Autor Thema: Was macht ein System kampagnentauglich?  (Gelesen 3650 mal)

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Offline Gunthar

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #25 am: 8.02.2022 | 08:41 »
Komisch, das eingeschränkte Gefühl bei SR:A bei der Charakterentwicklung hatte ich irgendwie nur bei den im Buch vorgefertigten Charakteren. Man kann die Schranken aushebeln, wenn man will.
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Offline JS

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #26 am: 8.02.2022 | 09:02 »
Dem Shadowrun Anarchy Regelwerk hängt der Ruf nach, nicht wirklich für ein langfristiges Spiel geeignet zu sein. - Andererseits sagen die Meisten, die es wirklich gespielt haben, dass es out-of-the-box gar nicht spielbar ist. Von daher kann man das mit der Kampagnentauglichkeit dann auch direkt mit hausregeln. ;D Das Hauptproblem im Falle von SR:A ist wohl tatächlich die sehr beschränkte Möglichkeit zur Charakterentwicklung, aber da sehe ich eigentlich auch gar nicht das Ziel dieser alternativen Regeln.

Wir haben es eine Kampagne lang gespielt. Somit geht das. Es hat ein paar nervige Lücken, und die Spieler haderten mit dem Fehlen der NY, aber regeltechnisch war es kein Ding.
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline tanolov

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #27 am: 8.02.2022 | 13:46 »
Blades in the Dark wäre ein Beispiel, das mir sofort einfällt.

Das System mit integriertem Setting ist für offenes Sandboxing gemacht und eignet sich für eine Fertigkampagne (die man z.B. aus anderen Systemen adaptieren könnte) schon deshalb nicht, weil die eingebauten Eskalationsschrauben es unmöglich machen, ein "offenes Fahrwasser" für die SCs in Richtung vorgedachter Plot zu garantieren - allein durch die Mechanik des Stressabbaus kann ein SC mit Würfelpech (oder -glück, je nachdem wie man es sieht) in große Schwierigkeiten geraten, die die Dynamik der gesamten Gruppe zum Gefüge der befreundeten und verfeindeten Fraktionen verändern. Das eskaliert dann wie ein Schneeballsystem und macht Kampagnen, wo von vorneherein NSC oder Fraktionen so-und-solange leben müssen oder X oder Y tun sollten, quasi unmöglich, außer die Spielleitung regelt permanent gegen gewürfelte Ergebnisse oder lässt Teile der Regeln weg.

In diesem Kontext würde ich sagen, dass Blades dadurch (plan-)kampagnenuntauglich ist, weil alle SCs jederzeit Konflikte erzeugen oder Traumas erleiden können, die Motivationen grundlegend verändern kann, wenn man sie halbwegs ausspielt. Ein vorgegebenes, stringentes Plotgefüge verbietet sich da eigentlich automatisch.

das eröffnet jetzt die frage was eine kampagne ist.

für mich ist kampagne immer auf längeres spiel (willkürliche grenze: > 10 Sessions) ausgelegt und hat mehr als eine "Teilstory".
Daher ist blades in the dark für mich sehr gut für kampagnen geeignet, grade weil soviel zeug passieren kann das man dann erstmal verfolgen und zu einer auflösung bringen muss. Dagegen ist z.b. Monsterhearts für mich kein Kampagnenspiel, weil sich das initiale Chaos schneller auflöst und nichts neues reingeworfen wird. (es sei denn man macht das als spieler/gm)

Offline AlucartDante

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #28 am: 8.02.2022 | 14:22 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.

Bei Shadowrun Anarchy ist glaube ich der Punkt ein anderer: Wenn es verschieden komplizierte Regelwerke zum gleichen Rollenspiel gibt, wird man für einen one-shot eher zu den einfachen greifen, um schnell starten zu können. Bei einer längeren Kampagne greift man eher zu den komplexeren, um mehr Möglichkeiten zu haben.

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #29 am: 8.02.2022 | 14:25 »
das eröffnet jetzt die frage was eine kampagne ist.

für mich ist kampagne immer auf längeres spiel (willkürliche grenze: > 10 Sessions) ausgelegt und hat mehr als eine "Teilstory".
Daher ist blades in the dark für mich sehr gut für kampagnen geeignet, grade weil soviel zeug passieren kann das man dann erstmal verfolgen und zu einer auflösung bringen muss. Dagegen ist z.b. Monsterhearts für mich kein Kampagnenspiel, weil sich das initiale Chaos schneller auflöst und nichts neues reingeworfen wird. (es sei denn man macht das als spieler/gm)

Aus dem Bauch heraus würde ich Monsterhearts auch nicht benutzen wollen, aus dem von dir genannten Grund. Ich vermute aber, das geht, wenn man sich in der Auflösung bremst.
« Letzte Änderung: 8.02.2022 | 17:59 von Crimson King »
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #30 am: 8.02.2022 | 14:36 »
Für mich braucht eine Kampagne, die Möglichkeit zum "unendlichen" Spiel. Dazu braucht es zeitliche und räumliche Kontinuität.

Auf das Spiel im Sinne von "System" angewandt, benötige ich also z.B. Figuren, die grundsätzlich in der Lage sind, lange genug zu überleben. Das Spiel sollte möglichst ergebnissoffen sein. Die Modelle sollten es mir erlauben, auch jene Dinge zu bespielen, die das Spiel nicht explizit "verregelt".

Online ghoul

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #31 am: 8.02.2022 | 14:38 »
Eine lebendige, sich verändernde Spielwelt ist erforderlich, mit der die Personnagen interagieren können.
Systeme, die das unterstützen, sind kampagnentauglich.

Bspw. Classic Traveller funktioniert auch ohne nennenswerte Entwicklungsmöglichkeit der Personnagen-Stats.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #32 am: 8.02.2022 | 14:40 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.

Ich würde sagen, die Möglichkeit zur Charakterentwicklung braucht's dafür irgendwie schon -- einfach, weil es für manche Charaktere wenig Sinn ergibt, daß sie sich im Laufe des Spiels längerfristig gar nicht merkbar verändern sollen. Dabei muß man aber zum einen mMn zwischen Entwicklung einer- und schlichtem Machtzuwachs allein andererseits unterscheiden, weil das einfach nicht dasselbe Konzept ist, und zum anderen will ich auch normalerweise keinen harten Zwang zum "Aufstieg"; es gibt ja genauso auch Charakterkonzepte, die einmal erstellt ruhig weitgehend statisch bleiben können, ohne daß das irgendjemandem wehtut, und nicht jeder wird sich auf den höchsten Stufen (oder dem Gegenstück dazu), die ein System vielleicht im Endstadium zu bieten hat, überhaupt so recht zu Hause fühlen. (Insbesondere letzteres kann leicht für Spieler wie SL gleichermaßen gelten.)

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #33 am: 8.02.2022 | 14:44 »
Charakterentwicklung geht nicht nur über Stats, sondern bspw. über Einfluss in der Spielwelt und über Entscheidungen, auf denen die Persönlichkeitsentwicklung der Personnage fußt.
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Online Colgrevance

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #34 am: 8.02.2022 | 14:48 »
Ich würde sagen, die Möglichkeit zur Charakterentwicklung braucht's dafür irgendwie schon [...]

In welchem Rollenspiel ist denn eine Charakterentwicklung nicht möglich? Entwicklung muss ja nicht zwangsläufig eine Veränderung der spielmechanisch relevanten Werte bedeuten, und mir fällt spontan kein Rollenspiel ein, bei dem ich die Persönlichkeit des SCs nicht im Spiel verändern könnte (ob das immer plausibel ist, ist eine andere Frage).

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #35 am: 8.02.2022 | 15:03 »
Charakterentwicklung geht nicht nur über Stats, sondern bspw. über Einfluss in der Spielwelt und über Entscheidungen, auf denen die Persönlichkeitsentwicklung der Personnage fußt.

Nicht nur, aber eben auch -- und einem System, das diesen Weg tatsächlich kategorisch ausschließen wollte (was ja kein ganz hypothetischer Fall ist), würde ich dementsprechend auch und gerade in Sachen Kampagnentauglichkeit schon mißtrauisch begegnen. Selbe Antwort sinngemäß @Colgrevance.

Offline takti der blonde?

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #36 am: 8.02.2022 | 15:11 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.


Und zumindest Classic Traveller hat Regeln für Training.

Offline Doc-Byte

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #37 am: 8.02.2022 | 16:02 »
Komisch, das eingeschränkte Gefühl bei SR:A bei der Charakterentwicklung hatte ich irgendwie nur bei den im Buch vorgefertigten Charakteren. Man kann die Schranken aushebeln, wenn man will.

Ich hatte den Eindruck, dass die Möglichkeiten (speziell in Hinblick auf das Booster-Konzept) doch recht eingeschränkt sind, aber kann mich natürlich irren. Für mich war das SR:A Regelwerk eigentlich tatsächlich für Spielrunden auf Conventions interessant, aber dazu ist es leider nie gekommen. Ich glaube aber, die Diskussion würde hier zu weit vom Thema wegführen. Ich wollte da nur kurz meinen Eindruck wiedergeben.

Wir haben es eine Kampagne lang gespielt. Somit geht das. Es hat ein paar nervige Lücken, und die Spieler haderten mit dem Fehlen der NY, aber regeltechnisch war es kein Ding.

Mit Regelwerken, die ohne Geld als eigene Ressource auskommen, hab ich mich inzwischen tatsächlich angefreundet. Da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, das umzusetzen. (Also, ich kenne immerhin zwei. ;D) Tatsächlich ist das sogar ein interessanter Ansatz in Hinblick auf die Frage nach der Charakterentwicklung, weil je nach Ansatz dann auch die Ausrüstung stärke als Teil der Charakterentwicklung angesehen werden kann, wenn sie über XP/Karma/etc. statt "Geld" bezahlt wird.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #38 am: 8.02.2022 | 17:11 »
Nicht nur, aber eben auch -- und einem System, das diesen Weg tatsächlich kategorisch ausschließen wollte (was ja kein ganz hypothetischer Fall ist), würde ich dementsprechend auch und gerade in Sachen Kampagnentauglichkeit schon mißtrauisch begegnen. Selbe Antwort sinngemäß @Colgrevance.

Konjunktiv hin, Misstrauen her - welche(s) existierende(n) System(e) hast du da denn konkret im Sinn?

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #39 am: 8.02.2022 | 17:43 »
Konjunktiv hin, Misstrauen her - welche(s) existierende(n) System(e) hast du da denn konkret im Sinn?

Primärbeispiel Traveller -- wobei sich seit der Version, die ich vor X Jahren kennengelernt habe (muß nach Wikipedia wohl das eingedeutschte Original gewesen sein, Megatraveller kam später), inzwischen wieder ein paar Editionen ergeben haben, so daß sich der bewußte Kritikgrund mehr oder weniger erledigt haben mag. Tatsache ist, daß zumindest meiner trüben Erinnerung nach so ziemlich die einzige Möglichkeit, am Können des eigenen Charakters nach der Erschaffung noch was zu ändern, damals darin bestand, eigens noch mal vier Spielweltjahre in entsprechendes Training zu investieren. Was natürlich für jemanden, der vielleicht überhaupt nur mit "Entermesser 1" und sonst nix angefangen hatte (und ich meine, beim Auswürfeln probehalber auch mal mindestens einen solchen Charakter produziert zu haben), trübe Aussichten für die Zukunft verhieß...

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #40 am: 8.02.2022 | 18:00 »
Primärbeispiel Traveller -- wobei sich seit der Version, die ich vor X Jahren kennengelernt habe (muß nach Wikipedia wohl das eingedeutschte Original gewesen sein, Megatraveller kam später), inzwischen wieder ein paar Editionen ergeben haben, so daß sich der bewußte Kritikgrund mehr oder weniger erledigt haben mag. Tatsache ist, daß zumindest meiner trüben Erinnerung nach so ziemlich die einzige Möglichkeit, am Können des eigenen Charakters nach der Erschaffung noch was zu ändern, damals darin bestand, eigens noch mal vier Spielweltjahre in entsprechendes Training zu investieren. Was natürlich für jemanden, der vielleicht überhaupt nur mit "Entermesser 1" und sonst nix angefangen hatte (und ich meine, beim Auswürfeln probehalber auch mal mindestens einen solchen Charakter produziert zu haben), trübe Aussichten für die Zukunft verhieß...

Erstens hat Traveller in der aktuellen Version (MgT2) durchaus Steigerungsregeln, und zweitens wäre mir neu, dass Traveller eine Veränderung (es muss ja nicht immer eine Verbesserung sein) der Spielwerte jemals explizit ausgeschlossen hätte. Durch Alterung sinken bei Traveller ja z. B. auch die Attribute, was ebenfalls eine Veränderung des Charakters modelliert.

Mir ist noch kein Rollenspiel begegnet, in dem explizit und kategorisch eine Veränderung der Werte ausgeschlossen worden wäre (wie gesagt, es muss ja nicht unbedingt eine Verbesserung sein; eine Reduktion der Werte durch Verletzung o. ä. wäre, ggf. im Rahmen von Rulings, ja auch möglich) - es hätte mich daher mal interessiert, was für Beispiele dafür existieren.

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #41 am: 8.02.2022 | 18:04 »
Eine lebendige, sich verändernde Spielwelt ist erforderlich, mit der die Personnagen interagieren können.
Systeme, die das unterstützen, sind kampagnentauglich.

Bspw. Classic Traveller funktioniert auch ohne nennenswerte Entwicklungsmöglichkeit der Personnagen-Stats.

Entscheidend ist weniger, dass sie es unterstützen, als vielmehr, dass sie es nicht verhindern. Und da fällt mir spontan kein System ein, außer Sachen mit Closed Room-Charakter, die eh schon als One Shots konzipiert sind, wie beispielsweise Montségur.

Was die Charakterentwicklung über Zahlenwerte angeht, stimme ich zu. Die ist im Grunde genommen durch DnD tradiert, es braucht sie aber nicht.
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J.W. von Goethe

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #42 am: 8.02.2022 | 18:17 »
Erstens hat Traveller in der aktuellen Version (MgT2) durchaus Steigerungsregeln, und zweitens wäre mir neu, dass Traveller eine Veränderung (es muss ja nicht immer eine Verbesserung sein) der Spielwerte jemals explizit ausgeschlossen hätte. Durch Alterung sinken bei Traveller ja z. B. auch die Attribute, was ebenfalls eine Veränderung des Charakters modelliert.

Mir ist noch kein Rollenspiel begegnet, in dem explizit und kategorisch eine Veränderung der Werte ausgeschlossen worden wäre (wie gesagt, es muss ja nicht unbedingt eine Verbesserung sein; eine Reduktion der Werte durch Verletzung o. ä. wäre, ggf. im Rahmen von Rulings, ja auch möglich) - es hätte mich daher mal interessiert, was für Beispiele dafür existieren.

Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

Offline Arldwulf

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #43 am: 8.02.2022 | 18:33 »
Eine Charakterprogression in irgendeiner Form ist zumindest ein sinnvolles Mittel um einzelne Abenteuer zu einer Kampagne werden zu lassen. Eine gleichförmige Reihe von Abenteuern ohne Entwicklung des (aus Innenweltbetrachtung) Schwierigkeitsgrads würde sich für mich stärker wie eine Ansammlung von Kurzgeschichten ohne Struktur und Reihenfolge anfühlen.

Insofern ja: Charakterprogression ist ein Kampagnenwerkzeug.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #44 am: 8.02.2022 | 18:35 »
Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

Wie gesagt, Classic Traveller hat, wie du selbst merkst, Trainingsregeln. Sie mögen dir langsam scheinen, da sind sie trotzdem. :)

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #45 am: 8.02.2022 | 18:42 »
Eine Charakterprogression in irgendeiner Form ist zumindest ein sinnvolles Mittel um einzelne Abenteuer zu einer Kampagne werden zu lassen. Eine gleichförmige Reihe von Abenteuern ohne Entwicklung des (aus Innenweltbetrachtung) Schwierigkeitsgrads würde sich für mich stärker wie eine Ansammlung von Kurzgeschichten ohne Struktur und Reihenfolge anfühlen.

Insofern ja: Charakterprogression ist ein Kampagnenwerkzeug.

Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #46 am: 8.02.2022 | 19:04 »
Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.

Nun -- nicht alle Spielwerte sind allein "Fähigkeiten", und je nach System sind andere Dinge, die sich ändern mögen, auch nicht automatisch nur unverregelter Fluff. Mein Comic-Superheld kriegt als Resultat eines Abenteuers eine neue NSC-Kontaktperson, auf die er von da an gelegentlich zurückgreifen kann? Das kann theoretisch über reines SL-Handwedeln ablaufen...oder halt auch über ein entsprechend vorgesehenes Regelelement, das womöglich sogar konkreten Platz auf dem Charakterbogen findet. Und obwohl's rein von der Idee her dasselbe sein mag, dürfte sich der Unterschied in der Umsetzung beim einen oder anderen Spieler schon im Spielgefühl bemerkbar machen.

Online Colgrevance

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #47 am: 8.02.2022 | 19:24 »
Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

Ich sehe einen Unterschied zwischen kurzfristig reversiblem Schaden und dauerhaften Beeinträchtigungen der Charakterwerte z. B. durch Alterung, gerade auch in der Relevanz für das Kampagnenspiel. Aber das ist in der Tat eher eine Nebenbaustelle; ich schätze, dass du mit dem Begriff "Charakterentwicklung" wohl (wie die meisten hier) vor allem eine Progression gemeint hast, während ich "Entwicklung" allgemeiner Verstehe, und daher über die Begrifflichkeit gestolpert bin.

Davon abgesehen bin ich nicht der Ansicht, dass Kampagnenspiel eine Veränderung der Spielwerte mit sich bringen muss, und selbst wenn ein Spiel dieses kategorisch ausschließen würde (wofür ich immer noch keine konkreten Beispiele gehört habe, die nicht ohnehin als One- bzw. Fewshot konzipiert sind), wäre es für mich nicht zwangsläufig schlechter für eine Kampgane geeignet. Aber das hängt sicher vor allem daran, was ich persönlich von einer Kampagne erwarte.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #48 am: 8.02.2022 | 19:59 »
Ich sehe einen Unterschied zwischen kurzfristig reversiblem Schaden und dauerhaften Beeinträchtigungen der Charakterwerte z. B. durch Alterung, gerade auch in der Relevanz für das Kampagnenspiel. Aber das ist in der Tat eher eine Nebenbaustelle; ich schätze, dass du mit dem Begriff "Charakterentwicklung" wohl (wie die meisten hier) vor allem eine Progression gemeint hast, während ich "Entwicklung" allgemeiner Verstehe, und daher über die Begrifflichkeit gestolpert bin.

In Sachen "Entwicklung" bin ich dieser Tage zugegebenermaßen in erster Linie von Fate beeinflußt, wo's für den Spieler tatsächlich ausnahmsweise mal mehr Möglichkeiten gibt, seinen Charakter im Lauf einer Kampagne um- als ihn strikt immer nur auszubauen, und letzteres auch eher gemächlich erfolgt. Das würde ich auf der einen Seite also nicht primär als "Progression" betrachten (zumal ich bei Fate das Schneller-Höher-Weiter eh nicht als Hauptziel sehe; am Anfang mag sich Steigern hier und da durchaus noch lohnen, aber irgendwann tritt einfach eine gewisse Sättigung ein), andererseits ist es aber auch keine Art von Entwicklung, der man als Spieler einfach nur ausgeliefert ist und bloß zusehen kann (dein Vergleich mit dem Alterungsprozeß).

Aus meiner Sicht sitze ich da also etwas zwischen den möglicherweise künstlichen Extremen -- Veränderungen, die ich einfach nur hinnehmen muß, machen ein Spiel bestimmt nicht zwingend kampagnentauglicher (insbesondere dann nicht, wenn sie geeignet sind, Charaktere aus dem Spiel zu werfen), da habe ich also schon ganz gerne ein Wörtchen mitzureden; andererseits überzeugt mich streng monotones Wachstum um einen zunehmend verholzenden Kern herum rein vom Konzept "Charakterentwicklung" her auch nicht mehr wirklich.

Offline Arldwulf

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #49 am: 8.02.2022 | 20:00 »
Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.

Wie gesagt, es ist nur ein Werkzeug. Natürlich kann man auch andere verwenden um das gleiche zu erreichen.

Mir ging es eher darum zu sagen, dass eine zusammengehörige Geschichte eben auch Entwicklung benötigt. Die Umsetzung kann dann variieren und natürlich muss es auch nicht immer eine Steigerung der Fertigkeiten sein.

Aber um bei Game of Thrones zu bleiben: jemand wie z.B. Jamie ist eben am Ende nicht mehr der gleiche wie zu Beginn. Nehme ich einen Teil der Geschichte und beschreibe den Charakter zu diesem Zeitpunkt so sagt dies etwas darüber aus in welchem Teil des Handlungsverlaufs diese Ereignisse geschehen. Die Entwicklung der Charaktere ist an die Entwicklung der Handlung gebunden und ein Spiegelbild dieser.