Autor Thema: Wenn man eine umfassende Rollenspiel-Regelsystem-Expertise erreichen möchte ...  (Gelesen 3191 mal)

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Offline sma

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Die Idee, dass es ein objektiv bestes Produkt gibt, darf man getrost zu den Akten legen.
Ich möchte keinen Nebenkriegsschauplatz aufmachen, aber wenn es dir gelingt, messbare Kriterien für "beste" zu definieren, gelingt das schon. Der persönliche Spielspaß ist ja nur ein mögliches Kriterium und vielleicht gar nicht wichtig. Vielleicht willst du ein Spiel schreiben, dass einen Preis gewinnt? Oder ein möglichst umfangreiches Spiel (Ich bin neulich über das Solo-RPG Apollo 47 gestolpert - das hat 1200 Seiten)? Oder du bewertest Spiele nach ihrem Umsatz. Dann ist D&D 5E offensichtlich das beste.

Offline Grubentroll

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Sorry für die wahrscheinlich doofe Frage, aber wo seht ihr bei PbtA eine Nähe zu Runequest und nicht zu zB D&D oder irgendwas anderem?

Ich sehe das grad irgendwie nicht. Erleuchtet mich.

Offline sma

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Ich sehe das grad irgendwie nicht. Erleuchtet mich.
Ich auch nicht. RQ ist der Urvater der Welt-Simulation. PbtA verregelt in erster Linie die Interaktion am Tisch.

Offline takti der blonde?

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Sorry für die wahrscheinlich doofe Frage, aber wo seht ihr bei PbtA eine Nähe zu Runequest und nicht zu zB D&D oder irgendwas anderem?

Ich sehe das grad irgendwie nicht. Erleuchtet mich.

Kein ihr, nur ich. :)

Die Playbooks sehe ich deutlich näher an der Art und Weise wie Figuren bei RQ modelliert werden als bei TSR-D&D. Ist aber alles nur eine Vermutung, weil sich meine Erfahrung mit pbtA-Spielen auf einige, wenige Runden beschränkt.
Folgende Fragen würden wir mir helfen zu verstehen, wie pbtA gedacht und gespielt wird: Wie häufig ist es bei Apocalypse World, dass du mehr als eine Personnage spielst? Wie häufig werden im Spiel Meta-Ressourcen innerhalb der Spielwelt verhandelt (also nicht Meta-Ressourcen im Sinne von z.B. Fate-Punkten, sondern die "Arbeitszeit", der die Detektive, die für die Gruppe arbeiten)?

Edit: Auch nochmal in Apocalypse World selbst geschaut (2nd Edition), Seite 80 in Bezug auf die "Agenda" des MC:

" AGENDA
• Make Apocalypse World seem real.
• Make the players’ characters’ lives not boring.
• Play to find out what happens."

Könnte so ähnlich auch in RQ drin stehen. :D
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 10:44 von die andere dame von der tanke »

Offline 1of3

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Es gab in den frühen 2000ern mal den Versuch, die "design patterns" im Rollenspiel systematisch zu erfassen; kann man sicher per Suchmaschine noch irgend wo finden. Ob's hilfreich ist weiß ich nicht.

Design Patterns of Successful Role-Playing Games

Interessant ist z.B. besonders das Last Man Standing Pattern.

Selbes Spiel für den Rest und ganz am Ende stelle ich die großen Fragen wie z.B.: Wann würfle ich warum und was stellt so ein Wurf eigentlich dar? Habe ich über einige Beispiele schon gemerkt, dass es task und conflict resolution gibt und wie sieht das aus?


Task und Conflict Resolution ist eine von den ungünstigen Antinomien, die Diskussionen behindern. Es gibt eben nicht nur zwei Sachen. Tipp: Wenn ihr irgendwas klassifizieren wollt, macht mindestens drei Ausprägungen und sagt ganz klar, dass es bestimmt noch viel, viel mehr gibt. Ansonsten denken Leute es gibt nur die zwei Töpfchen und alles muss da rein. Und da das nie funktioniert, kommen dann im nächsten Schritt die ganz klugen Leute und sagen, das sei doch klarer Weise ein Kontinuum. Dumm nur, dass für ein Kontinuum man erstmal einen skalaren Wert braucht. Da die gebildeten Begriffe sicherlich verschiedene Dimensionen haben, kann das aber nicht funktionieren.

Hier eine genauere Liste für Würfelsysteme..

Die Playbooks sehe ich deutlich näher an der Art und Weise wie Figuren bei RQ modelliert werden als bei TSR-D&D. Ist aber alles nur eine Vermutung, weil sich meine Erfahrung mit pbtA-Spielen auf einige, wenige Runden beschränkt.
Folgende Fragen würden wir mir helfen zu verstehen, wie pbtA gedacht und gespielt wird: Wie häufig ist es bei Apocalypse World, dass du mehr als eine Personnage spielst? Wie häufig werden im Spiel Meta-Ressourcen innerhalb der Spielwelt verhandelt (also nicht Meta-Ressourcen im Sinne von z.B. Fate-Punkten, sondern die "Arbeitszeit", der die Detektive, die für die Gruppe arbeiten)?

Man spielt nur einen Charakter zur Zeit. Üblicher Weise werden Playbooks auch nicht gedoppelt und sind nicht real in der Welt. Es mag viele Leute geben, die in der Welt Motorrad fahren, aber du bist DER CHOPPER. Deshalb haben die Playbooks alle Artikel.

PbtA versucht mit allen Mitteln Diskussion über Regeln zu minimieren. Deshalb gibts auch keine variablen Schwierigkeiten, haben Moves feste Trigger und jedes andere Würfeln erfordert eine Hausregel (Custom Move). Und irgendwelche Resourcen entstehen üblicher Weise, wenn ein Move sagt, dass sie entstehen und sonst nicht.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 11:10 von 1of3 »

Offline takti der blonde?

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Man spielt nur einen Charakter zur Zeit. Üblicher Weise werden Playbooks auch nicht gedoppelt und sind nicht real in der Welt. Es mag viele Leute geben, die in der Welt Motorrad fahren, aber du bist DER CHOPPER. Deshalb haben die Playbooks alle Artikel.

PbtA versucht mit allen Mitteln Diskussion über Regeln zu minimieren. Deshalb gibts auch keine variablen Schwierigkeiten, haben Moves feste Trigger und jedes andere Würfeln erfordert eine Hausregel (Custom Move). Und irgendwelche Resourcen entstehen üblicher Weise, wenn ein Move sagt, dass sie entstehen und sonst nicht.

Vielen Dank für die Darstellung, das hilft mir weiter. :)

Offline LordBorsti

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... wie würde man das am besten angehen?

...

Gibt es eurer Meinung nach einen produktiven, systematische Ansatz, wie man vorgehen könnte, um eine übergeordnete Rollenspiel-Regelexpertise zu entwickeln?

...

Von der praktischen Seite betrachtet würde ich folgende Schlagworte vorschlagen: Lesen, Ausprobieren, Machen, Feedback!

Systematische Rollenspiel-Regelexpertise bekommst du nur, wenn du den kompletten Zyklus des Regeldesign immer wieder durchgehst und übst.

Lesen
Wer viele verschiedene Rollenspiel-Regelwerke liest, bekommt einen guten Überblick darüber, welche Mechanismen es so gibt. Inspiration, wenn man so will.

Ausprobieren
Nur wer Regelwerke auch aktiv am Spieltisch verwendet, bekommt praktische Erfahrung, ob ein Regelwerk oder ein Regelbaustein am Spieltisch auch einsetzbar ist. Nur weil etwas sich gut/interessant liest, heißt das noch lange nicht, dass es im Spieltisch funktioniert. Es gibt einfach viele Regelwerke, die sich toll lesen, aber am Spieltisch kollabieren (I am looking at you DSA 3W20 Probe  ;)). Und ich hab auch schon Regelwerke gelesen, wo die Regeln nicht so "sexy" erscheinen, es sich aber super spielt.


Machen
Von der Idee zu einem Regelwerk oder einem Regelbaustein ist es doch ein weiter Weg. Man muss also immer wieder üben, seine Gedanken zu (elektronischem) Papier zu bringen. Nur weil du eine tolle Idee hast, heißt das noch lange nicht, dass man du Ganze Anderen verständlich kommunzieren kannst.

Feedback
Hier geht's darum die Perspektive anderer Leute einzuholen. Wer nur zu Hause im stillen Kämmerlein werkelt, der entwickelt eventuell ein gutes Regelwerk für sich selbst. Aber breite Expertise bekommt man so eher nicht. Durch Feedback kann man auch die "Betriebsblindheit" vermeiden.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 11:20 von LordBorsti »
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Offline Megavolt

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Aber, Kinder, eins muss ich schon kritisieren: Es ist ja klar, dass eine Antwort alles lesen und testen, was es gibt und je gab lautet. Aber das ist ganz offensichtlich nicht praktikabel. Es geht um einen erfolgversprechenden, nichtblöden Workaround.

Offline takti der blonde?

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Aber, Kinder, eins muss ich schon kritisieren: Es ist ja klar, dass eine Antwort alles lesen und testen, was es gibt und je gab lautet. Aber das ist ja offensichtlich nicht praktikabel. Es geht um einen erfolgversprechenden, nichtblöden Workaround.

Traveller, TSR-D&D, Runequest-Ableger für die Abenteuerspielecke, wenn du dich auf Rollenspiele beschränken magst. Ich vermute, RQ-artige und D&D-artige wirst du schon gespielt und gelesen haben. Zock-Böcke raten zu Classic Traveller, gerade für den Einstieg.

Offline Crimson King

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Aber, Kinder, eins muss ich schon kritisieren: Es ist ja klar, dass eine Antwort alles lesen und testen, was es gibt und je gab lautet. Aber das ist ganz offensichtlich nicht praktikabel. Es geht um einen erfolgversprechenden, nichtblöden Workaround.

Genug lesen und testen reicht eigentlich. Wieviel genug ist und was zu viel, das ist die spannende Frage.

Tatsächlich ist es zum Regelverständnis sinnvoll, auch mal Spiele mit ausgeprägten Designschnitzern zu spielen, weil man dann besser versteht, wie sich gegenteilige Designentscheidungen positiv am Spieltisch auswirken.
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Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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J.W. von Goethe

Offline Megavolt

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Design Patterns of Successful Role-Playing Games


Das ist schon ziemlich gut.  :d

Das müssste man vermutlich um den Faktor 25 aufpumpen, mehr ins Detail und in die Breite gehen, abseitigere Sachen zulassen und es mal updaten.

Offline Megavolt

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Traveller, TSR-D&D, Runequest-Ableger für die Abenteuerspielecke, wenn du dich auf Rollenspiele beschränken magst.

Es geht gar nicht so sehr um mich, denn ich weiß ja bereits alles  ~;D .

Es geht mir, ernsthafter gesprochen, um einen grundsätzlich sinnvollen Ansatz. Der dürfte mMn ja von durchschlagendem Interesse sein, z.B für jemanden, der seine eigenen Begrenzungen überwinden möchte (jeder Designer  eines neuen Rollenspiels zB).

Dein Vorschlag wäre jetzt "eine Beschäftigung mit stilprägenden Kernformen" also mit den Klassikern, wenn ich das richtig verstehe. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist im Prinzip der Kanon-Ansatz. Müsste man sich halt noch auf einen Kanon verständigen.

Offline takti der blonde?

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Dein Vorschlag wäre jetzt "eine Beschäftigung mit stilprägenden Kernformen" also mit den Klassikern, wenn ich das richtig verstehe. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist im Prinzip der Kanon-Ansatz. Müsste man sich halt noch auf einen Kanon verständigen.

Im wesentlichen ja. Diese "Kernformen" lassen sich halt ganz gut bei den Abenteuerspielen entlang der genannten drei Spiele beschreiben. Gibt dann halt bessere und schlechtere Vertreter aus meiner Sicht, aber das ist bei jedem anders. Hätte ich ähnliches vor wie du würde ich aber nicht nur Abenteuerrollenspiele spielen, sondern auch "story games" ( ala Dogs in the Vinyard) oder krass-fokussierte Spiele wie Fiasco. Usw. usf. Zu Spielen jenseits von Abenteuerrollenspiel kann ich einfach nur keine guten Empfehlungen geben, das können andere besser! Die Beschäftigung damit ist aber bestimmt hilfreich!

Offline postkarte

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Das ist eher eine Randbemerkung, weil sie offenbar nicht das Ziel des Fragestellers ist, aber sagen möchte ich das trotzdem:

Wenn man die ursprüngliche Prämisse ernst nimmt und es eigentlich darum geht, ein eigenes System zu entwickeln, dann würde ich genau andersherum vorgehen und schauen, was die Leute aktuell spielen (D&D 5e) und mit dann überlegen, was ich ändern will und warum.

Mir auf Vorrat möglichst viele Systeme anzuschauen, halte ich für den falschen Ansatz. Das führt nur zu Eklektik. Man sollte er organisch schauen, was einem fehlt oder nicht gefällt. Und dann von da aus nach solchen System suchen und schauen, was man wie übernehmen kann.

Offline Megavolt

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Postkarte, du hast Recht. Man muss / sollte natürlich auf den "Markt" hin produzieren.

Ich befürchte halt, dass man in der Breite seine Optionen gar nicht kennt. Wer quasi keine Bennies und keine explodierenden Würfel kennt, der erfindet das auch mal nicht so grade eben.

@Tankendame: Mir gehts, nur um das mal noch ein bisschen schärfer zu fassen, tatsächlich um "Regelmodule", also eher kleinteilig. Weniger um "große Linien". Das macht deinen Ansatz nicht schlechter, er trifft aber nicht so ganz meine nuklearanalytischen Gelüste.

Ich weiß aber auch nicht, wie man es besser fasst oder artikuliert. Vielleicht nehmen wir mal  folgende Behelfsvorstellung: "Wie wird die gute alte Kletternprobe modelliert?" oder so.

Gibts dafür Würfel? Falls ja, welche? Falls benennbare, wie viele? Wie funktioniert ein Wurf? Kann man das Ergebnis im Vorfeld beeinflussen? Kann man nachsteuern? Wie wird das Ergebnis interpretiert? Wer interpretiert es? Welche Vor- oder Nachteile hat das Ganze?

Aber jetzt bitte keine Debatte über Kletternproben, gell?  ~;D Ich will nur illustrieren, dass ich es für sinnvoll hielte, mal zu systematisieren, "was eigentlich geht" bzw. "was praktiziert wird" und warum. Bzw. dass ich mich frage, wie man an sowas heranginge, denn das ist ja ein endloses Feld. Sich an der ollen Kletternprobe abzuarbeiten wäre ja offensichtlich doof, das müsste wohl abstrakter sein.
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 14:55 von Megavolt »

Offline takti der blonde?

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Postkarte, du hast Recht. Man muss / sollte natürlich auf den "Markt" hin produzieren.

Ich befürchte halt, dass man in der Breite seine Optionen gar nicht kennt. Wer quasi keine Bennies und keine explodierenden Würfel kennt, der erfindet das auch mal nicht so grade eben.

@Tankendame: Mir gehts, nur um das mal noch ein bisschen schärfer zu fassen, tatsächlich um "Regelmodule", also eher kleinteilig. Weniger um "große Linien". Das macht deinen Ansatz nicht schlechter, er trifft aber nicht so ganz meine nuklearanalytischen Gelüste.

Ich weiß aber auch nicht, wie man es besser fasst oder artikuliert. Vielleicht nehmen wir mal  folgende Behelfsvorstellung: "Wie wird die gute alte Kletternprobe modelliert?" oder so.

Gibts dafür Würfel? Falls ja, welche? Falls benennbare, wie viele? Wie funktioniert ein Wurf? Kann man das Ergebnis im Vorfeld beeinflussen? Kann man nachsteuern? Wie wird das Ergebnis interpretiert? Wer interpretiert es? Welche Vor- oder Nachteile hat das Ganze?

Aber jetzt bitte keine Debatte über Kletternproben, gell?  ~;D Ich will nur illustrieren, dass ich es für sinnvoll hielte, mal zu systematisieren, "was eigentlich geht" bzw. "was praktiziert wird" und warum. Bzw. dass ich mich frage, wie man an sowas heranginge. Sich an der ollen Kletternprobe abzuarbeiten wäre ja offensichtlich doof, das müsste wohl abstrakter sein.

Wäre es schon nicht mehr in deinem Sinne zu fragen: "Wie wird klettern modelliert"?

Offline Megavolt

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Wäre es schon nicht mehr in deinem Sinne zu fragen: "Wie wird klettern modelliert"?

Puh. Vielleicht wäre eine sinnvolle Abstraktionshöhe: "Wie wird die Überprüfung von Fertigkeiten modelliert?" Was denkst du?

Offline takti der blonde?

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Puh. Vielleicht wäre eine sinnvolle Abstraktionshöhe: "Wie wird die Überprüfung von Fertigkeiten modelliert?" Was denkst du?

Ok, ich vermute, ich verstehe was du meinst und vergleichen willst. Möchtest du ausschließlich auf Level der Personnagen analysieren?

Offline Alexandro

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Man spielt nur einen Charakter zur Zeit. Üblicher Weise werden Playbooks auch nicht gedoppelt und sind nicht real in der Welt. Es mag viele Leute geben, die in der Welt Motorrad fahren, aber du bist DER CHOPPER. Deshalb haben die Playbooks alle Artikel.

Kommt auf das System an. Bei "Legacy" bspw. spielt man schon eine ganze Sippe und die Playbooks werden im Laufe der Kampagne (notgedrungen) auch gedoppelt, wenn alte Charaktere raussortiert werden und neue reinkommen.

Insgesamt kann man das nicht wirklich eng an Spielsystemen festmachen, da teilweise Bedürfnisse sich überlagern (TSR-D&D versagt z.B. krachend, sobald man über die Charakterebene hinausgeht; Harnmaster würde man vermutlich eher in der RQ-Tradition verorten, benutzt die Runequest-artigen Regeln aber in einer Weise, welche viel näher an der Spielweise von Traveller sind, usw.).
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline ghoul

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Puh. Vielleicht wäre eine sinnvolle Abstraktionshöhe: "Wie wird die Überprüfung von Fertigkeiten modelliert?" Was denkst du?

Achtung: Das ist viel enger als "Wie wird Klettern modelliert?", weil Systeme ohne Fertigkeiten dabei rausfallen.
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Crimson King

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Puh. Vielleicht wäre eine sinnvolle Abstraktionshöhe: "Wie wird die Überprüfung von Fertigkeiten modelliert?" Was denkst du?

Wie wird die Entscheidung über den Ausgang einer ergebnisoffenen Handlung modelliert?

Oder in zwei Schritten:

Wie werden Konflikte modelliert?
Wie wird ihre Resolution modelliert?
« Letzte Änderung: 5.07.2022 | 16:49 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Die Völker aufeinander schlagen.
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Camo

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Das scheint bei vielen Rollenspielschreibern eher der Fall zu sein, jedenfalls bei allen, die nicht Hite und so heißen. So traf ich vor Jahren auf der SPIEL auf den Stand der Redaktion Phantastik, die ja "Private Eye" herausbringen - ein gut recherchiertes System zum viktorianischen England, in dem es hauptsächlich bzw. praktisch ausschließlich um Detektivabenteuer geht.

Das System von PE unterstützt Ermittlungen dabei mechanisch eigentlich nicht: Man findet Spuren wie im Dungeon Schätze - man würfelt. Bei Erfolg hat man was in der Hand, bei Misserfolg - nicht. Das alte Cthulhu-Problem (beid er 7. Edition kann man da ja den Erfolg erzwingen - zu einem Preis ...).

Da ich da gerade Mutant City Blues nach dem Gumshoe-System spielte, das ausdrücklich für Detektivabenteuer designed wurde, machte ich auf die Mechanik und das Spiel/ System aufmerksam - und erntete einen ausdrucklosen Blick. Man hatte nichts davon je gehört. Der Tenor war "Ja,ja, ganz interessant, aber dann kann man ja auch im Spiel dann so und so machen ..."  Man meinte: Handwedeln.

Zum Handwedeln benötige ich aber gar keine Regeln für garnichts. Nur eine Hand ...

Nun ja, Private Eye ist "ein wenig" älter, das stammt ursprünglich von 1988, Gumshoe von 2007. Damit steckt da die "ein wenig" ältere Designphilosophie dahinter, dass man nicht für alles Regeln braucht, sondern es auch einfach ausspielen kann. Funktioniert supergut, denn ohne das gäbe es heute keine Rollenspielszene, weil es am Anfang nicht für jeden Kleinkram Regeln gab und auch nicht brauchte. DSA1 kam komplett ohne Fertigkeiten aus, bis AD&D gab es die auch dort nicht... und ich weiß aus eigener Anschauung von langen, komplett sozialen und auch Detektivkampagnen, die damit gespielt wurden. Als kleiner Fun Fact am Rande... Midgard HATTE Fertigkeiten und kam 3 Jahre vor DSA heraus... Midgard ist aber ein "Nischensystem" und DSA ein Mainstream-System... und war es schon vor der Einführung von Fertigkeiten.

Aber ein Ingenieur, der ein neues Auto entwickelt, sollte vielleicht nicht nur Toyotas kennen. Oder nur Kleinwagen, wenn er nun doch einen innovativen LKW oder Rennwagen oder Geländewagen entwickeln will. Alles Autos. Aber die spezifischen Anforderungen sind andere.

Nur dass die Entwicklung von PE halt vor der von Gumshoe stattfand. DAMALS war es innovativ und das es in diesem Nischensektor durchaus überlebt und bekannter ist als das Gumshoe-System hierzulande zeigt, dass es einiges richtig machen muss. Oder? ;)

Camo

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Mit D&D als erstem Unterhaltungsrollenspiel würde ich Anfangen. Ich würde dann eher in die Tiefe als in die Breite gehen. Jetzt also mit einem Rollenspiel mit einem neuen Konzept anfangen und nicht mit DSA für den deutschen Markt weiter machen.

Tatsächlich kam Midgard 3 Jahre vor DSA. ;)

Traveller sollte man kennen weil es ein Lebenslaufsystem für die Charaktergenerierung anbot und Regeln für die Erschaffung eines ganz eigenen Hintergrunds mit sich brachte. Erweiterungen brachten dann ja auch noch Systeme mit denen man mit dem System auch skalieren konnte. Man konnte also vom Schiff gegen Schiff bis zu Flotte gegen Flotte spielen. Leider kannte man damals noch keine VTTs oder konnte per Smartphone oder Tablet auch noch nicht problemlos Apps anbinden. Denn das ganze Würfeln und Rechnen, gerade wenn es im Spiel und nicht in der Vorbereitung nötig wurde, hat mich persönlich immer wieder vom System weg gebracht.

Ist nicht das einige System in der Art, Pendragon hat im Endeffekt etwas ähnliches, geht aber dann einen völlig eigenen Weg, das ist eher ein "dynastisches Rollenspiel" als das Standardmodell, da es die Abenteuer nicht einfach hintereinander weg zieht, sondern jedes Jahr (also nach 1-3 Abenteuern) mit der "Winterphase" die eigene soziale Entwicklung, aber auch die Entwicklung der Familie des Charakters vorantreibt. Denn die Familie ist bei Pendragon wichtig, stellt sie doch u.A. "Charakternachschub", der dann auch vom Hauptcharakter Ruhm erbt und ist ein Mittel zum sozialen Aufstieg durch Verheiratung der Kinder. Von der Regelung mit den Tugenden, die durchaus das Handeln des Charakters bestimmen können, verdient Beachtung.

Danach käme dann  Schwerter und Dämonen als Vertreter des Minimalismus hinzu.

Tunnels & Trolls war das zweite Rollenspiel auf dem Markt... und ist bis heute verfügbar. So minimal ist das gar nicht, zumal es einer der starken Einflüsse für DSA war. Merkt man z.B. bei der Klasse des DSA-Schelmen sehr deutlich.

Ich würde sagen Midgard greift viele der neuen Konzepte auf und gießt sie in ein sehr berechnendes Regelsystem.Ich hatte immer den Eindruck man wollte das sehr offene Rollenspiel in sehr genaue fast an ein Brettspiel erinnernde Regeln gießen.

Midgard ist von 1981 und hat seinen grundsätzlichen Einfluss von Empire of the Petal Throne, ist ja auch als Übersetzung des Systems und danach folgende Anpassung für die Bedürfnisse der Runde und der Welt entstanden. Neue Konzepte sind das also eher nicht. Der "Brettspieleindruck" kommt daher, dass es eigentlich ein sehr altes System ist und eigentlich recht kurz nach dem Entwicklungssprung vom Miniaturenspiel zum Rollenspiel entstanden ist. Das hatten alle alten Systeme, änderte sich erst Anfang bis Mitte der 90er.


Ich auch nicht. RQ ist der Urvater der Welt-Simulation. PbtA verregelt in erster Linie die Interaktion am Tisch.
Uhm... nein.
Der URVATER wäre dann "Empire of the Petal Throne" von Prof. M.A.R. Barker. Das System stammt von 1974, die Welt Tékumel entstand 1940 oder so. Barker wird auch öfter der "vergessene Tolkien" genannt, weil er wie Tolkien sogar Sprachen für seine Welt schuf. Eine im Übrigen SEHR faszinierende Welt, die nicht auf dem üblichen Elfen-Zwerge-Orks-Typus basiert sondern sogar insektoide Spezies problemlos einbindet inklusive Kulturen etc.
Glorantha ist eine wirklich schöne Welt, stinkt aber tatsächlich gegenüber Tékumel ab... und ich mag beide Welten sehr gerne. EPT ist aber zumindest in den früheren Inkarnationen nichts für die normalen Spieler gewesen, weil der übliche Ansatz "an zieht los und haut Dinge um" hier nicht funktioniert, dafür ist das zu tödlich. Typischerweise verbringt man die ersten ein bis zwei Level damit, sich in die Kultur einzuleben, Verbindungen zu knüpfen und so Hilfe zu bekommen, damit man dann die Welt "draußen" überstehen kann. Ein komplett anderer Ansatz, den aber hierzulande kaum einer kennt, weil das gerne mal als "unspielbar" hingestellt wurde, eben weil man nicht einfach loslaufen und Dinge töten konnte. Ist nur was für Leute, die tatsächlich Rollenspielen wollen und für die "Dinge umklopfen" eher unwichtig ist. Lebt bis heute, wenn auch zum Großteil unbeachtet, leider.


Achtung: Das ist viel enger als "Wie wird Klettern modelliert?", weil Systeme ohne Fertigkeiten dabei rausfallen.
NEIN! Wir haben damals auch geklettert, bevor es Fertigkeiten gab. Das ging dann über die Attribute. Systeme ohne Fertigkeiten können all das auch abbilden, was Systeme mit Fertigkeiten können, es ist nur ein anderer Ansatz.

Offline YY

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Das ist für mich eher eine ziemlich steile Fehlinterpretation von dem, was viele Wargames so veranstalten.

Das müssste man vermutlich um den Faktor 25 aufpumpen, mehr ins Detail und in die Breite gehen, abseitigere Sachen zulassen und es mal updaten.

Vor allem müsste man es mal so schreiben, dass man es freiwillig lesen will :P

Du hast sicher mehr Ahnung als ich, aber ich befürchte, dass man seinen blinden Fleck generell massiv unterschätzt und am Ende immer nur seine drei alten Knochen abnagt.

Was wissen wir denn, was die Indie-Klopfer gerade alles ausbrüten? Man denke exemplarisch vielleicht an den Jenga-Turm und Konsorten. Und was wissen wir denn, was irgendwer vor 20 Jahren in irgendeinem Nischensystem in Amerika Cleveres ausgebrütet hat (Probenresolvement durch brennende Meerschweinchen, die durchs Zimmer rennen o.ä.)?


Was irgendwer irgendwo grad topaktuell bastelt oder seit 30 Jahren exklusiv mit seinen drei Kumpels spielt, die er seit der Frühchenstation kennt, weiß ich natürlich nicht.
Aber von einem Großteil des tatsächlich erschienenen Zeugs weiß ich zumindest, dass es das gibt und ganz grob, was es tut.
Das ist an ganz vielen Stellen schon mehr, als ich für "mein" Rollenspiel bräuchte, weil ich höchstens mit einzelnen Gedankenfetzen daraus was anfangen kann.

Ich sage daher umgekehrt: man braucht den blinden Fleck auch nicht herbei- oder großreden  ;)


Aber jetzt bitte keine Debatte über Kletternproben, gell?  ~;D

Sagt der richtige!  ;) ;D
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
- Pyromancer

Offline La Cipolla

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Man darf bei den ganzen Versuchen der Objektivierung und Kategorisierung nicht vergessen, dass man das Subjektive nicht aus diesem auf Unterhaltung (in welchem Sinne auch immer!) ausgelegten Hobby bekommt, und IMHO auch nicht bekommen sollte.

Daher wird „Ein Teenager-Horrorfilm, aber mit Regeln wie D&D3!“ für mich auch immer ein valides Design-Ziel bleiben. Und dafür muss (!) man eigentlich nur D&D3 kennen. Klar kann man in andere Rollenspiele gucken, die sich am  inhaltlichen Ziel versuchen, aber wer versucht, das als unbedingt besser oder zielführender hinzustellen, verallgemeinert den Reiz des Mediums IMHO in einer Art und Weise, die ihm nicht gerecht wird.

Soll natürlich nicht heißen, dass alle Theorie dumm ist, aber halt auch nicht das Ende aller Dinge.