Autor Thema: [Splittermond] Abenteuer in Takasadu  (Gelesen 9145 mal)

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Offline Takur

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Re: [Splittermond] Abenteuer in Takasadu
« Antwort #50 am: Gestern um 09:17 »
Die seidene Stadt: Teil I (Spoiler für das Abenteuer „Die seidene Stadt“)
Kintai, zwischen Atasato und Senrai (Akira, Hao)

In Atasato blieb die Lage nach dem durch den Rachefeldzug der „Bleichen Frau“ verursachten Tod eines hochrangigen Triadenmitglieds und dem darauf folgenden Einsatz kaiserlicher Truppen angespannt. Es kam wiederholt zu Streitigkeiten zwischen den von Generalin Ranku Kane kommandierten Soldaten und den lokalen Wachtruppen, sowie zu einzelnen Angriffen auf Soldaten durch verärgerte Einwohner. Das durch die Schwächung der „13 Blätter“-Triade entstandene Machtvakuum  drohte in einen ausgewachsenen Unterweltkrieg zu eskalieren. Von jenseits des Jadebands kamen zudem beunruhigende Nachrichten aus dem zhoujiangischen Bürgerkrieg. Die von den Triaden mit Hilfe Kungaitans auf Kiel gelegten Schildkrötenpanzerschiffe waren vom Stapel gelaufen. Die Frage war, wo diese neue Waffe zum Einsatz kommen würde. Würden die Triaden versuchen, die von den Truppen von General Wu besetzten Inseln auf dem Maishi-See zurückerobern? Oder hatten sie ambitioniertere Pläne – vielleicht die Blockade des Zugangs des Generals zum Maishi-See oder die Eroberung der neutralen Flussdelphin-Provinz?

Gleichzeitig war endlich der Aufbruch der „Seidenen Stadt“ herangerückt. Atasato füllte sich mit Adligen und Gefolgsleuten, Händlern und Kunsthandwerkern, Darstellenden und Künstlern sowie den Tributsendungen. Selbst kleine Dörfer schickten ihre Geschenke für die göttliche Myuriko. Die „Seidene Stadt“ war Teil des hochritualisierten Tributsystems Kintais. Im Wechsel brach jährlich eine Karawane aus einer der „fünf Himmelsrichtungen“ gen Senrai auf:
•   Die „Seidene Stadt“ aus Atasato und damit dem Land am östlichen Jadeband, der sich seit jüngster Zeit auch Händler, Künstler und Darstellende aus Zhoujiang und sogar dem fernen Selenia anschlossen.
•   Die „Geisterstadt“ aus Miari, die unter anderem Kostbarkeiten und lebende Tiere aus dem Schattenwand-Gebirge und dem Kamioku, dem „Wald der zehn Millionen Geister“ brachte und häufig von Feen- und Geisterwesen begleitet wurde.
•   Die „Stadt der Wogen“ aus der Hafenstadt Yuizu, die die Kostbarkeiten der Nebelbucht sowie aus dem Handel mit den Stromlandinseln und Kungaitan mit sich führte und der sich gelegentlich einige der legendären und dafür eigens aus Kungaitan angereisten Nungmae-Wanderschmiede anschlossen.
•   Die besonders streitbare „eiserne Stadt“, die in der Festung Matatabi aufbrach. Sie führte die Kostbarkeiten der Ostprovinzen Kintais mit sich. Ihren Namen verdankte die Karawane dem Umstand, dass die Grenze zu Sadu von dem kriegerischen Klan Ranku dominierte wurde und dennoch (oder gerade deswegen) die Tribute ein beliebtes Ziel für transkabilische Rebellen und die Saboteure der Gojoshu waren.
•   Die „Jadestadt“ mit den Kostbarkeiten der Jadesee, die symbolisch in Kimeisha, dem Ort des Erscheinens Myurioks startete, so richtig allerdings erst ab Kyoroku Gestalt annahm, und von zahlreichen Geistlichen und Künstlern begleitet wurde.

Akira und Hao waren fest entschlossen, sich der „Seidenen Stadt“ anzuschließen. Ihre Gefährten hatten allerdings andere Pläne: Ren und Luo wollten vorerst in Atasato bleiben, um Prinzessin Amuis zu unterstützen. Für Takur hatte sich überraschend die Möglichkeit aufgetan, sich einem Handelszug anzuschließen, der über die Hafenstadt Silangan zu den fernen Stromlandinseln reiste. Nachdem Takur bei einem der letzten Abenteuer zwei drachlingische Gedankenkristalle in die Hände bekommen hatte, sah der Jaguarkrieger die Zeit gekommen, der vor einiger Zeit erhaltenen Prophezeiung zu folgen, auf den Stromlandinseln nach seinen verschollenen Ma’Ua-Gefährten zu suchen und mit ihnen in seine Heimat im Jaguardschungel zurückzukehren. Die Abenteurer wussten, dass dies ein Abschied auf lange Zeit, vielleicht sogar für immer sein würde, und schieden mit vielen Glückwünschen und Umarmungen voneinander.

Die diesjährige „Stadtherrin“ Suguri Tomoe war ob ihrer Jugend nicht unumstritten, zumal sich seit einigen Jahren Ausländer aus Zhoujiang und Selenia dem Zug anschließen konnten – eine Entscheidung der Suguri, die bei vielen Kintarai und ganz besonders bei Uome Satomi, der obersten Ritualwächterin der Karawane, auf wenig Gegenliebe stieß. Zudem gab es nicht nur unter den verschiedenen Nationalitäten, sondern auch zwischen den einzelnen in der „Seidenen Stadt“ vertretenen Gewerben und Zünften Spannungen – zusätzlich verkompliziert durch die Rivalitäten der fünf großen Kintarai-Klans.

Das von zahlreichen Bannerträgern und Bewaffneten begleite Eintreffen der auf einem Quirin reitenden Suguri Tomoe und ihre Begrüßung durch den Fürsten von Atasato wurde mit einem großen Fest gefeiert. Die zahllosen Teilnehmenden und Zuschauenden boten einen beeindruckenden Anblick – wobei aufmerksamen Beobachtern auffiel, dass manche der Handelsherren Atasatos prunkvoller gekleidet waren als viele der Adligen. An das Stadtfest schloss sich ein Empfang beim Fürsten an, an dem auch Akira und Hao teilnehmen konnten. Sie gewannen einen ersten Eindruck von einigen der wichtigsten Teilnehmenden der „Seidenen Stadt“, konnten Suguri Tomoe ihre Empfehlungsschreiben überreichen und um Aufnahme in den Tributzug bitten. Obwohl die „Stadtherrin“ von Honoratioren umschwärmt wurde, nahm sie das Ansinnen wohlwollend auf. Tatsächlich erhielten die Helden sogar die Gunst einer Privataudienz bei der „Stadtherrin“. Dies ließ sie allerdings sehr rasch realisieren, dass die internen Eifersüchteleien und Rivalitäten nicht das einzige Problem sein würden, die die „Seidene Stadt“ begleiteten. Suguri Tomoe war nicht alleine: sie wurde  von einem rätselhaften, stets in Schatten gehüllten Mann (?) begleitet, der höchstwahrscheinlich zu der berühmt-berüchtigten kaiserlichen Geheimpolizei gehörte.
Auch aufgrund ihrer bisherigen Leistungen für Klan Suguri wollte Tomoe die Unterstützung der Helden bei der Suche nach Saboteuren und Feinden des Kaiserreiches, die laut der Geheimpolizei möglicherweise danach trachteten, die Tributkarawane zu sabotieren. Wer diese Feinde freilich waren, was für Ziele sie verfolgten und ob sie aus dem Ausland oder aus Kintai selber stammtem, konnte oder wollte der Geheimdienst nicht sagen.
Natürlich erklärten sich die beiden Helden bereit, diesem Ansinnen zu entsprechen – Akira mit deutlich mehr Begeisterung als Hao, die sich daran erinnerte, dass ihre jüngsten Ermittlungen in der Mordserie der „Bleichen Frau“ nicht allzu erfolgreich verlaufen waren.
Nach kurzer Beratung wurde beschlossen, dass Hao sich als Heilerin und Tiertrainerin der die „Seidene Stadt“ begleitenden Menagerie anschließen würde, während Akira einen Platz als Gunso (Feldwebel) in der Reiterei der Karawane erhalten würde.

In den nächsten drei Tagen machten sich die beiden Helden mit ihren Aufgaben vertraut. Beiden konnten sich gut einpassen, ohne dass ihre neuen Weggefährten etwas von dem Geheimauftrag Haos und Akiras erfuhren.
Hao unterstand nun der Vargin Ayaka, die die unter anderem aus zwei jungen Schneeleoparden, einigen Hirschen, edlen Pferden sowie zahlreichen Hunden und Vögeln bestehende Menagerie leitete. Zusätzlich zu ihren Aufgaben bei der Menagerie half Hao auch, als die Zugtiere eines der die Karawane begleitenden Seleniers auszufallen drohten. Dass Gebhard Bigeran allerdings sofort einen Giftanschlag vermutete und die konkurrierenden Kintarai-Händler der „Seidenen Stadt“ verdächtigte, nahm Hao nicht gerade für den Stoff- und Farbhändler ein. Wie sie feststellte, war die Paranoia des Gnomen unbegründet – die Tiere waren nicht vergiftet worden, sondern lediglich erkrankt. Dank der rechtzeitigen Diagnose und Behandlung konnten die meisten Tiere gesundgepflegt und ein Ausgreifen der Krankheit auf weitere Zugtiere verhindert werden.
Hao wollte mehr über die möglichen Saboteure des Handelszuges erfahren – dass es einen regelrechten Widerstand gegen Myuriko gab, war ihr bisher unbekannt gewesen. Dieses Thema wurde in Kintai selten öffentlich diskutiert und Akira war auch keine echte Hilfe, da seiner Meinung nach eine Rebellion gegen die lebende Göttin ungefähr so sinnvoll war, wie der Kampf gegen die Jahreszeiten oder den Wind.
Bei der Gründung des Kaiserreiches vor fast 500 Jahren waren viele derjenigen, die sich Myuriko nicht unterwerfen wollten, nach Kungaitan und Sadu geflohen, wo sie und ihre Nachfahren ihren Groll hegten. Das war einer der Gründe für die seitdem gegenüber Kintai schwelenden Feindseligkeit Kungaitans und der jenseits des Kabila lauernden Rebellenbanden und Geheimbünde, die angeblich immer wieder Spione und Saboteure gen Kintai schickten. Noch heterogener und schattenhafter waren die in Kintai selber operierenden Gegner der Lebenden Göttin. Teilweise sollte es sich dabei um die Agenten, Verbündeten und Marionetten ihrer auswärtigen Feinde handeln, teilweise freilich auch um Kintarai: Nicht-Alben, die sich an der Vorherrschaft der Schwertalben rieben, Anhänger der vom Kult Myurikos verdrängten Tiergeister und anderer, dunklerer Götter, ehrgeizige Adlige, die mit der Isolationspolitik Kintais unzufrieden waren sowie all diejenigen, die die strikte Gesellschaftsordnung des Kaiserreiches oder die fast grenzenlose Macht Myurikos (und ihren Gottstatus) ablehnten.

Akira stellte sich inzwischen dem Kommandeur der Reiterei vor. Taisa (Hauptmann) Suguri Ito empfing den Neuzugang reserviert, doch Akira schaffte es, seinen Vorgesetzten und seine neuen Untergeben von sich zu überzeugen. Trotz seines eher zurückhaltenden Naturells gab er sich Mühe, die Männer und Frauen seines Trupps besser kennenzulernen. Das beinhaltete auch ein chaotisches Pferderennen durch die Straßen Atasatos, bei dem Akira trotz seiner durchschnittlichen Reitkünste gut mithielt. Die Aktion gipfelte allerdings in einem Eklat, als die Reiter beinahe einige Gefolgsleute des Momoku-Klans über den Haufen ritten. Zum Glück konnte Akira die wütenden Krieger beruhigen, sodass es zu keinem Blutvergießen kam.
Suguri Ito erwies als ein strenger Anführer, der die ihm untergebenen drei Dutzend Reiter hart rannahm und intensiv drillte – sehr zur Verärgerung der aus verschiedenen Klans stammenden und oft bereits sehr kampferfahrenen Krieger. Offenbar gab es allerdings auch andere Dinge, die Itos Aufmerksamkeit fesselten: Akira sah ihn mehrmals in der Begleitung von „Himmelsblume“ einer der Kurtisanen der „Seidenen Stadt“. Das weckte bei Akira leichtes Misstrauen, der sich fragte, ob Ito überhaupt die Mittel für eine so kostspielige Begleitung hatte. Er beschloss, wachsam zu bleiben.

Dann war der Tag des Abmarschs gekommen. Nach einer feierlichen Verabschiedung durch den Fürsten von Atasato machte sich die „Seidene Stadt“ auf den Weg.
Die Reise der Handel- und Tributkarawane in die ferne Hauptstadt Senrai würde einen Monat dauern. Auf ihrem Weg würde der Zug an drei Stationen „erblühen“:
•   Bei der Festung Kaedejo, dem Sitz des mächtigen Daimio Gankoda Saburo. Dies war eine große Ehre für die Gankoda, die sie sogar einmal mit Waffengewalt gegen ihre Rivalen hatten verteidigen müssen
•   bei Yokosawa, der „Stadt der Lichter“
•   sowie am Kirameki no Yama, dem legendären „Weißen Berg“ oder auch „Berg der Geister“, dem Zugang zu einer Domäne jenseitiger Wesen, die sich der Gottkaiserin unterworfen hatten
•   schließlich würde die Karawane in Senrai noch einmal eine Woche lang blühen

Die erste Etappe der Reise zur Festung Kaedejo soll etwa fünf Tage dauern. Neben ihren Dienstpflichten versuchten die Helden, ihrem geheimen Auftrag gerecht zu werden. Hao machte sich mit den die „Seidene Stadt“ begleitenden Künstlern und Dienstleistern vertraut. Sie vermutete, dass die schattenhaft bleibenden Feinde Myurikos unter diesen am ehesten Spione und Agenten würden platzieren können, statt unter den angesehenen Händlern und Handwerkern, den hoffentlich sorgfältig ausgewählten Wachtruppen oder den ausländischen Händlern. Akira konzertierte sich darauf, die Offiziere und Unteroffiziere der Wachtruppen kennenzulernen. So hoffte er, mögliche „faule Äpfel“ zu identifizieren und im Notfall einschätzen zu können, auf wen er sich verlassen konnte. Beide Helden gingen vorsichtig vor, um kein unnötiges Misstrauen zu wecken.
Die Reise verlief ohne unangenehme Zwischenfälle. Immer wieder säumten Schaulustige die Straße. Als am zweiten Tag ein Quirin-Gestüt passiert wurde, erhielt Stadtherrin Suguri Tomoe zwei Quirin-Fohlen als Tribut für die Lebende Göttin – ein ungeheuer großzügiges Geschenk. Hao hatte von nun an mit der Versorgung der Fohlen eine zusätzliche Aufgabe – eine Pflicht, die sie mit großer Freude erfüllte. Auch Akira war fasziniert von den Neuzugängen und opferte etwas von seiner freien Zeit, um die legendären Reittiere anzuschauen.

Nach zwei Tagen ließ die Karawane das Umland Atasatos hinter sich und überschritt die Grenze des Gankoda-Klans. Dem kriegerischen Ruf des Fürsten entsprechend war die Grenze gut bewacht und von einer Kette von Wachtürmen gesichert. Die Militärpräsenz auf den Straßen war deutlich höher als im Einflussgebiet Atasatos, die Bevölkerungsdichte allerdings geringer.
Die Wachsamkeit der Helden wurde durch eine Nachricht geschärft, die Hao eines Abends in ihrem Zelt fand, und die davor warnte, dass die „Feinde“ möglicherweise auf dem Land oder gar im Haushalt der Gankoda aktiv waren. Beide Helden gingen davon aus, dass die Nachricht von dem Agenten der Kaiserlichen Geheimpolizei stammte, den sie in Atasato kennengelernt hatten und der den Zug insgeheim begleitete. Beide Helden beschlossen, in den nächsten Tagen noch vorsichtiger zu sein, hatten allerdings tagsüber durch ihre Aufgaben genug zu tun: Hao mit der Versorgung der Tiere und Akira als Vorhut oder Flankenschutz der Kolonne.

Am Abend des vierten Tages tauchten am Horizont die beeindruckenden Befestigungsanlangen der Burg Kaedejo auf. Die Karawane wurde von einer Formation von Gankoda-Kriegern und Soldaten empfangen. Angeführt wurden sie von Gankoda Keita, den die Helden bereits bei einem früheren Abenteuer kennengelernt hatten, als er die Ausbildung einer für den Einsatz im zhoujiangischen Bürgerkrieg bestimmten Söldnereinheit aus dem Einflussbereich verschiedener nördlicher Daimyo befehligte. Akira konnte verhindern, dass einige seiner Untergebenen versuchten, die Gankoda zu provozieren.

Die „Seidene Stadt“ erblühte zum ersten Mal auf ihrer Reise in einer Zeremonie, die Anmut und Magie in atemberaubender Art und Weise miteinander verband. Hao und Akira nutzten ihre freie Zeit, um durch die Stände zu spazieren, die verschiedenen angebotenen Köstlichkeiten zu probieren und die zum Kauf angebotenen Kostbarkeiten zu bewundern – zum Kaufen fehlten ihnen allerdings die nötigen Mittel. Hao interessierte sich besonders für Rüstungen und Seidengewänder, Akira war auch von den angebotenen Klingen fasziniert. Allerdings vergaßen die beiden nicht, dass sie einen Auftrag hatten. Erfolgreich verhinderten sie, dass die Konkurrenz zweier Händler zu einer unschönen Szene eskalierte. Als Akira allerdings seinen Vorgesetzten Suguri Ito im Auge behalten wollte, dessen Schwärmerei für eine der Gesellschafterinnen der „Seidenen Stadt“ Akira etwas fragwürdig erschien, fiel das auf. Akira handelte sich einen wütenden Verweis seitens Ito ein. Irgendwie schaffte er es immer wieder, anzuecken…

Immerhin konnte er seinen Patzer etwas ausgleichen, als am Folgetag Fürst Gankoda Saburo seinen offiziellen Besuch der „Seidenen Stadt“ absolvierte. Auch dank seiner noblen Herkunft gelang es Akira sogar, eine Einladung zu dem abendlichen Fest für sich und Hao zu erlangen. Allerdings blieben die Helden wachsam: es gab zu viele konkurrierende Interessen und unterschwellige Strömungen. Unter anderem fiel Akira eine Frau im Gewand einer Kantioku, also einer Kriegerpriesterin auf, die Lord Gankoda wachsam beobachtete. Er nahm sich vor, sie im Auge zu behalten, auch weil sie bemüht schien, ihr Gesicht vor ihm zu verbergen. Hao hatte gleichzeitig den Eindruck, dass bei den Darstellenden der „Seidenen Stadt“ während Fürst Gankodas Besuch eine eigenartige Spannung in der Luft lag, ohne diese jedoch an einer speziellen Person festmachen zu können. Beide Helden befürchteten, dass die unterschwelligen Spannungen explodieren würden.

Der größte Teil des nächsten Tages war mit den Vorbereitungen des abendlichen Festempfangs auf Burg Kaedejo ausgefüllt. Die Helden machten sich präsentabel und rekapitulierten die Regeln und Gepflogenheiten für derartige Anlässe. Eingedenk der Tatsache, dass solche Empfänge mit einem längeren Umtrunk verbunden waren, stärkten sich Hao und Akira mit einer kräftigen Mahlzeit. Gerade die gnomische Affenpriesterin fürchtete, andernfalls vom Alkohol überwältigt zu werden.

Dann war die Zeit für den feierlichen Einzug in die ebenso wehrhafte wie prachtvolle Burg gekommen. Die Helden rangierten unter den weniger prominenten Gästen, hatten aber genug Gelegenheit, die Ausstattung der Burg und die zahlreichen (oft besser als sie gekleideten) Gäste des Festes zu bewundern.
Ein wenig heikel war, dass man Akira neben Rokaku Jun platzierte, einem Gefolgsmann des Gankoda-Klans, der schon mehrmals den Weg der Helden – und einmal Akiras Klinge – gekreuzt hatte. Die Atmosphäre zwischen den beiden Kriegern war angespannt. Die Helden konnten den Umtrunk ohne größere Malheurs absolvieren, auch wenn Akira bei der letzten Runde Mühe hatte. Nach einer Theatervorführung, dem Umtrunk, dem Austausch von Geschenken und dem – teilweise eher dekorativen als nahrhaften – Festmahl war die Zeit für den „geselligeren“ Teil des Festes gekommen. Die bisher recht straffe Sitzordnung löste sich auf und die Gäste hatten Gelegenheit, mit Rezitationen, Musizieren, Debatten, aber auch ihren magischen und kriegerischen Fähigkeiten zu glänzen. Sowohl Hao als auch Akira bewiesen ihre rhetorischen Fähigkeiten, Hao in einem philosophischen Streitgespräch mit einer Hofdame und Akira in einer angeregten Debatte zum zhoujiangischen Bürgerkrieg.
Weniger Erfolg hatte er, als er zu einem Übungskampf gegen die – verschleiert erschienene – Kantioku Aki antrat, die Akira zuvor aufgefallen war. Die Kampfpriesterin dominierte den Kampf und schickte den jungen Krieger zu Boden. Hao brachte ihren Kameraden wieder auf die Beine, der seine Niederlage formvollendet aber zerknirscht akzeptierte. Akira konnte sich nicht des Eindrucks erwehren, der jungen Kämpferin schon einmal begegnet zu sein. Ihr schien zudem etwas die stoische Ausgeglichenheit zu fehlen, die man von einer Kantioku erwarten würde. Das verstärkte Akiras vagen Verdacht. Er entschloss sich, mehr über Aki herauszufinden. Vielleicht würde er dabei auch etwas von Akis beeindruckenden Fechtkünste lernen können.
Hao war sehr viel erfolgreicher als ihr Gefährte, als sie ihre magischen Fertigkeiten demonstrierte, indem sie ihren Eichhörnchen-Tiervertrauten auf die Größe eines Gnomen vergrößerte. Das weckte das Interesse von Lord Gankoda Saburo. Hao konnte mit dem machtbewussten Fürsten ins Gespräch kommen und nicht nur für einen ihrer neuen Bekannten in der „Seidenen Stadt“ Werbung machen, sondern auch einiges über die politischen Ansichten des Fürsten erfahren. Gabkoda Saburo machte kein Hehl daraus, dass er wenig von der letztlichen Initiative des Hauses Suguri hielt, in den südlichen Provinzen Zhoujiangs durch politischen Druck Macht zu gewinnen und so gegen missliebige Exilanten und den wachsenden Einfluss der Handelsrepublik Kungaitan vorzugehen. Vermutlich sah der Fürst seine eigenen Ambitionen in Zhoujiang gefährdet.

Akira, der sich nach seiner wenig beeindruckenden Darbietung und mit immer noch brummendem Schädel auf die Beobachtung der anderen Gäste beschränkte, fiel auf, dass Lord Gankodas Erbe Genma nicht allzu gut mit Suguri Tomoe, der Stadtherrin der „Seidenen Stadt“ zurechtkam und sich unter einem Vorwand unauffällig entfernte. Akira informierte Hao, die Genma ihren (wieder auf Normalgröße geschrumpften) Eichhörnchen-Tiergefährten hinterherschickte. Der junge Adlige schlich in den Garten, wo er sich mit einer jungen Menschen- oder Albenfrau traf, der er etwas übergab, nachdem diese ihm eine orange Papierfigur gezeigt hatte.
Als die Fremde Haos Tiergefährten bemerkte griff sie sofort zur Waffe. Das Eichhörnchen entkam den Wurfsternen mit einer ernsten Wunde. Dies ließ die Helden vermuten, dass es sich bei der Kontaktperson Genmas um eine Agentin handeln musste: Sie hatte nicht nur das Eichhörnchen bemerkt, sondern es auch noch nachts auf fast 20 Schritt getroffen. War Genma die Kontaktperson der schattenhaften Widerstandskämpfer und die unbekannte Fremde eine in die „Seidene Stadt“ eingeschleuste Agentin? Leider blieb ihr Äußeres vage und die Helden hatten nicht die Autorität, den Sohn von Lord Gankoda zur Rede zu stellen. Sie konnten nur wachsam bleiben.

Der nächste Tag brachte eine fürstliche Jagd, an der auch die Helden teilnehmen durften. Einige der Gäste jagten hoch zu Ross mit Pfeil und Bogen, andere mit Jagdvögeln. Akira, der weder schießen noch besonders gut reiten konnte, hielt sich zurück. Hao hingegen war im Umgang mit Tieren wohlvertraut und gab bei Falkenjagd eine gute Figur ab.
Ihr Kamerad fand Gelegenheit sich hervorzutun, als Hao auf den Wunsch von Fürst Gankoda einen gefangengehaltenen Bären magisch vergrößerte und der Fürst nach Wagemutigen fragte, die sich dem Ungetüm stellen wollten. Zusammen mit seiner gestrigen Kontrahentin Aki trat Akira den Kampf an. Hao fiel bei der Vorbereitung des Kampfes auf, dass die Zauber der vorgeblichen Kantioku Aki eher magischer statt göttlicher Natur waren – war sie am Ende gar keine Priesterin?
Akira und Aki überwanden den gefährlichen Gegner, auch wenn beide verwundet wurden. Hao, die dem Spektakel mit gemischten Gefühlen zugesehen hatte, verzichtete darauf, den tödlich verwundeten Bären magisch zu heilen. Sie wollte das Tier nicht zusammenflicken, nur damit es in Gefangenschaft dahinvegetieren und bei nächster Gelegenheit erneut in einen Kampf gehetzt würde. Akira jedenfalls hatte seine gestrige Schlappe auswetzen können.

Ihre Freizeit nutzten die Helden, um sich nach der mysteriösen Fremden umzusehen, die am vorherigen Abend mit Gankoda Genma Kontakt aufgenommen hatte. Doch da sie nur die vagen Informationen von Haos Tiervertrauten hatten, konnten sie sich nicht auf eine Person festlegen. Stattdessen gab es allein in der „Seidenen Stadt“ vier Menschen- oder Albenfrauen, auf die die Beschreibung passen mochte. Eine war die Kurtisane Himmelsblume, die Akira wegen ihrem Verhältnis zu dem Kommandeur der Reiterei der Karawane verdächtigte. Aber letztlich waren das nur Spekulationen, die die Helden über den vereinbarten „toten Briefkasten“ an den Kaiserlichen Geheimdienst weitergaben. Hao hatte allerdings Bedenken, ob dadurch am Ende Unschuldige in Gefahr gebracht werden würden.
Dann war das Ende des ersten Aufenthaltes der „Seidenen Stadt“ gekommen. Nach einer feierlichen Abschiedszeremonie des Fürsten wurden die Festzelte abgebaut und die Karawane machte sich auf den Weg zu ihrem nächsten „Erblühen“.