Autor Thema: [Deadlands] Savage West Solo Play  (Gelesen 15188 mal)

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #175 am: 11.02.2024 | 15:20 »
Um das neue Abenteuer zu beginnen, befragen wir wieder den Gomorra-Abenteuer-Generator. (Darauf, einen Zufallsplot zu ermitteln á la One Page Solo Engine verzichten wir diesmal ganz, ich weiß schon, was für ein Plot passieren soll.) Die Wild Cards bekommen drei ereignislose Tage, bei denen sie sich in ihrem Hotel beziehungsweise Indianerlager erholen können. Wie oben beschrieben nutzen May B. und Rex diese Zeit für ihre okkulten Studien. Dann aber wird das Aufgebot wieder langsam unternehmungslustig, und alle bekommen Ereigniskarten ausgeteilt.



Joycelyn hat einen Joker, was ein Besonderes Ereignis bedeutet. Sie ist mal wieder im Old Moon Saloon zu einer Probe mit ihrer Band, in Begleitung von May. Vor der Tür fährt dabei eine Kutsche vor, und es gibt dabei großes Hallo dort draußen. Neugierig schaut Joycelyn nach draußen, und sieht, dass Elisabeth King zurück ist von ihrer jüngsten Waren-Abholung, und aufgeregte Städter beginnen bereits, die Nahrungsmittel und anderen Annehmlichkeiten der Zivilisation von dem Planwagen abzuladen. Beschaulich war diese Lieferfahrt wohl nicht: Eine Flanke ihres Fuhrwerks ist gespickt mit Eingeborenen-Pfeilen. An einer anderen hängt ein grünlicher, menschlicher Arm, der sich mit seinen knöchernen Fingern so festgekrallt hat, dass er in der Eile dort draußen nicht abzubekommen war. Teenager bestaunen nun das widerwärtige Souvenir mit großen Augen, ein junges Mädchen hält ihrem kleinen Bruder schnell die Augen zu.
„Miss King! Willkommen zurück!“, freut sich Joycelyn, „schön, Sie unversehrt wiederzusehen! … Gute Güte, ist das ein Zombiearm, der sich da so garstig festgeklammert hat?!“
Elisabeth lacht grimmig, während sie ihren Packern beim Abladen der Waren hilft, „ich musste während der Fahrt mehrmals nochmal drauf schießen, weil er immer wieder zu zappeln angefangen hat zwischendurch! So, sieht jedenfalls so aus, als kriegten Sie endlich wieder Pfeffer, eingelegtes Gemüse, Bratöl, und Stacheldraht in Ihrer schönen, scheiß-abgelegenen Stadt!“
„Und Munition?“, verlangt ein Alter mit Rauschebart zu wissen, „was ist mit Pistolenmunition?“
„Ja, wahrlich, das ist das, was Gomorra am dringendsten benötigt!“, kommentiert die Sängerin ironisch, aber erntet nur begeistertes Nicken von Umstehenden, deren Grips nicht ganz dafür ausreicht, Ironie zu verstehen.
Jedenfalls dürfen bei diesem Ergebnis auf meiner Ereignistabelle alle Wild Cards mit einem Trade-Erfolg Bestellungen bei der Wells Fargo gemacht haben, und erhalten bei einem Erfolg die gewünschte Ware zum Normalpreis (statt für das Dreifache, wie in Gomorra sonst üblich). Nur Byrd hat dabei Glück; sein geordertes Dynamit ist mit angekommen. Miss King händigt es Joycelyn für ihn aus.

Die Sioux haben derweil heute laut Kartenziehung eine ganz andere Art von Problem: Rote Termiten sind über das Indianerlager hergefallen, und haben begonnen, alles zu zernagen, was aus Holz gemacht ist. Den Mistviechern ist nur mit Würfelglück beizukommen, aber die Sioux schaffen es gemeinschaftlich; Schwein gehabt, sonst wäre die Location zeitweilig weg gewesen!

May B. beäugt das rege Treiben vor dem Old Moon Saloon interessiert. Dabei trifft sie auf ein paar Scouts aus der Sioux Union, die sich von dem Erlebnis neulich mit der Friedenspfeife an sie erinnern. Nachdem Väterchen Peyotl zu ihr gesprochen habe, und es vielleicht seine große Medizin war, die May B. zum Sieg über Ivor Curwen verholfen habe, halten die beiden Sioux sie nun für würdig, und wollen ihr einen Gefallen tun. (Laut meiner Ereignistabelle zählen sie als temporäre Connections.)

Drüben in Sam‘s General Store bekommt es Byrd derweil mit einer Gruppe von Strauchdieben zu tun, die den Krämer beklauen wollen, während die Leute im Gebäude vom lautstarken Eintreffen der Warenlieferung vor dem Old Moon Saloon abgelenkt sind. Byrd gerät mir-nichts-dir-nichts in eine erbitterte Prügelei mit den Halunken, und verteilt ein paar ordentliche Backpfeifen, dass es nur so knallt. Die gezockten Waren in Händen der Diebe dienen Byrd beim Schlagabtausch abwechselnd als Ablenkung und als improvisierte Nahkampfwaffen. Er selbst wird auch ganz schön verdroschen. Schließlich gewinnt er aber das Quick Encounter, und die Hallodris fliehen aus dem General Store.
„Na, das war ja was!“, sagt Besitzer Sam perplex, als er und Byrd den Fliehenden nachgucken.
„Nichts zu danken, Alterchen!“, strahlt Byrd, „ich hab‘ die eigentlich nur aufgemischt, um ein bisschen Bewegung zu bekommen! Aber haben Sie vielleicht trotzdem ein paar Heftpflaster für die aufgeschürften Fingerknöchel?“
Sam nickt eifrig, immerhin hat der Gunslinger ihm den Tag gerettet, „Aber sicher hab‘ ich welche, für Sie immer, Mister! … Macht dann zwei Dollar!“
Byrd muss lachen, und winkt ab. Der knauserige Ladeninhaber schaut ihn fragend an, er fand, das Angebot war doch recht gut?

Rex Shadrack ist im Red Hill Hotel geblieben, und brütet immer noch über seinen arkanen Notizen. Ein paar gutangezogene Hotelgäste wollen ihn zu einem Trinkwettkampf herausfordern, und führen unseren guten alten Rex W. Shadrack damit ganz schön in Versuchung, aber schließlich bleibt er eisern, und auch diese Leute lassen sich verscheuchen.


Nach solcherlei Präludium ist es Zeit, unseren Helden den Abenteuereinstieg zu servieren: Im Rummel vor dem Old Moon Saloon taucht schließlich eine Gestalt auf, welche nur selten in der Stadt selbst zu sehen ist, und die aus der Menge heraussticht in ihrer staubigen, simplen Kutte, die an eine Mönchsrobe denken lässt. Obwohl er offensichtlich ein Geistlicher ist, hat der dunkelhäutige Mann einen Pistolengurt umgeschnallt! Er tritt an Joycelyn und May B. heran, während die sich noch mit den Sioux-Kundschaftern und der Band unterhalten: „Buenas días, die Damen. Dürfte ich ein paar Fragen an Sie beide richten? Por favor, ich habe ein paar höchst dringliche Fragen …!“
„Father Juan Navarro!“, sagt May B. verblüfft, „Sie habe ich ja noch nie außerhalb Ihres Missionshauses gesehen!“
„Können wir unter sechs Augen sprechen, meine Töchter? Es ist sehr eilig!“, und der Blick des Padre ist gehetzt, die Äderchen in seinen Augäpfeln sind gerötet, als habe er vor Sorge nicht geschlafen die ganze letzte Nacht.
„Aber Father Juan“, wendet Joycelyn ein, „wir wollten gerade endlich unsere Bandprobe wieder aufnehmen!“
May B. hat die Anspannung in Juan Navarros Blick jedoch bemerkt, legt ihrer Freundin eine Hand auf den Unterarm, und sagt ahnungsvoll, „ich glaube, wir sollten das Gespräch mit dem Padre vorziehen, Joycelyn! … Er ist extra den ganzen Weg vom Missionshaus her in die Stadt gekommen, nicht wahr?“, und sie sieht ihm forschend in die Augen. Die Umstehenden verstummen, und wirken ebenfalls leicht alarmiert.


Father Juan wendet sich also nun an die Posse, mit einer Sache, die ihm offensichtlich sehr ernst und äußerst dringlich ist. Nach dem Kampf gegen den Omega-Wolfsmann draußen bei der katholischen Mission sind unsere Helden mit Father Juan ja recht gut auseinander gegangen, und er hat natürlich auch jüngst die Geschichten gehört über ihren Einsatz im Dragon’s Nest Strike. Juan Navarro hofft also, dass er den Wild Cards vertrauen kann in dieser neuen Sache.



Ein Glaubensgenosse von ihm ist vorletzte Nacht mit einem eigenen Aufgebot in der Top of the World Lode verschwunden, und nicht mehr von dort zurückgekehrt. Er hatte sich auf einer Art heiligem Kreuzzug befunden. Was in der Top of the World Lode los ist? Nun, sagt Father Juan, all die Arbeiter aus dieser Sweetrock-Mine sind kürzlich nach einer Serie von angeblichen Unfällen evakuiert worden, und sie wird bereits seit einer Woche nicht mehr bewirtschaftet. Man braucht kein Pinkerton-Detektiv zu sein, um zu ahnen, dass ein okkulter Schlamassel dort vor sich geht!

Hogarth Jones, der hünenhafte, unverwüstliche Eremit aus Nebraska, war vor einigen Tagen also im Missionshaus aufgetaucht, um Father Juan ins Vertrauen zu ziehen. Er hatte kurz nach seiner Ankunft in Gomorra die gespenstische Vision davon, dass sich in den Tiefen der Mine ein Tor in eine andere Welt auftun würde, und er behauptete, Passagen in seiner Bibel gefunden zu haben, die eben dies verhindern könnten.



Hogarth Jones, der weitgereiste Prediger aus Nebraska


„Und, Padre …“, traut sich May B. zu fragen, „sind Sie auch sicher, dass bei Ihrem Freund Hogarth Jones nicht einfach was im Oberstübchen ausgehakt war? Das klingt doch, als wäre der Mann … etwas überreizt gewesen!“
„Die Welt hat sich vor einer Weile schlagartig geändert, Señorita … und hier im Gomorra Valley bekommen wir dies besonders deutlich zu sehen! … Als ich Sie zum ersten Mal traf, waren Sie auf der Flucht vor einem dämonischen Ungeheuer, das mit fürchterlichem Wolfsgeheul die Prärie nach Ihnen absuchte, oder etwa nicht?“
„Ja, gewiss, aber … wollen Sie etwa sagen, Father Juan, dieselben Kräfte haben diesen Hogarth Jones geleitet, die auch in Ihrem Missionshaus walten?“
Der Priester nickt ernsthaft, und erwidert in gedämpfter Stimme, „In dieser Zeit des Schreckens sind wir nicht allein. Der Herr ist mit uns, auch wenn es hier, so nahe am Great Maze, manchmal nicht danach aussieht. Aber als jemand, der von sich sagen darf, dass seine Gebete oftmals erhört werden, versichere ich Euch, dass es stimmt!“
„Sie sagen, Sie sind ein …“, setzt May unsicher an.
„Ich mag einen Segen empfangen haben, als ein Werkzeug des Herren. Es ist nicht an mir, zu beurteilen, was meine Vorsehung ist. Aber ich habe diesen Segen auch bei anderen Menschen gesehen, und ich sage, auch Hogarth Jones‘ Kräfte sind echt. Sicherlich auch seine Visionen. Es muss wahrhaftig eine Warnung des Himmels gewesen sein, die er erhalten hat!“
May B. und Joycelyn wechseln einen Blick.
„Kommen etwa welche von uns in dieser sogenannten Vision vor?“, traut sich May B. zu fragen, „oder warum kommen Sie damit … ausgerechnet zu uns?“
„Nein, meine Tochter! Nichts dergleichen. Auf Euch und Eure Gefährten komme ich aufgrund von etwas, das mir jüngst von einer anderen Tochter dieser Gemeinde zugetragen wurde. Und Ihr wart es ja außerdem, die Ivor Curwens Teufeleien aufgehalten habt, so heißt es! Ich kann mich nur an Euch wenden mit diesen Fragen!“

In der Beichte habe nämlich jüngst eine Gläubige ihm zu verstehen gegeben, dass die Posse in Kontakt mit einer anderen Welt namens Cynder war. (Er nennt den Namen dieser Gläubigen nicht, aber dies kann ja wohl nur Señorita Kentrall gewesen sein!) Über die Details der Beichte darf Juan selbstredend nichts sagen, aber er ist am Rande eines Nervenzusammenbruchs und braucht schnell Antworten von den SCs, und im besten Falle auch Mitstreiter in ihnen. Juan kennt übrigens den Begriff ‚Deadlands‘ nicht, für ihn ist dies schlicht die Hölle. Was auch immer der Ketzer Curwen kürzlich zu tun versucht hatte — es ist laut Juan nicht vorbei. Hogarth Jones ist nämlich nicht zurückgekehrt von seiner heiligen Mission, und es muss ihm und seinem Aufgebot jemand nachgehen, um zumindest seine Arbeit in der Mine zu Ende zu bringen ...
Wenn das Unterfangen gelingen soll, dann geht es nur mit einem alten Buch, welches der Eremit Jones bei sich hatte. Da ist Father Juan sich sicher. Jones hatte das Buch gerettet aus der geheimen Sammlung seines damaligen Klosters, oben in Vancouver, bevor dieses von einem unerklärlichen Blitzschlag zerstört wurde. Dieses besondere Okkultbuch beinhaltet neben dem Haupttext sehr spezifische Notizen und Anmerkungen. Und es wurde schon 1794, 1868, und 1870 zum erfolgreichen Exorzieren von derlei Spukphänomenen verwendet, heißt es über diese Schrift. Hogarth Jones hatte tiefstes Vertrauen darin, dass sein gottesfürchtiges Werk nur mit dieser Reliquie gelingen könne.
« Letzte Änderung: 12.02.2024 | 12:25 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #176 am: 11.02.2024 | 18:49 »
Natürlich müsse man Rücksprache halten mit den drei anderen aus dem Aufgebot, sagen die beiden Frauen. Es gelingt ihnen, im Red Hill Hotel alle zusammenzutrommeln.
„… Das klingt verdammt nochmal ganz danach, als sei Ivor Curwen zurück …!“, murmelt Shadrack in die entstandene Stille nach dem Bericht der Frauen.
„War ganz verkohlt und halb wie stinkende Asche auseinander gefallen“, grummelt John, „wie soll der Hexer Curwen zurück gekommen sein?“
Shadrack raunt paranoid, „Auf dieselbe Weise, John, wie Mister Byrds Infanteristen-Freund! Ivor Curwen könnte Harrowed geworden sein, und im Unleben einfach damit weiter machen mit dem, was er neulich versucht hat. Vielleicht war genug von seinem Leichnam intakt, damit ein Manitou ihn reanimieren konnte! Verdammt, wir hätten die Knochen zertreten und alles Übrige auf geweihtem Boden vergraben sollen!“
May B. lenkt ein, „Oder die Whateleys haben einfach einen neuen ihrer Lakaien geschickt. Wo dieser Ivor Curwen herkam, gibt es bestimmt noch genug weitere Sektierer.“
Joycelyn fügt hinzu, „Wie dem auch sei! Bestimmt hat Father Juan es eilig damit, unsere Antwort zu hören.“
Luca verkündet, „Aber selbstredend helfen wir dem Guten! Das wäre doch gelacht, oder? Ich hab‘ schon kaum noch Schrunden und blaue Flecke vom Kampf im Duval Canyon, da kann‘s dann doch mal weitergehen!“
May B. macht schmale Lippen, und sagt dann etwas kleinlaut: „Ich will nicht für Juan Navarro arbeiten. Es war beim letzten Mal schon knapp genug mit meinem Aufenthalt in dem Missionshaus.“
Luca winkt beschwichtigend ab, „Och, jetzt hör‘ aber auf, May B., eine wie Du fürchtet sich doch nicht vor ein bisschen Albdruck! Oder einem vagen Gefühl davon, unerwünscht zu sein, oder wie hattest Du Dich ausgedrückt, als wir dort waren?“
Sie antwortet, „Nein, davor nicht. Aber was, wenn Juan Navarro mir irgendwie auf die Schliche kommt? Noch dazu steckt sein Bruder Victor da irgendwie mit drin, und der ist einer aus der verwünschten Blackjack-Bande! Wenn Juan Navarro wüsste, was ich bin … dann würde er jedenfalls nicht unsere Hilfe erbitten.“
„Wieso, die Retter der Stadt sind wir, verdammich noch eins!“, grinst Byrd.
„Ich bin eine Hexe, meine Künste kommen direkt von jenen Kräften, gegen die er sonntags seiner braven Gemeinde predigt! Verstehst Du? Wenn ich bei dem auffliege, hat das üble Konsequenzen. Noch dazu hat er Joycelyn und mir gegenüber behauptet, er sei ein Gesegneter. Ein Wundertäter, ja? Wie die Fuzzis in der Bibel! Dieser Hogarth Jones soll auch einer von diesem Schlag gewesen sein.“
Rex schilt, „Jetzt mal nicht so schreckhaft, kleine Hexe! Beim letzten Treffen haben die Navarros uns gegen den Omega-Wolfsmann geholfen, wie Du Dich erinnerst, und zwar recht uneigennützig! Du musst ja nicht mit ins Missionshaus kommen. Sein Hilfegesuch ablehnen werden wir nicht; es führt uns ja zurück zu der Spur, die wir sowieso verfolgen.“
May faucht, „Ach ja, und was ist mit Dir? Du landest genauso an einem Galgenstrick, oder gleich auf einem Scheiterhaufen, wenn diese katholischen Fragesteller Dich überführen, mit Deinen infernalischen Kartenkunststücken!“
Rex schluckt, die Vorstellung behagt ihm gar nicht, aber sein Blick verdüstert sich gleich wieder determiniert. Er hat nicht vor, zurückzurudern, das sieht man.
Joycelyn hebt beruhigend die Hände, und entgegnet, „Wahrscheinlich ist Father Juan aber doch gar nicht auf Hexenjagd, May. Sogar unsere liebe Miss Kentrall geht immerhin bei dem zur Beichte! Und ich will Tusnelda heißen, wenn die Kentrall nicht auch mit irgendwelchen, wie heißt das, okkulten Kräften im Bunde steht. Trotzdem traut sie sich, im Missionshaus ein und aus zu gehen.“
Rex knurrt, „In der Tat. Die Kentrall ist eine Hucksterin, jede Wette. Glaube kaum, dass der Court bei sich Mitglieder zulässt, die nur reine Okkultforscher sind, ohne Hoyle‘s Wege entschlüsselt zu haben. Selbst auf den niedrigeren Rängen, auf denen die Kentrall zu rangieren scheint.“


Man kann Miss Kentrall fragen, was sie über das Phänomen weiß, welches Curwen sich zunutze machen wollte. Sicherlich hat sie noch einiges verschwiegen. Vielleicht dauert dieses Phänomen sogar noch immer an?
Die Orakelwürfel sagen, dass sie von dem Wirbel, den der Besuch von Hogarth Jones ausgelöst hat, ebenfalls ins Missionshaus gezogen worden ist.

May B. für ihren Teil traut sich nicht noch einmal ins Missionshaus, wo ihr bereits das Betreten Unwohlsein bereitet. In Flammen aufgegangen oder sowas ist sie ja nicht beim letzten Besuch, aber warum sollte sie es erneut riskieren? Also macht sie die Proviant-Einkäufe in Sam‘s General Store. In der Auslage sind derzeit ziemlich viele martialische Nahkampfwaffen, ein Bowiemesser, eine Machete, und sogar ein Baseballschläger umwickelt mit Stacheldraht, womöglich nützlich gegen die Walkin‘ Dead draußen auf den staubigen Trails. Neues TNT gibt’s hier nicht, sowas könnte sie brauchen. Die Hexe ist vor allem aber an Neuigkeiten interessiert, während sie ihren Proviant einkauft. Erstaunlich viele Halbstarke aus dem Indianerlager hängen gerade hier herum, die Sioux Union beeinflusst derzeit die Location. Sie scheinen gut mit Sam zurecht zu kommen, der nette alte Herr ist offensichtlich alles andere als ein Rassist. Die Halbstarken geben jedenfalls gerade den Ton an im Krämerladen, May B. kommt nicht dazu, ihre Fragen über mögliche Komplizen von Ivor Curwen oder den Whateleys zu stellen.

Luca, Rex, und Joycelyn gehen in die Mission de la Santa Maria, um sie zu sprechen, und Father Juan hinterher zu antworten, dass sie seinen Auftrag annehmen. (Das Missionshaus liegt Außerhalb der Siedlung, sie riskieren also  Beschwerlichkeiten auf dem Weg oder Zufallsbegegnungen, aber ihre Karten brocken ihnen glücklicherweise nichts dergleichen ein.) Hier sind diesmal ziemlich viele Gläubige zugegen, Kirchendiener, Siedler und Farmer. Joycelyn inszeniert ihr Erscheinen im Innenhof der Mission recht auffällig, mit mitgebrachten Wüstenblumen und viel Händeschütteln, und zieht die Aufmerksamkeit aller auf sich. Wir lassen sie würfeln, um die Location zu beeinflussen, und sie hat sogleich ein Raise, und erhält einen Benny. (Gab es derzeit andere Interessengruppen, die hier ihre Meinung gesagt haben, hört nun vorerst niemand mehr auf sie.)
Father Juan kommt kurz darauf besorgt den dreien entgegen. Victor Navarro ist diesmal nicht hier, aber dafür zwei Pilger, die mit Hogarth Jones hergekommen sind. Der bärenstarke Bergmann aus Nebraska hat hier vorgestern einen ziemlichen Eindruck hinterlassen. Er wollte nur die zähesten Leute mitnehmen, um in die Top of the World Lode einzudringen. Eine geradezu apokalyptische Furcht hat seine hier zurückgebliebenen Unterstützer ergriffen, wie man sieht, wenn sie von seiner heiligen Mission berichten. Seine besondere arkane Schrift, das „Our Lady of Sorrows-Buch“, wird von ihnen als Werkzeug des Herren verehrt.
„Wenn der Teufel aus dieser Mine auszutreiben ist, dann nur mit diesem Buch!“, sagt einer der Pilger mit Inbrunst.

Die Kentrall ist ebenfalls hier, und scheint sich mit großer Besorgnis für den religiösen Eifer zu interessieren. Sie ist dem Aufgebot gegenüber wie üblich sehr reserviert, aber wirkt zwiegespalten, als wolle sie ihnen eigentlich helfen, würde ihnen jedoch zu sehr misstrauen. Defensiv antwortet sie auf die Fragen des Aufgebots: Die Details über das Phänomen, welches Ivor Curwen kürzlich ausnutzen wollte, kennt sie nicht. Sie vermutet stark, es steckten bestimmte astronomische Bewegungen dahinter, irgendeine Konstellation der Sterne, die möglicherweise tatsächlich noch nicht vorüber ist. Curwen hatte sich sehr für Astronomie interessiert. Aber er hat die Kentrall nicht in seine unmittelbaren Pläne eingeweiht, weder in Shan Fan noch auf ihrer gemeinsamen Rückfahrt. Er habe sie nur instruiert, sie habe sich „bereit zu halten, schnell zu agieren“. (Auf Wunsch des Court, hatte sie vermutet, aber Curwen hatte offensichtlich die Befehle der Whateleys im Sinne, und die Entität aus Cynder, die er zu entfesseln versucht hatte.)

John macht zur selben Zeit das übliche, nämlich erst einmal Bericht erstatten bei seinem Vater und Eagle Rock im Indianerlager. Mit einem Intimidation-Erfolg schärft er den Kriegern ein, erneut besonders wachsam zu sein, und instruiert einige der Scouts, voraus zu eilen zur Top of the World Lode, und auszuspähen, ob sie dort das entdecken können, was den verhassten Wasichu derzeit von dort vertrieben hat.


Und dann sammeln sich die Wild Cards am Stadtrand, um selber ebenfalls auszurücken! Als Mission habe ich diesmal das Szenario ‚Seal the Void Gate‘ ausgeguckt, das im Grundspiel von Shadows of Brimstone beschrieben ist. Meine Reisemethode-Tabelle gibt mal wieder an, dass die Helden zu Fuß gehen müssen, das Missionshaus hat wenig Geldmittel, aber die Top of the World Lode ist auch nicht weit, es ist eine der größeren Felseninseln direkt in der Bucht von Gomorra, und über Hängebrücken vom Festland aus zu erreichen.

Ich ziehe Karten für meine Tabelle ‚Auf den Trails‘: Der Weg zu dieser großen Sweetrock-Mine ist offensichtlich gut ausgebaut und relativ bequem, es gibt weder Unwegsamkeiten noch Wetterextreme, und nur eine einzige Begegnung. Die hat es dafür in sich:

Kurz vor der Küste führt der Trail durch sandige Hügel. Einer dieser Hügel jedoch scheint zu leben, und mächtig hungrig zu sein! Als die Wandergruppe nämlich daran vorbei geht, schnellen dünne, glitschige Fangarme unter dem Sand hervor, und der ganze Hügel bricht zusammen, klafft auf wie ein geöffneter Rachen. Weil es verdammt nochmal ein sich öffnender Rachen ist! Es ist eine Art von Kreatur, die keinen Namen hat, nie hat jemand sie ganz gesehen, in den Einöden des Weird West ist sie nur bekannt als Desert Thing!



Die Spielwerte dieses Viehzeugs stehen im Deadlands-Grundbuch, aber für diese Tabellenbegegnung brauchen wir die nicht mal, unsere Wild Cards müssen nur ein Quick Encounter überstehen, um nicht in der zahnbewehrten Gurgel zu landen. Vorerst bestehen alle Recken knapp den Furcht-Wurf, um nicht wahnsinnig zu werden vor Entsetzen oder sowas. Dann geben Byrd und Shadrack den anderen Feuerschutz und ballern durch die zuckenden Tentakel, wann immer diese sich um Fußgelenke schlingen wollen; der Rest würfelt Athletics, die Fliehenden stieben durcheinander und verteilen sich behende. Kurz darauf ist der vermeintliche Sandhügel in sich zusammengefallen und das Monster darunter in die Tiefen abgetaucht, als wäre es nie da gewesen.
„Du hättest ihm einfach das Dynamitbündel ins Maul schmeißen sollen, Luca!“, keucht May B. aufgebracht.
„Und das schöne TNT verschwenden?“, lacht dieser grimmig, „da fallen uns am heutigen Tag garantiert noch bessere Verwendungszwecke ein! Wer weiß, was uns noch erwartet? Und wenn wir der Sweetrock ihren Strike kaputt sprengen müssen, um den Untaten da drinnen Herr zu werden!“


Ein trübseliges Zeltlager mit einer Feldküche und ein paar Geräteschuppen befindet sich oben auf der felsigen Mesa, in welche die Stollen der Top of the World Lode getrieben wurden.



Es wirkt aus der Distanz verlassen, aber als die Wild Cards von der Hängebrücke kommen und Fuss auf die Oberfläche der Mesa setzen, sehen sie doch zwei Gestalten an einem der Lagerfeuer zwischen den Zelten.
Nachdem sie eben fast verfackt nochmal von einem gottverdammten Sandhügel verspeist worden wären, haben die Wild Cards jetzt allesamt noch etwas flatterige Nerven. Angespannt spähen sie zu den Fremden hinüber.
„Sweetrock Mining hat wohl doch noch nicht alle seiner Leute hier abgezogen“, vermutet Rex leise.
„Howdy, Leute!“, ruft Byrd, „habt Ihr Gevatter letztlich mal wen in Eure Mine marschieren sehen?“

Gute Frage, zum Zeltlager habe ich mir noch nix zurechtgelegt. Ich mache einen GM Move, und dabei kommt heraus: Advance a Plot. In diesem Sinne:

Beide Arbeiter fahren zusammen und springen auf. Sie tragen Lederhüte und schmuddelige Klamotten, beide sind mit Pistolen, Bowiemessern, und Schrotflinten bewaffnet.
Sie regen sich aber gleich wieder etwas ab, als die Wild Cards sich friedlich nähern.
„Ihr Arschkrampen kommt wahrscheinlich nicht im Auftrag von Sweetrock!“, stellt einer fest, anstelle einer Begrüßung.
„Nee“, sagt Luca, „seid Ihr beiden Spaßvögel wohl die Wachposten, so lange der Rest der Kumpel weg ist?“
Die beiden nicken, sie sehen reichlich gestresst aus, etwas hohlwangig irgendwie.
„Der Scheiß-Howard Findley“, traut sich einer von ihnen zu sagen.
„Ach was?“, fragt May neugierig, „ich dachte, Ihr beiden seid die Hartgesottensten unter den Sweetrock-Arbeitern, weil Ihr immer noch hier ausharrt! Ich dachte, Jungs wie Ihr beißen nicht die Hand, die sie füttert?“
Die Wächter gucken sie unverwandt an, dann entgegnet der eine, „Findley ist ein verdammter Sauhund, Miss! Seit drei Tagen harren wir hier aus und warten auf Unterstützung! Aber das ist dem verdammten Bastard wahrscheinlich mal wieder einfach zu teuer. Der lässt uns lieber hops gehen als Jim MacNeil und seine bewaffneten Männer zu schicken!“
Byrd fragt verdutzt, „Aber die Sweetrock hat doch einen Ruf zu verlieren, dass sie ihre Strikes mit Zähnen und Klauen verteidigt?!“
„Ja, aber die Top of the World Lode hat in den letzten Monaten immer weniger Ghost Rock abgeworfen. Die wollen erst mal einen Geologen hier rein schicken, um zu sehen, ob es noch weitere Vorkommen da drin gibt. Wenn nicht, werden sie wahrscheinlich verkaufen. Jetzt, nachdem die ganze Scheiße da drin passiert ist!“
„… Und so 'ne Geologen kommen nicht, bevor nicht aufgeklärt wurde, was da drin vorgefallen ist. Sieben Männer sind zu Tode gekommen, oder zumindest nachtsüber verschwunden! Alles Arbeitsunfälle! Die Vorarbeiter haben gesagt, weil wir zu unvorsichtig gearbeitet haben. Da gehen sieben Kumpels drauf, ja? Und die Vorarbeiter sagen uns danach auch noch, dass die selbst dran schuld gewesen seien!“
Der andere ereifert sich, „Wenn‘s überhaupt alles Unfälle waren. Ein paar von denen sind vielleicht auch heimlich abgehauen. Könnt‘s ihnen nich‘ verübeln.“
„Das scheint aber keinen sonderlichen Spaß zu machen, für die Sweetrock zu arbeiten“, sinniert Byrd.
„Na, es ist doch hier überall dasselbe! Wer als freier Schürfer herkommt, landet meist früher oder später bei der Sweetrock. Gibt ja nur noch wenige unabhängige Strikes! Sweetrock bietet sicheres Geld. Aber leider wird man von denen behandelt wie ein vermaledeiter Arbeitssklave! Die denken ausschließlich in Zahlen, und in gottverdammten Kosten-Nutzen-Rechnungen.“
May B. versetzt, „Warum haut Ihr Pfeifen dann nicht ab? Da würde ich mich ja lieber auf den Arsch schlagen lassen, als von mir sagen zu müssen, dass ich dem Hundsfott Findley auch noch die Treue halte!“
„Ach ja, Miss, ach ja?“, fragt der eine und gestikuliert hilflos, „und wohin dann, und was mit unseren Frauen und Kindern? Die Sweetrock ist nun mal der größte Arbeitgeber im County! … Und wenn man überhaupt den Treck hierher geschafft hat, wohlbehalten raus nach Gomorra, ist man doch heilfroh. Den selben Weg wieder zurück machen, nochmals für teuer Geld, und durch diese ganze gesetzlose Einöde, ohne, dass man sich erfolgreich die Taschen mit Ghost Rock gefüllt hat? Das wäre ja der letzte Scheiß! Dann hätte es sich ja überhaupt nicht gelohnt!“
„Da hört sich ja alles auf“, ereifert sich Byrd, „da sollten wir aber allesamt mal mit dem ollen Findley reden!“
„Was ist denn jetzt mit weiteren Besuchern?“, fragt Shadrack gallig, dem dauert das hier bereits zu lange, „habt Ihr beiden gesehen, wie Hogarth Jones und sein Aufgebot hier rein marschiert sind? Oder, noch wichtiger, vorher noch wer anderes? Womöglich ein Kerl mit weißem Walross-Schnauzer, der irgendwie verbrannt aussah?!“
Byrd hält Shadrack einen Zeigefinger vor die Nase, und schmunzelt, „Jetzt treiben Sie‘s aber wieder zu weit, mein Lieber, jetzt jagen Sie sich aber gerade selber Angst ein mit Ihrer blühenden Fantasie!“
Shadrack schlägt ihm genervt die Hand weg, und schaut finster die beiden Wachen an.
„Hogarth Jones, diesen neuen Wanderprediger aus der Siedlung, nicht? Ja, mit dem haben wir geredet, die sind vorgestern da rein. Obwohl wir ihnen gesagt haben, es sei eine ungesicherte Unfallstelle und all das. Und dass sie die schriftliche Erlaubnis von Sweetrock Mining bräuchten! Hat die nicht gestört. Das waren aber auch keine Claim Jumper oder so! Die waren allesamt fromm. Und sehr überzeugend.“
Der andere Wachmann ergänzt, „Sind da aber nicht wieder rausgekommen! Ansonsten war keiner da drin, vorher nicht und seitdem nicht. Einer war vorhin hier oben auf der Mesa, ist aber nicht rein in die Mine, war vermutlich nur da, um nach dem Rechten zu sehen. Und ganz allein.“
„Wer!“, verlangt Shadrack zu wissen.
„Hat sich nicht vorgestellt! Ist ganz selbstverständlich über die Mesa gelaufen, dort hinten, und hat alles angeschaut. Wir … glauben, dass es Stoker war!“
„Man weiß, dass es ernst ist, wenn die Sweetrock sich die Dienste von Stoker leistet“, sagt der andere Wachmann in belegter Stimme. In den Augen von beiden ist nun erneut Furcht zu sehen.
„Sapperlot! Etwa … Austin Stoker?“, fragt Byrd verblüfft, „ich dachte bisher, das wär nur so‘n Gerücht, dass es den hierher verschlagen haben soll!“
„Wer ist das?“, verlangt May B. zu wissen.
„Der teuerste Revolvermann, den man in Caine County anheuern kann!“, sagt die eine Wache, „immer, wenn er zwischendurch mal auf der Gehaltsliste von Sweetrock stand, ist es mächtig häßlich geworden, Miss! Wir sind offen gesagt ganz froh, dass der Kerl nicht bei uns vorbei geschaut hat vorhin. Mit dem ist nicht zu spaßen.“
„Starke Männer sollen schon die Nerven verloren haben allein wegen eines Blicks in seine kalten Augen!“, sagt der andere ängstlich.
« Letzte Änderung: 12.02.2024 | 10:44 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #177 am: 12.02.2024 | 10:13 »
Aus einer Laune heraus schenkt May B. den beiden armen Schweinen je eine der Zigarren aus ihrem neu gekauften Kistchen, die sind eigentlich für nach der Mission gedacht. Die sollen auch mal was Gutes haben, während sie sich hier draußen die Ärsche platt sitzen müssen, findet sie. Dann geht das Aufgebot etwas abseits, um sich zu beraten.

„Ein Agent der Whateleys scheint demnach nicht der Grund für Hogarth Jones‘ sogenannten heiligen Kreuzzug zu sein“, rätselt Shadrack, „außer, derjenige hat sich so geschickt angestellt, dass er von diesen zwei Eseln beim Einschleichen in die Mine nicht gesehen wurde!“
„Wie sollte sich einer an denen vorbei geschlichen haben? Die beiden sind doch so in Angstzuständen, die schlafen doch mit einem geöffneten Auge!“, vermutet Joycelyn.
„Na und“, grummelt Shadrack, „Mister Byrds einstiger Waffenbruder konnte ebenfalls insubstanziell werden, neulich Nacht!“
„Ich glaube immer noch nicht, dass es Ivor Curwens untote Leiche ist, mit der wir‘s hier zu tun haben“, entgegnet May B., „Du, Rex, hast einfach nur einen Knall mit Deinem Verfolgungswahn.“
„Wer ist dieser Wasichu, Austin Stoker?“, will John Bloody Knife wissen, und schaut Byrd an.
„Joah, der. Habe den Namen in der Konföderierten-Armee gehört“, sagt dieser zögerlich, „hatte wohl damals eine Kavallerie-Einheit unter sich, damals bei der Schlacht von Gettysburg. Soll einen Gutteil seiner Jungs von da gerettet haben, bei einem taktischen Rückzug … während andere Einheiten von den Walkin‘ Dead allesamt kalt gemacht und gespachtelt worden sind! Anschließend soll er jedoch verschwunden sein, dieser Austin Stoker.“
„Womöglich in den okkulten Untergrund!“, sagt May B., „mir ist, als hätten meine Lehrmeisterinnen mal von dem gesprochen. Und was zum Geier macht der jetzt hier in Gomorra?“
„Wenn er für die Sweetrock arbeitet, dann bald gar nichts mehr“, knurrt Rex, „sollte der uns hier draußen in die Quere kommen, dann pusten wir ihn um wie einen dreibeinigen Köter! Ich habe die Schnauze voll von der Sweetrock Mining Company und deren Einmischung! Wir haben hier dringlicheres zu tun, als uns mit diesen Trotteln herumzuschlagen!“
„Hört, hört! Eine weitere Kerbe in Ihrem Pistolengriff, Rex!“, sagt Byrd, und tippt sich grinsend an den Hut.
„Wir gehen nun in die Mine!“, drängt John, „wir können nicht wissen, wer uns dort drin erwartet, und vielleicht drängt bereits die Zeit!“
Alle nicken ernst.

Ich mache einen weiteren GM Move, bevor die eigentliche Mission beginnt, und bekomme: Add a Random Event to the Scene. Dieses ist laut Kartenorakel, physical Taking of Future Plans. Uh, das ist aber kryptisch. Jemand nimmt wem anderen seine Zukunftspläne körperlich weg? Aber, hey, klar, es ist unser Aufgebot, das dem Fremden seine Pläne zu durchkreuzen droht, diesem Austin Stoker. Also wird er an dieser Stelle in Erscheinung treten müssen:



Austin Stoker, einer von Gomorras berüchtigtesten Männern


Der Kerl lehnt an dem Zugang zum Inneren der Mine, der notdürftig mit gammeligen Brettern vernagelt wurde von den Sweetrock-Leuten, als sie abgezogen wurden. Ein eilig gepinseltes Schild sagt, „Unfallgefahr, draußen bleiben!“
Austin Stoker ist überraschend gut gekleidet, er trägt teilweise seine abgewetzte graue Südstaaten-Uniform inklusive Kavallerie-Hut, aber alles sitzt wie maßgeschneidert. Er steht im Halbschatten und ist nur schemenhaft zu erkennen. Nur seine Augen glänzen deutlich, als ihr eiskalter Blick die Wild Cards mustert, ein Blick, der einem durch und durch geht, Joycelyn und Rex zucken richtiggehend davor zurück.
„Da haben die Sweetrock-Aufpasser sich also nicht getäuscht, was?“, fragt Luca Byrd, „Sie, Fremder, sind wohl dieser Austin Stoker?“
„Sie stehen im Weg“, stellt Shadrack ungnädig fest.
„Sie kommen hier nicht rein“, entgegnet die hochgewachsene Gestalt im Halbschatten, seine Stimme ist tief und kultiviert, und trotz seines ruhigen Tonfalls merkwürdigerweise sehr laut, „das würde Howard Findley nicht gefallen. Sie sind ohnehin zu spät. Diesem Hogarth Jones und seinem Aufgebot kann niemand mehr helfen.“
„Arbeiten Sie also tatsächlich derzeit für die Sweetrock?“, verlangt May B. zu wissen.
„Das geht Sie nichts an“, versetzt Stoker kalt, „verschwinden Sie.“
„Da drin gehen aber höchst verschwörerische Dinge vor sich, Pardner“, sagt Byrd unverblümt, „Teufeleien, Mord und Totschlag, heilige Kreuzzüge, so hörten wir! Ja, ja, alles sehr wissenswertes Zeug! Lassen Sie uns mal besser durch, da muss jemand nach dem Rechten sehen! Und im Interesse von Ihrem Mister Findley dem alten Pfeffersack ist das auch. Wenn wir da drinnen fertig sind, kann der nämlich womöglich gleich mal schön den Betrieb wieder aufnehmen. Ohne, dass der Fiesling Jim MacNeil und seine Privatarmee da mit gezogenen Schießeisen durch rauschen müssen! Machen alles wir, aus reiner Nachbarschaftshilfe, ehrlich!“
„Haben Sie keine Bedenken, dass die Regierung Sie am Arsch kriegt für derlei Dinge, wie Sie sie mir beschreiben, sollten Sie tatsächlich derartigem ansichtig werden dort drinnen?“, fragt Stoker in dieser ruhigen, aber merkwürdig lauten Stimme.
„Kalifornien hat keine Regierung“, knurrt Shadrack.
„Texas Rangers sind bereits im Gomorra Valley gesehen worden, nicht wahr?“, versetzt Stoker lauernd, „mir ist, diese Sioux, mit denen Sie gemeinsame Sache machen, hätten sich ziemlich gegen die aufgelehnt. Nahe der Stadt. Und dann nochmal, drüben im Duval Canyon.“
„Sie sind ja ganz schön gut unterrichtet“, sagt Joycelyn, „dann wissen Sie auch von Ivor Curwen, und davon, dass es in mehreren Minen der Gegend spukt?“
Stoker winkt ab, „Ich weiß ganz gut, wer Sie fünf sind, Miss, ja. Es läuft ganz einfach auf folgendes hinaus: Ich sage Ihnen, den Teufel werden Sie tun und da rein gehen. Da gibt es nichts zu sehen für Sie. Sie hören jetzt auf mich und kehren in die Stadt zurück.“
„Und was wäre wenn nicht, Mister Stoker?“, sagt Shadrack mit gefletschten Zähnen.
Stokers durchdringende, eiskalte Augen mustern einen Moment lang die Wild Cards.
„Ich würde ja sagen, das überleben Sie nicht. Ich habe hier bestimmte Interessen zu vertreten. Die beinhalten leider jetzt auch die Top of the World Lode. Aber ich hörte davon, was Sie fünf für die Stadt getan haben. Wäre ein Jammer, Sie alle erschießen zu müssen. Gerade Miss Lancaster wäre ein Verlust, wie jeder weiß, der sie schon einmal singen hörte.“

Da soll er jetzt aber mal Intimidation würfeln, der olle Stoker. Einen W12 plus Wild Die hat er dafür, und den Menacing-Bonus, wie auch Shadrack ihn hat. Er kommt auf eine sieben. Für Rex Shadrack gilt dabei sein Strong-Willed-Bonus, und er kommt dadurch auf eine elf, sogar gerade so ein Raise.

„Halten Sie jetzt besser mal ihre Fresse, Sie Südstaaten-Relikt“, knurrt Rex, „mir ist es egal, ob Sie, oder Howard Findley, oder für wen auch immer Sie gerade arbeiten, der Meinung ist, dass da drin alles seinen Weg gehen sollte. Wir gehen da jetzt rein, und Sie können wir gerne mit Kugeln spicken, wenn Sie weiter im Weg stehen wollen.“

Rex dreht den Spieß um und würfelt jetzt seinerseits Intimidation, aber Stoker verzieht keine Miene.

„Ich habe bedauerlicherweise nicht die Möglichkeit, Ihnen jene zukünftigen Pläne auseinander zu setzen, welche Ihr Eingreifen gefährdet, meine Damen und Herren.“
„Dann bewegen Sie Ihren Arsch, Sie dummer Kerl!“, zischt May B. wütend, „wir können hinterher mit Ihnen und Howard Findley und Jim MacNeil gerne bei einer kultivierten Tasse Kaffee über alles reden, okay? Aber jetzt haben wir es verdammt nochmal eilig, da drinnen könnte es um Leben und Tod gehen!“
„Hogarth Jones und sein Aufgebot sind bereits tot, Miss“, entgegnet Stoker, fast tonlos, aber jede Silbe ganz deutlich, „das, was sie dort drinnen gegen sich hatten, hätte niemand überlebt! Dies muss nicht Ihr aller Schicksal sein. Kehren Sie um!“

Er versucht es nochmals mit Intimidation, und May B. unterliegt, macht ohne es zu wollen einen Schritt rückwärts und sieht den Fremden furchtsam an, bevor sie sich wieder in den Griff bekommt. John tritt dafür an ihre Seite und umfasst den Stiel seines Tomahawk fester.

Einen Moment ist es totenstill.

„Nun, ich habe Sie gewarnt“, sagt Austin Stoker.
Seine Hände ruhen gefährlich nahe an seinen Holstern auf seinem Gürtel. Reglos steht er da, während die Wild Cards sich schließlich mit angehaltenem Atem an ihm vorbei schieben, durch die Zwischenräume im zugenagelten Mineneingang. Alle sind darauf gefasst, dass jede Sekunde die Gewalt einsetzen kann, mit lautem Pistolenkrachen. Stokers Blick scheint sie im Vorübergehen zu durchbohren, wie Skalpelle. Aber er bleibt unbewegt wie eine Statue im Zwielicht.
« Letzte Änderung: 12.02.2024 | 11:30 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #178 am: 12.02.2024 | 13:08 »
Auf geht‘s, ab geht‘s! Die Mission Seal the Void Gate lässt mich nach Clue-Icons auf Exploration Tokens suchen, wobei dann das erste solcher Symbole den Fundort des okkulten Buches repräsentiert, mit dem das Höllenportal in der Mine geschlossen werden kann, und das zweite Symbol den Raum mit dem Tor selbst kennzeichnet. Im Endkampf muss das Aufgebot das Dimensionstor versiegeln. Als Gegner wähle ich Void Spiders, Tommyknockers, und Stranglers aus, die wie sonst auch jeweils zufällig im Spiel spawnen, wenn Exploration Tokens oder Tabellen dies angeben.

Mit Austin Stokers stechendem Blick im Nacken entzünden unsere Helden ihre Laternen, und machen sich hastig vom Eingang davon, um weg von dem Fremden zu kommen. Shadrack hatte neulich ja gesagt, er habe kein Ansinnen, hinterrücks erschossen zu werden! Die Luft hier drinnen schmeckt leicht elektrisch. Ein Hauch von Schwefel dringt von irgendwo her an die Nasen der Wild Cards.

Runde 1: John übernimmt grimmig die Führung. Die anderen folgen ihm, sehen deutlich frische Fußspuren im Staub, die den Gang hinunter führen, zu einer Plus-Kreuzung.
„Ach Du liebes bisschen“, wispert Joycelyn, während sie mit ihrer Laterne umher leuchtet, dieser Strike ist ziemlich weitläufig, oder?“
Sie hat recht: Hier bereits verlieren sich die Spuren, führen kreuz und quer.

Runde 2: „Dumme, verfackte Weiße Männer sind suchend hin und her gelaufen, als kopflose Hühner“, murmelt John ungnädig, und folgt einer der Fährten in die linke Abzweigung, diese scheint ihm die Frischeste zu sein. Miss Lancaster folgt ihm und leuchtet umher: Hier eröffnet sich der Tunnelabschnitt, der Sweetrock offensichtlich als Sprengstofflager gedient hat.



Das Exploration Token in diesem Raum ist das gefürchtete Growing Dread Encounter, die Widersacher-NSCs kriegen also einen Benny, und außerdem ziehe ich eine Karte auf der Ereignistabelle. Aber John hat sich nicht geirrt: Auf dem Token ist das erste benötige Clue-Symbol aufgedruckt, also findet sich hier das okkulte Buch.

Ein großer, haariger Kerl mit langem braunen Bart und der Kutte eines Wandermönchs liegt hier leblos am Boden, und die sterblichen Überreste seiner Begleiter, ihre Knochen gebrochen und Hälse umgedreht! Sie haben ihre Colts und Flinten noch in Händen, es muss ein erbitterter letzter Kampf gewesen sein.

Das Szenario gibt vor, dass hier eine besonders herausfordernde Begegnung stattfindet. Ich lose also einen meiner vorbereiteten Bosse aus, und es ist die Cactus Queen. Die habe ich ursprünglich für meine Zombicide-Deadlands-Conversion umgesetzt (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,124330.0.html). In diese Kampagne hier passt sie natürlich auch, und es ist diejenige, die dem wackeren Hogarth Jones sein Ende bereitet hat. Ihr Gestank nach fauligem Kompost schlägt den Wild Cards plötzlich entgegen, als die riesige Silhouette sich aus der Dunkelheit der hintersten Raumecke löst, und auf beinartigen Kakteenstämmen auf sie zu stakst. Untot und mutiert wie diese Kaktee ist, weiß sie nicht mehr, ob sie Pflanze oder Raubtier ist; sie hat ihre bisherigen Opfer nur etwas angefressen, aber nicht verschlungen. Sie scheint allerdings in ihrem mörderischen Stumpfsinn sehr bereit zu sein, auch den Geschmack der Wild Cards mal zu probieren!



🌵Cactus Queen
Attributes: Agility d6, Smarts d4, Spirit d6, Strength d12, Vigor d13+3
Skills: Athletics d4, Fighting d8, Intimidation d8, Notice d4-1, Taunt d6
Pace: 4 (no Running Die), Parry: 6, Toughness: 13 (1)
Special Abilities:
• Armor (1): Thick plant husk.
• Bite: StrWhen biting a Grappled foe, the Cactus Queen dehydrates the target. It needs to make a Vigor roll or become Fatigued.
• Eyeless Sight: This creature gets no vision penalties whatsoever (Illumination, fog, blindness, etc.).
• Fear: The Cactus Queen causes a Fear check.
• Size 2: This abomination has grown from a huge cactus.
• Slow as a Corpse: This creature cannot Run. (It's strange enough already for a plant to walk.)
• Thorns: At the end of the creature's turn, all adjacent beings (including its allies) automatically take 1d4 damage from it's Thorns (2d4 for Grappled targets).
• Thorny Burst: When a Cactus Queen is Incapacitated, it explodes for 3d6 damage AP 2 within a Large Burst Template.
• Undead: +2 Toughness; +2 to recover from Shaken; Called Shots do no extra damage; doesn't breathe; immune to diseases and poison.
• Weakness (Ice): This creature takes +4 damage from Ice-based attacks and -4 to rolls to resist Hazards or powers with an Ice Trapping.

Alle Wild Cards müssen gegen Furcht würfeln beim Anblick dieser entsetzlichen Szene! Alle schaffen es mehr oder weniger glimpflich, nur John Bloody Knife nicht, er hat einen Kritischen Misserfolg! Er muss kurz an Väterchen Peyotl denken, der ja ein heilsbringender Kaktus-Geist ist für ihn. So kurz nach der Visionsqueste nun einen Kaktus als untotes Scheusal sehen zu müssen, ist einfach zu viel für ihn! Sein Furcht-Resultat ist Frightened, er erhält für den Kampf verschlechterte Aktionskarten.

Runde 3: Mit einem Patzer geht es weiter, denn Mister Byrd ist zuerst dran, reißt seinen einen Peacemaker hoch, aber würfelt Schlangenaugen, und die Orakelwürfel entscheiden, dass er ein unbeabsichtigtes Ziel trifft — ziemlich schlecht in einem Raum mit TNT-Vorräten! Eine Kugel kracht als Querschläger in ein Kästchen mit schwitzendem Dynamit zu Byrds Füßen, und der Gang wird erschüttert von einem Knall, Staub und Dreck nehmen den Wild Cards die Sicht. In einer mittleren Schablone um Byrd herum bekommen alle Figuren 2W6 Schaden, nur die Cactus Queen und John Bloody Knife sind außerhalb dieser Zone. Nachdem einige Bennies geflogen sind zum Absorbieren hat Byrd eine Wunde, Shadrack zwei, und Joycelyn ist nur Shaken, May B. hatte so viel Würfelglück beim Absorbieren, dass sie schadlos geblieben ist, alle sind versengt, zu Boden geschmettert, und haben klingelnde Ohren. Shadrack kommt hustend als erster wieder auf die Füße, feuert betäubt auf die Cactus Queen, die unbeeindruckt durch den Qualm näher stakst, trifft, aber seine Kugeln richten keinen Schaden an an der massigen Gestalt.
Joycelyn rappelt sich aus dem Dreck auf, und tastet sich rückwärts, weg von der Gefahr. Hinter May B. macht sie Halt und hilft zitternd der Hexe wieder auf die Füße.
Daraufhin erreicht die Cactus Queen die Störenfriede, packt Byrd mit ihren dornigen Fortsätzen, um ihn in den Griff zu bekommen und zuzubeißen. Ihre stinkende Mundhöhle klafft auf. Augen in der Fratze hat sie keine. Ihr Grapple hat nicht geklappt, aber am Ende ihrer Aktion bekommen alle Umstehenden 1W4 Schaden von den dornbewehrten Gliedmaßen, Rex wird erneut Shaken.
May B. feuert, ohne das Pistolenkrachen hören zu können über das Pfeifen in ihren Ohren. Auch sie trifft zweimal, aber macht keinen Schaden, den das Monster zu bemerken scheint.
John eilt herbei, seinen beliebten Sweep machen kann er nicht, ohne nicht auch seine Freunde zu treffen, also schlägt er so zu mit seinem Kriegsbeil, aber verfehlt im Gewühl.

Runde 4: Luca erholt sich von Shaken, kommt wankend wieder auf die Füße, feuert und trifft mehrmals, aber auch seine Patronen bleiben wirkungslos. Rex versucht sich auf Ammo Whammy zu konzentrieren, ohne Erfolg. Dafür trifft einer seiner Schüsse, und macht die Cactus Queen endlich immerhin Shaken. Die untote Pflanzenmasse stinkt fürchterlich.
May B. geht rückwärts, holt mit der freien Hand aus, und schleudert ein Blitzgeschoss über die Köpfe der Compadres hinweg auf den Gegner, mit Extra-Powerpunkten mache ich die Ladung Armor Piercing, aber die miesen Schadenswürfe wollen durchaus nicht besser werden, und die Kakteenbeine des Monsters erden es sofort gegen den elektrischen Blitz, es qualmt nur ein wenig.
„John, schlagen Sie sie in Stücke!“, feuert Joycelyn aus dem Hintergrund an, und positioniert sich mit ihrem Laternenlicht so, dass der Sioux-Krieger besser sehen kann. Mit dem Support-Bonus schlägt dieser zu, macht eine Wild Attack, und richtet so zwei Wunden an!
Die Cactus Queen versucht wankend, auf ihren knorrigen Stelzenbeinen zu bleiben. Sie spickt weiterhin großzügig Byrd, John, und Rex mit ihren Stacheln, aber kann sich nicht vom Shaken-Zustand erholen.



Runde 5: „Luca, jetzt ist es angeschlagen! Gib‘ ihm den Rest!“, schreit Joycelyn und reckt ihre Laterne höher. Sie generiert diesmal Byrd ihren Support-Bonus.
Dieser feuert mehrmals, trifft die Stelle, wo Johns Beil die Außenhülle aufgerissen hat, bringt das Monstrum noch mehr ins Wanken, es wird Incapacitated! Aber geht es ohne Abschiedsgruß? Nein, es ist ja abgeschaut von Zombicide: Undead or Alive, also bläht die Pflanzenmasse sich jäh auf, und explodiert in einem Hagelschauer aus Kaktusstacheln! Das kostet die Wild Cards noch einmal einen Batzen Bennies zum Absorbieren, aber immerhin nimmt niemand weitere Wunden.
Als die anderen verschnaufen und sich die zahllosen Dornen aus Haut und Kleidung ziehen, untersucht Shadrack den riesigen Pflanzenrest, und schneidet mit Byrds Bowiemesser den Kopf weg, steckt ihn in einen herumliegenden Leinensack. (Die Loot-Tabelle hat angegeben, dass er vier sogenannte Trophäen-Marker erhält, die kann er später in der Stadt zu Geld machen, wenn es einen entsprechenden Laden gibt!)
May B. derweil untersucht Hogarth Jones‘ Leiche, und findet tatsächlich ein großes, altes, ledergebundenes Buch bei ihm. Es ist eine handgeschriebene Abhandlung, aber mit zahlreichen Randnotizen und Anmerkungen, die von verschiedenen Okkultisten und Theologen zu stammen scheinen.
« Letzte Änderung: 12.02.2024 | 13:15 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #179 am: 12.02.2024 | 13:54 »
Runde 6: Dann geht sie neugierig weiter, der Gang ist abschüssig, und führt zu einer T-Kreuzung. Blättert aufgeregt in Byrds Laternenlicht in dem okkulten Buch.
Luca sucht den Raum nach weiterem TNT ab, aber alles, was Sweetrock hier noch zurückgelassen hat, ist wertlos. Dafür erhält er beim Sachensuchen zwei Jokerkarten in Folge, und meine Tabellen belohnen ihn mit einem Relikt: Einer aus Jones‘ Aufgebot hatte eine besondere, handgemachte Pistole dabei, wie ein modifizierter Colt Army, mit dunklen Gravierungen. Das ist die legendäre Pistole 'The Judge' (inspiriert vom Shadows of Brimstone-Grundspiel)! In Byrds Händen verbessert sie seinen Vorteil Rapid Fire zu Improved Rapid Fire! Yee-Haw!



John und Joycelyn rücken weiter vor, und entdecken einen großen Raum mit einem Minen-Lift.



Das Exploration Token wird aufgedeckt. In dem Moment rumpelt es im Gestein, wahrscheinlich wegen der Explosion eben, und überall poltern dicke Steinbrocken herab auf die Wild Cards! Alle kriegen ordentlich Aua und husten im herabkommenden Staub, nur Joycelyn wird so schwer an der Schulter getroffen, dass sie eine Wunde hinnimmt.

Runde 7: Das Dunkel ist in den letzten drei Runden stetig auf dem Depth Track vorangeschritten, und das merkwürdige, elektrisierende Gefühl nimmt weiterhin zu. John besieht sich vorsichtig die Platzwunde an der Schulter der Sängerin, dann sagt er beruhigend, „Nur kleiner Kratzer, tötet Dich nicht, Squaw.“
Joycelyn beißt wacker die Zähne zusammen, hebt ihren Derringer höher, und leuchtet mit der Laterne in den nächsten Raum: Hier sieht man eine zusammengebrochene Kohlenrutsche, und Lorengleise. Wahrscheinlich eine der Unfallstellen von letzter Woche, bevor die Arbeiter abgezogen wurden. Joycelyn leuchtet ängstlich umher, und etwas vor ihren Stiefelspitzen glänzt im Staub. Sie hebt es auf, und besieht es sich, es ist ein großes Amulett, aus einer Art von Jadestein, in Gold eingefasst. Es zeigt ein Gesicht, mit gefletschten Zähnen und Wildschweinhauern. Einen Altertumsforscher würde es vielleicht an den Stil der Azteken erinnern, aber er würde vielleicht auch zu Bedenken geben, dass derartige Materialien auch den Azteken unbekannt gewesen sein dürften. (Meine Güte, Glückssträhne: Wieder ein Relikt, auch dieses ist umgesetzt von einer der Gegenstandskarten aus Shadows of Brimstone, nämlich das Amulett des Kotak. Joycelyn darf künftig einmal pro Abenteuer für einen Benny automatisch allen Schaden von einem einzelnen Treffer negieren, ganz ohne Absorbieren-Wurf!)
Der Rest der Gruppe schließt zu ihr auf, beäugt interessiert ihren Fund.

Das Exloration Token in diesem neuen Raum wird aufgedeckt … und es ist der zweite Clue! Hier flackert in unwirklichem, bläulichen Licht das Dimensionstor, vor dem Hogarth Jones‘ Vision gewarnt hat!



Aber der Raum ist nicht leer, das Portal hat Wesenheiten aus einer anderen Welt ausgespieen, zirpende und klickende Scheusale, die schon in der Dead Man‘s Laughter Lode anzutreffen waren, so eine Art außerirdische Spinnen. Von der Decke und den Wänden herab krabbeln sie blutgierig auf den Boden. Zwischen ihnen erheben sich gewaltige Tentakel aus verdichteten Schatten, tastend und suchend.


Hier https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122886.msg135172479.html#msg135172479 kamen sie schion mal vor, aber hier sind nochmal ihre Spielwerte:

Void Spiders
Inhabiting the space between the Hunting Grounds and reality, these scurrying beasts infest virtually every world that portals open into.
Attributes: Agility d8, Smarts d4, Spirit d6, Strength d6, Vigor d4
Skills: Athletics d8, Fighting d4, Intimidation d6, Notice d6, Stealth d8
Pace: 8 (d8 Running Die), Parry: 4, Toughness: 4 (1)
Special Abilities:
• Armor (1): Chitinous plates cover void spiders.
• Bite: Str+d6, AP 2. Void spiders only bite after making their prey at least Entangled.
• Claws: Str+d4. When hit with a raise, the target is Entangled (instead of taking a bonus d6 damage).
• Eyeless Sight: These creatures get no vision penalties whatsoever (Illumination, fog, blindness, etc.).
• Fear: Void spiders cause Fear checks.
• Size –1: Void spiders are spindly and roughly the size of a large dog.
• Wall Walker: The spiders move at full Pace on walls and ceilings. In a mine, they may move through spaces where other figures are standing.

Void Tentacles
It is unclear as to whether these appendages operate on their own or are part of a much larger creature below the surface.
Attributes: Agility d8, Smarts d4, Spirit d6, Strength d10, Vigor d8
Skills: Athletics d6, Fighting d8, Intimidation d6, Notice d4, Stealth d6
Pace: 6, Parry: 6, Toughness: 8 (1)
Special Abilities:
• Armor (1): Slimy, leathery skin.
• Burrow: Void tentacles can move through the ground at Pace 6. They may move through spaces where other figures are standing.
• Eyeless Sight: These creatures get no vision penalties whatsoever (Illumination, fog, blindness, etc.).
• Fear: Void tentacles cause Fear checks.
• Size 1: Void tentacles are larger than a man when reaching up from the ground.
• Smash: Str+d6. After making their prey at least Entangled, tentacles may Smash them to the ground or against walls. No Fighting roll is neccessary to hit.
• Tentacles: Reach 2; +2 to all Grappling attempts; Bound or Entangled targets may be automatically hit with a Smash.
• Weakness (Fire): These creatures take +4 to damage from attacks with Fire, and -4 to rolls to resist Hazards and powers with Fire Trappings.

Alle Helden machen einen neuerlichen Furcht-Wurf. Wieder ist John der einzige, der es nicht schafft, aber diesmal hat er Schwein mit dem anschließenden Wurf auf der Furcht-Tabelle, und rasend vor Angst und Zorn verfällt er in einen Adrenalinrausch, und seine Aktionskarte in Runde acht funktioniert als Joker!

Runde 8: Leider kann John keinen Sweep machen, dann trifft er May B., die neben ihm hastig mit dem okkulten Buch hantiert. Also hält er seinen Joker noch zurück, wir lassen erst die Hexe agieren. Zurückweichen kann sie nicht, dann kassiert sie drei Free Attacks von Gegnern. Also beginnt sie unsicher, Hogarth Jones‘ vorbereitete Textpassagen zu rezitieren. Dafür muss sie Occult würfeln. Ein Erfolg: Das Portal ins Nichts beginnt leicht zu blitzen und zu wabern!



Joycelyn rennt näher, zielt mit ihrem Derringer an May B.s Schulter vorbei, und zerschießt eine der Void Spiders die aus dem Portal hervor brechen.
Brüllend vor Abscheu hackt John mit seinem Kriegsbeil in die Horde aus Void Spiders. Er erledigt zwei der Scheusale, Spinnenbeine und Mandibeln fliegen umher.
Die Tentakel bewegen sich krachend und knirschend durch das Erdreich; da sie Burrow haben, dürfen sie sich durch gegnerische Figuren hindurch bewegen. Sie versuchen, sich um die Ziele zu winden, um nächste Runde ihre Fähigkeit Smash zu verwenden und ihre Beute zu zermalmen, aber kriegen die Menschlinge nicht zu fassen.



Luca sieht seine Gelegenheit gekommen, das Dynamit von der Wells-Fargo-Lieferung einzusetzen. Er rennt los, ignoriert dabei eine Free Attack vom Tentakel, kommt hinter John an, entzündet die Lunte des Dynamitbündels an seiner Laterne, und schreit, „Ohren zuhalten, Leutchen!“, pfeffert das TNT in die dichte Horde aus Spinnenleibern.



Die Gegnerhorde mit angelegter Explosionsschablone


Der Portalraum wird erschüttert, und erneut nimmt Staub und Qualm die Sicht. Sechs Void Spiders wurden zu Panzerstückchen zersprengt!
Shadrack rückt seinen von der Explosion schief sitzenden Zylinder zurecht, und spricht Ammo Whammy aus, seine Runenpistolen leuchten auf, ich wähle als Effekt Loaded For Bear, was seine Schadenswürfel auf W8 erhöht. Damit zerballert er den Schattententakel, der Byrd ergreifen wollte, stinkendes, außerweltliches Plasma spritzt gegen die Minenwand.
Die drei übrigen Void Spiders sind dran und kraxeln mit irrer Schnelligkeit über die Wände, stechen mit ihren sichelartigen Vorderbeinen nach Byrd, May B., und John. Die Hexe wird Shaken und Entangled durch das Spinnenmonster, das an ihr hoch klettert und sie mit den Beinen und Fängen packt und festhält. Die Hexe schreit gellend auf vor Entsetzen. Entangled kann sie nicht aus dem Buch verlesen! Dieser Angriff löst allerdings Johns Vorteil Defender aus, er wirbelt herum und zerteilt mit Präzision May B.s Angreifer, und sie ist wieder frei!

(Der Defender-Vorteil ist hier zu finden: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122886.msg135171835.html#msg135171835)

Runde 9: Die Dunkelheit kann nicht zurückgehalten werden diese Runde, was laut Szenariobeschreibung im Fall dieses Endkampfes bedeutet, dass das Dimensionstor weitere Monster ausspuckt! Goddamn, zehn neue Void Spiders krabbeln rasend in den Raum!

John hat wieder eine Joker-Karte, er hackt sich schreiend einen Weg in die Horde, wirft sich in die entstehende Lücke, entfernt sich dadurch weit genug von den anderen, um als zweite Aktion endlich einen Sweep zu machen! Zwei Spinnen und ein Schattententakel gehen dadurch drauf.



Der Portalraum, nachdem John seinen Rundumschlag gemacht hat


Die verbleibenden Tentakel versuchen weiterhin, Joycelyn und May B. zu umwickeln, aber sind zu schwerfällig dafür.
May B. verliest weiter aus dem Buch, erhebt die Stimme jetzt lauter. Der Angstschweiß tropft ihr von der Stirn auf die Buchseiten. Das Portal erbebt erneut leicht. Das ist der zweite Occult-Erfolg von fünf Benötigten!
Byrd zieht die neugefundene Pistole, the Judge, um jede Menge Attacken mit Improved Rapid Fire zu machen. Er patzt aber schon wieder, und lässt den Colt fallen, bevor er abdrücken kann.
Shadrack feuert, und seine Runenkugeln zersprengen die Void Spider zu Byrds Füßen.
Dann sind die Spinnen auch schon dran, und umzingeln die Wild Cards. Alle werden wütend gestochen und gebissen, aber nur Joycelyn wird Shaken.
Sie sammelt sich jedoch sofort wieder, und zischt ans Ohr der Hexe, „Mach‘ schon, May B., wenn das einer kann, dann bist Du das!“, und supportet sie mit +2.

Runde 10: Das Dunkel wird wieder verlangsamt, also spawnen keine weiteren Gegner. John beginnt die Runde, und tötet vier Void Spiders mit einem vernichtenden Rundumschlag.
Byrd zerschießt eine weitere Spinne, May B. blättert weiter, verliest eine andere Passage, und dank dem Support-Bonus hat sie ein Raise! Nur noch ein Erfolg, um das Dimensionstor zu schließen — man sieht deutlich, wie es in sich zusammenzubrechen beginnt!
Rex durchlöchert zwei Void Spiders, und nun ist der Raum schon fast klar.
Joycelyn packt May B. bei den Schultern, und raunt aufgeregt, „Fast geschafft! Weiter so, ich bin bei Dir!“ an ihr Ohr, und erzeugt einen neuen Support-Bonus.

Runde 11: Erneut wird das Dunkel vom Laternenlicht gebannt, also erscheinen keine weiteren Gegnerhorden. Vielleicht kann die Posse nun das Werk vollenden?
Die letzte Void Spider springt May B. an, und umklammert sie, nun ist sie wieder Entangled. John steht jedoch noch nahe genug, um seinen Defender-Vorteil auszulösen. Sofort ist er zur Stelle, und zerteilt die Void Spider!
Die zwei übrigen Tentakel versuchen die Wild Cards platt zu schlagen wie Fliegen, aber verfehlen beide, klatschen geräuschvoll mit Wucht auf den Steinboden.
May B. rezitiert mit überschlagender Stimme weiter, und es kracht und schlägt Blitze und Funken aus jener fremden Welt, und dann kollabiert das Portal als Strudel aus Energie!



Das Dimensionstor ist versiegelt!


Byrd mit der Judge-Pistole und Shadrack mit seinen Hex Guns zersieben gemeinsam die übrigen Tentakel, und dann ist es still in der Mine, das gespenstische Licht ist verschwunden. Nur der Berg aus außerirdischen Leichnamen zu Füßen unserer Helden weist darauf hin, dass hier beinahe eine Invasion begonnen hätte!
« Letzte Änderung: 12.02.2024 | 14:34 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #180 am: 12.02.2024 | 18:46 »
Advances
Damit können auch wieder Advances verteilt werden, und zwar diesmal folgende:

Shadrack: Nachdem es sich mit Austin Stoker gemessen hat, bekommt er Intimidation ➜ W10
Byrd: Er tut es mal wieder Rex nach, und bekommt den Vorteil Legendary Expert (Shooting), um jetzt auch Shooting +2 zu haben.
May B.: Spirit ➜ W10
Joycelyn: Strength ➜ W6
John: Frenzy-Vorteil


Schwarz von Ruß und Schmutz, verwundet und lädiert, und immer noch voller Kaktusstacheln kommen die Wild Cards wieder ans Tageslicht. Dies war ihr brenzlichster Einsatz bisher (wobei mehrere der Verwundungen alldieweil von der Explosion im TNT-Lager herrühren, die ja von Byrd selber herbeigeführt wurde). Die Leichname vom todesmutigen Hogarth Jones und seinen beiden Begleitern haben sie nach draußen geschleppt. (Jones ist so schwer, dass man ihn nur zu zweit tragen konnte.)

Die Wild Cards haben nun argwöhnisch ihre Waffen in Händen, um sich im Zweifelsfall hier auch noch freizuschießen — aber Austin Stoker ist nicht mehr in Sicht. Die beiden Sweetrock-Wachen nähern sich, und sagen erleichtert, dass er eben davon gegangen sei in Richtung Festland. Überhaupt schauen die beiden reichlich verblüfft drein ob dem Zustand der Wild Cards, und dem undefinierbaren Geruch, der ihnen noch anhaftet.

Man lässt sich also bereitwillig an das Lagerfeuer einladen. Zahlreiche blaue Flecken, Stichwunden, Schnitte, Prellungen und Verbrennungen müssen auch besehen und gereinigt werden. (Schade, dass kein Arzt im Aufgebot ist, vielleicht sollte man nächstes Mal sicherheitshalber Marcus Perriwinkle wieder mitnehmen!)

John und Rex wundern sich, dass man es nicht mit einem Geisterbeschwörer zu tun hatte dort drinnen.
„… Dieses Phänomen, meine Damen und Herren, hat sich ganz von selbst ereignet!“, knurrt Shadrack, nicht ohne Faszination.
Ein menschlicher Verursacher steckt also diesmal am Ende gar nicht dahinter … abgesehen von Sweetrocks systematischer Habgier, und der Art und Weise wie die Arbeiter hier behandelt werden.
May B. holt ihren übrigen Proviant hervor: Dosen mit Baked Beans in Tomatensauce, Speckstreifen, Kaffee, und das angebrochene Zigarrenkistchen. Die beiden Aufpasser  übernehmen das Kochen an ihrer Feuerstelle, und Joycelyn erzählt den einen oder anderen Schwank von den bisherigen Abenteuern des Aufgebots hier im Gomorra Valley. Auch das, was eben dort in der Tiefe geschehen ist, umreißt sie für die Wachen. Seit sie den Vorteil Tale-Teller hat, ist sie eine meisterliche Geschichtenerzählerin, die Sweetrock-Dudes lauschen ihr gebannt, und selbst die anderen Wild Cards bemerken, wie gut die eigenen Erlebnisse klingen in Joycelyns Nacherzählung.
Alle Wild Cards müssen nach der abgeschlossenen Mission einen Moralwurf machen, um nicht zu verzweifeln oder mental banane zu werden. Mit dem guten Essen und den erquicklichen Geschichten bekommen sie einen dicken Bonus, und erzielen damit allesamt ein Raise, wodurch sie je einen Benny für den Rückweg erhalten. Hinterher verteilt May B. die übrigen Zigarren, um ihren Erfolg zu feiern, sie schauen selbstzufrieden paffend raus aufs Great Maze.


Die Nachmittagssonne knallt heute trotz der herbstlichen Jahreszeit nochmal so richtig rein, und unsere Helden werden ziemlich gebacken auf der Hängebrücke und dem Rückweg. Alle müssen einer Heat Hazard widerstehen. Alle packen es gerade so, nur Joycelyn hat einen Kritischen Misserfolg, und kriegt einen Sonnenstich, was rennt sie auch ohne richtigen Hut herum. Der Fatigue-Schaden geht nur wieder weg, wenn sie sich kühlt und ausruht. May B. stützt sie im Weitergehen.

Die Stelle, wo das Desert Thing zwischen den Hügeln gelauert hat, umgehen sie auf dem Rückweg lieber. Dabei stoßen sie jedoch auf eine Gruppe abgerissener Jäger in selbstgemachten Lederkluften. Sie haben Flinten und Bärenfallen bei sich, offensichtlich sind es Wilderer, die sich ziemlich nah an die Stadt herangewagt haben. Dem Desert Thing würden sie ihrerseits auch nachstellen, sie 'seien sowas wie Helden', grinsen sie mit gelben Zähnen. Sie sind neugierig wie Schmeißfliegen, und scheinen anregen zu wollen, dass die arme geschwächte Miss Lancaster sich in ihrem Unterstand erholt, und wollen nebenher den Wanderern ihren Selbstgebrannten andrehen. Es braucht ein gewonnenes Quick Encounter, um sie abzuwimmeln. John und Joycelyn werfen den Wilderern dabei so drohende Blicke zu und finden derart strenge, knappe Worte, dass die Kerle direkt kleinbei geben. Geradezu geläutert sehen sie aus, wie begossene Pudel. (Joycelyn hat ja mit ihrem Nachteil Mild-Mannered nur Intimidation von W4-2, aber damit kommt sie unverhofft auf 29! Da hat offensichtlich jemand nun wirklich keinen Bock auf dummdreiste Vertraulichkeit!)


Dafür stellt sich ein totaler Glücksfall ein: Das zweite Tabellenergebnis unterwegs beschert den Wanderern zwei herrenlose Pferde! Sie sind völlig verwahrlost, eins davon mit Resten von Zaumzeug, und grasen im kargen Gestrüpp. Sie müssen wohl Reitern weggelaufen sein, oder ihre Besitzer sind ihnen hier draußen schlicht von den Rücken weg geschossen worden.



Mit Riding mit -1 kann man sie sich laut der Tabelle schnappen! May B. und Byrd fangen gemeinsam das eine ein, John ganz allein das zweite.
„Die werden sich schon an uns gewöhnen!“, lacht Byrd, „wird ihnen bestimmt nichts ausmachen, wieder anständiges Heu zu Schnabulieren!“
Damit haben wir wieder zwei Pferde für künftige Unternehmungen, das ist stark.


Father Juan und die Gläubigen in der Mission de la Santa Maria hören an diesem Abend dem Bericht der Wild Cards mit Anspannung zu. Sie versichern, die sterblichen Überreste ihrer Glaubensgenossen am nächsten Tag von der Mesa der Top of the World Lode abzuholen, und auf dem Elephant-Hill-Friedhof beizusetzen. Das „Our Lady of Sorrows“-Buch nehmen sie ehrfürchtig von May B. wieder in Empfang. Die Hexe hat unterwegs schon überlegt, wie sie es in ihren eigenen Besitz übergehen lassen könnte, aber ihr ist kein Trick eingefallen. (Mit ihrem neuen Ruthless-Nachteil wäre sie dennoch angehalten, es zu versuchen, aber dass es sich hier streng genommen um katholische Paraphernalia handelt, schreckt sie ausreichend ab.)


In der Zwischenzeit ist eine weitere Baustelle fertig geworden. Ich will ja immer noch bald das Exchange Office, besonders, weil ich gerade Ghost-Rock-Nuggets gefunden habe, aber der Kopf der Cactus Queen zählt ja laut Zufallstabelle als Trophäe, da wäre es schick, diesen wunderhübschen Briefbeschwerer auf den Markt bringen zu können!

Zuerst mal müssen unsere zerstochenen und zerbissenen und angesengten Recken aber in Doc Bransons Arztpraxis, und sich etwas zusammenflicken lassen. Das hilft nix, um jetzt noch Wundlevel zu senken, die Golden Hour ist längst rum. Aber in ärztlicher Behandlung zu sein gibt einen Bonus auf natürliche Heilungswürfe, den brauchen die SCs.

Für Joycelyn sehen die Karten ein Besonderes Ereignis vor. Im Old Moon Saloon gibt es also derzeit Großreinemachen und Ausbau. Schilder mit kunstvoll gemalter Goldschrift künden von den Auftritten der glorreichen Miss Lancaster aus Chicago. Die Location steigt dadurch automatisch im Wert auf zwei und ist somit derzeit das prächtigste Gebäude der Siedlung.

Für May B. wird ebenfalls ein Besonderes Ereignis ermittelt. Während das Aufgebot also beim Onkel Doktor hockt, gibt es auf den nächtlichen Straßen Geschrei: Brandstiftung, Brandstiftung!
„Nicht schon wieder!“, seufzt Byrd.
Ich kann SCs für Bennies als Reaktion zu der betreffenden Location kaufen, um die Tat zu verhindern. In diesem Fall ist das Zielgebäude jedoch eines, das nicht einfach abgefackelt werden kann, also können meine Wild Cards ihre Bennies sparen. Die Law Dogs verscheuchen die unbekannten Täter schnell, wie man im Verlaufe der Nacht hört, und das Bauwerk hat auch so gut wie gar nicht Feuer gefangen. Es musste nicht mal gelöscht werden, das feuchte Mauerwerk hat die Flammen abgehalten. Mauerwerk? Ja, es gibt ein paar gemauerte Gebäude in der Siedlung, unter anderem die leerstehende und maßlos überteuerte Immobilie, die von den Leuten nur noch im Scherz ‚Lord Grimely‘s Manor‘ genannt wird. Lord Grimely‘s Manor hat die Sonderregel, dass es nicht auf unter einen Wert von eins sinken kann. Warum, wer weiß es wohl zu sagen, denn da ist ja nichts los … Aber das kriegen die Wild Cards auf jeden Fall heute Nacht nicht mehr ausgeforscht.
„Steht das Ding nicht auch unten am Elephant Hill?“, fragt May B. zögerlich, „vielleicht sollten wir morgen mal einen Blick darauf werfen, vielleicht sieht man ja noch, was die Schurken da wohl gewollt haben?“

Wie man außerdem bereits in der Arztpraxis mitbekommt, sind über Rex W. Shadrack Gerüchte in Umlauf gebracht worden. Dieser Eisenbahnsöldner sei nur hier, um für seinen eigentlichen Auftraggeber von diesem Sommer, namentlich die Union-Blue-Eisenbahngesellschaft, Gomorra darauf vorzubereiten, das exklusive Wegrecht zu ergattern. Alle, die keinen Bock auf großkotzige Yankees haben, werden in nächster Zeit daher keinen Bock auf Shadrack haben, so lange die üble Nachrede sich hält.

Davon abgesehen stellt Doc Branson seine üblichen Fragen, interessiert aber anteilnahmslos. Die Wild Cards räumen ein, dass sie in eine Sprengstoffexplosion im Maze verwickelt waren, aber gehen nicht allzu sehr ins Detail. Wahrscheinlich würde der humorlose Arzt ihnen die Wahrheit nicht mal glauben, er wirkt wie ein sehr rationaler Denker ...
« Letzte Änderung: 17.02.2024 | 13:03 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #181 am: 18.02.2024 | 16:36 »
Und damit bereiten wir uns auf ein neues Abenteuer vor! Diesmal erwartet unsere Wild Cards was ganz anderes als sonst (nach dem Wahlspruch „boldly go where no cowboy has gone before“), aber sie sind diesbezüglich noch nichtsahnend und arglos. Zumindest so arglos, wie man eben sein kann, wenn man ein Einwohner ist von Gomorra, Kalifornien. (… Was natürlich eigentlich heißen muss, nicht besonders arglos. Na, egal.)

Erstmal machen unsere Leute aber noch Pause: Byrd, Shadrack, und Lancaster haben ordentlich was abgekriegt bei dem Wahnsinn in der Top of the World Lode. Nur May B. und John sind ohne Wundlevel davon gekommen. Nach fünf Tagen dürfen sie einen Wurf für Natural Healing machen, und dank dem Bonus von Doc Bransons Behandlungen klappt der. Nur noch Rex hat ein verbleibendes Wundlevel.
„… Wissen Sie, was ich am schlimmsten finde, Sie olle Miesmuschel?“, fragt Mister Byrd seinen Freund Mister Shadrack, als sie beide an einem Holzgatter lehnen und dem Treiben am staubigen Stadtrand zuschauen.
„Dass Sie nicht gleich zwei Quasselmäuler haben, mit denen Sie sich selbst unentwegt ins Wort fallen können?“, knurrt Rex.
Luca lacht, und sagt, „Explodierendes Kroppzeug. Normales Kroppzeug ist schon nicht so gut, und untotes Kroppzeug ist natürlich noch ‘ne gehörige Nummer schlimmer. Und Viecher, die beißen oder Blut saugen, oder so“, und er macht mit den Fingern schnappende Mandibeln vor seinem Mund nach, „… aber das Schlimmste, das ist explodierendes Kroppzeug.“
„Wie das Kaktus-Ding neulich.“
„Bingo. Oder der Bone Fiend.“
„Hellstrommes Automatons explodieren auch, wenn man es denn schafft, sie zu zerstören“, fügt Shadrack griesgrämig hinzu.
„Sehr richtig. Explodieren ist echt nicht schön, hauen und stechen, okay. Aber explodieren, nein danke. Das ist wie, wenn einer ein schlechter Verlierer ist. Sich aufblähen und in Stücke zerspringen, das gleicht doch dem Umwerfen des Pokertischs, wenn man ein schlechtes Blatt hatte. Irgendwie kleinmütig.“
„Jau“, pflichtet Shadrack bei, und spuckt zielgenau in den Staub.


Nach dem versuchten Brandanschlag auf das leerstehende Herrenhaus, das in der Stadt ‚Lord Grimely’s Manor‘ genannt wird, haben May B. und John sich misstrauisch in dessen Nähe herumgetrieben. Sie waren schließlich beide ohne Wundlevel geblieben, und brauchten sich nicht zu schonen. Es ist eine düstere Bude aus der Gründerzeit der Siedlung vor dem Großen Beben von 1868, die langsam zu verfallen begonnen hat. May B. hat sich auf ihre Gabe konzentriert, Unsichtbares zu entdecken, aber nichts ungewöhnliches auf dem Grundstück gesehen. Das finstere, alte Gebäude wirkt eben nur viel zu überdimensioniert für eine junge Boomtown wie diese, und irgendwie … deplatziert. Etwas an der Silhouette stimmt einfach nicht, wie May und John sich einbilden, während sie zusammen mit den Indianerscouts Tioga Joe und Hope In Winter im trockenen Buschwerk kauern, auf heimlichem Beobachtungsposten.



Auch nicht anheimelnder als die Whateley-Villa: Lord Grimely's Manor


Zweimal scheinen die Hausgiebel im fahlen Mondlicht in unmöglichen, geometrischen Winkeln zu verlaufen — aber dann stellt sich dieser Eindruck beide Male wieder als optische Täuschung heraus. Das Gelände ist jedenfalls abgesperrt, und niemand kommt und geht dort.
„... Wir sollten mal da einbrechen, und einen Blick ins Innere werfen!“, lässt May B. nach einem dieser Beobachtungsgänge nicht locker, „das ist doch irre, dass jemand ein leerstehendes Haus angreift! Was hätten diese Zündeler denn hier wollen können?“

(Uuuh, ich brenne darauf, mal ein Abenteuer im Inneren von Lord Grimely’s Villa spielen zu lassen …! Vielleicht nächstes Mal …!)


Auch die Gegner des Aufgebots halten sich bedeckt — die Whateleys ziehen es unverändert vor, in ihrer abgeriegelten Villa zu bleiben. Daran tun sie auch gut, denn mancherorts taucht nun endlich eine neue Ausgabe des Tombstone Epitaph auf, der den Fall eines Ivor Curwen ans Licht zerrt, und von dessen Verstrickungen mit den dubiosen Investitionsgeschäften des Whateley-Clans berichtet. Für die Städter, die den Artikel in die Hände bekommen, ist die Teufelsanbetung im Dragon‘s Nest Strike ein Skandal, und sie schmähen die Whateleys öffentlich; man ist sich jedoch unsicher, was dieser Clan für eine genaue Rolle dabei gespielt haben mag …

Auch Austin Stoker dürfte reichlich angepisst sein von den Wild Cards, so viel bekommt man mit. Er scheint tatsächlich auf Sweetrocks Gehaltsliste zu stehen derzeit, denn man sieht ihn mehrfach mit dem gefürchteten Ex-Kopfgeldjäger Jim MacNeil, der ebenfalls noch einen Hass auf Rex W. Shadrack hat seit deren letztem Zusammentreffen. Die offene Konfrontation suchen sie jedoch nicht mit den Wild Cards. Vielleicht wollen sie ja abwarten, bis deren Ruhm in der Stadt wieder in Vergessenheit geraten ist, um zuzuschlagen, ohne die Empörung der Städter fürchten zu müssen.
Loyalitäten sind kurzlebig im Gomorra Valley, soviel ist mal klar.


Luca Byrd trifft dieser Tage überraschend sein Liebchen mit den blonden Zöpfen wieder, der er auf dem Treck über die Sierra Nevada schöne Augen gemacht hat, Lorna Hermans. Die Familie war an ihrem Zielort Shan Fan angekommen, aber wurde dort gleich wieder von den chinesischen Unterwelt-Vereinigungen aus dem Geschäft gedrängt. Bevor sie jetzt entmutigt in die City o‘ Lost Angels weiterziehen, wollen sie es hier in Gomorra zwischendurch auch noch mal versuchen. Auf den Trails und in Shan Fan hat Familie Hermans so viel Abenteuerliches erlebt, dass der gestrenge Herr Papa das Töchterchen jetzt, wo sie wieder bei ihrem Charmeur ist, nicht mehr halten kann. Mister Byrd ist also Händchen haltend in den Straßen und Bars zu sehen mit seinem Blondchen, mit prächtiger Laune, wie ein liebestoller Gockel.



Lorna Hermans


Joycelyn beobachtet dies mit erhobener Stupsnase, und lässt natürlich alles unkommentiert. Aber sie erhört — wie durch Zufall zur selben Zeit — die verzweifelten Avancen ihres Musikers Alvin. Der versucht schon seit Wochen, ihr Herz zu erweichen. Seine Liebe für das Orgelspiel in Gotteshäusern (der ursprüngliche Anlass seines Herkommens) ist längst vollständig seiner Hingabe für Joycelyn Lancaster gewichen, und für den Ruhm, den sie zusammen mit der Band ernten.

May B. fährt derweil damit fort, ihre Joycelyn mit Adleraugen zu beobachten, besonders jetzt, nachdem die Sängerin bei der zurückliegenden Mission verletzt wurde. Ihr entgeht der Zusammenhang zwischen Lucas und Joycelyns jeweiliger Romanze natürlich nicht!
„… Aber wenn Luca Byrd sein blondes Dummchen morgen schon wieder los wäre, würdest Du ihn Dir dann endlich selber krallen?“, fragt sie angelegentlich im nächtlichen Old Moon Saloon, als sie beide schon ein paar ordentliche Whiskeys getankt haben.
„Nee, ehrlich gesagt, wahrscheinlich nicht. Was sollte ich denn mit dem? Der ist doch arm wie eine Kirchenmaus“, entgegnet die Sängerin beschwipst, „und so kleidet er sich auch. Damit könnt‘ ich mich ja nicht öffentlich sehen lassen. Es is‘ nur … es is‘ nur“, lallt sie an May B.s Ohr, den Arm um die Schulter der anderen gelegt, „irgendwie is‘ es nur eben so nett, wenn der einem den Hof macht.“
May B. schaut in ihr Whiskeyglas und schweigt wissend. Dass sie ihre Künste auf Byrd angewendet hat vor dem Erscheinen von Los Diablos, behält sie weiterhin für sich. Wenn der Blödian diese Begebenheit vor Joycelyn nur nicht ausplaudert! Dann hätte die Hexe damit das ausgelöst, was sie selbst am allerwenigsten will: Dann hätte sie dadurch einen Keil zwischen sich und Joycelyn Lancaster getrieben. Nur wegen ihrer verflixten Launen …


Nach drei Tagen in der Stadt beginnt also wie gesagt das nächste Abenteuer. Ich weiß schon genau, welche Mission dabei gespielt werden soll, aber was ist die Handlung, die da hin führt? Erwürfeln wir uns also wieder einen Abenteuereinstieg wie beim One Page Solo Engine beschrieben.
Plot Hook: Save an Ally in Peril from Guardians to gain Money or Valuables.
Random Event: Physical Taking of a social Plot Arc.
Scene Complication: An Obstacle Blocks the Way.

Save an Ally in Peril from Guardians to gain Money or Valuables: Der Plot Hook klingt interessant, wir müssen wieder einen Verbündeten retten, diesmal geht die Gefahr jedoch von dessen eigenen Wächtern aus, also der eigenen Fraktion. Die Machtgruppen in Gomorra haben gewisslich alle das eine oder andere Mitglied, das gerne etwas mehr Freiheit hätte, geradezu ein Gefangener innerhalb der eigenen Gruppenstrukturen ist. Irgendwie muss ich da an Big Jake und Scooter von Sweetrock Mining denken. Die wären Verbündete unserer Wild Cards, stünden sie nicht im Dienst Howard Findleys.

Physical Taking of a social Plot Arc: Das Zufallsereignis ist etwas verwirrend, wie kann denn ein gesellschaftlicher Handlungsstrang physisch ergriffen werden? Vielleicht wird aber ja auch ein gesellschaftlicher Vorgang physisch unterbunden. Das ist gut: Dermott Hermans, Lornas gestrenger Pa, greift jetzt unerbittlich durch. Nicht, dass der Tunichtgut und Glücksritter Luca Byrd ihm seine älteste und schönste Tochter noch defloriert, bevor ein anständiger Ehemann für sie gefunden wurde! Dermott zerrt Lorna also unter einigem Gezeter in die Mission de la Santa Maria, wo er sie unter Father Juans Aufsicht wegzusperren gedenkt, bis entweder der Schlawiner Byrd oder die Hermans-Familie Gomorra verlässt! Father Juan ist nicht gerade glücklich mit dieser Wendung, angesichts Lornas bitterlicher Krokodilstränen, aber er kann dem katholischen Sohn Dermott sein Ersuchen kaum verwehren. Mit dem erbosten Farmer ist nicht zu reden.

Dieses Ereignis passiert also nebenher, während der Abenteuereinstieg sich anbahnt.

An Obstacle Blocks the Way: Und als Big Jake und Scooter an unsere Helden herantreten wollen, gibt es dabei ein Hindernis zu überwinden, das sind sicherlich Sweetrocks Schergen.


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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #182 am: 18.02.2024 | 17:18 »
Die Sweetrock wusste nämlich, dass etwas Übernatürliches in der Top of the World Lode vorgegangen ist, sie hatte nur nicht genügend okkulte Spezialisten, um das Phänomen selber zu erforschen. Sie hält gleichzeitig anderorts einen Claim unter Verschluss, wo etwas scheinbar ähnliches vor sich geht. Dies ist ein Ghost-Rock-Vorkommen in der Schlucht namens Wild Dog Gorge, nahe an der Stadt. Big Jake und Scooter haben nun versucht, Howard Findley und Jim MacNeil zu überzeugen, Frieden mit den Neuankömmlingen zu schließen, und sie unter Vertrag zu nehmen. Wenn jemand das Zeug dazu habe, so vermuten Big Jake und Scooter, das Spukphänomen im Wild Dog Gorge aufzuklären, dann sind es die Wild Cards! Howard Findley hat alldieweil keinen Bock auf zwielichtige Charaktere wie John Bloody Knife und May B. Wickett in „seiner Stadt“; und Jim MacNeil juckt es nach wie vor in den Fingern, sich mit Rex W. Shadrack zu schießen. Er würde dem anderen Gunfighter eher den Kampf ansagen, als zu dulden, dass die Sweetrock ihn unter Vertrag nimmt!

Big Jake versucht die Wild Cards daher nicht in der Stadt zu treffen, sondern sie unauffällig in sein Büro zu lotsen, unten an den Docks. MacNeils Männer misstrauen dem Hafenaufseher jedoch, nachdem dieser gestern dieses skandalöse Friedensangebot vorgeschlagen hatte gegenüber den Wild Cards. Daher sind etliche von den grimmigen Wächtern heute unten an den Docks, um die Augen nach unseren Helden aufzuhalten, und nebenher Big Jake und Scooter auf die Finger zu schauen.

Dies ist das Hindernis, das den Weg blockiert beim Abenteuereinstieg. Unsere Helden müssen in einem Quick Encounter Stealth würfeln, um auf Umwegen unten an den Docks einzeln das Hafenaufseher-Büro zu erreichen, wenn sie der Einladung von Big Jake nachkommen wollen. Das schafft das Aufgebot mit Bravour, im Schleichen sind einige von ihnen echt gut geworden mittlerweile.



Scooter (links) und Big Jake (rechts), Sweetrocks große Bosse an den Docks


Sie finden sich also in dem großen Holzgebäude ein, wo Big Jake und Scooter mit Jalousien das große Fenster verdunkeln, von dem aus man Blick über die Docks hat.
„… Die Scouts, die für unsere Firma jüngst den Canyon auskundschaftet haben, berichteten von merkwürdigen, unnatürlichen Lichtern. Die sollen nicht weit von den Ghost-Rock-Vorkommen aufgetaucht sein, um die’s hier geht, aber immer hinter den Biegungen der Canyons verborgen“, sagt Big Jake besorgt.
„Und zwei von den Jungens sind gar nicht von denen ihrem Erkundungsgang zurückgekommen, haben dadurch sogar auf ihre Bezahlung geschissen. Sind laut den anderen geflohen, vielleicht sogar irre geworden. Konnten die uns nicht so recht sagen“, fügt Scooter hinzu.
„… Das könnte tatsächlich eine weitere Spur von Cynder sein“, sagt Shadrack in gedämpfter Stimme, mehr zu sich selbst.
May nickt, und fragt Big Jake, „Was ist mit diesem einen Geologen, der für die Sweetrock arbeitet, diesem Broderick? Hat der sich wohl schon einmal im Wild Dog Gorge umgesehen?“
Big Jake zieht eine rote Augenbraue hoch: „Dr. Broderick? Nicht, dass ich wüsste. Mister Findley hat ein kleines Heer von Geologen unter sich. Glaube nicht, dass er ausgerechnet Broderick bemüht hat, denn die Wild Dog Gorge ist etwas abgelegen. Sowas machen meistens die Wetterfesteren seiner Explorateure.“
Die Hexe zuckt mit den Schultern, „Na ja, Brodericks ganz besonderes Faible sind doch angeblich vulkanische Aktivitäten, ja? Könnte ja vielleicht sein, dass er in dieser Schlucht erneut auf Anzeichen dafür stößt. … Wer weiß.“
„Wie kommen Sie darauf?“, fragt Big Jake neugierig.
Shadrack schüttelt leicht den Kopf, und sieht May B. ablehnend an.
„Aber wieso, die finden‘s doch eh raus!“, braust diese auf, „Dr. Broderick gehört doch zur Sweetrock Mining Company! Big Jake und Scooter brauchen doch nur loszudackeln und den zu seinem Vulkangestein zu fragen, Rex.“
„Vulkangestein?!“, fragt jetzt Scooter perplex, „glaub‘ ich nicht so recht, Miss! Doch nicht im Gomorra Valley!“
„Nee, hier nicht, Scooter, altes Haus“, winkt Byrd ab, „aber im malerischen Hyperborea! Das ist ein Fleckchen Erde, da würden Sie sich die Finger nach lecken, und gleich nochmal einen verlängerten Urlaubsantrag stellen bei Mister Findley! Ist auch näher dran an unserer Stadt, als man meinen möchte. Quasi die begehbare Urgeschichte, direkt unter unseren Füßen.“
„Das, oder Cynder, wie Rex schon sagte“, fügt May B. hinzu, an Byrd gewandt.
„Warum plaudern wir hier einfach so aus dem Nähkasten?“, erhebt Rex Shadrack sehr unangenehm seine Reibeisenstimme, „sind diese beiden Herren von der Sweetrock jetzt unsere engsten Vertrauten, dass wir unsere Ergebnisse einfach so vor ihnen ausbreiten?! Ist das jetzt das neue Selbstverständnis dieses Aufgebots, allen Stadtbewohnern gleich Andeutungen zu machen und Namen zu nennen, nur weil sie es ja aus anderer Quelle auch erfahren könnten, oder was?!“
May B., Byrd, und Joycelyn senken die Blicke und schweigen etwas betreten, Big Jake und Scooter schweigen angespannt auch.
„… Wir erwarten ja gar nicht, dass Sie uns ins Vertrauen ziehen bei dieser mysteriösen Nachforschung, die Sie nach Gomorra gebracht zu haben scheint“, sagt Big Jake behutsam, „wenn Sie mich fragen, Shadrack, ich will das gar nicht wissen, wo Sie da dran sind. Uns beiden geht‘s nur um die Sicherheit unserer Leute. Howard Findley wird in den nächsten Tagen seine ersten Mannschaften in die Wild Dog Gorge schicken, um anzufangen, den Ghost Rock dort abzubauen. Bis dahin hätten wir gerne, dass verdammt noch eins die Lichtphänomene dort erklärt worden sind! Wahrscheinlich ja sowieso nur Wetterleuchten oder so. Dann ist‘s umso besser, dann haben sich alle mal wieder umsonst aufgeregt. … Aber wenn es sich um ähnlich bizarren Scheiß handelt, wie das, was Sie fünf laut den Gerüchten in der Top of the World Lode vorgefunden haben neulich … dann müssen wir da die Notbremse ziehen! Wenn wir dann zulassen, dass die Arbeit dort losgeht, dann gefährden wir Menschenleben dadurch. Das wollen Scooter und ich verhindern, nicht mehr, nicht weniger.“
„Ja, ja, klingt völlig astrein“, sagt Byrd gut gelaunt, „und unser Strahlemann Shadrack hat sich ja auch schon wieder im Griff! Klar helfen wir aus, nicht wahr, Rex, alte Stubenfliege?“, und er haut dem anderen Gunslinger auf die Schulter.
„Sie kommen ja wahrscheinlich an Sweetrock-Gelder ran, wie letztes Mal?“, fragt May B. interessiert Big Jake.
„Das will ich meinen!“, nickt dieser, „wir müssen ein Sümmchen an Mister Findleys Nase vorbei abzweigen, klar, aber diese Sache soll Ihr Schaden nicht sein, versteht sich.“
Shadrack knurrt, „Dann tun Sie mir den Gefallen, Gentlemen, und reden nicht gleich mit Dr. Broderick, während wir weg sind. Lassen Sie das unsere Sorge sein, wenn wir zurückgekommen — sollten wir dann tatsächlich gefundenes Lavagestein für den Herren dabei haben.“

Joycelyn ist mittlerweile äußerst verhandlungssicher, sie schlägt mit einem Raise bei Persuasion noch einen zusätzlichen Vorschuss für alle Wild Cards raus, in Höhe von $16.
Abgemacht, Big Jake und Scooter spucken in ihre Handflächen und schütteln den Wild Cards die Hände, es werden feste Blicke dabei ausgetauscht.


Laut der Regeln meines Abenteuer-Generators für Gomorra starten Wild Cards ja mit wenig Bennies, also ist es an dieser Stelle opportun, noch einmal verschiedene Locations abzuklappern.
Wie immer muss Proviant eingekauft werden. Die Wild Dog Gorge ist nicht im Maze gelegen, diesmal geht es östlich ins Inland zurück. Dennoch ist es ein ordentliches Wegstück. Glücklicherweise hat das Aufgebot jetzt zwei neue Pferde, und kann diese die Ausrüstung tragen lassen, und ihro Gnaden Miss Lancaster kann zwischenzeitlich auf einem reiten, um ihre zarten Füße zu schonen. Dafür müssen wir zum Alright Corral, um zwei Sättel zu kaufen, dafür reicht der ordentliche Vorschuss, den Joycelyn bei Big Jake und Scooter ausgehandelt hat. (Beim Alright Corral gibt‘s nicht nur Hottis zum Normalpreis, sondern auch Reitausrüstung; überall sonst kostet auch derartige Ware hier in der Siedlung das Dreifache.) John und Joycelyn erledigen das (Joycelyn will vor allem mitkommen, um die Farbe der Sättel auszusuchen, aber sie wird auch das Reden übernehmen müssen, denn Johns Erscheinung löst bei den Wasichu meist Furcht und Abweisung aus). Luca geht in den General Store, um den Proviant zu besorgen und sich nach Gerüchten über die Wild Dog Gorge umzuhören.
Am Zielort sind auch May B. und Shadrack interessiert, sie geht dafür in den Trading Post kurz vor der Stadt, er in den Fat Chance Saloon.

Die Charaktere bekommen Karten, um ihre Erledigungen abzuhandeln, und diese sagen nebenher, dass eine Gegnerfraktion gerade ihren Einfluss in der Stadt geltend macht. Die Orakelwürfel sagen, dass diese Fraktion die Sweetrock Mining Company ist.

Howard Findley hat also nicht nur die Docks unter seiner Knute derzeit, sondern hat auch anderorts seine Privatarmee ausgeschickt. Ob es denen explizit um die Wild Dog Gorge geht, ist unwahrscheinlich, die Sweetrock hat viele Eisen im Feuer. Und womöglich wollen sie außerdem nachdrücklich für Ruhe sorgen nach den wilden Gerüchten um die Top of the World Lode letzte Woche!
Laut den Karten sind Sam’s General Store und das Alright Corral gerade direkt unter der Kontrolle von Sweetrocks Schergen. In fünf verschiedenen Locations der Stadt müssten unsere Wild Cards erfolgreich ihren Einfluss geltend machen, um Sweetrock heute sozial oder ökonomisch das Steuer aus der Hand zu nehmen. Dafür gibt‘s je einen Benny, und Bock drauf habe ich sowieso. Howard Findley hat‘s redlich verdient, öffentlich als die Arschgeige dazustehen, die er ist! Herausforderung angenommen! Aber der Reihe nach:


Rex steuert im Fat Chance Saloon die Bar auf der Empore im rückwärtigen Bereich an. Auch hier sind einige der Revolverhelden zugegen, die bekanntermaßen im Dienst von Sweetrock stehen, aber sie trauen sich nicht, Stress zu machen. Der Fat Chance Saloon hat eine sehr klare Hausordnung der Neutralität. Also werden dem Hexslinger nur böse Blicke zugeworfen, als er erhobenen Hauptes durch den Schankraum schreitet. Er sucht wie beiläufig das Gespräch mit Barmann Charlie Landers, der kennt die meisten Gerüchte, vielleicht hat er auch von den angeblichen Lichtphänomenen in der Wild Dog Gorge gehört?
Die Orakelwürfel sagen, nö.
„… Jaja, die Wild Dog Gorge, da ist schon mehr als ein Greenhorn-Heini von den Felswänden abgerutscht und zwanzig Meter tief in sein Verderben gesegelt!“, knurrt Landers, „aber seit einigen Wochen hat Howard Findley dort Kaufinteressen. Da ist Ghost Rock gefunden worden, wahrscheinlich steckt die Sweetrock da binnen der nächsten Tage einen Claim ab, und dann werden Stollen in die Wände der Klamm getrieben, dass es nur so knirscht! Ist nahe genug dran an der Siedlung, dass es noch wirtschaftlich ist, Fuhrwagen dorthin pendeln zu lassen. Fuhrwagen, die dann natürlich wiederum vor den Blackjacks verteidigt werden müssen, und den kleineren Gangs. Ruck-zuck sieht‘s da in der Schlucht so aus wie westlich im Maze!“, grummelt der kleinwüchsige Barkeep.
„Aber keine ungewöhnlichen Vorkommnisse dort?“, raunt Shadrack.
„War ja klar, dass Sie sich wieder für Spukgeschichten interessieren, Mister Shadrack, Sie gottverdammter Quatschkopf. Dass ein paar der Scouts von Sweetrock nach ihrer letzten Erkundung abgehauen sind, unter mysteriösem Vorwand, das haben Sie natürlich schon gehört! Habe aber keine Ahnung, ob das stimmt, und ob die Burschen wirklich plemplem geworden sind. Die Hitze war ja letztlich nochmal ganz schön mörderisch für‘n Herbst, und außerdem gehen wieder Chargen von schlechtem Tequila in der Gegend rum! Kann schon sein, dass es diesmal falscher Alarm ist, mein Gutester.“
Rex grimassiert genervt, und wendet sich an andere Barbesucher. Die üble Nachrede von letzter Woche, er, Rex W. Shadrack, sei immer noch im Auftrage der Union Blue und damit der Yankee-Geschäftsinteressen hier, haben bereits wieder nachgelassen. Aber die Sweetrock und Austin Stoker haben die Schnauzen voll von Shadracks Schnüffelei, das flüstern ihm viele der anderen Gäste.

Ein Besonderes Ereignis ist alldieweil für den Hexslinger ermittelt worden, und es ist erneut das Eintreffen einer der Versorgungskutschen der Wells Fargo. Ich brauche vielleicht mal SCs mit dem Trade-Skill, von dem hängt nämlich ab, ob Warenbestellungen für das Aufgebot eintreffen. Byrd, Joycelyn, und John haben Schwein bei dem Trade-Wurf (obwohl Unskilled), und erhalten jeweils einen Gegenstand zum Normalpreis, da suche ich mir ein neues Dynamitbündel aus, und die Kampagnengegenstände Tonicum und Gunslinger-Handschuhe.



Die Ausbeute des letzten Abenteuers und des Aktuellen: 'The Judge', das Amulett des Kotak, Gunslinger-Handschuhe, TNT, und Tonicum


May B. nimmt eins der neuen Rösser, und reitet ungesattelt zum Trading Post. Hier kommen einige Trapper, Trailblazer, und Indianerscouts zusammen, immer mal wieder mit Neuigkeiten aus der ganzen Region. Von gruseligen Lichteffekten in der Wild Dog Gorge hat man hier durchaus schon gehört!
„... Ein gespenstischer, bläulicher Schimmer, Miss“, krächzt ein wettergegerbter Trapper, „ganz recht, wie direkt aus dem Jenseits! Aber immer gerade so außer Sicht, scheinbar immer verborgen hinter der nächsten Windung der engen Canyons!“
„Und gewunden sind die, diese scheiß Kluften, das kann ich Ihnen sagen, schönes Kind, ja, wie steinerne Eingeweide einer riesenhaften Bestie. Sehr einfach, sich da drinnen zu verlaufen, und niemals wieder raus zu finden. Sind nicht nur die Skelette von Rindern und Eseln, die da auf dem Canyonboden vor sich hin modern, oh nein, Miss!“
„Mach‘ dem jungen Ding ma‘ keine Angst, Pete, die ist schlau genug, sich vonner Wild Dog Gorge fern zu halten, nich‘ wahr? Die Sweetrock wird da sowieso alles erschließen, nach und nach, und dann hör‘n auch die Gespenstergeschichten auf.“

Das ist ja schon mal interessant. Und sieh an, sieh an: Die Hexe hat außerdem mal wieder Glück mit ihrer Ereigniskarte, und erhält unverhofft Unterstützung; dies ist Yahto, der junge Sioux, der still in sie verknallt ist. Yahto ist auch gerade im Trading Post, um den Bleichgesichtern Pelze zu verkaufen, und etwas Extra-Geld für die Sioux Union zu machen. Er gesellt sich zu den Redenden dazu. (Sein Auftreten zählt als einmalige Möglichkeit, den Connections-Vorteil zu verwenden im Verlauf dieses Zwischenspiels.)
May B. nutzt jedenfalls diesen Besuch, um die bunt durchmischten Händler gegen die Sweetrock aufzuwiegeln. Die täten gut daran, ihre Handelsinteressen gegen den gierigen Zugriff von Findleys Wurstfingern zu schützen, schärft sie ihnen ein. Yahtos verehrungsvolle Blicke tun offensichtlich das Ihrige, um Mays Worte zu unterstreichen. Es gelingt ihr, die Ablehnung gegenüber der Sweetrock zu schüren, und sie beeinflusst dadurch jetzt den Trading Post, was ihr einen Benny bringt.


Joycelyn und John kaufen derweil die Sättel für die neuen Zossen. Nach der Wild Dog Gorge fragen können sie hier nicht, denn eine Menge von Jim MacNeils bärtigen Gewehrschützen ist gerade hier, und bespricht einen großen Kauf mit den Ranchern. Wir können versuchen, etwas zu stänkern und die Stimmung in der Location kippen zu lassen, damit die Sweetrock-Kerls schlecht dastehen.
Um das Corral zu beeinflussen würfelt Joycelyn Persuasion, ihr absoluter Glanz-Skill (sie hat ja einen W10, plus zwei für Very Attractive, plus eins für Fame); diesmal wird aber der W10 der anwesenden Sweetrock-Geschäftemacher dagegen gewürfelt, da die Fuzzis sich natürlich nicht reinreden lassen wollen von den Wild Cards, und insbesondere nicht dulden wollen, dass man Findley, den großen Gönner, hier öffentlich schlecht macht. Dank ihrer dicken Boni gewinnt Joycelyn den Wurf, und entreißt dadurch den Firmen-Schergen die Kontrolle:
Rancher und Kunden hören binnen der nächsten Viertelstunde auf, sich bei denen einzuschleimen, und steigen jetzt vielmehr darauf ein, was Joycelyn so inbrünstig zu sagen hatte: Dass ein Deserteur wie Austin Stoker im Namen der Sweetrock Todesdrohungen ausspricht, wie die Sängerin zu berichten weiß, das ist eigentlich ebenso ein Skandal wie die Art, wie Sweetrocks Arbeiter in der Top of the World Lode behandelt werden. Am Ende sieht es sogar so aus, als würde der große Deal um Pferde für Sweetrocks Privatarmee wieder platzen.



Jim MacNeils Firmensoldaten sind heute in großen Zahlen unterwegs


In Sam‘s General Store trifft auch Luca Byrd auf ein halbes Dutzend von MacNeils Gorillas, laut der Ereigniskarte wird auch dieser Ort heute von denen kontrolliert. Ursprünglich wollen die ihn sogar daran hindern, überhaupt rein zu kommen und seine Besorgungen zu erledigen. Der olle Sam setzt händeringend durch, dass Mister Byrd hier einkaufen dürfe, immerhin habe der letzte Woche im Alleingang eine Bande von Ladendieben hier verscheucht!
Byrd lächelt den grimmigen Gewehrschützen breit zu, während die ihn finster beobachten, als er seinen Proviant aus den Regalen holt. Gezielt stehen sie ihm mehrmals im Wege, und zwingen ihn, auszuweichen, was er freundlich schmunzelnd tut, und er tippt sich dabei an den Hut. Als er an den Verkaufstresen tritt, flankieren ihn die Kerle bedrohlich erneut. Sam wirft den Typen beschwörende Blicke zu, in denen steht, ‚macht keinen Stress, Jungs‘, aber er wagt es nicht, etwas zu sagen. Eilig kassiert er Byrd ab, der seelenruhig mit seinen Silberdollars hantiert.
„… Oh, und die Mundharmonika da im Regal, Sam, die nehme ich auch! Habe kürzlich meine Spieluhr verschenkt. Und ein bisschen Musik braucht der Mensch schließlich!“
„Geht’s raus aus der Stadt? Ma‘ wieder ins Maze, gucken, wie andere Leute ehrlich arbeiten …?“, fragt einer der Revolvermänner mit bedrohlichem Unterton.
„Ins Maze? Nee, diesmal nicht“, lächelt Luca Byrd, „zu viele Seeschlangen, nicht wahr? Da wird mir immer ganz anders, ich glaube sogar, ich habe eine Seeschlango-Phobie! Nee, raus in die Prärie geht’s, immer schön landeinwärts!“
„Draußen in der Prärie verschwinden auch manchmal Hombres“, sagt einer der Rauschebärte düster, „weit is‘ sie, die Prärie. Da hört einen keiner zum letzten Mal schreien.“
„Ja! Arme Hunde, denen sowas passiert, oder? Da sollte Sheriff Coleman mal hingucken!“, sagt Byrd munter, und winkt ab, als hätten er und die Kerle miteinander gescherzt, „aber was machen die Herren und Damen Gesetzesvertreter? Drücken sich immerzu in der Stadt rum, und piesacken aufrechte Leute von der Sweetrock!“

Byrd muss bei einem Quick Encounter die Bullies loswerden. Das macht er mit Taunt, über sie herziehen und dabei gleichzeitig auch noch höflich bleiben mag er gerne. Aus dem Stand erzielt er ein Raise:
„… Jungs, Ihr seid jedenfalls schwer in Ordnung, einfach klasse macht Ihr das, dem guten Sam hier so zu helfen. Ihr riskiert für den mutig alles, Euer Ansehen, den Ruf Eurer ganzen Firma, den Ruf von Howard Findley! Schön die Stadt im Griff behalten, was? Klasse, Jungs, nach Euch kann man die Uhr stellen, so zackig seid Ihr. Sogar bereit, in Kauf zu nehmen, dass Euch alle für Knalltüten halten; kann Euch doch egal sein, Hauptsache eben, alles geht seinen geregelten Gang! Ihr nehmt hier selbstlos in Kauf, dass Ihr in wenigen Wochen allesamt ohne Job dasitzt, weil die Zeitungen sich ohn‘ Unterlass darüber auslassen, was für ein Tyrann der Findley ist. Hauptsache, jetzt gerade geht alles seinen Gang, und die Geschäfte laufen. Egal, was in zwei Wochen ist!“
Und dem einen Kerl neben sich tätschelt er dann sogar die Wange, und endet, „Leben für den Moment, so nenne ich das! Und Ihr Kerls habt das raus, wie das geht.“
Da müssen mehrere der anderen Kunden lachen, und Byrd lacht auch; einer der Firmensoldaten entgegnet lautstark und trotzig noch etwas Provokatives, aber ist so außer Fassung, dass er es total vernuschelt, man versteht nichts über das lauter werdende Gelächter, und dann empfehlen die Kunden den Gewehrschützen, jetzt mal zurück zu ihrem Firmensitz zu gehen, man wolle jetzt in Ruhe weiter einkaufen. Byrd winkt ihnen versonnen nach, als sie den wiederholten Ersuchen zehn Minuten später dann auch folgen. Er lehnt am Tresen und erzählt sich mit einigen der anderen Ladenbesuchern witzige Geschichten davon, wie Sweetrock-Leute sich öffentlich blamiert haben. Mit einem Persuasion-Wurf versucht er, die Location zu beeinflussen, gegen den W10 der Gegnerfraktion, und dank ein paar investierter Bennies gelingt das schließlich.

So, das lief gut, jetzt beeinflusst das Aufgebot bereits drei Locations, schaffen sie noch zwei innerhalb dieses Zwischenspiels, haben sie Findleys Einfluss ausreichend untergraben, und können fröhlich pfeifend auf ihr Abenteuer ausziehen.



John sattelt derweil das eine der neuen Pferde auf beim Alright Corral, und bemerkt dabei nicht, wie im Menschengewimmel ein Taschendieb ihm dabei seine Dollars abnimmt. 27 Penunzen des weißen Mannes, einfach futsch, schöner Scheiß! Gut, dass May B. noch die temporären Connections in petto hat, wir schicken also Yahto bei seinem Stammesbruder John vorbei. Dem scharfäugigen Jungen entgeht nicht, was der Taschendieb vorhat, und er kann ihn einfach davon jagen. John ist fast zu verblüfft, um richtig danke zu sagen, er ist etwas aus dem Konzept gebracht, wenn jüngere Krieger sich als scharfäugiger erweisen als er selbst es ist. Dann jedenfalls richtet Yahto aus, dass die schöne Squaw May B. John beim Red Hill Hotel treffen wolle. John weigert sich aber, ihm macht die Omnipräsenz der Sweetrock-Drecksäcke Sorgen, also will er dringender Shadrack treffen und den Spieß umdrehen, indem sie gemeinsam die Bergbaufirma einschüchtern.
« Letzte Änderung: 20.02.2024 | 11:46 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #183 am: 19.02.2024 | 21:26 »
Also spielen wir noch eine zweite Runde für dieses Zwischenspiel:
Im Red Hill Hotel treffen sich Byrd, May B. (jetzt wieder begleitet von Yahto mit seinem liebevollen Dackelblick), und Joycelyn wieder, fast abmarschbereit.

Wenn man die Sweetrock öffentlich angehen will, ist derweil das Claims Office eine gute Adresse. Auch dieses ist heute gefüllt mit den hochnäsigen Anzugträgern der Firma heute Vormittag. Shadrack und Bloody Knife kommen in bedrohliches Schweigen gehüllt rein, und versuchen, mit eleganten Drohungen der Sweetrock einzuschärfen, dass sie besser die Füße still halten sollten, und ihnen vor allem Stoker und MacNeil vom Hals halten sollten! John verpatzt leider den Unterstützungswurf, er gibt sich außerordentlich hölzern, und damit kommt dann Shadrack nicht gegen das W10-Ergebnis der Anzugträger an mit seinem eigenen Intimidation-Resultat. Die beiden werden nicht ernst genommen, und nach kurzem Gespräch schlicht mit Nasenrümpfen hinaus gebeten.


Nichts hindert mich, vor dem Ausrücken zur gewählten Mission noch eine dritte Zwischenspiel-Runde abzuhandeln, um doch noch eine vierte und fünfte Location zu beeinflussen. Nur ein Joker als Aktionskarte sorgt dabei für eine weitere Ziehung auf der Ereignistabelle ... und genau das geschieht:
John wird vor dem Claims Office von Gomorras allgegenwärtigem Pöbel umzingelt, die ihn schmähen und die Indianer für die Probleme der Siedlung verantwortlich machen wollen. Aus dieser Stresssituation muss er sich erstmal entziehen, bevor er agieren kann. Diesmal tritt er jedoch wieder fest auf, und verscheucht den Abschaum mit Intimidation. (Dafür kriegt er laut Ereignistabelle einen Benny, das ist prima.)


Luca Byrd setzt sich bei dieser Gelegenheit kurz nochmal ab, er sei zum Mittagessen wieder da, sagt er. Er nimmt das eine der frisch gesattelten Pferde, um raus zum Missionshaus zu reiten.
Unter einem der Fensterchen trabt er schließlich in Position, außerhalb der weißen Mauern. Er ist sich sicher, dass er hier richtig ist, denn von eben diesem Fensterchen dringt das wütende Schluchzen Lornas herab. Mitleidig schmunzelnd hört er einen Moment zu, dann zückt er seine neue Mundharmonika. Leise spielt er ‚Home On the Range‘. Nach einem Moment verstummt das Schluchzen, und es wird offensichtlich gelauscht.
„Wer ist da unten?“, raunt schließlich Lornas Stimme, und ihr gerötetes Gesicht erscheint in der schmalen Fensteröffnung, und versucht, einen Blick auf den Reiter zu erhaschen.
„Mein Täubchen, ich bin das natürlich!“
„Luca?“
„Halt, Momentchen … ja klar, Luca, wer denn sonst? Wer sollte es sonst wohl sein, gibt’s etwa noch andere Minnesänger, die sich hier unter Deinem Fensterchen herumtreiben?! Da regt sich ja gleich die Eifersucht!“
„Mach‘ keine Witze! Oh, Luca! Du musst schnell fort! Wenn die Kirchendiener Dich sehen, jagen sie Dich mit Schimpf und Schande zur Stadt zurück! Vielleicht sind die sogar im Stande und schießen auf Dich! Das war es zumindest, was mein Pa ihnen nahe gelegt hat!“
„Das meint der gute, alte Dermott ja gar nicht so. Und selbst wenn, ich bin mit Father Juan ganz gut bekannt, mein Kanarienvögelein! Der ballert nicht auf mich!“
„Ich bin ja so froh, dass Du da bist! Aber, oh nein, sieh‘ mich ja nicht an! Ich bin ganz verflennt!“, und Lornas Gesicht geht schnell in Deckung hinter der Fensteröffnung. Nur noch ein glänzendes Auge ist hinter dem Sims zu sehen.
„Ich mag Dich auch verflennt, mein Prärie-Röschen! Komm‘ wieder hervor!“
„Luca, Du musst katholisch werden, wenn Du‘s noch nicht sein solltest! Father Juan kann Dich vielleicht taufen. Dann können wir heiraten! Wir bekommen Pa schon überzeugt, dass es nicht so wichtig ist, dass Du keinen eigenen Hof hast.“
„Taufe, Hof, ja, nun ja …“, macht Byrd.
„Egal, dann müssen wir gemeinsam fliehen! Wir rennen weg, und machen alles, wie es uns gefällt! Wir legen überhaupt keinem mehr Rechenschaft ab!“
Byrd lacht, „Au ja, das klingt schon viel besser! Hör‘ mal zu, Maiglöckchen: Ich muss mal wieder mit dem guten, alten Aufgebot aufbrechen. Wir sind ein paar Tage draußen in der Wild Dog Gorge. Nur, dass Du Dich nicht wunderst, dass ich nicht regelmäßig weitere Ständchen bringe! Wenn wir zurück sind, und Du immer noch hier eingekerkert sein solltest, errette ich Dich, und wir können fliehen! Zumindest, wenn Du das dann immer noch willst.“
„In die Wild Dog Gorge? Ist das nicht gefährlich? Und kommt der schauerliche Indianer auch mit Euch mit?“
„Klar, John der Schauerliche kommt auch mit. Darum ist es ja auch nicht gefährlich. Wo der grobe Klotz dabei ist, da sind wir unangreifbar!“
„Pass‘ bloss gut auf Dich auf! Versprich‘, dass Du auf Dich aufpasst, und auf die anderen!“
„Selbstredend! Und Du schluchze nicht mehr, Honigkuchen!“


Rex Shadrack hat zwischenzeitlich die Zeltstadt aufgesucht, angepisst wegen der Schlappe eben im Claims Office, und er wiegelt dort die Sweetrock-Arbeiter ordentlich auf. Natürlich, indem er ihnen Muffensausen macht: Wer Sweetrock unterstützt, mache sich mitschuldig, und eher binnen Wochen als Monaten würden solche Leute dafür die Rechnung bekommen: „… Sheriff Coleman ist nicht der einzige, der in dieser Stadt keinen Nerv mehr hat für Howard Findleys Willkürherrschaft! Ganz gewiss nicht der einzige!“, knurrt er. Hier reicht sein Intimidation-Resultat aus, feige drein blickende Gesichter ungewaschener Schürfer umringen ihn, die ärmsten der armen Schweine, welche von der Sweetrock in den zahllosen Minen eingesetzt werden.


John bleibt auf dem Town Square, wo die rassistische Menge ihn gerade noch umzingelt hatte. Er ist im Gegensatz zu seinem berühmten Vater kein Mann der Worte, aber nun muss er sich Luft machen: Empört spricht er in seiner tiefen Stimme mit dem schwerfälligen, abgehackt klingenden Akzent, und verkündet, das schändliche Tun der Sweetrock sei längst zu weit gegangen, sie vergingen sich nicht nur an Mutter Erde mit ihren Spitzhacken, sondern auch an ihren eigenen Leuten, Bleichgesichtern wie Schwarz- und Gelbhäutigen, indem sie diese so ausbeuteten wie sie es auch in der Top of the World Lode tun. Indem sie Männer wie Austin Stoker anheuerten, um Drohungen auszusprechen gegenüber Leuten, welche der Stadt helfen, gegen die Mächte des Bösen zu kämpfen. Er wirkt bei seiner kurzen, lauten Ansprache sehr einschüchternd, und würfelt hier erneut Intimidation. Damit beeinflusst er kurzzeitig den Town Square, hier traut sich erstmal keiner, aufzumucken und etwaige Sweetrock-Parolen zu rufen.

Schließlich wurden damit fünf Locations von den Wild Cards beeinflusst, und alle im Aufgebot bekommen einen wohlverdienten Benny.
Die öffentliche Meinung in diesen Gebäuden ist zu Sweetrocks Ungunsten umgeschwungen, und sie können daher keinen weiteren Druck auf die Wild Cards oder andere Gegner aufbauen. Ohne abzuwarten, ob die Firma zum Gegenschlag auszuholen gedenkt, machen sich die Wild Cards davon, raus in die Prärie, ihrer Mission entgegen ...


Scooter hat dem Aufgebot ein unauffälliges Fuhrwerk organisiert, mit dem sie raus zum Zielort kommen. Der Kutscher scheint etwas nervös, er macht unterwegs mehrmals klar, dass die ungewöhnlichen Passagiere auszusteigen haben, sobald man die Mündung der Wild Dog Gorge erreicht habe. Um keinen Preis will er seinen Wagen dort hinein steuern. Dank Joycelyns Support (sie redet ihm auf dem Kutschbock gut zu) schafft er immerhin seinen Driving-Wurf, um auf der höchst unwegsamen Strecke nicht sein Gefährt zu beschädigen. Gelegentlich trinkt er sich Mut an, mit einem schmierigen Flachmann, alles in allem ein reichlich unangenehmer Mensch.

Es ist auch heute nochmal ordentlich heiß für einen Herbsttag, aber alle Wild Cards widerstehen der Heat Hazard. Zwei Begegnungen unterwegs werden ermittelt, und die erste ist ein Kracher: „… Hey seht doch mal, verdammt und zugenäht, was ist denn das da oben?!“, ruft Joycelyn vom Kutschbock aus. In dem Moment gehen auch die beiden Mulis fast durch, sie wittern etwas, das ihnen gänzlich widernatürlich vorkommt! Dem Kutscher fällt sein Flachmann aus der Hand. Die Wild Cards folgen dem Fingerzeig: Auf einer der Felsspitzen fällt das flimmernde Nachmittagslicht auf eine ganz besondere Weise zwischen zwei hohen Felsen hindurch, fast, als gäbe es ein rundes Tor dort oben. Es ist nämlich auch eins, ein Dimensionstor, wie das, was sich in der Top of the World Lode aufgetan hatte! Ob es an einen ähnlich blasphemischen Ort führt wie das letzte, das ist allerdings ungewiss. Es kommen auch keine Void Spiders hindurch.



„Wahrscheinlich nur eine olle Luftspiegelung!“, lässt Mister Byrd sich vernehmen, aber das glaubt er ja selber nicht, wahrscheinlich will er nur den Kutscher beruhigen.
„Diese ganze Gegend scheint dabei zu sein, höchst instabil zu werden …!“, keucht Shadrack, völlig verstört, „gefährlich instabil! Denn das dort oben ist ja noch nicht einmal das Lichtphänomen, nach dem wir suchen! Die Wild Dog Gorge ist ja noch weit entfernt!“
„Sollten wir einen Blick hinein werfen …?“, raunt May B. wissbegierig, „ich komme da ganz einfach hinauf, ich habe meine Salbe dabei, ich könnte schnell mal, Sie wissen schon …“, und sie wirft dem Kutscher einen ängstlichen Blick zu, der darf ihr Geheimnis nicht wissen.
„Nein, wir führen damit die Geister in Versuchung, sich hinaus zu wagen! Wir kommen selbst in Versuchung, uns in den Ewigen Jagdgründen zu verlieren, und wir finden niemals mehr hinaus! Wir fahren weiter, und suchen nach dem, was uns aufgetragen wurde!“, ruft John streng, er scheint keine Diskussion zu dulden.

Laut meiner Ereignistabelle für die Trails könnte ich hier eine zusätzliche Mission starten in einer zufälligen Anderswelt. Diese Reise ist aber optional. May B. hat die Nachteile Driven (Occult insights) und Impulsive, die nehmen für sie jedenfalls die Entscheidung ab!
Als der Karren zwischen den hohen Felsen um die nächste Wegbiegung rumpelt, springt sie rücklings von der Ladefläche ab, bereits eilig mit Flugsalbe eingeschmiert, und hebt mit wehenden Haaren ab, rauscht lautlos aufwärts! Mit ihrem Raise bei Spellcasting erreicht sie im Flug einen Affenzahn, die flackernde Öffnung im Raum-Zeit-Gefüge saust geradezu auf sie zu, während sie höher schnellt, mühsam kontrolliert sie ihren Flug.
„May B., nein!“, brüllt John erschrocken.
« Letzte Änderung: 19.02.2024 | 21:37 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #184 am: 20.02.2024 | 20:21 »
May B. soll einen Benny für ihre Nachteile bekommen, und sie muss angesichts des kosmischen Phänomens einen Furcht-Wurf machen, den sie ganz knapp besteht.
Ich muss außerdem laut dem Tabellenereignis für diesen optionalen Exkurs eine Anderswelt ermitteln:

May B. stabilisiert mit einer Willensanstrengung ihre Position, schwebend in der Luft direkt vor dem Zentrum des intergalaktischen Wirbels. Der unbekannte Geruch von dort mischt sich mit den berauschenden Dämpfen von ihrer Flugsalbe. Ihre Augen tränen. Sie spürt einen merkwürdigen Sog von dem Durchlass ausgehen.

Die Orakelwürfel sagen jedoch, May kann sich halten, geschützt durch die eigene Gravitation der Erde, und wird nicht etwa steuerlos in das Portal hinein gesogen. (Ein ‚Ja, und außerdem‘-Resultat legt sogar nahe, dass sie hinein und wieder hinaus fliegen könnte, wenn sie denn wollte.)

Die Hexe fokussiert ihren Blick, als sie in den dröhnenden Strudel starrt, und jetzt kann sie Details ausmachen: Auf der anderen Seite des irrsinnigen Wirbels sind wieder feste Strukturen zu erkennen, wie ein dunkler Korridor, nicht aus Holz, sondern aus dunklem Stahl. Verwirrende Lichter blinken dort in der Dunkelheit, und ein tiefes, metallisches Vibrieren dringt von dort an ihre Ohren, ganz gedämpft, weil es von so weit her ertönt, so unsagbar weit her

May B. versucht mit zitterigen Fingern die Laterne zu entzünden, das fünfte Streichholz funktioniert endlich. Dann fliegt sie hinein in den Wirbel.

Lautlos setzt sie auf dem Metallboden auf, und erhebt sich dann zitternd. Der eigentliche Moment des Übergangs zwischen den Realitäten ist jetzt ohne Erinnerung, wie ein kurzer Blackout. Sie fährt herum, und starrt zu dem Durchlass, durch den sie hinein geflogen ist: Ein rostiges Stahlgitter schlägt klappernd immer wieder zu, wie von einem Sturmwind bewegt. Dahinter ist nebulös die Prärielandschaft ihres geliebten Kaliforniens zu sehen, herbstlich düster.
„Ich kann einfach zurück fliegen“, sagt sie sich aufgeregt, „wann immer ich möchte“, und ihr Herz schlägt ihr bis in den Hals.
Die Rohre und Kabel um sie her wirken alt und korrodiert, der ganze Korridor scheint lange nicht gewartet worden zu sein, vielleicht ist er sogar ganz aufgegeben worden. Die vereinzelten Blinklichter auf dem Metallboden und an den Wandkonsolen sind wahrscheinlich nur eine Art Notbeleuchtung.
„Elektrisches Licht!“, haucht sie überwältigt, während sie mit den Fingerspitzen über einige davon hinweg fährt, das Wunder modernster Technik, wie es sie in Salt Lake City gibt.
Sie sieht sich fröstelnd um: Ist dies etwa der Junkyard? Ist sie über 800 Meilen durch den halben Kontinent versetzt worden — binnen eines einzigen Wimpernschlags? Eine merkwürdige Kälte beginnt sie zu beschleichen, und eine ebenso merkwürdige Gleichgewichtsstörung, die Schwerkraft fühlt sich auf schwer beschreibliche Weise falsch an. Ihr Magen rebelliert, und sie krümmt sich zusammen. Ein lautes Geräusch lässt sie zusammenfahren und aufschauen; es ist nicht das kontinuierliche Schlagen des losen Metallgitters hinter ihr, es kommt von vor ihr, den dunklen Korridor herunter!



Runde 1: Von einer hypnotischen Wissbegierde gepackt schleicht May B. ein paar Schritte weiter. Ihr matter Laternenschein reicht aus, um das Dunkel dieser synthetischen Phantasmagorie zurückzuhalten. Sie schmeckt die schale Luft, die wirkt wie in einer Grabkammer, und die gleichzeitig eine gewisse, künstliche Frische hat. Hinter der Biegung des Korridors liegt eine kleine Halle, ebenfalls eiskalt, mit einem Verladekran und einer riesigen Bodenluke — auch hier ist alles aus Stahl statt aus Holz. Staub überzieht die meisten Oberflächen.



Das Exploration Token auf diesem neuen Segment wird aufgedeckt, und es beschert der Hexe ein Ereignis: Auch hier flimmern übernatürliche Spiegelungen in der Luft, und sie verdichten sich, wie um verzerrte Fata Morganas zu zeigen, May B. sieht Rex Shadrack, wie er in einem hocheleganten Clubraum mit einem Mann spricht, der Joshua Chamberlain sein muss, im Hintergrund die New Yorker Geschäftsbonzen, so muss es ausgesehen haben, als man ihn Mitte des Jahres auf Kopfgeldjagd ausgeschickt hatte, Luca Byrd kommt plötzlich herein, ganz verpennt, rückwärtig voller Heu; sie sieht in einer anderen Fata Morgana John Bloody Knife, wie er verzweifelt seinen Tomahawk schwenkt, und irgendetwas ruft, hinauf zu jenen Felsen, wo sich der außerweltliche Strudel aufgetan hat; sie sieht, wie Austin Stoker mit gezogenem Kavalleriesäbel John Bloody Knife entgegen tritt, in den verlassenen Straßen eines sturmdurchpflügten Gomorra, mit Mord in den stechenden Augen; sie sieht sich selbst in merkwürdigen, dunkelblauen Kleidern, mit vielen Gurten und Metallteilen daran, wie sie durch ein kleines Fenster aus großer Höhe hinab schaut, und unbekannte Sternbilder erblickt, die sich jedoch dabei absurderweise unter ihr befinden.



Die Hexe muss einen weiteren Furcht-Wurf machen angesichts dieser Fata Morganas, sie werden von Störungen des Raum-Zeit-Kontinuums verursacht. Sie kommt aber auf eine 19, für sie ist dies eher inspirierend als grauenhaft.

Runde 2: Zitterig geht May B. durch eine halb offene Schleuse zu ihrer linken. Hier glimmt gleichmäßiges, gedämpftes Licht innerhalb einer riesigen Glaskuppel. Es riecht schlagartig nicht mehr schlecht, sondern wie in einem tropischen Gewächshaus … Unter den Pflanzenlampen erstreckt sich ein verwilderter Garten. May B. staunt mit offenem Mund, solch ein Ort passt so gar nicht zu diesen metallischen Gängen, die ihn umschließen. Ein unverhofftes Gefühl von Frieden und Sanftmut überkommt die Besucherin, während ihr Blick über die grünen Blätter tastet, so einen Anblick hätte sie nicht erwartet inmitten eines solch bizarren, leblosen Ortes. Neugierig setzt sie sich in Bewegung, um mehr zu sehen.

Auch hier wird ein Exploration Token aufgedeckt, und diesmal ist es ein Angriff! Zwischen den Pflanzungen rappelt es plötzlich am Boden, und aus der Botanik erheben sich skelettierte Arbeiter in vermoderten Uniformresten. Was auch immer dies für ein fremder Ort ist — auch hier gibt es Walkin‘ Dead!
May B. schafft ihren Furcht-Wurf gerade so, sie stößt einen heiseren Schreckenslaut aus.



Runde 3: Dass die Knochenheinis von Kugeln unbeeindruckt sind, weiß May noch allzu gut seit der Dead Man’s Laughter Lode. Die Hexe zieht also den Stahl-Tomahawk, den sie seit Junkyard mit sich führt, macht einen Schritt in das Treibhaus hinein, und schlägt mit einer Wild Attack den nächststehenden Walkin‘ Dead in knöcherne Stückchen. Daraufhin weicht sie mit dem Rest ihrer Bewegung zurück, in das Frachtdock. Mit aufklappenden Unterkiefern und trockenem Zischen (kreischen können sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr, so ohne Stimmbänder) preschen die Skelette ihr hinterher, und holen sie rennend ein. Die Hexe wird umzingelt und von fünf der Rennenden mit knöchernen Klauenhänden gekratzt, aber mit dem Abzug durch den Sprint sind die Angreifer zu unkoordiniert, nur einer von Mays schwarzen Blusenärmeln wird aufgeschlitzt.

Runde 4: Damit rückt das Dunkel vor auf dem Depth Track, und obendrein agieren die Walkin‘ Dead diesmal zuerst. May B. muss gleich dreimal eine Wunde absorbieren, sie wird von tiefen Kratzwunden überzogen, am Ende ist sie nur Shaken, hat aber nur noch wenige Bennies übrig. Höchste Zeit, hier abzuhauen!



Sie schüttelt den Schmerz ab, reißt sich los, geht auf Full Defense und rennt schreiend davon! Dank ihrem durch Full Defense gesteigerten Parry-Wert trifft keiner der fünf Gelegenheitsangriffe, als sie sich aus dem Gewühl löst. Keuchend stolpert sie zu der Stelle zurück, wo das Eisengitter auf und zu schlägt vor dem glühenden Portal …

Runde 5: … Und mit angehaltenem Atem wirft sie sich hindurch!


Diese Erforschung war möglicherweise nicht besonders ruhmreich, aber dennoch ein Erlebnis. May taumelt benommen John und Byrd in die Arme, als sie plötzlich wieder Kies unter den Stiefeln hat, sie befindet sich oben auf dem felsigen Hang, wäre sicher ausgeglitten und gestürzt, wenn die beiden Entgegenkommenden sie nicht gepackt hätten. Alle kämpfen um sicheren Stand auf dem unebenen Kies, die Hexe lässt sich keuchend auf die Knie fallen. Joycelyn holt ungeschickt auf und packt sie bei den Schultern. Alle fünf werden umwabert von dem glühenden Nebel, dessen Schlieren sich oberhalb von ihnen zu dem spiralförmigen Portaldurchgang verdichten.
„Was-was-was … ist da drin gewesen?!“, bringt Byrd heraus.
May B. gestikuliert verzweifelt, während Joycelyn sie festhält, und antwortet keuchend, „Der Junkyard! … Oder so etwas ähnliches! Ich … kann das nicht beschreiben … eiserne Korridore, und ein Gewächshaus … John, ich habe gesehen, wie Du gegen Stoker …“
„Du bist verletzt!“, bringt Joycelyn hervor, und besieht sich die vielen blutigen Kratzer von den Knochenhänden.
„Walkin‘ Dead waren dort auch … ich musste abhauen …“
„Dann führt dieser Nexus tatsächlich nach Cynder?!“, ächzt Shadrack ungläubig.
„Cynder? Nein, ich … glaube nicht … Cynder ist doch höllisch heiß, oder? Da drin ist es eher kalt … wie in einem Eishaus …“
« Letzte Änderung: 20.02.2024 | 20:38 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #185 am: 16.03.2024 | 22:43 »
Dann müssen wir nur noch das zweite Ereignis abhandeln, damit die Posse ihren Weg auf den Trails zu ihrem Zielort abschließen kann. Dieses ist weniger spektakulär, und erfreulicher:

Die Wild Cards marschieren zurück zu ihrer Kutsche, wo der nervöse Fuhrmann mit seinen Mulis wartet. Glücklicherweise scheint er keine Erklärungen von seinen Fahrgästen hören zu wollen.

Sie fahren noch ein paar Stunden, bis zur Abenddämmerung. Mitten im Nirgendwo der felsigen Badlands stoßen sie am Wegesrand auf ein Lagerfeuer, wo eine gemischte Gruppe aus Schwarzen, Indianerscouts, und exotischem, fahrendem Volk zusammensitzt, und sich offensichtlich gut amüsiert bei Abendessen und Gitarrenspiel. Sie winken die Reisenden heran; je mehr man schließlich ist, desto lustiger wird‘s, und vor allem, desto sicherer ist die Übernachtung in der gesetzlosen Wildnis.

Laut dem Tabellenereignis darf ich hier einen zusätzlichen Moralwurf machen, aber diesmal (im Gegensatz zu den regulären Moralwürfen in dieser Kampagne) kann‘s keine Negativkonsequenzen dabei geben, umso schöner. Der von Byrd eingekaufte Whiskey war zwar eigentlich für den Rückweg gedacht, aber den haue ich hier schon raus, prost Compadres, den Moralwurf-Bonus davon will ich gerne spendieren. Joycelyn Lancaster tut dabei mal wieder das Ihrige, und singt mit der Gitarrenmusik eine Weile mit, was den Zuhörern wohlige Schauder über den Rücken laufen lässt, und sie erzählt hinterher auf die Nachfragen hin in gedämpfter Stimme ein paar der jüngsten Abenteuer unserer Helden.
„… Und dann hat das Loch in der Landschaft unsere tollkühne May B. Wickett schließlich wieder ausgespuckt, völlig verkratzt und blutig, aber wohlauf! Im Wegfahren haben wir gesehen, wie es bereits kleiner wurde, möglicherweise ist es mittlerweile jetzt, wo ich davon berichte, völlig zusammengeschnurrt und verschwunden! Und hier — hier sind wir nun, auf der Suche nach ebensolch einem mysteriösen Leuchten, in der Wild Dog Gorge. Mal sehen, was der morgige Tag dann bringen wird!“

Das ist eine gute Frage, Miss Lancaster! Am nächsten Morgen setzt der Kutscher die fünf Wild Cards jedenfalls nach weiteren eineinhalb Stunden Fahrt an der felsigen Mündung der Wild Dog Gorge ab.
„… Heute Abend komme ich wieder hier vorbei, wie abgesprochen! Wenn Ihr Kameraden dann nicht da steht, glaubt ja nicht, dass ich stundenlang warte! Dafür gibt‘s zu viele Outlaws in der Gegend, und wasnochalles. … Klar?“, das ist sein letzter Gruß.
Ein pfeifender Herbstwind schmirgelt über die schroffen Felsencanyons, die düsteren Wolken jagen tief über die Badlands hinweg.

Wild Dog Gorge
Ausgestorbener Canyon im gesetzlosen Land — Furchtlevel 3

Diesmal spiele ich also ein Szenario mit den Segmenten aus der Blasted-Wastes-Erweiterung. Laternen werden kaum nötig sein bei dieser Erkundung, denn sie findet an der freien Luft statt, aber das ändert wenig an den Spielregeln für das Zurückdrängen des Dunkels. Die Kräfte des Bösen sind hier (bei Tage und außerhalb einer Mine) nicht von den Lichtverhältnissen repräsentiert, sondern nur von einer fast unmerklichen Präsenz in den Gängen der Schlucht. Im gewählten Szenario müssen die Wild Cards auf ihrer Suche nach ungewöhnlichen Phänomenen nahe von Sweetrocks Claim erneut Clue-Icons finden. Damit aber nicht genug, denn laut der Beschreibung der ausgewählten Mission geht‘s nach Ergattern des zweiten Hinweises erst so richtig ab …!


John Bloody Knife wagt sich in den Eingang der engen Schlucht der Wild Dog Gorge, die Muskelberge nervös angespannt, und hebt seine Hakennase in den kühlen Wind. Die Gerüche aus den Felswindungen scheinen ihm nicht ganz richtig. Es ist zwar nicht der Ozongeruch, der dem Portal am Felsenhang gestern entströmt ist, aber dennoch … unnatürlich.
„Wie moderiges Wasser, höhlt bleiche Knochen aus, von Büffeln und von Hunden“, murmelt John, eher zu sich selbst, „Und da ist noch etwas anderes.“
„Verdammt, hört Ihr das auch?“, zischt May B., die hinter John in die Schluchtöffnung getreten ist.
„Ich höre nur den Wind“, raunt Shadrack angespannt.
„Ja, aber da ist eine Art … Gewisper … Manitous, jede Wette, zum Donner nochmal!“, sagt die Hexe, aber in ganz gedämpftem Ton, fast als hätte sie Angst, dass jene körperlosen Stimmen auf sie aufmerksam werden könnten, wenn sie zu laut sprechen sollten.
„Sieht Dein Halbblut-Auge irgendwas Verborgenes …?“, will Shadrack misstrauisch wissen.
Die Hexe schüttelt schweigend den Kopf.
„Worauf warten wir eigentlich?“, fragt Luca Byrd gut gelaunt von hinten, „dass der sprichwörtliche Berg zum Propheten kommt? Nee nee, Compadres, der Prophet muss sein Ärschchen schon zum Berge bewegen! Apropos Berge: Wenn irgendjemand unterwegs Ghost-Rock-Nuggets glänzen sieht, dann gehören die rechtmäßig gewissermaßen schon Sweetrock — was natürlich heißt, dass wir uns die krallen, klar? Dass wir ja nix liegenlassen!“
Shadrack muss lachen, und kommentiert leise, „Guter Gedanke.“



Runde 1: Zögerlich treten unsere Helden in die Felsenkluft hinein. Der Kies knirscht unter ihren Stiefeln, wie feindselig, ominös. Rex spürt mit einem Mal seine Brandverletzungen wieder aus der Top of the World Lode, nervöse Schweißperlen treten ihm auf die Stirn. John übernimmt wortlos die Führung, und seine Determination drängt die garstige Präsenz im Canyon zurück. Dafür geschieht ein Zufallsereignis: Ein vermummter Fremder erwartet die Wild Cards in der Mündung der Schlucht. Er sieht ihnen entgegen, als hätte er sie erwartet. Er trägt zerlumpte Indianerkleider und ist mit Talismanen und Knöchelchen behängt, scheinbar ein Tauschhändler. Er ist jedenfalls mit Fellen und Seilrollen beladen.



„Ihr seid auf der Jagd, John Bloody Knife, auf der Jagd nach dem Nebel, der zu den kalten Sternen hinauf führt“, sagt der Fremde. Seine Stimme ist gedämpft, fast hypnotisch, „… Ihr braucht dafür das, was ich zum Tausch anbiete …!“
Johns Blick wird kurz müde und einfältig, er muss einen Smarts-Wurf mit -2 schaffen, um nicht auf den Handel des teuflischen Ureinwohners einzugehen. Mit zwei Bennies gelingt ihm der Wurf endlich, und er reißt sich aus der Hypnose los, schüttelt mit Bestimmtheit den Kopf: „Wir wollen nicht das, was Du anbietest! Ich, John Bloody Knife, brauche nur meine Axt!“
Der Unbekannte verzieht böse das Gesicht, und verschwindet zwischen den Felsen.
John kommt ihm gemessenen Schrittes nach, mit erhobenem Kriegsbeil. Aber der Händler ist im Zwielicht zwischen den Findlingen verschwunden. Vielleicht ein Geist!, sagt sich John, jetzt bereit für alles.

Die anderen kommen ihm alarmiert nach. Vor ihnen öffnet sich die Schlucht weiter, hier wachsen mannshohe, leuchtend hellgrüne Kakteen.

Rex Shadrack sieht sich nervös dazwischen um, und lässt die Hexslinger-Runen auf seinen Pistolenläufen aufglühen, aktiviert den Ammo Whammy-Effekt Loaded for Bear, um seine Schadenswürfel auf W8 zu erhöhen. Er vermutet nach dem Auftritt des hypnotischen Händlers, dass jederzeit ein Angriff kommen kann.

Dann wird das Exploration Token des Segments aufgedeckt, und siehe da, hier befindet sich auch schon das nächste Portal, die Wild Dog Gorge ist in etwa so instabil wie Shadrack gestern befürchtet hat. Ein bläuliches, gespenstisches Licht ist hinter einer Biegung zu erahnen, und es wird merklich kühler!



Das Exploration Token hat laut Szenariobeschreibung bereits den Übergang zu unserem anderen Schauplatz angegeben. Außerdem sagt die Ereignistabelle, dass die Biegung, hinter der es liegt, verschüttet ist, lockeres Geröll ist davor niedergegangen. Und die unsichtbaren Kräfte des Canyons machen sich bemerkbar, denn hier gehen Gremlins um! Die einzige Errungenschaft der Verrückten Wissenschaft im Spiel ist die Gatlingpistole, die Byrd Joycelyn gegeben hat. Das Ding zischt, hakt, und klemmt künftig ganz gewaltig, und ist nur noch mit -4 abzufeuern, bis die Gremlins gebannt worden sind!

Runde 2:
Das Dunkel rückt diese Runde nicht vor auf dem Depth Track. Joycelyn zuckt zusammen, als sie sich einbildet, winzige, gebogene Krallen an ihrem Kleid, Handgelenk, und an ihren Rippen zu fühlen, ein gieriges Tasten, sie zieht die pfeifende Gatlingpistole und besieht sie erschrocken, aber nichts scheint verändert. Nur ein wenig schwerer als vorher fühlt sie sich an, aber auch das könnte Einbildung sein. Verwirrt geht sie auf die verschütteten Ausgang aus der Klamm zu. Hinter mehreren der Felsbrocken dringt das bläuliche Leuchten hervor, und ein schwacher Nebeldunst.
John tritt auch näher, offensichtlich beunruhigt. Laut der Ereignistabelle muss der verschüttete Weg mit einem Strength-Wurf mit -2 freigeräumt werden. Jetzt wär‘ eine Schaufel oder Spitzhacke praktisch, Pardners. Ein John Bloody Knife braucht jedoch keine Hilfsmittel, er würfelt uns eine 14, und wuchtet riesige Findlinge einfach nacheinander mit seinen großen Pranken beiseite. Staub und Kies rutscht nach, und nimmt kurz die Sicht auf den Recken.
Rex stakst durch die kleinen Geröllbrocken hinterher, und in der sich auflösenden Staubwolke sieht er durch den Lichtschimmer …

„… Gottverdammt. Das ist genau der Ort, wo ich gestern war!“, keucht May B. atemlos, als sie neben Shadrack getreten ist. Die beiden wechseln einen konfusen Blick. Dann tritt May B. durch das bläuliche Glühen, erneut von einem Impuls gesteuert, und von ihrer Neugier.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #186 am: 16.03.2024 | 23:15 »
Derelict Ship
Steuerloses und heimgesuchtes Sternenschiff in den Weiten des Raums — Furchtlevel 4

Soundtrack: Michael Lementi, Theme of Samus Aran
(Gibt auf Youtube nur die alte Chiptune-Version davon, auch sehr gut: https://www.youtube.com/watch?v=yvOh5eocWTU)

Da sind wir wieder, hier entfaltet sich das Szenario "Lost in Space" aus der Erweiterungsbox Derelict Ship von Shadows of Brimstone. Dass May B. unterwegs schon einmal genau hierhin versetzt worden ist, war tatsächlich völliger Zufall, aber passt ziemlich gut.



May B. hat erneut das Segment des Lade-Docks betreten, aber ob es derselbe Ort ist wie gestern oder nur identisch aussieht, kann sie nicht sagen. Sie hört das dumpfe, monotone Dröhnen der Antriebe der immensen Maschine, in der sie sich befindet. Alle Oberflächen sind von Schmutz und Staub verkrustet. Die Atemluft wirkt dünn, und schmeckt schal.

Das Exploration Token des Segments zeigt mehrere Ausgänge, und ein Ereignis. May B. ist neben eine Glasscheibe in der Wand getreten, hinter der ein Soldat sie anblickt, umgeben von einem Schneesturm, und wiederholt „wir sind nicht — tot, aber — nicht allein — und zwar vom Terminal im Hauptraum — wir sind nicht —“, immer wieder unterbrochen von infernalischem Rauschen.



Runde 3: Diesmal rückt das Dunkel vor auf dem Depth Track.
Rex kommt eilig der Hexe hinterher, auch er erlebt den Schritt durch den bläulichen Nebelschleier als ganz kurzen Blackout.
„Was zum Geier ist das hier … Du hast gestern nicht halluziniert …“, bringt er nur heraus.
Die Hexe klopft mit dem Fingerknöchel an das Fensterchen in der Wand, und raunt beschwörend, „Sprechen Sie lauter, Pardner, wir verstehen Sie kaum …!“, aber der bleiche Soldat im Schneesturm wiederholt immer nur dieselben Worte, immer genau gleich. Er scheint unter Schock zu stehen, oder ...
„Na, da brat‘ mir aber einer einen Storch“, staunt Luca Byrd, als er zwischen den beiden hindurch in das Lade-Dock kommt, „aber schön kross, bitteschön!“, und sieht sich perplex um. Schnell entzündet er seine Laterne, denn das einzige Licht hier drin kommt von dem blauen Strudel hinter ihnen, und den unbekannten Blinklichtern und Konsolen vor ihnen.
Joycelyn hat die Gatlingpistole noch in der Hand, aber ihre Finger zittern. Sie hält die Luft an, als sie durch den nebelhaften Übergang tritt. Eigentlich will sie die anderen nur zurückholen, und sie zum Umkehren bewegen.
John folgt grimmig schweigend, und sieht sich mit entsetztem Blick im Bauch der titanischen Maschine um, in die sie getreten sind: Dies ist in etwa die Antithese von allem, was ihm heilig ist.

Runde 4: Das Dunkel rückt nicht vor, dank Byrds entzündeter Laterne. Dafür kommt jedoch ein zusätzliches Ereignis: Dem Gunslinger fällt auf, dass er kurz vor einer menschlichen Gestalt stehen geblieben ist, sie ist mit einer Art von durchsichtigen Spinnenfäden an den eisernen Verladekran geklebt! Jetzt, wo die Laterne leuchtet, berührt der Lichtschein sie.
„Große Güte!“, macht Luca, und macht sich sofort an den Netzfäden zu schaffen.



Die Frau krächzt in kraftloser Stimme etwas an sein Ohr, sie scheint völlig wahnsinnig zu sein. Ihre Haare sind kurz geschnitten, als wäre sie so etwas wie eine weibliche Soldatin, und sie ist eiskalt. Laut Ereignistabelle wird Occult gewürfelt, ob Byrd aus ihrem inkohärenten Raunen irgendetwas machen kann. Dank Benny-Ausgabe und seinem Elan-Vorteil klappt es schließlich: Ich darf daher die obersten drei Exploration Tokens vom Stapel anschauen, eins ablegen, und die verbleibenden in beliebiger Reihenfolge zurück legen. Von den zwei Attacken schmeiße ich also eine raus, das erleichtert meinem Aufgebot das Leben.
Dann hat Mister Byrd die ausgemergelte Gestalt frei bekommen, und sie wankt sofort zwischen den anderen Wild Cards hindurch, auf das Portal zu, und verschwindet darin, ohne zu zögern.
Byrd schaut die anderen an, und zuckt demonstrativ die Schultern.
„Zur Rechten ist ‘ne Plantage, sagt sie!“, und er wendet sich dorthin, um hinein zu leuchten. Hier befindet sich tatsächlich ein hydroponischer Garten, so wie May B. gestern einen gesehen hat.
Die Hexe reißt sich von dem Computerschirm mit der Endlosschleife los, und geht staunend in das verwilderte Treibhaus. Sie würfelt erfolgreich zum Durchstöbern, aber beide dafür gezogene Karten sind schlecht: Hier tritt sie unbeabsichtigt auf die Hand eines Toten, der von den wuchernden Pflanzungen überwachsen wurde. Er ist nicht so alt wie die wandelnden Gerippe gestern, sondern hat noch Fleisch auf den Knochen. Als die Hexe zurückschreckt, beginnt auch noch das Wispern im Dunkeln sie von allen Seiten zu umschließen. Entsprechend muss sie zweimal gegen Nausea würfeln, aber es gelingt ihr, sich zusammenzureißen.
Die anderen schließen hinter ihr auf, sehen sich überwältigt um, die Luft in dem Treibhaus ist dank der vielen Pflanzen und der künstlichen Bewässerung viel besser, und es ist auch nicht so kalt.



Das Exploration Token wird aufgedeckt, und gibt ein Ereignis an: Die künstliche Schwerkraft in der Anlage ist kaputt, und in diesem Moment fällt sie aus. Die Mägen unserer Wild Cards drehen sich um, als sie allesamt zu schweben beginnen. Andere lose Dinge im Treibhaus erheben sich ebenfalls zwischen den Pflanzungen, Werkzeuge, Gartengeräte, Schrottteile, und drehen sich um sich selbst, wie die Charaktere es tun.

Runde 5: Schreiend versucht Joycelyn, irgendetwas Festes zu fassen zu bekommen. Ihre Gatlingpistole verliert sie dabei aus der Hand (sie bleibt an Ort und Stelle und dreht sich dort um sich selbst). Sie hangelt sich zu einer der Wände unterhalb der orangen Plastikkuppel, und klammert sich dort zitternd fest.
Shadrack kämpft um festen Halt, und besinnt sich darauf, dass er mit der Kraft Environmental Protection die Manitous dazu zwingen könnte, wieder neue Schwerkraft herzustellen. Dazu müsste er jedoch seine Sonderregel Dealing with the Devil verwenden, und das letzte Mal, als er das gemacht hat, endete in einem Backlash (an dem Wasserloch in den Bergen).
May B. hangelt sich zur Kuppelwand neben Joycelyn, und stößt sich mit beiden Füßen davon ab. Immerhin ist sie diejenige mit Vorerfahrung im Fliegen. Wie eine Flipperkugel trudelt sie über die Pflanzen hinweg, grob in Richtung der anderen Luftschleuse.
„Stellt Euch nicht so an, Ihr Heulsusen!“, bringt sie hinter gefletschten Zähnen hervor.
« Letzte Änderung: 18.03.2024 | 13:41 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #187 am: 17.03.2024 | 01:26 »
Runde 6: Joycelyn tut es keuchend ihrer Freundin nach, stößt sich von der Kuppel ab und schwebt zurück in die Mitte des Raumes. Hier endet ihr Momentum jedoch bereits, und hilflos trudelt sie auf der Stelle. Immerhin kann sie hier ihre verlorene Gatlingpistole wieder aus der Luft pflücken ...
Shadrack entscheidet sich zum Dealing with the Devil. „Festhalten!“, ruft er grimmig. Er setzt einen Benny, würfelt Gambling mit Raise, und ich ziehe Pokerkarten für ihn. Fast ein Flush, aber nicht ganz, es bleibt daher ein lumpiges Paar. Das generiert Rex drei Powerpunkte und Zugang zur Kraft Environmental Protection. Um allen Wild Cards zu helfen, braucht er aber sechs Powerpunkte, die übrigen nimmt er aus seinem eigenen Pool, würfelt Spellcasting mit Abzug, und kommt gerade so auf einen Erfolg! Unsanft purzeln die Schwebenden in die Botanik herab, oder auf die metallene Gangway.
„Waren Sie das etwa, Shadrack, alter Schummler?“, sagt Byrd mit großen Augen, als er aus dem Buschwerk auftaucht, den alten Hut voller Blätter, beinahe clownhaft, "festhalten, woran eigentlich festhalten?!"
John kommt auf die Füße, und stapft aus dem Treibhaus durch die Luftschleuse, und entdeckt einen Raum mit zwei Stasiskabinen.

Das Exploration Token hier drin kenne ich auch schon seit Byrds Gespräch mit der übergeschnappten Soldatin. Eine Attacke steht hier bevor, und die zerlumpten Skelette die zwischen den Rohrleitungen verstreut liegen, erheben sich klappernd! Ob in den Stasiskammern noch jemand am Leben sein könnte, weiß man nicht — alle anderen Passagiere im Raum sind schon sehr, sehr lange tot, und allesamt von Manitous reanimiert worden! John stößt seinen Kampfschrei aus und reißt sein Beil hoch. Alle würfeln gegen Furcht, und Joycelyn und Rex schaffen es nicht (der Hexslinger hat ja auch immer noch eine Phobie gegen menschliche Gebeine). Er wird Vulnerable, Joycelyn verfällt mit lautem Schrei in einen Adrenalinrausch.



May B. zieht wütend wieder ihren Tomahawk, eilt an Johns Seite, und schlägt dem ersten der Gerippe den mumienhaften Schädel ein.

Runde 7: Shadrack sammelt sich aus dem Buschwerk auf, kommt ihnen nach, und verwendet seinen Vorteil Improved Fan the Hammer, um die Trommel von einem seiner Hexschüsser in die morsche Knochenhorde zu entladen. Drei Treffer, ein Raise, damit bekommt er drei Skelette zerschossen, und eins Shaken. Die mit Loaded for Bear verstärkten Runenkugeln reißen große Löcher in klapperige Brustkörbe, Knochenmehl fliegt.
Luca hastet mit der Laterne hinterher, und erlegt mit der Judge-Pistole einen weiteren Untoten.
John rennt brüllend zwischen die Stasiskammern, und trifft vier Skelette mit seinem Sweep, zertrümmert zwei. May B. gibt einem weiteren ihren Tomahawk zu schmecken, aber das Gerippe bemerkt dies nicht einmal.
Joycelyn in ihrem Adrenalinrausch stürmt hinterher, ballert mit gefletschten Zähnen auf die verbliebenen Ungeheurer in der einen Ecke, und trotz dem neuen -4-Abzug durch die Gremlins trifft ihre Salve, und verarbeitet ratternd das Ziel zu Staub und fliegenden Knochenstückchen.
Die Skelette fauchen und krallen wie wild, aber ihre schwerfälligen Hiebe richten keinen Schaden an außer ein paar fiesen Kratzern.

Runde 8: Shadrack steigt auf eine der Stasiskammern, und feuert als Multi-Action die andere Smith & Wesson American. Zerstört zwei der verbliebenen Spukgestalten mit den Runenkugeln. John klettert schwerfällig über die andere Stasiskapsel durch den Pulverdampf, erreicht May B. in der Ecke, und spaltet ihren Gegner mit seinem übergroßen Beil vom morschen Schädel bis zu den Zehenknöchelchen.
Dann ist hier nichts mehr, außer dem blau glühenden Portal zwischen den beiden Cryokammern. Das ist keine technische Anlage der Maschine, es ist genauso ein Durchlass im Gefüge von Raum und Zeit wie die anderen. Wer könnte sagen, wohin es führt.
„Da können wir genauso gut wieder durch das zurück hüpfen, durch das wir hierher kamen!“, keucht Byrd. Er wendet sich um, zurück zum Treibhaus. Da ist was dran: Die anderen folgen.

Runde 9: Durch den Raum mit der defekten Schwerkraft zu gehen fühlt sich äußerst merkwürdig an. Mit großer Konzentration hält Rex seine Environmental Protection-Formel weiterhin aufrecht, die Wild Cards sind das einzige im Treibhaus, das nicht schwebt, weil sie ihre eigene Schwerkraft haben. Nur ihre Mantelsäume und Haare flattern aufwärts, Rex hält seinen Zylinderhut mit einer Hand in Position.

(Ich verlagere mal die Battle Map mit dem Canyon auf einen der Beistelltische, langsam wird‘s überfüllt auf dem Spieltisch, während das Aufgebot daran geht, die andere Richtung hinter dem Verlade-Dock zu erforschen.)

Byrd leuchtet im Dockhalle umher: Hinter den dicken Panzerglasfenstern in der Wand glänzt das Laternenlicht auf einer allzu bekannten Substanz … „Ghost-Rock-Nuggets“, sagt Luca verblüfft, „und nicht zu knapp!“
Die Hexe geht an ihm und den Ladeklappen vorbei, erreicht eine Stahltreppe, die herunter zu einer T-Kreuzung führt. Hier, am Rande vom Lichtkreis von Lucas Laterne, erklingt wieder das Wispern im Dunklen, die teuflischen, zischelnden Stimmen der unsichtbaren Manitous reden auf May B. ein, in unverständlichen Worten.
„Verschwindet!“, wimmert sie leise, und widersteht mit einem Wurf der Nausea.
Joycelyn folgt ihr, und entzündet nun endlich auch ihre Laterne, jetzt haben unsere Wild Cards zwei Lichtquellen.



Runde 10: Byrd hält sich rechts in der T-Kreuzung, und leuchtet neugierig in den Gang dahinter. (Damit sind wir ab jetzt im mittleren Bereich des Depth Track, und es wird schwieriger, das Dunkel zurückzuhalten.) Rex schnippt mit den Fingern, um Environmental Protection aufzuheben. Dann macht er sich daran, seine Pistolen nachzuladen, während er den anderen nachgeht.
Joycelyn wagt sich in den Gang, und im Licht ihrer Laterne erscheint ein großer Raum.

Das Exploration Token besagt, dass hier dasselbe geschieht wie im hydroponischen Garten: Die künstliche Schwerkraft fällt aus! Hätte Mister Shadrack bloss mal seine Formel aufrecht erhalten!

Runde 11: „Och nö, nicht schon wieder! Was für ein wahnwitziger Ort ist das eigentlich?!“, keucht Mister Byrd, als er sich an Joycelyn vorbei in den Raum hangelt.
Die Sängerin macht wieder das nach, was May B. im Treibhaus getan hatte, sie stößt sich mit den Füßen von der Wand ab, lässt sich zur gegenüberliegenden Ecke treiben, und klammert sich daran fest. Bringt mit der einen Hand die schwerelosen Säume ihrer Rüschenröcke unter Kontrolle, etwas peinlich berührt.
Die anderen schließen hierher auf. May B. hält ihren Hut fest, und schimpft, „Was ist denn mit Deiner Formel, Mister Shadrack? Du hattest das doch eben unter Kontrolle gebracht!“
„Ich?! Bullshit, was sollte ich schon damit zu tun gehabt haben …“, wiegelt der Hexslinger ab, viel zu gewohnt daran, seine Geheimnisse zu hüten, als dass er nun Tacheles reden könnte.

Runde 12: Das Dunkel rückt vor auf dem Depth Track, während unsere Wild Cards sich recht hilflos durch die Schwerelosigkeit hangeln.
„Sie paranoider Huckster. Wir sind doch hier unter uns!“, raunt May B. holt ihre Flugsalbe hervor, löst ein paar ihrer Hemdknöpfe, und reibt sich damit ein. Sie erzielt ein Raise bei Spellcasting, atmet tief die Dämpfe ein, und erhält sofort Kontrolle über ihren Schwebeflug. In einem eleganten Bogen fliegt sie um Joycelyn und Luca herum durch die Halle, und erreicht die Luftschleuse dahinter. Dort liegt ein Sicherheits-Kontrollraum, mit mehreren Drehsesseln, und vielen weiteren Wandfenstern, hinter denen magische Buchstaben flackern. May B. begreift nichts von dem, was sich hier ihren Augen bietet.

John stößt sich so geschickt von der Wand ab, dass er an May B.s Seite den Durchgang erreicht, landet taumelnd wieder auf seinen großen Plattfüßen. Hier funktioniert die künstliche Schwerkraft wieder.



Das Exploration Token gibt an, dass beide Ausgänge aus diesem Kontrollraum mit schweren Sicherheitstüren abgeschottet wurden … als habe man irgendwann vor langer Zeit beschlossen, die Bereiche dahinter zu versiegeln.
« Letzte Änderung: 18.03.2024 | 12:25 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #188 am: 18.03.2024 | 11:22 »
Runde 13: Wieder rückt das Dunkel auf dem Depth Track vor. John geht mit entgeistertem Blick vorüber an den vielen blinkenden und flackernden Computerkonsolen. Er entdeckt eine getrocknete Blutspur, die sich durch den Schmutz zieht, der hier alles überdeckt. Dabei findet er einen kleinen Plastiksack gefüllt mit Münzgeld: Auf ersten Blick scheinbar Dollars des Weißen Mannes ... tatsächlich aber eine unbekannte Währung. Wie alles hier ist der Sack überzogen mit schmierigem Staub, er liegt schon ewig hier.
Byrd und Shadrack hangeln sich ebenfalls in den Kontrollraum. May B. fliegt pfeilschnell über sie hinweg, rauscht an den Konsolen vorbei. Auch hier sieht sie bewegte Menschenbilder hinter Glas.
„Könnte es sein, dass dieser Soldat vorhin nicht wirklich hinter der Scheibe war, nur eine Art … bewegte Fotografie?“, fragt sie fasziniert.
Joycelyn schwebt hilflos zappelnd auf der Stelle in der schwerelosen Halle, und ruft den anderen nach: „Hier gibt es nichts rauszufinden, dies ist ein Ort des blanken Irrsinns! Lasst uns zurückgehen!“

Runde 14:
Mister Shadrack starrt unverwandt die flackernden Fenster an. Er kann mit den zahllosen Buchstabenkolonnen und leuchtenden Diagrammen nichts anfangen, aber er vermutet, er könnte es, wenn er Zeit hätte, sie ausgiebig zu studieren.
„Sie sind wie aufgeschlagene Bücher, aus Glas und Lichtern“, knurrt er.
May B. schwebt etwas höher, deutet auf das verschlossene Sicherheits-Schott: „Wenn wir wissen wollen, was diese Maschine ist, müssen wir weiter! Das dort sind Fugen!“
Mit ein paar handlichen Teilen Metallschrott hebeln Byrd und John Bloody Knife schließlich die Sicherheitstür auf. Mit einem Krachen öffnet sie sich, und speiht weißen Dampf aus. Die Luft dahinter wirkt noch kälter, und noch synthetischer.

Runde 15: Das Dunkel rückt weiterhin vor. Byrd tritt in den entsiegelten Raum, und leuchtet interessiert umher: Diese Halle erinnert ihn an die Brücke eines Dampfschiffs, und nicht ohne Grund, denn an dem Ort, an den es sie verschlagen hat, war dies tatsächlich die Kommandobrücke. Die Hexe fliegt über ihn hinweg und in die Halle hinein, macht Halt vor den mächtigen Frontfenstern, und staunt mit offenem Mund: Hier erstreckt sich das weite, schwarze, unendliche Weltall vor ihren Augen.



„Es ist tatsächlich nicht nur eine Maschine, in der wir hier sind …“, wispert sie gebannt, „es ist ein Flugzeug!“
Mister Shadrack besinnt sich auf die arme Joycelyn, die weit zurück gefallen ist, und geht in ihre Richtung. Ohne Halt schwebt sie mitten im Raum, und kann nicht viel mehr tun, als verzweifelte Schwimmbewegungen machen. Es gibt kein Seil, das man ihr zuwerfen kann, also versucht sich der Huckster erneut am Dealing with the Devil, lässt geisterhafte Pokerkarten in seinen Händen erscheinen, und manövriert die schwerelose Sängerin telekinetisch zu sich herüber, setzt sie federleicht vor den Computerterminals in der künstlichen Schwerkraft ab. Joycelyn taumelt ixbeinig, hält sich ihr Spitzentaschentuch vor die Lippen, ihr ist ziemlich schwindelig. (Auch diesmal tut Mister Shadrack unbeteiligt, als hätte er mit der Telekinese nichts zu tun.)

Das Exploration Token löst aus, und ein Ereignis sagt, dass auf der Brücke mehrere große Glasbehälter zerschmettert in einem Haufen Unrat liegen. Was vorher darin in Nährflüssigkeit eingelegt war, ist gestohlen worden … oder selbsttätig entkommen? May B. findet in dem Unrat Münzen der merkwürdigen Währung, John zwei Goldbarren und eine Handvoll schimmernder Ghost-Rock-Nuggets, letztere lässt er aber naserümpfend liegen, die kann Byrd einstreichen.

Runde 16: Das Dunkel rückt weiterhin vor auf dem Depth Track.
Zuerst scheint es von hier aus nicht mehr weiter zu gehen, aber dann entdeckt John einen schmalen Seitengang, der von der Brücke herunter führt. May B. reißt sich vom Anblick des offenen Kosmos los, und gleitet fliegend an dem Indianerkrieger vorbei, in den neuen Gang. Mister Byrd tritt neben sie und leuchtet mit der Laterne, hier stehen gepanzerte Anzüge aus unbekanntem Material in Regalhalterungen, von Staub überzogen. Diese Harnische müssen für schwerste Arbeiten verwendet worden sein, irgendwann einmal.
Eine Menge einstiger Crewmitglieder in klobigen Raumanzügen liegt am Boden und zwischen den Regalen, das Glas ihrer Helme zerschmettert, die Haut dahinter mumifiziert oder gänzlich skelettiert.

... Umso schlimmer ihr Anblick, als sie sich allesamt wankend erheben, und auf die Lebenden zu schlurfen!



Dies sind Necronauts, wie in der Derelict-Ship-Box beschrieben, als Spielwerte nehme ich einfach Walkin' Dead, aber mit zusätzlich Armor 2 und Hardy, um ihre verrottenden Raumanzüge zu repräsentieren.



Runde 17: John fletscht die Zähne und wirft sich rennend unter die Necronauten.



Zwei werden von seinem Sweep zerstört. Shadrack läuft hinzerher und feuert auf die stinkende, wankende Horde, trifft präzise in Augenhöhlen und Schwachstellen in den gepanzerten Raumanzügen und erledigt drei weitere mit Rapid Fire. Luca Byrd räumt mit Improved Rapid Fire den letzten Necronauten aus dem Weg, und leuchtet in den Raum der dahinter liegt. May fliegt an ihm vorbei und sieht sich aufgeregt im Laternenlicht um.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #189 am: 18.03.2024 | 12:00 »
Das Exploration Token gibt den zweiten von zwei für diese Mission benötigten Clues an! Das bedeutet, dass hier der Endkampf wartet, die Decke hängt voll mit zirpenden Void Spiders, und nun wissen wir also, warum die Soldatin vorhin aus Spinnweben freigeschnitten werden musste ...!

Und als wäre das nicht genug: Aus der Dunkelheit stampft ein weiterer metallener Exo-Anzug auf die schwebende Hexe zu. Dieses Exemplar ist jedoch nicht aus den Regalen von eben, er ist nicht einmal menschlicher Machart, sondern ein kolossaler Harvester, wie wie das Aufgebot sich schon einmal einem gegenüber gesehen hat, im Deep in the Earth Shaft, daheim auf der Erde!



Diesmal ist der Gegner nicht nur Resilient, sondern gleich eine Wild Card, immerhin ist dies die finale Konfrontation in dieser Mission:

🌵Harvester from Beyond
Using tears in the fabric of space to pass between worlds, these interdimensional travelers cross over in search of raw materials and artifacts to collect.
Attributes: Agility d4, Smarts d8, Spirit d8, Strength d12+3, Vigor d12+1
Skills: Athletics d6, Fighting d8, Intimidation d10, Notice d10, Stealth d4
Pace: 6, Parry: 6, Toughness: 16 (6)
Special Abilities:
• Alien Physiology: Harvesters get +2 to recover from being Shaken. Called Shots do no extra damage.
• Armor (6): A heavy environment suit gives this lifeform Armor 6.
• Fear: Harvesters cause Fear checks.
• Immunity: Harvesters are immune to damage from explosions and to all Hazards and powers with a Trapping other than Magnetism.
• Low Light Vision: No penalties for Dim and Dark Illumination.
• Grapple: Harvesters make Grapple maneuvers at +2. After successfully Grappling and making the target Bound, the Harvester makes a Free Attack. Roll 1d4: 1=Harvest (the target must discard a ghost rock nugget or a ghost rock powered device), 2=Void Shunt (does 2d6 damage to all adjacent living human characters), 3=System Repair (the Harvester heals a Wound), 4=Electro Arc (the Harvester makes a free Fighting attack with damage Str+4, with an Electricity Trapping).
• Size 2: This juggernaut has Size 2.


Runde 18: Das Dunkel rückt weiter und ist jetzt im mittleren Bereich des Depth Track angekommen. Shadrack rückt vor, und entleert mit Improved Fan the Hammer seinen zweiten Hexschüsser leer, und trifft mit jeder einzelnen Runenkugel! Sechs Void Spiders zerplatzen in scharfkantigen Gliedmaßen und übelriechendem Schleim.
Daraufhin aktiviert der Harvester. Sein Anzug produziert ein unangenehm klingendes Sirren, das die Void Spiders offensichtlich bisher davon abgehalten hat, ihn anzugreifen. An diesem Ort machen sie gemeinsame Sache. Was seine eigentliche Mission ist, ist unbegreiflich, und er hat offensichtlich auch keinerleit Interesse daran, zu kommunizieren, er ist nur zum Abernten hier! Er stampft durch den Schwarm hindurch, um mit den gepanzerten Handschuhen May B. aus der Luft zu greifen. Dank seinem Bonus gelingt das, und May B. stemmt sich wütend gegen seine Umklammerung, nun ist sie Entangled. Weltraum-Energie entlädt sich aus den Öffnungen des Anzugs der unbekannten Kreatur, als dunkelblaue Blitze. Ihren Zug verbringt die Hexe damit, zu versuchen, sich frei zu kämpfen, aber unmöglich. Die Lichter am übergroßen Helm des außerweltlichen Ungeheuers beginnen in einem neuen Rythmus schnell zu blinken.
Luca Byrd feuert verbissen zweimal auf den chromblitzenden Anzug, beide Kugeln prallen wirkungslos ab.
Joycelyn stürmt herbei, und ruft verzweifelt, „May B., Du musst Dich befreien, flieg‘ schnell weg, dann können wir schießen!“, und generiert der Freundin einen Support-Bonus.
Die Void Spiders krabbeln rasend heran, jeder Held wird von einer angefallen, unser Monster Magnet Luca Byrd gleich von dreien. Dieser wird Shaken durch die vielen Mandibeln, Shadrack ebenfalls.



Runde 19: Der Harvester verstärkt seinen Griff um die strampelnde May B., jetzt ist sie Bound. Ab der nächsten Aktion wird er anfangen, sie zu zerquetschen wie ein verdammtes Insekt. Außerdem aktiviert nun da sein Ziel Bound ist seine Sonderregel: Seine Systeme scannen sie nach Ghost Rock, aber sie hat keine Nuggets bei sich.
Byrd schüttelt den Schmerz von den vielen Stichen ab, und feuert weiterhin auf den Harvester mit Improved Rapid Fire. Er trifft viermal, und macht das Ziel Shaken. (Dadurch hat er sich selbst Vulnerable gemacht, weil er ja selber umringt ist von Void Spiders im Nahkampf, aber er will eben der verzweifelten May B. helfen, wir geben ihm mal einen Benny für seinen Heroic-Nachteil!)
John zerklatscht die Void Spider, die ihn attackiert hat, und fällt dem Harvester in die Seite, jetzt, wo dieser Shaken ist. Dank vier Bennies macht der Axthieb den Gegner immerhin erneut Shaken, wodurch er jetzt die erste Wunde hat.
May B. kämpft dank Joycelyns Anfeuerung gegen den Griff, aber hat einen Kritischen Misserfolg, ihr beginnt, schwarz vor Augen zu werden.
Joycelyn feuert eine Salve aus der Gatlingpistole auf die Void Spider vor ihr, aber wegen der Gremlins in dem Ding trifft sie nicht, die geben ihr ja einen statten Abzug von 4 auf Shooting.
Shadrack hat seine Pistolen leer geballert, und schickt einer Void Spider einen bläulichen Bolt, der sie bersten lässt. Die übrigen beißen und hacken weiter nach Joycelyn und Luca, aber richten nur Kratzer an.

Runde 20: Byrd zersiebt mit Improved Rapid Fire drei Void Spiders und macht die letzte verbleibende Shaken. Rex stellt sich vor Joycelyn und lädt hastig nach, feuert auf den Harvester, und trifft eine Schwachstelle in dessen Schutzanzug, richtet zwei Wunden an!
Dieser sammelt sich von seinem Shaken-Zustand, und versucht May B. zu zermantschen, sie absorbiert erfolgreich eine Wunde, während die Luft aus ihrer Lunge gedrückt wird.
Wutentbrannt hackt John weiter auf den Rücken des Monsters ein, und macht es immerhin wieder Shaken.

Runde 21: Byrd zerschießt die letzte Void Spider, dann ballert er mehrmals auf den Harvester, wirkungslos. Dieser zermalmt weiterhin seine Gefangene, die Hexe absorbiert immerhin eine Wunde, aber kassiert eine. Die Systeme der Lebenserhaltungsanzugs sind gleichzeitig bereits dabei, sich zu reparieren, und der Harvester verliert eine seiner drei Wunden! Shadrack flucht, und schickt einen panzerbrechenden Energiestrahl aus seinem einen Pistolenlauf, aber macht nicht genug Schaden. Johns Beil schlägt dafür erneut eine dritte Wunde. Gleichzeitig reißt sich May B. mit allerletzter Kraft aus der Umklammerung los, und überschlägt sich am Boden, sie hat die Konzentration für ihren Flugzauber verloren. In dem Moment feuert Joycelyn die zischende, misstönende Gatlingpistole und trifft trotz Gremlins, aber die Salve macht keinen Schaden.

Runde 22: John hat einen Joker, er holt zu einer vernichtenden Wild Attack aus, und versenkt das Kriegsbeil zur Gänze zwischen den Panzerplatten des außerweltlichen Besuchers. Dieser zuckt und kracht sofort, von magnetischen Energien geschüttelt, und wird ins Innere eines aufflammenden Portals gezogen, das sich hinter ihm schließt. Dasselbe ist daheim auf der Erde geschehen, als das Aufgebot den Harvester dort besiegt hatte. May B. kullert über den Boden, und kämpft sich sofort wieder hoch auf die Füße, taumelt, ringt um Atem. Der merkwürdige, gepanzerte Besucher hat nichts als einen undefinierbaren Gestank zurückgelassen, er war ebenso ein Fremder in dieser Umgebung wie die Wild Cards es sind.
« Letzte Änderung: 18.03.2024 | 12:03 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #190 am: 19.03.2024 | 22:08 »
Keuchend und fröstelnd suchen die Wild Cards sich ihren Weg zur Brücke zurück.

„Glaubt Ihr, die Kerls haben diese Gänge abgeschottet, um vor den Spinnen und dem Koloss sicher zu sein?“, fragt May B. benommen. Ihr Atem geht flach, sie betastet ihre Rippen.
Shadrack knurrt, „Unwahrscheinlich, die Versiegelung ist offensichtlich schon vor langer Zeit geschehen. Diese Monstren aber kommen und gehen wie es ihnen passt, auf für uns unfassliche Art und Weise! Sie haben schließlich hierher ebenso Zugang wie zu den Minen Gomorras!“
„Warum haben die Menschen an Bord diese Maschine dann versiegelt? Warum ist sie überhaupt verlassen?“, haucht Joycelyn, „hier stimmt doch etwas nicht, etwas stimmt hier ganz gewaltig nicht, ist das wirklich ein Flugzeug, wie May gesagt hat?“
Ihr Blick tastet über die Frontscheiben der Brücke, hinter denen das dunkle Himmelsgewölbe sich erstreckt, aber sie wagt sich nicht näher heran. Vielleicht ist dies ja nur der Nachthimmel, und das Flugzeug fliegt über Land … zumindest kann Joycelyn sich an dieser Annahme festhalten, so lange sie nicht zu den Fenstern geht und nach unten schaut. Denn sie ahnt bereits, dass unter der grauenvollen Flugmaschine nichts ist.
„Bei vielen modernen Dampffahrzeugen dieser Art gibt es doch Deckpläne an den Wänden“, sinniert Shadrack, „das wäre jetzt praktisch zur Orientierung …“
„Joah“, meint Byrd ratlos, „das hier is‘ doch so eine Art Galerie, nicht wahr, nur eben mit bewegten Bildern. Nach all dem Neuerfundenen, was wir in Salt Lake City gesehen haben, sollte uns das eigentlich nicht mal wundern, Pardners! Und jede Menge Knöpfe, gell? Wir brauchen nur den richtigen zu drücken, dann zeigt die kuriose Galerie bestimmt auch Ihren Deckplan, Shadrack!“
„Drücken Sie ja keine Knöpfe an dieser Höllenmaschine!“, wimmert Joycelyn angstvoll.
Neben ihr sinkt die Hexe benommen zusammen, mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„May B.!“, stößt Joycelyn erschrocken hervor, und versucht, ihr aufzuhelfen.
„Scheißendreck, ich glaube ich habe mir ein paar Gräten gebrochen!“, keucht diese, sie ist ziemlich blass.
„Ja, der Blecheimer hat ja auch versucht, Dich zu Auslegeware zu zermantschen!“, sagt Luca, „Shadrack mein bester, da müssen Sie Ihre Zaubershow bitteschön noch etwas fortführen! Bringen Sie unsere May B. bloß schnell wieder in Form, wie Sie das damals bei mir gemacht haben! Wissen Sie noch, bei Boulderridge!“
„Woher wollen Sie denn wissen, ob ich etwas damit zu tun hatte, Sie ahnungsloser Mensch?! Überhaupt, da waren Sie auch von einer Schrotflinte zersiebt, Mister Byrd, Ihr Leben hing am seidenen Faden!“, und er betastet May B.s Seite vorsichtig, und sagt, „das ist höchstens angebrochen, glaube ich. Das kriegen Doc Branson oder Mister Perriwinkle schon hin, wenn wir wieder daheim sind.“
May B. ist unter Shadracks Berührung zusammengezuckt; Joycelyn hält verzweifelt der Verletzten die Hand, und bringt verärgert hervor, „Dafür müssen wir erst einmal nach Hause zurück kommen! Wir hätten niemals durch diesen blauen Lichtschein hindurch treten dürfen …!“
In der Zwischenzeit drückt Luca Byrd munter ein paar Knöpfe auf den hochkomplexen Konsolen, versuchsweise.
„Sehen Sie mal, die Wandbilder können Englisch“, sagt er nachdenklich, „‚Crew-Kennung eingeben‘, hmm. Seht mal, hier ist auch eine Art Schreibmaschine mit dran. Ich schreibe mal ‚12345‘, auf gut Glück.“
„Hast Du etwa doch irgendwas gedrückt?!“, entfährt es der Sängerin, „untersteh‘ Dich, irgendwas zu drücken, habe ich doch gerade gesagt!“
„Irgendwer wird doch wahrscheinlich ‚12345‘ als Crew-Kennung oder wie das heißt gehabt haben, das ist ja ein riesengroßes Flugzeug, hier haben bestimmt hunderte von Seelen malocht, was sag‘ ich, tausende!“
„Diese Schirme sind in der Tat hochinteressant …“, murmelt Shadrack mit Blick auf die vielen rauschenden Monitore, „wer weiß, welche Art von Geheimkunde die verschlüsseln!“
„Rex, Du musst Luca bitte in die Haxe schießen, wenn er weiter Knöpfe drückt“, knurrt May B. etwas weggetreten.
„Wieso, hat doch schon was gebracht, hier kommt schon ein neues Bild“, sagt Byrd, und deutet auf einen der Monitore, der soeben flackernd zum Leben erwacht ist.
„… Liebe Passagiere! Willkommen bei Ihrem automatischen Bedienassistenten!“, sagt eine elektronische Stimme, unter starkem Rauschen, „Bitte achten Sie zu jeder Zeit auf die Weisungen der Crew. Wie kann ich Ihnen helfen?“



„Das Wandbild versucht mit uns zu sprechen!“, wispert Joycelyn bebend, „Macht es wieder weg! Nicht antworten!“
„Also nach dem Blech-Compadre eben ist doch das Wandbild ganz manierlich“, wendet Byrd ein.
„Wo sind wir hier?“, fragt Shadrack laut den Monitor.
„Sie befinden sich immer noch an Bord der Vostros. Die Crew steht Ihnen natürlich weiterhin für alle Fragen zur Verfügung.“
„Ich glaube, die sind alle tot, oder verschwunden!“, krächzt May B.
„… Lade … lade …“, sagt die Stimme aus dem Sendeschnee.
„Blödsinn, beladen ist die doch längst, die olle Nusschale hier, die ist doch schon ewig und drei Tage unterwegs!“, protestiert Luca.
„… Lade … lade … Geladen. … Sie haben vorzeitig Ihre Cryo-Kabinen verlassen. Bitte begeben Sie sich zurück in Ihre Cryo-Kabinen, wenn möglich. Die Vostros hat ihr Ziel noch nicht erreicht. Wollen Sie eine Fehlfunktion melden?“
„Alles hier ist eine Fehlfunktion, mein Bester!“, beschwert sich Byrd, „hier ist ja die Kacke geradezu am Dampfen! Wo sind wir überhaupt?“

Das soll uns ein GM Move verraten, ob die Wild Cards eine für sie verständliche Antwort bekommen. Es ist, Reveal a New Detail.

Die monotone Stimme sagt, „Wir befinden uns in Faraway.“
„Das haben wir schon vermutet, Arschkeks“, murmelt May B., „dass wir weit weg sind.“
Shadrack schüttelt gebannt den Kopf, und sagt halblaut, „Nein, May, hör‘ mal hin, wie das Ding es gesagt hat. Es meint nicht far away, es hat gesagt … Faraway …!“


Unter einigen Schwierigkeiten verständigen sich die Wild Cards weiter mit der Stimme aus dem Wandbild. Es ist tatsächlich eine nutzerfreundliche KI, die den Passagieren des Schiffes die Bedienung erleichtern sollte. Die Vostros befindet sich auf einem vorberechneten Kurs durch die Leere des Alls, und die Systeme gehen davon aus, dass alle Passagiere und Großteile der Crew während dem Flug in Cryostasis-Kammern sein sollten. Zielort, bisherige Flugdauer, geschätzte Flugdauer bis zur Ankunft, Grund der Abriegelung der Teilbereiche, ob die Passagiere in den Kältekammern nach all der Zeit überhaupt noch leben, und viele weitere Informationen scheinen für sie jedoch als vertraulich eingestuft zu sein, und werden ohne Crew-Kennung nicht genannt. Die sind wohl nicht für die Ohren von Passagieren gedacht ...
Shadrack sucht nach einem Deckplan, und lässt sich von der KI sagen, was er dafür tun muss.
„… Byrd hat Recht, es ist, wie auf einer Schreibmaschine zu tippen“, knurrt er, als er die Computertastatur zu bedienen versucht.
Die meisten Informationen sind allerdings auch auf diesem Wege für ihn gesperrt. Dem Bordcomputer ist vorerst nur zu entnehmen, wo sie in Relation zu ihrer Herkunft sind: Die Vostros ist 130.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Joycelyn fühlt, wie die Beine unter ihr einknicken, sie fällt in Ohnmacht, John Bloody Knife fängt sie geistesgegenwärtig auf. Shadrack erstarrt ungläubig, und hält den Atem an.
May B. tippt gebannt auf einige der Tasten, und versucht, Hinweise darauf zu finden, dass dies ein Irrtum ist.
Schließlich spricht sie eine entsetzliche Vermutung aus: „Wir sind erneut nicht in unserer eigenen Zeit, versteht Ihr?“
„Wie bei dem, was Väterchen Peyotl uns gezeigt hat“, sagt John tonlos.
„Ja …“, sagt die Hexe und erschaudert, „wir beide waren letztes Mal in der fernen Vergangenheit … aber diesmal sind wir womöglich …“
Shadrack bringt hervor, „In der Zukunft? Wie das hier aussieht, müsste das dann aber nach allen Regeln der Logik eine weit ferne Zukunft sein. Und eine, in der immer noch Ghost Rock geschürft wird …“
Die Hexe fährt wie hypnotisiert fort, „Ja. Begreift Ihr? Nach Telegrafen und Fotoapparaten kommen irgendwann sprechende Fenster. Nach den Flugapparaten von Smith & Robards kommen tatsächlich irgendwann Schiffe, die irgendwie zwischen den Sternen fahren können … Dieses Schiff hier fährt durch das All, mit Gärten voller irdischer Pflanzen an Bord … mit tiefgefrorenen Menschen … als würde es die retten wollen … wie auf der Flucht“, und sie beginnt zu flüstern, „… das hier könnte das letzte Überbleibsel der Menschheit sein … die Soldatin vorhin war ganz kalt, oder? Entweder war sie die einzige, die diesen Kältekammern entronnen ist … oder sie war selber bereits Harrowed … ewig verloren folgt dieses Sternenschiff seinem Kurs durch den fernen Weltraum, sturköpfig und ohne Sinn, und mit einer Crew, die mittlerweile längst nur noch aus Untoten besteht …“
„Was heißt das eigentlich, ‚Sicherheits-Abriegelung in Gang‘?“, fragt Byrd, und zeigt auf einen der verstaubten Monitore.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #191 am: 21.03.2024 | 20:04 »
In der Tat hat sich ein dumpfes Surren erhoben und unter das monotone Dröhnen der Antriebe gemischt, jetzt fällt es den Wild Cards endlich auf.
„… Kehren Sie umgehend in Ihre Cryo-Kabinen zurück, wenn möglich. Folgen Sie den Anweisungen der Crew …“, schnarrt die KI-Stimme im Hintergrund.
John dreht sich ganz langsam um zu dem Sicherheits-Schott, das er und Luca vorhin aufgehebelt haben. Er fühlt sich wie gelähmt, sein Blick ist ahnungsvoll. Tatsächlich: Das schwere Schott hat wieder leicht zu dampfen begonnen, und die Metallträger, die sie in die Öffnung geklemmt haben, haben mittlerweile begonnen, sich erheblich durchzubiegen …!
„Wir müssen fliehen, so schnell wir können — zurück zu Mutter Erde!“, raunt er.

Fragen wir doch mal das Orakel, ob das Portal, durch das unsere Helden herkamen, sich schon geschlossen hat? Die Würfel sagen ja, aber die beiden Ergebnisse gehen extrem auseinander. Daraufhin frage ich, ob zumindest ein  Teil des Aufgebots es dadurch zurück schafft? Das geht. Oha, spannend. Aber es gibt ja zufälligerweise noch ein zweites Portal auf dem Spielplan, das im Missionsverlauf entdeckt wurde ...! Na okay, dann folgendermaßen:

Von allen Seiten erklingen seltsame Misstöne, und unsere Helden bilden sich ein, erneut das Wispern und Gezischel der Manitous zu hören in dem sie umgebenden Dunkel. Das Schiff scheint weiter instabil zu werden, und automatisch erneut zu versuchen, sich abzuriegeln, die aufgestemmte Sicherheitstür geht unter gewaltigem Druck langsam wieder zu. Ein unheilvolles Zittern scheint die gesamte, massive Außenhülle der Vostros zu durchwandern.



Alle beginnen schlagartig loszurennen, runter von der Brücke, zum Portal im Lade-Dock zurück, John mit der benommenen Joycelyn auf dem Arm. Das spiralförmige Portal zwischen den Epochen hat auch tatsächlich begonnen, in sich selbst zusammenzufallen. Byrd bleibt aufgescheucht daneben stehen, hebt seine Laterne, um den anderen zu leuchten, winkt sie eilig hindurch. John mit der benebelten Joycelyn in den Armen rennt hindurch, er ist dicht gefolgt von Shadrack und der angeschlagenen Hexe, „kommt, Freunde!“, schreit Byrd, als ein Donnern wie von einem Orkan einsetzt, wirft sich ebenfalls hindurch. May B. und Rex erreichen den leuchtenden Nebel einen Wimpernschlag später, und prallen beide gegen die stählerne Raumschiffwand.
Verdattert sehen sie sich um. Sie sind noch umwabert von blau glühenden Nebelschlieren, aber diese beginnen sich gänzlich aufzulösen. Der Durchlass selbst ist weg. Sie waren einen Sekundenbruchteil zu langsam!

Also befragen wir erneut die Orakelwürfel. Es gibt ja noch das andere Portal in dem einen Cryo-Raum, das wir durch Zufall vorhin gefunden hatten! Vielleicht besteht es noch, und die Verlorenen können dort durch springen, um zurückzukehren. Die Orakelwürfel entscheiden wieder, und sagen, dass dies ebenfalls nicht geht— es kann nicht rechtzeitig erreicht werden, da es ebenfalls bereits dabei ist, zu kollabieren! Da wird ja der Aufenthalt von May B. und Rex ein bißchen länger werden als von mir angenommen, oh, wie aufregend ...! Auch gut, los geht's:

„Da ist noch das Treibhaus im Weg — und das hat keine Erdanziehung!“, ruft der Hexslinger im Rennen.
May B. und Shadrack werfen sich also aus vollem Lauf in die Schwerelosigkeit im hydroponischen Garten, um mit dem Momentum ihres Sprints dort hindurch zu gleiten. Am Ende des Ganges dahinter sehen sie noch das geisterhafte Glühen des Portals in der Cryo-Kammer. Sie ahnen, dass sie zu langsam sind in der Schwerelosigkeit. Shadrack konzentriert sich im Schweben verzweifelt darauf, erneut Environmental Protection von den Manitous zu erspielen; Wickett besinnt sich gleichzeitig auf die Dämpfe ihrer Flugsalbe, um Fly wieder zu aktivieren. Beides ist vergeblich, denn in dieser Sekunde verglüht das Licht vor ihnen endgültig! Nur noch die dumpfe Notbeleuchtung der Korridore und des hydroponischen Gartens über den sie hinweg trudeln umgibt sie jetzt.

Fassungslos reckt May B. die Hand aus nach dem Gang, auf den sie zu schweben.

Als sie sich zurück in die künstliche Schwerkraft des Korridors hinab hangeln, ist die Dunkelheit in der Cryo-Kammer nur noch der endgültige Beweis für das, was sie schon wissen.
Die beiden Cryostase-Kabinen leuchten dumpf und weißlich, sie sind so stark von innen beschlagen, dass man die Insassen zwar erahnen kann, aber keine Details ausmachen.
„... Die haben sich lebendig eingefroren“, krächzt Shadrack, „etwas, das die Biologie gerade erst zu erforschen beginnt … diese ungeheuerliche Reise durch den Weltraum scheint für eine immens lange Zeit ausgelegt zu sein …!“
Nur die zahlreichen Gerippe der Crewmitglieder sind hier verstreut, jene, die es nicht in die Kältekammern geschafft haben, und die vorhin als Untote unser Aufgebot angegriffen hatten.
„Rex, wir sind zu spät“, wispert May B., fassungslose Tränen sammeln sich in ihren Augen, „wir sind abgeschnitten von der Wild Dog Gorge! Wir kommen nicht mehr nach Hause!“
Und das garstige, fast unhörbare Getuschel und Zischen der Manitous umgibt sie zu allen Seiten, nur zu erahnen über dem ewigen Wummern der Maschinen, dem Ächzen von Abertonnen aus altem Raumschiff-Stahl.
„Vielleicht … gibt es andere Sektionen des Schiffes, die weniger heimgesucht sind …“, vermutet Shadrack in dumpfer Stimme, „weniger instabil. Sicherer.“
„Oder … oder Sektionen, die noch instabiler sind …? Sektionen, in denen noch weitere Portale sein könnten? ... Es gab doch schon mehrere zeitweilige Übergänge in den Canyon. Wir allein haben drei gesehen, nicht? Und vor uns sind den Scouts von Sweetrock welche erschienen. Wir können nicht wissen, ob es nicht noch mehr Portale gibt, irgendwo an Bord!“
„Wir können nicht mal wissen, ob die anderen drei zurück auf die Erde gelangt sind“, sagt Shadrack kalt, „Byrd, Bloody Knife, und Lancaster! Vielleicht sind sie zwar verschwunden, aber ihre Einzelzteile wurden über das halbe Universum verstreut. Davon auszugehen, dass diese Lichtphänomene eine verlässliche Reisemöglichkeit sind, wäre närrisch.“
„Lass‘ mir ruhig ein bisschen närrische Hoffnung.“
„Gerne. Ich muss raus aus diesem Raum ...! Befragen wir noch einmal die Wandbilder nach einer Art Deckplan!“
„Aber die Brücke ist jetzt wieder versiegelt! Und wir haben unseren Muskelmann nicht mehr bei uns, um sie vielleicht erneut aufzustemmen!“
„Aber solcherlei Wandbilder gab es auch in dem Kontrollraum davor. Komm.“
Shadrack will vor allem weg von den morschen Gebeinen, er hat seine Phobie nur mühsam im Griff. Sie tasten sich durch die Dunkelheit zurück.
„Immerhin ist das Schiff jetzt sauber von Walkin‘ Dead und außerweltlichen Besuchern“, raunt May B. im Gehen.
„Nun, die Bereiche, in denen wir waren. Wer sagt Dir, dass es in anderen Sektionen dieses vermaledeiten Seelenverkäufers nicht ebenfalls spukt?“
„Mir ist im letzten halben Jahr bisher nie so sehr aufgefallen, was für ein gottverdammter Fatalist Du doch bist, Shadrack!“
„Ich sage es einfach nur, wie es ist“, knurrt er.
„Du gehst mir einfach nur auf die Nerven!“
Schweigend und zitternd hangeln sie sich erneut über die Wipfel im dunklen, schwerelosen Treibhaus hinweg.
„… Aber immerhin gut, dass nicht nur ein einzelner von uns hier zurückgeblieben ist. Wir sind immerhin noch zu zweit“, fügt er schließlich hinzu.
„Scheiße, ja!“, stimmt sie zu, ohne zu zögern.


Kaum haben die beiden den Kontrollraum erreicht, ist das Ächzen der Hülle unüberhörbar geworden.
„Was immer wir tun“, sagt Shadrack hinter gefletschten Zähnen, „wir sollten es schnell tun!“
Sie rufen die KI-Stimme wieder auf, und versuchen hektisch, sie dazu zu bringen, zu kooperieren. Das System macht offensichtlich alles nur Erdenkliche fast von selber, wenn man ihm nur die richtigen Anweisungen gibt … und den verstaubten Schaltkreisen etwas Zeit gibt. Nur Zeit haben sie eben nicht ...
„... Da, das dort sind Deckpläne!“, zischt May B., „endlich!“
Shadrack kämpft mit der Zoom-Funktion. Alles, was diese Geräte zeigen, geht völlig gegen die Sehgewohnheiten der beiden.
„Wir scheinen auf einer Art Oberdeck zu sein! Gottverdammich, dieses Schiff ist ja riesig! Hier, das dort ist ein Zwischendeck, mit Frachträumen …“, raunt sie hochkonzentriert.
„Alles abgeschottet.“
„Zeig‘ mal das hier, das sind womöglich Verbindungsgänge …“
„Auch alles abgeschottet!“
Das Dröhnen aus der Hülle wird lauter. Die Vorstellung drängt sich auf, dass das ganze vermodernde Wrack sich selbst einfach im Flug zerlegen könnte. Und das scharfe Klacken von zahllosen spitz zulaufenden Void-Spider-Beinen ist nun auch von irgendwo her zu hören. Es kommt stetig näher!
„Wie wäre das dort, in der Sektion da, sind das vielleicht Waffenschränke?“
„Auch abgeschottet, hier, und hier auch!“, ruft Shadrack, unter höchster Anspannung.
„Rex, wir gehen drauf! … Was heißt das hier eigentlich, ‚Rettungskapseln‘?“


„Nein, ich glaube das nicht!“, hallt Joycelyn Lancasters Stimme durch die zwielichtige Wild Dog Gorge, „sie müssen irgendwo hier sein! Der Canyon ist groß, vielleicht sind sie irgendwo anders rausgekommen!“
„Wir suchen alles ab“, sagt John, aber er klingt nicht sehr hoffnungsvoll.
„Ich weigere mich, ohne May B. hier wegzugehen! Sie sind vielleicht noch an Bord von dieser, dieser … dieser Maschine! Luca, Du musst irgendwas tun!“
„Ja, klar doch“, sagt Byrd, „erstmal ist mir noch ganz schön schwindelig … ich gehe kurz mal kotzen, dann fällt mir bestimmt was ein …“, und er taumelt ins Gebüsch.
Joycelyn ist auch schwindelig, sie wankt zurück dorthin, wo sie erschienen sind. Es scheint nur eine ganz normale Sackgasse zu sein, voll von dem Geröll, in dem John vorhin gescharrt hat. Kein außerirdisches Glühen ist irgendwo zu sehen. Wie als wäre das alles nur ein Fiebertraum gewesen. Joycelyns zitternde Hände tasten verzweifelt über die bröckelige Canyonwand.
„May B.! Rex! Kommt zurück!“, haucht sie.


In der Geräuschlosigkeit des Alls fliegt eine schwarze Metallklappe von der Außenhülle des Sternenschiffs Vostros ab, dreht sich um sich selbst, als sie davon driftet, abgesprengt durch einen Zündungsmechanismus. Eine dunkelgraue Kapsel wird von einem aufflammenden Antrieb hinaus katapultiert. Die Silhouetten von zahllosen Void Spiders glänzen im Licht dieses einzelnen Triebwerks, während sie aus der entstandenen Öffnung hervor kommen, und vereinzelt an der Hülle des Raumschiffes entlang kreuchen. Die meisten vergehen in der Hitze des Triebwerks.
Im Inneren der Rettungskapsel, mit ihren gepolsterten Plastiksitzen, dicht umgeben von Rohrleitungen und von selbstaufblasenden Luftkissen, gibt es sehr wohl Schall, und so sind auch die Schreie zu hören, als das Fluggerät seinen Kurs einschlägt, alles im Inneren scheint zu vibrieren. Die Warnlämpchen blinken auf den Konsolen, weil die vorgeschriebenen Raumanzüge an den Insassen nicht erkannt werden. Eine Computerstimme sagt irgendetwas, das über das Dröhnen jedoch nicht zu hören ist.

Ordentlich Gs wirken volle Möhre auf die Körper der beiden Fliehenden, und sie verlieren das Bewusstsein.


Die Herbstluft ist wunderbar mild, und duftet absurderweise unglaublich gut, hier draußen in der weiten, offenen Prärie. Als Joycelyn, Luca, und John auf dem hölzernen Fuhrwagen sitzen, und die Esel sich in Bewegung setzen, sehen sie zurück zur Wild Dog Gorge. Sie haben stundenlang den Canyon abgelaufen, von oben Ausschau gehalten, sich die Kehlen rauh geschrieen. Sogar den Kutscher haben sie dazu gebracht, mitzusuchen, als er eingetroffen war, und das war eigentlich das allerletzte auf der Welt, was dieser Griesgram tun wollte, seinen Fuß hinein setzen in diese Klamm.
„Ich kann es gar nicht fassen!“, flüstert Joycelyn.
„Och, nimm‘s doch nicht so tragisch! Die beiden Schießbudenfiguren sehen wir bald wieder“, sagt Mister Byrd.
„Glaubst Du wirklich, dass sie jemals aus dem Sternenhimmel wieder entkommen können?“, fragt John zweifelnd.
„Na klar doch! Na ja, nicht sofort womöglich. Hat ja jetzt schon ein bisschen gedauert die Sucherei. Aber ganz ehrlich: So Compadres wie Rex W. Shadrack und May B. Wickett, die lassen sich doch von so einem bisschen Raum-Zeit-Konstantin nicht aufhalten! Geringere Compadres vielleicht schon. Aber die: Ne. Nicht die. Diese beiden Knalltüten sehen wir wieder in Gomorra, bevor die diesjährigen Kürbislaternen für Halloween geschnitzt sind!“
„Wollen wir‘s hoffen“, sagt Joycelyn, und heftet erneut ihren Blick auf den Eingang der Felsenschlucht, wie sie im Dämmerlicht hinter ihnen kleiner wird.


Rex Shadrack und May B. Wickett schlagen gleichzeitig die Augen auf. Das Gefühl von Taubheit lässt bereits deutlich nach. Sie sehen benommen umher: Die Antriebe des Beibootes schweigen, der Flug scheint vorbei zu sein. Wie lange er gedauert haben mag — Stunden, Wochen, oder Monate — vermag keiner der beiden zu sagen. Frische, kühle Luft dringt von irgendwoher. Die Einstiegsluke der Rettungskapsel ist geöffnet worden. Von dort tasten konzentrierte Lichtstrahlen durch das Innere, wie Laternenlicht, aber merkwürdig zielgerichtet, wie durch ein Prisma. Mehrere Silhouetten erscheinen in der Luke. Sie haben kurz geschorene Haare, und Uniformen aus unbekanntem Material, die sie sehr breitschultrig aussehen lassen.
„Sie leben beide“, sagt eine Stimme, durch das Pfeifen in den Ohren beider Überlebender kaum verstehbar.
„Vitalzeichen überprüfen“, sagt eine andere von irgendwo her.
„Die tragen ja überhaupt keine Vac Suits“, lässt noch jemand sich vernehmen, er klingt verwirrt.
Kleine, blinkende, surrende Geräte werden den beiden in die Gesichter gehalten.
„… Was sind das überhaupt für Klamotten, die sehen ja aus wie von einem Kostümfest! Ist das ... ein Zylinderhut?“, sagt eine Frau, mit schwerem indischen Akzent.
„Bergung vorbereiten, schnell“, sagt eine befehlsgewohnte Stimme, die hat auch einen schweren Akzent, aber einen anderen, vielleicht osteuropäisch, „wer weiß, wie viel Zeit wir noch haben, bis die nächsten Reavers auftauchen. Jeder gottverdammte Spacer im ganzen Sektor könnte diese Scheiß-Rettungsfähre für ein gefundenes Fressen halten.“
Hände mit dicken, lederigen Handschuhen lösen die Sicherheitsgurte der beiden Insassen.
Vor May B. taucht ein Schriftzug auf, er prangt als einzig scharfes Objekt in einer noch weichgezeichneten Umgebung auf einer der klobigen Uniformen: EXFOR. Sagt ihr nichts. Darunter ist ein abgeschrabbeltes Symbol von einem Globus mit Lorbeerkranz auf blauem Hintergrund, das sieht ganz hübsch aus, findet sie, immer noch etwas benommen.
„Finger weg von meinen Schießeisen“, bringt Shadrack hervor, tonlos, aber seine Stimme wirkt bereits wieder grimmig.
Eine der Silhouetten dreht sich um zu ihrem Befehlshaber: „Die sind beide bis an die Zähne bewaffnet! Pistolen, Munitionsgurte, Machete, Handbeil, und so weiter!“
„Alles sofort beschlagnahmen“, sagt der Kommandant, „restlos, General Warfield braucht jede Patrone! … Na, auf die Geschichte dieser beiden bin ich ja gespannt!“

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #192 am: 25.03.2024 | 11:13 »
„Es gibt eine Menge lose Fäden, die eingeholt werden müssen nachdem diese Angelegenheit vorüber ist!“, lässt sich Joycelyn Lancaster vernehmen, als die drei vom Fuhrwerk herunter klettern auf den staubigen Town Square von Gomorra, „wir müssen mit Big Jake und Scooter reden. Die dürfen um keinen Preis zulassen, dass Findley seine Arbeitercrews in die Wild Dog Gorge schickt. Das wäre verdammt gefährlich! Wir müssen uns um die Angelegenheiten von Rex und May B. kümmern, so lang sie verschollen sind. Und wir müssen nach dieser kalten Frau aus der Maschine fahnden lassen, die in den Canyon entkommen konnte!“
„Alles gute Ideen, meine Verehrte!“, freut sich Byrd, „und Mister Shadrack hätte das auch nicht besser anordnen können. Wir sollten sofort tätig werden!“
„Gut, nicht ständig Anweisungen hören zu müssen vom aufgeblasenen Wasichu Shadrack“, knurrt John, „… aber traurig, dass keine Squaw May B. da ist, die nach Anweisungen immer gleich widerspricht und sich erbost. … Die beiden waren unterhaltsam.“
„Sei‘ mal nicht traurig, John“, winkt Byrd ab, „die sind ja immer noch unterhaltsam, da, wo sie jetzt sind. Stell‘ Dir vor, wie viel Spaß die miteinander haben, der eine gibt fortwährend Befehle, die andere widerspricht in einer Tour! Das ist sicher eine Mords-Gaudi da oben an Bord! Halt, Moment. Wird eine Gaudi sein. Streng genommen ist das alles noch gar nicht passiert, nicht wahr, das passiert erst noch, weil ja in der fernen Zukunft. Total verwirrend!“, und er stemmt die Hände in die Hüften und schaut hinauf in den strahlend blauen Herbsthimmel über Kalifornien.
John grummelt, „Und nicht gut, das hier auf dem Town Square zu besprechen. Die dummen, verfackten, weißen Leute hören das, und die bekommen nur Angst und stellen Fragen. Das, was im Sternenhimmel vor sich geht, müssen wir mit den Medizinleuten im Sioux-Lager besprechen. Wenn es jemand begreifen kann, dann sie.“


Bei dieser Gelegenheit könnte ich ja endlich mal Johns Connections-Vorteil nutzen, um die Scouts der Sioux Union auf die wahnsinnig gewordene Soldatin anzusetzen. Die muss dringend gefunden werden, sollte sie in der Wild Dog Gorge herum irren — sie könnte eine Gefahr für sich und andere sein, und wenn sie tatsächlich Wissen aus der fernen Zukunft hat, dann kann sie damit ungewollt große Aufruhr stiften und großen Schaden anrichten! Noch dazu steht May B.s Vermutung noch im Raum, dass die Soldatin Harrowed sein könnte — dann könnte ihr Manitou die Kontrolle über ihre Taten übernehmen, und was daraus werden kann, hat unser Aufgebot ja jüngst bereits bei Jeffrey Hollins gesehen.
Dank Johns Einfluss im Indianerlager finden sich umgehend ein paar Scouts zusammen, darunter Tioga Joe, Benjamin Nightsinger, und Yahto, der entsetzt ist über May B.s Verschwinden (und insgeheim hofft, in der Wild Dog Gorge doch noch eine Spur seiner heimlichen Flamme zu finden).

Die Orakelwürfel entscheiden:

Die Scouts werden den Canyon durchkämmen, und sie werden das verlorene Bleichgesicht dabei entdecken! Natürlich dauert das alles ein paar Tage, schon allein wegen der langen Anreise dorthin. Auf ihrer Suche werden sie außerdem keine der Lichtphänomene in den Windungen der Klamm sehen. Binnen kurzer Zeit können unsere verbleibenden Wild Cards also die Weltraumsoldatin zu befragen versuchen, und vielleicht von ihr Hinweise erhalten über den Ort namens Faraway. Dies scheint jetzt im Moment wie die einzige Möglichkeit, wieder Kontakt herzustellen zu den beiden Verschollenen …


Noch am Tag ihrer Ankunft gehen unsere Helden derweil eilig zu Scooter und Big Jake, natürlich wieder unauffällig wegen der vielen Sweetrock-Wachleute an den Docks. Die beiden müssten alles tun, um die Grabearbeiten in der Wild Dog Gorge zu verhindern! Sie sind ordentlich verblüfft und alarmiert, dass Explorateure vom Rufe, wie die Wild Cards ihn mittlerweile haben, bei diesem Erkundungsgang so stark dezimiert werden konnten! Big Jake weiß offensichtlich gar nicht, was er sagen soll, insbesondere, weil Miss Lancaster untröstlich erscheint und gegen Tränen anblinzeln muss, während sie berichtet.

Die Orakelwürfel fallen wieder:

Im Nachhinein gelingt es Big Jake und Scooter, Howard Findley sein Vorhaben auszureden. Das Risiko für die Arbeitskräfte ist für Mister Findley eigentlich nur bedingt ein Argument … aber der finanzielle Aufwand lässt ihn tatsächlich zögerlich werden, nachdem es ja scheinbar Felsrutsche gab in der Schlucht. Wenn die Gegend so unsicher ist, könnte der Sweetrock einiges an schwerem Gerät abhanden kommen, und das ist hier draußen schwieriger zu ersetzen als ein paar Dutzend Malocher.

(Das mit den Felsrutschen ist nicht gelogen; unsere zufallsgenerierte Canyon-Karte war ja sehr klein, nachdem aber vorher narrativ etabliert war, dass die Wild Dog Gorge im Gegenteil sehr lang ist. Daher werden mehrere Seitenarme des eigentlichen Canyons tatsächlich durch die übernatürlichen Phänomene verschüttet worden sein, vor der Ankunft unserer Helden. Immerhin haben sie ja auch das Portal zum Geisterschiff Vostros hinter frischem Geröll gefunden!)


Unsere Helden erhalten natürlich ihre Bezahlung, von Big Jake heimlich abgezweigt von den üppig fließenden Sweetrock-Geldern.

Zum Abschluss des Abenteuers darf wieder eine neue Location fertig gestellt werden für Gomorra. Ich nehme das Exchange Office, das ich schon so lange gebaut haben wollte. Nun können Wild Cards gefundene Ghost-Rock-Nuggets zum Normalpreis verkaufen.



Nach so vielen Missionen mit verschiedenen Brimstone-Spielplänen wird’s eigentlich mal wieder Zeit für ein Abenteuer mit einer Queste und einem Zufallsplot! Unsere verbliebenen drei Wild Cards werden nun ein neues Aufgebot zusammenstellen müssen, um den Schatten über Gomorra weiterhin etwas entgegenzusetzen.

Also würfle ich einen Abenteuereinstig mit dem One Page Solo Engine:
Plot Hook: Eliminate a Threat
Random Event: Physical Taking of a physical Current Need
Scene Complication: Wouldn‘t It Suck, If …
Altered Scene: The Environment is Different

Ein Ereignis weiß ich außerdem schon so, das nicht als Zufallsereignis von den Tabellen ermittelt werden muss:


Eine in Kalifornien berühmtberüchtigte Band hat kurz darauf unter großem Hallo Gomorra erreicht, und verspricht mit einer Reihe von Auftritten allerlei Kurzweil: Diese Truppe, „Pappalardo‘s Schaubühne“ ist ihrem Ruf nach Musikkapelle, Schaustellertruppe, und Jahrmarktsveranstalter in einem. Und da es kurz vor Halloween ist, und damit auch der Gründungstag der Siedlung sich demnächst jährt, sind Sheriff Coleman und Howard Findley gewillt, die exzentrische Truppe auf dem Town Square gastieren zu lassen.

Es ist ein kalter, aber sonniger Tag, und auf dem Town Square und in der Cross Street steppt der Bär. Buchstäblich, denn Pappalardo‘s Truppe hat einen Tanzbären mitgebracht, der an einer Kette auf den Hinterläufen umher wackelt, in einem Saloongirl-Kleid. Bauchladenverkäufer laufen die Cross Street auf und ab, und bieten lautstark klebriges Konfekt und Limonade an. Die Eierköpfe vom Collegium haben enthusiastisch ein paar Feuerwerke zusammengebastelt, um etwas zur Feststimmung beizutragen, und lassen sie gelegentlich unter großem Geknall und Geräucher hochgehen. Auf dem Town Square steht wieder die Holzplattform, diesmal aber nicht, um öffentlich Banditen aufzuhängen, sondern als Bühne für die sechzehnköpfige Band.
Der Besitzer des Old Moon Saloon, der gute alte Owen Morley, hatte bereits arrangiert, dass Joycelyn zwischendurch mit auf die Bühne solle, um ihre legendäre Stimme einzubringen zur Musik der Schausteller, und das eine oder andere Lied zum besten zu geben. Owen Morley ist ein bisschen beleidigt, dass seine Mühen umsonst gewesen sein sollen, weil die Sängerin heute alles andere will, als die Menschenmenge anzuheizen. Joycelyn ist ihrerseits ein bisschen beleidigt, dass Owen sie nicht gefragt hat, bevor er irgendwelche Extra-Auftritte ausgehandelt hat. Und dass er ihr Bedürfnis, zu trauern, nicht so recht anerkennt.

Sie ist jetzt mit ihrem Alvin an ihrer Seite in der Menschenmenge zu sehen, in einem für ihre Verhältnisse sehr konservativen Kleid. Sie schaut immer noch drein wie sieben Tage Regenwetter. Alvin sieht vor allem besorgt und ein wenig hilflos aus. Er würde seiner neuen Freundin gerne helfen, und er merkt natürlich, dass der Rummel um sie her nicht sonderlich zu ihrer Erheiterung beiträgt.
Byrd gesellt sich wieder zu den beiden dazu, mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht, riesige Büschel knallrosa Zuckerwatte in beiden Händen.
„Wer soll das denn alles essen?“, fragt Joycelyn.
„Na, wir drei Hübschen natürlich! Das Zeug ist große Klasse, habe ich zuletzt in New York schnabulieren können! Hier, Ihr beiden, zugreifen! Ach so, und John wollte ich eigentlich dazu bringen, eins zu essen, aber dazu müsste man es anstellen, den ollen Griesgram hierher zu locken. Bei sowas Feinem würde auch der mal lächeln, das kann ich Euch verraten!“
„Das darf der doch gar nicht essen, das stellt doch ein Apparat her“, muffelt Joycelyn, und lässt sich widerwillig einen der Büschel von Luca in die Hand drücken.
„Ach, der tut bestimmt immer nur so spaßbefreit. Wenn er das erst mal gerochen hat, macht er bestimmt auch mal 'ne kleine Ausnahme!“, quatscht Mister Byrd munter weiter, und versorgt auch Alvin, der eigentlich auch nicht so aussieht, als wolle er dringend Zuckerwatte.
„Hmmm, und die schmeckt!“, sagt Byrd mampfend, „oh, seht mal, jetzt werfen die schon wieder Obst!“
„Gut, dass ich da nicht zugesagt habe“, kommentiert Joycelyn.
Sie schauen zur Bühne, wo jetzt die Menschenmenge wieder angefangen hat, Obst und Gemüse zu schmeißen, gerade geht ein richtiger Hagel auf die vielköpfige Band hernieder. Ungerührt spielen Pappalardo’s Musikanten weiter, wenn auch ihre bunten Kostüme mittlerweile voller zerplatzter Tomaten und Matschäpfel sind, die Musikanten in vorderster Reihe stehen bereits bis zu den Knöcheln in Obstresten. Ihre Musik ist auch wirklich schlecht: Fünf Fideln, ein Kontrabass, zwei Pauken und drei Marschtrommeln, zwei Posaunen, zahlreiche Mundharmonikas, Mundorgeln, Kuhglocken, Waschbretter, und anderes wird da oben bis zum Äußersten malträtiert, und erzeugt energetische Misstöne, aber dafür sehr laut. Der Sänger, mit überlangem Schnauzer und rotgrün gestreifter Rodeo-Kleidung, singt sein Square-Dance-Lied, beinahe ohne Luft zu holen. Gelegentlich baut er spontane Mundharmonika-Parts mit ein, und stampft dabei mit dem Fuß den Takt, dass das Fallobst nur so spritzt. An diesen Stellen ballern die Musikanten in der letzten Reihe mit ihren Schießeisen in die Luft. Wahrscheinlich verwenden sie scharfe Munition. Einige saufen dazu auch noch aus Whiskeypullen, und die Vermutung beschleicht einen, dass sie früher oder später versuchen könnten, Leuten im Publikum die Hüte von den Köpfen zu schießen. Dem Publikum ist das sehr bewußt, und viele schreien mit zornesroten Gesichtern zur Bühne, man weiß nicht recht, ob sie die Musik trotz allem gut finden oder nur noch dort stehen, weil sie die Band hassen, und um zurück zu ballern, wenn die Musikanten in ihre Richtung schießen sollten. Coleman‘s Deputies sind überall zu sehen, ebenfalls mit den Händen an den Waffen, sie sehen total nervös aus, sie haben offensichtlich allesamt einen richtigen Scheiß-Tag heute. Das brüllende Publikum entlädt seine Wut über die schlechte Musik und das gemeingefährliche Rumgeballer auf dem Holzpodest jedoch vorerst weiterhin dadurch, indem es mit vollem Karacho Matschobst schmeißt. Viele schunkeln aber auch mit, vielleicht weil sie so besoffen sind, dass sie die lärmende Katzenmusik jetzt ganz gut finden. Luca beobachtet sogar mehrere Hombres vor der Bühne, die sowohl Obst schmeißen, als auch schunkeln!
„Schade um das ganze Obst und Gemüse!“, sagt er vergnügt.
„Da muss irgendeiner von den örtlichen Farmern extra seinen Apfelkeller geleert haben“, sagt Joycelyn befremdet, „seht mal, da vorne gehen ganze Körbe von Matschobst rum!“
„Das ist, damit den Zuschauern nicht die Munition ausgeht!“, lacht Byrd, „und wisst Ihr was? Am Zuckerwattestand hab‘ ich gesehen, wie die Körbe angeliefert wurden — und zwar von Pappalardo’s Schaustellern selber! Das ist entweder ein absurdes Missverständnis, oder es gehört zu der Schau dazu!“
„Square Dance, allesamt!“, schreit einer der durchgedrehten Musikanten erneut ins Publikum, und kassiert daraufhin eine dicke Tomate direkt in die Fresse, er wischt angewidert das Fruchtfleisch weg, und schreit, „Square Dance, oder wir töten Euch verfackt nochmal!“; womöglich will er nur, dass die Leute tanzen, damit sie dann nicht mehr schmeißen. An den Randbereichen des Town Square kommt tatsächlich ein bisschen Sauare Dance zustande, direkt vor der Bühne aber wird weiter geschrieen und geschmissen. Ein entsetzlich haariger Schürfer, nur in Long Johns, Cowboystiefeln, und einem Schlapphut, ist derweil auf die Bühne geklettert, und brüllt dem Sänger irgendwas entgegen, die Leute lachen, weil zu allem Überfluss die Arschklappe der Long Johns des Kerls sich gelöst hat, und man freie Sicht auf seinen Allerwertesten hat. Der Schnauzbart brüllt zurück, aber stampft ungerührt weiter wild den Takt, dass Obst von den Holzplanken spritzt. Auch auf den haarigen Schürfer natürlich. Der heult wie ein Hund und will sich mit dem Sänger prügeln, andere Leute haben derweil ebenfalls die Bühne erklettert, und zerren ihn weg. Das Publikum lacht schreiend, und ein neuer Gemüsehagel geht wie auf Kommando auf die Band hernieder.
„Diese Stadt ist doch hoffnungslos verloren“, sagt Joycelyn mit fassungslosem Kopfschütteln, „und das so kurz vor dem Gründungstag! Was für eine Schande! Die sollten sich alle miteinander was schämen. Wir sollten uns schämen, dass wir überhaupt bei sowas zugucken!“
„Ach ja, der Gründer! Schaut mal dort, das hat vorhin Charlie Landers mir gesagt, den Gründer hat man mittlerweile auch mit auf der Bühne geholt, das ist der da hinten, in der letzten Reihe: Humphrey Walters!“
Die drei sehen einen abgemagerten Penner mit weißem Zottelbart, der mit einigen der halbbekleideten Musikerinnen tanzt, und aussieht, als würde er sich prächtig amüsieren, aber keine Ahnung haben, was er hier tut und wie er überhaupt hierher kommt.
„Das soll Humphrey Walters sein?“, fragt Alvin skeptisch, „der soll doch ein reicher Mann sein, dem gehört doch die Hälfte von dem Land unter unseren Füßen!“
„Er soll verrückt geworden sein und lebt jetzt wie ein Bettler!“, sagt Joycelyn, „aber das dort kann er doch wohl nicht sein?“
„Wieso nicht?“, fragt Byrd, „er scheint die Musik doch zu mögen! Und zugegeben, die ist auch ziemlich gut — wenn man eben nicht auf den Rythmus achtet!“
Der Organist und die Sängerin schauen Luca beide verständnislos an, er lacht sie an und versucht, im Takt mitzuklatschen. Dafür braucht er natürlich freie Hände, und er verschenkt deswegen seine restliche Zuckerwatte an vorbeikommende Kinder.

Kommen wir von diesem Gesellschafts-Event mal zu dem eingangs ermittelten Random Event: Jemand nimmt ja laut dem Kartenorakel „körperlich jemandem ein derzeitiges Bedürfnis weg“, das klingt in dieser Szene stark danach, als würden wenig später die Law Dogs den immer weiter eskalierenden Auftritt mal abbrechen. Das derzeitige Bedürfnis der Städter nach Ausgelassenheit wird dadurch wohl unterbunden.

Auch dafür wird natürlich gehörig in die Luft geballert und laut herumgeschrien. Die Saloonbesitzer jedoch reiben sich ihre Hände, denn somit werden die Angesoffenen wieder zurück in ihre Läden strömen, und gewinnbringend dort weiter saufen. Pappalardo’s Truppe eiert wenig später ebenfalls in die Saloons und die vielen kleinen Schnapszelte. Es gab insgesamt nur wenige Festnahmen.

Damit setzen wir auch die ermittelte Altered Scene um, die Umgebung ist plötzlich eine andere:

Denn auch Byrd, Joycelyn, und Alvin schließen sich dem Menschenstrom an, und finden sich kurz darauf im Fat Chance Saloon wieder. Der füllt sich schnell, Charlie Landers findet sich wieder hinter dem Tresen ein, und löst damit die übernächtigt und alkoholisiert aussehenden Bardamen ab.
Breitbeinig marschiert dabei der alte Farmer Dermott Hermans durch den Schankraum, und hält mit biestigem Gesichtsausdruck auf Luca Byrd zu.
„Oh weiha, mein Herr Schwiegerpapa in spe“, raunt dieser den beiden anderen zu.
„Da ist er ja, der feine Kavalier, ganz in weiß!“, knurrt Dermott wütend, „wusste ich doch, dass ich Sie, Luca Byrd, auf einer so lästerlichen Veranstaltung wie der heutigen antreffen würde!“
„Na ja, Mister Hermans, wäre doch traurig, wenn die lustigen Musikanten sich ganz umsonst hierher bemüht hätten! Man soll ja die Feste feiern, wie sie …“
„Papperlapapp!“, ruft Dermott sauer, „Sie sind ein Nichtsnutz, Byrd! Ich weiß genau, dass Sie vor wenigen Tagen draußen beim Missionshaus waren! Unter dem Fenster von Lorna haben Sie ein Ständchen gebracht, Sie Hund, um meine Tochter zu umgarnen! Meine Lorna, die dort extra unter Verschluss gehalten wird, damit Sie ihr nicht zu Leibe rücken können, Sie geiler Bock! Wenn ich oder meine Sippe Sie, Byrd, noch einmal auch nur in der Nähe des Missionshauses sehen, dann eröffnen wir das Feuer auf Sie!“
Und damit wendet sich Dermott Hermans um, und stampft davon.

Damit hätten wir auch die Scene Complication eingebaut, die ja lautet, Wouldn‘t It Suck, If …?


Luca schaut dem Farmer nach, „… Mist, ehrlich gesagt wollte ich gerade raus vor die Stadt, um meinem Brieftäubchen Lorna etwas von der Zuckerwatte zu bringen! Die lassen sie womöglich bei Wasser und Brot darben in dieser Mission!“
„Schieß‘ die Kleine doch in den Wind, Luca, Du kannst viel Besseres finden!“, sagt Joycelyn plötzlich, „Wenigstens eine, deren erzkatholischer Vater nicht auf Dich ballern will!“
Alvin sieht Joycelyn etwas schafhaft an, er fragt sich, warum sie dies mit solcher Heftigkeit gesagt hat. Aber vielleicht macht sie sich ja nur Sorgen um ihren Mitstreiter.
„So geht das doch nicht weiter!“, sagt Luca, „Ich wollte doch eigentlich gerade mit ihr fliehen! Das war beinahe schon so ausgemacht gewesen!“

Unser Plot Hook ist ja diesmal, Eliminate a Threat. Voll geil, das Resultat gab‘s noch nie in dieser Kampagne, schön direkt und ohne Firlefanz! Statt auf der dazugehörigen Tabelle mit Antagonisten zu würfeln, entscheide ich mich für eine klassische Monsterjagd, das Gomorra Valley ist schließlich voll mit derlei Kreaturen-Geschmeiss.
Aber immer eins nach dem anderen ...


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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #193 am: 30.03.2024 | 18:03 »
Bevor das passiert, kommen die von John ausgeschickten Indianer-Scouts mit ihren Ergebnissen an den Start:

Yahto betritt wenig später den Fat Chance Saloon, mit suchendem Blick. Er berichtet Joycelyn und Luca, dass er vorhin mit Benjamin Nightsinger und Tioga Joe zurückgekehrt ist, und auch mit ihrer Geretteten, „Diese Frau, die aussieht wie ein Junge, die aus Vater Himmel herab gestolpert sein soll!“, wie er sich ausdrückt. Joycelyn spannt sich sofort an, und macht große, neugierige Augen.
„Sie war beinahe verhungert, und ganz ohne Orientierung“, sagt Yahto in gedämpfter Stimme, „und sie lebt! Sie ist nicht tot und von einem Manitou besessen, wie Ihr befürchtet habt. Sie hat einen Herzschlag. Nur ist sie … ganz und gar verrückt. Kommt, John Bloody Knife bewacht sie, in der Nähe unseres Lagers!“
„Und … irgendeine Spur von unseren verschwundenen Freunden?“, fragt Joycelyn mit verzweifelter Hoffnung.
Yahto schüttelt den Kopf und senkt kummervoll den Blick, er sieht so aus, als wäre er versucht, direkt wieder in die Wild Dog Gorge zurückzukehren, um weiter alles nach May B. abzusuchen, auch wenn es aussichtslos ist ...


Im felsigen Umland kauern Tioga Joe und Benjamin Nightsinger vor einem Lagerfeuer. John sitzt reglos brütend vor einem Felsloch, und schaut in den Eingang. Dies ist weniger eine Höhle als einfach eine größere Felsnische. Luca und Joycelyn treten näher, und sehen darin die soldatisch aussehende Frau liegen, unbewegt, aber mit gehetzten Augen, die unablässig umher blicken. Die Fäden der außerirdischen Spinnen hat sie zwischenzeitlich alle abgestreift, dafür haben die Indianer sie mit Hanfseilen gefesselt. Ihre merkwürdige Kleidung ist so mit Schlamm aus dem Canyon verkrustet, dass sie nicht weiter auffällt, immerhin.
„Och, die Madame ist ja schon wieder verpackt wie ein Postpaket, immer dasselbe“, sagt Byrd begütigend, „macht sie doch mal los, das ist doch sicher unbequem!“
Tioga Joe knurrt, „Die kratzt Euch noch die Augen aus, wenn sie von Euch die Gelegenheit bekommt! War schwer zu finden, und schwer zu fangen.“
„Ist das überhaupt eine Madame?“, fragt Joycelyn befremdet, „könnte auch ein junger Kerl sein. Wenn sie nicht so abgemagert wäre, hätte sie ganz ordentliche Muskeln! Und kurz geschorene Haare, man kann gar nicht sicher sein, mit wem man‘s zu tun hat, Männlein oder Weiblein.“
„Vielleicht ist das ja groß in Mode, dort, wo sie herkommt!“, vermutet Luca.
„Dass die Frauen aussehen wollen wie Männer?! Was für eine komische Mode wäre das denn?!“, fragt Joycelyn, „das wäre doch bloss verwirrend!“
„Ja, was weiß denn ich? Vielleicht wollen die gerne alle verwirrt sein!“
„Blödsinn, Luca! Wenn das wirklich eine Art weiblicher Soldat ist, dann ist das wahrscheinlich wegen der Läuse, ganz wie zu unserer Zeit, drüben im Bürgerkrieg im Back East!“, vermutet Joycelyn.
„Ja, Scheiß-Läuse. Aber diese Art von Krabbeltier war ja nicht das Problem von denen. Und überhaupt, womöglich war die Gute doch im Eisfach! Da gibt‘s doch keine Läuse!“
John sieht zu Luca, und er sagt, „Genug davon! Redet Ihr beiden mit der Gefangenen, Ihr seid alle dumme, verfackte Weiße! Und Ihr beiden, Ihr seid gut mit Worten.“
Byrd geht neben John in die Hocke, lüpft vor der Soldatin seinen Hut, und sagt lächelnd: „N‘abend, Miss! Luca Byrd mein Name. Ich hoffe, die Stammeshelden hier haben Ihnen was zu trinken gegeben? Und was zu Mampfen womöglich?“
Sie sieht Byrd unbeteiligt an, als wäre er nur eins der belebten Wandbilder aus ihrem Sternenschiff.
„Ja, haben wir“, sagt Tioga Joe im Hintergrund, „war ja halb verhungert!“
Byrd fragt weiter, „Und erinnern Sie sich an die Umstände unser ersten Begegnung, bitteschön?“
„Du warst der, der mich aus den Netzen losgeschnitten hat“, sagt die Soldatin in brüchiger Stimme. Ihr Blick bleibt aber teilnahmslos.
„Genau. Gut, dass die achtbeinigen Kameraden Sie nicht gefrühstückt haben! Wo kamen die überhaupt her? Waren die schon lange an Bord?“
„Die Dinger müssen irgendwie an Bord gekommen sein, während wir alle im Kälteschlaf waren …“, flüstert die Soldatin.<
"Kälteschlaf?", haucht Joycelyn.
„Aber Sie sind ja aus Ihrem kühlen Kämmerlein entkommen!“, bohrt Luca nach, „etwa als einzige?“
„Nein … mehrere Kabinen hatten eine Fehlfunktion … haben sich vor Ankunft geöffnet … ich stand auch kurz in Funkkontakt zu einigen anderen im Schiff, die auch … aufgewacht waren … wir wollten uns regruppieren … vielleicht hätten wir über den Zentralrechner noch weitere der Kabinen öffnen können … dann haben mich auch schon die Aliens erwischt. Wahrscheinlich wollten sie mich eingesponnen lassen, um mich für später aufzuheben. Und schließlich … wart plötzlich Ihr Zivilisten da …“
Joycelyn kauert sich neben Luca, und sagt eindringlich: „Sie müssen uns bitte alles über diese Flugmaschine erzählen! Zwei unserer Freunde sind noch dort! Sie sind die einzige, die uns jetzt noch helfen kann, verstehen Sie? Wie heißen Sie denn?“
„Ich … sage Euch bestenfalls meinen Dienstgrad und meine Dienstnummer … Ihr Scheiß-Zivilisten-Hinterweltler …“
Joycelyn sieht die Frau verzweifelt an, „Das sieht für Sie jetzt gerade noch nicht so aus, aber Sie sind hier unter Verbündeten! Wir können Ihnen bestimmt helfen! Wir bringen Sie zu Doc Branson, oder zu unseren Freunden beim Collegium. Sie stehen vermutlich immer noch unter Schock!“
„Ich sage Euch nichts über die Mission des Schiffes … Ihr Drecks-Hinterweltler …“, krächzt die Soldatin.
„Nanu, wer wird denn gleich unhöflich werden!“, sagt Byrd, „was wollen Sie jetzt überhaupt machen, wenn Sie schon unsere Hilfe nicht wollen?“
„Ihr bringt mich zur nächsten EXFOR-Basis, kapiert …? Wo sind wir hier, irgendwo bei Domburg, oder Temptation?“
„Was sind denn das für Namen …?“, fragt Joycelyn verwirrt Luca, in gedämpfter Stimme, „wenn Sie aus der Zukunft ist, könnten diese Orte vermutlich überall auf der ganzen Welt liegen …!“
„Vielleicht wäre es nicht so gut, ihr zu verstehen zu geben, wo sie wirklich gelandet ist! Scheint sie noch nicht so ganz zusammengepuzzelt zu haben …!“, gibt Byrd leise zu bedenken.
„Die ist doch noch völlig weggetreten!“, zischt Joycelyn, „da können wir sagen, was wir wollen, die Arme begreift gar nicht, was vor sich geht!“
„Was soll das sein, EXFOR?“, fragt Byrd behutsam die Soldatin, „ist das so wie ‚Ex und Hopp‘?“
„Wo ist die nächste Basis, Ihr Noobs? Zur Not reicht irgendein Sendeterminal von HI, wenn wir wirklich so tief im Nirgendwo sind …“, krächzt die Fremde, aber jetzt noch kraftloser. Sie scheint erneut nach Void Spiders Ausschau zu halten. Ihre Augen rollen plötzlich nach hinten, und zitternd verfällt sie in einen katatonischen Angstzustand.
„Noobs?“, fragt Byrd amüsiert.


Durch die Abenddämmerung schleppen die Ureinwohner die Gefesselte schließlich doch zum Indianerlager. Joycelyn schlägt erneut Doc Branson vor, aber muss einsehen, dass der zu viele Fragen stellen würde. Und in der Stadt würde die fremdländische Kleidung sehr auffallen, sobald die Schlammschicht weg ist. Wise Cloud und Josep Eyes-Like-Rain werden ihr helfen müssen mit ihrer Medizin. Vorerst wird sie in eins der Tipis gebracht.
„Das war weniger informativ als ich gedacht hätte“, sagt Joycelyn zerknirscht.
„Wahrscheinlich müssen wir der Guten nur etwas Zeit geben! Was immer da an Bord passiert ist, für sie war das auch kein Zuckerschlecken, genauso wie für uns!“
„Sie muss uns einen Hinweis liefern, wie wir Kontakt mit May B. aufnehmen können, und mit Rex!“
„Ja, wäre schön …“, sagt Byrd ratlos, „wenn sie das denn kann …“


Tags darauf sprechen alle Städter von dem Halloween-Streich draußen bei der Whitman-Farm. Derjenige, der unüberhörbar am lautesten spricht, ist der großmäulige Stallbursche namens Shouting Tom. Der Junge steht auf dem Town Square, und verkündet das Neueste: „Habt Ihr gehört, habt Ihr gehört? Skandal!! Als Halloween-Streich hat es angefangen! Jetzt ist einer dabei draufgegangen, draußen bei der Whitman-Farm! Ja, ja, so kann’s gehen! Da spielt einer den Großen Kürbis, und jetzt steht Carl Whitman‘s Ruf auf der Kippe! Wie konnte der auch zulassen, dass bei sowas jemand abgemurkst wird? Ist ja sein verdammter Grund und Boden! Ey, wer hat‘s noch nicht gehört? Skandal! Mord und Totschlag draußen bei der Whitman-Farm!“



Shouting Tom tut, was er am liebsten tut, Skandale verbreiten


„Was für ein unsägliches Spektakel! Der junge Mann erinnert geradezu an einen mittelalterlichen Stadtschreier!“, kommentiert Marcus Perriwinkle, während er zusammen mit Luca Byrd unterwegs zum General Store ist. Man hat sich zufällig getroffen auf dem jeweiligen Weg zum Einkauf. Der Scrapper nutzt jetzt den Umstand, dass die Städter auf dem Town Square gerade ihre Aufmerksamkeit auf Shouting Tom richten, um an seiner übergroßen Uhrwerk-Hand herumzuschrauben, ein paar der Metallfinger müssen gerade nachjustiert werden. Perriwinkle weiß nur zu gut, wie das ist, wenn man das Zentrum der Aufmerksamkeit ist auf dem Town Square — und ganz im Gegenteil zu Shouting Tom genießt der alte Gentleman dies gar nicht.
„Ich kapiere gar nicht, was der Junge da verzapft!“, wundert sich Byrd, „warum so zusammenhangslos? Was war denn da, bei besagter Farm?“
„Habe es nur am Rande mitbekommen“, murrt Perriwinkle, seine Schräubchen festziehend, „man hört, letzte Nacht ist einer der Knechte zu Tode gekommen da draußen. Das Sheriffbüro ermittelt natürlich bereits ...“
„Schöne Sauerei“, sagt Mister Byrd, „doch nicht wegen einem Halloween-Streich! Das ist doch kein Grund, einen hops gehen zu lassen!“
„Eigentlich sollte Sie das nicht wundern, Mister Byrd, Sie kennen doch mittlerweile die Zustände in dieser Siedlung ganz gut! Die Temperamente erhitzen sich wegen Nichtigkeiten! Das Gesetz kommt mit dem Schlichten von Streit gar nicht hinterher.“
„Na, wir sollten Shouting Toms Gebrabbel mal zum Anlass nehmen, selber raus zur Whitman-Farm zu schlendern, und nach dem Rechten zu sehen! Bestimmt können wir den Law Dogs helfen! Müssen Sie auch zugeben, Perriwinkle mein Lieber, wie der Hellste kommt unser Dickerchen John Templeton nicht rüber. Bestimmt ist der wieder derjenige, der vorgeschickt wurde, quasi der erste Mann an der Spritze, dann braucht der bestimmt etwas Hilfe von Ihrem scharfen Verstand!“
Perriwinkle schüttelt leicht den Kopf und rückt seinen Fez-Hut zurecht, „Aber Mister Byrd, sich einfach in die Angelegenheiten der Gesetzeshüter einmischen? Wahrscheinlich wecken Sie damit höchstens Sheriff Coleman‘s Argwohn!“
„Der olle Coleman ist doch über die rege Mithilfe der Bevölkerung bestimmt glücklich und dankbar! Kommen Sie schon, Marcus, wir machen einen kleinen Umweg über die Farm, bevor wir unsere Einkäufe tätigen!“
„Nein, lieber nicht, Mister Byrd. Ich bin ein Mann des Friedens, wie Sie wissen. Im übrigen vermag ich gar keine Zeit für derartiges zu entbehren, das lassen meine derzeitigen Forschungen ja gar nicht zu!“
„Woran tüfteln Sie denn da so eifrig? Einem weiteren Aufzieh-Dingens, das künftige Schießereien in der Stadt verhindern kann?“
„Das Collegium der Interräumlichen Physik plaudert generell nicht über Forschungsergebnisse, mein lieber Mister Byrd, bevor nicht zumindest feierlich der Öffentlichkeit Prototypen präsentiert wurden! Nein, nein. Aber es wird ein neues Uhrwerk mit höchst innovativem Verwendungszweck werden, das kann ich bestätigen“, schmunzelt Perriwinkle geheimnisvoll.
„Na gut, ein Mann muss Pietäten setzen!“
„Sie meinen wahrscheinlich Prioritäten, vom lateinischen priori—“
„Ja, klar! Und wissen Sie was, gerade wollte ich sagen, ich alarmiere flugs Rex Shadrack deswegen, der räudige olle Jagdhund hätte sofort angebissen, wenn ich den aufgefordert hätte, seine Nase in Mordfälle zu stecken. Aber der ist ja nicht mehr hier! Daran werde ich mich erst mal gewöhnen müssen!“
„Ich würde ja nach wie vor zu gerne die genaueren Umstände des plötzlichen Verschwindens von Mister Shadrack und der holden Miss Wickett geschildert bekommen. Wenn die beiden nicht zu Tode gekommen sind in der Wild Dog Gorge, was ist dann geschehen? Wenn Sweetrock oder die Blackjacks dahinter stecken, wenn jene womöglich Ihre Kameraden aus dem Verkehr gezogen haben, so müssen Sie und Miss Lancaster damit zu Sheriff Coleman gehen, Mister Byrd!“
„Das, was da passiert ist, glaubt Coleman uns nie! Sie würden das vielleicht glauben, Mister Perriwinkle, Sie sind ein Kerl mit etwas mehr Vorstellungshorizont. Vielleicht! Aber vorerst lassen wir mal schön den Mantel des Schweigens darüber, nicht wahr, Sie haben Ihre Geheimnisse, ich die meinen!“
„Das ist fair!“, nickt der Erfinder, und schließt und öffnet probeweise seine Metallhand, die jetzt wieder rund läuft.


Bei Joycelyn hat Luca ähnlich wenig Glück, sie hat heute ihr soziales Netz zu pflegen, und die nächsten Auftritte vorzubereiten. Sie macht außerdem keinen Hehl daraus, dass ihr das zurückliegende Abenteuer in dieser absurden Maschinenwelt und der Verlust von May B. immer noch ganz schön in den Knochen stecken. Also zieht Luca (getrieben von seinem Heroic-Nachteil) nur mit John Bloody Knife zum Farmland außerhalb der Stadt los. John scheißt ja auf die Angelegenheiten der Bleichgesichter, aber er riecht erneuten Ärger, und er ist ja Byrds Freund, so dass er ihn zumindest begleiten will, um ihn davor zu verteidigen, am Ende auch abgemurkst zu werden.



Bei der Whitman-Farm stehen eine ganze Handvoll Deputies herum, und scheinen alle Fragen gestellt zu haben, die ihnen eingefallen waren, und nun nur noch sporadisch zu suchen, ob ihnen vielleicht ein letzter Hinweis ins Auge fällt. Silas Peacock der tatterige Totengräber ist ebenfalls gerade eingetroffen, mit zwei freiwilligen Cowboys als Helfern, um den Leichnam abzuholen. Byrd und Bloody Knife erhaschen auf diese Weise einen guten Blick auf die sterblichen Überreste: Ein groß gewachsener texanischer Knecht, der hinterrücks erdolcht worden ist.
„Ja, das passt genau zu dem verteufelten Streich, der hier letztlich nachtsüber gespielt wird“, sagt ein anderer der Farmhelfer angewidert, als die Trage an ihm vorbei geschleppt wird.
„Was für muntere Possen reißen die Kollegen denn, mein Lieber?“, fragt Byrd im Plauderton.
„Zur Zeit von Halloween, Pardner? Na was für Späße sind das wohl! Da mimt jemand den rastlosen Spuk, um uns leichtgläubige Trottel ins Bockshorn zu jagen. Schleicht nach Dämmerungseinbruch durch die Maisfelder und um die Farmgebäude! Angezogen wie ein Nachtgespenst, natürlich mit einem hohlen Kürbis als Kopf! Und mit einer rostigen Sense in den Händen, wie der grimmige Schnitter!“
Silas Peacock keckert halblaut, „Da hat er‘s im Suff aber zu ernst genommen, Ihr sauberer Kollege, die Maskerade mit dem Sensenmann! Wenn der Sheriff den Possenreißer kriegt, erwartet den der Strang! Und dann habe ich schon wieder das nächste Grab schaufeln zu lassen! Das hier war jedenfalls keine Machete und kein Kavalleriesäbel!“
Und der Totengräber zeigt auf die klaffende Rückenverletzung des Leichnams. Byrd und Bloody Knife wechseln einen Blick: Der Kerl ist wahrscheinlich tatsächlich mit einer alten Sense erstochen worden.
„Garstig!“, versetzt Luca, „reichlich garstig! Dabei ist doch Halloween eigentlich ein Fest mit guter Stimmung und Kamelle!“
„Wir legen uns heute Nacht auf die Lauer. Beobachten, wer es war. Machen dem sogenannten Spuk ein Ende!“, knurrt John angriffslustig.

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #194 am: 11.04.2024 | 20:05 »
Eine Queste muss noch formuliert werden für das begonnene Abenteuer. Sagen wir doch mal folgendermaßen:
Queste: Dem Mörder von der Whitman-Farm das Handwerk legen (Clue Target 0\3).
Dafür müssen unsere Wild Cards den Täter sowohl finden, als auch unschädlich machen, und brauchen dementsprechend Clues, um diese Wendung herbei zu führen.

„Das ist alles ein elendes Desaster!“, sagt Carl Whitman, der Hofbesitzer, „mein guter Ruf ist dahin! Die Hälfte meiner Knechte und Mägde spricht schon davon, mir ihren Dienst aufzukündigen! Und wo soll ich dann Neue herkriegen, hä? Nich‘ aus Gomorra, die ganze Stadt wird binnen kürzester Zeit über mich lästern! Dass ich nicht für die gottverdammte Sicherheit sorgen kann auf‘m eigenen Hof! Dass ich einen Mörder frei hier rumlaufen lasse, werden die sagen, das werden die sagen! Dabei is‘ jetzt Erntezeit, und ich hab‘ ja sowieso schon zu wenig Leute!“
Luca hebt beschwichtigend die Hände, „Aber Mister Whitman, wir sind doch keine von denen! Uns zwei beiden ist doch nicht dran gelegen, uns hinterher in der Stadt die Mäuler zu zerreißen!“
„So? Sie sind doch die aus der Zeitung! Oder etwa nicht? Aus diesem Artikel im Tombstone Epitaph! Sie mögen doch offenbar die Öffentlichkeit! Und überhaupt, wenn Sie kein Aufsehen erregen wollen, Mister Byrd, warum haben Sie dann diese Rothaut mitgebracht?“
„Verstehe die Frage nicht. John Bloody Knife steht auch nicht im Ruf, ein Lästermaul zu sein! Ich bitte Sie. Der sagt ja nur sieben Wörter im Verlauf eines jeden Tages, und drei davon sind ja schon belegt durch ‚N‘Morgen‘, ‚Mahlzeit‘, und ‚N‘Abend‘!“
John grunzt abfällig, er hat keinen Bock auf Rassismus, vor allem, wenn er obendrein nur seine Hilfe anbietet. Jener Grunzlaut klingt recht bedrohlich. Carl Whitman tritt unwillkürlich einen Schritt vor dem Hünen zurück.
„So, jetzt ist aber mal gut, Mister Whitman“, ermahnt Byrd, „John und ich sind beide echt mal ganz dufte Kerle. Wir helfen ihnen gegen die kostümierten Strolche. Und wissen Sie was, in der Stadt sagen wir noch, dass das alles Ihre Idee war, wenn wir die Spitzbuben zu fassen kriegen! Übermorgen läuft Ihr Laden wieder, Sie werden schon sehen!“

Da würfele ich mal Persuasion für Mister Byrd. Trotz seinem Gratis-Reroll durch Charismatic wird es nichts, unerwarteter Weise ist Farmer Whitman offensichtlich zu stur und zu verängstigt. Er schickt die beiden Lokalhelden in die Stadt zurück, „sucht Euch einen anderen Aufhänger für den nächsten Zeitungsartikel über Eure ach-so-tollen Heldentaten!“, knurrt er.
Im Weggehen sagt Byrd, „Wir gehen mal ein Stückchen wie geheißen; hinter dem Schweinepferch machen wir die Biege, und gehen zurück aufs Farmgelände! Es ist ja schon fast dunkel, das kriegen die in den Farmhäusern gar nicht mit!“
„Wenn der dumme, verfackte, weiße Mann es uns nicht erlaubt, wird das Ärger bedeuten“, murrt John.
„Und wenn wir den Mordfall nicht aufklären, bedeutet das Ärger für unsere ganze schöne Stadt! Und womöglich auch das schöne Indianerlager!“
„Du willst Dich hier auf die Lauer legen, ohne, dass er es weiß?“
„Jupp! Wir müssen uns ja nicht dabei erwischen lassen, ihm zu helfen!“
John schweigt kurz, dann nickt er stoisch, „Einverstanden. Meiner Axt wurde das Blut böser Wasichu versprochen, und die Geister wollen nun ihr Opfer! Wir bleiben also, und suchen den Kampf!“

Wenn Farmer Whitman die Wild Cards bei ihrer Helden-Tätigkeit erwischt, wird er ihnen Ärger machen, das ist mal klar. Außer natürlich, es gelingt ihnen bis dahin, stichhaltige Ergebnisse zu Tage zu fördern, was den Fall betrifft!



Wenig später liegen Luca und John im Mais versteckt auf ihrer Lauerposition. Die trockenen, gelben Maispflanzen rascheln und klappern leicht im Abendwind, und wiegen sich hin und her … so, dass man gelegentlich vermeint, aus dem Augenwinkel eine menschliche Gestalt gesehen zu haben, wo gar keine war.
„Tatsächlich ein klasse Ort für einen Halloween-Streich“, knurrt Byrd leise, „kann einem ja fast bange werden inmitten dieser Maisfelder, so bei Nacht und Nebel!“
„Ich sage nein. Die Mais-Frau ist vielen Stämmen meiner roten Brüder heilig. Mais ist ein guter Verbündeter der Stämme! Wird uns helfen“, flüstert John.
„So so, Mais-Frau, aha, aber nicht bei Nacht, da ist es nur gruselig.“
„Dummer, verfackter, weißer Mann. Begreifst Du nicht. Gerade bei Nacht ist die Verbündete stark. Macht uns unsichtbar, wenn wir wollen. Hilft uns schleichen.“

Und, sehen die beiden fröstelnden Beobachter nachtsüber was? Wir machen einen GM Move. Es fällt eine 5, das bedeutet Advance a Plot. Das läuft ja wie am Schnürchen:

Hinter einem der Holzschuppen sehen die beiden Wild Cards also eine andere Gruppe, die sich ihrerseits versteckt hält, und scheinbar darauf wartet, dass in den Farmhäusern die letzten Lichter gelöscht werden.
„Sieh‘ mal einer an“, grinst Luca, „sind am Ende die Gespenster doch nur Spitzbuben aus Fleisch und Blut! Oder was denkst Du?“
„Wir schleichen uns an die heran, und fragen nett“, knurrt John, und hebt sein Kriegsbeil.

Die Würfel sind weiterhin nicht auf Lucas Seite: Während John lautlos durch den trockenen Mais schleicht, um sich der lauernden Gruppe rückwärtig zu nähern, knirscht und knackt es unter den Stiefeln des Gunslingers. Dementsprechend müssen die unbekannten Männer gar nicht erst Notice würfeln, um die Wild Cards zu hören. Aber behalten sie die Nerven genügend, um zumindest nicht gleich auf die beiden zu ballern?

Ganz knapp, sagen uns die Orakelwürfel:


Als John und Luca zwischen den Maispflanzen hervor kommen auf der Rückseite des Holzschuppens, wird ihnen bereits eine Schrotflinte entgegen gehalten von einem Bauernburschen mit angstverzerrtem Gesicht. Die anderen drei Männer haben Mistforken und Knüppel erhoben, alle Gesichter sind kreidebleich.
„Howdy, Freunde! Wer wird denn gleich brachial werden?“, raunt Byrd in vertraulichem Ton, während er unelegant aus der Deckung hervor kommt.
„Herrgott verdammt und scheiß’ die Wand an!“, entfährt es dem Bauernburschen, und er nimmt den Lauf der Flinte hoch, „Sie hätten wir schon nicht weggeputzt, Mister. Wir dachten gerade, Sie wären …“
„Ein Nachtgespenst?“, fragt Byrd munter, „das machen die hellen Klamotten! Total unpraktisch zum Schleichen, weiß ich ja selber. Ist leider das einzige, was ich derzeit habe! Aber dann sucht Ihr Ulkvögel auch nach dem Übeltäter hier, oder wie seh‘ ich das?“

Wir würfeln Persuasion für Luca, und ziehen ihm mal 2 ab, nach den wenig vertrauensvollen Umständen des Zusammentreffens. Dennoch gelingt ihm ein Erfolg dank Charismatic.

„Ja, ja! Wir sind immerhin verantwortlich dafür …“, sagt einer von den Kerlen defensiv.
„Mitverantwortlich für die Farm!“, ergänzt ein anderer schnell, „wenn bei dem ollen Whitman der Laden nicht läuft, dann ist ja auch unsere Anstellung im Arsch! Wir fühlen uns für das Gelände mitverantwortlich.“
„Und um den Mörder-Strolch ordentlich zu zersieben, habt Ihr die Schrote mitgebracht! Sauber, Jungs! Aber sagt schnell, wie kommt Ihr drauf, dass die Sackratte heute Nacht schon wieder zulangt? Der hat doch gerade erst gemeuchelt, man meuchelt doch nicht am laufenden Band, oder?“
„Was wissen denn Sie?! Gab bisher kaum 'ne Nacht, wo nich‘ irgendeiner von uns gemeldet hat, dass der Scheißkerl um die Farm rum schleicht … könnte jederzeit wieder losgehen mit dem!“, sagt einer der Knechte defensiv.
„Das ist doch nur das olle Maisfeld, das macht einen glauben, da ist einer, aber in Wirklichkeit ist da nix, nur Mais!“, gibt Byrd zu bedenken.
„Mag schon sein! Aber wir müssen eben auf Nummer sicher gehen, Fremder. Wir hätten die Arschkrampe letzte Nacht doch beinahe schon erwischt!“
„Nanu, und das habt Ihr vorhin gar nicht den Deputies geflüstert?“
„Nee, dann wären wir ja Farmer Whitman über den Weg gelaufen. Der Vogel will uns ja gar nicht hier sehen derzeit!“, gibt einer der Männer zu.
„Soso, aber er hier hat doch gerade gesagt, Ihr arbeitet für den Schlauberger! Oder etwa doch nicht?“
Die Kerle werden noch nervöser, einer lenkt ein, „Derzeit nicht, na und. Mal so, mal so. Ist hier nicht wie draußen im Maze bei der Sweetrock, wo man gleich verkloppt wird, wenn man mal eine Woche was anderes arbeitet! Der Whitman heuert uns schon wieder an, früher oder später, immerhin muss dringend geerntet werden demnächst.“
Byrd nimmt seinen verbeulten Hut ab und fährt sich nachdenklich durch die Haare, dann sagt er, „Joah, das ist ja alles etwas mysteriös. Dann ist das mit Euch Rabauken ja genauso wie mit John Plattfuss und mir! Ihr dürft gerade eigentlich gar nicht hier sein, wenn‘s nach dem Farmer ginge! Und trotzdem treibt das Pflichtgefühl Euch hierher! Das ist stark, Leute, echt stark!“
Die Tagelöhner nicken unsicher. In ihren nervösen Gesichtern steht geschrieben, dass sie hoffen, dass der Gunslinger es damit auf sich beruhen lässt?

Wir machen einen GM Move: Oha, laut dem One Page Solo Engine heißt das, Foreshadow Trouble!

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #195 am: 15.04.2024 | 01:16 »
In diesem Moment gefriert den Männern das Blut in den Adern, denn draußen im weiten Maisfeld hört man plötzlich Schritte. Die Knechte wirbeln herum in die Richtung des Raschelns, und müssen sehen, wie sich über den Maispflanzen tatsächlich eine rostige Sense gegen die mondbeschienenen Wolken abhebt, getragen von wem auch immer es ist, der sich da schwerfällig nähert!
„Kein Grund, gleich schreckhaft zu werden, Jungs! Das ist doch nur der Beknackte, der den Sensenmann mimt! Jetzt wissen wir, wo das Bürschchen ist, und können ihn einfach hops nehmen!“, flüstert Byrd enthusiastisch.
„Sie haben doch keine Ahnung, Pardner! Das ist ja kein Mann aus Fleisch und Blut, das ist wirklich ein leibhaftiger Spuk!“, entfährt es dem einen Knecht.
„Gut! Umso mehr Ehre für mein Kriegsbeil!“, knurrt John.
„Es wird gleich hier sein! Aufgepasst!“, faucht einer der Knechte.

Soundtrack: Jason Graves, Ghost Train (Hard West II OST)

Die Orakelwürfel entscheiden, dass die Landarbeiter vorerst wacker ihre Stellung halten, sie bringen die Heugabeln in Position und legen die Schrotflinte an.

„Was für 'ne Art von Spuk ist es denn?“, raunt Byrd, während er mit der Judge-Pistole auf die Reihen des Maisfeldes zielt, „und habt Ihr vier Teufelsbraten nicht vielleicht doch mehr damit zu tun als Ihr gerne zugeben wollt?“
„Das ist viel zu verrückt, um es zu erklären!“, zischt einer, „das glauben Sie uns ja doch nicht!“
„Witzig, sonst bin doch ich derjenige, der diesen Satz sagt!“, grinst der Gunslinger.
„Es ist dem Rod sein verdammter Halloween-Streich von neulich! Nur, dass es jetzt kein Streich mehr ist! Die Verkleidung hat sich … irgendwie selbstständig gemacht, und ist jetzt irgendwo dort draußen! Nachtsüber kommt sie wieder an die Farm heran! Genau wie letzte Nacht!“
„Na, was sagst Du dazu, John, alte Hütte? Und wir hatten doch schon so frohlockt, es mal wieder mit ganz normalen Outlaws zu tun zu bekommen, was?“, raunt Byrd mit einem grimmigen Lächeln.
„Still jetzt, dumme Wasichu! Wir nehmen es in die Zange, Du gehst links, ich gehe rechts! Los!“, grollt der Indianerkrieger in gedämpftem Ton.
Luca nickt aufgeregt, und die beiden lassen die vier Landsknechte stehen und verschwinden mit eingezogenen Köpfen und erhobenen Waffen im Maisfeld, so schnell und leise wie sie können.

Gelingt meine Taktik? Die Orakelwürfel sagen als Antwort erneut, Foreshadow Trouble. Der Schleicher im Maisfeld ist demnach nicht das einzige Problem, das wir haben!

„Stehen bleiben und Flossen über die Köpfe, Ihr verfackten Halunken!“, hört man eine unsichere Stimme rufen, aus Richtung des Farmhauses, und ein Winchester-Gewehr wird geräuschvoll durchgeladen, „wir haben Euch umstellt!“
Das klang sehr nach Farmer Whitman, der hat ebenfalls seine Vorbereitungen getroffen! Oh ha, Familie Whitman hat wohl ihrerseits zu den Schießprügeln gegriffen, wer weiß, wie viele es sind! Jetzt aber ist keine Zeit für Erklärungen!

Die Orakelwürfel rollen erneut, und entscheiden, dass John und Luca den Gegner indessen nicht umzingeln können im Maisfeld.

Mit hämmerndem Puls schleichen sie beide immer dem Geraschel nach. Da, eine Silhouette im Mondlicht zwischen den Reihen! Auf einmal stehen sie sich beide gegenüber, der eine mit angelegten Schießeisen, der andere mit erhobenem Kriegsbeil. Beide glotzen doof aus der Wäsche, keuchen vor sich hin. Wo also ist der angebliche Spuk?!

Die Orakelwürfel beantworten diese Frage entschieden:

In dem Moment ertönt panisches Geschrei aus Richtung des Schuppens, am Rand des Maisfeldes, und eine Schrotladung wird abgefeuert. Von weiter hinten ertönt mehrmals das Krachen der Winchester, in Reaktion darauf. Unverständliche Drohungen werden geschrien. Schritte rennen aufgescheucht durcheinander.

Luca und John bahnen sich rennend ihren Weg zurück, und sehen noch, wie die Vierergruppe sich gerade hastig verteilt. Da, von wo die Knechte flüchten, ist eine grausige Gestalt zu sehen, in ungelenker Pose, schief steht sie da, mit viel zu langen, zu dünnen Beinen und Armen, hebt nach ihrer Greueltat die alte Sense erneut, und wendet sich staksend nach den beiden Wild Cards um. Ihre Augen sind lodernde, orange Lichter, und auch aus ihrer überbreiten Grinsefresse lodert dasselbe Leuchten.



… Es ist eine Scarecrow! Die beiden Recken müssen mit -2 einen Furcht-Wurf absolvieren; nebst dem Abzug durch Gomorras Furcht-Level ist das mal eben -4! Byrd schafft es dank dem Reroll von seinem Guts-Vorteil. John hat ebenfalls einen Reroll wegen seinem Old Ways Vow, aber der zweite Wurf sind Schlangenaugen — ein Kritischer Misserfolg! So wie das letzte Pflanzenmonster auch (die Cactus Queen) erwischt dieser Anblick den Indianer offensichtlich auf dem falschen Fuß: In seiner Weltordnung sollten Pflanzen doch Verbündete sein. Der W20 ist ihm allerdings relativ gnädig, und er wird nur Shaken durch die Furcht-Tabelle. Mit offenem Mund lässt er seine Axt sinken und taumelt ungläubig rückwärts. In hilfloser Stimme krächzt er ein paar Worte auf Algonkin.

Dann wollen wir mal Aktionskarten austeilen! Die Scarecrow war schon einer meiner Lieblings-Gegner bei Deadlands seit ihrem Ersterscheinen im klassischen Monsterhandbuch („Rascals, Varmints & Critters“), und sie hat für SWADE ein Update bekommen, das sie sogar noch umso besser funktionieren lässt (Seite 184 im DL-Grundbuch)! Dieser Scarcrow hier geben wir außerdem den zusätzlichen Vorteil Sweep, und statt der Weakness im Grundregelwerk kriegt sie eine alternative Schwachstelle, passend zu diesem Szenario.
… Die werden unsere Wild Cards aber erstmal rausfinden müssen! Erstmal heißt es, einfach draufhalten!

Den Kampf beginnen die flüchtenden Landsknechte. Der Bursche mit der Schrote gibt seinen zweiten Schuss ab und erwischt damit die halbmenschliche Gestalt aus der Ferne, durchlöchert ihren mageren Torso mit Schrot. Die Vogelscheuche gibt einen ihrer zwei Bennies aus und absorbiert, erhält jedoch trotzdem noch ein Wundlevel. Die geflickte, schwarze Jacke die sie trägt, wird von den Kügelchen zerfetzt, und … fauliges Stroh fliegt in alle Richtungen! Würde ein Mensch unter der Kostümierung stecken, müsste jetzt wenigstens Blut zu sehen sein. Das hagere Etwas scheint insgesamt unbeeindruckt von dem Treffer.
Mister Byrd macht einen gezielten Schuss auf den übergroßen Kürbiskopf der Erscheinung. Mit Improved Rapid Fire hat er mehrere Shooting-Würfel, und trifft zweimal. Der Kürbiskopf wird von Patronen zersiebt, eine Art orange Pampe fliegt, die eine Gesichtshälfte bricht in Splittern aus Kürbisschale auseinander, und faseriges Fruchtfleisch ergießt sich daraus, das infernalische Flackern kommt jetzt nur noch aus der anderen Augenhöhle und dem Maul.
Damit ist die Scarecrow am Zug, holt mit ihrer Sense aus, und versucht einen Sweep gegen beide Wild Cards. Mit einem Resultat von 10 werden beide getroffen, und Shaken; da John schon Shaken ist, muss er nun eine Wunde absorbieren mit einem Benny, aber schafft es mit geballter Muskelmasse. Ein gurgelndes Lachen erschallt aus dem zusammenfallenden Kürbiskopf, grünliche Flammen lecken unkontrolliert daraus hervor.
John Bloody Knife fletscht angewidert die Zähne, wirbelt sein beidhändiges Beil über seinem Kopf herum, und bringt es mit Raise hernieder, die daran befestigten Klapperschlangen-Zähne rasseln ominös (ich benutze den Schadensbonus, was ich einmal pro Story darf), und mit 21 Schaden wird die große, dürre Gestalt zerschmettert, und zerfällt im Matsch in Einzelteile.

Luca Byrd bläst die Backen auf, wechselt einen Blick mit John, und kniet vorsichtig neben dem niedergestreckten Gegner nieder.
„Na sieh’ mal einer guck, der Lulatsch hat tatsächlich alte Stöcker als Knochengerüst und einen Strohsack als Gedärm! Und in dem Kürbis ist nix drin!“
Das Flackerlicht ist ausgegangen, und nur noch ein ekelhaft schwefeliger Qualmgestank entsteigt den Resten des Kürbiskopfs durch die eingeschnitzten Löcher.
„Na, das war doch überhaupt nicht schwer, für so Teufelskerle wie uns!“, sagt er, und begutachtet seinen von der Sense aufgeschlitzten Mantelärmel, darunter hat er nur einen Kratzer.
Die zitternden Knechte wagen sich wieder näher: „... Vor ein paar Wochen hat Rod hier in dem verdammten Kostüm gesteckt! Ja, verkleidet als lebendige Vogelscheuche! Mit dem Kürbiskopf und der alten Sense, ganz so, wie er im Frühjahr die Puppe draußen im Feld zusammengebaut hatte, um die Krähen zu verscheuchen!“

Jetzt wissen wir immerhin schon mal, wer der Mörder ist. Laut FlexTale-Regeln ist das der erste Clue für unsere
Queste: Dem Mörder von der Whitman-Farm das Handwerk legen (Clue Target 1\3).
« Letzte Änderung: 15.04.2024 | 01:25 von Schalter »

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Re: [Deadlands] Savage West Solo Play
« Antwort #196 am: Gestern um 13:06 »
Rod Carpenter war damit das scheinbar letzte Opfer der Scarecrow. Mit ihrer Sense hat sie den wettergegerbten Landarbeiter neben dem Holzschuppen niedergestreckt. Farmer Whitman und zwei seiner Söhne wagen sich heran und nehmen ihre Winchester-Gewehre runter. Sie wollen gerade anfangen, den ungebetenen Gästen auf ihrem Grundstück ganz gehörig die Meinung zu geigen, bis sie sehen, was hier vorgefallen ist. Erneut ist ein Knecht gekillt worden, und wenige Meter weiter liegen die zerschmetterten Überreste … einer Vogelscheuche.



Ob die Whitmans wohl schon ahnen, dass der Mörder tatsächlich eine übernatürliche Gefahr ist? Wenn ja, werden sie ihre Meinung von den Wild Cards revidieren. Aber wenn nein, sind die beiden Wild Cards und die drei überlebenden Tagelöhner in Erklärungsnot!
Die Orakelwürfel entscheiden ganz knapp:


Eins der Kinder im Whitman-Farmhaus spricht schon seit Tagen davon, dass eine der Vogelscheuchen aus den Maisfeldern lebendig geworden sei, und des nachts um die Gebäude schleichen würde. Nun sieht es für den Bauern so aus, als habe sich dieses kindliche Geschwätz tatsächlich bewahrheitet! Der Whitman und seine Söhne zweifeln in diesem Schock-Moment zwar offensichtlich noch an ihrem eigenen Verstand, aber sie werden die ungeheuerliche Wahrheit schließlich akzeptieren.

Die drei überlebenden Knechte gucken auch nicht fideler drein. Sie erklären, dass sie der Meinung sind, ihr ursprünglicher Halloween-Streich von neulich habe sich irgendwie verselbstständigt. Buchstäblich …! Ursprünglich hatte Rod Carpenter die Klamotten und den hohlen Kürbiskopf der Vogelscheuche nur als Kostüm getragen, um die anderen Farmarbeiter zu erschrecken. Dann aber hat die Vogelscheuche sich von selbst des nachts auf die Beine gemacht, ihren Posten im Maisfeld verlassen, komplett mit Stroh und Gestänge! Farmer Whitman konnte man davon nichts erzählen, der hätte seinen versoffenen Tagelöhnern nur mächtig in den Arsch getreten. Seitdem versuchen sie verzweifelt, die Spukerscheinung mit ihren Mistforken und mit der Schrotflinte niederzujagen. Rod Carpenter hat sich auf schwer zu beschreibende Art verantwortlich gefühlt, geradezu, als wenn sein böser Streich ungewollt der Grund für den Spuk gewesen wäre. Er hat ihn jedenfalls teuer bezahlt! Er ist der mittlerweile dritte, der auf dem Farmgelände der alten Sense zum Opfer gefallen ist.
„… Immerhin ist damit der Spuk aus und vorbei!“, sagt der Bursche mit dem Schrotgewehr, „die beiden Fremden hier haben ja kurzen Prozess gemacht mit dem Ungetüm!“
Byrd haut ihm auf die Schulter, „Dein Treffer mit der Büchse war aber auch große Klasse, Pardner! Noch dazu von so weit weg!“
„Dann müssen wir Sheriff Coleman wohl schon wieder herkommen lassen …“, knurrt Whitman.
„Für diesen Schlamassel hier brauchen Sie wahrscheinlich eher Vater Juan Navarro!“, schlägt Byrd vor, „ein kleiner Exorzismus oder sowas, das wäre doch nicht schlecht!“
„Meinen Sie?!“, fragt Whitman.
„Joah … zumindest bringt das ganze geistliche Ding vermutlich mehr, als der Sheriff hier noch tun kann. In diesem Sinne, wollen wir dann mal gehen, John Plattfuß?“
„Wir gehen, Luca Plappert-Mehr-Bullshit-Als-Er-Sollte. Dummer, verfackter, weißer Mann. … Wir sind hier fertig, die Geister sind beschwichtigt.“


Aber da sind unsere beiden Helden leider auf dem Holzweg. Da sie nicht die Weakness der Vogelscheuche kennen, konnten ihre Attacken den Feind zwar ausschalten, aber nicht vernichten. Am übernächsten Morgen bereits ist auf dem Town Square erneut Shouting Tom lautstark zu vernehmen, der aus Richtung der Whitman-Farm gerannt kommt, und kund tut: „Habt Ihr‘s schon gehört, habt Ihr‘s schon gehört? Auf der Whitman-Farm ist schon wieder die Kacke am Dampfen! Die Leute leben da in Angst und Schrecken! Der Mörder schleicht wieder nachts umher!“
Joycelyn und Luca stehen im Eingang des Red Hill Hotel, und wechseln verblüfft einen Blick.
„Ich dachte, Du und John habt das Biest getötet!“, flüstert Joycelyn.
„Sapperlot, das haben wir doch auch gemacht!“
Shouting Tom rennt auf dem staubigen Platz umher wie von der Tarantel gestochen und skandiert weiter: „Alle herhören, alle herhören! Beknackte glauben, eine der Vogelscheuchen sei’s gewesen! Alle Knechte da draußen sind immerzu besoffen, und die fantasieren! Der eigentliche Mörder läuft derweil immer noch frei rum! Alle müsst Ihr bloss weg bleiben von der Whitman-Farm, hört Ihr Leute, da läuft nachts der Mörder rum!“
„Der Bubi geht mir ein bisschen auf den Keks“, gibt Byrd zu.
„Man weiß nicht, ob er es gut meint, oder einfach nur Spaß daran hat, herumzubrüllen“, bestätigt Joycelyn.
„Womöglich von beidem etwas“, sagt der Gunslinger, „ich sag‘ Dir was, meine liebe Joycelyn: Wir beide rufen das Aufgebot wieder zusammen, und gehen heute Nachmittag allesamt wieder raus zur Whitman-Farm. Und bringen da jetzt Licht in die Sache, diesmal so richtig!“
Joycelyn hebt abwehrend die Hände: „Das ist doch sinnlos, jetzt wo May B. nicht mehr da ist, und Rex! Die beiden waren unsere …“, und sie zögert, sieht sich vorsichtig um, senkt die Stimme noch mehr, „… unsere Fachleute für Geister und Hexerei! Da steckt doch irgendein Fluch dahinter, oder es spukt, oder was weiß ich! Da können wir rumballern so viel wir wollen, das Ding dort draußen ist vermutlich ein Phantom, da braucht es diese blauen Blitze von May, oder Shadracks Runen-Kugeln, oder so!“
„Papperlapapp, gegen den Kürbis-Heini haben vorletzte Nacht normale Totmach-Gerätschaften ganz gut funktioniert! Durch Phantome geht sowas doch einfach durch, die haben doch so Fressen aus Nebel, das ist was anderes, haben wir alles schon gesehen! … In jedem Fall müssen wir da noch mal einschreiten, mit dem Aufgebot, das kann man doch nicht den Law Dogs überlassen!“
„Lass‘ mich da raus, Luca, ohne May B. mach‘ ich das nicht. Und die kommt wahrscheinlich nie zurück!“
Byrd blinzelt verwirrt, „Soll das heißen, Du machst nicht mehr mit?! Aber Joycelyn! Ohne Dich ist das Aufgebot am Arsch!“
„Quatsch, natürlich mache ich weiter mit. Aber nur, wenn wir auch was ausrichten können. Wenn die nächsten Banditen aus Fleisch und Blut Ärger machen, oder meinetwegen Ungetüme, die man erschießen kann, sag‘ wieder Bescheid.“


Unsere Prominente hat natürlich recht, einem übernatürlichen Phänomen können die beiden Haudraufs Luca und John wahrscheinlich nicht beikommen, da brauchen sie Hilfe. Glücklicherweise haben wir zwischenzeitlich ein paar neue Amigos und Verbündete machen können in der Stadt.

John und Luca marschieren gemeinsam in den Buffalo Chip Saloon, wo jetzt um die Vormittagszeit wenig los ist. Nur an einigen Craps-Tischen werden ein paar Würfelspiele mit Penny-Einsätzen angeboten.
Mallory Kentrall schaut verwundert von ihrer umfangreichen Brief-Korrespondenz auf, die fein säuberlich vor ihr ausgebreitet ist, sie sitzt an einem Tisch in der hintersten Ecke des Schankraums.
„Wir bräuchten mal Ihre Hilfe in so einer Sache“, eröffnet Byrd unverblümt, indem er sich an die Hutkrempe tippt, „gewissermaßen verkehrte Welt, kann man sagen.“
„Gesegneten guten Tag, Mister Byrd, Mister Bloody Knife. Wie meinen Sie das denn?“, fragt Miss Kentrall, wie beiläufig ihren Schreibkram so ordnend, dass man nicht rein zufällig irgendwas mitlesen kann.
„Na ja Miss Kentrall, normalerweise kommen Sie ja zu uns mit irgendwelchen Hilfegesuchen. Zum Beispiel letztes Mal … darum verkehrte Welt, weil diesmal brauchen wir ausnahmsweise Ihre Mitwirkung.“
„Ich höre immer 'normalerweise'! Mit Verlaub, da muss ich mir ja ein Lachen verkneifen, Mister Byrd …“
“Lachen Sie ruhig, das ist gesund und macht sympathische Grübchen!“
„… ich für meinen Teil erinnere mich sehr gut an letztes Mal, und daraufhin habe ich Ihnen eine Menge ihrer Fragen beantwortet zum Ausgleich. Wie von Mister Shadrack so ausgehandelt …! Ich habe obendrein nicht einmal widersprochen, als sie die Geschichte gleich im Anschluss zum öffentlichen Geschwätz im nächstbesten Saloon gemacht haben. Wir sind wieder quitt.“
„Und Ihre Kastanien aus dem Feuer geholt haben wir aber auch, bei unserem ersten Treffen! Da könnten wir Ihnen mittlerweile was erzählen, Miss Kentrall, was diese blauen Spinnentiere mit ihrer Beute machen, wenn die genügend Zeit haben, ui ui ui, da wird man nämlich eingewickelt und irgendwo kalt gestellt, wahrscheinlich zur späteren Verspachtelung! … Aber überhaupt, Miss Kentrall, wer spricht denn überhaupt vom Quitt-Sein? Das wäre ja irgendwie kleinlich! Hier ist die Stadt in Gefahr, nichts weniger als das, und da sind wir als tatkräftige Bürger auch echt mal ein bisschen im Handlungszwang!“
„Gehe ich also zu Recht davon aus, dass Ihre Sache sich zu allem Überfluss auch noch finanziell nicht lohnt?“, fragt die Kentrall forsch. Sie ist aalglatt!
Byrd nimmt den Hut ab und kratzt sich am Schopf, dreht sich zu John um.
„Öh … hatten wir noch nicht bedacht. Öh, nein? Könnte man aber bestimmt noch nachverhandeln! Bauer Whitman lässt vielleicht was springen, wenn wir ihm seine Erntesaison retten!“
„Ach, daher weht der Wind. Ich hätte es mir denken können.“
„Sie haben natürlich davon läuten gehört. Ich sag’ ja, das ist was für Sie! Sie waren doch auch bei Manta Blake die Hocus-Pocus-Beauftragte!“, sagt Byrd zwinkernd, in gedämpftem Ton, „so jemanden brauchen wir jetzt. Ohne Sie kommen wir wahrscheinlich nicht weiter! Miss Wickett und der gute, alte Mister Shadrack sind verschollen.“
Die Kentrall nickt, „Davon habe ich auch gehört. … Die Männer in Schwarzen Dustern?“
„Wie beliebt?!“
Mallory Kentrall senkt die Stimme noch mehr, „Steckt die Regierung dahinter, Sie Tunichtgut! Wurden die beiden von den Hexenjägern der Nordstaaten … geholt?
„Die gibt’s doch nicht hier draußen im Niemandsland! Da steckt etwas ganz anderes dahinter, Miss!“, und seine blauen Augen blitzen, als er eine Idee hat, und er endet spitzbübisch, „Haha, sagen John und ich Ihnen aber nur, wenn Sie bei uns mitmachen!“
„Sind Sie bei dieser Sache wieder an die Whateleys und die Curwens geraten …?“, fragt sie vorsichtig.
„Nee, es ist ein freischaffendes Phantom, ohne Fraktions-Zugehörigkeit. Es scheint leider den biblischen Trick mit der Auferstehung kopiert zu haben.“
„Hüten Sie Ihre Zunge lieber, was solcherlei Blasphemie anbelangt, das hilft Ihrem Seelenheil womöglich. … Wenn die Whateleys nicht ihre Finger im Spiel haben, bin ich bereit, mit Ihnen zu kollaborieren. Wenn auch mit einem gewissen Widerstreben, wie ich unverhohlen zugebe.“
„Ja, große Klasse, Miss Kentrall!“, freut sich Luca, „aber warum denn nur Widerstreben?“
„Ihre Taktiken sind schlampig, Ihre Recherchemethoden und -quellen so fragwürdig wie Ihre Motivation, und Sie sind allesamt ungehobelt. Wirklich, Sie haben so eine Art Haudrauf-Attitüde. Eine ‚Wird-schon-klappen’-Einstellung, die in Zeiten wie diesen äußerst gefährlich ist.“
„Ja, Sie haben ja recht, ich vermisse Mister Shadrack und sein Zutun auch! Das fehlt!“
„Meine Kritik an Ihrer Arbeitsweise schließt Mister Shadracks Zutun mit ein.“
„Immerhin konnten wir Sie vor dem Court und den Whateleys warnen! Da waren unsere Recherchequellen erste Sahne!“
„Da hatten Sie einfach Glück.“
„Sie haben folglich Ihre Haltung den Whateleys gegenüber geändert, Miss?“
„… Es ist Ihnen tatsächlich gelungen, mich davon zu überzeugen, dass diese Sippe hinter Ivor Curwens Taten gesteckt hat. Still jetzt, die Wände haben Ohren. Auch hier.“
„Ach, klar. Hey, dann reden wir in einer Stunde weiter, auf dem Weg zur Whitman-Farm! Sie werden sehen, der Herr Grundstücksbesitzer wird sich einen Ast freuen, wenn wir wieder zu seiner Rettung eilen!“
Mallory Kentrall legt skeptisch den Kopf schief und sagt, „Irgendetwas sagt mir, dass Farmer Whitman Sie im Gegenteil ähnlich enervierend findet wie ich selbst es tue, Mister Byrd.“
„Schön gesagt!“, sagt Luca strahlend und klatscht voll Tatendrang in die Hände, „aber für Komplimente ist jetzt keine Zeit! Packen Sie mal schön ihre Fachbücher zusammen, wir treffen uns in einer Stunde am Ortsausgang!“