnt, würde ich mich wohl an Janara, die Dunkle halten. Sie ist Mitglied im Gefolge von Königin Ivartha Wolfshäuterin. Befindet sich die Königin nicht gegenwärtig im Fort der roten Kuh?“

Mersyn kann das bestätigen. Janara die Dunkle ist eine attraktive Frau, die auch während ihrer Aufenthalte im Fort der roten Kuh schon öfter Streit hervorgerufen hat, weil sie verschiedenste Männer und Frauen um ihren Finger wickelte. Sie besitzt relativ dunkle Haut und ist oft üppig geschminkt. Gerüchtehalber stammt sie aus Jonstadt, wo sie eine Menge Ärger hatte, dann aber von Königin Ivartha aufgelesen wurde. Wenn sie erneut einen ihrer vielen Skandale erzeugt, kommt Königin Ivartha manchmal für den Schaden auf. Sie sagt, dass sich in Janaras Frechheiten auch Weisheit finden lassen. Angeblich sieht sie Janara als eine Art Schrittmacher, deren Skandale ihr erst ein Verständnis dafür vermittelt haben, wie wichtig das Ansehen einer Königin ist. Es wird öfter behauptet, Janara die Dunkle sei von Eurmal gezeichnet. Wenn sie tatsächlich auf die Kräfte des göttlichen Betrügers und Zwietrachtsäers zurückgreifen kann, ist sie bei dem gegenwärtigen Problem vielleicht die richtige Unterstützung.

Die Frage ist nur, ob diese Hilfe rechtzeitig kommt. Selbst nach einem harten Ritt dürfte es mehr als zwei Tage brauchen, bis die Frau hier in Frithan ankommt. Nach einer kurzen aber intensiven Beratung beschließen die Freunde es trotzdem zu versuchen. Broakhar soll zurückreiten und Janara die Dunkle nach Frithan bringen. Die übrigen werden versuchen, den Aufbruch der lunaren Soldaten und ihrer Hilfstruppen nach Möglichkeit zu verzögern.

Wenig später bricht Broakhar auf. Er galoppiert auf der Königsstraße nach Norden. Als aus einem nahen Gebüsch ein aggressiver Grizzly auf ihn zustürmt, der glaubt er wolle ihm sein Territorium streitig machen, lenkt er sein Pferd geschickt an dem Tier vorbei und kann seinen Ritt ohne Zeitverlust fortsetzen. Im Fort der roten Kuh stößt er allerdings auf ein paar Probleme. Janara die Dunkle befindet sich nicht in der Gesellschaft ihrer Königin. Broakhar erklärt Häuptling Broddi und Königin Ivartha kurz, warum Janaras Anwesenheit in Frithan dringend erforderlich ist. Die Anwesenden begreifen schnell, können ihm aber auch nur sagen, dass Janara ausgegangen ist. Broakhar fragt die Torwache, die auffällige Frau hat das Fort aber wohl nicht verlassen. Nach einer quälend langen Suche und der Befragung einiger Dorfbewohner findet er Janara die Dunkle schließlich auf einer Bank hinter der Rotschänke. Sie schäkert dort mit einem Soldaten des lunaren Imperiums. Broakhar bittet sie um ein kurzes Gespräch unter vier Augen und verdeutlicht ihr sein dringliches Anliegen. Janara zeigt sich zunächst wenig beeindruckt, als sie aber hört, dass sie als Eurmalanhängerin weit und breit die einzige sein soll, die in der Situation in Frithan die geeignete Hilfe liefern kann, ist sie bei ihrer Eitelkeit gepackt. Sie besorgt ein eigenes Pferd und reitet mit Broakhar zurück. Am Rabenwerder, der Insel im Fluss wo der Boranini mit dem Lorthing zusammenfließt, ist zu sehen, wie ein paar Männer heimlich eine große Statue mühsam durch das hohe Gras schleppen und von einem Ochsenkarren auf ein Boot verladen. Einer von ihnen winkt Broakhar herbei, der aber trotz großer Neugier die Zähne zusammenbeißt und weiter in Richtung Frithan reitet.

Broakhars in Frithan gebliebenen Gefährten beginnen nach einer Beratung mit Häuptling Hingot Doppelbandit ein Fest auszurichten. Barmast will vor dem Hauptmann der lunaren Truppen ein langwieriges Abschiedsritual inszenieren, das angeblich nötig sei, bevor die Krieger der Frithan in den Kampf ziehen. Ones Ovaro nimmt an der Feierlichkeit teil, erweist sich aber als knallharter Militär. Ohne mit den Wimpern zu zucken lässte er die von Orldes´ Illusionsstab herbeigerufenen schwarzen Raben an sich vorbeiflattern, Barmasts Hokuspokus betrachtet er gelangweilt und mit zunehmender Ungeduld. Während Häuptling Hingot den Mann versucht mit berauschenden Getränken auszuschalten erzählt Jhorn zur Ablenkung ein paar Geschichten aus seinem Jägerleben, aber auch das scheint wenig Wirkung auf Ones Ovaro zu haben: Der Mann zeigt keinerlei Schwäche. Erst als in der frühen Morgenstunden Mersyn  in Bärengestalt das Pferdegehege der Frithan zerbricht und die dort weidenden Tiere in Angst und Schrecken versetzt und auseinandertreibt, reagiert Ones Ovaro. Er flucht laut und schickt die Frithan und seine Männer ins Gelände um die Tiere wieder einzufangen.

Es ist der Frosttag der Wahrheitswoche in der Seezeit 1618. Nach etwas mehr als zwei Tagen sind die Soldaten des lunaren Imperiums mit den Kriegern der Frithan noch nicht aufgebrochen, aber als Broakhar mit Janara der Dunklen endlich das Dorf erreicht, bleibt nicht mehr allzu viel Zeit. Janara erweist sich in dieser Situation als entschlossene Frau. Sie eilt in das Haus von Broakhars Schwiegereltern und gibt den Freunden Anweisungen: „Los geht´s! Ich brauche Bergamotte, Pastinaken, Dill, Sellerie und Schilfrohr. Ihr müsst außerdem die Krieger, die mit den lunaren Soldaten mitziehen sollen, an einem Ort zusammentrommeln, an dem wir ein wenig unter uns sein können, vielleicht ein oder zwei Hügel weiter. Stellt dort auch einen Kessel mit Kochgeschirr bereit und entzündet unter dem Kessel ein Feuer. Die Zeit ist knapp, lasst euch von Angehörigen der Frithan helfen!

Jhorn und Orldes heißen ein paar Frithan ihre Gemüsegärten plündern und ziehen aus um Bergamotte zu suchen. Barmast bereitet den Kessel vor. Broakhar und Mersyn trommeln die Krieger zusammen. Schließlich treffen sich alle in einer nahen Senke in der Nähe des Flussufers.

Dann beginnt Janara mit ihrer Zeremonie. Sie lässt die Krieger aus dem Schilfrohr rauchen und im Wechsel mit dem Zug aus der Pfeife immer wieder hechelnd atmen. Janara spricht dazu verführerisch klingende Worte an Eurmal. Nach einer Weile können die Krieger nur noch krächzen. Niemand versteht mehr, was sie sagen, sie klingen wie Raben. In Windeseile kocht Janara aus der Bergamotte, den Pastinaken, dem Dill und Sellerie ein Mus und lässt die Krieger unter weiteren beschwörenden Anrufungen Eurmals damit einreiben. Danach lässt sie sie in der Sonne stehen. Es dauert nicht lang, da bilden sich bei den Kriegern rote Pusteln, die auf der Haut streifenförmige Muster bilden. Die Krieger fluchen und stöhnen – sie haben echte Schmerzen und einen Juckreiz.

Die Zeit des Aufbruchs ist gekommen. Die malträtierten Krieger schleppen sich nach Frithan zurück und melden sich ächzend bei Ones Ovaro. Ihre Klagelaute sind durchaus echt. Ones Ovaro schaut die Krieger der Frithan ratlos an. Dann folgt Janaras Auftritt. Sie stellt sich vor die Gruppe der Kranken und ruft: „Es ist nicht der schlechteste Moment, in dem ihr fortzieht! Ich weiß nicht, was ihr mit euch angestellt habt, ich bin aber sehr erzürnt. So geht man nicht mit seinen Frauen um! Mein bester Ehemann braucht erst wieder hier zu erscheinen, wenn er bei Kräften ist!“ Ones Ovaro ist sprachlos und lässt die Frau herbeibringen. „Wovon sprecht ihr, Weib?“, will er wissen. Janara antwortet ihm: „Ehrenwerter Führer! Mein Mann hat es bisher nie versäumt, mir zu Willen zu sein, wenn er mit mir das Lager teilte. Letzte Nacht allerdings kam er mit diesem unangenehmen Ausschlag zu mir. Ich musste nach einigen Mühen feststellen, dass kein Funken Manneskraft mehr in ihm steckte. Obwohl ich mich redlich bemühte, wie es Ernalda von jeder tüchtigen Frau erwartet, gelang es mir nicht, seinen Pflug zur Aussaat zu schärfen. Ich entlockte seinem Gemächt nur zwei Tropfen einer stinkenden, grünlichen Flüssigkeit. Nun schaut mich an, Hauptmann! Ist das nicht empörend? Muss sich das eine Frau wie ich bieten lassen? Nein, Hauptmann! Ich habe gehört, dass die lunare Armee in der Lage ist aus Schwächlingen Männer zu machen! Nehmt ihn mit, Hauptmann, ihn und die anderen hier, deren Zustand auch nicht viel besser zu sein scheint!“ Ones Ovaro sieht sich sorgenvoll die Krieger an, die vor ihm stehen. Dann fragt er einen der Männer: „Was ist geschehen? Sagt die Wahrheit!“ Als der Mann aber den Mund aufmacht, antwortet er ihm nur mit einem Rabenkrächzen. Der lunare Hauptmann ist ernstlich besorgt. Er schreitet in gebührendem Abstand die Krieger der Frithan ab, wählt ein paar aus, die nicht ganz so gebeutelt scheinen und gibt den Befehl: „Aufsitzen! Auf zum Zweikiefernclan! Die Frithan ziehen voraus, wir halten 30 Schritt Abstand.“ Statt 50 Kriegern gibt sich Ones Ovaro mit 20 zufrieden.

Hingot Doppelbandit ist leicht schockiert. Er war bei Janaras Ritual nicht dabei und hat währenddessen den lunaren Hauptmann bei Laune gehalten. Nun schaut er irritiert seine verbliebenen aussätzig erscheinenden Männer an. Vor den zurückgebliebenen Frauen, Alten und Jugendlichen fragt er Janara: „Was habt ihr mit ihnen angestellt?“ Janara antwortet: „Ich habe verhindert, dass sie eingezogen werden. Das wolltet ihr doch, oder? Ich war unsicher, weil es mir etwas leichtfertig schien. Unwahrscheinlich, dass ihr nach diesem Ereignis noch in den Genuss der Steuererleichterung kommt. Habt ihr davon gehört, dass die Dolutha ihre Männer gehen lassen haben? Sie profitieren jetzt von den reduzierten Tributforderungen und führen ein gutes Leben! Nun, was eure Männer angeht, seid beruhigt! Sie dürften spätestens in drei, vier Tagen wieder in Ordnung sein.“

Auf Janaras Worte hin ist es ein paar Moment lang still. Dann beginnen leise Diskussionen. Irgendwann ruft jemand verärgert: „Ist doch wahr!“ Es gibt kein Fest an diesem Abend. Streitend trennen sich die Clanmitglieder und verschwinden in ihre Hütten. Hingot Doppelbandit scheint unzufrieden. Er will den Gesandten vom Clan der roten Kuh 10 seiner Krieger mitgeben, Barmast und Orldes beschwören daraufhin aber die Freundschaft zwischen den beiden Clans und irgendwann haben sie den Häuptling der Frithan dazu überredet, ihnen fünfzehn Männer zuzugestehen. Hingot holt den Preisstier aus dem Haus von Broakhars Schwiegereltern, winkt müde und verschwindet ohne große Worte in seiner Halle.

Auf dem Rückweg zum Fort der roten Kuh kann Barmast beobachten, wie Janara die Dunkle zwischen ihren Fingern eine Gewandspange hin und her dreht. Sie ist in Form einer Schildkröte gearbeitet und trägt die Buchstaben „O – O“ als ineinander verschränkte Initialen. Probehalber befestigt sie die Spange an ihrem Gewand und zeigt sie stolz in diese, dann in jene Richtung. Barmast will wissen, was sie da hat. Janara sagt: „Das ist ein Witz, nicht wahr? Er war so leichtgläubig, diese Gewandspange hat er mir nahezu aufgedrängt! Natürlich weiß er nichts davon, dass sie jetzt mir gehört!“ Barmast schaut sich das Stück an und begreift: „Du hast sie dem Hauptmann gestohlen? Gib Acht, das kann Ärger geben, wenn das herauskommt!“ Janara befestigt die Spange daraufhin unter ihrem Mantel. Barmast seufzt besorgt.

Es ist der Wassertag der Wahrheitswoche in der Seezeit 1618. Schließlich erreichen die Gesandten wieder das Fort der roten Kuh. Broddi Sippenstark schaut die gequälten Krieger der Frithan erschrocken an und will wissen, was diesen Leuten widerfahren ist. Broakhar erzählt ihm daraufhin von den Geschehnissen in Frithan. Zwar zeigt sich der ein oder andere Anwesende aufgrund der Täuschung des lunaren Hauptmannes auch etwas besorgt, im Großen und Ganzen scheint Broddi aber zufrieden zu sein. Er sagt: „Fünfzehn Krieger, und sie sind in zwei oder drei Tagen wieder auf den Beinen? Vielleicht reicht das, um die schwerste Zeit zu überbrücken.“

Einigermaßen erleichtert kehren die Freunde in ihrem Alltag zurück. Die heiße Jahreszeit steht vor der Tür, das Vieh muss auf die Weiden getrieben werden, schon bald werden Pflugarbeiten anstehen und Schafe geschoren werden.

-

Das war ein relativ kurzer Spielabend. Zu Zeiten des Corona-Virus scheint es zwangsläufig zu derartigen Abenteuern zu kommen. Meine Spieler waren zum Teil nicht so begeistert, dass sie auf die Hilfe einer Person angewiesen waren, für die sie zwischendurch noch einmal in ihr Heimatdorf zurück mussten. Sie hatten auch damit gerechnet, mal nach Jonstadt zu kommen, woraus nun auch nichts wurde. Trotzdem waren sie ganz zufrieden damit, einen weiteren Clan kennengelernt zu haben. Auch der Einblick in das seltsame Treiben des Gottes Eurmal und seiner Anhänger hat ihnen gut gefallen.

Mit dem Ergebnis des Abenteuers kann der Clan der roten Kuh größere Engpässe in seiner Verteidigungsbereitschaft gegenüber den Smaragdschwertern verhindern. Ein kurzes Aufatmen ist gestattet. Weitere Spannungen lassen aber nicht lange auf sich warten.
« Letzte Änderung: 16.05.2020 | 14:56 von Chiarina »
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1618, Abenteuer 5: Frieden weben (Sitzung 13)
« Antwort #24 am: 11.06.2020 | 23:30 »


Es ist der Lehmtag der Fruchtbarkeitswoche in der Feuerzeit 1618. Seit den letzten Ereignissen sind etwa vier Wochen vergangen.

Orldes hat in dieser Zeit der Bibliothek von Jonstadt einen Besuch abgestattet und versucht über den Feind des Clans der roten Kuh – die Smaragdschwerter – ein paar Informationen mehr herauszubekommen. Leider reichen alle Aufzeichnungen, die er finden konnte, nicht allzu weit zurück. Er erfährt nur etwas über die Vergangenheit des gegenwärtigen Häuptlings, Duruvan der Fette. Der Mann ist seit 11 Jahren Häuptling der Smaragdschwerter und war früher ein berüchtigter Rinderdieb. Sein Vorgänger Hahlgrim Holznase fiel bei der großen Jagd auf die Telmori Wolfsmenschen, woraufhin der Clan Duruvan zum Häuptling wählte. Duruvan führte seinen Clan in die Arme der Missionare, die das lunare Imperium in die Region entsandte. Sein Clan profitierte davon und gelangte durch die in Folge die Straße von Alda-Chur bereisenden Händler zu einem gewissen Wohlstand. Duruvan gehörte auch zu denen, die vor fünf Jahren König Petrad Rotgold unterstützte, als dieser mit seinem Stamm, den Dinacoli, den Bund von Jonstadt verließ und sich dem Gefolge von Fürst Harvar Eisenfaust aus Alda-Chur  anschloss. Duruvan hoffte, dass nach dem Ausscheiden der Dinacoli aus dem Bund von Jonstadt die Konflikte am Bach nachlassen würden. Stattdessen wurden seine Leute vor vier Jahren mit den Dolutha in die Drei-Witwen-Fehde verwickelt und waren ein Jahr später am Massaker von Tormakts Farm beteiligt. Im letzten Jahr führte Kangharl Schwarzstirn vom Clan der roten Kuh, dessen Frau beim Massaker von Tormakts Farm gestorben war, einen Plünderzug in die Ländereien der Smaragdschwerter. Torath Seidenhose, ein Mann der Smaragdschwerter, starb während der damit verbundenen Auseinandersetzung. Rostakus nahm das Ereignis zum Anlass für neuen Ärger und betrachtete den Vorgang als Beleidigung. Er überredete den zögerlichen Duruvan, dem Clan der roten Kuh eine Blutfehde zu erklären. Rostakus versuchte die Angelegenheit durch ein Duell mit dem alternden Waffenmeister vom Clan der roten Kuh, Jordarn dem Rassler, zu entscheiden und tötete den Mann. Statt die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, sannen einige Waffenherren vom Stamm der roten Kuh auf Blutrache. Die Seidenhosen-Fehde dauert noch immer an.

Barmast ist in dieser Zeit oft abwesend. Seinen Freunden wird er später von anstrengenden Reisen in wilde Gegenden und phantastischen Treffen mit der Geistergesellschaft, deren Mitglied er ist, erzählen. Jhorn fällt auf, dass Barmast viel über Telmori-Gebiete erzählt. Als er nachfragt, reagiert Barmast etwas ausweichend. Genauere Details über seine Unternehmungen ist er nicht bereit zu liefern.

Jhorn selbst betätigt sich während dieser vier Wochen als Krieger, der die Clangrenzen gegen die Smaragdschwerter schützt. Es sieht nicht so aus, als würden die Smaragdschwerter aufgrund der organisierten Verstärkung des Clans der roten Kuh von ihrer Taktik der Nadelstiche ablassen. Immer wieder kommt es zu kleineren, aber kräftezehrenden Zusammenstößen mit den Todfeinden des Clans.

Broakhar reist in dieser Zeit noch zweimal nach Frithan und besucht seine Schwiegereltern. Die Verbindung zu ihnen wird immer besser, dafür muss sich Broakhar jetzt häufiger fragen lassen, wie es denn eigentlich mit Nachwuchs aussieht.

Mersyn verbringt einen Großteil ihrer Zeit in ihrem Schlupfwinkel, der Scheune in Grünweide. Als bekannte Rebellin kann sie sich nicht mehr gut im Fort der roten Kuh blicken lassen. Das permanente Versteckspiel zehrt allerdings an ihren Nerven.

Am besagten Tag kommt es im Fort der roten Kuh zu den Feierlichkeiten zu Ehren der Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin Ernalda. Mersyn beschließt in Verkleidung teilzunehmen und hüllt sich in einen weiten Mantel mit großer Kapuze.

Während des fröhlichen Festes geht Darna Mantel, die Hohepriesterin Ernaldas, auf Broakhar zu.  Sie fragt ihn nach ihren Eltern bei den Frithan. Broakhar hat Darnas Eltern bei seinem ersten Besuch in Frithan einen Schal von Darna als Geschenk überbracht, sich danach aber nicht mehr um die Leute gekümmert. Darna ist von Broakhars geringem Engagement nicht allzu begeistert und fragt ihn im Anschluss noch ein wenig über die Taten von Janara der Dunklen aus. Janara war zwar behilflich, bei der Organisation der 15 Aushilfskrieger aus den Reihen der Frithan, hat den dort wohnenden Menschen gegenüber aber auch von Clans erzählt, die ihre Krieger dem lunaren Imperium zur Verfügung stellen und dadurch in Folge profitieren. Sie hat außerdem leichtsinnig dem Hauptmann des dort Halt machenden lunaren Trupps eine Gewandfibel gestohlen. Broakhar erzählt Darna nichts von den Zweifeln, die er gegenüber Janara der Dunklen hegt und behält ein Pokerface. Schließlich erzählt ihm Darna von einer Ratsversammlung, die am Abend nach den Feierlichkeiten stattfinden soll. Offenbar will sich Häuptling Broddi Sippenstark für einen Frieden mit den Smaragdschwertern einsetzen. Darna Mantel gibt Broakhar zu verstehen, dass der Ruf von ihm und seinen Freunden im Clan durchaus noch ein wenig verbessert werden könnte. Sie wolle ihnen daher die Gelegenheit geben, bei der Ratsversammlung als Gäste anwesend zu sein. Vielleicht ergeben sich die Gelegenheit, sich in den Diensten des Clans auszuzeichnen. Broakhar nimmt die Einladung erfreut an und informiert seine Freunde Jhorn und Barmast. Auch Mersyn bekommt Kenntnis davon und beschließt sich zur Ratsversammlung Zugang zu verschaffen.

In der Halle von Häuptling Broddi Sippenstark ist am Abend der gesamte Rat vertreten. Broddi hat auch alle seine Leibwächter versammelt. Als zusätzliche Gäste sind neben Mersyn, Broakhar, Barmast und Jhorn noch Kangharl Schwarzstirn, das neu gewählte Oberhaupt der Tormakting Sippe, Griselda Graulocken vom Frauenkreis des Clans und Mirana, die Geliebte Farnantyrs und ursprünglich Clanmitglied der Smaragdschwerter, anwesend.

Broddi bringt die Versammlung kurz und bündig auf den neuesten Stand. Er erzählt, dass es am vergangenen Tag zu einem heftigeren Zusammenstoß mit den Smaragdschwertern gekommen sei. Es habe einen Toten gegeben, ausgerechnet einen Krieger der Frithan, deren Motivation, noch länger im Clan der roten Kuh Dienst zu leisten, nun nicht gerade gestiegen sein dürfte. Broddi verkündet, dass er die Krieger der Frithan nicht mehr ewig hier halten werden könne. Die Aggressionen der Smaragdschwerter hätten im Nachhinein auch nicht unbedingt abgenommen. Um die immer größer werdende Bedrohung abzuwenden sei es daher notwendig, die Seidenhosen-Fehde mit den Smaragdschwertern zu beenden. Da die Männer der beiden Clans dazu nicht in der Lage zu sein scheinen, gebe es nur zwei Alternativen. Zum einen könne eine gemeinsame höhere Autorität als Streitschlichter angerufen werden. Allerdings leistet der Clan der roten Kuh Königin Ivartha Wolfshäuterin von Stamm der Cinsina, die Smaragdschwerter aber Fürst Harvar Eisenfaust von Alda-Chur Gefolgschaft. Nur Prinz Temertain von Sartar selbst ist ein gemeinsamer Oberherr. Dieser steht aber im Verdacht, vom lunaren Imperium als Marionette missbraucht zu werden und kommt für Broddi daher erst dann als Richter in Frage, wenn der Clan ernstlich in seiner Existenz bedroht ist. Der Häuptling hat sich daher zur anderen Alternative entschlossen. Was den Männern nicht gelingt, gelingt vielleicht den Frauen. Er entsendet eine Gesandtschaft aus den Priesterinnen des Clans zu den Smaragdschwertern, die mit den dort lebenden Frauen Friedensbedingungen aushandeln sollen. Mit dem altbekannten Satz: „Es gibt immer einen anderen Weg“ schließt er seine Ansprache.

Salissa Dreigatten und Kangharl Schwarzstirn reagieren zornig. Sie brüllen Broddi an und versuchen ihn zu überzeugen, „nicht die Ahnen zu verraten, indem den Smaragdschwertern eine Abfindung zugebilligt wird.“

Broddi zuckt daraufhin mit den Schultern und sagt nur: „Den Kampf, an den ihr glaubt, können wir nicht gewinnen. Ich habe Griselda Graulocke darum gebeten, mit den Frauen von den Smaragdschwertern einen Friedensteppich zu weben.“

Häuptling Broddis Worte beinhalten eine weitere Überraschung. Unter normalen Umständen sollte Darna Mantel als Hohepriesterin Ernaldas das Friedensweben anleiten. Die Anwesenden schauen sich gespannt nach ihr um und rechnen damit, dass sie vor Wut schäumt. Darna wirkt aber ganz gelassen, als habe sie mit diesem Verlauf der Dinge gerechnet.

Broddi verliert noch ein paar Worte über weitere Teilnehmer der Gesandtschaft. Er verkündet: „Darna Mantel und Salissa Dreigatten, Ernaldas Sprecherinnen und Priesterinnen werden sie begleiten. Marani vom Clan der Smaragdschwerter wird die Gruppe begleiten. Wenn sich die Gelegenheit bietet, kann mit dem Clan der Smaragdschwerter über eine Hochzeit zwischen ihr und Farnantyr verhandelt werden. Eine solche Ehe könnte helfen, den Frieden zwischen den Clans weiter zu sichern. Außerdem wird meine Leibwächterin Kernalda Umgekehrt die Gruppe begleiten. Sie ist für den Schutz der Frauen zuständig.“

Nach diesen Worten erhebt sich Darna Mantel und spricht: „Ich weiß, dass diese Söhne und Töchter von Karganar Blutauge“, damit deutet sie auf Broakhar, Barmast, Jhorn und Mersyn, „es schätzen würden, wenn sie sich in deinen Augen auszeichnen und ihre Loyalität unter Beweis stellen könnten. Sie haben mich darum gebeten, der Mission als Wächter und Gehilfen der Erde zu begleiten, daher bitte ich den Rat darum, sie mir zur Unterstützung mitzuschicken.“

Broddi schaut die vier Freunde zweifelnd an und sagt: „Wenn sie dabei sind, weiß niemand, wie die Sache ausgehen wird.“

Kullina die Fette erwidert: „Ich weiß von keinen Dummheiten, die diese vier begangen haben sollten. Wenn es sie aber gefehlt haben, dann sollten sie Verantwortung für ihre Taten übernehmen und ihre Fehler beheben können. Selbst Orlanth tat das.“
Es folgen ein paar Rechtfertigungen Broakhars, Barmasts, Jhorns und Mersyns. Schließlich sprechen sich auch Farandar Orendalsson und Salissa Dreigatten für eine Teilnahme der Freunde an er Mission aus und zögerlich erteilt Broddi seine Zustimmung.

Darna Mantel geht ein paar Schritte auf die Freunde zu und spricht halblaut zu ihnen: „Keine Sorge, ihr werdet die Gelegenheit haben, euch für meine Fürsprache zu revanchieren.“ Diesen Satz unbeantwortet zu lassen, käme den Traditionen der Heortling-Clans einem Eingeständnis gleich, in Darna Mantels Schuld zu stehen, eine Vorstellung, die Mersyn überhaupt nicht passt. Es platzt laut und für alle Anwesenden vernehmbar aus Mersyn heraus: „Ich glaube kaum, dass mich deine Einladung zu diesen Ratsversammlung hier zu irgendetwas verpflichtet!“ Der Skandal ist da! Darna betrachtet Mersyn mit kaltem Blick, alle Umstehenden schauen sich neugierig nach den streitenden Frauen um. Barmast stärkt Mersyn den Rücken und  tut kund, dass Darna sich von ihrer kleinen Gefälligkeit offensichtlich etwas zu viel verspricht. Broakhar und Jhorn allerdings versuchen die Wogen zu glätten, danken Darna Mantel für ihre Einladung und erklären sich mit einer Gegenleistung einverstanden, solange sie nur dem Wohl des Clans dienlich sei. Mit knappem Nicken verlässt Darna Mantel die Halle Broddis und früher oder später verlassen auch die übrigen Anwesenden die Versammlung.

Vor der Tür folgt den vier Freunden Salissa Dreigatten und bittet sie zu einem kleinen Spaziergang um ungestört reden zu können. Vor dem Fort der roten Kuh richtet dann allerdings auch sie Worte an ihre vier Begleiter, die weitere Probleme erahnen lassen. Sie spricht von der vergangenen Niederlage beim Angriff auf das Dorf Bachwende und äußert schwere Vorwürfe. Insbesondere scheint sie die Tatsache zu erzürnen, dass die Beteiligten die Gelegenheit verstreichen lassen haben, sich an dem Brandmörder Rostakus Doppelbandit zu rächen, der den Tod von Lhankpentos dem Blinden zu verantworten hat. Schließlich versucht sie ihre Begleiter zu provozieren und sagt: „Wäre ich eine jüngere Frau, ich leistete den Eid auf Vinga, färbte mir die Haare rot und tötete den Mann selbst, denn es scheint so, als hätten wir keine Männer mehr im Clan!“

Jhorn, Barmast und Broakhar aber bleiben gelassen. Jhorn antwortet ihr, aus der Sicherheit des Forts heraus könne sie gut spotten, solange sie aber nicht dabei gewesen sei, solle sie ihre Worte im Zaum halten. Er will von ihr wissen, ob sie tatsächlich erwarte, dass sich die Männer des Clans der roten Kuh bei ihrer Rache zu ähnlich unehrenhaften Handlungen hinreißen lassen, wie es die Smaragdschwerter tun. Als Barmast sie dann darauf anspricht, ob sie wirklich glaube, in dieser Verfassung auf eine Friedensmission ziehen zu müssen, schmollt sie und verlässt die Freunde.
« Letzte Änderung: 15.06.2020 | 02:22 von Chiarina »
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